Castillo (Buuh) Update - Kapitel 7! 8&9 sind ebenfalls schon fertig!

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    • Castillo (Buuh) Update - Kapitel 7! 8&9 sind ebenfalls schon fertig!

      Wichtig: Ich werde nun schneller neue Kapitel hochladen!

      Kapitel 8 und 9 sind schon fertig ! Ich werde sie nächste und übernächste Woche hochladen, seid gespannt.


      Titel

      Kapitel 7 - Der schwarze Hafen - Edward Preston (24.11.17)


      Kapitel 8 - Kerker #2


      Kapitel 9 - Der Falke auf dem Berg - Eric Wood



      Hallo zusammen,

      auch ich würde gerne meine Geschichte hier veröffentlichen, an der ich schon seit längerem arbeite. Die Geschichte selber hat nichts mit dem One Piece Universum zu schaffen. Ich hoffe dennoch, dass sie den einen oder anderen unter euch für sich begeistern kann. Ich werde versuchen so oft es geht ein weiteres Kapitel hochzuladen. Wundert euch bitte nicht, denn die länge der Kapitel variert.

      - Es handelt sich um eine Geschichte, welche verschiedene Genre aufweist. Als Hauptthema sehe ich es im Mystery/Thriller.
      - Selbstverständlich freue ich mich über Kritik - möchte euch aber darum bitten, euch Zeit zu nehmen und die Kapitel nicht nur schnell zu überfliegen.

      An der Stelle möchte ich euch jetzt schon mal danken und hoffe, dass meine Geschichte euch mitziehen kann.

      Gruß Fabian


      Castillo


      Cover


      Kapitel 1 - Das Wirtshaus

      Spoiler anzeigen

      Es fing an zu regnen und vom Norden her wurde der Wind immer stärker. Der Reiter zog ein dunkles Tuch über seinen Mund und schlug danach mit der linken Hand den Kragen seines dicken Ledermantels hoch. Er wollte ein Unterkunft für die Nacht finden, bevor der Regen stärker wurde. Rechts neben dem Pferd, eilte ein großer Hund dem Reiter hinterher und blickte abwechselnd hoch zu seinem Herren und der vor ihm immer enger werdenden Straße. Sie gelangten an den äußeren Wald, der zwischen ihnen und der Stadt Castillo lag. Er hatte schon zuvor von diesem Wald gehört. Märchen und alte Geschichten über Flüche und Hexerei gelangten weit über die Grenzen des Landes und fanden in den Ohren von Erzählern und Reisenden ihren Platz. In der Ferne ertönte ein Grollen. „Das hat mir gerade noch gefehlt“ murmelte der Reiter und blickte nach oben. Er sah wie sich die ersten Blitze durch den schwarzen Himmel zogen und das Grollen lauter wurde.Sie betraten den Wald, von dem eine ungewohnte Aura ausging. Über ihren Köpfen konnte man das surren einzelner Fledermausschwärme wahrnehmen, die in den dunklen Baumkronen verschwanden.
      Der Weg führte sie weiter zu einem Hof, auf dem ein altes Bauernhaus stand. Durch eines der Fenster - welches bei näherer Betrachtung feine Sprünge im Glas hatte – brannte Licht. Der Reiter führte sein Pferd geradewegs vor die dicke Holztür. Er sprang ab, ging zwei Schritte und schlug ein paar mal mit seiner Faust fest gegen die Tür. Kurz darauf öffnete eine kleine Person in stark gebückter Haltung diese und luckte hinaus. „Was wollen Sie?“, flüsterte die Person mit einer alt wirkenden Stimme. „Wir wollen nichts von Fremden und haben auch nichts was wir geben könnten“. Die Person öffnete die Tür einen weiteren Spalt und man erkannte, dass es sich dabei um einen alten Mann handelte. „Ich suche nach einer Unterkunft für mich und meinen Begleiter“, sagte der Reiter und deutete mit einen kurzen Nicken zu seiner linken Seite. Der alte Mann drückte die Tür nun zur Hälfte weit auf um zu schauen, was der Fremde damit meinte und erstarrte als er das große schwarze Wesen links vor seiner Veranda stehen sah. „Was zum...“, stotterte er. „ Wie ich ihnen schon sagte, wir wollen nichts mit Fremden zu schaffen haben, wenn sie eine Unterkunft suchen, versuchen sie es weiter die Straße hinuter im Wirtshaus zum eisernen Hirsch!“. Das Grollen war nun direkt über ihnen zu hören. „Und nun verlassen sie mein Grundstück, bevor ich nachhelfen muss!“. Es klickte und der Fremde wusste ,dass es sich dabei um den Hahn eines Gewehres handelte, welcher gespannt wurde. „In Ordnung“, erwiderte er und nickte dem Alten zu, der wieder dabei war die Tür zu schließen. Er griff nach den Zügeln seines Pferdes und zog sich mit einem kraftvollen Schwung in den Sattel. Sie ritten in die Richtung, in der sie der alte Mann schickte und überquerten eine Brücke, die unter sich einen großen Graben gefüllt mit Wasser beherbergte. Der Regen wurde stärker und man konnte kaum noch erkennen, was sich in der Ferne vor einem befand. Kurz darauf ,sahen sie die dunklen Umrissen von Gebäuden und flackernden Laternen. „Endlich“, schnaufte der Reiter und gab seinem Pferd durch einen gezielten Tritt leicht die Sporen, um die letzten Meter hinter sich zu lassen.

      Vor ihnen lag nun die Stadt Castillo, welche durch den starken Regen mehr an eine alte verlassene Stadt erinnerte. In den kleinen Fenstern konnte man nur schwach das Licht von Kerzen erkennen und die dunklen Gassen und Seitenstraßen beherbergten eine tiefe Finsternis, sodass man wortwörtlich die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Zu ihrer linken Seite waren ein paar einfache Häuser, aus deren Schornsteinen leichter Rauch aufstieg. Ein paar Meter weiter ragte ein Gebäude empor, dass sich durch eine holzgeschnitzte Figur am oberen Dachgiebel von den anderen unterschied. Der Kopf eines Hirsches, dessen Geweih aus Metall gegossen war schmückte das Dach des Hauses. Vor dem Gebäude angekommen stieg er ab, griff nach dem Halfter des Pferdes und zog es zur rechten Seite des Hauses. Unter einem Vordach – was Schutz vor Wind und Wette bot – band er das Pferd an einen alten Karren der in einer der Ecke vor sich hin moderte. Er drehte sich um und ging in die Richtung der zwei großen Türen, die das Wirtshaus von außen wie einen Saloon wirken ließen.

      Von innen hörte er mehrere Stimmen, jedoch kein Gelächter oder Musik, wie er es aus anderen Städten gewohnt war.
      Er drücke von außen mit den Händen gegen die Türen, welche nach innen auf schwankten. In mitten eines großen Raumes stand eine alte Theke aus rustikalem Holz. Die Front des langen Tischen war verziert mit kleinen Schnitzereien, welche die Jagt auf einen großen Hirsch abbildeten. Im hinteren Bereich stand ein großer offener Kamin, mit einem vor sich hin glimmenden Feuer. Kleinere runde Tische, an denen Männer saßen, standen auf der gegenüberliegenden Seite. Durch das flackern einiger kleiner Kerzen, konnte man nur leicht die Gesichter der Gestalten erkennen, welche dort saßen. Ein knochiger alter Mann, mit langen weißen Haaren, hatte ein kleines Wiesel auf dem Arm und fütterte es mit getrocknetem Fleisch, dass er aus seiner grünen Filzjacke zog. Ein anderen leerte mit großen Schlucken seinen Krug und wischte sich danach mit seinem Ärmel über den Mund.

      Der Fremde ging ein paar Schritte weiter in den Raum und ließ dabei die Tür schwankenden hinter sich zurück. „Großer Gott!“ rief ein bärtiger Mann, welcher gerade dabei war sich einen weiteren Krug zu bestellen. Eine Frauenstimme ertönte. „Tiere, oder was dieses Ding hinter ihnen auch immer sein soll, müssen draußen bleiben Mister!“. Der Fremde blinkte in die Richtung der Theke und sah eine Frau mittleren Alters, die dabei war einzelne Gläser und Krüge mit einem Tuch auszuwischen. Er griff mit seiner rechten Hand in die Innenseite seines langen Mantels, zog sie langsam wieder heraus und warf der Frau eine Münze zu, die vor ihr auf dem Tisch in rollender Bewegung zum Stillstand kam. Stille durchzog den Raum und man konnte lediglich das knistern der Holzscheite hören, die im Kamin vor sich hin glimmten. Die Frau sah auf das Münzstück, griff danach und hielt es vor sich in die Höhe. „Kann das sein?“, fragte sie sich. Sie bemerkte sofort wie schwer es war. Solche Münzen gab es hier schon lange nicht mehr. Fort waren die alten Zeiten des Schürfens und selbst zu jener Zeit, waren solche Münzen selten. Sie blickte erneut zu dem Fremden der ein paar Meter vor ihr stand.

      Er trug einen Hut aus festem Leder der aus dem gleichen Material zu sein schien wie der Mantel. Als der Mann sein Tuch von seinem Mund runter zog um zu sprechen, sah sie, dass eine riesige Narbe sein Gesicht zeichnete. Sie ging vom unteren linken Mundwinkel hoch über die Oberlippe und zog sich hoch bis zum rechten Auge. Durch den Hut sah sie nicht, dass die Narbe noch weiter an der Seite seines kurzgeschorenen Kopfes verlief und hinter der rechten Schläfe endete. „Das sollte fürs erste reichen“, sprach der Mann in einer ruhigen aber tiefen Stimme. „Und wenn mein Freund hier sich ebenfalls am Feuer wärmen darf, werde ich ihnen am Ende zwei weitere Münzen geben“. Sie sah zu dem Wesen hinter dem Mann. So einen riesigen Hund oder was es auch immer zu sein schien, hatte sie noch nie gesehen. Das Tier hatte pechschwarzes Fell und stand in einer angespannten Körperhaltung und mit gesenkten Kopf hinter seinem Herren. Seine spitzen Ohren hatte es aufgestellt und beobachtete was um ihn herum geschah. Der Kopf des Tieres war breit, aber lang und ähnelte dem eines Wolfes. Genau wie bei seinem Herren, zeichnete sich eine kleine aber tiefe Narben um die Schnauze des Tieres ab. Dunkel braune Augen musterten sie.
      Im Nacken und am hinteren linken Bein hatte er zwei große kahle Stellen, die wohl ebenfalls Anzeichen von Verletzungen zu sein schien.

      In einer der Ecken des Raumes viel ein Stuhl um und ein Mann stand dort mit gezogener Pistole. Zitternd richtete er sie auf den Hund. „Verschwinden sie von hier und nehmen sie dieses Ding gleich mit!“, rief der Mann. Kleine Schweißperlen zeichneten sich auf seiner Stirn ab und glitzerten im Licht der Kerzen. Das Tier warf seinen Kopf zur Seite und richtete seinen Blick auf den Mann. Ein tiefes knurren erfüllte den Raum. Einzelne Männer die bis eben noch auf ihren Plätzen saßen, standen panisch von ihren Stühlen auf und stolperten ein paar Meter nach hinten. „Hören sie mir gut zu“, sprach der Fremde in einem schon fast flüsternden Ton. „Legen sie die Waffe auf den Tisch und es wird ihnen nichts passieren. Sie machen ihn nervös und selbst ich bin in bestimmten Situationen nicht in der Lage, ihn wieder unter Kontrolle zu bringen“. Das Tier senkte nun erneut seinen Kopf und trat einen Schritt in Richtung des Mannes. Der Mann blickte zu seiner rechten und linken Seite, in der Hoffnung, dass weitere Männer das Wort ergriffen und ihre Waffen zogen. Das Tier ging zwei weitere Schritte auf den Mann – dem mittlerweile klar wurde, dass niemand anderes was unternehmen würde – zu und verfiel in eine geduckte Körperhaltung.

      Panik überkam den Mann. Er ließ die Waffe fallen und eilte zwei Schritte zurück. Den Rücken an die steinerne Wand gepresst stand er da, als das Tier zum Sprung ansetzte. „GENUG!“ rief der Fremde mit einer ernsten und kraftvollen Stimme. Der Hund wandte seinen Blick von seinem Opfer, welches mittlerweile seine Augen geschlossen hatte. „Geh jetzt!“ rief der Fremde dem Hund zu. Das Tier blickte erneut zu dem an der Wand stehenden Mann, schnaufte, und schritt langsam Richtung Kamin. Dort angekommen, legte er seinen massiven Körper in die Ecke des Raumes. Die braunen Augen des Tieres waren das einzige, was man durch das Licht des Kamins erkennen konnte. Der Rest verschmolz mit der Dunkelheit.
      „Rob, ich glaube du gehst jetzt besser“, sagte die Frau. Der Mann der seine Augen wieder öffnete sah zu ihr rüber. Er atmete schwer und man konnte erkennen, dass er nach dem Tier suchte, welches bis vor ein paar Sekunden noch vor ihm stand. „Das wird noch ein Nachspiel haben“, rief er dem Fremden zu. „Du und dein Drecksvieh, wartet es nur ab“. Mit schnellen Schritten lief er zur Tür, riss sie auf und eilte in den Regen. Zwei weitere Männer mit denen er zuvor am Tisch saß, liefen ihm hinterher. „Also, wie schon gesagt, Unterkunft und Verpflegung für mich und meinen Begleiter. Sind wir uns einig?“, sprach der Mann mit einer ruhigen Stimme und beendete die Stille die zuvor das Wirtshaus füllte. Die Frau blickte ihn an und fühlte die Münze, die sie immer noch fest in der Hand hielt. „Einverstanden, wenn sie mir versichern keine Schwierigkeiten zu machen und der da in der Ecke, sich ruhig verhält“. Sie blickte in die Richtung in der sich das Tier befand, hatte aber Schwierigkeiten es zu finden. Der Fremde nickte. Er legte eine weitere Münze auf den Tresen. „Für die Unannehmlichkeiten“, flüsterte er und bewegte sich anschließend zum Kamin, wo er sich auf eine alte Holzbank niederließ. „Ich bringe ihnen gleich etwas zu Essen und zu trinken“, rief die Frau ihm hinterher. „Und ihr anderen setzt euch gefälligst und bestellt etwas“.
      Allmählich kam wieder Ruhe ins Haus und die Männer nahmen wieder ihre Plätze ein. Einzelne von ihnen blickten dennoch hin und wieder zu dem Fremden, der dort saß und hastig das ihm servierte Essen verschlang.


      Kapitel 2 - Rob Jones

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      Kurz vor Mitternacht, kam die Frau mit einem Kerzenhalter auf den Fremden zu. „Folgen sie mir, ich zeige ihnen ihre Unterkunft für die Nacht.“ Sie schritt an ihm vorbei und öffnete eine Tür, die zum hinteren Bereich des Hauses führte. Dort angekommen stellte sie den Leuchter auf einen alten Stuhl, der in dem schmalen Flur stand in dem sie sich nun befanden. „Hier links in dem Zimmer können sie beide schlafen. Morgen früh werde ich für sie etwas zum Essen bereit stellen“. Der Mann dankte der Frau und ging an ihr vorbei in das für ihn vorgesehene Zimmer. Als er an der Frau vorbeiging, bemerkte sie wie klein sie im Verhältnis zu ihm war. Sie erschrak, als das Tier ihren Arm steifte und seinem Herrn in den Raum folgte. Sie nahm den Leuchter und entzündete damit zwei größere Kerzen, die auf einem Tisch in mitten des Raumes standen. „Wenn etwas sein sollte, mein Zimmer ist am Ende des Flures. Aber ich warne sie gleich, ich bin eine gute Schützin und besitze nicht nur ein Gewehr.“ „Das wird nicht nötig sein“, erwiderte der Mann und war dabei seinen Mantel abzulegen.
      Die Frau sah, wie er an einem Gürtel unter dem Mantel mehrere Messer bei sich trug. Einige davon waren größer als die anderen und wiesen die verschiedensten Formen auf. Der Mann griff nach seinem Hut und warf ihn auf den neben ihm stehenden Tisch. Mehrere Tätowierungen zierten seinen Hinterkopf und verliefen weiter runter zum Nacken. „Sie haben mir noch nicht gesagt wie sie heißen und was sie hier wollen“, sagte die Frau mit einer zurückhaltenden Stimme. Der Fremde drehte sich um und sah sie an. „Ich weiß nicht wofür das wichtig sein sollte, da wir eh nur auf der Durchreise sind“, erwiderte er. „Nun, ich für meinen Teil möchte gerne wissen wer unter meinem Dach schläft und wohin er will“, antworte die Frau und kam ein paar Schritte auf den Mann zu. Er grinste nun. Solche Art von Frauen waren nach seinem Geschmack. „Meine Eltern gaben mir den Namen Thorvar“. „So einen Namen habe ich noch nie gehört“, antwortete die Frau. „Das habe ich mir schon gedacht, denn ich komme weit aus dem Norden und für gewöhnlich bleiben wir unter uns.
      Ich bin vor mehreren Jahren von dort aufgebrochen, um meine Fähigkeiten zu vervollständigen“.“Fähigkeiten?“, fragte sie. „Mein Freund hier und ich sind Jäger“. Er drehte sich zu ihr um und sah, wie sie sich ein kleines Lächeln nicht unterdrücken konnte. „Wie es scheint erfreut euch das?“. „Nein, es ist nur so, dass auch ich aus einer Jagtfamilie komme. Mein Vater – Gott habe ihn Seelig – hat mir am Ende jedoch auch dieses Wirtshaus überlassen, welches ich seit seinem Ableben vor drei Jahren alleine führe“, sprach sie. „So einen Hund habe ich ebenfalls noch nie gesehen“, sie blickte verunsichert in die Richtung des Hundes, der es sich auf dem großen roten Teppich gemütlich gemacht hatte. „Sie meinen Bholt?“ - bei dem Namen richtete sich eines der spitzen Ohren des Tieres auf. „Nun, er ist sehr speziell wissen sie“, erklärte der Mann leise und die Frau bemerkte, wie er ihrem Blick auswich. „Ich erwarte dann Morgen ihr Frühstück“. Er drehte sich weg und ging auf das große Bett am Ende des Raumes zu. Die Frau entzündete auf dem Weg nach draußen zwei weitere Kerzen, die mit einer Halterung an der Wand befestigt waren und hielt kurz inne. „Sie wissen nun meinen Namen - sprach der Mann ihr hinterher – jedoch haben sie mir ihren noch nicht genannt“. Sie wusste nicht warum, musste aber erneut lächeln. „Marry, einfach nur Marry“, flüsterte sie und schloss die Tür.

      Rob Jones, der nach der Aufforderung von Marry Lake das Wirtshaus verlassen hatte, lief stadtauswärts die Landstraße entlang. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen und zu seiner linken, konnte er in nicht allzu weiter Entfernung den Fluss Brah erkennen, der durch den starken Regen an Höhe gewonnen hatte. Nicht mehr viel und er würde über die Ufer treten. Der dabei entstehende Schaden, wäre für viele der angrenzenden Höfe und Felder verehrend. Über ihm schien der Mond, welcher durch sein strahlendes Licht die breite Straße erhellte. Dies kam Rob zu Gute, so hatte er im Anschluss bei seinem guten Freund Whalt, den ein oder anderen Krug mit Met sich schmecken lassen. Er war auf dem Weg zu seinem Hof am Rande der Ländereien von Castillo. Vor ihm konnte er das Haus seines Nachbarn erkennen, welchen er stets geschätzt hatte. Doch ein starkes Fieber hatte dafür gesorgt, dass John Pohlt eine Frau und zwei Kinder alleine zurück ließ. Er schlenderte an dem Hof der Witwe vorbei und sah, wie eine kleine schwarze Gestalt in das angrenzende Waldstück vor seinem Hof verschwand. „Verdammte Zigeunerkinder“, maulte Rob und lief einen Schritt schneller, um seinen Hof zu erreichen. Dort angekommen, erkundigte er sich, ob in seiner Scheune alles an seinen Platz stand, oder ob etwas fehlte. Doch es war alles so, wie er es zurückgelassen hatte. „Verdammtes Pack, wenn ich euch jemals hier drin sehen sollte, dann werdet ihr mich kennen lernen“. Er verschloss die Tür und wollte sich gerade umdrehen, als ein runder Gegenstand pfeifend geflogen kam und ihn am Hinterkopf traf. Rob stieß einen stumpfen Schrei aus und ging in die Hocke. Er fasst sich mit der Hand an die Stelle, wo der Gegenstand ihn getroffen hatte. Als er seine Hand vor seine Augen hielt, sah er, dass er blutete. Auf dem Boden neben ihm lag ein runder Stein, von dem ebenfalls Blut tropfte.

      Geschockt sah er sich um und bemerkte, dass die kleine Gestalt aus dem Wald erneut hervorgetreten war und ihm in zirka zwanzig Meter Entfernung gegenüberstand. Erneut flog ein Stein durch die Luft und schlug nur eine Handbreit neben Rob gegen das Scheunentor. Wut stieg in ihm hoch. „Du Bastard!“, schrie er. „Komm her wenn du etwas von mir willst und stell dich mir gefälligst“. Die Person stand jedoch unbeeindruckt weiter vor ihm und rührte sich nicht. Rob stürmte nach vorne – kam durch den hohen Alkoholkonsum leicht ins straucheln, konnte sich aber fangen - und rannte direkt auf die kleine Person zu. Er sah, wie die schwarzgekleidete Gestalt ein paar Meter rückwärts ging, sich dann aber schnell umdrehte und wieder in den Wald verschwand. „Damit wirst du nicht durchkommen“, brüllte ihr Rob hinterher und verschwand ebenfalls in der Dunkelheit des Waldes.

      Es wurde stockfinster, als Rob zum stehen kam um sich kurz zu orientieren. Durch seine Wut war er ein ganzen Stück tiefer in den Wald gelaufen und hielt immer noch Ausschau nach der Person, die es gewagt hatte ihn anzugreifen. Der Boden und die umliegenden Felsen wurden lediglich durch das Mondlicht sichtbar, welches durch einzelne Löcher in den Baumkronen schien. Ein unwohles Gefühl stieg in ihm hoch und er fragte sich, ob er nicht doch lieber umkehren sollte. Er griff nach seinem Pistolengurt, musste aber feststellen, dass er durch die Hektik seine Waffe im Wirtshaus liegen gelassen hatte. Er zitterte und blickte nach unten. Zu seinen Füßen lag ein großer Ast, den er aufhob und mit beiden Händen fest umklammerte. Schützend hielt er den Ast vor sich. „Zeig dich du Bastard“, rief er in die Dunkelheit. Keine Antwort.“ Wenn du Manns genug bist komm her und ich mach es kurz!“. Keine Antwort. Rob ging vorsichtig drei Schritte nach vorne und versuchte die kleine Gestalt ausfindig zu machen. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Er blieb stehen und lauschte zu seiner linken Seite, von wo aus das knacken kleiner Äste zu hören war. Er schnellte herum, konnte aber nur die leichten Umrisse von Bäumen und Felsen erkennen. Rob bückte sich, hob einen kleinen Stein auf und warf ihn mehrere Meter in die Richtung, von der das Geräusch ausging.

      Der Stein flog und verschwand in der Dunkelheit. Er lauschte und hörte, wie der Stein auf etwas festem stumpf Aufschlug. Dies war gewiss kein Fels oder Stamm dachte er. Vorsichtig trat er einen weiteren Schritt nach vorne und blieb abrupt stehen. Auf einmal entnahm er der Finsternis ein tiefes Brummen und Knurren. „Ist das wieder dieses Drecksvieh von vorhin?!, sprach er zu sich selbst und trat einen Schritt zurück. „Komm schon, ich werde dir mit dem Ast deinen gottverdammten Schädel einschlagen!“. Vor ihm erhob sich eine Kreatur, die sich zuvor in geduckter Körperhaltung auf die Lauer gelegt hatte, um auf den richtigen Moment zu warten. Ein großer Schatten löste sich von den umliegenden Felsen und Bäumen und stürmte auf ihn zu. „Ein Bär“, dachte Rob als erstes, bis er sah, dass der Schatten sich komplett anders bewegte.
      Die Kreatur schien schmaler als ein Bär zu sein, dafür aber länger und wendiger. Mit großen Sprüngen, hechtete das Wesen auf Rob zu. Der Ast viel zu Boden und Rob rannte. Zum zweiten Mal an diesem Abend, erfüllte sich sein Herz mit Angst und Panik. Die Kreatur kam näher. Er lief schneller und bemerkte durch das Mondlicht, dass das Fell der Kreatur dunkel grau zu sein schien, was die Annahme eines Bären komplett zu nichte machte. Das Tier schlug mit seiner rechten Pranke nach Rob und erwischte ihn an der Wade. Er stürzte und viel einen kleinen Hügel hinab, der in einer Kuhle endete. Schmerz durchflutete seinen Körper und von seinem Bein ging ein taubes Gefühl aus. Er blickte auf seine Wade und sah, wie sich ein langer Schnitt abzeichnete, als ob jemand ihn mit einem Messer erwischt hätte. Blut lief aus der aufklaffenden Wunde. Rob versuchte sich aufzurichten, merkte aber schnell, dass sein Bein sofort nachgab. „So eine Scheiße!“, schrie er und blickte den Hügel hinauf.
      Seine Augen weiteten sich, als er die riesige Kreatur sah, die sich auf ihren Hinterbeinen vor ihm aufrichtete. Das Wesen sah aus wie ein riesiger Wolf, der aber statt vier Pfoten große Klauen besaß, welche Ähnlichkeiten mit den Händen von Menschen hatten. Der Schädel des Tieres schien kräftig zu sein, wie der Rest seines Körpers. Das Wesen schoss mit den Armen hervor und ein fester Griff packte Rob am Oberkörper. Er versuchte zu schreien, konnte aber durch den Druck der auf seinem Körper ausgeübt wurde kaum atmen. Vier lange Reißzähne gruben sich plötzlich in seine Schulter. Der Schmerz war gewaltig. Rob hörte, wie seine Schulter unter der Krafteinwirkung der Kiefer brach. Aus Verzweiflung versuchte er sich zu befreien und schlug mit seiner rechten Faust immer wieder auf den Kopf des Tieres ein. Unbeeindruckt davon, grub sich das Wesen weiter in die Schulter und Rob verlor das Bewusstsein. In der Ferne sah man die schwarzgekleidete Gestalt auf einem Felsen stehen. Sie lächelte, als das Tier dabei war den Brustkorb zu öffnen.


      Kapitel 3 - Ein alter Freund


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      Als am darauf folgenden Tag die Sonne aufging und die ersten Nebelbänke über den Feldern zu sehen waren, war Liss Pohlt bereits auf den Beinen. Sie fing morgens schon früh an zu arbeiten, da sie nach dem Ableben ihres Mannes sich nun um die beiden Kinder und den Hof alleine kümmern musste. Nachdem sie vom anliegenden Fluss Wasser geholt hatte, bemerkte sie, dass von ihrem Nachbarn Rob Jones noch nichts zu sehen oder hören war. Normalerweise war der nörgelnde alte Mann ebenfalls schon früh hoch und arbeitete bis spät abends in seiner Scheune. „Entweder der alte Säufer hat verschlafen, oder seine Leber hat nun doch den Geist aufgegeben“, dachte sie sich.
      Nachdem sie die Kinder aus den Betten geworfen und ihnen die Arbeit für den heutigen Tag mitgeteilt hatte, fing sie an sich doch Sorgen zu machen. Von ihrem Nachbarn war immer noch nichts zu sehen. Sie beschloss rüber zu gehen und nach dem Rechten zu schauen. Als sie auf seine Veranda trat und ein paar Mal gegen die Tür schlug, öffnete ihr niemand. Sie umrundete das Haus und fand sich schließlich vor der alten Scheune wieder. Das Tor war verschlossen. Auf einmal sah sie einen Stein rechts neben sich liegen, der so aussah als ob getrocknetes Blut an ihm klebte.
      Als sie ihn aufhob und genauer betrachtete, schrie sie laut auf und ließ den Stein wieder fallen. Ihr Herz fing an zu rasen. Sie zog mit ihren Händen die lange Schürze hoch - um schneller laufen zu können – und blickte auf der Rückseite der Scheune durch einen kleinen Schlitz zweier Bretter, ins Innere. Niemand war in der Scheune zu sehen. Auch die Gerätschaften hingen unbenutzt an den Wänden. „Was mache ich nur?“, flüsterte sie. Sie eilte zurück auf die Landstraße und kam zu dem Entschluss, dass es das Beste wäre Hilfe zu holen. Es war kurz vor neun, als die Marktglocke der Stadt zu läuten begann.


      Thorva öffnete die Augen. Durch den Lärm der Glocken konnte man beim besten Willen nicht weiterschlafen. Er stand auf und zog sich an. Dabei band er sich den langen Waffengurt um und verschloss ihn mit einer silbernen Schnalle vorne am Bauch. „Vielleicht gibt es ja einen Schmied der unser weiter helfen kann. Oder wie siehst du das mein Junge?“. Bholt stand neben ihm und war durch die Schläge der Glocke sichtlich aufgebracht. Nachdem er sich komplett angekleidet hatte, verließen sie das Zimmer und gelangten in den vorderen Hauptteil des Hauses. Marry war dabei die einzelnen Tische mit Wasser und einem Lappen zu reinigen. „Ganz schöner Lärm da draußen‘“, sagte Thorvar. “Es ist selten, dass man die Glocken hört“, antwortete sie schnell und tauchte den Lappen erneut in den unter ihr stehenden Eimer“. „Nehmen sie es mir nicht krumm, aber ich habe mir die Freiheit herausgenommen ihr Frühstück einzupacken, damit sie es mitnehmen können, da ich vorhabe, dass Wirtshaus gleich zu schließen um ebenfalls zum Marktplatz zu gehen“. „Diese Glockenschläge bedeuten nichts Gutes oder?“, fragte er neugierig.
      „Sie werden bei uns immer dann geschlagen, wenn es wichtige Neuigkeiten gibt, die uns alle betreffen - jedoch hatte diese Stadt schon lange keine guten Nachrichten mehr für sein Volk“, antwortete sie und blickte dabei besorgt aus dem Fenster. Thorvar ging auf Marry zu und nahm ihre Hand. Verunsichert blickte sie ihn an. Er öffnete ihre Hand und legte nicht zwei sondern drei weitere Goldstücke hinein und ließ sie los. „Das ist zu viel“, sagte sie und blickte ihn verdutzt an. „Ist schon in Ordnung, so gut haben Bholt und ich schon lange nicht mehr geschlafen“. „Sagen sie, wissen sie zufällig wo es hier eine Schmied gibt?“, fragte er. „Ja, der befindet sich in der Stadt, direkt neben dem Eingang wenn man die Brücke passiert hat. Sie werden dort einen Mann namens Thomson finden, ein großer Kerl mit einem langen Bart. Er versteht sein Handwerk gut, jedoch sehe ich da ein Problem“. „Und das wäre?“, fragte er. „Nun, ihr Freund dort neben ihnen wird denke ich nicht so einfach in die Stadt kommen. Sie haben ja die Reaktionen der Leute gestern Abend gesehen und heute werde dort noch mehr Menschen sein – Frauen und auch Kinder“, sprach sie in einer nachdenklichen Art. „Aber ich habe da eine Idee, warten sie hier, ich bin gleich zurück“. Marry nahm den Eimer und den Lappen und verschwand in den hinteren Bereich des Hauses. Nach fünf Minuten kam sie wieder – sie hatte sich umgezogen – und stand nun an der Vordertür. Sie hatte sich ihre schwarz gelockten Haare zu einem Zopf gebunden und trug nun eine weiße Bluse aus festem Stoff. „Begleiten sie mich, ich will versuchen sie in die Stadt zu bringen“. Er nickte ihr zu und sie betraten die Landstraße.
      Nach einer Weile, sahen sie eine der zwei Brücken, die direkt in die Stadt führten. In der Ferne, konnte man zwei Wachleute erkenne, die das östliche Tor bewachten.
      „Wir werden nicht den direkten Weg nehmen“, erklärte Marry. „Auf der Rückseite der Stadt grenzt diese an ein kleineres Waldstück. Von dort aus werden wir ins Innere kommen, vertraut mir“. Woher wisst ihr das alles?“, fragte Thorvar und blickte verwundert in ihre Richtung. „ Lasst das mal meine Sorge sein. Durch das zusätzliche Goldstück von heute Morgen schulde ich euch noch etwas“, antwortete sie schnell und zeigt auf den schmalen Weg, der von der Hauptstraße wegführte. Sie bogen ab und gelangten nach einer Zeit an das von ihr beschriebene Waldstück. Der Wald war dicht und sie hatten Mühe in zu durchqueren. Als sie fast am Ende angelangten, blieb Marry plötzlich stehen.

      „Wir sind da“, erklärte sie und blickte sich in alle Richtungen um, ob sie auch wirklich alleine waren. Thorvar schaute sich um, konnte aber außer Bäumen und dichtem Gehölz nichts erkennen. „Und was soll uns nun weiter helfen?“, fragte er. „Nun sie stehen drauf“, lachte Marry und strich mit ihren Händen durch das Laub. Eine kleine schwarze Kette kam zum Vorschein. Als sie an ihr kräftig zog, sah er, wie eine Lucke sich öffnete, die zuvor unter mehreren Ästen und Blätter versteckt war. „Was ist das?“, sprach er und blickte in ein tiefes schwarzes Loch. „Das ist ein Zugang zur Stadt, der in den frühen Jahren angelegt wurde, um bei einer Belagerung heimlich Waffen und Waren ungesehen in die Stadt zu schleusen. Mein Vater hat ihn mir gezeigt.“ Er blickte sie verwirrt und erstaunt zugleich an. „Am Ende führt der Weg uns in einen alten Keller, der uns direkt dorthin bringen wird wo ihr hinwollt, erklärte sie. „Der Gang ist direkt mit dem Haus der Schmiede verbunden. Der Schmied dort ist Stammkunde bei mir und hat noch immer die ein oder andere Rechnung offen“, lachte sie und kletterte an einer kleinen Holzleiter hinunter ins Loch.
      Thorvar blickte ihr hinterher, hörte aber plötzlich ein knurren. Als er sich umdrehte, stand Bholt ein paar Meter hinter ihm und blickte in den dichten Wald. Der Körper des Hundes war angespannt. Thorvar blickte in die gleiche Richtung wie der Hund, konnte aber nichts erkennen. „Was siehst du?“, flüsterte er und kniete sich neben den Hund.
      Bholt und er waren ein perfekt aufeinander abgespieltes Team. Die Vergangenheit hatte vermehrt gezeigt, dass wenn der Hund so reagierte, etwas mit Gewissheit nicht stimmte. Thorvar blickte durch die eng stehenden Bäume und lauschte dem Wind, der über ihnen die Äste zum Schwingen brachte. Marry lugte mit dem Kopf aus dem Loch nach oben um zu schauen, wo die beiden blieben. Viel Zeit hatten sie nicht, so wurde das Waldstück hin und wieder auch von ansässig Bewohnern zur Jagt benutzt. Sie wollte vermeiden, dass man sie hier draußen mit dem Fremden und seinem Hund sah. „Stimmt was nicht?“, rief sie ihnen zu und verstummte, als Thorvar zu ihr blickte und den Zeigefinger über seine Lippen legte – als Zeichen der Stille.

      Bholt stand noch immer angespannt neben seinem Herren. „Wir müssen jetzt gehen“, flüsterte Marry ihnen leise zu. Thorvar schaute inzwischen wieder nach vorne, konnte jedoch immer noch nicht erkennen, warum der Hund sich so verhielt. „Er wittert etwas oder jemanden. Ich kann jedoch nichts erkennen, dass Unterholz ist zu dicht“, sagte er. „Wir dürfen hier jetzt nicht laut auffallen, die Wachen laufen auch in bestimmten Zeitabständen am östlichen Teil entlang und würden uns hören“, antwortete Marry. „Verdammt, ich weiß das da was ist, aber wir müssen weiter mein großer“, flüsterte Thorvar und legte seine linke Hand dem Hund auf die Schulter. „Komm jetzt“. Marry stieg die Treppe hinab. Unten angekommen, landete Bholt mit einem großen Sprung neben ihr und blickte nach hinten, um sich zu vergewissern, dass sein Herr ihm folgte. Bevor Thorvar über sich die Lücke schloss, blickte er ein letztes Mal um sich, konnte jedoch immer noch nichts erkennen.
      „Höchst Interessant“, flüsterte die große Person, welche sich hinter einer großen Eiche versteckt hielt. Sie wagte einen kurzen Blick und konnte sehen, wie die Lucke sich schloss und der Fremde darin verschwand.

      Marry zündete eine kleine Fackel an, welche sie zuvor aus einer Halterung an der Wand nahm. Vor ihnen lag ein dunkler langer Gang und Feuchtigkeit zeichnete sich auf den glatten Steinwänden ab. „Der Weg ist kürzer als er aussieht“, sagte sie und ging voraus. Ohne jegliche Furcht schoss Bholt an ihr vorbei in die Dunkelheit. „Machen sie sich um den keine Sorgen“, lächelte Thorvar. „Sie scheinen ihm blind zu vertrauen“, entgegnete ihm Marry. „Nun, wir haben in der Vergangenheit schon einiges zusammen durchgemacht und er war stets an meiner Seite“, erklärte er. „Es ist vielleicht ein wenig forsch, aber erlauben sie mir die Frage, woher sie beide diese schweren Verletzungen haben?“, fragte Marry und blickte leicht verunsichert auf den Boden. Er zog sich seinen Hut tief ins Gesicht. „Unsere Arbeit fordert hin und wieder seinen Preis, den wir bereit sind zu zahlen. In vielen Wäldern gibt es noch größere Gefahren als Bären“, antwortete er.

      Vor ihnen konnte man winzige Lichtstrahlen erkennen, die von der Decke ausgehend auf den Boden fielen. „Ich denke wir sind da“, sagte er und blickte nach oben. Marry war noch immer in Gedanken und dachte über das nach, was der Fremde ihr soeben erzählt hatte. Sie ging voraus und kletterte ein paar Schritte die Holzleiter nach oben. Dort angekommen, klopfte sie drei Mal fest gegen die Lucke. Kurz darauf konnte man hören, wie ein Riegel beiseitegeschoben wurden und die Lucke sich öffnete. Ein Arm streckte sich durch die Öffnung und zog die Frau mit einem Schwung nach oben.
      Thorvar ging einen Schritt auf die Holztreppe zu und konnte dank seiner Größe mehrere Sprossen überspringen. Oben angekommen stand er in einem großen Raum und das erste was er bemerkte, war die angenehme Wärme, die sich auf sein Gesicht legte welche vom Brennofen aus stammte. „Komm schon“, rief er in das dunkle Loch hinter sich. Bholt kam mit einem kraftvollen Sprung an den Rand der Lucke gesprungen und zog sich das letzte Stück mit seinen Vorderbeinen nach oben.

      „Um Himmels Willen Marry, was holst du mir da ins Haus“, stammelte ein Mann mit einem rötlichen Bart, der wie angewurzelt und mit einem Schmiedehammer in der Hand vor ihnen stand. „Ist schon in Ordnung, das sind Freunde“, antwortete sie und musste ein wenig Lachen, als sie sah, wie der breit gebaute Schmied seine Augen nicht vom Tier lassen konnte. Sie schloss die Lucke und zog den eisernen Riegel davor. In dem Raum in dem sie sich nun befanden, lagen allerlei verschiedene Arten von Werkzeugen. Thorvars Blick richtete sich vor allem an die an der Wand aufgehängten Waffen. Ein großer schwarzer Amboss war das Kernstück der Schmiede und befand sich direkt in der Mitte. „Das ist Thorvar, er wollte mit dir sprechen und wegen seines speziellen Freundes, mussten wir den alten Weg nehmen“, sprach Marry und blickte zum Schmied. „Thomson“, antwortete der Schmied und hielt dabei immer noch den Hammer fest umschlungen in seiner Hand. „Wir wollen ihnen keine Schwierigkeiten machen“, sprach Thorvar und setzte sich auf einen Hocker in der Ecke. Bholt legte sich daneben und musterte die Umgebung.
      Marry ging in die Richtung eines verschlossenen Fensters, dass ihnen die Sicht nach draußen verwehrte. Sie öffnete es einen kleinen Spalt um sicherzugehen, dass sich niemand direkt vor dem Haus befand. In der Ferne konnte sie eine kleine Menschenansammlung sehen, die sich auf den anliegenden Marktplatz versammelten. „Ich brauche ihre Hilfe“, erklärte Thorvar und griff in seinen Mantel. Er zog eine Schriftrolle aus einer der Innentaschen und hielt sie dem Schmied entgegen. Verunsichert nahm Thomson sie entgegen und wickelte sie auf. Seine Augen weiteten sich, als er die feinen Zeichnungen darauf sah. „Können sie das für mich anfertigen?“, fragte Thorvar.
      Der Schmied ging ein paar Meter in dem Raum auf und ab und studierte die einzelnen Seiten. „Falls sie diesen Arbeitsauftrag übernehmen, wie lange wird es dauern“, hakte Thorvar hinterher. „Nun, da die Zeichnungen sehr genau sind wird es zwar schnell gehen, aber da sie hier auch ein paar Zusätze mit eingezeichnet haben und ich auch noch andere Aufträge fertig stellen muss, wird es ein paar Tage dauern“, erklärte Thomson und kratzt sich nachdenklich an seinem Kinn. Thorvar richtete sich auf und ging in die Mitte des Raumes. Dort angekommen legte er fünf Goldmünzen auf den großen Amboss und blickte zum Schmied. „Das ist alles was ich noch habe. Es soll jedoch ihnen gehören, wenn sie mit der Arbeit sofort beginnen und die anderen Aufträge für eine kurze Zeit vergessen“. Der Schmied ging auf den Amboss zu und griff nach den Münzen. Sprachlos sah er zu dem Fremden und wieder auf die Münzen. „Nun mein Freund, wenn das so ist, werde ich die ganze Nacht durcharbeiten“, lachte er und hielt Thorvar ein Hand hin. „Einverstanden“, grinste Thorvar und schüttelte die breite Hand des Schmieds. „Seid mal eben kurz still und kommt hier rüber“, flüsterte Marry, die immer noch am Fenster stand. Die beiden gingen auf sie zu und konnten jemanden in der Ferne laut reden hören. Vorsichtig späten sie aus dem Fenster. „Das Scheusal und sein Bastard haben ihren großen Auftritt“, sagte Marry und blickte mit ernster Miene in die Richtung der Menschenansammlung.


      Kapitel 4 - Der Marktplatz


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      Bürgermeister Henry Folt, stand mit seinem Sohn Travis, auf einem Podest in Mitten des Marktplatzes. Er liebte es, wenn das Volk zu ihm hoch sah und zuhörte – egal ob es sich dabei um gute oder schlechte Nachrichten handelte. Er trug wie so oft eine breite, dunkel braune Weste, die sichtlich große Mühe hatte, den großen Bauch unter sich zu verstecken. An der linken Brusttasche befand sich eine kleine goldene Kette, an deren Ende eine Uhr befestigt war, welche sich in der linken Seitentasche befand. Durch das starke Übergewicht, bewegte sich Henry sichtlich langsam. Seine Gelenke machten ihm schon seit Jahren Probleme, was ihm aber egal zu sein schien. Er schob es auf sein Alter, denn mit gut 60 Jahren, musste man nicht mehr so aussehen wie sein Sohn, auf den Henry setzte - sollte er doch später bei seinem Ableben das Amt weiter ausführen. Travis hingegen, kam optisch ganz nach seiner Mutter – welche die Geburt des Kindes leider mit ihrem Leben bezahlte – und stolzierte wie ein Prinz über das Podest.
      Dunkelblonde Haare und eine stattliche Figur schmeichelten ihm. Er war noch nicht liiert, obwohl er schon Mitte dreißig war. Er genoss das Leben eines Junggesellen in seinen vollen Zügen und prahlte gerne in den umliegenden Wirtshäusern damit, welche Frauen ihm schon verfallen waren. Bei fast allen Bewohnern der Stadt, war dieses Gespann aus Vater und Sohn nicht gern gesehen. Die Folts hatten jedoch - durch ein großes Erbe – genug finanzielle Möglichkeiten um sich Ärger vom Hals zu halten und bestimmte Leute zu engagieren, die dafür sorgten, dass Vater und Sohn im Amt blieben.

      Henry trat ein paar Schritte nach vorne und schaute in die Menge. Es waren an diesem Morgen wirklich viele Menschen erschien. „Guten Morgen meine Bürgerinnen und Bürger“, sprach er mit einer festen und lauten Stimme. „Ich freue mich, dass ihr alle erschienen und unserem Ruf über die Marktglocke gefolgt seid. Ich wünschte ich hätte gute Nachrichten für euch, jedoch ist heute ein dunkler Tag für uns alle.“ Ein Raunen ging durch die Menschenmasse und einige Personen fingen mit vorgehaltener Hand an zu tuscheln. „Was ist passiert?“, rief eine ältere Frau zu ihm hoch. „Hat es was mit ihr zu tun?“. Die Blicke der Leute richteten sich auf Liss Pohlt, welche zuvor ungesehen hinter Henry und seinem Sohn stand. Sie wollte vermeiden, dass man über sie sprach, so hatte sie mit ihrem Hof und den beiden Kindern schon genug zu tun und konnte sich nicht leisten, dass man hinter ihrem Rücken über sie tratschen würde. „Beruhigt euch bitte“, antwortete Henry und hob die Hand als Zeichen, dass das Gemurmel und Geflüster aufhören sollte. „Mrs Pohlt ist heute Morgen in der Früh zu mir gekommen und hat mir etwas erzählt, was mich zu tiefst verunsichert hat, da ich doch in gewisser Weise dadurch selbst betroffen bin. Mein guter Freund Rob Jones, den ihr alle bestimmt so sehr schätzt wie ich, ist laut Aussage von Mrs.Pohlt nicht an seinem Hof anzutreffen.Dies alleine mag vielleicht für den ein oder anderen nicht verwundert klingen, jedoch wurde vor seiner Scheune ein Stein gefunden, welcher Blutspuren aufweist. Daher meine Frage an euch alle: Hat irgendwer Rob in den letzten Stunden oder gestern Abend gesehen?“. Die Menschen auf dem Marktplatz tauschten verunsicherte Blicke aus und fingen daraufhin an wild durch einander zu reden.
      „Er war gestern Abend mit uns noch beim alten Whalt“, rief ein Mann aus der hinteren Reihe laut. „Seid alle sofort still!“, rief Henry in die Menschensammlung, welche darauf hin abrupt schwieg. „Und du dahinten, erzähl mir mehr davon“. „Nun Mr.Folt da gibt es nicht wirklich viel mehr zu erzählen. Wir waren wie gesagt bei Whalt und haben zusammen die Krüge gehoben. Zu später Stunde, sind wir dann zu unseren Höfen aufgebrochen“, erzählte der Mann und blickte dabei verunsichert auf den Boden als er merkte, wie der einschüchternde Blick von Henry auf ihm lag. „Und du bist dir sicher, dass da nicht noch was anderes war“, hakte Henry nach.
      Der Mann kratzt sich am Hinterkopf und blickte dann mit erschrocken und mit aufgerissenen Augen hoch. „Doch, da war noch etwas. Zuvor waren wir bei Marry als ein Fremder plötzlich das Wirtshaus betrat und so einen riesigen schwarzen Köter bei sich hatte. Dieses Vieh hättet ihr mal sehen sollen!“, sprach er hastig und blickte die einzelnen Menschen um sich stehend an. „Der Fremde war auf Streit aus und hatte uns mit diesem Vieh gedroht! Daraufhin sind wir zu Whalt. Sie kennen uns Mr. Folt, wir vermeiden Streit und gehen ihm lieber aus dem Weg“. Henry sah ihn mit ernstem Blick an. „Ein Fremder in meiner Stadt?“, rief er laut.“ Warum wurde mir das jetzt erst zugetragen?“.
      Die Leute schauten nun nicht mehr hoch zu ihm, sondern blickten sich verängstigt an. „Wo ist dieser Fremde nun?“, brüllte Henry als sein Sohn ebenfalls nach vorne trat. „Ich glaube wir können alle nachvollziehen, warum mein Vater so betroffen ist. So sind es immer die Freunde, die uns neben der Familie am wichtigsten sind“, sprach Travis und legte die Hand auf die Schulter seines Vaters. Herny Folt, der mit einem vor Wut rot angelaufenen Kopf dort stand richtete immer noch seinen Blick in die Menschenansammlung. „Ich will, dass ihr mir alle jetzt genau zuhört“, schnaufte er. “Um den Fremden kümmere ich mich höchst persönlich. Unser oberstes Ziel sollte nun aber sein Rob zu finden. Also, wer meldet sich freiwillig und reitet mit meinem Sohn zu dem Hof und dem angrenzenden Wald um nach ihm zu suchen?“. Einzelne Arme streckten sich in die Höhe. „Sehr schön, diesen Einsatz wollte ich sehen“, grinste Henry. „Begebt euch nun zu euren Höfen und sammelt euch dann auf der langen Landstraße Richtung auswärts. Mein Sohn wird mit denen, die aus der Stadt kommen, zu euch stoßen und denkt an eure Gewehre! Man kann nicht sicher genug sein“.
      Die Menschenansammlung löste sich langsam auf und Henry wandte sich um zu seinem Sohn. „Versuch irgendwas zu finden, sonst haben wir demnächst einen Aufruhr hier in der Stadt wie vor einem Jahr! Ich will nicht, dass sich dieser Schandfleck in der Geschichte unserer Familie wiederholt“, fauchte Henry. „In der Zwischenzeit werde ich dafür sorgen, dass sich ein paar meiner Männer innerhalb der Stadt auf die Suche nach diesem Fremden machen“. Travis nickte und verließ die Bühne.


      Kapitel 5 Jagt


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      Travis Folt nahm die Zügel seines weißen Hengstes in die Hand und führte ihn Richtung Stadttor. Unter dem schwarzen Ledersattel des Tieres befand sich eine braune Decke, welche das Wappen der Stadt zeigte. Der Schwarze Adler von Castillo, welcher in seinen Krallen zwei Dolche hielt, war ein Wappen, was Travis mit Stolz trug. Sein Familienname sowie die Prinzipien für die er und sein Vater standen, waren ihm heilig. Er liebte es, dass die Leute ihn mit diesem Wappen und dem damit verbundenem Respekt in Verbindung brachten. An der rechten Satteltasche steckte zudem eine lange Schusswaffe, an deren Schaft sich dieser Adler in Form einer Zeichnung ebenfalls wiederfand.
      Beim Torbogen angekommen, gesellten sich drei weitere Bewohner samt Pferd zu ihm. Einzelne Familien standen vor ihren Häusern und blickten hoch zu den Männern, die mit Gewehren bewaffnet sich beim Stadttor sammelten. Travis stieg mit seinem rechten Fuß in den Bügel und zog sich mit einem kraftvollen Schwung auf den Hengst. „Der Rest wird auf der Landstraße zu uns stoßen“, sagte ein Mann mit tiefen Falten im Gesicht. Travis blickte nach oben. Der Himmel hatte sich zugezogen und von dem anfangs so schön wirkenden Morgen war nicht mehr viel übrig. Der Wind wurde stärker und die Männer stellten ihre Kragen hoch. „Wir brechen auf. Wenn wir Glück haben sind wir samt Rob schnell zurück, bevor das Wetter noch schlechter wird“, rief Travis den Männern zu. Diese nickten und eilten ihm nach, als er seinem Pferd die Sporen gab und durch das Stadtdort verschwand.

      Thorvar war den langen Weg zurück geeilt, den er mit Marry gekommen war. Als er im Wald angekommen war und die Lucke hinter sich schloss, blieb er einen Moment stehen und blickte sich um. Bholt lief ein paar Meter vor ihm mit gesenktem Kopf und schnupperte den Waldweg entlang. Thorvar beeilte sich und legte etwas Laub und ein Paar Äste über die Lucke. „Komm schon, wir verschwinden von hier, bevor uns noch jemand sieht“, sagte er und bog mit dem Hund auf einen kleinen Pfad, welchen ihm Thomson nahe gelegt hatte.
      Das Wetter wurde in der Tat schlechter und es dauerte nicht lange, bis sich der Himmel komplett zugezogen hatte. Feiner Regen viel über das Land und brachte zudem einen immer stärker werdenden Wind mit sich. Thorvar und Bholt bewegten sich schnell voran, was letztendlich den kleinen Pfaden zu verdanken war. Sie begegneten keinem Bewohner oder Händler, die diese Wege nutzten, um die Stadt aufzusuchen. Zu ihrer rechten Seite aus, konnten sie in einiger Entfernung die Landstraße sehen, auf der Travis sich ebenfalls auf dem Weg zum Hofe Jones machte. Sie erhöhten ihr Lauftempo und sprinteten nun förmlich durch das Waldstück. „Er wartet bestimmt noch auf ein paar Männer, dass hält ihn ein bisschen auf“, schnaufte Thorvar und sprang über einen großen am Boden liegenden Baumstamm. „Das Zeitfenster sollten wir nutzen um vor ihnen da zu sein“, fügte er hinzu und er sollte Recht behalten.
      Travis und seine drei Gefolgsleute kamen an eine kleine Kreuzung. Dort standen bereits zwei weitere Reiter und hoben beim Anblick kurz die Hand zur Begrüßung. „Sind wir vollzählig?“, sprach Travis rasch und kam mit seinem Pferd abrupt zum Stehen. „Nicht ganz mein Herr, der alte Ghant wollte mit seinem Sohn noch da zustoßen, ich denke sie werden jeden Augenblick hier sein“, erklärte ein Mann mit langem schwarzem Bart sitzend auf seinem Pferd. „Wir werden nicht unnötig Zeit vergeuden“, fauchte Travis und holte aus seiner Brusttasche eine kleine Uhr. „Fünf Minuten, wenn sie bis dahin nicht da sind, brechen wir alleine auf“. Die Männer blickten einander an, schwiegen aber.
      Thorvar war in der Zwischenzeit ein ganzen Stück vorangekommen und konnte bereits die große Scheune sehen. Der Regen wurde stärker und bildete bereits auf der sandigen Landstraße die ersten Pfützen. „Ich möchte vermeiden hier auf dem Boden Fußabdrücke zu hinterlassen“, dachte er und so bewegten sie sich auf den einzelnen Grünflächen Richtung Scheune. Dort angekommen schaute er sich um, konnte aber nichts Ungewöhnliches sehen. „Der Bürgermeister hat etwas von einem Stein gesagt“, sprach er nachdenklich zu sich selbst und suchte den Boden instinktiv danach ab. Kurz darauf sah er einen schwarzen runden Stein, welcher sich von den anderen leicht unterschied. Nach näherem Betrachten, bemerkte er das mittlerweile dunkel getrocknete Blut. „Bholt“! , rief er und der Hund trat neben seinen Herren. Er deutete auf den Stein, worauf hin der Hund daran roch. „Such, Such!“, sagte er. Das Tier stellte die Ohren auf und fing an wie wild den Boden vor der alten Scheune abzusuchen. „Wir haben nicht viel Zeit“, dachte sich Thorvar und blickte nervös in Richtung Landstraße wo jeden Moment Travis auftauchen konnte. Bholt blieb auf einmal stehen, hob seinen Kopf und blickte in Richtung des anliegenden Waldstücks. „Zeig es mir!“, rief er dem Hund zu, worauf hin dieser nach vorne sprintete und mit samt seinen Herren darin verschwand.

      Wenige Minuten später konnte man in der Ferne das Donnern von Hufen hören, welche den direkten Weg zur Scheune suchten. Travis war mit seinen Männern angekommen und stieg von seinem Pferd. Seine schwarzen Stiefel versackten sofort in dem vom mittlerweile noch stärker gewordenen Regen aufgeweichten Sandboden. „Schaut euch genau um“! rief er den Männern zu. „Mr. Kutt und Mr. Bohl kommen mit mir direkt zum Haus. Der Rest von euch soll vor allem die Scheune durchsuchen. Brecht sie im Notfall auf wenn es nicht anders geht“. Mit schnellen Schritten eilte er zur Vordertür des Hauses. „Rob bist du da?“, rief Travis und schlug dabei immer wieder gegen die Tür. Keine Reaktion. „Rob wir kommen jetzt rein, falls du da drin bist und nur einen zu viel gesoffen hast eröffne nicht das Feuer, ansonsten wirst du mich kennen lernen“. Er nickte Mr. Kutt zu der sich daraufhin mit seinem massiven Körper zwei Mal gegen die Eingangstür warf. Mit einem großen Knall flog diese auf. Einzelne Holzsplitter flogen umher. Das Scharnier verbog sich zur Innenseite des Raumes und die Tür klappte regelrecht zur Seite weg.
      Travis betrat das alte Haus und guckte sich um, konnte aber niemanden sehen. Auf einem Tisch stand eine Flasche selbstgebrannter Alkohol und mehrere benutzte Gläser. Es war eine unheimliche Stille und Travis dachte daran, Rob Jones jeden Moment in einer der Ecken aufzufinden, dass Maul voller Fliegen und um sich gesammelt mehrere leere Flaschen. Doch nachdem sie sich auch im oberen Bereich des Hauses umgeschaut hatten und niemanden vorfanden, hörte Travis von draußen jemanden seinen Namen rufen. Die Männer eilten nach draußen, wo der restliche Trupp vor der Scheune stand. Das Scheunentor war ebenfalls mit Gewalt geöffnet worden und offenbarte mehrere alte Handwerksgeräte. „Mr. Folt, schauen sie hier“, sprach einer der Männer und hielt Travis einen schwarzen Stein entgegen. „Der lag da vorne. Es muss sich um den Stein handeln, von dem Mrs. Pohlt berichtete. An der einen Stelle kann man noch etwas getrocknetes Blut erkennen. Der Rest ist bereits durch den Regen verwischt oder gar nicht mehr zu sehen". Travis nahm den schwarzen Stein entgegen. „Habt ihr in der Scheune was gefunden?". „Nein Mr. Folt, dort scheint alles normal zu sein“. „So eine Scheiße“, fluchte er. „Was glaubt ihr, wo kann der Suffkopf stecken?". Die Männer sahen sich nachdenklich an. „Also Mr. Folt, wenn ich dazu was sagen darf“, sprach der alte Ghant in einer ruhigen Art. „Wenn er hier nicht zu finden ist und auch ihn niemand in der Stadt gesehen hat, bleibt eigentlich nur noch eine letzte Möglichkeit“. Er wandte den Blick von Travis ab und drehte sich zum dunklen Wald der sich vor ihnen befand. „Gott alleine weiß warum er dort hinein gehen würde, aber vielleicht sollten wir schauen, ob wir Anzeichen finden die darauf hindeuten“.
      Travis kratzte sich am Kinn und überlegte. Zurück in die Stadt zu kehren ohne jegliche neuen Erkenntnisse, würde in den Augen seines Vater als Schwäche und Versagen gedeutet werden. Nein, selbst wenn es die ganze Nacht dauern sollte, sie würden Rob oder wenigstens etwas finden, um sein Verschwinden erklären zu können. „Ihr habt Recht“, räusperte Travis und blickte hinüber zum Wald. „Wir werden den direkten Weg von hier aus rüber zum Wald nehmen. Achtet auf den Boden und die Umgebung und gebt Bescheid wenn ihr was findet, auch wenn es noch so unbedeutend erscheint“. Sie ließen die Pferde in der Scheune und machten sich auf den Weg.

      Thorvar saß in gehockter Position und beobachtet Bholt, der wiederum auf und ab lief und den Boden absuchte. Wenn der Verschwundene sich hier im Wald aufgehalten hat, wird der Hund ihn finden, dass wusste er. Durch das dichte Blätterdach wurde der Regen etwas zurückgehalten, sodass vorhandene Spuren für ein geübtes Auge – oder Nase - immer noch zu finden waren. Der Hund lief weiter und kam an einem Abhang zum Stehen. Als Thorvar die Stelle erreichte, bemerkte er, wie Bholt ihn nervös ansah. „Hast du was gefunden?“. Er bückte sich und wischte mit seiner Hand etwas Laub bei Seite und erschrak. Unter den Blättern war ein großer Pfotenabdruck. Er legte seine Hand flach hinein und sah, wie sie darin förmlich verschwand.

      Bholt war in der Zeit den Abhang etwas hinunter gerannt und stand nun in der unteren Kuhle. Thorvar folgte ihm – musste jedoch aufpassen, dass er festen Halt hatte – und kam unten zum Stehen. Einzelne Äste waren hier von den umliegenden Bäumen und Sträuchern abgebrochen und hingen teilweise nur noch an einzelnen Fasern. Er schaute nach rechts und erschrak. In zehn Meter Entfernung lag etwas, das man mittlerweile nicht mehr als Menschen identifizieren hätte können, wären da nicht die Schuhe und einzelne Stofffetzen, die auf eine Kleidung hindeuteten. Er näherte sich und begutachtete das was dort vor seinen Füßen lag. Das musste der Vermisste sein, denn er erkannte die Kleidung wieder, in der er Rob Jones zuvor bei Marry Lake gesehen hatte. „Hier stimmt etwas nicht“, flüsterte er. „Solche Verletzungen kommen sicherlich im Tierreich untereinander vor, aber gegenüber Menschen?“. Er beugte sich über die Leiche und griff mit seinen Fingern an eine Stelle am Brustkorb. Er fühlte etwas, dass kein Knochen zu sein schien und umfasste es mit Daumen und Zeigefinger. Mit einem kleinen Ruck hielt er etwas weißes in seiner nun mit Blut beschmierten Handfläche. Er begutachtete das Objekte und stellte sofort fest, dass es sich um einen Reißzahn handelte. So etwas hatte er selbst als Jäger noch nicht gesehen. Kein Tier das sich hier auf diesem Fläckchen Land befand konnte solche Reißzähne aufweisen, dass wusste er. Selbst Braunbären hatten nicht solche langen Zähne. Er steckte ihn in seine Manteltasche und hörte auf einmal Stimmen.

      Travis hatte mit seinen Männern den Wald betreten. Nach ein paar Metern wurde ihnen befohlen, in einer Linie nach rechts und links auszuscheren, damit sie einen größeren Bereich auf einmal absuchen konnten. Dabei hatte einer der Männer ebenfalls den Abhang entdeckt und als er hinunter schaute Bholt gesehen. „Dort unten!“, schrie einer der Männer und zeigte mit ausgestrecktem Arm hinunter in die Kuhle. „Das ist der Fremde von dem berichtet wurde, was zum Teufel hat der hier zu suchen!“. „Verdammt“, rief Thorvar und pfiff seinen Hund zu sich. Kurz darauf surrte die erste Kugel dicht an seinem Kopf vorbei. Bholt lief zu seinem Herren, drehte sich dabei jedoch immer wieder zu den Männern um die nun den Abhang hinunterstürmten. „Wir müssen von hier verschwinden“, dachte Thorvar. Einen kurzen Augenblick hielt er innen und überlegte. Zurück auf die Landstraße wäre fatal, da die Männer ihre Pferde in der Nähe hatten und sie ihn auf dem offenen Gelände sofort eingeholt hätten. Den alten Schleichweg den er hergekommen war, konnte er nicht erreichen, da die Männer aus dieser Richtung auf ihn zustürmten. Es blieb ihm nur eine Möglichkeit und die zielte darauf ab, weiter tief in den Wald zu flüchten. Die umstehenden Bäume würden mit etwas Glück auf sie gerichtete Kugeln abfangen und für Schutz sorgen. „Komm“, rief er dem Hund entgegen und rannte los.

      Travis war einer der ersten unten in der Kuhle. „Großer Gott“. Seine Augen weiteten sich, als er die Überreste des Gesuchten sah. „Das muss dieses Drecksvieh vom Fremden angerichtet haben“, murmelte einer. „Holt ihn euch, wir können nicht zulassen, dass einer mit seinem Köter jagt auf unschuldige Bürger macht“, fauchte Travis. Sie rannten dem Fremden hinterher. Einzelne Männer blieben hin und wieder stehen, um einen Schuss aus ihren Gewehren abzufeuern. Der Schall und das knallen der Gewehre preschte durch den Wald. Thorvar veränderte alle paar Meter seine Laufrichtung, um es den Männern zu erschweren ihn zu treffen. Bholt war schon ein kleines Stück voraus gelaufen. Thorvar sah auf einmal wie der Hund die Nackenhaare aufstelle und in eine geduckte Haltung einging. Vor ihnen, hinter ein paar alten Eichen lag ein großer Kadaver. „Ein Hirsch“, dachte Thorvar und blieb abrupt stehen, als er die Umrisse von dem erkannte, was sich dort noch befand.
      Ein alter Braunbär erhob sich über dem Hirsch und zog seinen großen breiten Kopf aus der Bauchhöhle des toten Tieres. Als Thorvar ihn direkt sehen konnte, verzog sich sein Gesicht. Der Kopf des Bären war grauenvoll entstellt und ähnelte mehr einer Fratze. Eines der Augen war trüb unterlaufen. Die Schnauze war an mehreren Stellen offen und einzelne Hautlappen hingen eitrig hinunter. Es schien so, als wäre das Tier erst vor kurzem an einen starken Widersacher gestoßen und hatte den Kürzeren gezogen. Thorvar musste sofort an den Pfotenabdruck denken, den er eben erst noch gesehen hatte. Der Abdruck passte aber definitiv nicht zu einem Bären, welchen er gerade vor sich sah. Bären hatten dicke und vor allem breite Pranken. Das was er aber auf dem Boden vorgefunden hatte, ließ darauf schließen, dass das Tier einen ganz anderen Körperbau haben musste, da die Abdrücke schmaler waren. „Wer hat dich nur so zugerichtet?“, dachte er fragend und bewegte sich vorsichtig zu rechten Seite, um aus dem Sichtfeld des Bären zu verschwinden.

      Erneut ertönte ein lauter Knall und eine Kugel schlug in den Baum, hinter den Thorvar sich zu verstecken versuchte. „Ich hab ihn“, rief John Kutt. „John, pass auf!“, rief ein anderer ihm zu. John Kutt erstarrte, als er das sah, was auf ihn zu gestürmt kam.
      Der Boden bebte und der Bär hielt direkt auf ihn zu. Blind vor Wut darüber gestört worden zu sein, viel seine Aggression auf das, was sich nun direkt vor ihm befand und so eine Lärm von sich gab. Durch sein trübes Auge, hatte er Thorvar und Bholt zu seiner linken gar nicht so schnell bemerkt. John Kutt jedoch, der nur noch ein paar Meter von ihm entfernt stand und dieses knallende Geräusch von sich gab – welches dem Tier in den Ohren schmerzte – sollte seinen Zorn spüren. Auf einmal fühlte das Tier einen stechenden Schmerz in seiner Schulter. Eine Kugel hatte ihn getroffen und verursachte einen glatten Durchschuss. Der Bär brüllte und verfiel regelrecht in Raserei. Er stürzte sich auf den Mann, der sich vor ihm befand und riss ihn zu Boden. John schrie, als der Bär ihn am Oberschenkel packte. Mit der rechten Pfote drückte er den Brustkorb des Mannes zu Boden und riss immer weiter am Bein des Mannes. Die Schreie hallten durch den Wald und man konnte hören, wie einzelne Sehnen anfingen zu reißen. „So tötet ihn doch“, rief Travis. Die Männer standen regungslos da und konnten kaum fassen, was sich dort vor ihren Augen abspielte. Mit zittrigen Bewegungen hoben sie ihre Gewehre und schossen auf den Bären. Zwei Kugeln verfehlten knapp ihr Ziel. Eine andere schlug ins hintere linke Bein des Tieres ein.
      Durch die Raserei und die damit verbundene Aggression, schien das Tier dieses aber kaum zu bemerken. John Kutt hatte mittlerweile aufgehört zu schreien. Leblos lag sein Körper unter dem Bären und wurde regelrecht zerrissen. Thorvar stand noch immer hinter dem Baum. Er versuchte einen Schritt zur Seite zu machen und die Männer ihrem Schicksal zu überlassen. Als der Bär jedoch merkte, dass die Person unter ihm tot zu sein schien, hob er seinen schweren Kopf und drehte sich um. „Das ist gar nicht gut“, sagte Thorvar und ging Rückwärts. Dabei griff er an seinen Gürtel unter dem langen Mantel und zog ein Messer hervor. Der Bär brüllte und kam nun direkt auf ihn zu.
      Thorvar machte sich bereit. Er spannte seinen Körper an und umfasste den Griff des Messers. Im rechten Augenwinkel sah er plötzlich, wie Bholt angeschossen kam und dem Bären in die linke Seite sprang. Der große schwarze Hund verbiss sich in die breite Schulter des Bären. Ein kreischender, kurzer Schrei ging durch den Wald. Der Bär kam darauf hin zum Stehen und versuchte nun, den Hund an der Hüfte zu packen. Er warf den Kopf zur Seite und schnappte immer wieder nach ihm. Warmes Blut floss Bholt übers Gesicht. Er stemmte seine Vorderpfoten gegen die Seite des Bären und riss seinen Kopf hin und her, ließ jedoch vom Bären nicht los. Thorvar ging zwei schnelle Schritte auf den Bären zu und warf sein Messer mit ganzer Kraft. In einer schnellen in sich drehenden Bewegung flog dieses durch die Luft und traf den Bären im Nacken. Das Eisen bohrte sich tief ins Fleisch. Erneut ging ein Schrei vom Tier aus, welches seinen Kopf in die Richtung warf, von wo aus das Messer geflogen kam. Thorvar sah, wie das Tier ihn mit seinem trüben Auge anstarrte und dann letzten Endes in sich zusammenbrach.

      „Genug“, rief er seinem Hund zu, der immer noch dabei war sich durch die Schulter des Bären zu Beißen. Reglos lag dieser nun vor ihnen. Plötzlich hörte man mehrmals ein klicken. Um sie herum standen nun Travis und seine Männer und hatten ihre Gewehre angelegt. „Sie sind festgenommen“, sagte Travis. „Rufen sie ihr Vieh zu sich, sonst lass ich ihn abknallen!“. Der Hund knurrte und bewegte sich nun auf Travis zu. „ Ich werde nicht zulassen, dass Fremde wie sie einfach in unsere Stadt kommen und einem unserer Bürger so etwas Schreckliches antun. Der Tod von Mr. Kutt geht ebenfalls auf ihre Rechnung. Wären sie nicht weggerannt, würde er wahrscheinlich noch leben“. „Nun hören sie mir mal zu“, entgegnete ihm Thorvar. „Die Verletzungen die Rob Jones dahinten…“, doch er wurde von einem lauten Knall unterbrochen. Der alte Ghant hatte einen Schuss abgegeben und Thorvar direkt vor die Füße geschossen. „Blödes Geschwätz“, stammelte der Alte und lud sein Gewehr erneut. „Sie haben Mr. Folt gehört, legen sie ihren Gürtel ab und kommen sie hier rüber. Sie sind des Mordes angeklagt und werden in der Stadt ihre Strafe erfahren“, sprach er. Thorvar öffnete widerwillig seine silberne Gürtelschnalle und ließ den Gurt auf den Waldboden fallen. Mit seiner rechten Hand, gab er Bholt den Befehl stehen zu bleiben.

      Einer der Männer kam auf ihn zu und nahm den Gürtel an sich. In dem Moment wusste Thorvar, dass sie ihn zwar mit in die Stadt nehmen würden, um den Menschen einen Sündenbock liefern zu können, sein Hund jedoch den Wald nicht lebend verlassen würde. Wie denn auch. Die Gedanken rasten durch seinen Kopf. „LAUF!“, schrie Thorvar und machte eine schnelle Handbewegung Richtung Bholt. Der Hund stand reglos da und sah, wie sein Herr sich mit seinem Körper der Person entgegenwarf, die seinen Gürtel an sich genommen hatte. Thorvar riss ihn um und ein Knall ertönte erneut. Er spürte sofort, dass er getroffen war. Blut lief seinem Oberarm hinunter. Auf allen vieren liegend suchte der den Augenkontakt zu seinem Hund. „GEH HAB ICH GESAGT“, brüllte er ihm zu. Ein starker Schmerz am Hinterkopf war das letzte was Thorvar spürte. Dann wurde alles Dunkel und er konnte noch gerade so erkennen, wie der schwarze Hund in der Ferne im Wald verschwand.
      „Verdammte Scheiße, warum seid ihr nicht in der Lage diese Vieh abzuknallen“, schrie Travis zornig. „Entschuldigen Sie Mr. Folt, aber ich glaube wir waren alle in dem Moment mit den Gedanken bei dem Fremden, als dieser Mr. Task zu Boden riss. „Nehmt ihn mit, mein Vater wird sich seiner annehmen. Wenigstens wissen wir nun was aus Rob geworden ist“. Sie fesselten seine Hände und trugen ihn abwechselnd zur Scheune von Rob Jones. Hier angekommen, legten sie ihn auf eines der Pferde und ritten auf direktem Weg Richtung Castillo. Lediglich Travis Folt blickte ein letztes Mal zurück zu dem Wald in dem Rob Jones vor sich hin verweste und machte dabei ein nachdenkliches Gesicht.


      Kapitel 6 Im Kerker#1


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      Im Kerker #1
      Sein Arm schmerzte. Thorvar wickelte den alten, mit Dreck beschmutzten Stofffetzen ab, mit dem sie die Schussverletzung abgebunden hatten. Vollgesogen mit Blut, klebte dieser bis eben noch umwickelt an seinem Oberarm. Er begutachtete die Wunde. Sie war notdürftig zusammengeflickt und brannte. „Verdammt“, schnaufte er und schaute sich um. Es schien, als befand er sich in einem Kerker unterhalb eines großen Gebäudes. Zu seinen Füßen befand sich etwas Stroh, und Licht viel lediglich durch ein kleines, vergittertes Fenster in der oberen linken Ecke seiner Zelle. Er stand auf und wollte sich einen Überblick verschaffen. Unterhalb des Fensters angekommen musste er ein Stück hochspringen und sich mit seiner rechten Hand an den Stäben festhalten. Er spannte seinen Arm an und zog sich ein Stück nach oben. Nun konnte er sehen wo er sich befand.
      Vor dem kleinen Fenster schien der Marktplatz zu sein. Er konnte Leute sehen, die an ihren Ständen Waren verkauften und einzelne Karren, welche von Pferden und Ochsen gezogen wurden, fuhren an ihm vorbei. Das Gebäude unter dem er sich befand, musste das Rathaus sein, denn er konnte das große Gebäude sonst nirgends ausfindig machen. Er ließ sich wieder hinunter in seine Zelle fallen. Die Wände waren feucht und es lag ein widerlicher modriger Gestank in der Luft. In dem großen Raum gab es noch weitere Zellen die jedoch leer zu sein schien, bis auf eine.
      In der Zelle gegenüber befand sich eine Person, die sich an den Eisenstangen lehnte und Thorvar anschaute. „Du musst derjenige sein, den sie wegen Mordes drankriegen wollen hab ich recht?“, fragte die Person und fing an zu grinsen. „Erstens, ich habe niemanden umgebracht und zweitens verstehe ich nicht, warum du dabei so grinst, selbst wenn es wahr wäre“, antwortete Thorvar und ließ sich auf das bisschen Stroh fallen, was unter ihm lag. „Weil das Aas da oben mit jedem so verfährt, der nicht nach seiner Nase tanzt. Ich denke, du wirst morgen auf den Platz dort oben geführt und bekommst dein Urteil verkündet. Das könnte man sich aber auch ersparen, denn es weiß eh schon jeder was dich erwarte“, erklärte der junge Mann und ließ sich in einen Schneidersitz ebenfalls auf den Boden fallen. „Lass mich raten“, sagte Thorvar. „Das Spiel wird da oben dann abgehalten, damit der Bürgermeister der Stadt demonstrieren kann, was er für eine Macht besitzt und das er in der Lage ist, für Ordnung zu sorgen“. „Scheinst ja ein ganz schlauer zu sein was?“, entgegnete der Mann und beide fingen an zu lachen.

      Der junge Mann gegenüber wurde von Thorvar auf Anfang zwanzig geschätzt. Er war ihm von der Körpergröße jedoch ebenbürtig und schien auch sonst eine recht kraftvolle Statur zu besitzen. Er trug seine braunen schulterlangen Haare hinten zu einem Zopf hochgebunden und war bester Laune, obwohl er genau wie Thorvar hier unten festgehalten wurde. „Du scheinst mir einen aufgeweckten Eindruck zu machen“, sprach Thorvar. „Was wirft man dir denn zur Last?“. Der junge Mann fing erneut an zu Lachen. „Mir wirft man versuchten Mord vor, womit sie auch Recht haben. Ich habe vor ein paar Tagen einen Anschlag auf den Bürgermeister verübt“. Thorvar sah ihn erschrocken an. "Gescheitert bin ich nur, weil das Schießpulver in meinem Gewehr nass geworden war und ich den Hahn erneut spannen musste. Dieses kurze Zeitfenster hatte ausgereicht, dass die Wachen mich entwaffneten. Dabei war wirklich alles gut durchdacht und ich bin nah an ihn rangekommen“. „Dafür, dass du hier unten aber mit mir festsitzt, scheinst du wenig besorgt zu sein“, sagte Thorvar. „Ich denke ich werde nicht mehr allzu lange hier unten verweilen. Meine Hinrichtung soll erst in vier Tagen sein. Meinem Vater wird schon was einfallen, um mich hier rauszuholen“, erklärte der junge Mann. „Besitzt dein Vater in der Stadt so viel Einfluss?“. „Nein, ganz im Gegenteil, mein Vater und ich leben gar nicht mehr hier in der Stadt. Wir gehören den Leuten an, die oben in die Bergen gezogen sind, da wir mit der Art, wie dieses Land regiert wird, nicht leben können. Ausschlaggebend war das Ereignis vor einem Jahr“.

      Zwischenspiel - Marry Lake
      Marry Lake hatte mitbekommen, wie Travis Folt und seine Leute zurück in die Stadt geritten kamen. Gesehen hatte sie Thorvar selber nicht, aber eine gute Freundin erzählte ihr später, man habe ihn festgenommen und direkt runter ins Verließ bringen lassen. Die Nachricht, dass Rob Jones nicht mehr unter ihnen weilte sprach sich schnell rum, genauso wie die Tatsache, dass John Kutt heldenhaft sein Leben geopfert hatte. Die Familie von ihm, erhielt einen Besuch von Henry Folt höchst persönlich. Er hinterließ eine kleine Spende aus der Stadtkasse, was den Verlust der Witwe sicherlich lindern und gleichzeitig dazu anregen sollte, keine weiteren Fragen zu stellen.

      Marry versuchte vergeblich an Informationen zu kommen, was dort draußen vorgefallen war. Doch mittlerweile gab es unzählige Variante und keine davon erschien ihr glaubhaft. Das Thorvar bezüglich Rob Jones unschuldig war wusste sie. Er hatte ja in ihrem Wirtshaus übernachten und saß davor die ganze Zeit mit Bholt in der Nähe des Kamins. Dies würden sicherlich auch andere Leute bezeugen können, jedoch wusste Henry Folt genau wo er Druck ausüben musste, damit die Zeugen ihre Aussagen wiederriefen.
      Sie war auf den Weg zum Wirtshaus und wollte dort angekommen gerade das Schloss umdrehen, als sie nebenan etwas hörte. Es war mitten am Tag und sie rechnete nicht damit, dass jemand um diese Uhrzeit sich ungebeten Zutritt zum Haus verschaffen würde. Sie ging zur rechten Seite des Hauses. Am gestrigen Abend hatte sie vor dem zu Bett gehen dem Pferd von Thorvar etwas Heu zukommen lassen. Er hatte sie darum gebeten, kurz bevor sie von der Schmiede aus aufgebrochen waren. Das Pferd stand immer noch unter dem Vordach, wo Thorvar es abgestellt hatte. Marry hatte es lediglich von seinem Sattel befreit und eine dicke Decke über den Rücken des Tieres gelegt. Doch da war noch etwas. Hinter dem Karren lag jemand oder besser gesagt etwas. Sie zuckte zusammen als die den großen schwarzen Hund dort liegen sah. Er musterte sie und stellte eines seiner Ohren hoch als er hörte wie ein alter Ochsenkarren vorne am Wirtshaus zum Stehen kam. „ Guten Tag Marry, wie geht es dir denn heute“, ertönte eine Stimme.

      Sie drehte sich um und sah zwei Männer auf dem Karren sitzend Pfeife rauchen. „Oh nein“, dachte sie sich und war mit den Gedanken noch immer bei Bholt, der in nur fünf Meter Entfernung hinter dem alten Karren lag. „Guten Morgen ihr zwei“, antwortete sie verunsichert und ging auf die beiden Männer zu. „Wie ich sehe, seid ihr auf dem Weg zum Markt?“. „Ja, wir hatten heute Morgen großes Glück beim Angeln“, sagte einer der Männer und zog eine Plane die hinten auf dem Karren lag ein Stück bei Seite. Darunter befanden sich mehrere große Fische. „Na wenn das nicht euer Glückstag ist“, antwortete sie und versuchte im Augenwinkel zu prüfen, ob Bholt sich weiterhin versteckt hielt. „Das kannst du laut sagen, wir werden heute Abend darauf anstoßen, also halt das Met bereit“. „Für euch beide jeder Zeit. Aber entschuldigt mich, ich bin spät dran und muss für heute noch einige Sachen erledigen, wir sehen uns dann ja später“, antwortete sie.
      Einer der Männer schwang die Zügel und der Karren bewegte sich vorwärts. „Du sagst es, bis nachher“, erwiderte der andere und Marry sah wie der Karren sich vom Wirtshaus wegbewegte. Sie atmete durch und ging wieder in Richtung Bholt. „Dich kann ich doch nicht hier lassen“, dachte sie sich und überlegte, was sie als nächstes machen sollte. Sie wusste keine andere Lösung und eilte zur Vordertür. Dort angekommen, schloss sie diese auf und ging im schnellen Schritt zurück zum Hund. „Ich weiß wir kennen uns nicht wirklich, aber wenn du hier draußen bleibst, wird man dich früher oder später entdecken und dann sind wir beide geliefert“. Sie griff in ihre Schürzte und holte ein altes kleines Stück Brot heraus. Als sie es dem Hund zuwarf, schlang er es in einem hinunter. Der Hund erhob sich auf einmal und kam auf sie zu. Marry ging ein paar Meter zurück und schaute die Straße entlang. Dort war bis auf den immer kleiner werdenden Ochsenkarren kein Mensch zu sehen. „Wir haben nicht viel Zeit“, dachte sie und ging ins Wirtshaus. Zu ihrer beider Glück folgte Bholt ihr und so befanden sie sich nun im vorderen Bereich des Hauses. Sie lief zur Vordertür und verschloss diese. „Was mache ich hier bloß?“, sprach sie zu sich selbst und lief hinter die Theke. Dort angekommen, holte sie etwas Trockenfleisch aus dem Regal und setzte sich auf einen der Stühle. „Dein Herr ist nicht hier“, sprach sie zu dem Hund und legte eines der Fleischstücke auf den Boden. Bholt schlang es sofort hinunter. „Ich muss nachdenken“, sagte sie und legte ein weiteres Stück auf den Boden.

      Zwischenspiel – Henry Folt
      Mit großen Schlucken leerte Henry Folt seinen Kelch. Als er fertig war, wischte er sich mit seinem Ärmel über den Mund. „Wundervoll“, sagte er und goss sich mit der vor ihm stehenden Karaffe selber nach. „Du hast zwar den Köter nicht erwischt, aber dafür den Fremden festnehmen können“. Er blickte zu seiner linken Seite, wo Travis in einem Holzstuhl sitzend aus dem Fenster schaute. „ Es ärgert mich dennoch, dass mir dieser Fehler unterlaufen ist“, antwortete er und blickte in seinen Kelch, der noch randvoll war.

      Sie befanden sich in dem Amtszimmer von Henry Folt. Es war ein großer Raum mit einer hohen Decke. Durch eine große Fensterfront, konnte man direkt aus dem Obergeschoss auf den Marktplatz sehen. An den Wänden hingen alte Gemälde, welche unterschiedliche Szenarien wie die Treibjagt oder Aufnahmen aus verschiedenen Bürgerkriegen zeigten. In der Mitte des Raumes, stand ein langer Tisch aus dunklem Holz. An diesem wurden hin und wieder Sitzungen gehalten, zu denen Henry bestimmte Personen einlud. Über dem Tisch schwebte ein riesiger Kerzenleuchter und der Boden war mit rotem Teppich ausgelegt, auf dem Travis nun anfing, auf und ab zu gehen. „Wenn du es wünscht, reite ich mit ein paar meiner besten Männer noch einmal raus und suche direkt nach dem Vieh“, sagte er und blickte zu seinem Vater. „Nicht nötig, ich denke, dass der Hund da draußen ohne seinen Herren eh nicht lange überleben wird. Davon abgesehen brauche ich dich hier in der Stadt. Der Prozess für den Fremden wird morgen öffentlich ausgetragen und danach müssen wir uns Gedanken über das Fest machen. Du weißt wie wichtig das für uns ist?“, sprach Henry und setzte erneut den Kelch an. „Das Fest“, murmelte Travis. „Ganz genau und davon abgesehen habe ich noch eine Aufgabe für dich, die noch erledigt werden muss“. „Und das wäre?“. Henry stand nun auf – was ihm sichtlich nicht leicht viel – und ging auf seinen Sohn zu. „Du wirst noch heute zum Hafen runter gehen und „Ihm“ eine Nachricht bringen“, sagte Henry und grinste dabei.
      „Kann das nicht wer anderes machen? Du weißt, dass ich seine Gesellschaft nicht besonders schätze“, antworte Travis schnell und schaute seinen Vater zornig an. „Und genau aus diesem Grund, wirst du es machen. Bei dir kann ich mir sicher sein, dass du nicht zu ihm überläufst, sollte es mal hart auf hart kommen. Deine Loyalität gegenüber unserer Familie steht außer Frage“. Travis schaute nun wieder aus dem Fenster runter zum Marktplatz. „Und wann soll ich ihn aufsuchen?“. „Noch heute Abend“, antwortete Henry und legte seine Hand auf die Schulter seines Sohnes.

      Thorvar
      „Was für ein Ereignis?“, fragte Thorvar. Das Grinsen des jungen Mannes verflüchtigte sich. „Es ist damals vieles aus dem Ruder gelaufen“, seufzte er. „ Vor gut einem Jahr kam es zu einem großen Aufstand zwischen einzelnen Gruppierungen und dem Bürgermeister. Daran war auch meine Familie beteiligt. Angeführt von meinem Vater, protestierten wir gegen die Art und Weise wie diese Stadt regiert wird. Angefangen von den dunklen Machenschaften am Hafen, bis hin zu den Steuererhöhungen, die ohne jeglichen Grund verordnet werden“. „Was genau geht denn am Hafen vor sich?“, fragte Thorvar gezielt nach. „Nun, der Hafen ist mit Abstand der gefährlichste Ort hier in der Stadt. Auf den ersten Blick, scheint dort alles normal zu sein aber bei genauerer Betrachtung merkt man schnell, dass dort etwas nicht stimmt. Angefangen von Zwangsprostitution über den Austausch von Geheimer Waren bis hin zu einzelnen Diebesbanden die nicht zur Rechenschaft gezogen werden ist dort alles vertreten“. „Warum unternimmt der Bürgermeister da nichts gegen?“. „Nun, weil er selber daraus Profit schlägt. Der Aufstand wurde damals mit Hilfe der Männer vom Hafen gewaltsam niedergeschlagen. Sie alle laufen unter der Führung eines einzelnen Mannes, auf deren Hilfe Henry Folt schon oft zurückgegriffen hat. Sein Name ist Edward Preston“.


      Zwischenspiel – Marry Lake
      Marry hatte einen Entschluss gefasst. Sie konnte mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, dass der Fremde für etwas Verurteilt wurde, was er nicht begangen hatte. Sie wollte ihm helfen und wusste auch schon wie. Mit schnellen Schritten eilte sie durchs Wirtshaus, nahm einen alten Beutel und fing an, ein paar Sachen zu packen. Nachdem sie damit fertig war, zog Marry sich um. Die alte Kleidung, welche sie damals bei der Jagd mit ihrem Vater getragen hatte, passte noch. Als sie fertig war, ging Marry zum großen Schrank, welcher sich in ihrem Zimmer im hinteren Bereich des Hauses befand und holte ihr Jagdgewehr heraus. Für so ein Unterfangen benötigte man Hilfe und sie wusste auch schon, von wem man diese bekommen würde. Bholt lag in einer der Ecken und beobachtete derweil das Geschehen. Nachdem alles fertig gepackt war, musste sie warten, bis es dunkel wurde. An der Vordertür hatte sie das Schild umgedreht. Dort stand nun „Heute geschlossen“.
      Nach einer Zeit hörte man einzelne Personen, die sich hin und wieder vor dem Wirtshaus sammelten und darüber verwundert waren, warum dieses geschlossen hatte. „Vielleicht ist sie krank?“, hörte man eine Stimme sagen. Marry achtete darauf, alle Kerzen im Haus zu löschen, damit wirklich der Eindruck entstand, sie sei nicht zu Hause.
      Nach einer Zeit, hatte es sich wohl rumgesprochen, dass das Wirtshaus heute keinen Besuch empfang, da sie keine Stimmen mehr von draußen hörte. Vorsichtig lugte sie aus einem kleinen Fenster. Die Straßen waren dunkel und weit und breit war niemand zu sehen. Man konnte lediglich den Wind hören, der durch die Straßen und kleinen Gassen pfiff. „Du musst mir jetzt zuhören“, sagte sie und ging auf den Hund zu. „Ich werde versuchen, deinem Herren zu helfen, aber das schaffe ich nicht alleine. Ich muss in die Berge, um jemanden zu treffen und dich kann ich hier nicht alleine lassen“. Der Hund hob seinen Kopf und Marry blickte direkt in seine braunen Augen. „Ich weiß nicht warum, aber ich habe das komische Gefühl, als ob du mich verstehen kannst“, fügte sie hinzu. „Wir werden jetzt rausgehen und versuchen, uns im Schutze der Nacht ungesehen in Richtung Berg zu begeben. Du bist zwar sehr groß, aber da dein Fell sehr dunkles ist, denke ich, dass man dich nicht so schnell sehen wird“. Sie ging zur Vordertür und entriegelte das Schloss. Als sie die Tür öffnete und sich ein zweites Mal vergewisserte, dass wirklich niemand zu sehen war, drehte sie sich um und sah, dass der Hund ihr gefolgt war. Man konnte ihr ein kleines Lächeln entnehmen, als sie die Tür verschloss und mit Bholt in die schwarze Nacht verschwand.


      Kapitel 7 Der schwarze Hafen - Edward Preston

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      Travis Folt, machte sich an dem Abend auf zum Hafen, wie es sein Vater angeordnet hatte. Der Hafen befand sich im nördlichsten Teil der Stadt. Schon von weitem konnte man das Meer riechen, welches eine salzige Note im Wind hinterließ. Die Straßen waren gut ausgebaut, denn so war sichergestellt, dass die eingetroffenen Waren mühelos mit Tier und Karren in die Stadt transportiert werden konnten. Große Feuerschalen standen am Rande des Gehwegs und führten bis unten zu den einzelnen Stellplätzen der Schiffe. Travis trug einen langen brauen Mantel, auf dem sich in der Mitte das Stadtwappen wiederspiegelte. Um seine Hüfte, befand sich ein schwarzer Ledergürtel, an dessen Ende ein langes Schwert in seiner Halterung befestigt war. Mit schnellen Schritten eilte er die lange, breite Steintreppe hinunter zum Hafen. Er wollte das Gespräch hinter sich bringen und im Anschluss bei seinem bevorzugten Bordel vorbeischauen. Unten angekommen, verschaffte er sich einen kurzen Überblick. Frauen, denen es unangenehm war hier zu arbeiten, drehten sich beim Anblick von Travis weg und verschwanden in dunklere, nicht vom Licht erfasste Bereiche. Zu seiner rechten Seite, stand eine Gruppe von Männern. Viele von denen kannte Travis persönlich, da sie schon den einen oder anderen Auftrag für ihn ausgeführt hatten. Er nickte ihnen zu und folgte der Langen Straße.

      Nach kurzer Zeit erschien ein Gebäude vor ihm, was sichtlich in die Jahre gekommen war. Kleine Kerzen leuchteten in den Fenstern und vor der Tür standen zwei Männer. Sie trugen beide jeweils eine Schusswaffe, welche an Gürteln um die Hüfte befestigt waren. Er ging direkt auf sie zu und blieb kurz vor ihnen stehen. „Tretet bei Seite, ich muss mit eurem Herren über kommende Ereignisse sprechen“, sagte er mit einer ernsten Stimme. „Sie an wen wir da haben“, antwortet einer der Männer in einem herablassenden Ton. „Wenn das nicht unser goldener Prinz ist. Hat dein Vater nicht den Anstand selbst hier zu erscheinen?“. Sie fingen an zu lachen. Travis kochte im Inneren. Nicht nur das er besseres zu tun gehabt hätte als sich mit diesem Abschaum von Schwarzmarktkönig zu treffen, nein, nun musste er sich auch noch solch ein Geschwätz anhören. „Ich werde mich nicht wiederholen, tretet bei Seite!“. Einer der beiden blickte nun mit ernstem Blick auf Travis. „Was bildest du dir eigentlich ein Jungchen?“. Im gleichen Moment ballte Travis seine Hand zu einer Faust und schlug dem Mann zu seiner Linken mit voller Wucht in die Seite. Schnaufend viel dieser nach vorne auf die Knie und hielt sich seine Hand an die Rippen. „BASTARD!“, rief der andere mit zorniger Stimme und griff nach seiner Pistole. Travis drehte sich um und zog ein kleines Jagdmesser aus seinem Stiefel und hielt es mit festem Griff dem Mann an die Kehle. „Lass die Pistole los und tritt beiseite!“. Der Mann ließ die Waffe am Gürtel los und ging ein paar Schritte zurück. „Das wird noch ein Nachspiel haben“, murmelte er und ging auf seinen Freund zu, der noch immer keuchend auf dem Boden lag. „Jederzeit“, antworte Travis. Er lächelte kurz und betrat das Haus.


      Im Inneren war es sehr dunkel. Man konnte nicht viel sehen, dafür jedoch einiges hören. Mehrere tiefe Männerstimmen hallten durch das Haus. Er kannte den Weg und ging direkt auf eine Tür zu, unter deren Schlitz helles Licht hindurchschien. Er öffnete sie und hörte nun auch Musik und Gelächter. Die Tür führte über eine lange Holztreffe tief hinunter in einen ausgebauten Keller. Travis schritt nach unten und man konnte das knarren der alten Holzstufen hören. Unten angekommen blickte er in einen riesigen Raum. An dessen Wände hingen einzelne Wandteppiche. Zu seiner linken, saßen zwei Männer und spielten auf Musikinstrumenten. In einer der Ecken stand ein großer Tisch auf dem mehrere Goldstücke lagen. Die Männer die darum saßen, spielten Karten und ließen sich ihr Met aus großen Krügen schmecken. Direkt vor ihm aber war eine leichte Erhöhung im Raum. Hier stand ein einzelner Stuhl auf dem eine Person saß und gerade dabei war, einzelne Schriftrollen zu lesen. Bei dessen Anblick stieg erneut Zorn in ihm hoch. „Sitzt dort wie ein König“, murmelte er und ging mit schnellen Schritten auf die dort sitzende Person zu.

      „Travis!“, die Stimme von Edward Preston füllte den Raum, als er von dem Stück Pergament aufsah. „Was verschafft mir die Ehre“. Er legte das Dokument auf einen kleinen Tisch neben sich und stand auf. Obwohl Travis ein sehr großer Mann war, überragte Edward Preston ihn um einen ganzen Kopf. Travis war es nicht gewohnt hochschauen zu müssen, wenn er sich mit jemanden unterhielt, der sich direkt vor ihm befand. „Ich denke du bist auf Anweisung deines Vaters hier, hab ich Recht?“. Er schritt an Travis vorbei und setzte sich auf einen leeren Stuhl an dem Tisch, wo bis eben noch die Männer saßen und Karten spielten. Es reichte jedoch ein Blick seitens Prestons um den Männern klar zu machen, dass sie sich woanders hinbewegen sollten. Travis setzte sich ebenfalls auf einen der Stühle, behielt jedoch die Männer - welche sich nun neben ihm befanden – leicht im Auge. „Also mein Guter, was kann ich für dich tun“, sagte Edward und schenke sich und seinem Gast einen Krug zu trinken ein.
      „Du hast Recht“, sagte Travis. „Mein Vater schickt mich, um über die Planungen für das anstehende Fest zu sprechen“. Edwards Augen funkelten und sein Blick auf Travis verfestigte sich. „Ich habe schon einige Vorbereitungen getroffen, die für uns beide von Vorteil sein werden“, antwortete er. „Das freut mich zu hören Edward, jedoch hat Vater ein Angebot für dich, was du dir anhören solltest. Edward zog seinen Stuhl weiter nach vorne und saß nun unmittelbar vor Travis. „Du machst mich neugierig Bursche, aber sieh dich vor, wenn meine Neugierde erst einmal geweckt ist, spielt man lieber keine Spielchen mit mir“. Er grinste und entblößte dabei zwei goldene Eckzähne. „Du kennst meinen Vater und die Vergangenheit hat nur zu oft gezeigt, dass man sich untereinander vertrauen kann. Edward und seine Männer fingen an laut zu lachen. „Das ist wohl war Travis“. Er stand auf und ging in die Mitte des Raumes. „Ich habe Geld, sehr viel Geld und jeder will etwas davon haben. Dazu kommt, dass ich dir nicht erzählen muss, was ich für eine Machteinwirkung auf die Stadt habe“, sagte Edward in einem prahlenden Ton. „Das stimmt Edward“, sagte Travis und stand nun ebenfalls auf. „Mein Vater und ich wissen dies auch zu schätzen, da unser Bündnis schon lange besteht.
      Aus diesem Grund bieten wir dir jedoch etwas, was dir noch fehlt, aber eine Gegenleistung mit sich bringt. Edwards Miene wurde abrupt ernster. Das Funkeln aus seinen Augen war verschwunden und er sah Travis mit ernstem Blick an. „Nun sag mir, junger Prinz, was genau mag ein Mann wie ich noch benötigen, dass du mich hier unten persönlich aufsuchst“. Die Männer die um Travis und Edward standen bildeten um die beiden einen Kreis. „Nun wie du weißt, ist von diesem Fest die ganze Stadt betroffen. Viele Bauern und Kaufleute bereiten sich schon seit Wochen darauf vor, gute Geschäfte mit den Personen abzuschließen, welche von Außerhalb zu uns kommen werden. Es wurden Einladungen an die umliegenden Städte und Dörfer verschickt und was soll ich sagen, es sind nicht nur einfache Schmiede und Bauern von denen man gehört hat, dass sie kommen werden, nein, Vater hat die drei mächtigsten Handelspersonen aus dem gesamten Land eingeladen, um zukünftige Handelsbeziehungen aufzubauen. Falls du einwilligst, sollst du ebenfalls anwesend sein. Dies wird dir die Möglichkeit bieten, jenes zu erhalten, was dir noch fehlt Edward“.

      Travis Stimme wurde lauter und alle Blicke waren auf ihn gerichtet. „Wir bieten dir, durch eine Teilnahme an den Verhandlungen die Chance, deinen Wirkungsbereich zu erweitern und die größten Handelspartner des Landes für dich zu gewinnen“. Es war auf einmal eine unruhige Stille im Raum. Die Männer fingen an untereinander zu flüstern und Travis sah in Edwards Gesicht ein Ausdruck von Begeisterung, der jedoch sofort in Skepsis um schwank. „Hört hört“, sagte Edward. „Dein Vater ist ein kluger Mann und ich wusste schon lange, dass es für beide Seiten immer wieder von Vorteil sein würde, wenn man sich die Hand reicht. Ich frage dich also, was wird es mich kosten, dass ich diese Chance bekomme mit den "berühmten Dreien" zu sprechen?“. „Nun, wie du weißt, wurde vor kurzem jemand festgenommen, der einen Anschlag auf meinen Vater geplant hatte“. „Ja, wie mir zugetragen wurde, habt ihr den Sohn des Falken festnehmen können“. Erneut fing Edward an zu lachen. „Ich hatte deinen Vater gefragt, ob nicht ich derjenige sein kann, der die Axt in ein paar Tagen auf sein Genick senken darf. Schließlich haben sein Vater und ich schon in früheren Tagen Bekanntschaft miteinander gemacht“. Edward hob seine rechte Hand und man konnte unter dem Goldenen Armreif und den einzelnen Ringen an den Fingern tiefe Narben erkennen, die sich über die gesamte obere Handfläche zogen.
      „Ich kann deinem Vater aber auch nicht verübeln, dass er selber dieses Privileg für sich haben möchte, ich würde ebenso handeln. „Du hast Recht, uns ist es gelungen Jake Wood festzunehmen. Wir gehen aber davon aus, dass sein Vater Eric – oder auch der Falke vom Berg - wie du und anderen ihn eher bevorzugt nennen, ihn vor der Hinrichtung befreien wollen. Wir gehen zusätzlich davon aus, dass die Bergleute das Fest nutzen möchten, um meinem Vater zu schaden. Die Chance für dich also bei diesen Verhandlungen dabei sein zu können, beruht darauf, dass du und deine Männer beim Auftauchen der Leute aus den Bergen und besonders von Eric Wood, alles in eurer Macht stehende tut, um diesem Gespenst aus den Bergen zu zeigen, wer hier in der Stadt das sagen hat. Mein Vater möchte sich in Gegenwart von so bedeutenden Personen ungerne selber die Hände schmutzig machen“.

      Zorn stieg in Edward hoch. „Mir gefällt dein Ton nicht Junge, wir sind nicht einfach irgendwelche Köter, die man auf wen hetzen kann wie es einem beliebig ist“. Edward kratzte sich am Kinn. „Jedoch werde ich unter den an lässlichen Gegebenheiten bei den Verhandlungen dabei zu dürfen einwilligen. Vor allem würde ich mich über ein persönliches Treffen mit dem Falken äußerst freuen“. Er ging auf Travis zu und streckte seine Hand nach ihm aus. „Einverstanden“, sagte er. Travis griff nach der Hand und besiegelte somit die Vereinbarung. Auf einmal spürte er, wie der Griff von Edward großer Hand stärker wurde. Mit einem schnellen und kraftvollen Ruck, drehte Edward die Hand von Travis um, sodass der Unterarm nach oben zeigte. Edward streckte seine freie Hand nach hinten zu seinen Männern. „Was soll das?“, brüllte Travis. Einer der Männer ging auf Edward zu und legte etwas in seine Hand.
      Als Travis genauer hinsah, sah er, wie sich Edwards Finger um den Griff eines Messers schlossen. „Was willst du damit?“, rief Travis, bekam jedoch keine Antwort. Edwards linke Hand schnellte hervor und fuhr Travis blitzschnell über den Unterarm. Ein brennender Schmerz durchflutete Travis und er sah, wie sich eine feine rote Linie an seinem Unterarm abzeichnete. „Wir haben den Vertrag soeben mit Blut abgesegnet“. Travis blickte in Edwards Gesicht und erschrak. Er wusste, dass man mit diesem Mann vorsichtig umgehen musste, aber das was er nun in seinem Gesicht sah, wirkte mehr wie Wahnsinn als Verstand. „Wenn ich mitbekommen sollte, dass du oder dein Vater mich hintergehen wollt, wird dich diese Narbe daran erinnern, was euch bevorsteht“.

      Sein Griff löste sich und Travis zog die Hand an seinen Körper. „Und da ich ein guter Gastgeber bin und wir unseren Deal gebührend feiern sollten, habe ich sogar ein Geschenk für dich“. Edward ging zu dem Stuhl wo er zu Beginn saß, drehte dann aber ab zu einem großen Vorhang an der Hinterseite, den Travis zuvor durch das gedämmte Licht gar nicht richtig wahrgenommen hatte. „Du treibst dich doch in deiner Freizeit gerne in bestimmten Häusern rum Travis. Wenn du möchtest, kannst du dieses Geschenk hier gleich mitnehmen“. Er zog den Vorhang bei Seite und Travis sah eine junge Frau, welche mit einer Kette um den Hals zusammengekauert in der Ecke saß. Die Männer und Edward fingen an zu lachen. Travis griff in seine Manteltasche und holte ein dunkles Tuch heraus und verband seinen Arm. „Danke kein Bedarf“, antwortet er und ging Richtung Treppe. „Wenn du weitere Fragen hast, würde ich vorschlagen du suchst Vater demnächst persönlich auf“. Er schritt die Treppe nach oben hinauf und stand schon bald wieder unter dem freien Himmel. Als er die Tür hinter sich schloss, konnte man das Gelächter aus dem Keller noch immer hören.

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