Oyasumi Punpun

    • Oyasumi Punpun

      Weil es einigen Usern ein Anliegen war die Manga-Bereiche – allen voran den etwas verwaisten Seinen-Bereich – ein wenig auf Vordermann zu bringen, hatte ich mir überlegt, ein paar Serien vorzustellen, die eher unbekannt sein dürften, was daran liegt, dass sie sich abseits des üblichen, faden Einheitsbreis bewegen, der einem heutzutage leider viel zu oft serviert wird.
      Die Serien sind allesamt lesenswert und definitiv Non-Mainstream, oder wie es in Bakuman. so schön heißt, es sind Kultmanga. Ich hoffe (bin aber durchaus davon überzeugt), dass ich einer Zahl von Usern neuen Lesestoff schmackhaft machen kann.

      Der erste Titel, den ich mir ausgesucht habe, ist ein sehr beeindruckender Manga vom genialen Asano Inio, einem vergleichsweise jungen, aber zweifelsohne sehr talentierten Zeichner aus Ibaraki. Asano gab im Jahr 2000 sein Debüt in der Sonderausgabe „Manpuku!“ des Magazins Big Comic Spirits von Shogakukan. Im darauf folgenden Jahr gewann er den Newcomer-Preis des Magazins Gekkan Sunday GX mit seinem Oneshot „Uchū kara konnichi wa“ (Grüße aus dem Weltall).
      Seitdem hat sich Asano binnen kürzester Zeit einen Namen gemacht und gilt als ein großes Talent einer jungen Generation von Zeichnern. Seine Geschichten zeichnen sich durch ihren Realismus und die starken Charakterbezüge aus. Zentrale Themen seiner Werke sind die (japanische) Gesellschaft der Moderne, das Leben in jener sowie die Ängste, Sorgen und Probleme der jungen Generation von Japanern in Zeiten von Perspektivlosigkeit und dergleichen.
      In seiner frühen Schaffensphase war Asano Assistent bei Takahashi Shin, der manchen eventuell ein Begriff sein könnte. (Ebenfalls ein Schaffer von sehr schönen, empfehlenswerten Serien! :D) Hier hat Asano sein Handwerk erlernt, was sich deutlich an seiner Handschrift in seinen Manga erkennen lässt.

      Auch wenn Asano eine Reihe von Serien geschaffen hat, habe ich nicht lange überlegen müssen, welchen seiner Manga ich euch präsentieren soll. Meine Wahl fiel auf seine bisher längste Serie mit dem Namen Oyasumi Punpun (Gute Nacht, Pungpung):
      • Serie: Oyasumi Punpun (von Asano Inio)
      • Genre: Slice of Life, Coming of Age, Mature, Drama, Comedy
      • Magazin: Young Sunday (bis 2008), Big Comic Spirits [Shogakukan]
      • Status: 7 Bände in Japan erschienen; Scanlations bis Ende Band 6 (67 Kapitel)
      • Erscheinungsrhythmus: anfangs wöchentlich, später zweiwöchentlich

      Die Story des Manga ist schnell auf den Punkt gebracht:
      Wir erleben den namensgebenden Titelhelden Punpun, der lediglich in Form der Karikatur eines kleinen Vogels in einer sonst vollkommen normalen, menschlichen Welt in Erscheinung tritt, dabei wie er sein Leben bestreitet, dies umfasst u.a. sein gestörtes Verhältnis zu seiner zerrütteten Familie, die Beziehung zu seinen Freunden, seine Liebeserfahrungen und sein beschwerlicher Weg zum Erwachsenwerden.
      Doch nicht nur Punpun selbst bleibt im Mittelpunkt der Geschichte. Im späteren Verlauf wird der Fokus episodenweise auch auf seine Freunde sowie über längere Strecken auf seinen Onkel Yūichi gelenkt.

      Anmerkung: Ich möchte an dieser Stelle weiß Gott nicht diskriminierend klingen, weil ich solche Aussagen für gewöhnlich häufig einfach nur dämlich finde, aber dieser Manga ist definitiv nicht für jedermann. Es bedarf schon einer gewissen Reife, um der Serie etwas abgewinnen zu können. Wenn euch die ersten paar Kapitel nicht zusagen, quält euch nicht durch die Serie, sie verändert sich in ihrer Art nicht großartig. Ist nur ein gut gemeinter Rat.


      Als nächstes möchte ich mich der Einfachheit halber an einigen Kriterien entlang hangeln, die ich für gewöhnlich bei der Rezension einer Serie für wichtig befinde:

      Artwork – 10/10 Punkte:
      Das Artwork Asanos ist in meinen Augen eine seiner größten Stärken und – um es auf den Punkt zu bringen – IMO schlichtweg genial. Die Charakterzeichnungen sind klar, die Emotionen werden toll vermittelt und die abstruse Überzeichnung von Mimik und Gestik in den für diesen Manga so typischen skurrilen Momenten ist ebenfalls einfach nur klasse. Ferner sind auch die Gebäudezeichnungen und Hintergründe in diesem Manga ein echter Hingucker und wahrhaft zum Genießen. Das einzige, was manchen vielleicht nicht zusagen könnte, sind die minimalistischen Karikaturen in diesem Manga, in denen Punpun und seine Familie eingefangen werden. Aber selbst diese treffen meinen Geschmack zu 110%, denn sie sind Stilmittel und regen den Leser nur zur noch intensiveren Auseinandersetzung an, indem man Implikation und Bedeutung zu entschlüsseln versucht. Ich kann über dieses Artwork kein schlechtes Wort verlieren, darum will ich einfach ein paar willkürlich ausgewählte Bilder für mich sprechen lassen, von denen es aberdutzende in diesem Manga gibt, der wohlgemerkt anfangs wöchentlich erschien, später 14-tägig:


      Plot – 9/10 Punkte:
      Wie bereits eingangs erwähnt, liegt der Hauptfokus auf unserem Protagonisten Punyama (später Onodera) Punpun. Wir tauchen in sein Leben zu einem Zeitpunkt, als er gerade die fünfte Klasse der Grundschule besucht. Die Geschichte wird in mehrere Episoden eingeteilt, die jeweils zwei Jahre auseinander liegen (so beginnt die Geschichte mit dem Fünftklässler Punpun, wird fortgeführt vom Mittel- und dann Hochschüler und am Ende von Band 6 schließlich Studenten). Das Ende einer Episode wird mit den Worten „Gute Nacht, Punpun“ markiert (im Original: Oyasumi, Punpun).
      Von schlechten Erfahrungen skeptisch gestimmt, mag man bestimmt seine Zweifel haben, warum eine alltägliche Coming-of-Age-Story einen vom Hocker reissen soll, aber die Antwort liegt auf der Hand. Die Zauberworte sind Erzählstil und Realismus! So spricht Punpun beispielsweise nie selbst, sondern jegliche Rede und Gedanken von ihm werden von einem Sprecher zitiert und kommentiert. Besonders im Grundschul-Kapitel erzeugt dies einen wunderschönen Ton, der den Leser sofort in seinen Bann zieht und der Geschichte wahnsinnige Authentizität verleiht. Asanos Abbild der japanischen Gesellschaft wirkt erscheint unsagbar hässlich und zugleich erschreckend realistisch. Wie weiter oben angefügt, gehört dies einfach zu den zentralen Motiven in seinem Schaffen. Der Ton wird phasenweise sehr düster und bedrückend, kleinere Lesepausen sind empfehlenswert. Doch am Ende jeder dunklen Durststrecke hält Asano dann doch kleine Glücksmomente für uns bereit!
      Die ersten Kapitel werden ferner von einem äußerst skurrilen und für manche Leser vielleicht verstörenden Humor begleitet, der mich persönlich jedoch ziemlich angesprochen hat. Dieser wird in den späteren Arcs jedoch deutlich zurückgeschraubt, was ich wiederum schade fand. Ich habe allerdings auch Meinungen gelesen, die genau das begrüßen.

      Charaktere – 10/10 Punkte:
      Der Mangaka beherrscht etwas, das vielen seiner Kollegen abgeht und das ist die Fähigkeit nicht nur Figuren, sondern tatsächliche Charaktere zu schaffen. Asano schafft einen guten Spagat aus von Charakteren angetriebener Story und der gleichzeitigen Reflexion der Figuren durch das Geschehen. Die Figuren sind nicht statisch, sondern äußerst dynamisch. Sie verändern und entwickeln sich, die Umwelt formt sie und sie formen ihre Umwelt. Dem Leser wird ein Reigen unzähliger Lebensgeschichten präsentiert und erzählt und es dauert nicht lange bis man mit diesen fühlt. Grund hierfür ist einmal mehr die Authentizität, die Asano an den Tag legt.
      Gefühle, Rückschläge, Glücksmomente, Probleme – das alles und noch viel mehr macht einen Menschen aus: im echten Leben und in dieser Geschichte.

      Thema und Motive – 10/10 Punkte:
      Was genau ist das Hauptthema des Manga? Definitiv keine einfache Frage, finde ich. Ich für meinen Teil bin überzeugt, dass es der Mensch selbst ist. Das Menschsein an sich und Humanität.
      Natürlich finden sich eine Reihe weiterer Motive in diesem Manga, u.a. Gesellschaft, Norm und Werte (im positiven wie im negativen Sinne), auch Träume und zuletzt natürlich Beziehungen, Liebe und Einsamkeit. Dieses Werk ist reich an vielen, verschiedenen Themen und regt den Leser zur Reflexion an.
      Was ich ferne noch hervorheben möchte sind Symbolik und Metaphorik dieses Werks. Das fängt alleine schon beim Hauptcharakter und seiner Familie an: warum werden diese Menschen als einzige in Form von Tierkarikaturen abgebildet? Ich habe mir natürlich meine Gedanken gemacht, aber ich denke, dass definitiv mehrere individuelle Zugänge und Interpretationsmöglichkeiten bestehen. Mein Ansatz wäre folgender:
      Spoiler anzeigen
      Ich habe eine zweigeteilte Theorie, was das Design der Punyama- und Onodera-Familie angeht. Zum einen spielt besonders in den frühen Kapiteln das Lied „Tsubasa o kudasai“ eine tragende Rolle und taucht immer wieder auf. Das Lied heißt übersetzt etwa „Ich wünsche mir Flügel“. Auffällig ist, dass die Vogelkarikaturen jedoch keine Flügel besitzen.
      "I want to spread my wings to the wide open sky and fly away. The sky of freedom, far away from sadness."
      (eine Zeile des Liedes aus Kapitel 3)

      Ich glaube, dass Asano uns die Charaktere als flügellose Vögel präsentiert, weil es sich um Personen handelt, die alle in einem tiefen Loch der Trauer stecken, aus dem sie eigentlich nur entkommen möchten. Sie wollen das Hier und Jetzt der Traurigkeit hinter sich lassen und in ein neues, besseres Leben eintauchen, aber sie können es nicht.
      Andererseits könnte es jedoch auch ein Zeichen für die verlorene Menschlichkeit der Familienmitglieder sein, die alle in Egoismus und Misere versunken sind und keinerlei Mitgefühl für ihre Mitmenschen zeigen können. Sie haben also das, was einen Menschen ausmacht, verloren und werden deshalb als diese komischen Tiere abgebildet. Eventuell werden die Figuren im späteren Verlauf, wenn sie diese zurückerlangen können, dann auch als Menschen dargestellt… wer weiß


      Alles in allem ein sehr gelungener Manga in meinen Augen, der definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Als ich das Werk seiner Zeit 2009 entdeckt hatte, habe ich die Kapitel verschlungen und war binnen zwei Tagen auf dem aktuellen Stand. Auch wenn mir die Comedy ein wenig abgeht und der Manga düstere und ernstere Töne anschlägt, bleibt er weiterhin äußerst gelungen. Kleine Lesepausen zwischen den Lesesession sind definitiv empfehlenswert. Besonders in der zweiten Hälfte von Band 3 und quasi den gesamten vierten Band über wird die Geschichte sehr bedrückend, sodass man Atempausen braucht, um genügend Platz im Kopf zu haben.

      Ich würde mich freuen, wenn ich dem ein oder anderen einen guten Titel und schöne Lesestunden bescheren kann.
    • Freitag Abend, 23:30. Nicht unbedingt die beste Zeit, um über einen Manga zu schreiben, der so tief bewegt, der einen zum Nachdenken anregt, wie dieses Exemplar. Oyasumi Punpun.

      Ich bin kein bewandeteter Mensch in Sachen Mangas, besonders bei Seinen, wo ich nur drei Serien gelesen habe.Alle drei erzählen von der Aufarbeitung einer Schuld aus längst vergangenen Tagen, beim einen die Beseitung eines Dämons, der nur durch einen Wunsch an seine Macht gekommen ist, beim anderen die Rettung eines Monsters, die man besser nicht angegangen wäre, der letzte ein Kampf gegen einen Weltbeherrscher, dem man nicht genügend Freundschaft entgegen gebracht hat. Wer sich auskennt, wird wohl wissen, welche drei Mangas ich meine.

      Oyasumi Punpun erzählt also aus einer ganz anderen Sicht, nicht die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit steht im Vordergrund, sondern das Leben, die Entwicklung dessen. Das Mensch Sein wird hier thematisiert, die verschiedenen Weltbilder eines Menschen, Schicksalsschläge, Glücksmomente, doch meistens Probleme, Punkte, an denen man anfangs nicht weiter weis. Und genau das macht den Manga lesenswert.

      Der Hauptcharakter Punpun entwickelt sich von einem kleinen Kind, der sich zum ersten Mal verliebt hat und in den meisten Konfliktsituationen feige reagiert, zu einem jungen Mann, der gelinde gesagt, ein gefühlsloses Arschloch ist. Gut, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, doch trifft es seine Haltung anderen gegenüber, besonders seiner Mutter, ziemlich. Oft auf sich selbst bedacht, trifft er sich mit einem Mädchen, nur um anschliessend seinen Libido befriedigen zu können. Aber gerade dieser Entwicklungsprozess wird sehr gut dargestellt, wie Punpun zu solch einem Menschen werden konnte, angefangen mit der Enttäuschung seiner großen Liebe über die Selbstzweifel bis hin zu der großen Resignation am Ende des dritten Abschnittes auf der High School. Punpun selbst erlebt Phasen im Leben, die man teilweise schon sicher selbst erlebt hat, doch an manchen Stellen stellt sich mir die Frage: Passiert so was wirklich? Ich selbst habe manche Momente nicht erlebt, gerade nicht in dieser Häufung, wie sie bei Punpun auftreten.

      Dennoch gibt es viele Stellen, wo man nachdenkt, darüber siniert, ob der Mensch wirklich so ist. Ein Wesen, das auf den eigenen Vorteil bedacht ist, in sich selbst verliebt, das ist mir nichts neues. Doch die Darstellung, die Überzeugung, die hier dargestellt wird, ist selbst mir einen Ticken zu negativ gehalten. Doch gibt es wirklich solche Momente, in denen man ähnliche Schlüsse ziht, sie aber nach kurzer Zeit wieder verwirft.

      Auch die Darstellung der anderen Charaktere, wie zum Beispiel die Mutter, deren erster wirklich wichtiger Satz "Ich hasse Kinder" lautet und auch in den kommenden Kapitel diese Meinung auch nur ansatzweise nicht ändert, dann aber von dem ehemals besten Freund ihres Sohnes einige Denkanstöße erhält und die Beziehung zu ihrem Sohn verbessern will, oder den Onkel, welcher aufgrund eines traumatischen Erlebnisses erst spät nach der Aufarbeitung dieses Traumas wieder mit Frauen in Kontakt kommt und im anschliessenden Teil kurz vor dem Selbstmord steht, alle wichtigen Charaktere bekommen ihre eigene Geschichte, oder werden miteinander verknüpft. Genau diese Geschichten zeigen die vielen Facetten im Leben eines Menschen, die jedem einmal widerfahren können. Und genau das maht diesen Manga aus. jede wichtige Figur erhält einen Hindergrund, die dessen Handeln bestimmt, ihn anleitet in den Wirren der Zeit.

      Je weiter man in der Gesichte fortschreitet, desto mehr bekommt man das Gefühl, man kennnt das wahre Gesicht eines Menschens nur selten. Alles, was die Menschen im alltäglichen Umgang miteinander zeigen, ist nur eine Fassade, die die Abgründe des Seins überdecken sollen. Und genau in diesem Punkt hat der Mangaka Recht. Jeder Mensch verbirgt etwas, etwas, was nur wenige zu sehen bekommen. Allerdings zeigt Asano auch, das jedes Problem eine Lösung hat, egal wie schwierig es auf den ersten Blick scheint. Das ist wie mit Rästeln, jedes hat eine Lösung, wenn diese auch nicht leicht zu erkennen ist.

      Das Artwork unterstreicht diese wichtigen Punkte nochmals. Die Umgebungen sind wunderbar passend zu den aktuellen Geschehnissen der Handlungen, zwei Beispiele fanden sich im Panelthread von meiner Seite, doch dürfte diese inzwischen nicht mehr zu sehen sein, oder auch in PP's einführenden Beitrag. Es ist einfach atemberaubend, wie Punpun im reinen Weiß des Schnees wirkt, nachdem er seine Freundin zurückgewießen hat, als diese ihren Ex-Freund ignorieren wollte. Zu jedem Moment der Geschichte, der einen Meilenstein markiert in der Entwicklung eines Charakters gibt es ein passendes Bild, welches beeindruckt.

      Die Vogelkarikaturen der Hauptcharaktere der Familie Onodera und ehemals Punyama sind in meinen Augen definitiv Anspielungen auf das Gefühl der Freiheit, nach welchem jeder der bisher drei behandelten Charaktere strebt bzw. strebte. Die fehlenden Flügel sind zur Verdeutlichung dessen nicht vorhanden, zumal sowohl Punpun als auch sein Onkel und seine Tanten bisher eine Szene hatten, wo sie einafch in Gedanken davongeschwebt sind, hin zu dem, was sie eigentlich wollten. Diese Freiheit ist für mich wohl das Ziel, welches jeder Mensch erreichen will, gnaz nach seinen eingenen Vorstellungen. Das, denke ich, will Asano uns mit diesem Manga vermitteln.

      Samstag Nacht, 00:20 Uhr. Ich bin am Ende meines Resümees angelangt. Schon erstaunlich, dass man 67 Kapitel voller Fragestellungen an den Leser so kurz zusammenfassen kann. Oyasumi Punpun ist definitiv nicht für jedermann geeignet, doch wen tiefgründige Geschichten ansprechen, der wird mit diesem Manga wunderbar unterhalten. Für mich definitiv ein Meisterwerk, das ich mir in einigen Jahren nochmals zu Gemüte führen werde, um zu schauen, ob sich meine Ansichten bis dann geändert haben. Für Neueinsteiger würde ich empfehlen, zwischendurch Pausen einzulegen, um über das Erfahrene einfach mal zu sinieren. Dieser Manga ist nicht kurzweilig, man sollte also genügend Zeit mitbringen, denn nur dann kann man diesen Manga verstehen.
      Mörderspiel

      Denn du weißt nicht, welche Figur du bist...

      Still in progress...
    • Meine erste Reaktion auf Oyasumi Punpun war "Hm... interessant." Dann habe ich angefangen zu lesen. Und ich kann nur sagen "Wow."
      Es ist ein gekonntes Zusammenspiel von Realismus und Surrealismus, das diesen Manga zu einem Meisterwerk macht.

      Der für mich faszinierende Aspekt des Mangas ist auf alle Fälle das Charakterdesign Punpuns und seiner Familie. Er ist unverwechselbar - aber auf eine deutlich andere Art als andere Protagonisten wie Ruffy oder Musashi unverwechselbar. Neben der Thematik der Flügellosigkeit/dem Wunsch nach Freiheit, wie Prince und Ice erwähnen, sehe ich in dem Aussehen Punpuns auch ein Bild seiner Isolation bzw. Introvertiertheit. Er sticht für den Leser aus jeder Gruppe und Menge heraus, weil er eben nirgendwo Teil ist. In seiner Familie kann man das auch beobachten, sie sind allesamt unfähig, ihre Gefühle auszudrücken. In den aktuellen Kapiteln wird dies mit seinem Verwandlung vom Vogel zum Tetraeder noch verstärkt.

      Die Geschichte, die der Manga erzählt, lässt sich nur zu leicht als Fiktion abtun und im Kopf zur Seite schieben. Doch sobald man darüber nachdenkt, ist Punpuns Geschichte nicht so unwirklich, wie man es gerne hätte. Die Erlebnisse der Charaktere sind ein trauriges Spiegelbild des Lebens. Punpuns Entwicklung vom netten, sympathischen Kind über den notgeilen Teenager zum desinteressierten und abgegrenzten Erwachsenen ist eindrucksvoll. Das der Manga auch öfters Fokus auf andere Charaktere, wie zB Punpuns Onkel Yuuichi, legt, gefällt ebenfalls.

      Um auf die Entwicklung in Band 7 einzugehen: Punpuns Vater kommt zurück und will, dass Punpun mit ihm nach Fukushima zieht, was dieser jedoch ablehnt. Zwar entstand diese Kapitel wohl lange vor dem Erdbeben und der daraus resultierenden Nuklearkatastrophe, doch wie wir Asano kennen, wird er diese vermutlich auch irgendwann thematisieren.
      Und unser alter Freund Pegasus, der schon zuvor aufgetretene Verrückte und Kultführer, hat mehrere Auftritte in diesem Band. Ich hatte schon die Befürchtung, dass er irgendwann in Punpuns Leben treten wird, was sich mehr und mehr androht, wenngleich er wohl zuerst Punpuns Freund Mimura rekrutieren,
      Derweil redet sich Punpun ein, dass ihm die Hoffnungs- und Trostlosigkeit nichts ausmacht, dass er glücklich und zufrieden ist mit der derzeitigen Situation. Eine Einstellung, die von Aiko in tausend Stücke zerschlagen wird. Mit ihrem kurzem Auftreten schafft sie es Punpun dazu zu bringen, sich verändern zu wollen, so sehr, dass er sich umbringen will, wenn er es nicht innerhalb von zwei Jahren schafft. Doch so extrem sein Vorsatz auch ist, er wird in seiner neuen Wohnung nur noch mehr zum Einsiedler, gut erkenntlich durch seine immer verschlissener werdenden Schuhe und seine letztendliche, bereits erwähnte, Verwandlung in einen Tetraeder. Doch endlich, endlich ist Hoffnung in Sichtweite. Hoffnung in Form von Nanjou Sachi.
      War sie mir doch bei ihrem ersten Auftritt in der Kunstgalerie mehr als unsympathisch, ist sie jetzt die Lösung für die Sinnlosigkeit in Punpuns Leben. Sie ist Bilderbuchillustratorin und fand die Geschichte, die er vor so langer Zeit schrieb interessant und will mit ihm zusammenarbeiten. Dies könnte nun bedeuten, dass die Dinge sich wieder verbessern könnten, nachdem es mit unserem Protagonisten so lange bergab gegangen ist.

      Tja, es bleibt nur noch ein zu sagen:

      Gute Nacht, Punpun.
    • Puh... wie fange ich jetzt am besten an...
      Eine berechtigte Frage, wenn man einen Manga der so tiefgründig ist wie Oyasumi Punpun analysieren will. Zu aller erst ich bin kein Freund von Dramen und hatte deshalb entschieden mir diesen Titel nicht einzuverleiben. Doch eine Sache stimmte mich dann um. War es die Geschichte? Die Idee? Oder doch die Charaktere? Nein. Mein manchmal noch arg kindlicher Geist war völlig diesen eigenartig aussehenden Vogelkarikaturen verfallen. Und so begann mein erster Kontakt mit einem Seinen Manga.

      Nach dieser Einleitung bin ich immer noch kein Stück schlauer aber Fakt ist: Oyasumi Punpun erzählt dem Leser die Geschichte eines Menschen, der Probleme damit hat die größte Hürde in seinem Leben zu überwinden. Sich selbst. Der Manga eröffnet einem alles was man in seinen jüngsten Jahren auf sich nimmt: Die erste Liebe, Eifersucht, Probleme, Zorn, Depressionen, Sex, Freundschaft, Vertrauen und zum Schluss die gute alte Handarbeit.

      Dann das Artwork. Ich bin ganz ehrlich, ich habe nicht viele Mangas gelesen und kann Artwork deshalb bestimmt weniger gut beurteilen, aber eins kann ich mit Sicherheit sagen: Das Artwork dieses Mangas ist grandios. Alles ist sehr detailliert gezeichnet und sehr ausdrucksstark. Und bei einigen Momenten ist man einfach sprachlos und sollte viele der Seiten etwas länger auf sich wirken lassen.

      Unser Freund Punpun startet als Grundschüler und verliebt sich in seine Mitschülerin Aiko. Das dies so ziemlich der Anfang vom Ende sein sollte weiß er zu dieser Zeit natürlich noch nicht. Denn wann immer es in seinem späteren Leben mal gut läuft hält das Schicksal seine erste große Liebe bereit um ihm kräftig in die Suppe zu spucken. Auf der anderen Seite macht sie ihm aber irgendwie auch Mut und er will für sie kämpfen. So z.B wärend der Federballturnier-Wette.

      Wer es mir auch sehr angetan hat sind Punpuns Onkel Yūichi und deren Freundin Midori.
      Yūichi selbst erscheint in den ersten paar Kapiteln sehr cool und meistens ruhig. Außerdem scheint er ab und an eine perverse Ader zu haben. Trotzdem erscheint er durch und durch traurig. Das ändert sich als er Midori kennen lernt. Diese herzensgute Person versucht ihn aus seinen Depressionen zu holen, was nach ein bis zwei Selbstmordversuchen dann auch klappt. Ach ja und die Jungfräulichkeit nimmt die Gute Punpun auch.

      Natürlich gibt es noch viele andere sehr Interessante Charaktere wie z.B Punpuns sexfixierten Freund Mimura oder den lässigen Seki, ein Junge der ohne Plan und Lust seiner Zukunft entgegen lebt. Aber auch der mysteriöse Pegasus wird noch grade in den neusten Kapiteln eine große Rolle spielen.

      Zum Schluss würde ich noch gern auf die Vogelkarikaturen eingehen. Vielleicht drückt dieses Design einfach den typischen Kanarienvogel im Käfig aus. Punpun und seine Familie sind gefangen. Gefangen im Alltag und in ihren Gefühlen. Den deutlichsten Moment für diese Annahme sehe ich bei der Verwandlung Punpuns zum Tetraeder. Seine Reaktionen verändern sich scheinbar in nur einer einzigen Nacht. Nach dem er jeden Tag gleich gelebt hatte, holte ihn ein Trott ein. Ein Trott der sich niemals ändern wollte. Und aus diesem Trott kam er nur, wenn irgendetwas auftauchte das Abwechslung verschaffen sollte wie z.B der Abend mit Sachi. Was mir auch auffiel war seine neue Körpersprache. Hatte er als „Vogel“ noch munter mit dem Schnabel gewackelt oder ähnliches konnte man sehen dass sich bei bestimmten Momenten teile des Tetraeders lösten. Ich bin mir nicht sicher in wie fern das wichtig ist. Höchstwahrscheinlich überhaupt nicht, aber es ist nun mal eine Sache die sich fest in meinen Gedanken verankerte.

      So... ich habe alle Gedanken die mir im Kopf schwebten auf digitales Papier gebracht und kann PPs Äußerung von oben nur zustimmen:

      PrincePrancer schrieb:

      Anmerkung: Ich möchte an dieser Stelle weiß Gott nicht diskriminierend klingen, weil ich solche Aussagen für gewöhnlich häufig einfach nur dämlich finde, aber dieser Manga ist definitiv nicht für jedermann. Es bedarf schon einer gewissen Reife, um der Serie etwas abgewinnen zu können. Wenn euch die ersten paar Kapitel nicht zusagen, quält euch nicht durch die Serie, sie verändert sich in ihrer Art nicht großartig. Ist nur ein gut gemeinter Rat.

      Hört auf diesen Rat. Stellenweise zweifelte ich selbst manchmal an meiner Existenz weil ich so manchen Moment dieses Mangas aus meinem eigenen Leben kannte. Wenn man für solch ein Psychologisches Spiel nicht viel übrig hat, sollte man es besser da lassen wo es ist.

      Ich schließe diesen Post dann nun mit den Worten:
      „Dear God,
      dear God,
      tinkle-tinkle
      hoy.“
    • Tokyopop hat diesen Manga also endlich unter dem Namen "Gute Nacht, Punpun" nach Deutschland gebracht. Hab mich mal durchgerungen, dem ersten Band dieses Manga hier ein wenig Zeit zu widmen.

      Band 1 ist bereits vor etwa drei Wochen erschienen. Das Cover ist in der Originalfarbe Gelb und kommt mit einem Prägedruck und einer Klappbroschur daher, was ich bei dem Preis sehr gelungen finde; vor allem, da dieser Titel scheinbar ein Risikotitel zu sein scheint. Einzig allein der schwarze, dünne Strich an der Seite mit dem Tokyopop-Logo trübt das Gesamtbild des Covers etwas, imo. Ansonsten ist es sehr einfach gehalten, was ich aber überhaupt nicht schlimm finde, im Gegenteil. Passt auch zu Punpuns schlichtem Vogeldesign.

      Inhaltlich kann Asano sehr überzeugend auftrumpfen. Er skizziert Punpuns Leben und Umgebung sehr realistisch, wobei er Punpun selbst und dessen Familie nur als Vogelkarikatur zeichnet, die von anderen aber als normale Menschen gesehen werden. Der kleine Punpun wird immer wieder mit neuen Problemen konfrontiert, zum Beispiel mit seinem gewalttätigen Vater, der seine Mutter krankenhausreif prügelt, aber auch mit Selbstzweifeln, Angst und Pubertät. Primär mit der Sexualität wirken die Geschehnisse aus Punpuns Blickwinkel sehr liebenswürdig und auch witzig. Mit Aiko Tanaka, seiner neuen Klassenkameradin, in die er sich auf den ersten Blick verliebt, schafft Asano außerdem ein sympathisches kleines Mädchen, welches Punpuns Leben gründlich auf den Kopf stellt. Es gibt mit ihr einige sehr ergreifende und schöne Momente, die ihm im späteren Leben immer weniger vergönnt sind. Aber auch sie und andere haben es nicht gerade leicht in ihrem Leben.

      Die Charaktere wurden teilweise sehr kurios gestaltet, beispielsweise der Lehrer, der seine Witze reißt und im nächsten Moment völlig durchdreht, weil er glaubt, Punpun hätte seine Hausaufgaben vergessen. Oder aber der Rektor und sein Vize, denen anscheinend so langweilig ist, dass sie mal eben im Schulgebäude Verstecken spielen und dabei die herrlichsten Grimassen ziehen. Allgemein sind die Figuren, und vor allem die Gesichtsausdrücke, sehr realistisch und überzeugend dargestellt. Das Artwork ist herrlich und zieht einen einfach in den Bann. Auch die Hintergründe sind sehr beeindruckend, die oft sehr große und komplexe Gebäudekomplexe (höhö) zeigen.

      Habe den Band sehr oft immer wieder in die Hand genommen und nochmal durchgeblättert. Dabei ist mir öfters aufgefallen, wie schnell und unüberlegt ich manche kleine Panel überflogen habe, die es aber alle wert sind, genauer betrachtet zu werden, damit einem auch ja nichts entgeht so wie mir. Mir gefällt die teilweise düstere Stimmung, die in diesem Band vorherrscht und in den folgenden Bänden noch zunimmt. Ist also vielleicht nicht für jedermann etwas. Ich kann es jedenfalls nicht erwarten, den nächsten Band in den Händen zu halten, der allerdings erst im Juni erscheint. Wer mal einen Blick in den ersten Band werfen möchte, kann dies auf Tokyopops Website tun, wo eine kleine Leseprobe erhältlich ist.