Da Community morgen auch das deutsche Fernsehen erreicht, dachte ich mir, dass ich euch meine derzeitige Lieblingssitcom mal ein wenig ans Herz lege.
Um was geht es? Um es kurz zu machen, Community erzählt die Geschichte von sieben Studenten unterschiedlichster Herkunft, die im Greendale Community College (eine Mischung aus Volkshochschule und Hochschule) zunächst eine Lerngruppe für Spanische bilden und im Laufe der Zeit zu einer eingeschworenen Gemeinschaft werden.
Charaktere
Mehr oder weniger der Protagonist am Anfang der Serie und ein wenig das Zentrum der Gruppe ist Jeff Winger (Joel McHale). Er war vor Beginn der Handlung ein erfolgreicher Anwalt, der Fakten so lange in die Mangel nehmen konnte, dass es für ihn auch möglich war, so ziemlich jeden Fall für sich zu entscheiden. Seine relative Einstellung zur Wahrheit ist auch der Grund dafür, dass er seinen Bachelor nachmachen muss. Es stellte sich nämlich heraus, dass sein Abschluss statt von Columbia (der Universität) aus Columbia (also Kolumbien) stammte und alles andere als legitim war. Zu Beginn der Serie ist er charakterlich der stereotype Anwalt, der durch allerlei Manipulationen versucht, einen Vorteil für sich herauszuschlagen. Dies verändert sich allerdings schon im Verlauf der ersten paar Folgen und im Laufe der Zeit wird Jeff ein ziemlich vielschichtiger Charakter, zumindest wenn man bedenkt, dass wir uns im Rahmen einer Sitcom bewegen.
Die zweite in der Runde ist Annie Edison, gespielt von der wunderbaren Alison Brie, die der ein oder andere vielleicht von ihrer Rolle der Trudy Campbell aus Mad Men kennt. Annie war eigentlich eine gute Schülerin und hätte wahrscheinlich die Möglichkeit gehabt, auf eine gute Universität zu gehen. Wenn da nicht eine kleine Pillenabhängigkeit (eines dieser konzentrationssteigernden Präparate) inklusive Nervenzusammenbruch und Reha dazwischen gekommen wäre. Sie ist zudem das „naive Mädchen“ der Gruppe, hat aber auch eine ruchlose Seite.
Shirley Bennett (Yvette Nicole Brown) ist eine Afroamerikanerin Ende 30 sowie Mutter zweier Kinder, die sich erst kürzlich von ihrem Mann getrennt hat und jetzt endlich ihren Träumen nachgehen will. Sie spricht häufig in einer extrem hohen, schon fast lächerlich fröhlichen Stimme, neigt allerdings auch dazu, recht schnell in das komplette Gegenteil zu verfallen. Dann entspricht Shirley eher der stereotypen abwehrenden Art, in der gern mal afroamerikanische Frauen dargestellt werden.
Der Älteste im Bunde ist Pierce Hawthorne, Erbe eines Herstellers von feuchtem Toilettenpapier und dargestellt von Chevy Chase. Pierce treibt schon seit Jahren sein Unwesen in Greedale und wechselt in der Serie häufig zwischen den Rollen des alten kauzigen Mannes und des verbitterten Antagonisten hin und her und hasst es von den Aktivitäten der Gruppe ausgeschlossen zu werden.
Als nächstes ist da Troy Barnes, gespielt von Donald Glover, welcher mal zwei Jahre Schreiber für 30Rock war und den vielleicht einige unter seinem musikalischen Künstlernamen Childish Gambino kennen. Troy ging mit Annie auf eine High School und war dort der Held des Footballteams bevor er sich verletzte. Am Anfang der Serie wirklich noch der typische "dämliche Sportler" Charakter entwickelt sich Troy zu einem immer liebenswerteren Typen, dessen übertriebenen Reaktionen nur noch durch seine absoluten Klempnerfähigkeiten überboten werden. Die ganze Klempnergeschichte ist im Prinzip wie beim Protagonisten in "Good Will Hunting", eben nur mit Klempnerei, wobei es schon erstaunlich ist, wie Troy wirklich jedes Problem in dieser Richtung mit nur einer Drehung an einem Ventil gelöst hat.^^
Abed Nadir (Danny Pudi) ist ein wenig der Obernerd der Gruppe. Gewisse autistische Tendenzen, die ihm einen normalen sozialen Umgang extrem erschweren, verleiten ihn immer wieder dazu, alles und jedes mit Fernsehen und Film zu vergleichen. Sein umfangreiches Wissen dient dabei auch wiederholt Referenzen zur Popkultur. Relativ schnell entwickelt sich zudem zwischen Troy und Abed eine tiefe Freundschaft, wobei von beiden vor allem in der ersten Staffel nach dem Abspann jeder Folge noch irgendetwas Beknacktes kommt, wie zum Beispiel eine fiktive Morning-Show mit Publikum, aber ohne Kamera oder irgendeine Form von Equipment.
Zum Schluss ist da noch Britta Perry (Gillian Jacobs). Britta war jahrelang auf allen möglichen Demonstrationen und kämpfe gegen das Establishment. Inzwischen hat sie zwar eingesehen, dass sie etwas machen muss, hat aber keine wirkliche Ahnung wo das alles hinführen soll. Britta hat zudem das Talent so ziemlich alles zu ruinieren, weshalb irgendwann ihr Name zum Verb wurde („you brittaed it“). Jeffs Interesse an ihn war übrigens der Grund, warum die Gruppe sich überhaupt zusammenfand.
Hinzu kommen noch zwei weitere Charaktere, die allerdings außerhalb der Lerngruppe stehen. Einerseits wäre das Craig Pelton, der etwas einfältige und äußerst merkwürdige Dean (Dekan) von Greendale, gespielt von Jim Rash, der erst kürzlich den Oskar als einer der Drehbuchautoren von „The Descendants“ bekommen hat. Andererseits wäre das Ben Cheng a.k.a. Senor Cheng, Spanischlehrer von Greendale und mindestens zu 50% wahnsinnig. Gespielt wird Cheng von Ken Jeong, den wohl die meisten als den „nackten Chinesen“ aus Hangover kennen dürften.
Zur eigentlichen Gruppe sollte noch folgendes gesagt werden. Gerade in der Pilotfolge entsprechen alle sieben prinzipiell irgendeinem Stereotyp. Jeff der egozentrische Anwalt, Annie das naive Mädchen, Shirley die immer freundliche Christin, Pierce der alte Sack, Troy der Sportler, Abed der merkwürdige Nerd und Britta die Rebellin gegen alles. Die meisten entfernen sich allerdings recht schnell von ihrem ursprünglichen Konzept. Insgesamt machen alle Sieben früher oder später eine Entwicklung durch und werden zu durchaus vielschichtigen und glaubwürdigen Charakteren, die sowohl Stärken als auch Schwächen besitzen. Man merkt, dass selbst in der derzeitigen dritten Staffel immer noch großes Augenmerk auf Charakterentwicklung gelegt wird, auch wenn es dann mal ein wenig ernster zu geht und der Humor ein Stück in den Hintergrund tritt.
Einschätzung
Wenn ich sagen müsste, was mir an Community so gefällt, ist es das überaus gelungene Gesamtpaket. Man hat einerseits die Charaktere, die das Zentrum der Serie bilden und dazu gibt es noch reichlich schmückendes Beiwerk. Seinen Humor zieht Community beispielsweise häufig aus Referenzen zu Popkultur, bezieht sich im Verlaufe der Serie aber auch verstärkt auf sich selber. Zudem besitzt die Serie eine unglaubliche Vielseitigkeit. Angefangen von drei extrem geilen Paintball-Folgen, über eine Zombie-Episode, einem Claymation Weihnachtsspezial, eine Weltraumfolge ohne Weltraum, einer Episode die sich mit dem Thema verschiedener Zeitlinien beschäftigt bis hin zu einer „Clipshow“, in der sich die Gruppe an vergangene Ereignisse erinnert, die vorher aber nie gezeigt wurden und wo ein Abenteuer obskurer wurde als das vorherige. Gleichzeitig geschieht das alles ohne eine gewisse Realitätsebene zu verlassen. So wird beispielsweise die Claymationfolge als Nervenzusammenbruch von Abed erklärt, der nur alles in Claymation sieht. Insgesamt fußt diese Vielseitigkeit zudem auf durchgängig hervorragenden schauspielerischen Leistungen, geistreichen und witzigen Dialogen sowie insgesamt guten Storys.
Hinzu kommt noch eine fast schon unnötige Liebe zum Detail, die zum Teil gar nicht wahrnehmbar ist. Extremstes Beispiel ist dabei wahrscheinlich ein Beatlejuice Gag. Während der ersten drei Staffeln wurde dabei jeweils einmal pro Staffel das Wort „Beatlejuice“ ausgesprochen und beim dritten Mal lief dann doch tatsächlich Beatlejuice im Hintergrund durchs Bild. (Video unten) Oder bei einer Episode bemerkt man beim ersten Sehen gar nicht, dass Abed die ganze Zeit im Hintergrund mit einer schwangeren Frau zu sehen ist und am Ende auch ihr Kind in einem Auto zur Welt bringt. Die ganze Sache kommt dann erst in einer späteren Folgen zum Tragen, wo Abed anmerkt, dass er dieses Jahr schon ein Kind zu Welt gebracht hat, zur Überraschung der anderen. Oder auch Dean Palton, der im Verlauf der ersten Staffel einen immer offensichtlicheren Dalmatiner-Fetisch entwickelt und dieser nimmt im Finale von Staffel 1 langsam groteske Züge an. Ohnehin werden die Outfits von Pelton im Laufe der Zeit immer verstörender, wenn er die Gruppe beim Lernen unterbricht und etwas bescheuertes ankündigt. Es gibt da eine ganze Reihe von kleinen Gags und Referenzen, die der Serie häufig noch eine zusätzliche Ebene verleihen, die ich allerdings beim ersten Angucken häufig gar nicht gesehen habe.
Es macht insgesamt einfach Spaß Community zu gucken. Es wird immer wieder versucht neue Wege zu beschreiten und nicht immer das Gleiche zu machen. Leider hat Community in den USA bisher keine große Zuschauerschaft gefunden, was allerdings auch damit zusammen hängt, dass es auf NBC läuft. Dieser Sender bedeutet ein wenig Segen und Fluch zugleich. Einerseits hilft der niedrige Quotenschnitt von NBC, dass Community selbst bei den miesen Zahlen, die es wöchentlich bekommt, dennoch gute Chancen auf eine vierte Staffel hat. Andererseits bedeutet eine Platz bei NBC von vornherein geringere Quoten und zudem läuft Community jede Woche zur gleichen Zeit wie The Big Bang Theory, was auch nicht sonderlich hilfreich ist. Btw, ich hatte vor einiger Zeit etwas amüsantes gelesen. Als lakonische Reaktion auf eine TV-Kritik, welche TBBT als die Serie für Nerds beschrieb, äußerte ein anderer Kritiker lediglich die Aussage, dass der wahre Nerd Community guckt. Naja, bisher hat es bei der Quote nicht geholfen.^^
Wie auch immer, ich kann euch Community wirklich nur ans Herz legen. ProSieben zeigt die ersten beiden Folgen morgen Mittag (28.04) um 13:30 Uhr, was sicherlich eine Sendeplatz ist, der enorme Massen anlocken wird... Ich empfehle allerdings wirklich beide Folgen zu gucken, da ich immer ein Problem mit der mittelmäßigen Pilotfolge hatte. Sie ist nicht wirklich schlecht, aber die besten Gags funktionieren imo nicht, wenn man nicht "Breakfast Club" gesehen hat. Aber gut, mich persönlich hat bei einer Comedyserie der letzten 10 Jahre noch nie die erste Folge überzeugt gehabt. Die Ausnahme war Scrubs. Bin aber dennoch mal gespannt, wie die Synchronisation ausfällt. In letzter Zeit war ich bei neuen Serien ja häufig enttäuscht. Weniger was die Übersetzung an sich angeht, sondern vielmehr bei der miserablen Auswahl der Stimmen. Hatte das erst vor Kurzem bei Modern Family gesehen, wo zumindest zwei Charaktere nur halb so komisch sind, weil die Stimmen einfach nicht funktionieren.
Hier das angesprochene Beatlejuice-Video.
Ich finde es immer wieder herrlich, dass Troy in der ersten Folge gesagt hat, dass er niemals weint und dann im Verlauf der vier Staffeln häufig so etwas zu sehen war.
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