[One Shot] Das Land der Harmonie (Dillian)

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  • [One Shot] Das Land der Harmonie (Dillian)

    Als ich meinen Text für die erste Runde des FFT 2012 ausarbeitete, war dies meine erste Idee zum Thema Wa No Kuni. Da sie sich jedoch nicht mit der Wörtergrenze der Aufgabenstellung vereinbaren lies, habe ich nun beschlossen sie als One Shot zu veröffentlichen. Ich will auch gar nicht zu viele Worte verlieren, sondern wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

    Das Land der Harmonie

    "Wir kämpfen für die Gerechtigkeit! Wir kämpfen für die Ordnung dieser Welt. Wir sind die Bastion des Lichts gegen die Wellen der Finsternis."
    Vizeadmiral Dobermann schrie seine Rede mit aller Macht hinaus. Fast so als wolle er selbst den Elementen trotzen. Als wolle er dem Sturm beweißen, dass die Marine sich niemanden beugt. Noch nicht einmal der Allmacht der Natur. Der Vizeadmiral verstärkte den Griff um die Sprechmuschel seiner Übertragungsteleschnecke.
    "Wir werden dieser Welt den Frieden bringen. Notfalls mit Gewalt."
    Das Zustimmende Gebrüll der Anwesenden Soldaten überraschte Naitan. Ihn hatte der letzte Satz Dobermanns eher beunruhigt, denn angespornt. Die Weltregierung und die Marine waren in den letzten Jahren noch totalitärer, noch extremer geworden. Inzwischen lautete das Motto dieser Institutionen:
    "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns."
    Naiten seufzte und schloss die Augen. Er streckte sein Gesicht gen Himmel und genoß den Regen. Er war der Marine beigetreten um für die Gerechtigkeit zu kämpfen, doch war es noch die richtige Gerechtigkeit für die er kämpfte. Er wusste es nicht mehr. Etwas traf ihn von hinten. Auf den glitschigen Pflastersteinen verlor er den Halt und stürzte nach vorne. Stöhnend rieb er sich die schmerzenden Stellen des Aufpralls. Er wusste nur zu, wer ihn gerammt hatte. Es war immer das Gleiche und sein Gesicht verriet seine Wut.
    "Shion", knurrte er.
    Die junge Frau blickte ihn abschätzig an. Die Spitzen ihres kurzen, strohblonden Haares blickten unter ihrer Kadettenmütze hervor.
    "Es tut mir leid, aber ich habe dich wohl übersehen", meinte sie grinsend.
    Langsam stand Naitan auf. Er zwang sich ruhig ein und aus zu atmen, während er sich zu seiner Rivalin umdrehte. Diese hob abwehrend die Hände.
    "Hey es war ein Versehen", meinte sie mit schlecht gespieltem Entsetzen.
    Überrasht bemerkte er, dass seine Hände zu Fäusten geballt waren. Er zitterte. Jedoch lag es nicht an der Kälte, welche ihren Atem zu kleinen Wolken formte.
    "Ich werde dich nicht schlagen", knurrte er und blickte ihr in die Augen.
    Für einen kurzen Moment sah er Enttäuschung darin aufglimmen. Etwas, dass ihm unendliche Befriedigung verschaffte.
    "Es wäre auch ein Zeichen unglaublicher Schwäche die Hand gegen eine Frau zu erheben", erwiderte sie schnippisch und wandte sich um.
    Er starrte ihr noch lange nach, unfähig sie aus seinen Gedanken zu verbannen. Erst als der Befehl zu hören war, dass sie sich auf ihre Schiffe begeben sollten, reagierte er. Seine Klamotten waren inzwischen vollkommen durchnässt, da er vergessen hatte seinen Regenschutz anzuziehen. Sein langes, rotbraunes Haar klebte an seiner Haut und er wischte es mit einer läsigen Bewegung aus seinem Sichtfeld. Dabei streifte er die Narbe, welche sich über seine Stirn zog. Für einen Moment flammte der Schmerz wieder auf. Erinnerte ihn daran, weswegen er hier war. Wofür er kämpfte. Ein letztes Mal blickte er zu dem Schlachtschiff auf dem Shion diente und schüttelte den Kopf. Jetzt war nicht der Zeitpunkt dafür. Sein Kopf musste frei sein. Alles was zählte, war den Auftrag zu erfüllen.
    "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Wa No Kuni muss vernichtet werden."


    Auf dem Papier war es ein einfacher Auftrag gewesen. Zu lange war das Land der Harmonie ein Damokles Schwert gewesen, welches über der Regierung schwebte. Würden sich die Samurai eines Tages dafür entscheiden die Seite der Piraten oder der Revolution zu ergreifen, wäre dies katastrophal. Diese Operation war eigentlich längst überfällig gewesen. Eine Welle der Gewalt und des Blutes sollte das Land der Harmonie hinwegspülen. Doch was als großer Triumph der Marine gedacht war, endete in Erniedrigung. Zum Ersten Mal wurde ein Buster Call abgewehrt.

    Naitan übergab sich ein weiteres Mal.
    Als er ins Meer gestürzt war, wurde er zum Spielball der Wellen. Vollkommen Machtlos wirbelten ihn die Gewalten der Natur umher und es war ein Wunder, dass sein Kopf nicht wie eine Melone zerplatzt war, als er gegen die Küste geschleudert wurde. Er wischte sich die Reste des Erbrochenen und der Gischt aus dem Mundwinkel und sank zurück gegen den Felsen. Vor ihm bot sich ein Bild des Endes. Schiffstrümmer tanzten auf den Wellen mit den Leichen der Matrosen einen makaberen Tanz. Der Sturm hatte sich beruhigt, doch noch immer klatschten mächtige Wellen gegen die Felsküste Wa No Kunis. Das fahle Mondlicht durchbrach gerade wieder die Wolklendecke und hüllte alles um ihn herum in einen dämmrigen Schleier. Naitan biss die Zähne zusammen, als er sich bewegte. Sein gesamter Körper schmerzte höllisch. Mehrere seiner Rippen waren gebrochen und er hatte sich beim Aufprall am Strand zwei Zähne ausgeschlagen. Der metalische Geschmack des Blutes, der sich mit dem des Erbrochenen vermischte, war widerlich, doch er versuchte alles positive zu sehen.
    "Wenigstens ist das der Beweis, dass ich noch am Leben bin", dachte er sich.
    Nun da der Mond die Szenerie erleuchtete, konnte er das gesamte Ausmaß der Katastrophe erkennen. Hunderte aufgeschwemte Leichen säumten den Strand. Etwa ein Drittel davon waren Samurai. Auch sie hatten hohe Verluste hinnehmen müssen, um ihr Land zu verteidigen. Wenn Naitan über seine Schulter auf Wa No Kuni blickte, konnte er sie nicht verstehen. Weshalb wolle man einen solchen toten Felsbrocken verteidigen?

    Stöhnend versuchte er aufzustehen. Sein Gesicht war vor Schmerzen verzogen und es gelang ihm mehrere Male nicht sich zu erheben. Immer wieder rutschte er den Felsen, an welchen er sich lehnte, hinab. Dabei hinterließ er eine Blutspur auf dem grauen Stein.
    "Wo ich wohl blute?"
    Sein gesamter Körper schmerzte und so war es ihm nicht möglich die Wunde zu lokalisieren. Doch das war jetzt nicht wichtig. Er verlor Blut, jedoch nicht viel. Es war keine lebensgefährliche Wunde. Noch nicht. Entzüundungen, Krankheiten oder eine Blutvergiftung konnten dies jedoch auch schnell ändern. Endlich schaffte er es aufzustehen. Schwer atmend sah er sich um.
    "Irgendwo muss doch etwas nützliches herumliegen."
    Seine Kleidung war zerfetzt. Sein Schwert in den Fluten verloren gegangen. Alles was er noch hatte, war ein kurzes Messer, das er am Gürtel trug. Es fiel ihm schwer auf dem nassen Sand das Gleichgewicht zu behalten und mehr als einmal wäre er beinahe gestürzt. Sein Blick wanderte stets zwischen dem Meer und den Klippen hin und her, während er darauf bedacht war den angeschwemten Leichen auszuweichen. Er konnten nicht verstehen, wie dieses Land etwas mit Harmonie zu tun haben konnte. Wa No Kuni war nach außen hin von schwarzen Felsklippen umgeben. Diese wirkten wie ein naturlicher Schutzwall, der unvorsichtigen Seefahrern Tod und Verderben brachte. Außerdem schien die Insel stets von dunklen Wolken und Stürmen umgeben zu sein.
    "Harmonie mein Arsch", knurrte Naitan, bevor er plötzlich inne hielt und die Augen zusammenkniff.
    Etwas am Strand hatte sein Interesse geweckt. Die Leiche der Marinesoldatin umklammerte noch immer ihren Speer. Zwar war die Waffe in der Mitte abgebrochen, jedoch... Naitans Blick wanderte zu seinem Messer im Gürtel. Mit einem Lächeln, welches aufgrund der Schmerzen, schnell wieder von seinem Gesicht verschwand, machte er sich ans Werk.

    "Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer ist den gesplitterten Griff eines Speers zu spitzen", keuchte er, als er endlich damit fertig war sich seine notdürftige Waffe anzufertigen.
    Der Speer, welchen er zugespitzt hatte, war ungefähr so lang wie sein Arm. Naitan war sich nicht sicher, ob er in dieser Verfassung dazu in der Lage war zu kämpfen, aber er hoffte das seine Waffe zumindest eine abschreckende Wirkung erzielen würde. Er sah sich um. Für ihn gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder er versuchte hier ein Lager aufzuschlagen und auf Hilfe zu warten. Sein Blick wanderte auf das offene Meer hinaus. Das fahle Mondlicht spiegelte sich auf der Wasseroberfläche wieder. Es würde sicher mindestens eine Woche dauern, bis eine Hilfsmission hier eintraf. Falls sie überhaupt losgeschickt wurde. Genügend Holz für ein Feuer war zwar vorhanden, jedoch war es alles Treibgut und somit hoffnungslos durchnässt.
    "Es würde Stunden dauern bis ich ein Feuer hätte und außerdem ist dieser gottverlassen Strand von Leichen übersäät. Nich gerade die beste Gesellschaft."
    Naitan knurrte und wandte sich nun seiner anderen Möglichkeit zu. Er hatte den Pfad erst spät bemerkt, doch seitdem wurde sein Blick immer wieder dorthin gezogen. Eine alte verfallene Treppe war in den Fels gehauen worden, und führte hinauf in die nebelverhangenen Klippen.

    "Es gibt wohl keinen anderen Weg", keuchte der Soldat und setzte den Fuß auf die erste Stufe.
    Schmerzen durchzuckten seinen Körper und er stöhne auf. Jeder Schritt würde zur Quall werden, doch es gab keinen anderen Weg. Er musst weiter nach Vorne gehen. So wie er es schon immer getan hatte. Je höher er stieg, desto klarer wurde die Luft. Er lies die Leichen und die Spuren der Niederlage hinter sich. Sein Kopf klärte sich und der Schmerz nahm auch ab. Auch wenn er die Erschöpfung in jedem seiner Knochen spüren konnte, machte er weiter. Er zitterte leicht, als eine kühle Nachtbrise über seinen Rücken streifte. Der Griff um seinen Speer und sein Messer verstärkten sich. Ein Geräusch hatte ihn aufhorhcen lassen. Noch war er sich nicht sicher, ob es sich um ein Tier handelte, das durch das Gestrüpp schlich, oder etwas Gefährlicheres. Er war vollkommen ruhig. Das Heben und Senken seines Brustkorbs war seine einzige Bewegung. Seit Atem bildete kleine Wölkchen und ein wohlicher Schauer jagte seinen Rücken hinab. Dies kam jedoch nicht von der Kälte, sondern wurde durch die freudige Erwartung, die ihn durchströmte, ausgelöst. Gierig leckte er sich über die Lippen. Der Griff um seinen Speer verstärkte sich.
    "Wofür kämpfst du?"
    Er schüttelte verwirrt den Kopf, doch die unbekannt Stimme fuhr unbeeindruckt fort.
    "Kämpfst du für deine gefallenen Kameraden? Möchtest du deine Familie rächen? Oder kämpfst du nur um des Kampfes willen?"
    Nachdenklich runzelte er die Stirn. Er wusste es nicht. Er konnte der Stimme keine Antwort geben. Die Erinnerung an damals flammten wieder auf. Doch kämpfte er wirklich noch dafür? Hatte er über all die Jahre sein Ziel und seinen Sinn verloren? Dieser kurze Moment der Selbstbesinnung kam ihn jedoch teuer zu stehen. Eine schattenhafte Gestalt preschte aus dem Gestrüpp am Wegesrand hervor. Es gelang ihm gerade noch so sein Messer nach oben zu reißen, welches ihm nun jedoch aus der Hand geschlagen wurde. Klirrend landete es hinter ihm und schlitterte einige Steinstufen hinab. Ohne zu zögern stieß er nun mit seinem Speer zu, nur um im nächsten Moment inne zu halten. Die Spitze seiner Waffe zitterte wenige Zentimeter von Shions Augen entfernt.

    "Für einen Moment habe ich mir echt Sorgen gemacht", meinte die Soldatin.
    Sie sah mitgenommen aus, auch wenn sie zweifelsohne in viel besserer Verfassung als Naitan war. Dieser atmete nun erleichtert auf.
    "Ich hätte nie gedacht, dass ich mich über dein Gesicht mal freuen würde", seufzte er und lehnte sich gegen die Felswand.
    "Stimmt du starrst mir eigentlich immer auf den Arsch", erwiderte Shion grinsend, während sie sich an den Wunden Naitans zu schaffen machte.
    "In erste Hilfe bist du wirklich eine Niete. Du solltest diese Kurse nicht so oft schwänzen."
    Sie blickte ihm kein einziges Mal in die Augen, während sie seine notdürftigen Verbände abriss und damit begann seine Wunden zu reinigen. Insgeheim freute es ihn, da sie so nicht sehen konnte, wie er vor Schmerzen das Gesicht verkniff. Warum wollte er vor Shion jetzt keine Schwäche zeigen? Sie hatten schon oft genug Missionen zusammen durchgestanden und sie hatte ihn auch schon of genug verletzt erlebt. Er vertrieb diese seltsamen Gedanken aus seinem Kopf und blickte stattdessen die Klippen nach oben.
    "Harmonie mein Arsch", meinte Shion, die seinen Blick bemerkte.
    Er blinzelte überrascht.
    "Wie kann man so ein Höllenloch Land der Harmonie nennen. Von Stürmen umgeben und nichts als totes Gestein."
    Sie schüttelte abschätzig den Kopf und wandte sich wieder Naitans Wunden zu.
    "Wie oft hab ich dich jetzt schon verbunden?"
    "Keine Ahnung ich zähl nicht mit", antwortete er schulterzuckend und versuchte angestrengt über seine nächsten Schritte nachzudenken.
    Sie brauchten einen Plan. Stattdessen bestimmten Erinnerungen an frühere Missionen seine Gedanken. Damals als sie den wütenden John gefasst hatten. Oder als er von den Verräter Brüdern beinahe ermordert wurde.
    "Wir haben wirklich schon viel zusammen durchgestanden."
    Überrascht riss er die Augen auf. Hatte er das soeben laut gesagt.
    "Du wirst doch jetzt nicht melancholisch werden? Deine Wunde ist zwar entzündet, aber das schaffst du schon", antwortete Shion. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, doch die leichte Unsicherheit in ihrer Stimme regestrierte er.

    "Ein jeder stirbt einmal."
    Naitan blinzelte. Er hatte keine Ahnung wieso er das gesagt hatte. Er hatte einfach das Gefühl gehab, dass dies das Richtige war. Die Kopfnuss, welche Shion ihm dafür verpasste, lies ihn diese seltsame Laune verfluchen. Sie schüttelte abschätzig den Kopf und half ihm auf.
    "Lass solchen Unsinn", meinte sie mit missbilligendem Ton und stützte ihn.
    "Ich brauch deine Hilfe nicht", knurrte Naitan, worauf Shion nur mit den Schultern zuckte, ihn jedoch trotzdem weiter stützte.
    Langsam kämpften sie sich weiter nach oben. Die steinerne Treppe schien kein Ende nehmen zu wollen. Die Stufen waren vom anhaltenden Regen glitschig und mehr als einmal wären die Beiden fast gestürzt. Noch immer konnte sie die Spitzen der wolkenverhangenen Klippen nicht ausmachen. Sie war müde und Naitan war es auch, doch Shion wusste, dass jetzt keine Pause einlegen durften. Sie waren beide durchnässt und ihr Partner war verletzt. Er würde nicht überleben.
    "Wofür kämpfst du?"
    Die junge Frau blinzelte überrascht und sah sich um. Ihr Partner schien es nicht zu bemerken, da er in seine eigenen Gedanken versunken war. Wofür kämpfte sie? Bilder ihrer Familie, ihrer Freunde und, so sehr sie es auch zu verhindern versuchte, Naitans erschienen vor ihrem inneren Auge. Doch dies war alles nicht der Grund. Es waren Bruchstücke – Fragmente eines großen Ganzen. Eines Ganzen, weches sie noch nicht ganz habhaft werden konnte. Jedoch wusste sie das es da war.

    "Erinnerst du dich noch an unseren ersten Trainingstag?"
    Naitans Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Blinzelnd blickte sie ihren Partner an, der sie träumerisch angrinste.
    "Natürlich. Den dämlichen Kuss werde ich niemals vergessen", antwortete sie und konnte dabei ein leichtes Erröten nicht verhindern.
    "Das war ein Versehen", antwortete er.
    Shion bemerkte dabei jedoch, dass er sie nicht ansah.
    "Bastard", murmelte sie, konnte sich ein leichtes Lächeln aber nicht verkneifen.
    "Ich meine wir haben so viel zusammen durchgemacht. Wir haben zusammen gekämpft, gelacht, geweint und gesoffen. Wieso sehen wir uns noch immer als Rivalen."
    Shion schluckte. So eine melancholische Stimmung passte überhaupt nicht zu Naitan. Etwas das ihr Angst machte.
    "Wir sind Rivalen, weil du nicht anerkennen kannst, dass ich die Bessere von uns beiden bin." Man konnte die Nervosität und Unsicherheit deutlich aus ihrer Stimme heraushören.
    "Ja da hast du Recht. Man muss nur unser Zustände zurzeit vergleichen", stöhnte Naitan und löste sich von ihr. Schwer atmend richtete er sich auf.
    "Shion ich..." Er schluckte. Schloss die Augen. Die kühle Höhenluft strich durch sein Haar. Er sollte frieren, doch er tat es nicht. Er fühlte sich zufrieden. Etwas, was er in seinem Zustand als letztes erwartet hätte. Während des Aufstiegs hatte er lange nachgedacht.
    "Shion ich denke du bist der Grund", sagte er nun und blickte seiner Partnerin tief in die Augen.
    Diese blinzelte überrascht.
    "Ich verstehe nicht", murmelte sie, doch er schüttelte nur lächelnd den Kopf.

    Anstatt zu antworten, deutete er auf die Gestalt, welche sie von oben beobachtete. Hinter dem Samurai konnten sei einen Höhleneingang erkennen. Der Schwertkämpfer beobachtete sie jedoch nur stumm. Sein Gesicht lag im Schatten. Sein Haar war zu einem Rossschwanz zusammengebunden und seine rechte Hand ruhte auf dem Griff seiner Klinge. Eine Klinge, welche er nun zog. Naitan konnte den Stahl im Mondlicht schimmern sehen. Der Samurai erinnerte ihn mehr an einen Dämon, als einen Menschen. Seine schwarze Silhouette thronte bedrolich über ihnen. Ohne einziges Wort zu sprechen, wandte er sich um und schritt in die Höhle hinein. Naitan spannte seine Muskeln an. Obwohl es höllisch schmerzte. Ein stummes Nicken zwischen ihm und Shion besiegelte den Plan. Sie kämpften so lange schon miteinander, dass sie sich inzwischen blind verstanden. Naitan mobilisiert all seine Kraftreserven und zusammen sprinteten sie die Treppe empor. Er konnte fühlen, dass er seinen Körper damit weit über seine Grenzen hinaus brachte. Und er wusste, was dies für Konsquenzen haben würde. Shion schien es auch zu wissen, oder zumindest zu ahnen. Sie hatte ihr Mütze tief ins Gesicht gezogen und blickte ihn nicht an. Ein letztes Mal fiel Naitans Blick auf den fahlen Mond, die schwarzen Felsklippen, die karten Büsche, welche in der leichten Brise der Nacht wogten und schließlich auf Shion, welche ihr Schwert gezogen hatte. Sein Griff um seinen Speer verstärkte sich. Er hatte sich sein Ende immer weitaus epischer vorgestellt. Auf einem Berg aus gefallenen Feinden stehend. Von Wunden übersäät und doch triumphal. Sein Schwert gen Himmel gestreckt. Stehend und niemals fallend. Hier in den schwarzen Klippen von Wa No Kuni an einer entzündeten Wunde und Erschöpfung zu sterben, war nicht wirklich sein Traum gewesen. Doch irgendwie fühlte es sich harmonischer an hier in diesem Land sein Leben auszuhauchen. Sein Körper wollte rebellieren, doch er zwang ihn zu funktionieren.
    "Nur noch ein paar Minuten mehr", knurrte er und schritt hinter Shion in die Höhle.

    Das Innere überraschte beide. Es war ein großer, kreisrunder Raum. Von Fackeln erhellt und vollkommen eingeebnet. Hinter dem Samurai, der in der Mitte des Raumes auf sie wartete, konnte Naitan ein großes Holztor erkennen. Im Schein der Fackeln konnten sie nun endlich auch das Gesicht ihres Gegenübers erkennen.
    Der Mann war alt.
    Tiefe Falten ließen sein Gesicht müde wirken, jedoch konnte man in seinen bernsteinfarbenen Augen noch immer den Glanz früherer Tage erahnen. Dieser alte Krieger war noch lange nicht am Ende. Seine knochigen Hände ruhten auf dem Griff seines Schwertes, auf das er sich zurzeit stützte. Er sagte keine Wort, sondern senkte nur den Kopf. Seine Augen verschwanden unter den Strähnen seines silbergrauen Haares und er hob nun sein Schwert. Die beiden Marines taten es ihm gleich. Naitan ignorierte den stechenden Schmerz, der von seiner Wunde ausging und stürzte sich stattdessen auf den Samurai. Sein Speer verfehlte das Gesicht des alten Mannes nur um wenige Milimeter, als dieser seinen Kopf zurückzog. Naitan taumelte ins Leere. Er konnte sehen wie sein Gegner sein Schwert hob, doch auch wie Shion von der anderen Seite attackierte. Der Samurai schien zuerst nichts davon zu bemerken und das Gesicht der jungen Frau zierte bereits ein siegessicheres Lächeln, welches jedoch schnell wieder verschwand. Blitzschnell lies der Samurai sich auf den Boden fallen. Noch während er fiel, schlug er mit seiner Klinge nach Shions Beinen. Diesem Angriff konnte sie in letzter Sekunde noch durch einen Sprung entgehen, prallte dafür jedoch gegen Natian. Beide stürzten zu Boden und Naitan wurde beim Aufprall jegliche Luft aus den Lungen gepresst.

    Der Schmerz, der ihn in diesem Moment durchzuckte, raubte ihm fast das Bewusstsein. Alles um ihn herum verfärbte sich gräulich. Shion sprang derweil schon wieder auf die Beine. Schreiend attackierte sie den Samurai mit schnellen Schwerthieben, die jedoch alle pariert wurden. Naitan versuchte währenddessen mit aller Macht nicht Ohnmächtig zu werden. Sein Speer glitt aus seinen Händen und fiel auf den Boden. In seinen Ohren hörte sich der Aufprall wie ein Donnerschlagn an. Es wäre so einfach jetzt aufzugeben. Die Augen zu schließen und einfach davon zu driften. Hinaus auf die endlose See. Das Licht in seinen Augen schwand, doch bevor es verlöschen konnte, riss er sie noch einmal weit auf. Die stickige Höhlenluft füllte seine Lungen, als er tief einatmete. Alles was er wollte war zu schlafen, doch er konnte es nicht. Durfte sich das jetzt nicht erlauben. Anstatt den einfachen Weg zu wählen, drehte er sich um. Er richtete sich auf und er spürte das dies das letzte Mal war. Ein weiteres Mal würde er es nicht schaffen.
    "Ein aller letztes Mal", schoss es ihm durch den Kopf. Grimmig lächelnd hob er seine Waffe auf.
    "Deine Geschichte endet nicht. Noch nicht."
    In diesem Moment wünschte er, dass er der Stimme glauben könnte.

    Shions Angriffe wurden immer unkonzentrierter. Der Samurai wich jedem ihrer Hiebe spielend aus. Er strahlte keinerlei Kampfeswillen, sondern nur vollkommene Ruhe aus. So als würde er nur mit ihr Spielen. Etwas, dass sie in vollkommene Rage versetzte. Naitans Zustand war kritsich und er musste so schnell wie möglich versorgt werden. Stattdessen vergeudete sie ihre Zeit hier. Der alte Samurai wich jedem ihrer Stichangriffe mit geschickten Schritten aus. Sie wollte schon wütend aufschreien, als ihr Gegner sich plötzlich duckte. Im nächsten Moment durchzuckte ein stechender Schmerz ihre linke Schulter. Überrascht starrte sie auf den Speer, der darin steckte, und dann in Naitans Augen, der ebenso schockiert wie sie war. Er hatte sich von hinten angeschlichen und er war sich sicher gewesen, dass der Samurai ihn nicht bemerkt hatte. Schnell zog er den Speer wieder aus Shions Schulter. Ihr Blutt tropfte auf den Boden und vermischte sich dort mit dem Seinen.
    "Eure Angriffe sind nicht harmonisch. Sie behindern sich gegenseitig."
    Da war die Stimme wieder. Naitan wünschte wirklich, dass sie ihn endlich in Ruhe lassen würde.
    "Omega", stöhnte Shion und hielt sich ihre verletzte Schulter.
    Ihr Partner blickte sie fragend an.
    "Wir hätten diese Stunden wirklich nicht schwänzen sollen."
    Endlich begriff er was sie meinte.
    "Nun ja wir haben nie gut mit Partnern harmoniert, also war es eh nur vergeudete Zeit."
    Sie musste lachen. Immerhin hatte er Recht. Langsam hob sie ihr Schwert vom Boden auf. Der Samurai hatte keinerlei Anstalten gemacht die Beiden anzugreifen.
    Er wartete auf sie. Direkt vor der großen Holztür am hinteren Ende der Halle.
    "Omega", meinte Shion erneut und drehte sich um.
    Naitan nickte. Er hatte verstanden und positionierte sich leicht verstetzt hinter seiner Partnerin.
    "Genau wie damals auf Hanten Hill", merkte er lächelnd an.
    "Nur besser", erwiderte sie und die Beiden stürmten los.

    Das erste Mal seit Beginn des Kampfes veränderte sich der Ausdruck im Gesicht des Samurai. Ein leichtes Lächeln zierte es nun, als er den Griff seines Schwertes mit beiden Händen packte. Doch auch Shion und Naitan lächelten. Zwar gelang es dem Samurai dem horizontalen Hieb Shions mit einem Sprung auszuweichen, doch dafür erwischte Naitan ihn. Er hatte den Angriff seiner Partnerin perfekt abgepasst und dann zugestoßen. Gerade noch im letzten Momen gelang es dem Samurai sein Schwert hochzureißen und so den Angriff zu blocken. Dafür wurde er jedoch von der Wucht des Stoßes zurückgeschleudert und landete auf den Stufen, welche zum Holztor hinaufführten. Es blieb ihm jedoch keine Zeit zu verschnaufen, da die beiden Marines sofort wieder attackierten. Anders als zuvor, als jeder nur für sich angegriffen, und so den Anderen behindert hatte, waren ihre Attacken nun perfekt aufeinander abgestimmt. Er wirkte, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Ihre Angriffe strahlten absolute Harmonie aus. Etwas, was das Lächeln des alten Samurai nur noch breiter werden lies. Er hatte nun äußerste Mühe den Attacken auszuweichen und musste inzwischen oft mit seinem Schwert parieren. Schließlich war es soweit. Er blockte gerade Naitans Speerstoß, als Shion ebenfalls zuschlug. Zwar traf sie auch nur die Klinge des Samurais, doch zusammen mit dem Angriff ihres Partners reichte dies aus, um ihrem Gegner seine Waffe aus den Händen zu schlagen. Als Naitan dies sah, stürzte er nach vorne und rammte seinen Gegner mit der Schulter.
    Der Schmerz und die Erschöpfung waren während des Kampfes immer mehr in den Hintergrund gerückt. Sein Kopf fühlte sich frei an. Er fühlte keinerlei Last mehr. Er wollte nicht sterben. Darin lag keinerlei Harmonie. Noch nicht. Er blickte Shion an. Sie erwiderte den Blick und konnte sich dabei ein Grinsen nicht verkneifen. Die Wucht seiner Rammattacke hatte den Samurai durch das Holztor geschleudert und nun schritten die Beiden zusammen durch die Trümmer.

    Was sie dahinter erwatete, raubte ihnen den Atem. Beide mussten die Hände schützend über die Augen halten um nicht von den Strahlen der Morgensonne geblendet zu werden. Sie befanden sich auf einem Balkon und konnten nun das Innland von Wa No Kuni sehen. In diesem Moment verstanden sie den Namen der Insel. Umgeben von Stürmen, tosender See und toten Klippen strahlte der Kern des Landes Harmonie aus. Die sanften Strahlen der Morgensonne erhellten das Land. Neben ihnen entsprang ein klarer Gebirgsbach den Klippen und stürzte über einen Wasserfall ins Tiefland. Es wirkte wie ein sprühregen tausender kleiner Diamanten, in denen sich das Licht brach. Leichte Nebelschwaden schmiegten sich an die grünen Berghänge. Tiefe, nebelverhangene Täler, die sich langsam gen Flachland öffneten, durchzogen die Berge. In der Ferne sahen sie Wälder und Ackerland, sowie kleine Dörfer, die wie kleine Braune Punkte in der Landschaft verstreut waren. Ein Fluss durchzog das Land wie ein blaues Band und am Horizont glaubte Naitan einen großen See erspähen zu können. Frische Gebirgsluft füllte seine Lungen.
    Seine Beine versagten plötzlich ihren Dienst. Er fiel auf die Knie. Er sah Shions entsetzten Gesichtsausdruck und konnte ihre Hand auf seiner Schulter spüren, vermochte sie jedoch nicht zu hören.
    "Ich will nicht sterben."
    "Du wirst es auch nicht."
    Er riss die Augen auf. Die Sonne blendete ihn nicht länger. Anstattdessen sah er nun das ganze Land. Die Einwohner. Die Wälder. Die Flüße, Seen und Steppen. Alles was Wa No Kuni ausmachte. Alles was dieses Land zu einem Lichtstrahl der Harmonie im Chaos der neuen Welt machte. Und er begriff. Hier wollte er leben. Dies war der Ort, den er suchte. Das Leben für das er kämpfen wollte.
    "Du wirst leben", sagte die Stimme. Die Stimme des Landes. Wa No Kuni selbst sprach zu ihm. Er blinzelte und blickte auf das seltsame Blatt, welches ihm der Samurai darbot.
    "Es wird dein Schmerzen lindern und deinem Körper Kraft spenden."
    Der alte Krieger drehte sich nun um. Sein Blick schweifte über seine Heimatland. Shion und Naitan taten es ihm gleich. Ein sanfter Windstoß blies einige Kirschblüten von einem der Bäume, die den Balkon umgaben, hinab ins Tal. Der Blick des Samurai folgte ihnen auf ihrem Weg hinab in eines der Dörfer, welches sich an die kahle Felswand des Berges schmiegte. Seine Stimme klang ernst.
    "Weswegen kämpfen wir? Um Heimat und Familie zu schützen. Um Gleichgewicht und Harmonie zu verteidigen. Oder um die Leere in unseren Herzen zu füllen."
    Er drehte sich zu den beiden Marines um und breitete die Arme aus. Seine klaren Augen fixierten seine ehemaligen Gegner.
    "Für uns lautet die wahre Frage. Für was lohnt es sich zu kämpfen?"
    ~dilliansthoughthub.blogspot.co.at~

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  • Es sind wirklich ein wenig viele Wörter ^^

    Vorneweg erstmal: Hast du dir deinen Text mehrmals durchgelesen? Denn selbst einen Amateur wie mir sind mehrere kleine Fehler aufgefallen, bspw in Zeile 3 "Fast so als woller er selbst den" "Hey, es war ein versehen" "läsigen Bewegung"


    Mich persöhnlich stören sie ja nicht, es sind keine schlimmen Fehler, nur sind sie halt etwas prägnant. Was mir allerdings gefällt ist deine Fertigkeit, Landschaften oder auch Emotionen mit einem großen Wortschatz realistisch zu beschreiben. Die kalte, düstere Küste und das harmonische, ruhige Innenland Wa no Kunis, konnte ich mir aufgrund deiner sorgfältig ausgewählten Begriffe sehr gut vorstellen. Ich bin immer ein wenig neidisch auf Leute, die über solch ausgeprägten, literarischen Fähigkeiten verfügen.


    Die Story selber hat mir ganz gut gefallen, vielleicht hättest du deine beiden Protoganisten etwas ausführlicher beschreiben sollen. Außerdem, wäre es nett zu erfahren, wie die Samurai gewinnen konnten. Hatten sie eine besondere Taktik? Eine vorbereitete Falle? Was ist mit den Vizeadmirälen passiert?


    Und "Hanten Hill"? :D Hab ich dass nicht irgendwo schon mal gehört?
    Derp
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