Die Sehnsucht nach dem Himmelreich auf Erden (MatheRambo)

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  • Die Sehnsucht nach dem Himmelreich auf Erden (MatheRambo)

    Hoi!

    Ja, dann möchte ich euch allen mal mein Projekt vorstellen: "Die Sehnsucht nach dem Himmelreich auf Erden"

    Worum geht es in meiner FanFiction? Beziehungsweise, was versuche ich als Handlung aufzubauen, warum solltest DU sie lesen? Nun, auch wenn es natürlich eine Geschichte im Rahmen von One Piece ist, so will ich hier doch versuchen, Elemente aus unserer Gesellschaft, unseren System, unserer Welt einfließen zu lassen. Es soll die Suche nach dem perfekten System des Menschen sein, welches auch dem Menschen selbst dienlich sein soll. Hierbei ist es natürlich keine 1:1-Übertragung aus der Realität, doch ich versuche vieles, was in meinen Augen bei unseren System falsch läuft, aufzugreifen und nicht über mehrere Ecken zu abstrahieren. Aber es ist immer noch eine FIKTION!

    Für Kritik, natürlich auch inhaltlicher Natur, bin ich gerne offen und ich würde es begrüßen, wenn hier an dieser Stelle eventuell auch solche Sachen diskutiert werden würden, wenn wir soweit sind. Also scheut euch nicht, hier Kritik mir vor die Nase zu legen, welcher Natur sie auch sein mag.

    Dann noch viel Spaß! Ich hoffe es lesen auch ein paar leute meine FF.

    Euer MatheRambo

    Vorgeschichte


    „Herr Sardaryan, wir müssen das Angebot annehmen. Wir können nicht länger auf uns allein gestellt den Feind bekämpfen!“
    Ein kleiner, dünner Mann in einem schwarzen Anzug und einer hohen Stirn. Er stand vor einem Schreibtisch. Dahinter saß ein stattlicher Mann, um die 50, mit ordentlich nach hinten gekämmten Haaren. Auch er in einem schwarzen Anzug. Unter dem Ärmel konnte man eine goldene, reich verzierte Uhr glitzern sehen. Er hatte eine staatsmännische Wirkung, und auch seine Stimme war fest und bestimmt.
    „Hoch verehrter Herr Vogt, ihre Bemühungen um unser gebenedeitem Land werden nicht vergessen sein, aber mit Verlaub, ihr habt euch zwar mit Klugheit und Geschick einen beachtlichen Status als mein oberster Berater bei mir erworben, doch vertraut, dieses Land ist stark, leuchten wird es auch noch in Jahrtausenden für alle tapferen, aufrechten und nach Gerechtigkeit strebenden Menschen. Hier, wo unser allmächtiger Herr die Erde reich gesegnet hat, werden deine Nachfahren auch noch den fruchtbaren Boden bewirtschaften, in den Häfen gescheite Handel abschließen, in den Abenden wohlverdiente Ruhe genießen sowie in einer Gemeinschaft der Ehrlichkeit und der Freundschaft leben dürfen. Diese Zukunft, ist nicht von dieser abhängig, wiewohl es dir so scheinen mag. Egal wie schwer die Krise auch werde, unser Land wird zusammenhalten. So lass mich mein Siegel geben, sodass wir dem Angebot eine Absage erteilen.“
    „Hat sich eure Hoheit dies auch gut überlegt? Im Rat herrscht Zwiespalt, eine Entscheidung liegt in weiter Ferne. Eine übereilte Entscheidung könnte fatale Folgen haben!“
    „War es nicht in eurem Sinne, auf eine unverzügliche Entscheidung zu pochen? Mir scheint es, als ob nur der Ausgang euch Unbehagen bereitet. Sprich offen, ich werde dich nicht maßregeln!“
    „Eure Hoheit, eure Scharfsinnigkeit merkt aber wirklich alles. Mit euren Entscheidungen, konnten wir bisher einem schlimmen Schicksal entgehen, doch ihr, der ihr so weise, so stark und so entschlossen seid, begeht einen Fehler in diesem Augenblick. Waren es nicht eure Worte, die in der Neujahrsansprache von der schwersten Erschütterung des Landes gesprochen hatten, dass tausende Soldaten tapfer in der Schlacht gefallen waren, schwere Krankheiten die Bürger der benachbarten Städte dahinraffen und dass sogar ihr besorgt seid! Es waren doch eure wahren Gefühle, die ihr eurem Volk verkündeten, warum entscheidet ihr euch dem zuwider?“
    „Du Narr, Meine Sorge ist echt, aber du unterschätzt das Volk. Ihnen Einlass in unser Land zu gewähren, wäre eine Verleumdung und eine Schande für uns. Ich als Präsident, muss in solch schweren Zeiten für mein Volk entscheiden, und dass braucht keine Hilfe von außen. So, verlieren wir vielleicht ein paar Jahrzehnte, ein paar Annehmlichkeiten, doch euer Plan würde alles, was unsere Ahnen aufbauten, binnen einer einzigen Sekunde zerstören.“
    „Lasset ab von eurem falschen Stolz. Schaut in die Tatsachen! Falscher Stolz gehört abgelegt!“
    „Ich denke wir drehen uns im Kreise. Nun lasset uns zu Abend speisen, meine Familie und meine Freunde erwarten mich schon, mit leerem Magen unterzeichnet es sich unglücklich! Komm, mein aufrichtiger Freund. Falschen Groll muss man auch ablegen.“

    So gingen sie, Seite an Seite den reichlich verzierten Gang entlang. Hier, von den Kammern des Herrschers aus, welche an Prunk und Pläsier nicht geizen lassen, ließ sich nichts erkennen, was auf das Unglück, welches im Land geschah, schließen lassen konnte. Wenn man aus den Fensterbögen blickte, so sah man lediglich jene frühlingshaft duftende Wiesen, jene mit Vogelgezwitscher erfüllte Wälder, jene friedfertige Stadt Ythran mit dem Rahun, jenen Strom, welcher zwar massenhaft Wasser führte, aber schon seit ewigen Zeiten ohne jegliche Tücke die Stadt teilte, und man sah jenen Tempel, erhaben auf dem Garbatoi thronend, Auge in Auge mit jenem Palast, der auf dem Sheyba die Stadt unter sich hatte. Die Sonne strahlte von oben auf die Stadt herab, die paar Wolkenspielchen, die die Stadt bedeckten, bildeten sagenhafte Gebilde, die einen zum Träumen einluden und aus dem Alltag reißen konnten. Doch die Reisenden, die mittlerweile zu hunderten tagtäglich Einlass in die Stadt erbaten, brachten Kunde von außerhalb. Kunde, die den Bewohnern Ythran so fern schienen, dass sie munter weiter in den Tavernen der Stadt weiter tranken und aßen, wie gewöhnlich in ihren Stammtischrunden die Politik verhöhnend, auch wenn sie nicht wussten was gerade alles so von jenen Wesen, welche vor langer Zeit mal von ihnen gewählt wurden und welche vor noch längerer Zeit dazu bestimmt worden waren, für die Bedürfnisse des gemeinen Volkes einzutreten, in dieser Zeit alles beschlossen wurde.

    Diesen Individuen war es egal. Sie lebten, oder waren sie doch schon tot? Es scherte keinen, dass der Kriegszustand ausgerufen war. Die Politiker, auch wenn sie alles falsch machen, sollen sich doch darum kümmern, so dachten sie. Dieser Anblick bot sich denen, die geflohen waren. Allerdings, wenn sie ihre Stimme erhoben, und lauthals Verbesserungsvorschläge auf den Straßen in die kleinsten Gassen trugen, so wurden sie verhöhnt. Neidisch seien sie, dass ihre Lokalregierung solche Versager seien, und dass sie nur von ihnen profitieren wollten, weil sie vernünftig gehandelt hatten, fleißig gewesen sind, gute und geregelte Tugenden hatten und deshalb auch heute noch in Wohlstand lebten. Und wenn dann die Vertriebenen doch noch frech werden wollten und weiterhin behaupteten, es sei alles nur ihre Schuld gewesen, weil sie die umliegenden Regionen ausbeuteten und das auch sie bald schon die Probleme am eigenem Leib erfahren würden, dann war es mit der Belustigung endgültig vorbei. Dann wurden sie mit lauten Rufen und Parolen aus den Straßen getrieben, Lügner wurden sie genannt, und man versprach ihnen, dass sich der Herr Vogt um sie kümmern würde, dass er weiß, wie mit solchen Idioten zu verfahren sei.

    Währenddessen speisten im Speisesaal des Palastes bei einer reich gedeckten Tafel der Herr Sardaryan und der Herr Vogt mit ihren Gästen, den Hohepriester Hovhannisyan am Kopfende des Tisches, ein Mann der gerade die 50 überschritten hatte, ein kahler glänzender Kopf, auch im intellektuellen Sinne, welcher mit tiefen und vor Erfahrung glänzenden Augen munter die Anwesenden musterte, gewandet in einem weißen Gewand, verziert mit bronzenen, silbernen und goldenen Streifen. Außerdem saßen einige erhabene Kaufleute und wichtige Politiker in der illustren Runde, steife Körperformen in Anzüge mit Krawatten und ordentliche Frisuren, welche in Kombination mit einer komplexen, für den einfachen Bürger völlig unverständliche Sprache, sofern er sich nicht unnötig lange mit der von ihnen behandelten Materie befasste, jedweden Anflug von Zweifel an ihre Kompetenz im Keim erstickten. Und als letztes war natürlich die Familie des Hayrig Sardaryan anwesend, samt seiner erhaben anmutende Frau Olympias, still den Tischgespräche lauschend, während ihr mütterliches Gesicht nie eine Miene verzog und nur auf ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter bedacht war, seinen Söhnen, sein erstgeborener Antranig, 20 Jahre alt, ein kräftig gebauter Hüne mit wild abstehendem schwarzen Haar, einem wohl gehütetem Kinn und Backenbart samt einer absolut den Gegebenheiten unpässlichen Garderobe, welche zwar dem Trend der Jugend entsprachen, aber nicht dem, was ein junger aufstrebender Mann in der Oberschicht abverlangt wurde, und seinen Jüngsten, Tsakig, ein Knabe von 12 Jahren mit blondem Schopf und scheuen braunen Augen, ersterer munter und interessiert am Gespräch, welches er durch gezielte Fragen und Einwände verdeutlichte, zweiter eher zurückhaltend, nicht nur was die Gespräche der Erwachsenen angeht, auch bei den Spielen mit den anderen anwesenden Kindern. Letztlich war auch seine liebreizende Tochter Azadouhi, 16 Jahre jung, welche mit ihrer Lebensenergie, ihrer braunen Haarpracht, ihren feurigen braunen Augen so manchem jüngeren Grünschnabel am Tisch das Tischgespräch weniger interessant erscheinen ließ.

    Beim Mahl ging es sehr gesellig zu. Von den ernsten Entscheidungen und den weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen, war nichts zu spüren. Der einzige, der nicht aufhören wollte, immer wieder auf die Bedeutung jener zu verweisen, die das Land in den Ruin führen werden, war Thomas Vogt. Immer wieder ließ er subtil Bemerkungen fallen, die ohne Zweifel seine Missbilligung zu den Plänen des Präsidenten zu erkennen gaben.

    Es dauerte zwar eine gewisse Zeit, doch als das Dessert aufgetischt wurde meldete sich Shahan Petrosyan, ein geschätzter und gut betuchter Banker, welcher schon oft als Wortführer für Anliegen beim Präsidenten für seine Zunft fungiert hatte, zu Wort:
    „Oh erhabener Präsident, was stört euch eigentlich an der Weltregierung? Ich meine: Lasst sie uns doch helfen. Haben wir doch keinen Nachteil von! Ganz im Gegenteil. Denkt doch mal klar drüber nach: Wenn sie in unser geheiligtes Land kommen, können wir sogar noch profitable Geschäfte machen. So könnten wir den Wohlstand unseres Landes mehren und einer goldenen Zukunft entgegensehen. Warum unnötiges Risiko eingehen, dass unsere Städte zerbombt werden und wir mühsame Jahre dem Wiederaufbau widmen müssen, obwohl wir alle Trümpfe in der Hand halten?“
    Auf diesen Stein des Anstoßes hin beugten sich auch die anderen vor und redeten vehement auf ihren Präsidenten ein. Forderungen wurden laut.

    Doch dann erhob der heilige Priester Hovhannisyan seine Stimme und dem bunten Treiben den Riegel vorschob:
    „Schweigt! Schämt ihr euch nicht? Solch eigensinnige Forderungen, die nur in eurem Sinne sind und nichts mit dem Volkswohlstand zu tun haben! Habt ihr nicht genügend Einkünfte, um damit sogar noch eure Vettern und Freunde durchzufüttern? Und das Volk? Ihr tut zwar immer so, als ob es ausreichend besoldet ist, doch wie viele leben dank euren Entscheidungen in Armut? Eine Schande ist das! Noch vor nicht allzu vielen Jahren gab es solche Schmarotzer wie euch nicht, die den Staat bis aufs Blut leer saugen, auf die Gründe muss ich hier nicht näher eingehen, die sind allen bekannt, vor allem meinem geschätztem Tischnachbar zu meiner rechten, Herr Vogt. Damals haben die Parlamentäre und der Präsident noch Rückhalt gezeigt und sind nicht vor Forderungen von Gesindel wie euch auf die Knie gegangen! Wenn ich…“
    „Genug!“ Herr Sardaryan stieg die Zornesröte ins Gesicht. Offensichtlich passte ihm der plötzliche Vorstoß des Gottesfürchtigen überhaupt nicht und wollte ihn zusammenstauchen. „Ihr Engagement in Ehren, hoch geschätzter Priester. Doch vergesst nicht die Wohltaten, die die hier Versammelten und von ihnen gescholtenen Persönlichkeiten getätigt haben! Denkt nur an euch: Noch eben hat der Herr Adamyan ihrer Stiftung zur Hilfe für die Armen in unserem Armutsviertel Gebo 27.000 Ickel gespendet!“
    „Mein Präsident, dies ist in der Tat eine beträchtliche Summe, für manche Leute wohlgemerkt, aber nicht für einen einzigen von den hier versammelten. Und beachten sie seine Taten. Nein, nicht nur seine Taten, schauen sie in die Runde. Was setzt ihr nicht alles von der Steuer ab, nur um mehr und mehr Profit zu machen. Was macht ihr für Absprachen hinter vorgehaltener Hand, nur um den einen oder anderen Ickel zu behalten. Wie viele Leute besoldet ihr mit einem Hungerlohn oder entlast ihr? Wie hart müssen die hinterbliebenen arbeiten? Und das nur um euren Profit zu mehren, auch wenn ihr es nur als eine Zahl seht, die auf euren Konten stehen, damit ihr damit rumprahlen könnt? Aber sie können dagegen sowieso nichts mehr unternehmen! Sie sind doch schon längst drin im System, seid sie von diesem Pfennigfuchser beraten werden! Traurig, sie waren so ein guter Präsident! Beten wir dafür, dass deine Brut von diesem Makel verschont bleibt! Herr, erbarme dich ihrer!“
    „Ich denke es reicht langsam aber auch mal, ich würde vorschlagen, dass sie sich wieder auf ihre Pflichten besinnen und in ihren Tempel zurückkehren und über ihre Taten hier nachdenken! Überlassen sie die Politik denen, die Ahnung haben und nicht denen, die sich um das Seelenheil der Leute kümmern sollen!“ Herr Vogt, welcher mit selbstzufriedenem Grinsen noch den Forderungen der Kapitalisten gelauscht hatte, hatte sich erhoben und stierte Hovhannisyan zu seiner Linken wütend an.
    „Dies gedachte ich auch zu tun. Glauben sie nicht, dass es euer Wille ist, mich vom Tische hier zu verbannen. Ich gehe aus freien Stücken. Wie gerne, würde ich meinen Platz räumen, nur damit einer, der euch Habgierigen zu Opfer gefallen ist, hier sitzen dürfte und einmal die Woche sich satt essen dürfte. Ich wünsche euch dennoch einen schönen Tag und ich wünsche mir, demnächst einen von euch bei mir im Beichtstuhl empfangen zu dürfen. Doch vergebt mir, falls nicht ein armer Bettler diese dringender braucht und ihr deshalb euch mit einem anderen Priester begnügen müsst oder aber wertvolle Zeit beim warten einbüßt. Bei mir sind Menschen das was sie sind, und nicht Banker, Bettler oder Handwerker.“ Und mit diesen Worten erhob auch er sich, verbeugte sich, blickte Azadouhi ein letztes Mal tief in die Augen und verließ das Anwesen. Verachtungsvolle Blicke trafen ihn, doch auch bewundernde und nachdenkliche. Sein Einschreiten, war am Ende doch nichts vergeben.


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    „Sie haben das richtige getan, glauben sie mir.“ Herr Vogt trat neben seinen Präsidenten. Der Wind peitschte Regen in ihr Gesicht und durchdrang ihre Kleidung. Blitze erhellten das Tal, wo die Truppen der Weltregierung wie angefordert eintrafen. Drei Tage hatte es nur gedauert. Schnellere Hilfe hätte man wahrhaftig nicht bekommen können. Doch die Zweifel blieben bei Sardaryan, wenngleich sie bereits auf ein Minimum bereits reduziert wurden. So standen die beiden noch eine ganze Weile vor der pompösen Tür und betrachteten das Treiben in der Stadt, während die Einwohner mit gemischten Gefühlen aus ihren Fenstern blickten. Manche jubelten, doch es gab auch skeptische, ja auch ungläubige und wütende Gesichter. Hovhannisyan eilte sogar hinauf zum Tempel und schloss sich in seiner Kammer ein und betete. Unterdessen stieg der Kommandant der Truppe, Legrant der Große, den Sheyba hinauf. Menschen jubelten ihm zu, doch auch schmähende Rufe trafen ihn. Auf den Stufen des Palastes trafen sich die Parteien schließlich. Ohne groß Worte zu verlieren, was über das Mindestmaß hinaus ging für die Presse, zogen sich der Präsident samt Berater mit Legrant ins Innere zurück, um die weitere Strategie in der Krise zu besprechen. Am Ende hatte sich Hayrig Sardaryan doch erneut von seinem Berater und dem Druck der sogenannten Elite des Staates breitschlagen lassen. Am selben Abend sollte noch ein heftiger Streit im Hause Sardaryan entflammen, bei dem Antranig seinem Vater ein blaues Auge zufügen sollte und jener Tsakig mit einem Diener zu seinem Bruder auf das Land zur Erholung und zur Sicherheit schickte und Hayrigs Tochter Azadouhi sollte an Hovhannisyans Kammer klopfen und in Antranig würde ein Entschluss reifen.



    Arc 1: Gefangen

    Kapiel 1: Die Abkehr

    Erhaben schritt er unter seinem Baldachin langsam die Kajastan-Straße hinauf zum Tempel hinauf. Die alljährliche Prozession zu Ehren des Allmächtigen war wie immer gut besucht. Während er in die Gesichter der Beobachter schaute trafen seine Blicke immer wieder Gruppierungen von Soldaten, die für seine Sicherheit abgestellt worden waren da laut Legrant ein erhöhtes Gefahrenpotential für die Prozession bestehe. Unwohlsein erfüllte ihn. Ihm gefiel das alles ganz und gar nicht. Zwar hatten die Hilfen von der Weltregierung bisher verhindert, dass sich die Unruhen in der Stadt ausweiteten, doch Hovhannisyan wertete dies nicht als Erfolg. Für ihn war das nur ein Beleg dafür, dass das Volk noch immer nicht den Ernst der Lage erkannt hatte. Doch er hielt sich noch bedeckt, er musste seine religiösen Pflichten erfüllen. Wer sollte den Gläubigen Halt verleihen, wenn er von seinen religiösen Verpflichtungen vorerst Abstand nahm.

    Von außen blickte eine Gruppe Geschäftsleute grimmig zu. Mitten unter ihnen Herr Sardaryan.
    „Glauben sie wirklich, dass dieser Priester uns keine Schwierigkeiten bereiten wird?“ fragte einer der Umstehenden skeptisch.
    „Nun, wir werden sehen, mein Lieber. Wenn es so wäre, könnte er sowieso nichts ausrichten. Wir können jederzeit, an allen Orten, jeden festsetzen. Und ihr könnt mir sagen was ihr wollt, Legrant hat schon wieder schneller wie ihr alle geschaltet. Und ihr durchschaut seine Denkweise immer noch nicht.“ grinsend starrte Karnig Aronjan in die Runde. Seine ganze Erscheinung schien abnormal zu sein. Sein Körper war ungewöhnlich dünn und knochig, doch hoch, das ganze überspannt mit einer absolut weißen, ja fast schon grauen Haut. Seine Augen, blutrot, sein Haar, tiefschwarz, kraus, gepflegt, und sein Gesicht war ungewöhnlich spitz und verzerrt durch sein Grinsen. Die Umstehenden fühlten stets in seiner Nähe eine unangenehme Präsenz, ein Zusammenziehen des gesamten Körpers, der absoluten Handlungsunfähigkeit und das Verschleiern der Gedanken, welche durch krankhafte Visionen ersetzt wurden. Unter all diesem Einfluss sah er noch furchtsamer aus wie ohnehin schon.

    So erging es auch den meisten Umstehenden. Nur wenige ließen sich von Aronjan wenig beeindrucken. Folglich erhob sich auch kein Einspruch gegen seine frechen und aufmüpfigen Worte, die ihre Kompetenz in Frage stellte. Wie gelähmt suchten alle nur den Boden, von welchem sie alle sich Sicherheit versprachen, sodass sie nicht in Karnigs Augen blicken mussten. Doch auch der Boden drehte sich. Hilflos, machtlos waren sie gegenüber ihn.

    Nur einen Steinwurf von dieser Unterhaltung entfernt beobachtete der Rest der Familie Sardaryan das Spektakel. In letzter Zeit gab es oft Streit zu Hause und das Verhältnis untereinander war angespannt. Dies äußerte sich auch durch die ungewöhnliche Stille, denn es war die Regel, dass Antranig keine Gelegenheit ausließ, die Kirche und ihre Sinnlosigkeit anzuprangern und sich über die Frömmigkeit seiner Mutter und Schwester lustig zu machen. Nun erduldete er schweigsam die Prozedur und fügte sich, weil jede Störung zu einem weiteren Streit führen könnte, der sie weiter auseinander treiben könnte.

    Doch gleichzeitig verheimlichte Antranig etwas vor seinen Verwandten. Schon seit dem Abend des großen Streites hatte er sich dazu entschlossen, die Missstände in diesem Land nicht weiter nur wahrzunehmen und höchstens passiven Widerstand zu leisten, sondern in die Offensive zu gehen. Erst heute Nacht werde er sich mit Krikor Gevor, einem im ganzen Land und noch weit über die Küsten der Insel hinaus bekannten Politiker, den die Mehrzahl als Unruhestifter ansahen, als Überbleibsel, eines alten, gescheiterten Regimes, welches das Volk mit Füßen getreten hatten, und als einen gefährlichen Mann, der eingesperrt gehörte. Doch es gab auch einen Teil der Bevölkerung, die diesen Mann schätzten aufgrund seiner Gabe, verständliche Reden zu halten und seine Meinung standhaft zu vertreten und zu verteidigen. Doch das war die Ausnahme. Auch Antranigs Eltern hielten Gevor für ein Subjekt, welches man lieber heute als morgen verbieten sollte, da er mit seinen gefährlichen Ideen oftmals engagierte Bürger mit Laternen in die Tiefen des Moores weg vom tugendhaftem Steg führen würde. Doch sollte er sich um die Meinung seiner Eltern scheren? Er hatte sich entschieden, wie sein Vater wollte er Präsident werden. Er wollte nichts dem Zufall hinterlassen, doch wollte er ihn nicht beerben, sondern er wollte demokratisch gewählt wurden, als ein Präsident, der für das Volk entscheidet. Und notfalls dafür die Konsequenzen tragen muss.

    Als sich gegen Abend dann langsam der anschließende Gottesdienst in der großen Halle des Tempels zu Ende ging, verabschiedete sich Antranig von seiner Familie. Er hätte noch Zeit gehabt, mit ihnen zu speisen, zumal an einem Feiertag wie dem heutigen ein Festmahl bereitet worden war, doch er musste allein sein. Was er nun zu tun gedachte, es war entgegen seines Standes, seiner Familie, seines Vaters. Er machte sich mit dem Pöbel gemein wenn er tatsächlich Gevor treffen wollte. Wenn sein Vater je davon erfahren würde, und das wird er schon bald, wenn Antranig sich in den Dienst der Volkspartei stellen sollte, dann würde er auf ewig aus der Familienchronik getilgt werden. Der Wind strich zart durch sein wild abstehendes Haar, während er vor dem Abgrund stand und hineinsah. Sein ganzes Leben strich an ihm vorbei. Er war dafür auserwählt wurde, hinaufzusteigen in die Höhen der Macht, doch in Wahrheit war es der Abstieg. Er wollte sich nicht fallen lassen, er wollte nicht wie sein Vater werden. Er wollte Gerechtigkeit, aber was war das schon? Ist es gerecht, wenn der Stärkere einen Schwächeren schlägt? Oder ist es gerecht, wenn der Schwächere sich vom Stärkeren helfen lässt? „Alles nur moralischer Dünnpfiff“, dachte sich Antranig, und dennoch wollte er für letztere Gerechtigkeit kämpfen. „Warum?“, dachte er sich. „Ich komme doch zu einem anderen Schluss, was Gerechtigkeit ist. Warum will ich dann meine Kräfte in Dienst dieser stellen?“. Er rührte sich nicht, als ein Kind im Tal schrie. Er lächelte still vor sich hin. „Philosophen, gibt es etwas Dümmeres? Niemals wird man zu einer Antwort kommen.“. Und dann lachte er laut auf: „Am Ende gibt es nur das Schicksal, anders kann ich mir das gar nicht erklären!“. Und Antranig drehte sich um, beseelt, in den Kampf gegen seinen Vater zu ziehen, egal aus welcher Motivation. Es war seine Bestimmung.

    Als Antranig außer Sicht war schritt eine dünne, große Silhouette auf den Felsvorsprung. Ein Grinsen zeichnete sich auf dem bösartig spitzen Gesicht ab. „Interessant, dich behalte ich mal besser mal im Auge, Antranig, Sohn des Präsidenten.“ Und die Silhouette verstand schnell in der Dunkelheit. Ein letzter Windstoß verwehte sämtliche Erinnerungen an den Vorkommnissen zu dieser späten Stund.

    In der Zwischenzeit war Antranig an seinem Ziel angekommen. Er schritt bestimmt und mit raschem Schritte den Gang des Hotels entlang, eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Unerkannt huschte er an den verliebten Turteltäubchen, den betrunkenen Frustrierten, den laut debattierenden Stammtischen und dem Personal des Hotels vorbei. Am Zimmer Nummer 45 klopfte er an. Keine Sekunde später öffnete sich diese schon. Ein Schritt später war Antranigs Weg vorgezeichnet. Nun war er mit dem Siegel das Volkes, ja, sogar schlimmer noch, mit dem Siegel des Widerstandes gegen das System gebrandmarkt.

    „Setz dich, Herr Sardaryan.“ Herr Gevor wies Antranig auf einen gemütlichen Sessel vor dem Kamin während er selber noch ins Hinterzimmer verschwand. Antranig sah sich um. Natürlich gab es nichts zu sehen, was ihm Aufschluss über Gevors Persönlichkeit gab. Gevor lebte soweit er wusste nicht in Ythran, sondern ein paar Kilometer weiter nördlich in einem Dorf, auf einem Landsitz, nahe des Forstes. Folglich konnte Antranig auch nur einen Koffer von Gevor sehen, sonst keine anderen persönlichen Habe. Antranig fragte sich, was er Gevor fragen könne. Wusste er überhaupt genug um sich mit ihm zu unterhalten, oder würde Gevor schon bald feststellen, dass er einfach nicht genügend Hintergrundwissen besaß, um ihn vom Vorteil zu sein? Würde er ihn dann wegschicken? Im Kopf versuchte Antranig sich alle möglichen Fragen durch den Kopf gehen zu lassen, mit welchen er konfrontiert werden könnte. Als Gevor dann endlich gegenüber von ihm Platz einnahm, stellte er zwei Tassen, eine Teekanne, Kandis, Kekse und noch ein paar seltsam aussehende braune Klümpchen auf den Tisch, was wohl Bonbons sein sollten.
    „Bitte, bedien dich!“ forderte er Antranig auf, welcher zu seiner eigenen Überraschung gleich zu den anwidernd aussehenden Klümpchen griff. Sogleich steckte er es sich auch in den Mund, um nicht aufzufallen. Ein beißender Geschmack erfüllte seinen Mund. Er versuchte schmerzlich, sich nichts anmerken zu lassen, doch Gevors Lächeln zeigte ihm, dass er kläglich versagt hatte. „Nun, mein Freund, nicht viele greifen zu meiner Spezialmischung. So wie es aussieht, würdest du auch lieber einen Schluck Tee nehmen, um diesen widerlichen Geschmack los zu werden. Tu dir keinen Zwang an, du bist bei weitem nicht der erste, der meine Kräuterbonbons verachtet, aber du bist der erste“ bei diesen Worten lachte Gevor laut auf „der direkt als erstes sich bei ihnen bedient! Aber das geht in Ordnung, vielleicht ist es sogar von Vorteil. Denn denk dran, was du heute Abend an Erkenntnissen gewinnst, wird genauso bitter sein. Entweder du würgst sie am Ende aus, oder aber du lutschst sie aus und verinnerlichst es.“ Antranig, der schon im Begriff war, das Bonbon auf ein Tuch auszuspeien, verschloss schlagartig seinen Mund, um den bitteren Geschmack zu erdulden. Gevor fing wieder an zu lachen. „Also Willenskraft hast du. Nun gut, ich hoffe du kriegst keine Magenverstimmung!“

    „Herr Gevor, kann ich sie was fragen?“ doch ohne abzuwarten plapperte Antranig schon weiter. „Es ist nur offensichtlich, dass mein Vater auf Anweisung der Reichen und Mächtigen handelt, aber wenn es so ist, dann schwebt ihr doch immer in Gefahr, dass ihr die Mächtigen erzürnt und dann, ich möchte jetzt nicht den Teufel an die Wand malen, aber wäre es nicht möglich, dass sie dann weggesperrt werden würden?“.
    „So, erstmal, du hast vergessen, dass es die Reichen, Mächtigen und manchmal auch die Schönen sind.“ Gevor lachte laut über seinen Scherz. Doch schlagartig wurde er wieder ernst. „Aber nun zu deinem eigentlichen Anliegen. In der Tat, damit muss man damit rechnen, aber du musst auch aus ihrer Perspektive schauen. Wenn sie uns verbieten würden, könnte es dazu kommen, dass sie anderen Leuten die Augen öffnen und sich so neue Gegner schaffen. Außerdem besteht von uns keine wirkliche Gefahr, wir werden doch eh nicht wahrgenommen.“ Zwar schwang ein leicht enttäuschter Tonfall mit in seinen Worten, doch immerhin konnte er Antranig vorerst die Angst nehmen.

    Bis spät in die Nacht konferierten die beiden über die Zukunft des Staates, den Lösungsansätzen, wie man einen Krieg möglichst elegant umgehen könnte, den umliegenden Ländern helfen und vor allem diese nicht mehr auszubeuten und finanziell zu ruinieren, damit die Mächtigen in diesem Staat nicht noch mehr an Macht gewinnen und sie beratschlagten wie man der Weltregierung Einhalt gebieten können, ihren Einfluss in Kar’Ahan, der Insel, auf welchem Ythran, die Hauptstadt Lössvers, nicht mehr zu mehren und wenn möglich politisch völlig unabhängig zu sein.

    Es war weit nach Mitternacht, als Antranig sich von Krikor verabschiedete. Eilig kehrte er zum Palast zurück. Angekommen, wollte er sich in sein Zimmer schleichen, um kritischen Fragen seitens der Eltern zu entgehen, welche im Salon noch miteinander redeten. Als er die Wendeltreppe hinaufstieg, vernahm er Gesprächsfetzen, aus welchen er schloss, dass sie über Tsakig diskutierten. „Wir können ihn doch nicht fern von seinen Freunden aufwachsen lassen, Hayrig. Hol ihn zurück!“ bettelte Olympias. Antranig, welcher noch nie mit seinem nervigen kleinen Bruder, welcher schon immer Olympias Liebling war, ausgekommen war, hoffte innerlich auf eine Negation Hayrigs. Er verharrte schweigend und lauschend auf der Treppe, als die Stimme des Dieners ihn aus seiner Spionageaktion riss. „Ach, verehrter Herr, da seid ihr ja endlich. Azadouhi hat vor längerer Zeit nach ihnen verlangt, soll ich nachsehen, ob sie zu solch später Stunde noch bereit ist, sie zu empfangen?“ Abaven Movsisyan stand oben in der ersten Etage und blickte hinab auf den ältesten Sohn der Familie. Dieser schluckte seine Wut gerade noch rechtzeitig runter, sodass er einen Wutschrei vermeiden konnte und so seine Eltern nichts von dem Treiben mitbekam. Wahrscheinlich wussten sie aber eh schon von seinem nächtlichen Ausflug dachte sich Antranig. Doch dennoch schluckte er seinen Ärger hinunter, da er Movsisyan und vor allem seine Schwester nicht verletzen wollte. Ergo ließ er sich zu dem Gemach seiner Schwester führen, welche tatsächlich gewacht hatte und ihn empfing. Rasch schritt Antranig an Movsisyan vorbei.

    Azadouhi stand auf dem Balkon. Der Wind blähte ihr Haar auf, sodass es wie eine wilde Mähne schien. Als sie sich dann umdrehte, erkannte Antranig, dass sie Tränen in den Augen hatte. Antranig wandte beschämt seinen Blick ab und stierte gen Boden.
    „Warum hast du dich mit Gevor getroffen, Antranig?“ klagte Azadouhi. Antranig blieb wie angewurzelt stehen. Geschockt, er war nicht in der Lage aufzusehen, weshalb es auch nicht bemerken konnte, dass Azadouhi vorgetreten war und nun ihm direkt gegenüber stand. „Keine Sorge, Abaven hat nur mir davon berichtet. Aber warum riskierst du unsere Familie so leichtfertig? Wir sind sowieso verstritten genug. Warum musst du dann, ausgerechnet jetzt, einen solchen Schritt wagen. Dies ist ein Affront. Du wirst dafür büßen müssen, sobald Vater die Wahrheit zu Tage fördert, und er wird dies schaffen.“ Antranig wurde von Blicken durchbohrt. Azadouhi war der Kläger, er der Angeklagte ohne Anwalt. Er hatte keine Gelegenheit sich zu erwehren. Er hätte vorsichtiger sein sollen, dachte sich dieser.

    Doch dann erhob er sich. Zwar mochte er seine Schwester, doch er ließ sich nicht von ihr zurechtweisen. „Aza, hör mir zu, wenn wir nichts machen, so wird dieses Land vor die Hunde gehen. Wir müssen uns endlich empören und uns wehren um gegen dieses Terror-Regime vorzugehen. Verstehst du das nicht. Du legst nur brav deine Hände in den Schoß und lässt dich nach belieben vorführen.“ Zornig blickte Antranig auf seine kleine Schwester herab, welche seinem Blick widerstand. „Darum geht es gar nicht, du zerstörst unsere Familie. Ist ja schön und gut, dass du dich für die Welt da draußen interessiert, doch willst du dafür alles hier aufs Spiel setzen?“ erwiderte Azadouhi beherzt. Doch Antranig lachte nur. „Was denn aufs Spiel setzen? Hayrig verkauft seine Seele an diese raffgierigen Geschäftemacher, Mutter hat nur Augen für Tsakig und Hayrig, und du, du bist auch nicht besser wie sie. Denkst du ich merke nicht, wie du Hovhannisyan ansiehst, dass du oft bei ihm Zuflucht vor der Welt suchst. Denkst du ernsthaft, dass das unsere Eltern begrüßen? Du scherst dich doch genauso wenig um unsere Familie wie ich.“ Wütend drehte sich Antranig um und marschierte aus dem Zimmer.

    Zurück ließ er eine zusammengebrochene erbärmlich weinende Gestalt, welche all ihre Anmut, Schönheit und Würde verloren hatte, welche sie eben noch ausgestrahlt hatte. Gebrochen verkroch sie sich auf ihr Bett und schluchzte. Sie sorgte sich wirklich um ihre Familie, sie wollte Harmonie, sie wollte einfach nur in Frieden mit ihren Bekannten, Freunden und ihrer Familie leben. Und sie wollte ihre Religion ausleben. Sie verehrte den Hohepriester Hovhannisyan um seine Weisheit und seine Güte. Sie war fast täglich im Tempel, wo sie meditierte, sich mit anderen Gläubigen unterhielt und anderen Gläubigen Kraft schenkte. Sie fühlte sich immer so erfüllt, wenn sie in der Nähe von Hovhannisyan war. Es fühlte sich an, als ob ihre tiefsten Bedürfnisse erfüllt wurden und als ob ihr alle Last genommen wurden, sodass sie Kraft in sich hervorquellen spüren kann. Doch die war nun verbraucht. Der triste Alltag hatte ganz Besitz von ihr Ergriffen.

    Er lag wütend auf seiner Matratze. Zornfunkelnd stierte er die Decke an. Wut schäumte aus ihm heraus. Wie blöd sie doch alle waren, dachte er sich. Er wollte nur noch weg, weg, weit weg. Nicht räumlich. Er wollte nur runter von diesem Berg, zu dem normalen Volk sich herablassen. Denn dort konnte er Mensch sein, dort regierte der Verstand. Doch gleichzeitig wurde ihm schlagartig bewusst, dass es auch dort nicht besser sein würde, familiär waren alle Probleme identisch. Nur die Verantwortung war hier größer.

    Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Trauer überkam Antranig. Er war zu harsch zu seiner Schwester gewesen. Er wollte nun keinen weiteren mehr heute verletzen, doch gleichzeitig wollte er keinen anderen heute sehen. Er überlegte sich schnell eine pfiffige Ausrede, um seinen nächtlichen Besuch abzuwimmeln, um selber Azadouhi einen Besuch abzustatten. Doch dies war überflüssig. Als Antranig die Türe öffnete, blickte er in ein aufgelöstes Gesicht. Mit seinen Armen umschlang er den elendigen Körper und drückte diesen an seine Brust. „Sag nichts!“ bat er seine Schwester. Eine halbe Ewigkeit, verharrten sie so in stiller Harmonie, welche ihre Seele innerlich von Grund auf reinigte und sich gegenseitig Kraft schenkten.


    Kapitel 2: Der Rat

    Hayrig Sardaryan verharrte regungslos auf dem Balkon. Die allwöchentlichen Sitzungen hingen ihn zum Halse raus. Doch sie waren notwendig. Außerdem wurde er von Legrant unter Druck gesetzt. So langsam lief alles aus dem Ruder, so meinte er. Doch es war zu spät, die Weltregierung hatte den Einzug in Kar’Ahan und auch in Lössver geschafft. Hayrig sah seinen Einfluss langsam schwinden. Es musste etwas geschehen. Er fasste den Entschluss, ein Machtwort zu sprechen. Er wollte auf gar keinen Fall eine Marionette werden. Er wollte mitreden können. „Sie werden schon sehen, dass sie mich nicht einfach abnabeln können“ dachte sich Harig. Mit selbstbewussten Schritt er zum dem Gang entlang zum Rat, wo er schon sehnsüchtig erwartet wurde.

    Der Rat bestand neben Hayrig und seinem obersten Berater aus drei Delegierten des Parlamentes, zwei Offiziere des Militärs, fünf der führenden Geschäftsführer, der Kapitän der ansässigen Marinebasis und vier Gesandte der Weltregierung. Als er den Saal betrat, merkte Hayrig wieder diesen Druck der ihm entgegenwehte. Es war Misstrauen zu spüren. Als er die Tür öffnete, atmete er sie ein. Sie stank abscheulich, so wie eine Rindersuppe, die man für drei Jahre im Garten bei den Maden verbuddelt hatte, wieder hervorholte, und den Deckel abnahm. Es benebelte ihn die Sinne, er wurde nervös, doch er blieb standhaft und war immer noch fest entschlossen, an seinem Beschluss festzuhalten.

    „Meine Herren“ verkündete er. „Ich werde es nicht dulden, dass mir mehr und mehr Macht entzogen wird, ich bestehe darauf, dass es mir allein zusteht, Beschlüsse zu machen, und dass ihr alle lediglich als Berater fungiert. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ Er hatte alle seine Kraft sammeln müssen, um diese Ankündigung loszuwerden und er spürte, wie eine Last vom Herzen fiel. Doch die Stimmung nahm sofort einen bedrohlichen Ton an.
    „Mein Präsident, ich denke sie missverstehen da etwas. Nicht sie sind derjenige, der uns drohen kann. Sie sind von uns abhängig.“ Lächelnd beugte sich Apel Veranjan vor, ein Geschäftsmann, der als einer der skrupellosesten galt und vor nichts zurückschreckte, um seinen Profit zu mehren. Jannig Mkrtchyan zu seiner rechten half ihm: „Wer bezahlt ihnen den die verbesserten Bezüge? Falls sie nicht stillhalten, wird all dies auf sie zurückgeführt werden können. Ein Anruf von mir würde da genügen, sie erlauben doch?“
    „Immer schön ruhig bleiben, wir können uns ja darauf einigen, dass Hayrig zumindest das Recht behält, dass er alle unsere Erlasse unterschreiben muss“ meldete sich Anthony Smith, ein Delegierter der Weltregierung, kräftig und klein gebaut mit einer Glatze und braunen Augen zu Wort. Legrant, Ivan und Kazim, die anderen Abgeordneten der Weltregierung, nickten zustimmend. Auch die Führer des Militärs erklärten, dass sie sowieso dem Präsidenten unterstehen würden und daher sowieso nur auf seinen Geheiß hin etwas unternehmen könnten. Die Parlamentäre indes blickten skeptisch drein. Reteos Avagyan gab zu bedenken, dass der Präsident normalerweise keine politische Macht haben sollte, und dass er somit auch dem Rat unterliegen müsste, aber Juliana Galstyan, die Kanzlerin, welche sich im Volk großer Beliebtheit erfreute mit ihrer diplomatischen Art und ihren Vorstellungen, winkte nur ab stimmte dem Vorschlag mit dem Satz zu: „ Wir müssen die Probleme gemeinsam in den Griff bekommen. Auch mit dem Präsidenten.“

    Indes beobachteten die restlichen Ratsmitglieder aufmerksam das Geschehen: Shahan Petrosyan, Karnig Aronjan,Thomas Vogt, Kondor, der Kapitän der ortansässigen Marinebasis, welcher mit krausem Haar und gelben Augen aufmerksam Legrant musterte, und Lousvart Hovhannisyan, ein junges, blondhaariges Mädchen, welches mit ihrer Schönheit und ihren ebenmäßigen Gesicht, ihrem schönen jungen schlanken Körper, ihrer glänzenden hellen Haut und ihren blauen vertrauensvollen Augen den Raum zu erhellen schien.

    Dieses Mädchen, von der ein Glanz auszugehen schien, die Tochter des Hohepriester Asdvadzadour Hovhannisyan, lächelte in die Runde und verkündete, dass man sich endlich den wichtigen Dingen zuwenden müsse. „Ich halte diese Diskussion doch für ziemlich belanglos, schließlich besteht keinerlei Absicht, sie zu entmündigen, Hayrig.“ Und sie zwinkerte ihm zu.
    „Nicht so ungehobelt, Fräulein Hovhannisyan. Wie reden sie denn mit ihrem Präsidenten. Für sie heißt es natürlich sehr geehrter Präsident Sardaryan.“ Karnig Aronjan grinste Lousvart an.
    „Aber nicht doch Herr Aronjan, ihr beide seid noch jung, 17 und 18, was ist das schon. Da solltet ihr wirklich nicht so streng sein“ widersprach ihm Hayrig, der sich offensichtlich geschmeichelt fühlte.
    „Ich hab doch nur Spaß gemacht“ erwiderte der Getadelte. Doch bei seiner Erscheinung fiel es den anderen schwer, dies zu glauben. Während er sprach lief es allen kalt den Rücken runter und auch sonst fühlten sich die meisten unwohl. Nur die wenigsten erleiden keine Angstausbrüche in seiner Gegenwart. So ließen Karinigs Präsens Legrant und Kazim völlig kalt. Merkwürdigerweise lächelte Lousvart Hovhannisyan Karnig Aronjan bei seinen Worten nur unbekümmert an. Sie schien ganz und gar überhaupt nichts von seiner Gegenwart zu spüren, weitaus weniger als Legrant und Kazim.

    „Nun gut“ meldete sich der bis dahin vollkommen unauffällige Thomas Vogt zu Wort. „Ich denke wir sollten damit beginnen, zu klären, wie wir auf die Situation in Geylor reagieren sollen. Das Land ist pleite und es herrschen große Unruhen im Volk. Schon bald könnte es zu einer Eskalation kommen, wenn wir nicht einschreiten. Und nicht zu vergessen die Aufständischen, die schon Horhanna ins Chaos gestürzt haben. Aber dazu wird uns Herr Smith denke ich mal später mehr berichten.“
    Jannig Mkrtchyan, einer der größte Rüstungshersteller der Neuen Welt, bat prompt um Gehör: „Ich denke, die Situation in Geylor ist ziemlich günstig für uns. Warum nähren wir nicht das Konfliktpotential, sodass es zu bewaffneten Übergriffen kommt. Wir haben eine große Rüstungsindustrie, und auch als Zwischenhändler würden uns gute Geschäfte winken. Wir verschärfen erst die Krise in dem Land, machen sie von uns abhängig und dadurch können wir sie später mit Zins und Zinseszins über den Tisch ziehen. Ich würde damit dies als Vorschlag unterbreiten. Ich bitte um Handzeichen, ob man dem Projekt grundlegend positiv oder negativ gegenübersteht.“ Die abschließende Wahl zeigte eine doch relativ deutliche Mehrheit. Lediglich Kondor, Herr Sardaryan und Fräulein Hovhannisyan bildeten eine Opposition.

    Bis zum Ende der Sitzung, wurde ein Beschluss gemacht, der auf Petrosyans Idee basierte. Hayrig Sardaryan beugte sich der Mehrheit und entließ geknickt die Ratsmitglieder. Am Ende hatte Veranjan Recht gehabt. Er konnte nur noch mitschwimmen. Ein Aussteigen war ihm verwehrt. Wütend darüber, dass er Antranig nicht geglaubt hatte, verließ schließlich auch er den Saal unter den aufmunternden und schmeichelnden Worten des Vogts, die ihm eine glorreiche Zukunft voraussagten, wenn er sich doch nur an den Rat halten würde und seine alten Traditionen doch vergessen könnte. Doch es änderte nichts an dem gedemütigten Stolz des Präsidenten. Olympias durchschaute ihren Mann aber sofort und zog ihn in ihr Gemach. Dort stellte sie ihn unweigerlich zur Rede: „Was ist los, Liebling? Du kannst mit mir reden wie du wissen solltest. Geht es wieder um die Politik? Du solltest dich dort wirklich nicht so sehr reinsteigern.“ Olympias blickte ihren Mann zärtlich an, auch wenn ein bisschen Wut in ihren Augen lag. „Du hast dich doch nicht mit ihnen angelegt, oder?“ fragte sie besorgt, doch gleichzeitig auch bedrohlich. Hayrig schüttelte nur den Kopf und leugnete es. „Na dann ist ja gut.“ Erwiderte seine Frau kurz und ließ Hayrig im Zimmer stehen.

    Seit dem Streit wegen Tsakig lief es schon so und so langsam vermisste Hayrig schon seine Ehefrau, seine Frau, wie sie sich früher immer liebreizend um ihn gekümmert hat, ihn unterstützt hat und mit ihrer guten Laune ihn immer wieder zum lachen brachte und von der Politik ablenkte. Reden über Probleme, musste er nie mit ihr. Ein Blick genügte und er fühlte sich befreit. Doch vergangen die Tage, wo er seine Frau liebte. Tsakig war bloß der letzte Strang, der sie verband, derart waren seine Gedanken. Doch was passiert, wenn sie ihn schließlich komplett verlässt, das konnte er sich zu diesem Zeitpunkt nicht ausmalen. Doch es sollte geschehen. Irgendwann.


    Kapitel 3: Licht und Schatten

    Das Volk tobte. Ein Jeder rief wild seine Meinung hoch zum Podium, wo Krikor Zoravar soeben seine Rede beendet hatte. Scharlatan wurde er genannt. "Recht hat er!", wurde gerufen. Unten tobte die Masse. Der Zorn, der von ihm entfacht wurde, richtete sich nicht nur gegen die Regierenden, wie er es sich erhoffte, eine große Menge richtete sich gegen ihn. Die umstehenden Ordnungshüter waren hilflos überfordert. Inmitten der Massen befanden sich auch Antranig, welcher von Herr Gevor hierhin geführt wurde, um die Realität zu sehen. In der Tat war Antranig von der Redegewandtheit dieses Herren begeistert. Er schaffte es alle seine Emotionen in die Rede einfließen zu lassen und gab seine Meinung wie kein Zweiter kund. Doch das Volk scherte sich nicht darum. Sie wollten es nicht glauben. Und da stand er da oben, Krikor Zoraver, Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben, Verzweiflung darüber, dass sie es nicht begreifen wollten, nicht darüber, dass sie es nicht könnten. Wie immer ging es drunter und drüber, doch es würde nichts ändern. Auch von denen die jetzt noch am lautesten und vehementesten ihre Zustimmung zum Ausdruck brachten konnte man nicht zwangsläufig erwarten, dass sie morgen etwas unternehmen würden, dass sie morgen nicht dieselben Fehler wie heute begehen würden. Und das obwohl sie die Verlierer waren, sie waren es, die ausgebeutet wurden, die entmündigt wurden, die zu Sklaven gemacht wurden. Sie alle arbeiteten nur um den Reichen ihren Luxus zu finanzieren. Und was war der Dank? Wenn eines Tages der Zeitpunkt gekommen sein sollte, wo sie einen Pfennig sparen konnten, dann würden die Aktionäre sie in die Gosse schicken. Und das nur, weil sie noch reicher werden wollten, sie, die Sklaven des Geldes, doch die Armen waren nicht anders. Schon lange war es her wo ein Mensch mehr zählte als Profit. Es musste immer Wachstum geben, man musste immer schneller immer reicher werden.

    Dann plötzlich verstummte die Menge. Die Fäuste, welche eben noch bedrohlich in Richtung Zoraver zeigten, die Verteidiger Zoravers, die den Feinden verwehrten, sich gewaltsam Zugang zum Podium zu schaffen, auch Gevor und Antranig, erstarrten, als eine Aura wie eine Welle alle Emotionen wegschwemmte und die Anwesenden in eine bedrohliche Welt brachten, wo sie Angst hatten. Und dann sahen sie Menschen, Menschen die gegenseitig über sich herfielen, über die eigenen Leichen stiegen und in ihrer Unkontrolliertheit sich über einander hermachten, sich zerfleischten, zerquetschten, den Hilfesuchenden die ausgestreckten Arme, hoffnungsvolle Arme abschlugen. Wahnsinn war in ihren Augen zu erkennen. Und dann verschwammen sie zu einem Monster. Mit Binden war es bedeckt, rautenförmige schwarze Augen, die alles verschluckten, und ein Schlund, der alles verzehrte, was die umherwehenden leblosen Binden ergriffen, von den greisen Opa hin zum Kind. Und dann stieg einer zu ihnen hinzu. Eine groteske Erscheinung, die wie das Böse selbst schien. Groß, dürr, lange Finger, spitzes, hinterlistiges Gesicht, schwarzes, gelocktes Haar, rote, stechende, alles tötende Augen und ein Grinsen. Das Grinsen, was auf die Zitternden Leute, die sich auf dem Boden wanden, herabschaute und sie verachtete.
    „Nanana, was habt ihr denn? Ihr seht aus, als ob euch der Teufel persönlich erschienen sei?“ schmunzelte Karnig gelassen. Dann richtete er seine Augen auf eine Gestalt, welche erhaben sich von der Menge abhob. Eine stattliche Gestalt. Hinter der Brille funkelte wieder dieser Zorn, welcher eben noch der Verzweiflung gewichen war. Seine Hände zu Fäusten geballt, bereit loszuschlagen. Die Luft zog sich zusammen. Zwei Welten trafen aufeinander, die eine heiß glühend, die andere voll mit Schatten, ruhig, leblos. Gewaltige Schockwellen entluden sich, als sie aufeinandertrafen. Beide schienen wild entschlossen, ihren gegenüber mit einem Schlag auszulöschen. Die Spannung wurde immer größer und drohte sich binnen eines Augenblickes zu entladen. Doch die Leute bekamen von alldem nichts mit. Noch immer wie gelähmt lagen sie am Boden, noch von der Illusion gefangen, nichtsahnend, dass die Gefahr sie zu vernichten, eine andere war.
    Karnig Aronjan grinste. „Ich werde dir dein Grinsen aus dem Gesicht waschen!“ donnerte Zoravar, doch Aronjan erwiderte nur, weiter grinsend: „Ach, ich möchte zu gerne wissen, wie das aussehen soll. Schließlich sind deine Möglichkeiten bei weitem nicht ausreichend, um mich zu vernichten. Obendrein möchtest du doch nicht wirklich hier kämpfen. Sieh dich um, sie werden alle sterben, wenn du fortfährst.“ Das Grinsen wurde größer. Doch bei Zoraver entflammte der Zorn weiter, nun jedoch nicht mehr gefügig. Wild floss er in Strömen aus dem stolzen erhabenen Körper.

    Azadouhi fühlte wieder diese innere Ruhe. Sie hatte ihrem Bruder verziehen. Seit dem Abend verstanden sie sich so gut, wie sie es noch nie taten. Nichtsdestotrotz war sie immer noch die meiste Zeit hier. Es war ein herrlicher Tag dachte sie. Die Sonne schien zwischen den einzelnen Wolken hindurch, welche zusammen mit dem Nieselregen, welcher die Pflanzen zart benetzte. In Kombination spielten sich in den Augen der Betrachter wunderbare Lichtspielchen ab. Der Wind brauste langsam durch den leeren Tempel. Davor, an der Quelle des Lous, ein reiner Bach, welcher den Hang hinab ins Tal fließt, wo er den Rahun mit heiligen Wasser erfüllte, saßen der Hohepriester mit seiner Tochter und Azadouhi. Es tat ihnen gut, einfach so dazusitzen und einfach mal der Quelle zu lauschen, welche zu Recht auch die Quelle des Lichts genannt wurde, da sie mit geheiligtem Licht die Seelen zu heilen schien. Lousvart seufzte auf.
    „Der Krieg hat gerade erst begonnen. Überall sieht man es doch, alle wissen es. Man kann es doch spüren! Der Glaube, dass es schon Verlierer und Gewinner gibt, kann ich nicht akzeptieren, ich will es einfach nicht. Wir müssen endlich unsere Träume ergreifen, sie uns eingestehen und aufstehen und sie verwirklichen.“ Tränen quollen aus ihren scheinenden traurigen Augen. Azadouhi beobachtete sie überrascht aus den Augenwinkeln. War das der Geist, von dem auch ihr Bruder beseelt war? War es der Glaube daran, eine bessere Welt zu erschaffen? Oder war es anders? Während er etwas so kämpferisches in den Augen hatte, schien es bei ihr aus dem Inneren einfach so herauszustürzen, unaufhaltsam, als ob es der tiefste Wille wäre. Friedlich sah sie aus, als ob sie mit sich im Einklang wäre und unbeschwert diesen beschwerlichen Weg beschreiten wollte. Oder würde sie diese Träume am Ende doch verleugnen? Sie hatte es nie verstanden, warum Lousvart in die Politik gegangen war und dort mittlerweile sogar mit den Mächtigen an einem Tisch sitzen konnte. Sie war überhaupt nicht dafür geschaffen.
    Asdvadzadour nahm seine Tochter in den Arm und streichelte sie zärtlich. Wie auch Azadouhi wurde Lousvarts Seele alleine durch seine Anwesenheit von allen Schwingungen befreit. Sie hörte direkt auch zu schluchzen. Sie wussten, dass er es nicht billigte, dass Lousvart in die Politik gegangen war. Dennoch war ihr familiäres Verhältnis erfüllt. Und einmal mehr wurde sich Azadouhi um die Lage ihrer Familie bewusst. Warum konnte sie nicht an Lousvarts Stelle sein? Warum konnten sie nicht Geschwister sein? Sie achtete sie, nein, sie liebte sie! Hier war sie zuhause, hier konnte sie Azadouhi sein. Hier konnte sie mit Lousvart zusammen sein. Und hier konnte Asdvadzadour ihre Tränen wegwischen. Doch sie entschloss sich, diese Gedanken zu vergessen und nun die paar Stunden zu genießen, die sie noch hier sein konnte. Sie sahen der Sonne zu, wie sie ihren Weg ging und langsam und schön das Tal in oranges Licht badete und die Schatten surreale Gebilde schufen.

    Indes war Karnig Aronjan am Kerker angelangt. Er schritt die dunklen engen mit Fackeln spärlich beleuchteten Gänge entlang. Die Insassen, welche eben noch verzweifelt gebrüllt hatten oder ihre schmutzigen Spielchen gespielt hatten, verstummten. Selbst die Schreie der Folter erstickten. Erstarrt kauerten sie in den Ecken, isoliert von ihrer Umgebung, nur in ewiger Angst gefangen, ewig fortwährend fallend.
    „Zelle 388, Gefangener Badouagan Azizyan, wie gewünscht mein Herr!“ meldete der Soldat gehorsam Aronjan, als sie am Ziel angekommen waren.
    „Hmm, du schon wieder? Was willste von mir?“ fragte die dürre Kreatur, welche von ihrem Schreibtisch aufstand und an die Gitterstäbe trat. Diese Zelle war anders wie die anderen. An der Wand hingen beschriebene Blätter Papier, welche in einer scheinbar gewollten Anordnung dort hingen, aber noch nicht fertig gestellt war. Außer dem vollen Schreibtisch gab es noch ein einfaches Feldbett. Sogar einen Papagei, der in schillernden blau und rot die Zelle gestaltete, saß auf einer Stange in der Ecke. Alles in allem schien es eine ziemlich gediegene Zelle zu sein, wenn man sie mit den umliegenden verglich. Doch der Gefangene sah übel aus. Langes, verschmutztes braunes Haar, ein ausgemergeltes Gesicht. Und Augen, die gebrochen waren. Man sah ihm an, dass er schon bessere Zeiten hinter sich hatte. Von seiner ehemaligen Neugier, schien nichts überlebt zu haben, nein, nur Verzweiflung, Ohnmacht und eine gewisse Gleichgültigkeit.
    „Ach, ich wollte dich nur fragen, ob ich dich nicht wirklich hieraus befreien sollte, mein Lieber. Ich hätte die Macht dazu, ein Wort reicht aus. Sag es nur jetzt frei heraus.“ Karnig grinste über sein ganzes Gesicht. „Aber Sir, dass können sie nicht machen!“ meldete sich der Wärter aufgeregt zu Wort. Doch er war handlungsunfähig. So standen sich Karnig Aronjan und Badouagan Azizyan regungslos gegenüber. Doch man merkte, wie Azizyan geschockt war. Nach all den Jahren war ein Strohhalm in seine Welt hinab getaucht, er musste nur noch zugreifen und in ihn vertrauen. Karnig merkte, wie die Gefühle in dem Kopf seines Gegenübers explodierten, wie Badouagan in Gedanken schon die Zellentür durchschritt.
    „Ups, du nimmst das doch nicht ernst?“ Karnig lachte auf. Azizyan aber fiel in sich zusammen. Der Strohhalm in seinem Kopf verbrannte. Er hatte sich immer mit seinem Schicksal abgefunden, doch dieses Angebot hatte alles zerstört. Seine ganze Unbeflecktheit verschwand. Er zitterte, am Ende war er doch nicht stark genug. Er hatte sich geschworen, in die Hände zu beißen, die ihn fütterten, wären es Hände der Schuld. Doch hier, hier hatte er überlegt anzunehmen, von ihm, Karnig Aronjan. Er taumelte.
    „Soldat, führen sie ihn in die Kammer, ich will mich mit ihm unterhalten, sofern es recht ist natürlich. Aber da es mein persönlicher Gefangener ist, sollten sie wohl das kleinste Übel damit haben, wie, nebenbei bemerkt, auch mit einer Entlassung von ihm.“ Mit diesen Worten drehte sich Karnig Aronjan um und ließ Azizyan elendig zurück. Der Soldat indes nickte gehorsam, nahm die Schlüssel, und grinste den Gefangenen an:
    „So, wird Zeit das du nochmal raus kommst!“


    Kapitel 4: Der Henker der Bestien

    Legrant untersuchte sichtlich interessiert die aushängenden Steckbriefe, die in der Hafenstadt Crohaven aushingen. „Ihr seid sicher, dass ihr euren Standpunkt nicht noch mal überdenken wollt, Kapitän Kondor.“ Fragte Legrant den hinterm Schreibtisch missgestimmten Kapitän. „Ich werde meine Entscheidung nicht ändern. Ich bin ihnen nicht verpflichtet.“ „Nun, man sollte eigentlich meinen, dass du wüsstest, dass die Marine der Weltregierung untersteht. Wie kannst du dich dann gegen ihren Willen sträuben?“ entgegnete Legrant. „Nun, es stimmt was sie sagen. Aber dennoch sind sie nicht befugt, die ortsansässigen Marinesoldaten in ihren Willen einzusetzen. Da müssen sie schon eine amtliche Befugnis sich einholen. Und ich bezweifle, dass sie die dafür kriegen werden.“ Kondor war keineswegs gewillt klein beizugeben. Er war ein stolzer Marinesoldat, der bereit war, seine Befehle zu befolgen, doch er würde niemals eine solche Aufgabe ausführen, ohne dies von oberster Stelle aufgetragen zu bekommen. Ihm gefiel die ganze Operation nicht. Da würde er es ihnen so schwer wie möglich machen, ihn zu kontrollieren.

    „Also gut, sie müssen es wissen. Aber sie können mir glauben, ehe sie sich versehen habe ich alle nötigen Vollmachten, sie so zu befehligen, wie es mir gefällt. Ich handle hier lediglich im Auftrag der Weltregierung, sonst bin ich keinem verpflichtet.“ Legrant stolzierte hinaus. Doch er blieb stehen, als Kondor sich erhob und erzürnt auf den Tisch schlug: „Ich bin ein ehrenhafter Marinesoldat, der das Volk beschützt. Eure Vorhaben richten sich aber gegen das Volk. Senghok wird dies nicht tolerieren!“ Legrant schüttelte nur ungläubig den Kopf. „Sie lernen es nie. Es gibt Situationen, da muss man das Volk auch mal vor sich selbst schützen. Wenn sie aber unbedingt etwas anderes sehen wollen, kann man da nichts machen. Unwissenheit ist etwas schönes, mein Lieber. Nun werden sie bloß Probleme bekommen. Ich rate ihnen, sich erstmal bedeckt zu halten.“ „Wollen sie mir etwa drohen?“ Kondor sprang über den Tisch. Im Sprung verwandelte er sich in einen Vogel. Der Schnabel durchschnitt die Luft und die Krallen der Füße bohrten sich in die Brust Legrants, welcher sichtlich überrascht war. „Nun, denken sie immer noch, sie könnten mir etwas befehlen, Legrant?“ Legrant wich erschrocken zurück. Blut besudelte den ordentlichen Boden. „Das werden sie büßen!“ brüllte Legrant. Er wollte zu seiner Angst an der Wand greifen, doch ehe er sie erreichte wurde er hart von Kondors Flügel im Gesicht erwischt und wurde gegen die Wand gerammt. Es schien, als ob Legrant hoffnungslos Kondor unterlegen war, doch dem war mitnichten so. Mit einem Mal erschien Legrant hinter Kondor und rammte seine Axt in Kondors Schulter, welcher zugleich schwer atmend zu Boden ging. Während seine Federn sich zurückzogen spürte er die kalte Klinge an seinem Hals. Legrant lachte auf. „Nun, ein Hieb und ich hätte dieses Monster vernichtet. Nun wisst ihr auch, warum ich der Henker der Bestien genannt werde. Selten hat der Name so gut gepasst, wie in der jetzigen Situation. Doch ich will dich verschonen. Und mach dir bloß keine falschen Illusionen. Ich habe kein Mitleid, doch du bist nun mal ein wichtiger Teil des Planes. Außerdem, wie würde das denn aussehen, wenn wir uns hier gegenseitig abschlachten, wegen so einer Lappalie. Wir stehen beide auf der Seite der Gerechtigkeit. Aber ich warne dich, entscheide dich endlich. Und je nach dem du dich entscheidest werde ich dich am Ende doch töten müssen.“

    Legrant wischte sich bei diesen Worten das Blut aus dem Gesicht. „Wache!“ rief er „holen sie einen Arzt und eine Putzkolonne. Ich möchte aber das sie schweigen, haben sie mich verstanden?“ und mit diesen Worten ging er triumphierend mit der Riesenaxt auf seinem Rücken aus dem blutbespritztem Zimmer. „Soldat, hör auf ihn, es wäre ungesund, sich dem zu widersetzen“ röchelte Kondor seinen Untergebenem zu. „Du kannst gehen, ich komme schon zurecht, der Arzt kann auch warten, so eine Verletzung bringt mich nicht um“ Kondor versuchte ein Lächeln, doch es wollte ihn nicht gelingen. Zu schmerzvoll waren seine Verletzungen. „Kapitän, ich bitte sie, schauen sie doch, was er mit ihnen angestellt hat. Lassen sie mich einen Arzt rufen!“ bettelte der Soldat. Doch Kondor winkte ab. „Wenn das Wellen schlägt, können wir alle einpacken. Nicht nur, dass ich euch nicht mehr als Vorgesetzter gegenübertreten könnte, dass würde ja noch akzeptabel sein. Nein, Legrant wollte, dass ich mich vor euch erniedrige, dass kann ich nicht zulassen. Er würde am Ende als Gewinner rauskommen. Er hätte mich besiegt. So kann ich euch zumindest noch vorspielen, dass wir gleichberechtigt wären. Also bitte sei so gut und halt den Rand. Ich werde heute Abend dann mit ein paar auserwählten Seemännern ein Schiff betreten und erst wieder hier anlegen, wenn meine Verletzungen einigermaßen kuriert sind. Ich appelliere noch mal an deine Ehre, befolge meinen Willen in der Zeit, haben wir uns verstanden?“ mit eindringlichen Augen musterte er den niederen Dienstrang, welcher am Ende salutierte und wegtrat.

    Während die Machtübernahme der Weltregierung immer weiter voranschritt tat sich im Untergrund etwas. Es entstanden zwei geheime Lager, welche sich sammelten und auf den Kampf gegen die Weltregierung in diesem Land schworen. In einem alten, rattenverseuchten schmutzigen Keller versammelte sich eine handvoll Leute an einem alten Tisch, dem man praktisch bei der Verwesung zusehen konnte. Bei schwachem Licht einer einzigen Kerze rammte einer der Anwesenden seinen Dolch tief ins morsche Holz. Die Leute um ihn herum schien es nicht zu beeindrucken. Doch er wartete nicht, ehe man ihm das Wort erteilte: „Kommandant, worauf warten wir eigentlich noch, wir müssen endlich zuschlagen, sonst kommen wir zu spät und Legrant kontrolliert hier alles. Ich würde sagen, wir machen kurzen Prozess. Kopf ab und fertig!“ es folgte Gemurmel. Einige nickten mit den Köpfen, doch die Mehrzahl hatte tiefe Falten auf der Stirn. Am Kopf des Tisches regte sich nichts. Dann konnte man von dort eine kratzige Stimme vernehmen: „Zügel dich! Du hast noch nicht wirklich was zu der Revolution beigetragen, oder? Ich kenne deinen Namen nicht und auch die Art wie du redest läst eigentlich darauf schließen, dass du erst kürzlich zu uns gestoßen bist. Ansonsten wüsstest du um die Gefahren. Wenn wir es überstürzen, werden wir alle sterben. Wir sind erstmal zum zusehen verdammt, und wenn du das nicht kannst, bitte ich dich doch einfach, nicht mehr hier zu erscheinen. Aber ich denke du verstehst, dass du ein Risiko für uns wärst, wenn wir dich einfach so aus den Augen verlieren würden. Daher lasse ich dich in nächster Zeit überwachen. Aper, du wirst dich darum kümmern.“ Der gescholtene stierte wütend zu dem Sprecher hoch den Tisch. Er schäumte und er wollte eigentlich auf der Stelle den Keller verlassen, doch dann besann er sich und ließ sich nieder. „Gut, wenigstens lernst du schnell.“ bemerkte der Anführer. „Ich denke das wäre aber auch schon alles für heute. Ich glaube nicht, dass es noch Sinn machen würde, weiter darüber zu diskutieren, wann wir in Aktion treten sollten. Nächstes Treffen in einem Monat zur selben Zeit. Ich hoffe euch wieder vollzählig hier zu sehen. Aper, Jungspund, ich möchte noch kurz mit euch reden über dein Verhalten. Der Rest soll gefälligst abhauen.“ Mit diesen harschen Worten schloss er die öffentliche Sitzung.

    „Nun gut, Grünschnabel, ich hätte hiermit einen Auftrag für dich, um deinen Tatendrang zu stillen. Du wirst nach Crohaven reisen und der Marine beitreten. Wir brauchen dringend einen Spion in ihren Reihen. Wir müssen Kondor beobachten und wissen, wann sein Rückrat gebrochen ist. Aper, du wirst ihn begleiten und dafür sorgen, dass ich auf dem neuesten Stand bleibe. Doch in erster Linie wirst du natürlich auf ihn aufpassen, dass er sich und vor allem damit nicht uns gefährdet.“ „Jawohl!“ antwortete Aper, doch der andere hakte nach: „Wollt ihr nicht erstmal meinen Namen wissen?“ wunderte er sich verdutzt. „Nein, du wirst deinen Namen vergessen. Ab heute heißt du Marinesoldat Tomi Ishida. Also dann wünsche ich dir viel Glück, Tomi!“ zum ersten Mal lächelte der Anführer an diesem Tag.


    Arc 2: Realität

    Kapitel 5: Krisenherde

    „Azadouhi, gräme dich nicht. Ich werde schon bald zurück sein. Ich will mir lediglich selbst ein Bild machen. Ich hoffe, dass ich in ein paar Tagen zurück bin, doch wer weiß das schon. Ich kann dir nichts versprechen, vielleicht dauert es auch ein paar Wochen.“ Antranig hatte soeben seiner Schwester schweren Herzen seinen Plan erklärt. Er hatte mit Gevor gesprochen und sie waren zu dem Ergebnis gekommen, das dies das Beste war. Es hatte keinen Sinn über etwas zu reden, was man nur aus der Theorie kannte.
    Azadouhi weinte. Sie wollte ihren Bruder nicht verlieren. „Versprich mir, dass du lebend wiederkommst! Und lass von dir hören, falls du länger bleiben solltest. Ich verspreche dir, nichts wird an die Ohren unserer Eltern dringen, wie du es von mir verlangt hast.“ Azadouhis Augen saugten sich an Antranig fest und zogen ihn immer weiter zurück, fern von seinem Vorhaben. Unwohlsein machte sich breit und er merkte, dass es ihn einiges an Überwindung kosten würde, seine Schwester von sich wegzudrücken um an ihr vorbei zu entschwinden. Er brachte alle seine Kraft auf um in ihr viel zu oft verweintes Gesicht zu lächeln und ihr mit fester Stimme zu antworten: „Ich verspreche es. Doch pass du auch auf, dass du wirklich niemanden von meinem Vorhaben erzählst, auch nicht den Hovhannisyans! Ich weiß, welche Bedeutung sie für dich spielen. Auch ist es mit nicht Unbekannt, dass deine Gefühle zu ihnen vermutlich stärker sind, als sie es zu mit je sein könnten. Doch ich schwöre, dass ich dich immer geliebt habe und dass ich dies auch weiterhin so halten werde. Ich wünschte mir, du könntest dasselbe auch über mich behaupten.“ Antranig umarmte seine Schwester ein letztes Mal und verschwand ohne seine Schwester zu einer Antwort zu zwingen. Alleine schleppte sich jene mit letzter Kraft zum Balkon, zu der frischen Luft, wo man am fernen Horizont die Sonne aufgehen sah. Sie hörte, wie das hölzerne Portal zuschlug. „Wie kannst du nur so was sagen, Bruder. Auch ich habe dich immer geliebt!“ Tränen netzten das Geländer. Im Haus war es ruhig. Der letzte Mensch in diesem Hause, dem sie noch vertraut hatte, war gegangen. Azadouhi fühlte sich so schrecklich allein. Die ersten Sonnenstrahlen schlichen langsam auf den Balkon und wärmten ihre empfindsamen Körper. Es war, als ob es ein Geschenk war von ihm. Ein Lächeln zeichnete sich unmerklich auf Azadouhis Gesicht ab. „Komm wieder, bitte!“ seufzte sie ein letztes Mal, ehe sie sich wieder zur Ruhe begab.

    „Gut, ich werde mich unverzüglich auf den Weg begeben, mach dir keine Sorgen, Legrant. Falls es wirklich zu Ausschreitungen kommen sollte, wie du befürchtest, so werden sie von mir persönlich beendet werden.“ Anthony Smith legte auf. Schnell steckte er seine Teleschnecke zurück in seinen Umhang. „Ivan, hiermit übertrage ich die Verantwortung bis zur Rückkehr von Legrant oder mir auf dich. Ich hoffe du leistest dir keine Fehler, denn ansonsten wird das nicht nur für deine Karriere hinderlich sein, haben wir uns verstanden?“ Anthony Smith, ein kleiner, aber kräftiger kleiner, schwarzhäutiger Mann blieb für einen Moment vor Ivan stehen, welcher mit einem kurzem Ja Verständnis zu erkennen gab. Dies reichte den in Aufbruch gestimmten offensichtlich, da dieser sofort das Gebäude verließ. Ivan und Kazim schauten ihm still hinterher. Der eine mit einem runden, roten Gesicht, einen gut beleibten Körper, doch auch voller Muskeln. Der andere, Kazim, dunkelbraun, mit Ziegenbart und einer kurzgeschorenen Frisur, kantigen Gesichtszügen. Als sich ihre Blicke kreuzten, sah man förmlich, wie sie gegeneinander ankämpften. Schließlich war es Ivan, der die Stille beendete: „Ich denken, wir müssen darüber nicht diskutieren. Mir vertraut man halt mehr an. Es würde dir nichts nutzen, wenn du hier und jetzt auf mich losgehst!“ Ivan lächelte „du würdest verlieren!“. Kazim schüttelte nur den Kopf als Antwort. Doch dann grummelte er, als er von Ivan allein gelassen wurde: „Vorerst wird ich mich wohl bedeckt halten müssen und mich ihnen unterwerfen. Doch keine Sorge Kazim, schon bald werden auch Legrant und Smith deine Macht erkennen. Und dann bist du ihr Anführer!“ Das wahnsinnige Lachen, was in ihn aufzusteigen drohte, wollte aus ihm rausbrechen, doch er riss sich zusammen. Er durfte noch nicht auflachen, Ivan würde ihn hören. Eine hässliche Fratze bedeckte schminkenartig sein Gesicht.

    Karnig grinste. War es Vorfreude, die er spürte? Er spürte es, es würde hier bald drunter und drüber gehen. Karnig blickte auf die Nebelschwaden, die die Stadt Gujan bedeckten. Unruhe lag in der Luft. Die Arbeiter murrten von Tag zu Tag lauter. Bald würden auch Truppen der Weltregierung auftauchen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Situation hier eskalierte. Gleichmäßig bahnten sich die Arbeiter den Weg an Karnig vorbei. Ihre Mäntel grau, ihre Gesichter emotionslos, doch diese Hülle täuschte. Innen brodelte es schon viel zu lange, Karnig spürte, wie ein einzelner Funken ausreichen würde, die ganze Stadt in Brand zu setzen. Und dann geschah es. Mit seinem abstrusen Grinsen verschwand Aronjan. Wutentbrannt stürmten die vorhin noch so farblos scheinenden Arbeiter auf die Häuser. Steine flogen scharf. Gegröle hallte durch die Gassen. Die wenigen Ordnungshüter bemühten sich verzweifelt, die Lage unter Kontrolle zu halten, doch schnell waren sie in alle Himmelsrichtungen verteilt. Rennen mussten sie, um nicht vom wütend gewordenen Mob überrannt zu werden.

    Rotes Licht erhellte die Stadt, als sich am Abend Antranig Gujan näherte. Funken stoben aus den Häusern. Gujan wirkte wie ein Inferno. Menschenfeindlich hob sie sich von den umliegenden Feldern ab. Antranig blieb wie angewurzelt stehen. Zweifel überkamen ihn. Wollte er wirklich diesen Ableger der Hölle auf Erden betreten? Die kühle Nacht, welcher er noch eben entkommen wollte, bot ihm nun Zuflucht. Es dauerte lange, ehe er sich aufrappeln konnte und sich zu einem Entschluss durchrang.

    Als er die Straßen entlangging sah er in zerstörte Fenster. Die Stille war unheimlich. Keine Menschenseele weit und breit. Antranig war erschüttert. An den glasigen Augen pochte ein Wille, ein lebendes Wesen anzutreffen. Doch da gab es nichts. Bis weit in die Nacht suchte er in den zerstörten Gassen, ehe er sich erschöpft in eine rauchige Ecke fallen ließ. Er fragte sich, wie der Tag wohl morgen beginnen würde. Angst überkam ihn. Angst vor der Stadt, welche sich wie flammende Mauern um ihn herumzuziehen schienen, jedweden Ausgang zu versperren schienen. Was war hier geschehen?


    Kapitel 6: Die Schornsteine

    „Los, steh auf!“ harsch wurde Antranig geweckt. Er spürte, wie eine Fußsohle gegen seine Hüfte schlug. Ihm schmerzte der Rücken. Mühsam rappelte er sich auf. Ihm verschwamm alles vor seinen Augen. Er hörte, wie etwas die Luft zerschnitt. Von der Ferne hörte er, wie ein Mann schrie. Dieser Ruf erschütterte ihn!
    „Na los, worauf wartest du noch, reih dich ein!“ bestimmt wurde er geschubst. Als er nach links sah, blickte er in ein Gesicht, welches schlimmer gar nicht sein konnte. Die Augen waren leer, die Mäntel grau. Der ganze Körper war gebrochen. In dem Körper war nichts zu erkennen, nichts was auf etwas Lebendes schließen ließ. Es war ein Sklave, einer, der sich dem Willen der Menschentreiber hinter ihm unterwarf. Die Schreie in der Ferne, dieser Zug von Menschen. Antranig wollte nur noch, dass es aufhörte. Er wollte laufen, doch die Willenlosen um ihn herum schienen ihn warnen zu wollen. Er sah, wie sich langsam Schornsteine den Weg gen Himmel bahnten. Sie schraubten sich in die Höhen, als ob sie den Menschen unterwerfen wollten. Der Rauch, der aus ihnen ausstieg, verdunkelte die Sonne, denn die war mit Sicherheit schon aufgegangen, doch Licht drang nur selten an den Boden. Während Antranig das hohe Portal der Manufaktur betrat, fühlte er sich, als ob er endgültig sein Leben in den Schoss der Fabrik stellte.

    Drinnen staute es sich. Alle schienen gebannt auf etwas zu warten. Doch Antranig hatte keine Ahnung, was auch immer kommen könne. Dann durchbrach ein unverstandener Schrei die Stille. Es folgte ein Knall. Leute raunten. Doch die Stille trat unverzüglich wieder ein. Antranig lief ein Schauer über den Rücken. Missbehagen plagte ihn. Er drehte sich um und wollte nach dem Portal schauen, doch es war schon verschlossen. Er blickte in ein faltenreiches Gesicht. Es schüttelte nur mitfühlend den Kopf. Antranig bekam Panik. Er wandte sich nach rechts, doch auch dort, nur Menschen. Unten war felsenfester Boden, versinken konnte er nicht. Und in die Höhe, ach, welch idiotischer Einfall war das doch gewesen. Als ob droben in den Schloten etwas Beschützendes wartete. Es drehte sich alles um ihn, die Panik, welche er verspürte, wurde stärker. Er spürte seine Angst, Angst davor, die Angst zu teilen, sie zu verstehen, die um ihn herum die Welt in Wallung brachte. Er brach zusammen.

    Nun nahm er endlich seine Umgebung klar wahr. Die Schreie waren verstummen. Die Frage, warum, wollte er sich gar nicht stellen. Doch er konnte sich der Bilder nicht erwehren. Nun sah er auch, welcher Natur eben der Knall gewesen war. Auf einem Vorsprung standen zwei Schemen. Der eine grinsend, selbstverliebt und überzeugt, der andere etwas abseits, aber bedrohlich. Ersterer hatte eine Pistole in der Hand. Er genoss es, wie ihn alle anstarrten. Langsam wiegte er die Pistole hin und her, mal auf den richtend, mal auf jenen, mal auf diesen. Bedrohlich spielte er mit dem Abzug. Es machte den Eindruck, als ob dieser Mann spielen würde, spielen mit den Leben der Männer.
    „Nun meine Herren, ich freue mich, dass noch so viele von euch die Kraft hatten, hier zu erscheinen. Ich ziehe meinen Hut vor euch, ich hätte wirklich mit wenigern, sagen wir mal halb so vielen gerechnet. Ihr seid zäh! Das freut mich, denn nun sind nur noch die besten Arbeiter übrig, diejenigen, die nicht von irrationalen Gefühlen sich verleiten ließen, Widerstand zu leisten. Wobei, leider ist auch keiner unter euch, der sie gestoppt hat. Wohlmöglich, habt ihr sie sogar unterstützt. Und ich versichere euch, ein jedermann, dem dies nachgewiesen wird, wird die äußerste Strafe ereilen.“ selbstzufrieden grinste er in die Runde. „Dieser Drecksack, er weiß sehr wohl, dass wir alle gemeutert haben. Der will uns doch nur unter Druck halten. Wenn er will, erschießt er uns alle selbst, hier und jetzt!“ ein Mann rechts von Antranig schüttelte den Kopf. Jedoch, noch im selben Augenblick huschten seine Augen umher. Hatte einer etwas mitbekommen? Würde er nun ein Beispiel sein, ein Beispiel für jeden anderen in diesen Raum? Er atmete auf, als nichts geschah. Doch dann blickte er in Antranigs Gesicht. Sofort verfinsterte sich jenes. Antranig konnte sich dieses urplötzliche Verhalten nicht erklären.

    Während sich die Massen in Bewegung setzte, wurde dieser jugendlicher und verwirrter Antranig hin und her gestoßen. Die Masse funktionierte, wiewohl, oder eben weil sie nicht nachzudenken schien. Antranig war nicht mehr, als ein Fisch in diesem Schwarm. Schweiß rann über ihre Antlitze, die Knochen schmerzten, die Muskeln krampften. Ununterbrochen, ohne Sicht auf Ende, arbeiten war alles. Für was? Für wen? Doch arbeiten war gerade alles. Arbeiten war gut. Arbeiten lässt die Gedanken verstummen. Schweiß rann über ihr Antlitze, die Knochen schmerzten, die Muskeln krampften. Und leere im Oberstübchen.

    Verkrampft zogen sich die Kumpel um. Schmutzige Wäsche wurde ausgetauscht. Die schwarz verschmierte Masse wurde grau. So verließen sie die Fabrik. Die Masse verlief sich in den Gassen, doch Antranig verharrte still. Immer wieder wurde er beiseite gezogen. Er drehte sich. Wohin? Wie kam er nach draußen? Er wollte weg, doch die vorbeischlendernden Menschen verschwommen mit den grauen Gebäuden zu grauen Mauern. Sie türmten sich auf und engten Antranig ein. Dann spürte er einen Sog. Er wurde durch die Wand gezogen. Ohne eigenes Zutun bahnte er sich einen Weg, immer wieder eckte er an. Zielsicher bahnte er sich durch die Schluchten. Dann stoppte er. Erstmalig sah er sich um, er war in einer dunklen schmutzigen Gasse. Vor ihm stand ein Hüne. Das Gesicht war ihm bekannt, doch wer war es. Fragend, auch teils etwas skeptisch, blickte er seinen Führer an, welcher mit seinem blonden vollem Haar und seinen starken, ungebrochenen braunen Augen Antranig festnagelten, ihn durchbohrten und ihn schröpften.

    Antranig presste sich gegen die Wand. Gewaltbereit stand der Unbekannte vor ihm. „Was wollen sie“ fragte er mit unsicherer Stimme. „Das wissen sie genau!“ antwortete der Unbekannte. „Wo kam denn dein feines Tuch heute Morgen her. Du bist doch ein Spitzel von denen!“ Antranig schüttelte den Kopf. Angst verschlang ihn. Er spürte, wie jederzeit ihm ein Messer scharf die Kehle durchtrennen könnte, falls ein falsches Wort über seine Lippen kommen würde. Verängstigt duckte sich Antranig unter dem ausgestrecktem Arm weg: „Ich bin heute erst hier angekommen, ich bin gar kein Arbeiter!“ versuchte er sich zu erklären, doch dies wollte der Blondschopf offensichtlich nicht so ganz glauben, also legte Antranig nach: „Ich weiß, dass klingt nun vielleicht etwas doof, doch ich komme aus Ythran. Ich wollte hier die Konditionen sehen, zu welchen ihr hier arbeiten müsst.“ Der Unbekannte nahm seine Hand weg. „Du kommst aus Ythran? Als ob! Nun, aber du siehst schon etwas schnöselig und naiv aus. Du glaubst scheinbar alles, was euch euer Sardaryan erzählt, was? Nun, hier siehst du die Realität: Jannig Mkrtchyan, einer der angesehensten Geschäftsmänner in eurer Stadt, er ist für all das hier verantwortlich. Und die Weltregierung unterstützt ihn! Ansonsten hätte er den kürzeren gezogen. Doch als dieser Smith kam, waren wir erledigt. Ein Wunder, dass ich überlebt habe.“ er hatte Tränen in den Augen. Beide ließen sich auf nahe gelegene Steine nieder. „Nun, ich heiße Antranig, und du?“ er reichte dem Fremden die Hand. „Aram!“ antwortete der Gefragte knapp. „Hör zu, Aram, in Ythran, da gibt es nicht nur Idioten. Viele machen sich auch über euch Gedanken. Ich gebe zu, dass ich freilich nicht mit so was gerechnet hätte, aber wenn ich nicht wüsste, dass hier etwas im Argen liegt, wäre ich wohl kaum hier, nicht?“ Aram schüttelte den Kopf. „Das wird gar nichts ändern. Gar nichts. Einer ist nicht genug. Was können wir schon gegen die Weltregierung ausrichten. Wir müssen den Kopf bedeckt halten. Wenn ich nur daran denke, dass ich dich für einen Spitzel gehalten habe, heute morgen. Wir sind alle schneller tot, als wir es realisieren können.“ Aram stand auf. Er schien geschrumpft zu sein. Kümmerlich, wie die anderen. Er war schon fast am Ende der Gasse angekommen, als er sich umdrehte. „Du solltest besser nach Hause gehen, hier hast du nichts verloren!“ Antranig nickte. Er wusste, dass Aram Recht hatte, auch wenn er es nicht wahrhaben wollte. Aber auch er stand auf. Aram deutete eine lange Straße entlang. „Da lang geht’s raus. Spute dich, ehe sie dich entdecken, Machs gut!“ „Du bist nicht gerade der sentimentale Typ, oder? Komm schon, lasst uns zumindest die Hand reichen zum Abschied.“ Aram gaffte. Ungläubig nahm er schließlich dann doch die Hand, doch auch seinen Kopf schüttelte er. Lächelnd drehte sich Antranig um: „Auf Wiedersehen!“ sagte er selbstzufrieden. „Besser nicht, mach dass du wegkommst!“ antwortete darauf Aram Ernst. So schieden sie voneinander. Ein Wiedersehen schien zu diesem Zeitpunkt noch völlig unmöglich. Doch Antranig hoffte inständig, dass sie sich eines Tages wiedersehen werden, und zwar frei.


    Kapitel 7: Tod

    „Aronjan, sie wollen sich doch nicht etwa meinen Anweisungen widersetzen!“ Smith bebte. Wütend starrte er den grinsenden hageren Mann an.
    „Nun machen sie mal halblang, Herr Smith. Ich bin hier nur in Interesse des Bundes der Geschäftsmänner. Mein Klient Mkrtchyan hat Sorge, dass es zu großen Verlusten im Humankapital kommen könnte, sodass zu erheblichen finanziellen Einbußen kommen könnte, da die Arbeitsplätze nicht ausreichend besetzt werden könnten.“ Stirn an Stirn standen sie sich gegenüber. Keiner wollte einen Anflug von Schwäche zeigen. Die Luft, sie knisterte vor Spannung, bereit zur Explosion.
    „Als ob ihr solche Arbeiter gebrauchen könnt, hochgeschätzter Herr Aronjan. Ich bin hier um die Sicherheit zu gewähren! Günstige Arbeitskräfte werdet ihr schon auftreiben können.“ Smith war ein Schritt näher an Karnig getreten. Nun konnte er jedes kleinste Detail dieses unnatürlichen Gesichtes erkennen. Doch Karnig wich nicht zurück. Kühl erwiderte der Geschäftsmann den Blick, ihn ebenfalls durchbohrend, röntgend, alles sehend.
    „Oh, du bist härter als ich dachte, doch ich warne dich. Vergiss nicht, warum ihr hier seid. Ich bin sowieso der Meinung, dass wir euch nicht brauchen. Ich werde höchstpersönlich diesen Aufstand hier beenden. Zur Not werde ich dafür auch erst dich aus dem Weg räumen, wenn es deinem Willen entspricht.“ Karnig griff an sein Gewand und enthüllte ein Kurzschwert. Es war schneeweiß, besetzt mit roten, grünen und meerblauen Edelsteinen. Smith hingegen zog seinen am Rücken runterhängenden Hammer hervor, nicht schön anzusehen, aber mit einer absoluten Vernichtungskraft. Wer war stärker, welche Waffe würde die andere in die Knie zwingen?
    „Nun, wollen wir das nicht friedlich lösen, Smith? Lass doch einfach mich die Meute stoppen, und wenn ich versage, räume ich für dich das Feld!“
    „Ich kann dich nicht machen lassen, wie du weißt. Es ist unsere Pflicht, nicht die eure.“ erwiderte Smith. Das Blut pochte, die Adern stachen auf seiner Stirn hervor. Seine Aggressionen machten sich durch schnelles flaches Atmen bemerkbar.
    „Mir ist bewusst, dass wir dieses Recht euch abgetreten haben. Aber denkst du wirklich, das würde dir hier und jetzt etwas bringen.“ Karnig Aronjan kehrte Smith den Rücken zu. Smith explodierte. Aronjan winkte nur, während er das Portal durchschritt. Smith ballte fest seine Faust. Mit einem Hammerschlag teilte er die Erde. Doch Karnig konnte mit einem leichten Seitenschritt dieser zerstörerischen Attacke entgehen. Doch Smith ließ nicht locker. Wutentbrannt sprang er Karnig an. Sein Hammer surrte durch die Luft, bereit diese Knochengestalt zu zertrümmern. Karnig wich geschickt aus, wiewohl er keinen Gegenangriff startete. Smith stürmte weiter, Karnig Aronjan wich aus. Doch dies steigerte nur Smiths Wut. Er wollte zerstören. Die Augen Smiths spiegelten all diese Kraft wider.

    Dann erstarrte er. Schweißperlen rannen über seine Stirn. Er blickte in die roten, halb geöffneten Augen. Sein Hammer blieb in der Luft stehen, der Griff umschlossen von langen, dürren Fingern. Das Schwert schien Smiths eigentlich gut gebauten Oberkörper, ,nun aber vollkommen zusammenkauernden vor Angst, zu zerschneiden. Der Körper fiel in sich zusammen. Schmerzvoll wand er sich auf dem Boden. Ein Grinsen peinigte die Augen. Die Muskeln krampften.
    „Oh, es geht dir scheinbar nicht gut, Smith, so kannst du wohl kaum ein Bad in der Menge nehmen.“ Aronjan drehte sich um. „Ich hoffe doch sehr, dass wir uns ab sofort verstehen.“ Mit langen raschen Schritten entschwand er. Smith rührte sich nicht. Das Grinsen verschwand. Angsterfüllte Augen mussten dem wehenden Stoffzipfel hilflos hinterher schauen. Er fasste nicht den Mut, Rache zu schwören, Rache, für eine gedemütigte Weltregierung.

    Antranig saß vor der Stadt. Flammen stoben wieder aus den Dächern. Der Kampf war wieder entbrannt. Aram musste sich für diesen Weg entschieden haben. Antranig war betrübt. Er wusste, dass es zu gefährlich war, doch er wollte Aram und seine Ziele, ja, auch seine eigenen Ziele, nicht verraten. Er wurde hin und hergerissen. Es war sinnlos. Er würde nur sein Leben verlieren, dann wären alle seine Ziele für die Katz. Und er würde Aram beistehen. „Aber merke Antranig:“ sagte er zu sich selbst, „du hast deiner Schwester versprochen zurückzukehren!“ Schweren Herzens wandte er sich ab. Weg von diesem verlorenen Posten. Die Stadt war dem Untergang geweiht.

    Aram hisste die Fahne. Sie hatten schon längst die Oberhand gewonnen. Die Soldaten waren überrannt. Der Zorn der Bürger, der Arbeiter hatte sie hinweggeschwemmt. Doch Aram blieb pessimistisch. Smith war noch nicht aufgetaucht. Er würde schon alleine ausreichen, um den Aufstand auf dem Fuße niederzuschlagen. Doch nun beobachtete er erstmal seine Genossen dabei, wie sie die Fabrik stürmten. Beschwingt sprang er von dem Sockel und folgte ihnen. Drinnen hörte man Schüsse der Soldaten, die nicht den Mut vor dieser Übermacht verloren hatte, doch schon wichen die Schüsse den Schreien. Aram fühlte plötzlich Skrupel. Was war mit den Soldaten geschehen? Wurden sie gerade gefoltert. Er blickte umhin, in Augen, die nur noch eines wollten: Blut! Blutdurst, überall. Rote Augen erschienen vor seinem geistigen Auge. Es schüttelte ihn. Er halluzinierte, wie die Soldaten gevierteilt wurden, wie sie gegeißelt wurden, gehäutet, gekreuzigt wurden. Er wünschte sich, dass die Fabrik einstürzen möge, dass die Verbrechen, die hier von den Aufständischen begangen würden, unter der Last zerdrückt werden mögen. Er merkte, wie er sich sogleich diesem Ziel verdingte. Und sie folgten ihm, viele, doch unten sah er sie, die Menge, die es zu vernichten galt, die weggesperrt werden musste.

    Ein scheußlicher Anblick bot sich Antranig. Die Massen waren in die Fabrik gestürmt, Vandalismus wäre für die Taten ihrer nicht genug als Bezeichnung, und hoch oben, auf der Fabrik stand er. Ein grinsende Gestalt derer sich Antranig nur zu gerne erwehren wollte. Wut schäumte in ihm. Er schrie, wies andere auf hin, doch keiner bemerkte ihn. Es musste doch einer ihn bemerken. Er wurde wild, er drehte sich, er packte die anderen, schleuderte sie zu Boden. Warum sah ihn keiner? Was war hier los? Aronjans Grinsen durchbohrte ihn immer weiter. Die Menschen liefen umher, aufgeschreckt wie die Hühner, ziellos, über ihre eigenen Freunde trampelnd. Unheil verkündete sich. Antranig war, als ob die Fabrik zusammenbrach, sich wie eine Decke über Aram legte. Verzweiflung packte ihn. Er musste hinein, er musste ihn waren, doch er konnte Aronjan nicht den Rücken zukehren. Es war eine Falle! Hilflosigkeit überkam ihn, als die Fabrik zusammenbrach. Aram war Geschichte, und er bald auch. Der Platz leerte sich, doch er spürte, wie hinter ihm diese Fratze war, dieses Skelett des Todes. Blind vor Wut sprang Antranig auf. Seine Faust, welche er in Richtung Luzifer schwang, erwischte Aronjan nicht. Sein Tritt ging ins leere. Aronjan war zu flink. Geschickt wich er Antranigs Angriffe aus, so schien es dem Rasenden. Doch dem objektiven Beobachter wurde sofort klar: Antranig zielte immer ins leere. Karnig Aronjan war immer drei Schritte voraus ohne sichtliche körperliche Belastung. Spielerisch tanzte er um Antranig herum.
    „Und so willst du mich treffen, Sardaryan?“ höhnte Karnig.
    „Halt dein Maul!“ gab der gescholtene zurück, doch obwohl seine Kraft weiter anstieg, verfehlte er sein Objekt der Begierde.
    „Es ist nicht gut, wenn du so erregt bist, mein Lieber. Du bist viel zu leicht auszurechnen. Bewahre einen kühlen Kopf.“ riet ihm Aronjan. Doch sein Grinsen ttrieb Antranig nur weiter in den Wahnsinn. Blut sprudelte aus dem Boden, Geier pickten Toten die Augen aus, welche beizeiten einen fingen und ihn aßen. Antranig inmitten dieser obskuren Szene, verzweifelt, über seine Schwäche, auch nur diesem grinsenden Kasper vor ihm Einhalt zu bieten. Sein Körper arbeitete, alle Muskeln arbeiteten, hin, auf diesen Mann, der so fern war. Seine Hände bluteten, teils vor Anspannung, teils aus fehlgeleiteten Schlägen. Das Herz pochte wild und drohte, den Torso zu sprengen. Er merkte, dass er schon längst keine Kraft mehr hatte, unfähig zu stoppen. Radikal gab sein Körper nach. Verzweiflung breitete sich aus, er sackte zusammen. Es gab keine Kraft mehr, er konnte keine Träne verweinen, für seine Schwester, welche er so sehr liebte. Nie wieder würde er ihr Haar riechen, ihr lächeln sehen, und den einfühlsamen Blick spüren. Sogar die Kraft zum Verschließen seiner Augen fehlte ihm. Doch schwarz vor seinen Augen, wurde ihm auch so. Er spürte, wie er starb. Wie sein Körper, leblos auf der Erde lag, wie Füße grob seinen Leib taktierten und Karnig Aronjan ihn zurückließ.


    Kapitel 8: Die Zeitung

    Eine Woche nach Antranigs Abreise: In den Zeitungen wurde von den Vorfällen in Gujan nur bedingt berichtet. Zwar wurde erwähnt, dass es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen war, auch das es zu Toten gekommen war, doch Details suchte man vergebens. Auch nahm davon die Mehrheit kaum Notiz, war es doch alltäglich, dass Unglücke geschahen. Ganz im Gegenteil, wenn überhaupt wurden die Aufständischen verurteilt, die enorme Zerstörung angerichtet hatten. Sogar eine Fabrik hatten sie dem Erdboden gleich gemacht. Das war nicht zu billigen. Doch es gab auch Leute, die mit regem Interesse und besorgt diese Neuigkeiten aufsogen und sie hinterfragten. Azadouhi hatte jeden Tag begierig die Informationen aufgesogen. Eine Nachricht von ihrem Bruder war nicht eingetroffen. Sorgenfalten bildeten sich auf ihrer sonst so schönen glatten Stirn. Die Hoffnung, Antranig wiederzusehen, schwand immer mehr. Die Unruhen waren vorbei, er hätte eigentlich keinen Grund mehr dort zu verweilen dachte sie. Und doch, kein Antranig da, der sie in den Arm schloss, keine Nachricht, die sie aufklärte. In all den Tagen war Azadouhi noch öfters im Tempel gewesen, als es sonst ihre Gewohnheit war. Lousvart schien sie zu verstehen. Sie war nun immer bei ihr. Sie half ihr, wenn sie in ihren Gedanken verloren Milch verschüttete, sie half ihr im Gespräch mit Bedürftigen. Doch all das konnte ihre Trauer nicht lindern. Selbst Der Hohepriester Hovhannisyan selbst vermochte es nicht. Dies beunruhigte dann wiederum Azadouhi. Das war noch nie vorgekommen. Sie wünschte sich inständig, ihr Bruder möge endlich zurückkehren. Beten, war alles was sie tun konnte.

    Dieser innere Kummer veranlasste sie dann auch an jenem Abend, Herr Gevor aufzusuchen. Als er ihr die Tür öffnete, schien auch er besorgt zu sein. Mit zittriger Hand verwies er auf einen Sessel. Es dauerte lange, ehe einer den Mut fand, das Gespräch zu eröffnen.
    „Nun meine Liebe, ich fürchte es könnte ihrem Bruder tatsächlich etwas zugestoßen sein. Ich denke mal, sie haben die Berichte in den Nachrichten verfolgt?“ Azadouhi nickte kurz.
    „Na ja, ich kann es nicht leugnen, dass daran etwas nicht stimmt. Nicht der übliche Mist, es ist etwas anderes. Ich selbst war vor nicht allzu langer Zeit selbst in Gujan, die waren zwar unbestritten wütend, doch diese Rohheit passt nicht zu ihnen. Um ehrlich zu sein, bezweifle ich sogar, dass zu solch barbarischem Handeln ein Mensch in der Lage wäre.“
    „Verzeiht, was meinen sie mit barbarisch?“ fragte Azadouhi. Gevor blickte sie kurz und erstaunt an.
    „Jetzt sagen sie nicht, sie haben diesen Bericht gelesen“ er reichte ihr einen Zeitungsartikel. Er war von einem Augenzeugen geschrieben worden. Heute erst veröffentlicht. Die Überschrift war nahezu reißerisch: „Die Monster aus Gujan“ stand da. „Die blutige Wahrheit aus der Rebellenhochburg“ hieß es weiterhin. Azadouhi schüttelte den Kopf: „Verzeihen sie, aber diese Zeitung les ich nicht, sie gilt ja auch eher als unseriös, da dachte ich…“ Doch Gevor unterbrach sie.
    „Ich mache ihnen deshalb keinen Vorwurf, doch dachte ich, sie würden alle Quellen zur Rate ziehen. Nun, normalerweise würde ich ja auch nicht dieser Zeitung trauen, doch der Journalist, er arbeitet eigentlich nicht für dieses Blatt. Sie kennen ihn sicherlich, er schreibt normalerweise in seriösen Zeitungen interessante und vor allem stimmige Berichte. Warum nun dieser Beitrag?“ Gevor blickte Azadouhi fragend an.
    „Nun, vielleicht wollte er einfach auch mal so was schreiben?“ versuchte Azadouhi diesen Sachverhalt zu erklären. Doch Gevor verneinte es direkt und vehement.
    „Nein, das ist auszuschließen. Vielmehr gehe ich davon aus, dass es die Wahrheit ist.“ Azadouhi war geschockt.
    „Aber sie sagten doch, dass es nicht zu den Leuten passt!“ erwiderte sie. Doch Gevor verharrte auf seiner Meinung.
    „Vielleicht sollte ich es anders sagen: Wahr für ihn! Erst neulich bin ich zusammen mit Antranig Zeuge geworden, wie wir selbst so eine Vision hatten. Wie Leute grausam übereinander herfielen. Als wir dann wieder bei Bewusstsein waren, fehlte uns nichts, außer natürlich der Tatsache, dass wir alle Schweißperlen auf der Stirn hatten und panische Angst. Ich denke es könnte sich hier um einen ähnlichen Fall handeln. Doch das würde auch bedeuten, dass all das, was geschrieben wurde, vielleicht gar nicht der Wahrheit entspricht. Vielleicht ist keine Fabrik eingestürzt, vielleicht gibt es keine Toten. Oder aber, es ist die Wahrheit, teilweise, aber eben durch solche Visionen könnte doch auch ein Volk gelenkt werden. Was wäre, wenn der Aufstand so künstlich erzeugt wurde, und später auch künstlich auf brutale Weise gestoppt wurde? Ich weiß es nicht, mir kommt dort alles spanisch vor. Aber wenn letzteres der Fall wäre, so wäre das höchst Besorgnis erregend. Das könnte bedeuten, dass dort lediglich Experimente durchgeführt werden würden und…“
    „… jemand so den ganzen Staat kontrollieren will?“ skeptisch vollendete Azadouhi Gevors Satz. Sie hatte ins Schwarze getroffen. Eben dies war seine Befürchtung. Bestürzt blickte er zu Boden, während Azadouhi dieses Szenario nicht glauben konnte oder wollte, je nachdem, wie man es sieht.
    „Nun Herr Gevor, ich denke ich verabschiede mich lieber mal.“ Azadouhi stand auf. Ihr Kopf schmerzte. Raschen Schrittes verließ sie Gevor, der im Sessel sitzen blieb.

    „Mister Smith, nun, ich höre.“ Legrant empfing seinen Untergebenen in seinem Büro.
    „Herr Legrant, es tut mir Leid, aber ich habe versagt, worüber sie sich sicher schon im Klaren sind.“
    „In der tat, ihr Versagen ist schändlich. Dennoch müssen sie mir berichten, wer es war, der sie und damit die ganze Weltregierung blamiert hat!“ Legrant stand auf und ging auf Herr Smith zu. Dieser scharte mit den Füßen.
    „Karnig Aronjan. Ich weiß nicht was mit mir los war, aber er hatte keinerlei Schwierigkeiten mit mir. Ich kann nicht beschreiben, was er getan hat, aber ich schien die Oberhand zu haben, doch dann plötzlich konnte er meinen Hammer einfach so mit der bloßen Hand stoppen. Ich weiß nicht mehr was dann geschah, aber ich dachte er hätte mich besiegt, doch am Ende lag ich nur körperlich unversehrt auf dem Boden, doch ich hatte Angst vor ihm. Bitte verzeiht mir meine Schwäche, Kommandant.“ Smith neigte den Kopf. Legrant kraulte sich am Kinn, seine braune Löwenmähne in den Rücken werfend reichte er ihm die Hand.
    „Nun gut, vergessen. Aber ich denke sie verstehen, dass sie demnächst mit etwas niedrigeren Aufgaben bedacht werden.“ Tränen standen in Smiths Augen. Es war ein schwerer Schlag für ihn. Er hatte es befürchtet. Es war seine Gelegenheit gewesen, endlich Ivan zu überflügeln, doch er hatte versagt.
    „Ich danke ihnen, Kommandant!“ Er verbeugte sich unterwürfig und verließ sein Büro.

    Wind strich durch sein strähniges Haar und wehte es aus seiner Stirn. Er blickte hinab ins Tal, wo der Marktplatz lag. Die Straße leerte sich langsam. Er spürte, wie eine junge Frau sturzbesoffen die Kneipe verließ und im Graben versank.
    „Karnig, wo warst du?“ anklagend stand Lousvart hinter ihm. Ihr schönes Gesicht mit ihren strahlend blauen Augen musterten Karnig scharf, doch in ihren Augen sprach auch Vertrauen und Hoffnung, tiefere Gefühle spiegelten sich in ihnen wider.
    „Nun, Miss Hovhannisyan, warum sollte ich ihnen das erzählen?“ Karnig drehte sich wieder weg. Doch Lousvart blieb hartnäckig.
    „Karnig, sag es mir!“ Ihre Augen waren fest an seinen Rücken geheftet. Sie wollte zu ihm gehen, doch er hielt sie zurück.
    „Frau Hovhannisyan, es ist mir nicht bekannt, dass ich dazu verpflichtet bin, sie über mein Leben in Kenntnis zu setzen. Es wäre außerdem auch hochrangig ungesund für sie als Politikerin, vor allem als eine von ihrer Fraktion, wenn sie in dunkle Machenschaften gerät.“ Lousvart erstarrte. Sie wünschte sich, in Karnigs Augen zu sehen, doch er wandte sich ihr nicht zu. Sie fühlte sich so fremd mit ihm, doch sie blieb dran.
    „Ich habe keine Angst vor dem, was du mir erzählen könntest.“ sie hatte sich gut unter Kontrolle. Auch wenn ihr inneres aufgewühlt war, so klang ihre Stimme fest. Doch wenn man in ihre Augen sah, konnte man es erkennen, dass es eine Illusion war.
    „Hach, da kann man dann wohl nichts machen. Ich denke ich verabschiede mich dann mal.“ Zügig schritt er an Lousvart vorbei. Sie suchte den Blickkontakt, demgegenüber mied Karnig aber diesen.
    „Ach ja, Frau Hovhannisyan, ich habe Kundschaft für dich. Es gibt da eine Person, um die du dich als Tochter des Hohepriester kümmern solltest. Immerhin behauptet ihr doch von euch, dass ihr euch um Personen mit psychischen Problemen kümmert.“ unterdessen kehrte Karnigs Grinsen in sein Gesicht zurück, welches indes während des gesamten Dialoges seinem Gesicht abhanden blieb.


    Kapitel 9:Wohin?

    Karnig schritt forschem Schrittes die Straße entlang. Kein Grinsen lag auf seinem Gesicht. Er war wütend. Warum musste Lousvart sich nur einmischen? Wenn es so weiter geht, würde er was unternehmen müssen.
    „Nachdenklich, hmm?“ Karnig wurde aus seinen Gedanken gerissen. Er erschrak. Es hatte sich offenbar ein feindlich gesinnter Jemand ihm genähert, ohne das er ihn gespürt hatte, geschweige denn erkannt hätte. Das frappierte ihn doch sehr. Doch er durfte sich nichts anmerken lassen. Wie eine Maske setzte er sofort sein alltägliches undurchdringliches Grinsen auf.
    „Tro Manoyan, sechster Rang! Ich frage mich nur, was du von mir willst.“
    „Ziemlich angriffslustig, dritter Rang! Denk bloß nicht, dass du mich besiegen kannst, auch wenn du einen höheren Rang bekleidest.“ entgegnete Manoyan.
    „Die Frage ist, was du gerade bezwecken willst. Möglicherweise, je nachdem, wie deine Antwort aussieht, muss ich dich aus dem Weg räumen.“
    „Selbstbewusst wie immer, unser Wunderknabe.“ auch Tro lächelte selbstbewusst.
    „Ich denke wir kommen so nicht weiter. Wenn das alles war, gehe ich. Wir sehen uns.“ Karnig war schon an Tro Manoyan vorbeigegangen, als eine Kugel sein Ohr streifte.
    „Nun bleib schon hier. Du weißt selber, um was es geht. Ich habe dich die ganze Zeit über beobachtet. Und du weißt es, du bemerkst mich immer.“
    „Du schmeichelst mir, Manoyan.“ Karnig grinste ihn mitten ins Gesicht. Tro hatte sein Gewehr an seine Schulter gelehnt.
    „Also gut, dann kommen wir zur Sache: Ich fordere, dass du mich an allem teilhaben lässt, was du uns an Informationen vorenthältst.“
    „Tja, davon wirst du nichts haben. Ich würde doch niemals gegen unsere Regeln verstoßen!“ Karnig grinste sicher.
    „Du lügst. Sag bloß, dass du nichts von Azizyan erfahren hast!“ Tro triumphierte. Er plusterte sich nahezu vor Karnig auf, welcher sein Grinsen ablegte und Manoyan böse anstarrte. Bedrohlich zuckte seine Hand zum Schwert, doch er zog es noch nicht. Manoyans kurz geschorenes schwarzes Haar, ein rundes Gesicht, grinsend. Er spielte mit dem Abzug seines Gewehres. Ein Schwertstoß durchstieß die Luft, doch Manoyan wich spielerisch aus. Ichüberzeugt wich Manoyan dem Streich aus, ehe er aus Karnigs Blickfeld entschwand. Versteckt visierte er Karnig an, welcher wild umherstarrte. Tro Manoyan kicherte, er würde gewinnen. Ein Schuss, doch er streifte Karnig nur knapp. Der stürmte nun wild mit dem Schwert fuchtelnd auf Manoyan zu, doch er wich leichtfüßig dem Schwert aus.
    „Na, wie fühlt sich das an?“ grinste Karnig, doch Tro lächelte nur zurück und verschwand schon wieder. Doch nur für kurze Zeit. Fast in demselben Augenblick spürte Karnig, wie eine Kugel in seiner Schulter einschlug. Schmerzverzerrt sank er zu Boden. Tro Manoyan kam aus seinem Versteck hervor. Leicht tänzelte er vor Karnig hin und her.
    „Da habe ich dich doch tatsächlich so leicht zu Boden bekommen. Ich habe dich durchschaut, du hast keine Chance mehr.“ Nun war es Tro der grinste. Karnig schlug krampfhaft mit seinem Schwert aus, doch einem solchen Angriff konnte sein Widersacher problemlos ausweichen und überdies mit einen gut gezieltem Schuss in Karnigs Arm beantworten. Das Kurzschwert fiel zu Boden. Tro lachte laut auf. Es hallte durch das Tal, während Karnig verzweifelt am Boden lag.
    „Das wars, Karnig. Gib auf, oder ich muss dich leider erst noch ein bisschen quälen. Du hast doch schon unlängst bemerkt, dass du mir hoffnungslos unterlegen bist. Ich frage mich, wie ich denken konnte, dass du ein harter Gegner werden könntest. Wenn man erstmal deine Masche durchblickt hat, bist du ein Niemand!“ Er spukte Karnig an. Ein missachtender Blick traf Karnig, welcher zu ihm aufsah. Sein Grinsen war zurück. Blut spritzte und benetzte Karnigs Gesicht. Seine roten Augen blitzten auf. Das Schwert zuckte durch die Luf, immer und immer wieder durchbohrte es den sechtsen, welcher erstarrt war, paralysiert, ungläubig. Die Augen waren erregt vor Freude, doch sein Körper war entstellt. Eine Wunde klaffte quer über seinen Oberkörper. Überall quoll Blut aus Stichverletzungen. Karnig erhob sich. Nah ging er zu dem Verletzten hin. Sein grinsender Mund war direkt an dem Ohr.
    „Du hast gar nichts begriffen, sechster. Du warst nie überlegen, ich hatte dich immer unter Kontrolle, schon am ersten Tag, wo du mich beschattet hast, wurdest du zu meiner Marionette. Ich hoffe du hast nun den Unterschied zwischen dem dritten und dem sechsten Rang erkannt, denn dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Fänge des Abgrundes haben dich schon fest im Griff. Der Schlund zum Hades hat sich geöffnet. Ich wünsche dir dort einen möglichst angenehmen Aufenthalt.“ Und er verschwand in der Nacht. Tro fiel rückwärts. Hart schlug er auf dem Boden auf, zu spät erkannte er die Realität, um noch irgendwas ändern zu können. So starb er, mit freudigen Augen, doch innerlich wurde er zerrissen.

    Hamesdouhi Fofana lag ruhig da.
    „Die hatte aber ganz schön einen in der Krone!“ Hovhannisyan lächelte. „Es war gut, dass du sie gefunden hast, Lou!“ Lousvart blieb ernst.
    „Es hätte böse enden können, wenn sie die Nacht über dort gelegen hätte.“ Lousvart blieb ernst.
    „Danke, das du mir dabei hilfst, mich um sie zu kümmern, Aza“ lächelte sie ihre Freundin an. Doch ihr Gesicht war immer noch gezeichnet von Antranigs Fernbleiben.
    „Ich weiß wie du dich fühlst, aber er kommt wieder, da bin ich mir sicher.“ aufmunternd lächelte sie ihr zu. Erwidert wurde dieses Lächeln, doch zaghaft und falsch. Azadouhi wollte Gewissheit haben, nicht inhaltsleere Aufmunterungen. Die Angst in ihr wurde von Minute zu Minute größer.
    „Wo bin ich?“ Das braunhaarige Mädchen war erwacht. Sie sah elendig aus, doch Azadouhi erkannte direkt, dass sie eigentlich ganz hübsch war.
    „Du bist im Tempel des Lichtes, ich habe dich gestern auf der Straße gefunden, ich heiße Lousvart Hovhannisyan, das ist mein Vater, der Hohepriester und das ist meine Freundin Azadouhi Sardaryan. Wer bist denn du?“ Lousvart reichte ihr ihre Hand. Doch das Mädchen sprang nur auf.
    „Was, ich bin im Tempel. Oh mein Gott, wie konnte das nur passieren?“ erschrocken blickte sie umher. Was sie sah bestätigte offensichtlich ihre schlimmsten Befürchtungen.
    „Ich muss hier weg.“
    „Nun warten sie doch einmal, gibt es für ihr Verhalten grade einen Grund?“ fragte Hovhannisyan sie gütig.
    „Natürlich, was will ich hier im Tempel. Mann, wenn das meine Freunde rausfinden, bin ich geliefert.“ Schnell machte sie sich zurecht. Währenddessen buhlte Azadouhi weiter:
    „Scheinbar hast du keine gute Einstellung zu Gott.“
    „Natürlich nicht. Ist doch alles Schwachsinn. Also gut, ich bin dann mal weg. Machts gut und trotzdem Danke!“ Sie wollte sich auf den Weg machen, doch Lousvart hielt sie zurück.
    „Vielleicht solltest du dich erstmal noch was ausruhen, du musst doch einen ziemlichen Kater haben.“
    „Natürlich hab ich einen Kater, aber mein Gott, auf den Schock muss ich erstmal was trinken.“ Hovhannisyan hielt ihr schnell ein Glas Wasser hin.
    „Hier, beste Qualität, dass wird ihnen gut tun.“ Doch das unbekannte Mädchen ignorierte ihn.
    „Oh mein Gott, wo bin ich nur hier gelandet?“ fragte sie ungläubig.
    „Mir wäre es ganz lieb, wenn sie Gott aus der Sache raushalten könnten.“ lächelte der Hohepriester sie an.
    „Alter sied ihr Spießer!“ erwiderte sie erhitzt. „Und nun lasst mich gehen.“ Wütend bahnte sie sich einen Weg.
    „Und ach ja. Danke!“ sie drehte sich zu ihnen ein letztes Mal um. Auch wenn sie vorher unmissverständlich ihnen verdeutlicht hatte, dass sie nichts mit ihnen zu tun haben will, sprach nur ehrlicher Dank aus ihren Augen. Dann drehte sie sich um und verschwand.
    „Sie ist kein schlechtes Mädchen!“ Hovhannisyan kratzte seine Glatze. „Mir wäre es recht, wenn du ein bisschen auf sie aufpassen könntest, Lou!“
    „Natürlich, Vater.“

    Am selben Abend lud Hayrig Sardaryan wieder ein paar ausgewählte Leute zum Essen ein. Da saßen sie, eine kleine Runde, Gevor, Hovhannisyan, Petrosyan und Juliana Galstyan, die Premierministerin.
    „Ich freue mich, dass sie alle den Einladungen unseres Präsidenten gefolgt sind. Ich denke es ist Zeit, dass sich die Opposition einmal mit unserer Regierung an einen Tisch setzt, sowie natürlich auch mit unseren Wirtschaftsbossen.“ Thomas Vogt sprach staatsmännisch.
    „Und sie denken wirklich, dass Frau Hovhannisyan und meine Fraktion diese Regierung unterstützen werden?“ Gevor hatte sich vorgebeugt.
    „Mein liber Herr Gevor, diese Probleme, die wir hier haben, können wir nur als ganzes lösen. Da dürfen sie sich nicht ausklinken.“
    „Vor allem sollten sich erstmal diese Lobbyisten raushalten, damit wir wieder Politik für das Volk machen können. Seien wir doch ehrlich, sie entscheiden gar nichts, sie wollen nur Premier sein, dass ist alles. Die Lobbyisten, die machen die Politik.“ Gevor genoss es, die Ministerin zu provozieren.
    „Mein geschätzter Herr Gevor, ich denke sie wissen, wie beliebt unsere Frau Galstyan im Volk ist.“ warf Petrosyan ein.
    „Und deshalb ist sie so wichtig für euch, oder? Wenn sie nicht das Vertrauen des Volkes genießen würde, wäre sie schneller weg als sie gucken kann.“ Lousvart Hovhannisyan beobachtete aufmerksam das Wortgefecht. Sie hielt es aber vorerst besser zu schweigen.
    „Ich denke sie gehen zu weit, Herr Gevor.“ Hayrig Sardaryan versuchte zu schlichten.
    „Mein Präsident, wie wäre es mal, wenn sie meinen Behauptungen einmal nachgehen werden, anstatt immer nur mich zu Recht zuweisen.“ forderte der Politiker.
    „Ich werde es auf meine Liste sitzen, aber vorerst muss ich etwas anderes machen. Es gibt Sachen mit Dringlichkeit.“ Der Präsident wollte keine Widerrede zulassen, doch nun meldete sich auch Lousvart zu Wort.
    „Dieselben leeren Versprechungen wie immer. Schon alleine die Tatsache, dass mit Petrosyan ein Geschäftsmann geladen wurde, aber kein armer Bürger, zeigt doch, wo ihre Prioritäten liegen.“ Gevor nickte zustimmend.
    „Ich denke wir sollten endlich Inhalte besprechen. Schließlich wollen auch wir, dass es allen gut geht.“ schloss sich die Premierministerin diplomatisch ein. Doch den Anwesenden war klar, dass es sich um eine Farce handelte. Hier würde nichts entschieden. So war das Essen schon relativ zügig vorbei.

    Nachdem sich die Veranstaltung langsam auflöste, nahm Gevor Azadouhi kurz beiseite:
    „Es tut mir Leid, aber ich befürchte, dass wir ihn tatsächlich verloren haben. In Gujan gab es keinen, der einen Antranig kannte. Er muss mitten in dem Aufruhr angekommen sein. Doch gib nicht auf, wir haben auch noch nicht seine Leiche, vielleicht lebt er ja doch noch.“ aufmunternd klopfte er ihr auf dem Rücken. Doch Tränen kullerten über ihre Wangen.
    „Komm mit!“ bat Lousvart sie. Sie führte sie nach draußen.
    „Hör mir zu, ich bin sicher, dass es ihm gut geht, er wird wiederkommen.“ Azadouhi musste schluchzen. Der mitfühlende Blick ihrer Freundin gab ihr wieder Mut. Seit langem ging es ihr wieder besser, etwas was nicht mal ihr Vater geschafft hatte. Sie nickte.
    „Ja, du hast Recht. Es ist alles möglich, ich sollte einen kühlen Kopf bewahren.“ Und dann schieden sie voneinander. Lousvart war froh, dass sie ihrer Freundin helfen konnte.
    „Bist du dir da sicher, dass es sie nicht nur härter treffen wird, wenn er am Ende doch Tod ist?“ Karnig saß auf dem Geländer.
    „Wo kommst du denn her.“ Erschrocken blickte sie ihn an.
    „Beantworte du erstmal meine Frage!“
    „Ich bin mir sicher, dass er lebt!“ Lousvart stelle sich entschlossen vor Karnig Aronjan.
    „Ich werde dich diesmal nicht gehen lassen, du wirst mir nun Rede und Antwort stehen! Was weißt du über Antranig?“ Ihre Augen waren fest entschlossen. Ihre Hände klammerten sich an Karnigs Handgelenken. Dieser neigte seinen Kopf zu ihr herunter. Langsam näherte er sich ihr. Sie konnte jedes kleine Detail in seinem Gesicht erkennen. Eine ungewohnte, aber angenehme Energie durchfloss sie. Sie machte ihre Augen zu, erwartend, was nun geschehen würde. Sie spürte, wie Karnig sich ihr weiter näherte. Es müsste bald geschehen. Sie lockerte ihren Griff. Und dann war das Gefühl weg.
    „Nun, ich muss leider gehen, eine gute Nacht wünsche ich dir.“ Karnig war an Lousvart vorbei. Er schritt langsam die Straße entlang, doch auch wenn Lousvart ihn spielerisch hätte einfangen können, so entfernte er sich immer mehr. Unerreichbar. Lousvart sackte am Geländer zusammen. Dicke Tränen quollen aus ihren blauen, schönen Augen.
    „Wo gehst du hin?“ fragte sie verzweifelt.


    Kapitel 10: Dunkelheit

    Tag 13 nach Antranigs Abreise:

    Die übriggebliebene Familie Sardaryan hatte sich im Salon versammelt. Hayrig ging nervös auf und ab. Sein Gesicht schien noch faltiger, seine Augen noch gestresster, seine Gestik noch abgehakter als sonst zu sein.
    „Wo ist dieser Junge nur hin, er hat sich auch kein einziges Mal bei mir gemeldet.“ Hayrig ließ sich in einen Sessel fallen. Seine Frau kam zu ihm und versuchte ihn zu trösten:
    „Ihm geht es gut, da bin ich mir sicher.“ versuchte sie ihn zu beschwichtigen.
    „Ich mir nicht.“ antwortete der Vater knapp. Azadouhi schaute still zu. Sie hatte sich auf einen Stuhl an der Wand gesetzt. Sie starrte auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoss gelegt hatte. Sie durfte ihren Eltern, sowie auch allen anderen, nicht sagen wohin ihr Bruder gegangen war. Schon lange wollte sie es rauslassen, aber sie hatte den Glauben in ihren Bruder noch nicht ganz aufgegeben.
    „Was sitzt du überhaupt da so still rum. Dein Bruder wird vermisst. Aber das geht dir ja alles am Arsch vorbei!“ Olympias keifte Azadouhi an.
    „Natürlich mache ich mir Sorgen.“ Azadouhi war aufgesprungen. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Tränen rollen über ihre Wangen. Die beiden Frauen starrten sich wütend an.
    „Du hast dich doch nie um Antranig geschert!“ brüllte Azadouhi.
    „Was erlaubst du dir, du Weib?“ Hayrig hatte sich vor seiner Tochter aufgebaut. „Sprich nicht so mit deiner Mutter, hab gefälligst Respekt!“ Azadouhi weinte nun endgültig. Tränen fielen schwer zu Boden. Azadouhi drehte sich um und lief aus dem Haus.
    „Dieses Mädchen, was soll nur aus ihr werden, wenn sie immer in den Tempel geht. Wir müssen mal mit ihr reden. So kann es nicht weiter gehen.“ meinte Olympias.
    „Lass sie doch mal in Ruhe. Es ist ihr Leben, und wenn sie sich für den Weg entscheidet, so werde ich es akzeptieren.“ Hayrig kraulte sein Kinn. „Ich glaube aber, dass sie mehr über Antranig weiß, als wir.“
    „Dann quetsch es aus ihr raus!“ forderte Olympias.
    „Nein.“ erwiderte Hayrig. „Wir wissen ja nicht, wie es sich genau verhält. Vielleicht hat er sie ja um Schweigen gebeten. Es wäre falsch, sie zu zwingen, ein solches zu brechen, das bringt nur Unglück.“ meinte Hayrig rücksichtsvoll, obgleich er sah, wie seine Frau tobte.
    „Beruhig dich!“ Daraufhin verließ auch der Präsident den Salon.

    „Herr Gevor, wann kann ich mit ihrer Rückkehr rechnen?“ der Parteigenosse sah zu, wie ihr Vorsitzender seine Koffer schloss.
    „Sobald ich gefunden habe, was ich suche.“ meinte Gevor knapp.
    „Was können sie denn in Gujan suchen wollen, da gibt es nichts.“
    „Es ist nichts politisches, es ist privat. Und ich denke, dass mein Privatleben sie nichts angeht.“ erwiderte Krikor knapp.
    „Also dann, bis bald hoffentlich.“ Und er verließ die Stadt.

    Azadouhi war wieder im Tempel. Zügig lief sie die Stufen hinauf. Der Bach floß gleichmäßig am Wegesrand.
    „Ach, hallo Miss Sardaryan, sie sind wieder da?“ Hovhannisyan kam ihr mit ausgebreiteten Armen entgegen.
    „Ja, ich bin zurück.“ antwortete Azadouhi knapp, während Hovhannisyan sie ihn seine Arme schloss.
    „Lousvart ist in der Hinterkammer, sie würde sich sehr freuen, wenn du ihr helfen könntest beim Papierkram.“
    „Ja, natürlich. Mach ich doch gerne.“ Azadouhi machte sich auf zur Hinterkammer. Während sie durch den Tempel schritt wurde sie freudig gegrüßt von den Gläubigen. Sie ließ sich nichts anmerken und erwiderte diese freudig.

    „Azadouhi, was ist?“ Lousvart warf ihr langes blondes Haar in den Rücken.
    „Nichts. Kann ich dir grade helfen? Dein Vater meinte du hättest Papierkram zu erledigen.“ Sie sah ihrer Freundin über die Schulter, doch der Schreibtisch war leer.
    „Nein, nein, ich fühl mich grade nicht so.“
    „Willst du mit mir darüber reden?“ fragte Azadouhi sie mitfühlend. Sie war froh, dass sie einmal die Gelegenheit bekam, ihrer Freundin zu helfen.
    „Nein, aber trotzdem danke. Was mich bedrückt, kann warten. Bei dir ist es dringender.“ Lousvart blickte Azadouhi eindringlich an.
    „Nun ja, mein Bruder ist jetzt schon 13 Tage weg, ohne das ich etwas von ihm gehört habe. Er wollte mir schreiben.“
    „Vielleicht hat er es einfach nur vergessen. Du verschweigst doch grade etwas. Sag es mir ruhig.“ Lousvart war aufgestanden.
    „Nein, das kann ich nicht.“ Azadouhi schluchzte.
    „Natürlich kannst du. Wenn du es totschweigst, hilft das Antranig auch nicht weiter. Und ich mache ja nichts.“ Lousvart blickte Azadouhi aufmunternd an. Diese wich sich die Tränen aus dem Gesicht.
    „Er ist nach Gujan gereist.“ Lousvart stockte der Atem. Sie nahm Azadouhis Hände.
    „Ich bin mir sicher, dass es ihm gut geht.“ Doch ihr fielen Karnigs Worte ein. Konnte Antranig wirklich noch leben? Oder war er tatsächlich tot. Wusste Karnig mehr? Konnte sie ihrer Freundin noch Hoffnung machen, oder war es besser, sie auf das Schlimmste vorzubereiten. Nein, sie durfte sie jetzt nicht so einfach fallen lassen.
    „Komm, wir gehen raus.“ Sie zog ihre Freundin hinter sich her.

    „Wir sollten langsam zurückgehen, oder?“ Die Sonne hatte sich schon längst rot gefärbt. Der tag neigte sich dem Ende zu.
    „Vielen Dank für deine Worte, Lou“ Azadouhi hatte Tränen in den Augen. Lousvart hatte Recht. Es machte keinen Sinn so zu tun, als ob ihr Bruder noch leben würde. Alles sprach dagegen. Sie muss es akzeptieren. Alles andere wäre höchst töricht. Durch die Tränen verschwamm alles vor Azadouhis Augen. Die Verzweiflung hatte endgültig den Keim der Hoffnung in Azadouhis Körper erstickt. Die Sonne die unterging, war auch Antranigs. Es passte alles perfekt. Heute würde kein Mond am Firmament stehen, der ihr in der Nacht helfen könnte. Langsam kehrten sie langsam in die Stadt zurück. Die Bäume raschelten im Wind und schienen Azadouhi trösten zu wollen, doch es war vergebens. Am liebsten würde sie hier bleiben, alleine, und nie mehr zurückkehren, doch Lousvart zog sie hinter sich her. Dann sahen sie die Stadt. Die Lichter in den Fenstern flackerten. Die Straßen waren wie leergefegt. Nicht mal ein Hund war draußen. Doch das war Azadouhi egal. Sie war froh, dass sie sich nicht für andere verstellen musste. So konnte sie ihre Leidensmiene aufbehalten. In den Häusern hörte sie wie Kinder schrien, wie Mütter weinten und Väter verzweifelt gegen die Wände schlugen. Es war eine traurige Welt, voller Verluste, voller Ängste. Die Mondlose Nacht legte sich wie ein Tuch über Ythran. Sterne am Firmament gab es nicht, denn der letzte flackerte noch einmal kurz auf, ehe er erlosch. Es war eine einzige traurige Farce. Dann sahen sie, wie eine Silhouette auf sie zielstrebig zukam. Arme schlossen sich um Azadouhi. Eine Hand streichelte ihr zärtlich durch das Haar.



    Arc 3: Der Stein des Anstoßes

    Kapitel 11: Der Bruder kehrt zurück

    „Hallo Schwester, ich dachte ich würde dich nie wieder sehen.“ Antranig lächelte ihre Schwester an. Zart drückte er sie an seinen Körper. Azadouhi schmiegte sich an ihn. Tränen fielen auf den Boden.
    „Tschuldigung das es so lange gedauert hat. Aber…“
    „Nein, es ist mir egal, Hauptsache du bist hier. Im Moment ist alles richtig. Alles was war ist doch egal.“ Azadouhi weinte bitterlich auf, als sie sah, dass Antranig schwer gezeichnet war. Es war als ob er gefoltert wurde, als ob er alle erdenklichen Qualen durchlaufen musste.
    „Komm gehen wir nach Hause, es wird kalt.“ Antanig legte seinen Arm um Azadouhi. Zusammen schritten sie die Straße hinauf zum Palast entlang. Lousvart blickte ihnen hinterher. Sie freute sich, dass es Antranig gut ging. Doch sein Anblick war verstörend. Was auch immer mit ihm geschehen war, es muss unmenschlich gewesen sein. Sie betete, dass es ihm gut geht. Und noch für einen anderen.

    Antranig fragte sich, ob er alles seiner Schwester erzählen sollte. Nein, das konnte er nicht, es würde sie verrückt machen. Der wusste selber ja nicht einmal, was geschehen war. Er war gestorben, oder nicht? Er musste rausfinden was geschehen war. War es Aronjan gewesen? Oder war es ein anderer? Er hatte schon mal so was gespürt, doch er wusste nicht, ob Karnig Aronjan auch damals in näherer Umgebung war. Doch eines war ihm bewusst. Dieser Aronjan musste gestoppt werden. Er widerstrebte ihm schon immer. Er fühlte sich an, als ob er einen einschnürte, in Finsternis stieß, alleine. Als ob er alle Gefühle abtötete, die ihm zu nahe kamen. Eine unangenehme Person. Wenn er ihn besiegen wollte, musste er Stärke gewinnen. Ja, das war die Lösung, er muss kämpfen. Doch wie sollte er das kämpfen lernen? Von wem?

    Lousvart ging mit ernster Miene auf ihn zu.
    „Was hast du getan?“ fragte sie ihn eindringlich. Doch der Gefragte grinste nur.
    „Was soll ich getan haben?“ Karnig spielte den Unschuldigen.
    „Die Zeichen sind eindeutig. Das war ihr Werk, Aronjan.“ Lousvart hatte sich vor ihm aufgebaut.
    „Oho, so angriffslustig?“
    „Vielleicht solltest du einfach mal ehrlich sein!“
    „Es gibt Sachen, die kann man nicht rechtfertigen. Ich erkenne mich als schuldig an!“ Karnig grinste schelmisch. Lousvart erstarrte. Wieso gestand er so einfach. Wieso leugnete er es nicht oder versuchte sich zu rechtfertigen? Karnigs Grinsen verwirrte sie. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen:
    „Moment, ich lasse nicht mit mir spielen. Ich lasse mich nicht verrückt machen. Nicht von dir.“
    „Ich wollte niemals mit deinen Gefühlen spielen!“ Karnig grinste nicht mehr. Lousvart blickte ihn an. Konnte das stimmen. Alles deutete auf das genaue Gegenteil hin. Angst machte sich breit, von ihm hin und her gestoßen zu werden.
    „Es tut mir Leid. Machs gut!“ Karnig schritt hinaus in die Dunkelheit, alles hinter sich lassend.
    „Wo gehst du hin? Schon wieder sagst du mir nichts.“

    „Herr Gevor, wir haben Antranig gefunden!“ Zoraver hatte Gevor angerufen.
    „Zoravar, es ist zu spät für Scherze, finden sie nicht?“ Gevors Stimme klang missmütig. Zoravar hatte ihn scheinbar um diese späte Stunde noch geweckt.
    „Aber es ist die Wahrheit! Er ist zurückgekehrt. Wir haben ihn mit seiner Schwester zusammen gesehen.“
    „Wirklich? Na dann wird es wohl stimmen, wenn Azadouhi ihn gesehen hat.“ Gevor war nun wach.
    „Ich komme sofort zurück. Wir müssen mit ihm reden. Sah er gut aus? Ist ihm was zugestoßen?“
    „Er sah nicht gut aus, aber er lebt!“ antwortete Zoravar.
    „Es war riskant, ihn gehen zu lassen, doch man muss auch mal was wagen. Und dieses Erlebnis wird ihn prägen.“
    „Ach, vergessen sie es. Im Moment ist alles richtig, da können wir uns getrost mit dem was geschehenen ist versöhnen. Wann kann ich denn mit ihnen rechnen, mein Freund?“
    „Schon bald. Ich bin nur bis Krassan gekommen, ich bin morgen im Laufe des Mittags zurück. Sorg dafür, dass er keinen Blödsinn in der Zeit anstellt. Er kann unser Mann werden, der endlich diese Scheiße hier beendet! Zoravar, richte dich darauf ein, dass du ihn trainierst. Wenn wir in dieser Welt etwas verändern wollen, werden wir wohl nicht umhin kommen. Auch ich bin leider viel zu schwach.“ Gevor redete ziemlich schnell. Er ließ keine Möglichkeit offen, Einspruch zu erheben. Doch Zoravar hatte auch so schon keine Einwände gehabt. Er kannte den Knaben zwar nur vom sehen, doch was er von ihm gehört hatte klang vielversprechend. Wenn er es war, dann mussten sie sich um ihn kümmern. Das System musste gestoppt werden, und er war derjenige, der es kann.


    Kapitel 12: Neuanfang

    „Vater, ich muss etwas mit dir besprechen!“ Antranig trat an den reichlich gedeckten Frühstückstisch. Hayrig und Olympias saßen zusammen am Tisch und speisten. Hayrig, welcher sein Brötchen reich mit Erdbeer-Marmelade bestrich, stand auf. Mit ausgebreiteten Armen schloss er seinen Erstgeborenen in seine Arme:
    „Komm her mein Sohn. Wir waren in Sorge um dich. Willst du uns vielleicht mitteilen, wo du warst?“ Hayrig gab sich als der gutherzige Vater, der alles was nun kommen möge akzeptieren würde. Doch sein Sohn war nicht entlastet. Unruhig verlagerte er sein Gewicht von dem einen auf den anderen Fuß.
    „Vater, ich muss dir leider mitteilen, ach was heißt hier leider, ich bereue nichts, aber dennoch muss ich dir mitteilen, dass ich deine Politik nicht unterstützen werde und nicht in deine Fußstapfen treten werde. Zumindest nicht so, wie du es erwartest!“ Antranig kauerte aufgeregt auf seiner Unterlippe rum, während er eine Reaktion seiner Worte abwartete.
    „Aber mein Sohn, dass habe ich doch nie erwartet. Ich und dich zu etwas zwingen?“ Hayrig lachte laut auf. „Du kannst gerne etwas anderes machen, sag nur was. Ich kann dich vermitteln. Welcher Konzern schwebt dir denn vor?“ Hayrig schlug Antranig väterlich auf den Rücken. Doch dieser nahm Abstand.
    „Vater, ich glaube du missverstehst da etwas. Ich möchte nicht zu deiner Oberschicht gehören. Ich möchte für die Rechte des Volkes kümmern, es aufklären. Ich habe mich schon entschieden, ich trete den Blauen bei.“ Gevor erstarrte.
    „Den Blauen? Der Partei von diesem Krikor Gevor? Ich bitte dich, ein gebildeter Mensch wie du? Bei Kommunisten? Bei diesen Wutbürgern, die weltfremd vor sich hin träumen? Du weißt doch was in der Demokratischen Republik Lamini passiert ist? Und was dieser Gevor und noch andere von denen dort für Funktionen hatten? Nein, das kannst du nicht wollen.“ Nun mischte sich auch Olympias ins Gespräch der Beiden ein:
    „Was erlaubst du dir eigentlich, Sohn? Dein Vater will nur das Beste für dich und du kränkst ihn so? Wir wissen was gut für dich ist und du wirst das auch annehmen. Deine Pläne werden alles zerstören, und du würdest nicht nur dir schaden, auch wir müssten leiden.“ Olympias hatte sich aufgerichtet. Wild fuchtelte sie mit dem Brotmesser vor Antranig hin und her. Dieser wich zurück.
    „Mutter, es ist meine Entscheidung. Und ich weiß auch, was ihr für mich getan habt. Doch ich weiß auch, was ihr für das Volk getan habt, oder eher, was ihr ihm angetan habt. Ich will daran was ändern.“ Antranig hatte sich gefangen. Auch er hatte sich aufgerichtet und war nun fest entschlossen, seinen Plan durchzuziehen. Für einen Rückzieher war es nun ohnehin zu spät. Hayrig hingegen krallte sich an einen Stuhl. Seine Hände schmerzten, doch er verzog keine Miene. Dann löste er sich vom Stuhl und stellte sich mit dem Rücken zu seiner Familie ans Fenster:
    „Schön, es ist deine Entscheidung. Ich lasse dich ziehen, ach was, ich verweise dich hiermit aus unserer Familie! Du hast nichts mehr mit uns zu tun, du bist nur noch ein einfacher Bürger. Schau wie du klar kommst. Und erwarte nicht, dass du in ein paar Wochen hier wieder rein kommst. Das wars. Ich wünsche dir noch viel Erfolg!“ Sarkasmus sprach aus seinem letzten Satz. Mit einem wutentbrannten Gesicht wandte er sich zum Gehen.
    „Heute Abend bist du verschwunden, in Ordnung?“ Hayrig verließ mit diesen Worten den Saal. Olympias schenkte ihrem Sohn einen letzten Blick, einen Blick, der ihre Missachtung, die sie schon lange hegte, ganz und gar zeigte, dann folgte sie ihrem Gemahl.
    „Euch wünsche ich auch viel Erfolg!“ Antranig lächelte. Er war froh, dass er es hinter sich gebracht hatte. Zufrieden setzte er sich an den Frühstückstisch. Sowas würde er wohl doch vermissen, dachte sich Antranig, doch er bereute seine Entscheidung komischerweise nicht. Auch die Reaktion seiner Eltern tat nicht weh. Er hatte damit gerechnet. Olympias hatte er schon längst abgehakt. Er sorgte sich nur etwas, was seine Schwester sagen würde.
    „Bruder, willst du das wirklich?“ Azadouhi stand in der Tür. Scheinbar hatte sie alles mit angehört. Antranig rückte unruhig auf dem Stuhl herum. So wollte er es ihr nicht eröffnen.
    „Ja Schwester, ich habe es mir gründlich überlegt und ich denke, dass es nach alledem, was geschehen ist, das Beste ist.“
    „Nun gut, du musst es wissen. Aber bitte bleib hier, rede noch mal mit Vater.“
    „Nein! Das geht nicht, wir sind von nun an Konkurrenten. Es ist besser, wenn wir uns aus dem Weg gehen.“ Azadouhi weinte. „Gräme dich nicht, wir werden uns immer noch häufig sehen, dass verspreche ich dir. Ich kümmere mich um dich!“ versicherte ihr Antranig. Er wischte ihre Tränen aus dem Gesicht.

    „Nun, es war vielleicht etwas überstürzt von dir. Vielleicht hättest du das vorher mit uns absprechen sollen. Aber gut, dass Kind ist in den Brunnen gefallen. Wieso bist du nun zu mir gekommen?“ Zoravar musterte Antranig streng. Er hätte nicht gedacht, dass Antranig so was binnen kürzester Zeit anrichten könnte. Auch, dass er zu ihm gekommen war, war unerwartet. Da saß er nun. Und er erwartete etwas von ihm.
    „Trainiere mich!“
    „Du forderst viel von mir. Woher soll ich wissen, dass du das Zeug dazu hast?“
    „Natürlich sollte ich jetzt eigentlich etwas auf den Tisch legen können, etwas handfestes, damit du weißt, dass ich wirklich dafür geeignet bin, doch ich habe nichts. Ich bin der Sohn des Präsidenten, das spricht gegen mich, sonst hab ich nichts.“ Zoravar war erstaunt. Schließlich hätte Antranig von seinen Beziehungen zu Gevor reden können. Doch er wollte offensichtlich ihn als Person überzeugen. Zoravar ließ ihn gewähren.
    „Also alles, was du mir sagst, ist das du mir gar nichts lieferst im Moment?“
    „Ich liefere dir mich selbst. Entscheide, ob ich euch helfen kann oder nicht. Frag mich, teste mich, mach was du willst!“ Antranig sprach mit fester Stimme. Überzeugung sprach aus seiner Stimme, aus seiner Gestik. Doch Zoravar war unentschlossen.
    „Wichtig ist, was du denkst. Kannst du uns helfen? Kannst du dem Volk dienen?“ Zoravar fragte direkt. Erwartungsvoll begutachtete er Antranig. Dieser zögerte.
    „Nun, ich denke, dass ich das nicht entscheiden kann. Ihr seid erfahrener, reifer…“
    „Das ist nicht das, was ich hören will!“ donnerte Zoravar. „Kannst du es, oder kannst du es nicht?“ Antranig schaute Zoravar überrascht an. Doch dieser sagte nichts. Antranig stand auf.
    „Scheinbar sind sie nicht der Meinung.“
    „Setz dich hin!“ herrschte Zoravar ihn an. „Gib mir zuerst eine Antwort: Kannst du es oder kannst du es nicht?“

    „Herr Sardaryan, sie scheinen besorgt zu sein. Soll ich ihnen etwas kommen lassen?“ Herr Vogt wurschtelte um seinen Präsidenten umher. „Wenn sie wollen, sage ich auch den Termin mit Legrant ab.“ Doch Hayrig winkte ab.
    „Lass mal. Er müsste jeden Moment eintreffen. Ich werde ihn empfangen.“ Hayrig richtete seine Klamotten. Mit einem beherzten Griff zog r seine Krawatte fest.
    „Herr Präsident, der Herr Legrant von der Weltregierung ist eingetroffen. Soll ich ihn in den Salon führen?“ Ein Dienstmädchen hatte das Zimmer betreten. Hayrig strich sich mit seiner Hand durchs Haar.
    „Ja, ich bitte darum.“
    „Wie sie wünschen. Soll ich sie entschuldigen, dass sie sich etwas verspäten?“
    „Nicht nötig, danke. Ich komme schon.“
    „Ganz wie sie wünschen.“ Das Dienstmädchen verneigte sich, drehte sich um und ging. Hayrig folgte ihr, darauf achtend, eine staatsmännische Figur abzugeben. Erhaben, eine Hand in der Hosentasche, schritt er hinter ihr drein.
    „Herr Sardaryan, ich freue mich, sie zu sehen.“ Legrant reichte Sardaryan die Hand. Hayrig spürte einen festen Händedruck.
    „Wir haben viel zu besprechen, nehme ich an.“ Hayrig wies seinen Gast auf einen Stuhl vor seinen Schreibtisch.
    „Sie haben Recht. Die umliegenden Staaten werden langsam unruhig. Ich bin zwar kein Politiker, doch können sie nicht langsam etwas gegen die Unruhen unternehmen?“
    „Tut mir Leid, aber sie wissen ja selber, dass wir nichts ändern können. Galak hat viele Staaten, zwar haben wir großen Einfluss durch den Staatenbund, doch es gibt nun mal auch ein paar, die sich uns noch nicht angeschlossen haben, auf die müssen wir aufpassen, dass sie uns beitreten, doch das ist bei der derzeitigen Stimmung nicht machbar.“ Hayrig ließ sich auf seinen Sessel nieder.
    „Aber die Republik Sacko hat doch zumindest in dem Staatenbund Einfluss, warum setzen sie sich dort nicht einmal endlich dafür ein, dass das Militär eingreift?“ drängte Legrant.
    „Es ist doch schon längst alles beschlossen wie sie wissen. Ein Militäreingreifen käme aber zu früh. Noch ist das Volk dafür nicht bereit.“ konterte Hayrig.
    „Nun, ich will offen mit ihnen reden. Die Weltregierung sieht das anders. Wir sollten endlich diese Störenfriede wegschaffen, diesen Zoravar, diesen Gevor, die müssen weg. Alle von denen. Wie heißt es noch: „Und wenn dich dein Auge ärgert, so reiß es heraus und wirf es weg“. Wenn wir sie nicht ausschalten, so könnte so eine Bewegung sich formen.“ Legrant haute auf den Tisch. Tinte spritze auf die Papiere die auf dem Schreibtisch verteilt lagen. Hayrig kaute unruhig auf seiner Unterlippe rum.
    „Nein, ich verbiete ihnen das. Ich bestimme, wann wir eingreifen müssen. Von mir aus können wir was deichseln in einem anderen Staat. Wäre vielleicht sogar eine gute Ablenkung. Es gibt dort einen Staat, der uns schon länger ein Dorn im Auge ist, der auch eine Gefahr darstellt. Sie könnten wir sicherlich problemlos liquidieren.“ Legrant beäugte Hayrig.
    „Gut, aber wenn sich die Lage ändern sollte, dann müssen wir das Kapitel noch mal neu aufrollen.“ lenkte Hayrig ein.
    „Selbstverständlich. Ich danke für ihr Verständnis.“ Hayrig verbeugte sich.

    Zoravar stand auf. Er atmete tief ein. Das war es. Er war es nicht. Er schüttelte den Kopf. Doch
    „Ich kann es!“ hörte er plötzlich. Wild drehte er sich um. Antranig starrte ihn entschlossen um. „Ich kann es, sage ich!“ Auf dem furchigen Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab.
    „Das wirst du noch bereuen!“ versicherte Zoravar Antranig ernst, aber dennoch freudig erregt.

    Pause, morgen würde Zoravar mit seinen Lehren beginnen. Antranig musste das Geschehene verarbeiten. Warum war Aram gestorben? Weil er sich auflehnte, weil er gekämpft hat? Warum gab es dort solche ein Elend, warum gingen unsere Industrielle in solche Länder? Wieso? Was hat dies mit wirtschaftlichen Aufschwung zu tun, Industrie und so durch verringerte Arbeitnehmerrechte, durch geringe Umweltstandards anzulocken und letztlich noch damit, dass diese Unternehmen Steuervergünstigungen kriegen und weniger den Leuten bezahlen müssen? Was ist daran gerecht? Warum stört das hier keinen, wieso sieht man nicht das Unglück vor Ort? Man hätte seinen Tod verhindern können, sie alle waren Mörder. Scheiß Koinsumgesellschaft. Aber wie hatte Zoravar ihn gelehrt, Angebote anzunehmen, ist kein Verbrechen. Bei einer Diät, hatte er gesagt, da stehen bei dir auf dem Tisch auch keine fettigen Speisen, keine Plundergebäcke. Wenn wir das also nicht haben wollen und uns eigentlich einig sind, aber alleine zu schwach sind, dann muss die Gesellschaft das knallhart durchsetzen. Keine Macht den Einzelbnen, alle Macht dem Volk. War das richtig? Antranig drehte es im Kopf, es war wirr, er wollte mehr wissen um entscheiden zu können, um sich sicher zu sein. Mehr wissen, mehr Mensch sein.


    Kapitel 13: Schrei

    „Da geht er wieder ein und aus. Wieso verkehrt er in solchen Häusern?“ Der Mann mittleren Alters, durchschnittlich groß mit Drei-Tage-Bart und ernsten braunen Augen blickte hinab auf die Straße.
    „Er hat sich gegen seinen Vater entschieden.“ Der andere Mann, groß, dürr, spitzes Gesicht mit langen Fingern. Doch das markanteste waren diese roten stechenden Augen.
    „Was hast du nun mit ihm vor?“ fragte der Braunhaarige.
    „Nana, da hat mich wohl einer durchschaut.“ Karnig grinste.
    „Nun spiel nicht rum und sag es mir.“ Bohrte der Unbekannte weiter nach. Karnig wandte sich zu ihm um.
    „Du weißt doch schon, welch schrecklich Schicksal ich für ihn bereit halte, nicht? Er wird leiden müssen ehe er stirbt. Doch davor wird er mir noch nützlich sein.“ Die roten Augen versengten die Luft. Die Stimme schnitt den Wind. Der Braunhaarige, welcher eben noch ruhig neben dem Mysteriösen stand, zuckte zusammen.
    „So sei es dann.“ Murmelte er.
    „Ach Gott, du hast mir doch nicht etwa grade wirklich geglaubt?“ Aronjan lachte schallend auf. Es klang falsch, falsch wie alles an dieser Person. Der Braunhaarige musterte ihn, doch er hätte genauso gut mit den Füßen auf den Boden scharen können. Er hasste es, wenn Aronjan erneut diese Farce abzog. Doch Aronjan störte dies nicht. Er drehte sich um und verschwand in der Nacht.
    „Ich denke mal, dass heißt zurück auf deinen Posten, Matous.“ Und auch er entschwand.

    „Ahh, Herr Präsident, wie geht es ihnen?“ Legrant schüttelte Sardaryan eifrig die Hand.
    „Bestens, danke der Nachfrage“, antwortete dieser höflich.
    „Und wie ich sehe ist auch ihre Tochter wohl auf, aber wo ist ihr Sohn?“
    „Noch nicht von seiner Studienreise zurück, leider, aber wir sind in regem Kontakt, auch er erfreut sich bester Gesundheit.“ Während Hayrig diese Lüge formulierte wurden seine Hände nass. Unruhig klammerten sie sich an den Stuhlbeinen fest. Nun durfte er keinen Fehler begehen.
    „Na dann ist doch alles bestens privat. Politisch können wir das wohl noch immer nicht behaupten, auch wenn Gujan nun wieder unter unserer Kontrolle ist. In vielen Nachbarstaaten bildet sich immer weiter Zündstoff. Die Leute werden sich langsam ihrer Armut und vor allem dem Reichtum ihres Landes, Herr Sardaryan, bewusst. Sie werden schon bald anfangen zu streiken, es ist an der Zeit, dass sie mit den hiesigen Politikern verhandeln und Gegenmaßnahmen zu ergreifen, ansonsten ist ein Massaker nicht zu vermeiden.“
    Natürlich, ich werde umgehend Maßnahmen ergreifen. Ich denke Premierministerin Galstyan haben sie ebenfalls schon beraten?“
    „Sie weiß, was zu tun ist.“ Versicherte Legrant dem Präsidenten. „Na dann, grüßen sie ihre Gemahlin von mir.“
    „Selbstverständlich, Herr Legrant. Seien sie sich sicher, dass sie ihren Gruß erwidern würde.“ Legrant reichte Hayrig kurz die Hand und verließ den Saal. Hayrig blieb zurück. Schweißperlen fielen von seiner Stirn ab.
    „Na du Feigling, du hast es aber echt vermasselt.“ Olympias schritt in den Raum. Beschuldigend blickte sie ihren Gemahl an. „Also wenn Legrant nichts von Antranig spitz bekommen hat dann ist der Kerl aber mehr als nur dämlich. Wie kannst du nur so dumm sein dir etwas anmerken zu lassen. Ich hab doch gesagt du solltest Legrant Bescheid geben damit er sich diskret um die Angelegenheit kümmert. Kommt etwas davon so raus gibt das einen Riesenskandal. Und ich möchte dich nicht daran erinnern was dann aus dir und vor allem aus mir wird. Wolltest du mich nicht immer beschützen?“ Olympias blickte ihn kalt an. Sie liebte es, wie sie ihren Mann kontrollieren konnte, nur weil ihn ihre schöne Gestalt reizte.
    „Natürlich nicht, Liebling, aber ich dachte…“
    „Hör auf damit. Der Junge war eh verdorben. Tsakig, das ist dein wahrer Sohn. Ich sage dir, wirf Antranig von dir, nein, erledige ihn. Und deine Tochter verkauf an den Meistbietenden.“
    „Das kannst du doch nicht von mir verlangen!“ Hayrig war schockiert. Unsicher blickte er die Frau, die er seit jeher liebte an.
    „Natürlich, und ich möchte dir jetzt eigentlich verschweigen, was passiert, wenn du dich weigerst.“
    „Willst du mir etwa drohen?“
    „Nimm es als gut gemeinten Rat. Ich will doch nur dein bestes!“ konterte Olympias.
    „Ich werde meine Kinder nicht einfach so aufgeben!“ erwiderte Hayrig erhitzt.
    „Und wie war das denn mit Tsakig?“
    „Da hatte ich keine andere Wahl. Das war alles nur zu seinem Besten!“
    „Woher willst du das denn wissen. Tsakig braucht seine Mutter!“ Olympias verlor nun die Fassung. Tränen kullerten aus ihren Augen. Geschrei kam aus ihrem Mund, wirr und unverständlich. Hayrig schaute nur zu. Er wusste, dass es besser wäre, Olympias sich erst einmal ausschreien zu lassen, darum verließ er unter ihrem wütenden Gebrüll den Saal. Doch das Geschrei verfolgte ihn. Es war der Schrei seiner Familie, der endlich eine Stimme bekam.

    Antranigs Gesicht war schmerzverzerrt. Seine Hände übersät von Brandblasen. Ungläubig starrte er seinen Trainer an.
    „Was schaust du mich so an? Es war doch dein Wunsch stärker zu werden. Und nun das, Antranig, ich bin enttäuscht.“ Zoravar zeigte auf die glühenden Kohlen, welche zu Antranigs Füßen lagen. „Los, leg sie zurück ins Feuer und nimm dir ein paar Neue!“ forderte er ihn auf.
    „Das ist unmenschlich, dass können sie nicht von mir verlangen!“ meinte Antranig rebellisch.
    „Nun mein Hasenfuß, Gevor meint nun mal doch!“ Antranig blickte Zoravar bitterböse an. Doch er bückte sich gefügig. Fest entschlossen keinen Mucks von sich zu geben griff er nach den Kohlen, vergeblich. Markerschütternde Schreie stieß er aus. Zoravar feuerte ihn an, haderte mit ihm. So ging es weiter und weiter, schon seit Nächten und noch für viele weitere Nächte.

    „Herr Smith, ich hätte einen Auftrag für sie. Sie werden eine Spezialeinheit befehligen. Suchen sie in ganz Ythran nach Antranig, den Sohn des Präsidenten. Aber bitte diskret. Keiner soll etwas merken, auch der Präsident nicht. Und unternehmen sie nichts ohne weitere Befehle. Wenn sie ihn gefunden haben, melden sie es bitte mir und sonst niemanden. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ Legrant beäugte Smith aufmerksam. Dieser nickte nur kurz und fügte sich dem Befehl.
    „Glasklar, Kommandant!“
    „Schön. Ich hatte gehofft, dass sie mit dem Auftrag keine Probleme haben. Doch ich hoffe, dass dies auch so bleibt. Denken sie immer daran, dass sie versagt haben.“


    Kapitel 14: Verrat und Flucht

    Licht kroch durch die Säulen und flutete die Halle. Es war ruhig. Nur der Hohepriester selbst war anwesend. Still kniete er ehrfürchtig auf dem Boden, langsam und innig ein Gebet sprechend.
    „Ein Sturm zieht auf. Ich spüre, wie es brodelt. Die Reisenden berichten von schlimmen Dingen. Doch hier herrscht Ruhe. Sie dösen vor sich hin. Bestenfalls spenden sie ihre Brotkrümmel irgendwelchen Organisationen. Doch wirklich etwas ändern, sich bewusst werden, dass sie selbst der Grund dafür sind, dass es diesen Leuten schlechter ergeht, darauf kommen sie nicht. Zumindest nicht die Meisten.“ Er seufzte schwer. Mühsam richtete er sich auf. Sein Gesicht zierte eine tiefe Sorgenfalte. „Die Menschen hier sind gut, doch werden sie manipuliert. Bitte, gib uns den Mut die Wahrheit zu erkennen, Allmächtiger! Bitte, schick uns Einen, der den Mut und die Gabe hat, die Missstände anzuprangern und was zu ändern!“ Diesen Hilferuf gen Himmel ausstoßend sah er wie das Licht immer weiter den Saal flutete, doch es kam nicht bis zu ihm. Er wartete, wartete vergebens. Enttäuscht ließ er die Arme sinken. Er drehte sich um und ging von dannen. Er hatte auf ein Zeichen gehofft, doch wie so oft wurde er enttäuscht. Er durfte nicht zweifeln, nicht er.

    Eine Kneipe in der Stadt. Drinnen sitzen nur wenige Leute. Ein Mann mit Hut und Sonnenbrille, der immer wieder sich verstohlen umsieht, ein etwas verstörend anmutender Jugendlicher, schwarze Haare, tiefe Augenringe worin scheinbar gelangweilte Augen ruhen und eine Gruppe junger Männer, mehr nicht. In dieser Gruppe gab es eine heftige Diskussion. Die Krüge wurden stampfend abgesetzt um den Worten Nachdruck zu verleihen. Antranig war erhitzt: „Du willst es einfach nicht begreifen, Gabriel, oder? Wir müssen etwas gegen diese Regierung unternehmen, ach was, gegen unser ganzes Parteiensystem. Die sind doch so ziemlich fast alle gleich. Keiner beißt die Reichen. Alle trampeln sie nur auf den Armen rum. Selbst hier ist schon längst ein Großteil der Bevölkerung in Armut, und es werden immer mehr.“ Antranig überhörte all die abwertenden Zwischenrufe seiner Freunde.
    „Und ich sage dir, dass du einfach nur keine Ahnung hast. Uns geht es in diesen Krisenzeiten doch noch gut im Vergleich zu anderen.“ Zustimmendes Gemurmel machte die Runde. Doch Antranig gab nicht auf:
    „Lasst euch doch nicht einfach so einlullen von den Medien, welche doch auch mit zu dem System gehören. Denkt doch mal selber nach.“ Antranig war aufgestanden. Wütend blickte er in die Augen der anderen, doch auch sie erhoben sich einer nach dem anderen. Doch Gabriel blieb sitzen:
    „Einfach nur lächerlich, deine Behauptungen! Aber ich habe mich jetzt genug amüsiert. Ich geh dann mal nach Hause. Man sieht sich!“ Antranig stierte ihm wütend nach. Fest umklammerten seine Finger den Tisch. „Und ihr, was meint ihr?“ forderte er die Übriggebliebenen heraus.

    „Herr Legrant, ich habe hier eine Person gefunden, die uns etwas über die Zielperson erzählen will!“ Smith hatte den Raum betreten.
    „Wer würde uns denn schon etwas über Antranig erzählen wollen? Was erwartet er als Gegenleistung? Und woher wissen wir, dass wir ihm trauen können?“ fragte Legrant skeptisch.
    „Er gibt sich als ein Freund Antranigs aus.“ Antwortete Smith knapp.
    „Ein Verräter? Das wundert mich!“ Legrant fasste sich an die Stirn. „Nun gut, er wird schon seine Gründe haben, lassen sie ihn rein!“

    „Ivan, wir haben die Beweise. Kümmern sie sich bitte um Antranig!“ Legrant schritt forsch auf ihn zu. Ivan indes stählte seinen Körper. Seine muskulösen Oberarme drückten seinen durchtrainierten Körper immer wieder nach oben. Sein rundes, eher oktagonförmiges Gesicht war mit Schweiß benetzt, kräftige Kiefermuskel, engbeieinander liegende Augen, eine hohe Stirn, kurzgeschorenes schwarzes Haar.
    „151, 152, 153, gut, wo finde ich ihn denn und was springt für mich dabei raus? 160, 161 , 162“ Schweiß tropfte von seiner Stirn, während er wieder und wieder in den Liegestütz ging.
    „Willst du denn gar nicht erfahren, warum wir ihn erledigen können?“
    „Das interessiert mich nicht. Ruhm, Ehre und Geld ist alles, was mich interessiert. 169,170,171“ erwiderte er.
    „Nun, das ist aber eine ungewöhnliche Kombination möchte ich meinen.“ Legrant grinste.
    „Finden sie? Find ich nicht. 182, 183, 184“
    „Ist ja auch egal. Ich zähle auf dich, in Ordnung!“
    „Tun sie das, Chef. Ich bin ihnen verpflichtet. 188, 189, 190“

    „Schwester, es tut mir Leid. Weine nicht so sehr.“ Azadouhi und Antranig standen gemeinsam am Ufer des Rahum. Azadouhi schüttelte sich. „Hier, nimm meine Jacke.“
    „Danke!“, erwiderte Azadouhi knapp.
    „Was ist los mit dir? Genieße doch mal mehr dein Leben!“ Antranig beobachtete besorgt seine Schwester. Er konnte nicht verstehen, warum seine Schwester alles so schwer nahm, warum sie so sehr an der Familie hing. Doch mochte er sie und ertrug es nicht sie so zu sehen.
    „Oh, habe Spaß und lass dich nicht davon beunruhigen, dass dein Bruder jederzeit tot aufgefunden werden könnte.“, meinte sie sarkastisch.
    „Ich bin doch kein Verbrecher. Ich habe gar nichts zu befürchten.“, entgegnete der Antranig. Schützend legte er seinen Arm um sie. „Ich werde immer für dich da sein!“
    „Und was war als du auf Reisen warst? War das etwa nichts. Begreifst du es noch nicht, jemand hat es auf dich abgesehen.“ Azadouhi schluchzte, die Tränen fielen schwer zu Boden während ihr inneres erzitterte.
    „Aber auf der anderen Seite ist mir das Schicksal wohlgesonnen, sonst wäre ich wohl kaum hier.“ Ein Lächeln zeichnete sich auf Antranigs Gesicht ab, doch es konnte Azadouhi nicht ermutigen.
    „Und was ist, wenn dich das Glück doch verlässt?“
    „Dann werde ich mich an meinen eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen, ich verspreche es dir.“ Still verharrten sie umschlungen. Antranig spürte, wie Azadouhi sich wünschte, ihn ewig so festzuhalten und er hatte Angst davor, diese Haltung aufzugeben. Doch er hörte, wie aus der Ferne jemand seinen Namen rief…

    „Antranig, du musst verschwinden. Sie suchen nach dir die Stadt ab.“ Gevor kam atemlos an. Antranig stand wie versteinert da.
    „Aber wie, und warum?“, fragte er verunsichert seinen Mentor.
    „Hast du jemals mit jemanden geredet über das ganze außer mit mir und Zoravar?“
    „Nein, das heißt doch, aber meine Freunde würden mich wohl kaum an jemanden verraten.“ Antranig blickte unsicher hin und her, doch seine Stimme ließ nichts an seiner Überzeugung missen.
    „Scheinbar doch mein grünschnäbliger Freund. Hör zu, du machst dich sofort auf den Weg. Flieh nach Crohaven, von dort musst du ein Schiff besteigen. Verlasse diese Insel möglichst schnell, haben wir uns verstanden?“ Gevor redete eindringlich auf den Jungspund ein.
    „Aber…“
    „Sag mir dein aber das nächste Mal! Ansonsten wird es Keines geben!“, stoppte ihn Gevor. Er stieß ihn vorwärts. Antranig blieb stehen. Er drehte sich zu seiner Schwester um, welche still zugesehen hatte. Sie blickte ihn verzweifelt an. Dann lief ihr Bruder von dannen.


    Kapitel 15: Fahndung

    Hinab blickte der Kapitän auf das Getümmel unter sich. Säbel klirrten, Schüsse knallten, und diese Rufe, mal der eines armen Schweines, mal der eines Triumphes, mal der der Entschlossenheit. Diese prägte auch ihn, wie er hinab schoss, wie er mit seinen Krallen zwei Gegner in die Lüfte hievte und fallen ließ, so wie sie von der Gesellschaft längst fallen gelassen worden waren. Das war der Grund, der Grund für ihren Lebensweg, doch er konnte nichts daran ändern. Sie nur aus Mitleid leben zu lassen durfte, konnte er nicht. Sie würden nur für weitere Nachfolger ihrer Zunft sorgen. Der Zunft, die er bekämpfen wollte. Während er erneut seinen Luftangriff startete konnte er in die Augen dieser Männer blicken. Grausamkeit war zu sehen, Hass, Wut, Entschlossenheit alle zu töten. Wurfsterne verletzten ihre Körper, doch die Augen blieben bestehen. Weit aufgerissen, wahnsinnig. Er sah, wie ein Untergebener von ihm nach dem anderen niedergestreckt wurde, wie von Geisterhand, doch er sah nicht den Täter. Es war als ob der Wind selbst die Körper aufschlitzte. Dann erschien ihm ein Mann mit einem Gesicht, so grausam, so erbarmungslos wie der Teufel selbst es sein musste. Lumpen bedeckten seinen Körper. Der Dolch in seiner Hand zuckte, willig alles zu schneiden. Und dann verschwand er. Präventiv, hielt Kondor seinen Flügel zwischen seinem Angreifer wo er vor wenigen Augenblicken denn noch war und sich selber. Der Dolch durchstoß schmerzvoll seinen Flügel doch Kondor war nur noch entschlossener, seinem Gegner nicht zu vergeben. Sein Fuß schnellte aus doch er traf ins Leere. Indes musste er einen Treffer an der Schulter hinnehmen. Seine Augen spähten wild hin und her, doch vermochten sie es nicht, dem Gegner zu folgen. Wurfsterne flogen durch die Luft, Blut spritzte, er hatte ihn erwischt.
    „Das war nicht dumm.“ Sein Gegner erschien auf dem Mast, mit den Fingern popelte er an einem Geschoss Kondors rum. „Doch die paar Kratzer werden hier nichts entscheiden.“
    „Sead der Pirat, Kopfgeld 175 millionen Berry, mit dir werde ich doch wohl noch fertig!“ Kondor hielt einen Steckbrief hoch.
    „Dafür bist du zu langsam.“ Schrill lachend hielt er seinen Dolch in die Höhe. „Versuch ihn doch aufzuhalten.“ Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, doch den gelben Augen des Marinesoldaten entging nichts. Er merkte wie sein Gegner auf ihn zu flog, den Dolch drohend gegen seine Brust gerichtet. Er reagierte instinktiv. Der Flügel als Schuld, fing er den Angriff ab, und ehe der Dolch wieder herausgezogen werden konnte, durchbohrten die Krallen seines Fußes den Torso, hielten ihn fest. Der Dolch zuckte aber schon wieder, schnell drohte er das Bein abzuhacken. Doch nun war Kondor auf der Höhe, der Flügel peitschte durch die Luft und schlug den bedrohlichen Dolch dem Feinde aus der Hand. Der Schnabel biss sich in der Schulter fest. Der Sieg war sicher. Leblos hing der Körper an seinen Krallen keinen Widerstand mehr gebend.

    „Glückwunsch, meine herzlichsten Glückwünsche!“ Kondor blickte sich erstaunt um. Die Schlacht war vorbei, unten lagen die Piraten, die einen in einer Blutlache, offensichtlich tot, die Anderen, die Meisten, besiegt, in Ketten gehalten. Und dort stand er, Ivan, von der Regierung beauftragt. Inmitten der Sieger und der Besiegten. Offensichtlich hatte er dabei tatkräftig mitgeholfen, denn die Sieger waren nichts mehr als ein kümmerlicher Haufen.
    „Was wollen sie hier?“ keifte Kondor ihn an. Dankbarkeit für solche Menschen hatte er nur selten übrig.
    „Ach, freuen sie sich nicht, dass die Weltregierung ihnen zu Hilfe eilt?“
    „Und für welche Gegenleistung?“
    „Nun, selbstredend für gar keine. Dennoch bin ich natürlich mit einem Auftrag für sie hierhingekommen…“
    „Ach, wusst ich es doch!“Kondor blickte Ivan kühl an. „Offiziell ist es natürlich keine Gegenleistung.“
    „Natürlich nicht, Kapitän. Sie sind uns verpflichtet, dass ich ihnen geholfen habe, ist nicht die Ursache dafür, dass sie einen Auftrag erledigen müssen. Sehen sie es als Entgegenkommen unsererseits an.“
    „Jetzt muss ich ihnen aber echt dankbar sein.“ Kondor blickte hasserfüllt auf Ivan. Doch der erwiderte kühl seinen Blick.
    „Sie sollen folgende Person für uns ausfindig machen, wir rechnen damit, dass sie wahrscheinlich Crohaven passieren wird im Laufe der Woche. Melden sie sich bei mir melden. Nummer und alle Informationen, die sie brauchen, finden sie auf dieser Rolle. Aber ich bitte um Diskretion. Verstanden?“ Er warf die Rolle hinauf. Kondor bestätigte den Auftrag per Nicken.
    „Schön, dass das so gut geklappt hat. Ich will dann auch nicht weiter stören. Gehen sie ihrem Handwerk nach.“


    Kapitel 16: Solipsismus

    Antranig blickte sich skeptisch um als er den Pub betrat. Auf anonymes Bitten hin war er hier erschienen. Er wusste was sein leichtsinniges Handeln bewirken könnte, doch wollte er sich auch nicht diese Chance entgehen lassen, etwas herauszufinden, warum er verraten wurde. Er war sich sicher, dass er sofort verhaftet werden würde, doch er konnte unbehelligt eintreten und zum vereinbarten Tisch schlendern. Er war leer, der Absender war noch nicht erschienen. Unruhig setzte er sich hin, rutschte unaufhörlich auf dem Stuhl rum.
    „Schön, dass du gekommen bist!“ der Informant setzte sich. Doch Antranig sprang auf. Wild fuchtelte er mit dem Finger durch die Luft.
    „Du! Was willst du? Willst du höhnen? Willst du mir deine Überlegenheit demonstrieren? Aber dir sei gesagt, ehe auch nur einer deiner Kumpanen dir helft, habe ich dich erdrosselt.“ Antranig drohte mit der Faust. „Ich höre.“
    „Komm erst mal runter, Alter. Ich habe dich nicht verraten. Ich schwöre es.“, beteuerte Gabriel mit ernster Miene. „Ich habe keine Ahnung wer es war, aber ich nicht, soviel ist sicher. Glaube mir!“ Antranig lachte auf.
    „Glauben? Dir? Komm schon, du bist doch einfach nur ein unmoralisches Schwein, wer sonst, wenn nicht du, sollte mich verraten haben?“ beschuldigte Antranig ihn.
    „Nun hör mal, ich habe dir doch nie geglaubt, wie sollte ich dich dann verpfeifen bei denen, die du in meinen Augen ja nur erfunden hast? Erkläre mir das bitte mal! Es kann sein, dass ich vielleicht ein bisschen egoistisch bin, doch weiß ich, wer meine Freunde sind. Und ja, ich finde deine Ansichten falsch, aber einen Freund verraten? Ich doch nicht!“ Gabriel lächelte Antranig an.
    „Das würde jeder von sich behaupten, doch am Ende tun es doch alle.“ Antranig schlug mit der Faust auf dem Tisch.
    „Jetzt sieh die Menschheit doch nicht so schlecht.“
    „Schlecht sehen? Was bleibt einem denn anderes übrig? Wie siehst du denn die Menschheit?“ Antranig blickte Gabriel kopfschüttelnd an.
    „Sieh mal, auch wenn dich nun einer verraten hat, so ward ihr doch vorher Freunde. Du siehst es hier überall, Leute, die zusammen ein Bier trinken, Menschen, die gemeinsam Karten spielen, Personen, die einstimmig lachen. Das ist die wahre Natur des Menschen!“ Gabriel lächelte.

    „Wieso musste er wieder gehen. Warum verflucht ihn das Schicksal so sehr?“ Azadouhi blickte mit tränenden Augen in die strahlend blauen, nun mit Mitgefühl erfüllten Augen ihrer Freundin.
    „Alles wird wieder gut. Antranig kämpft für eine gute Sache, dass weißt du. Und dass kann dir keiner nehmen.“, versicherte ihr Lousvart.
    „Woher willst du wissen, dass er nicht irrt?“
    „Schau in seine Augen, in seine Gesten. Das sind keine geheuchelten Taten, er meint es ernst.“ Lousvart fasste Azadouhis Hände fest.
    „Wenn er Gut ist, dann gibt es doch auch das Böse, oder?“ fragte Azadouhi ihre Freundin. Sie nickte.
    „Ja, das gibt es.“
    „Wird das Gute siegen?“
    „Ich weiß nicht?“
    „Wird Antranig siegen?“
    „Ich weiß nicht?“
    „Und, wird Antranig siegen, wird er dann noch ein Leben habe?“
    „Ich weiß nicht.“ Lousvart weinte. Es tat ihr weh, ihrer Freundin keine Gewissheit geben zu können. Doch Azadouhi klopfte ihr auf die Schulter.
    „Danke, für deine ehrlichen Antworten.“

    „Vater, ist die Menschheit gut oder böse?“
    „Hmm, da sprichst du eine gute Frage an. Warum willst du das wissen?“ Hovhannisyan beäugte seine Tochter wissbegierig.
    „Na ja, ich möchte viel eher wissen, ob es gute und böse Menschen gibt.“
    „Nun, du musst dir keine Sorgen machen. Ich bin mir sicher, dass du dich für den richtigen Weg entscheidest.“ Lousvart schluckte bei diesen Worten. Zu Recht.
    „Also stimmt es. Es gibt sie, die bösen Menschen.“
    „Hey, warum so traurig. Wie schon gesagt. Ich habe vollstes Vertrauen in dich. Du, du bist kein schlechter Mensch. Ganz im Gegenteil, du hilfst vielen anderen Menschen. Du wirst ein ganz hervorragender Mensch werden, da kann sogar die Politik nichts ändern.“ Der Vater lächelte sie aufmunternd an.
    „Doch kann es nicht sein, dass du unter bestimmten Umständen böse wirst?“ Lousvart blickte ihren Vater besorgt, aber auch hoffend an.
    „Ja, von Geburt an ist kein Mensch schlecht. Im Gegenteil, er ist gut. Aber du bist stark genug, um allen Versuchungen zu widerstehen. Doch natürlich können wir über alles reden, haben wir uns verstanden?“ Hovhannisyan blickte in Lousvarts Gesicht. Sie nickte. Doch ihr war mulmig. Schlechte Menschen. War er auch einer. Sie wusste nichts. Konnte es sein. Andere hatten es schon oft behauptet. Doch sie hatte ihn niemals so gesehen. Noch nie, hatte sie von schlechten Menschen geredet. Doch sie alle sagten, es gäbe sie, die Bösen, die Feinde des Guten. Es gab sie im Osten, dass wusste eigentlich jeder, und doch sprach es niemand aus, und doch würde jeder verneinen, dass sie böse wären. Sie kam sich besudelt vor. Musste sie sich von ihm fernhalten? Selbst wenn sie es versuchte, es dürfte wohl nicht funktionieren. Und wenn es stimmte, was über das Böse gesagt wurde, so könnte sie so nur Ärger bekommen. Doch er würde es auch sonst merken, wenn er sie beängstigt. Sollte sie mit ihm reden?
    „Ich muss gehen, Vater!“

    Lousvart irrte umher. Ziellos, denn wo sollte sie auch suchen? Er würde schon kommen. Und dann würde sie ihn fragen. Sie war sich sicher, anhand der Antwort Gewissheit zu erlangen. Gewissheit, die sie suchte, doch nicht finden konnte. Es war ihre einzige Chance. Die Straße entlang schlendernd sah sie in die Gesichter der Menschen. Normal, ohne bemerkenswerte Dinge. Aber wen wundert es, im Vergleich zu der Frage, die ihr im Kopf rumschwirrte, war alles belanglos. Was würde er antworten, wie würde er sich verhalten, würde er sie umbringen? Zweifel, die sie sonst nie hatte, die sie nie zu haben gedachte. Sie war in Gefahr, sie durfte das nicht tun, riskant, riskant. Zu riskant vielleicht sogar. Vielleicht sogar mit Sicherheit.

    Die Knöchel schmerzten, doch er ließ nicht von Gabriel ab. Ein ums andere Mal holte er aus, um seinen Freund zu treffen. Der Schmerz brannte, doch die Wut brannte stärker. Er war es, der ihn verraten hatte. Er musste sich um ihn kümmern. Die Faust brach den Kiefer. Es kam keine Gegenwehr, doch das war kein Grund, von ihm abzulassen. Er trat dem leblosen Körper in die Seite. Hatte er einen Beweis? Nein, er hatte keinen.
    „Das, das ist die wahre Natur der Menschen. Und es war auch deine. Nur das Ich zählt für Leute wie euch. Und wenn ich euch alle umbringen muss, um Gutes zu schaffen, dann bitte, ich werde nicht von selbst aufhören, euch Missgeburten zu verschonen. Erst dann wird es Gerechtigkeit geben. Der Mensch ist böse, von Grund auf. Doch er kann auch Gutes schaffen. Verrat bis in die tiefsten Wurzeln. Bis in die höchsten Kronen. Es ist an der Zeit, die verdorbenen Äste abzusägen. Wenn dein linkes Auge dich ärgert, so reiß es heraus und werf es von dir. Die Menschheit muss fortbestehen. Doch nicht so, wie sie es heute ist.“ Verachtungsvoll spuckte er seinen ehemaligen Freund an. „Du warst nur das erste Opfer!“

    „Hallo, so sieht man sich wieder!“ Karnig Aronjan grinste. Lousvart blickte weg. Jetzt bloß nicht nervös werden. Lass dich nicht aus der Ruhe bringen, du weißt, wozu er fähig ist. „So nachdenklich. Was willst du, willst du mir nicht in die Augen sehen. Mein Gott, du hast doch nicht etwa Angst vor mir? Erzähl schon, du weißt doch, dass du mir vertrauen kannst!“ Karnig grinste. Und das Grinsen sagte Lousvart alles, alles was sie wissen wollte. Sie musste nicht mehr fragen. Böse Menschen, Menschen, die dich in Versuchung führen, die dich herumstoßen, um selber zu leben. Das Grinsen füllte ihren Kopf, er schwirrte. Wollte sie noch leben? Das Grinsen wurde stärker. Es gewann Überhand. Es war vorbei. Sie spürte es. Ihr Leben würde heute ein Ende finden. Es gab keine Rettung. Verloren, es war ein Fehler, doch dafür hatte sie Gewissheit. Das Grinsen, das Grinsen, es gab keine Rettung. Außer…
    „Karnig“ sie atmete schwer. „Die Menschheit, sind die Menschen gut oder böse?“ Lousvart war außer Atem. In die Knie gestützt beobachtete sie Karnig. Das Grinsen verschwand von seinem Gesicht. Er schloss die Augen. Er blickte überrascht, nachdenklich rein. Doch er antwortete:
    „Die Menschheit, was ist sie schon? Ist sie von Grund auf böse oder gut? Vorab, was ist das Böse, was ist das Gute? Selbstverständlich ist das Böse oder das Gute nicht von Natur aus gegeben, es ist eine Frage von Meinungen der Menschen. Es wandelt sich mit der Zeit. Aber gut, schauen wir darüber mal hinweg. Ich definiere jetzt einfach mal gut und böse. Was es ist, kann dir im Moment ziemlich egal sein, es gibt diese beiden Begriffe einfach nur.
    Also: Man kann aus meiner Sicht aus verschiedenen Sichtwinkeln argumentieren: Zum einen wäre es möglich, auf das Destruktive des Menschen, ja, sogar auf etwas Selbstzerstörerisches zu verweisen. Auf der anderen Seite bleibt mir zu sagen, dass es die Kraft des Menschen ist, anderen die Hand zu reichen, zu verzeihen, zu versöhnen, anderen zu helfen. Desweiteren wohnt dem Menschen eine schöpferische Kraft inne. Ergo ist es egal, welche Definition du für gut, für böse finden wirst, die Kraft, solches zu bewirken, erfolgt immer aus ein und demselben Antrieb. Ein Antrieb, ein Ziel, ein Wille. Und das ist der Mensch, der Ansporn ist immer derselbe. Ob es im Nachhinein zu guten, oder aber zu schlechten Taten kommt, spielt dabei keine Rolle mehr. Es ist dieser eine Trieb, den du auch niemals stoppen kannst. Also: Die Menschheit, sie ist nicht in gut oder böse definierbar, sondern in diesen einen Gelüst. Was nun aber dieses Gelüst ist, darauf, wirst du wohl auch ohne mich kommen.“
    Was sollte das. Damit, hatte sie nicht gerechnet. Es war nicht das übliche Spiel, das Spiel, mit der er sie zum Narren hielt. Doch auf der anderen Seite, was sollte diese ernstgemeinte Behauptung denn aussagen? Sie dachte, er würde sich zu erkennen geben, und sie je nach dem danach umbringen. Doch er tat es nicht. Nein, im Gegenteil, was er sagte, schien Hand und Fuß zu haben. Doch konnte sie daraus wirklich schließen, dass man ihm vertrauen konnte? Er hatte selbst gesagt, gut und böse ist unbestimmt, subjektiv. Sah er sich selbst für das Gute? Wohl kaum, wenn er nachher schon diese Einschränkung machte, dass alles aus nur einem Antrieb erfolgt, so ist er nicht die Personifikation des Guten. Andererseits: Will er damit vielleicht sein Handeln rechtfertigen? Ja, will er vielleicht sogar ihr einen Irrtum vorwerfen? Das bringt doch gar nichts. Sie blickte empor. Karnig grinste wieder.
    „Nun überlegst du aber, was das bedeuten soll.“ Er streichelte ihr das Haar. „Was bedeutet meine Hand in deinem Haar gerade, was bedeutet meine Antwort? Ich sage es dir: Solipsismus!“


    Kapitel 17: Kampf

    „Hier Tomi Ishida, spreche ich mit dem Kommandanten?“ Der Marinesoldat kauerte hinter einem Fass. Verstohlen lugte er immer wieder hervor. Dann antwortete es aus der Teleschnecke:
    „Ja, hier Kommandant. Was gibt es? Wurde Antranig Sardaryan gefangen genommen? Oder hast du ihn gefunden?“, fragte die kratzige Stimme neugierig.
    „Wir haben Glück gehabt. Ich habe ihn gefunden. In einer Bar. Er hatte sich dort mit einem anderen getroffen. Er hat ihn umgebracht!“ Tomi redete schneller und schneller. Aufgeregt und eine Strafe erwartend.
    „Hmm, dann konntest du wohl nichts machen. Warum hat er denn den anderen umgebracht?“ fragte der Anführer.
    „Die Zielperson redete von einem Verrat, doch er stritt es ab. Dann sind die beiden nach draußen gegangen. Ich folgte ihnen in einer sicheren Entfernung, doch als ich aufschloss war es zu spät.“
    „Nun gut, ein Mord hatte uns gerade noch gefehlt. Kümmer dich darum, dass niemand Verdacht schöpft. Aber du musst noch weiter aufpassen. Ivan wird nach solchen Unregelmäßigkeiten suchen. Wir sind uns ziemlich sicher, dass Legrant Wind von unserer Organisation und unseren Zielen bekommen hat. Es ist durchaus möglich, dass er selbst auch noch irgendwo in Crohaven ist. Pass also auf. Ich habe schon ein paar Kameraden eingeschleust. Wenn es also zum Kampf kommen wird bist du nicht alleine. Aper ist stark.“ Tomi kaute nervös an den Fingernägeln.
    „Ein Kampf, mein Gott, ihr habt nichts dergleichen erwähnt!“ Der Kommandant lachte knarzig auf.
    „Mein Gott, wie naiv du doch bist. Nun gut, zurück zum wesentlichen. Was macht Kondor? Weiterhin blind den Befehlen der Weltregierung folgen oder hat er einmal Widerstand gezeigt?“
    „Nein, er hat im Moment keine Möglichkeit, der Weltregierung die Stirn zu zeigen, frag lieber nicht warum.“
    „Nun gut, dann zurück auf deinen Posten, Marinesoldat Ishida!“
    „Jawohl!“ Tomi Ishida legte den Hörer auf und verstaute die Teleschnecke. Raschen Schrittes ging er die Straße entlang, zurück zu seiner Patrouille.
    „Melde mich zurück, Maat!“
    „In Ordnung, Soldat Ishida. Dann weiter.“ Im Gleichschritt marschierten sie am Ufer entlang. Auf der Suche, nach Sardaryan. Ein gefährlicher Terrorist, so glaubten sie. Doch die anderen zweifelten. Es war nicht Kondors Art, ihnen nicht alles mitzuteilen. Dennoch blieb ihnen nichts übrig, als der Gehorsam. Doch Ishida wusste es besser, er wusste wer Sardaryan war. Und was er verbrochen hatte. Doch er war fest entschlossen ihn zu beschützen.

    Der Kommandant indes kratzte sich am Kopf. „Das verkompliziert das Ganze doch wesentlich. Und Operation W läuft auch nicht sonderlich viel versprechend. Es werden stürmische Zeiten auf uns zukommen. Warten wir erst einmal ab.“

    „Was gibt’s zu melden, Spion Nummer 748?“ Ivan richtete sich zur vollen Größe auf. „Ich warne dich, meine Geduld ist langsam zu Ende. Er wird vorbei kommen.“
    „Wir haben ihn gefunden, Spion Nummer 752 und Ich. Was sollen wir nun machen?“
    „Und ihr habt es mit Sicherheit mir gesagt ehe ihr Kondor Bescheid gegeben habt?“
    „Selbstverständlich, Ivan!“ versicherte er.
    „Nun gut, du kannst wegtreten. Warte weitere Instruktionen ab.“, er fuhr sich nachdenklich übers Kinn. „Soll ich jetzt schon zuschlagen oder soll ich abwarten bis er ein Verbrechen begeht oder versucht abzuhauen? Dann würde er zwar mit Sicherheit mit Kondor in Kontakt kommen doch wird er ihm was erzählen? Dann müsste ich auf jeden Fall schnell schalten ehe Kondor Probleme macht. Aber zur Not werde ich schon mit beiden fertig. Aber Kondor ist ein wichtiger Verbündeter und es könnte zu Unruhen kommen falls er abgesetzt wird. Und das könnte nun mal passieren, wenn er Sardaryan ohne Verbrechen festsetzt. Ich muss ihn jetzt selbst erledigen, da gibt es nichts. Außerdem würde so der Druck auf die Marine hier erhöht. Also gut, mein Entschluss steht fest.“ Er sprach nun, nach seinem Selbstgespräch, zu seiner Sekretärin: „Bitte melde noch nichts Legrant, sei so lieb.“ Er zwinkerte ihr zu.
    „Wie sie wünschen.“, nickte sie ab. Ivan verließ den Raum. Doch die Sekretärin griff zur Teleschnecke, nachdem sie sich versichert hatte, dass Ivan von dannen gezogen war.

    „Spreche ich mit dem Soldaten Tomi Ishida?“, eine aufgeregte Stimme meldete sich an der Teleschnecke. „Auf Befehl des Kommandanten, sofort Zugriff auf Zielperson. Ivan weiß wo er ist und will ihn festnehmen. Unsere einzige Chance besteht darin, Antranig Sardaryan von hier wegzuführen. Jetzt! Keine Zeit mehr zu verlieren.“ Die Teleschnecke verstummte. Tomi stürmte los. Hin, wo er Antranig Sardaryan vermutete. Er würde ihn beschützen. Er sah wie andere Marinesoldaten ihm folgten. Dann sah er, dass auch vor ihm, Marinesoldaten hin zur Bar eilten wo sich das Ziel gewöhnlich aufhielt. Tomi war überrascht, wie viele sie doch waren. Hoffnung keimte in seiner Brust. Eventuell hätten sie ja wirklich eine Chance gegen Ivan und die Weltregierung. Und dann sah er Aper, bewaffnet mit seinem Schwert. Es blitzte auf. Tomi sah, dass es sich um ein Könnerschwert handeln musste. Dies gab ihm Mut, auch wenn er wusste, dass dies keinesfalls eine Garantie für einen Sieg war. Dann sah er, wie Aper sein Schwert erhob und rief:
    „Für die Gerechtigkeit!“ Begeistert, stimmten sie alle mit ein! „Für Antranig!“ schrie Tomi Ishida.

    Hoch oben über ihnen kreiste ein Kondor. Besorgt beobachtet er das Treiben unter sich. Er seufzte: „Na dann, es tut mir Leid, Sohn des Präsidenten. Ich werde dich wohl festnehmen müssen!“


    Kapitel 18: Überzeugung über Söldner?

    So war es nicht geplant. Wild fielen die Soldaten übereinander her. Soldaten in Marineuniformen schossen ihre eigenen Kameraden nieder. Wieder andere schossen scheinbar willkürlich auf alles was sich bewegte. Keiner konnte mehr erkennen ob es ein Feind oder ein Freund war, der sich vor ihm befand. So rannten sie umher, um sich schießend, sich versteckend, nicht wissend, von wo und von wem, ob es denn überhaupt ein Feind sein würde. Blut spritzte, unnötig, so konnte es keinen Sieger geben, es sei denn man würde alle töten. Kondor, welcher das Spektakel mit ansah, bereute es, seine Männer in diese verlorene Schlacht geschickt zu haben. Er musste mit ansehen, wie sie sich gegenseitig meuchelten in dem grenzenlosen Chaos der Gerechtigkeit. Waren dies nicht alle seine Männer gewesen? So dachte er. Er hatte sich scheinbar geirrt. So wusste er nun. Er hatte vollstes Vertrauen in seine Männer gehabt, gehabt, er tat es eigentlich immer noch, doch, siehe da, nun sowas, wie kann man dies hiermit vereinen? Auch wenn es nur von wenigen ausgelöst worden wäre, dass Vertrauen seiner Männer in ihn müsste erloschen sein. Wie könnte er sich jetzt noch vor sie stellen, von Kameradschaft reden und auf Zusammenhalt pochen. Nein, das war kein Zusammenhalt. Es war schrecklich, es gab kein anderes Wort hierfür. Es ist so, schlicht und einfach, fertig. Dieser Kampf, ohne Front, wo es einfach nur darum ging, zu töten und zu überleben. Mehr spielte keine Rolle mehr in diesem Konflikt. Er als Stratege hätte dies erkennen müssen. „Strategie… Könnte es sein?“ Kondor erschrak. Sie hatten es vorausgesehen, wer auch immer sie waren. Sie waren, wie eigentlich immer, vor ihm gewesen. Ivan und die anderen. Und die anderen waren nicht minder böse. Vorhin, als sich die Massen in Bewegung setzten, da war noch ein Kämpfer mit einer unglaublichen Aura unter den Aufständischen gewesen. Er war weg. Ebenso von Ivan, keine Spur, Null. Wollten sie etwa nur ein Ablenkungsmanöver starten? War der wahre Kampf gar nicht unter ihm? Gar nicht hier? Hier lediglich ein Ort des Verbrechens, der Grausamkeit der Menschen, des Todes? Tobte gerade ein Zweikampf nicht unweit von ihm? Hier konnte er sowieso nichts mehr ausrichten, es schmerzte ihn, aber gut. Er stieg höher. Mit seinen Augen durchforstete er die Umgebung. Und dann sah er sie. Ivan der gegen diesen Schwertkämpfer kämpfte, er war gut, der Schwertkämpfer, dass sah Kondor direkt. Ivan griff ihn vehement an, sein Finger durchbohrte die Luft so unglaublich schnell, doch der Unbekannte wich gekonnt aus. Im Gegenzug startete dieser seinen Konter, vergebens. Auch Ivan war nicht schwach. Mit einem Orkankick egalisierte er den Schwerthieb. Kondor hörte wie seine Männer unten schrien. Durfte er das alles geschehen lassen, nur um im Fall Sardaryan dabei zu sein? Er fasste einen Entschluss, er schmerzte sehr, tat weh, aber was tat schon nicht weh? Entscheidungen, die nicht wehtun, kann ein Kleingeist fällen.

    Tomi Ishida brüllte. Er spürte nicht wie ein Speer seine Schulter durchbohrte. Denn es durchbohrte ihn keiner. Das er gekonnt ausweichen würde wäre zwar definitiv eine Lüge, vielmehr verdankte er es dem Glück, dass er in seinem Temprament, wo er allzu anfällig war, von Tod und Verderben verschont blieb. Wild schoss er um sich. Mit dem Gewehrkolben zog er einem nach dem anderen eins über, egal, ob Freund oder Feind. Er hatte nur ein Ziel: Antranig Sardaryan retten. Dies war sein Auftrag und der musste erfüllt werden. Er durfte keine Rücksicht auf Verluste nehmen, auch nicht auf sich selbst, doch wie schon erwähnt, dass Glück war ihm holder denn seinen meisten anderen Kameraden. Zum Glück, war er es doch, der ein so wichtiger Baustein war in den Plänen des Kommandanten, wenngleich er, Tomi Ishida, nichts hiervon wusste. Er zog sein Schwert. Er stürmte los, die Schwerter klirrten gegeneinander: „Siehe da, wenn das mal nicht mein Maat ist!“ Ishida lachte. Sein Vorgesetzter war bleich:
    „Hören sie auf, ich bin auf ihrer Seite!“ Flehend sah er ihn an. Doch Ishida zeigte kein Erbarmen, er packte mit der bloßen Hand hat das Schwert seines Gegners und schlitzte ihn sodann mit dem eigenen auf. Blut wurde gespuckt. Ishidas Hand schmerzte - nun war er doch verletzt worden, welch ein Trottel, verletzt er sich tatsächlich selber, der Maat, er hätte nichts getan - doch er spürte nichts. Er blickte überlegen auf den Maat nieder, ehe er den nächsten niederstreckte. Er sah, wie ein anderer Soldat mit zwei Schwertern durch die Reihen lief, einen nach dem anderen tötend. Grinsend stürmte er auf ihn zu:
    „Lass deine Pfoten von meinen Kameraden!“ schrie er. Oh Ironie, und er streckte auch ihn nieder, wie das fragst du, und zwar mit gutem Recht. Der Wahnsinn, welcher immer mehr die Überhand gewann, löschte alles aus: Stolz, Angst, Ehre, Furcht, Unentschlossenheit, Pflichtbewusstsein. Es vermischte sich alles zu einer Bombe, vernichtend, zerstörerisch, doch es war keine Zeitbombe, es war keine Bombe die von jemanden gezündet werden müsste erst noch, die Bombe, sie explodierte schon, jetzt, in diesem Moment, wo sie entstand.

    Unweit davon tobte der andere Kampf, der eigentlich entscheidende, und doch sehr viel humaner ablaufende. Geschickt wich Aper den Fingerpistolen seines Gegenübers aus. Doch Schweiß rann über seine Stirn. Er hatte nicht mit einem solch starken Gegner gerechnet. Zum Schutze Sardaryans und zum Wohle des Volkes musste er ihn schlagen. Ihm war gar nicht wohl, wenn er daran dachte, obwohl das Wohl des Volkes wohl allein auf seinen Schulter grade lag. Zwar konnte er noch mithalten, doch ihn beschlich das Gefühl, nicht mithalten zu können. Zu entspannt das runde Gesicht mit den roten Wangen das ihn anlächelte. Er war noch nicht am Maximum angelangt dachte er sich. Er musste ihn jetzt besiegen oder er würde besiegt werden wenn dieser Ernst machen würde. Doch egal wie sehr er sich anstrengte, sein Gegner wich immer eine Handbreite aus. Es war wie verhext. Doch auf der anderen Seite, gelang dieses Kunststück auch ihm.
    „Du kämpfst gut.“, sprach sein Gegner, als er kurz in der Luft verweilte. „Wie ist dein Name?“ Aper hörte den Akzent. Ein Söldner, dachte er sich.
    „Aper mein Name! Und mit wem habe ich das Vergnügen?“
    „Ivan! Nun, Aper, ich fürchte, dieser Kampf wird sich noch etwas hinziehen, und ich kann nicht garantieren, dass du gewinnst. Warum tust du das?“
    „Weil ich eine Überzeugung habe und dafür auch sterben würde!“
    „Schwachsinn, wie kann man so blöd sein? Überzeugung, Ideale, alles was zählt ist Macht und Geld!Wobei, Geld ist Macht, entschuldige bitte das Hendiadyoin“
    „Vielleicht habe ich mich ja getäuscht.“ Aper lächelte nun auch. „Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass du nicht 100% gibst und du daher noch Luft nach oben hättest. Ich habe eigentlich mit einer Niederlage gerechnet, da du noch stärker werden könntest im Kampf, aber wenn dir Ideale fehlen, für die es sich lohnt zu kämpfen… Dann wirst du nicht stärker!“
    „Sei dir da mal nicht so sicher.“ Ivan blickte verdutzt drein. Doch nun war er auch wütend. Wovon redete dieser Idiot vor ihm. Dem würde er es schon zeigen. Erneut gingen sie aufeinander los, Ivan spürte wie ein Schwert seine Schulter traf, wie ein Blut über seine Wangen floss und Tritte sein Bein malträtierten. Doch das war nicht alles. Aper war nur mehr Risiko eingegangen. Ivan wusste, dass seine Fingerpistole ihn mehrmals erwischt haben musste, auch ein Orkankick schien getroffen zu haben. Doch der Kampf verlor nichts an Intensivität. Er wurde hingegen noch schneller, wiewohl beide die Verletzungen spürten. Doch Aper biss auf die Zähne, Schwert traf auf Arm. „Eisenpanzer!“ Ivan lächelte weiterhin. Aper zog sein Schwert zurück, doch er holte nur zum nächsten Angriff aus. Doch Ivan war schneller, dass Bein erwischte Aper hart in der Magengrube, Blut wurde gespuckt, und Aper prallte mit dem Rücken gegen einen Baum. Der Rücken schmerzte, doch er zwang sich zum Aufstehen. Er würde gewinnen, sagte er sich. Er würde Antranig retten, sagte er sich. Er würde es ihm zeigen, sagte er sich. Sei dir mal nicht so sicher, sagte er sich und die Hoffnung starb. Er würde bis zum Tod weiterkämpfen, weit über seine Leidensgrenze hinaus, Ivan nicht, sagte er sich und die Hoffnung kam zurück, so sagte er sich. Er umklammerte sein Schwert, fester und fester. Das musste er sich nicht sagen, dass spürte er, wie er mit ihm verschmolz zu einer Kampfeinheit. Er merkte, wie der Wind durch seine Haare zog, einst blond, nun blutrot, langsam krustig werdend. Und dann ging es weiter, Eisen auf Arm, Faust auf Schläfe, Hand gegen Hand. Immer wieder wurde Aper weggestoßen. Doch mit dem Schwert gelang es ihm, schwere Rückstöße zu vermeiden. Doch dennoch wurde er schwer verletzt. Doch es war ihm egal solange ihm auch entscheidende Treffer gelangen.
    „Einen Kampf auf Leben und Tod kannst du nicht gewinnen!“, meinte Aper selbstsicher zu Ivan. Doch dieser konterte kühl:
    „Auf Leben und Tod? Na dann hast du doch sicher nichts dagegen, wenn ich dir nachher den Todesstoß versetze.“

    Antranig blickte auf das Schlachtfeld. Waren sie alle seinetwegen hier? Haben sie ihn gefunden? Haben sie ihn beobachtet wie er Gabriel getötet hatte? Nein, dann hätten sie sich sofort um Antranig gekümmert, sie haben mich nicht beschattet, dachte er. Doch wieso dieser Kampf? Ein Kampf innerhalb der Marine, nein, richtiger wäre: Ein Kampf, ausgetragen in Marineuniformen. Diese Männer da unten einte nichts außer die Uniform. Es waren Menschen mit unterschiedlichen Gesinnungen, Zielen und unterschiedlicher Entschlossenheit. Doch er sah nach rechts, auch dort war ein Kampf entbrannt, doch er war zu schnell, zu unberechenbar, als dass Antranig ihn hätte folgen können. Er sah nach links, ein Kampf, auch dort, eher primitiv als taktisch geordnet. Wo sollte er hingehen, er hatte kein Schlupfloch, auch hatte er noch keine Überfahrt organisieren können. Angst überkam ihn. Würde er hier sterben? Mit Sicherheit, er sah keinen anderen Grund, als dass sie alle seinen Kopf wollten. Er war der Sohn des Präsidenten, ein hervorragendes Druckmittel auf der einen Seite, aber eben auch nun eine Gefahr. Er trauerte sich nicht von seiner Schwester anständig verabschiedet zu haben. Er blickte missmutig drein, ob er sich nicht einfach ins Getümmel schmeißen solle um zu streben. Er wägte noch ab, ob die Masse links von ihm, oder die entschlossenen Kämpfer rechts von ihm besser geeignet waren, da sah er, wie ein riesiger Vogel sich in die Menschenmasse links von ihm stürzte. Er hörte, wie er schrie. Und wie die Masse anfing zu ruhen. Sie beruhigte sich. Wie ein gescholtener Hund, fiel sie in sich zusammen. Der Kampfgeist erlosch. Wer war dieser Vogel?


    Kapitel 19: Ein Steinwurf

    Er durfte sich nicht umdrehen, er wusste, dass er ihn verfolgte. Und da war noch ein anderer bei ihm. Was wollte er von ihm? Wieso kämpften sie? Wollten sie beide ihn, den Sohn des Präsidenten, entführen? Oder wollten sie ihn aufgrund seiner Abwendung vom System ans Leder? Es spielte keine Rolle, so oder so, er war verloren. Das einzige, worauf er spekulieren konnte war, dass sie so mit sich selbst beschäftigt sind, dass er ihnen entkommen könnte. Doch sie waren bedacht ihn nicht zu weit kommen zu lassen. Der Kampf verlagerte sich hierhin und dorthin, je nachdem in welche Richtung er sich wand. Dabei entging Antranig nicht, dass es der größere, der kräftigere von den beiden war, der ihm folgte. Der andere schien mehr auf den Gegner zu achten, schien scheinbar komplett ahnungslos, anders konnte sich Antranig nicht das erklären, was er sah. Dieser Mann tat eigentlich fast alles, um in die falsche Richtung, weg vom Ziel, weg von Antranig zu driften. Wäre er doch nur stärker, dachte sich Antranig, dann würde er mit seinen Aktionen sich und den anderen in eine falsche Richtung drängen, aber nein, er war schwächer. Oftmals drohte auch der andere Mann ihm zu entwischen und er hatte Mühe ihn wieder einzufangen. Doch dabei verlor Antranig immer wieder wertvollen Vorsprung, und er hatte Angst, dass auch er ihn dann bemerken könnte. Antranig fragte sich, ob es nicht besser wäre, einfach still dazusitzen, sich zu verstecken und dem Kampf zuzusehen, weit würde er sowieso nicht kommen. Nein, dachte er etwa ans aufgeben? War er von allen guten Geistern verlassen? Hatte er nicht für seine Ideale seinen Freund getötet. Freund, es stimmte nicht. Wut brannte in ihm. Nein, er war zu allem bereit. Er würde sich dem Sieger stellen, und er würde siegen! Ja klar, was denn auch sonst, wäre ja mal langweilig, wenn er nicht gewinnen würde. Antranig, de Nichtskönner besiegt einen großen Krieger, warum denn auch nicht? Zweifel hatte er nicht. Er sah sich um. Ein Stein lag neben ihm auf dem Boden. Der Urinstinkt in ihm erwachte. Er hob ihn auf. Damit könnte er sich wehren dachte er. Wie ein kleines Kind stand er da, bewaffnet mit seinem Stein. Ein Stein würde ihm den Sieg bringen. Er stellte sich vor, wie er den Stein auf Goliath wirft, und ihn damit tötet. Ja, er war David, er war Gerechtigkeit! Er war ein Held! Er würde dafür kämpfen! Er war auserwählt! Von oben! Er dankte ihm dafür! Wem dankte er genau?

    Kondor blickte hinab aufs Schlachtfeld. Ihm graute davor. Es war seine Verantwortung gewesen, er würde sie tragen. Ein einfacher Marinesoldat der für Gerechtigkeit auf profane Weise kämpft, wie gerne wäre er wieder einer. Befehl, ausführen. Andeutung, Umsetzung. Vorhereilender Gehorsam, das war so schön gewesen. Nun musste er die Andeutungen machen, Verantwortung übernehmen, Fehler machen. Doch er würde nicht Schwäche zeigen, er würde nicht zurücktreten, er würde sich nicht unterwerfen. Na ja, im Endeffekt wahrscheinlich schon, doch nein, er würde sich nicht unterwerfen, niemals. Er hatte sich geirrt und er würde alles daran setzen, ihn wieder zu korrigieren. Kein Grund sich aufzugeben. Ihn würde man nicht klein kriegen, er würde hier den Karren aus den Dreck ziehen, die Frage war nur, für wen? Denn wehe das Hauptquartier sagt etwas anderes! Er rappelte sich auf, keine Müdigkeit vorschützen sagte er zu sich. Er half mit, immer und immer wieder transportierte er die Verletzten, die Toten, die geistig Gebrochenen zurück. Man durfte sie nicht hierlassen. Doch eine Frage ließ ihm keine Ruhe: Wie sollte er sich der Weltregierung hier gegenüber verhalten. Es war nicht rechtens, was sie taten. Durfte er das zulassen? Er hatte keine Wahl, so dachte er. Doch es war falsch, er konnte dafür einstehen und sterben. Doch half das? Bestand dann nicht die Gefahr, dass sie all dies vertuschten und dann einen neuen, einen würdigeren Nachfolger einsetzen? Er schüttelte den Kopf. Er war doch ein Schwächling. Schon wieder versuchte er, sich seiner Verantwortung als Kapitän zu entziehen. Er musste für seine Männer einstehen, sie nun zurückzulassen wäre zu viel. Er war ihr Käpt´n verdammt noch mal! Er musste für sie da sein!

    „Was sagen sie da?“ Hayrig Sardaryan war erschüttert. Fest umklammerte er die Stuhllehne.
    „Nun, es ging nicht anders. Er ist ein gefährliches Individuum. Aber keine Sorge, wenn er sich nicht allzu dumm anstellt kommt er lebend wieder!“
    „Sie sind nicht befugt dazu meine Familie anzugreifen!“ wütete Hayrig.
    „Natürlich bin ich das! Ich darf wohl auf die Ordnung der Weltregierung verweisen. Was die Weltregierung sagt, ist Gesetz. Und dem haben sie sich unterzuordnen seitdem sie den Vertrag unterschrieben haben. Denken sie, wir würden hier einmarschieren und ihnen helfen, und uns dann ausnutzen lassen? Nein, wir haben hier eine Menge zu verlieren, ein solches Risiko können wir beim besten Willen nicht eingehen!“ beharrte Legrant.

    „Reg dich nicht auf Liebling! Ich hab dir doch gesagt, dass er eine Missgeburt ist!“ Olympias schüttelte den Kopf.

    „Das können sie meinen Sohn nicht antun, Legrant!“

    „Er gehört immer noch zur Familie!“ Azadouhi standen Tränen in den Augen.

    „Ich hoffe sie wissen, wem sie verpflichtet sind, Herr Präsident!“

    „Wenn ich meinen Rat ihnen geben darf, so sage ich, wir machen kurzen Prozess mit ihm.“

    „Ich weiß, dass ihr beide euch sehr nahe standet, doch es gibt Momente, da bin auch ich machtlos!“

    „Ich habe dir schon längst klar gemacht, dass du deinen wahren Sohn weggeschickt hast!“

    „Vogt, bitte, es geht um meine Familie, sie sind dafür nicht zuständig!“

    „Aber Vater, das kannst du nicht machen. Willst du deine Familie wirklich für die Politik opfern?“

    „Legrant, ich denke, ich als Untergeordneter der Weltregierung, habe auch gewisse Rechte.“

    „Dieses Anliegen ist schon längst eine nationale, na ja, eine internationale Angelegenheit, mein Präsident.“

    „Hat er nicht seine Familie für seine Politik geopfert?“

    „Schätzchen, lass uns das später bereden. Das tut jetzt gar nichts zur Sache.“

    „Natürlich, Rechte haben sie, solange wir sie nicht brauchen!“

    „Ich als Präsident darf jawohl ein gewisses Maß an gesonderter Stellung erwarten, darf ich“

    „Nein, wir reden jetzt darüber!“

    „Nun, sie sind zwar offiziell Staatsoberhaupt, aber sie haben keine wirkliche Macht!“

    Es drehte sich in Hayrigs Kopf. Sprechblasen erschienen, Azadouhis verweintes Gesicht, Legrants und Vogts bestimmter Ausdruck und Olympias herrschsüchtiges Gesicht. Und im Hintergrund erschien ihm Antranig, mal lachend, dann tot, dann wütend, dann in der Gasse, dann bei ihm an der Tafel.

    Der Kampf war entschieden. Klirrend fiel das Schwert zu Boden, Ivans Finger durchbohrte Apers Brust, das Herz ein letztes Mal schlagend ging er von dannen. Ivan lächelte, er würde endlich diesen Sardaryan fassen, und er würde belohnt werden. Er lachte. Er fühlte sich beseelt. Freudig riss er Apers Arm raus, durchbohrte seinen Körper, schleuderte ihn durch die Luft. Er war siegreich. Dieses Gefühl durchströmte ihn, als ihn der Hauptgewinn traf. Verdutzt blickte er auf dem Boden. Es war zwar kein echter Geldsack, aber dieser Stein kam gradewegs aus der Goldgrube, die er zu plündern gedachte.
    „Ach, siehe da, ich dachte schon ich muss suchen, aber dieser Stein ist doch besser als jeder Kompass, nicht wahr?“


    Kapitel 20: Nummern

    „Heute exklusiv: Der Bote berichtet: Sohn des Präsidenten gesucht!“
    „Die ganze Wahrheit um Antranig Sardaryan!“
    „Kaufen sie die „Stimme der Wahrheit“! Wie konnte Sardaryans Sohn auf solche Abwege kommen?“

    Die Zeitungen übertrafen sich gegenseitig. Sie alle brüsteten sich, die ganzen Details im Fall Antranig zu kennen. Begierig sogen die Leute es auf, sie tuschelten. Antranig, kannten ihn zwar nicht, doch er war falsch, er war ein Idiot. Warum wollte er was anderes wie sein Vater, wie es seine Rolle war? Der Sohn des Präsidenten, ein Skandal, er würde zurücktreten müssen! Stimmen, die nicht ins allgemeine Bild passten wurden ignoriert, verhöhnt. Gelebte Demokratie würden auch Meinungsunterschiede innerhalb der Familie bedeuten, Schwachsinn! Nicht dort. Nichts Ungewöhnliches sollte geschehen. Wir wollen den Scheiss, den wir bekommen wenigstens auch kennen. Es waren ja immer dieselben, diese Idioten! Was diese blöden Kommunisten schon alles verbockt hatten. Warum konnten sie sich nicht endlich mal bilden und sich mit der Realität anfreunden und nicht immer so realitätsfremd sein. Sogar sie, die höchstens flüchtig in die Zeitung sahen haben es doch verstanden. Doch all dies blieb Gevor heute erspart. In seiner Kammer las er besorgt die Berichte, na ja, wie auch immer man diesen Journalismus nennen mag. Angestrengt versuchte er zwischen den Zeilen zu lesen, doch es war schwer, ihm fehlten Informationen, die er bestätigt bekommen hatte. Die tiefen Falten, die sich auf seiner Stirn bildeten, wurden nicht flacher. Seine Fingerkuppen schlugen unruhig auf dem Tisch. Was konnte er tun? Die Presse war eintönig, wohl kaum entsprach sie der Wahrheit, zumal viele Behauptungen voll und ganz reißerischer Natur waren, aber gut, wozu gab es die Presse, war sie doch von den Reichen und Wohlhabenden finanziert. Wie konnte man behaupten, dass es ein Verbrechen wäre, andere politische Ansichten zu haben. Das wurde zwar so nicht so gesagt, aber jeder, der diesen Text las, musste denken, dass es sich um einen Schwerverbrecher handelt. Ansonsten: Wieso sollte Sardaryan zurücktreten. Er stand auf. Er ging auf und ab. Unruhig an den Finger kauernd. Was konnte er tun? Was tun? Was? Na ja, Antranig war eh weit, weit weg. Wer weiß wo er war. Er hatte nur eine Stimme im Parlament, wenig in so einer Situation.

    Tomi Ishida starrte ungläubig auf den leblosen Körper, er lag da, die Augen weit aufgeschlagen, verloren, gefallen für die gute Sache, für Antranig Sardaryan. Er kannte ihn nicht, er hatte auch nur einen Mord von ihm gesehen, doch Tomi war beeindruckt von ihm. Antranig Sardaryan, er würde der Retter sein, er würde eine Revolution anführen, da war sich Tomi sicher. Er würde auf ihn aufpassen. „Ich werde stärker werden wie du.“, murmelte er. „Du konntest ihn nicht beschützen, Aper, ich werde es tun!“ Er griff nach dem Schwert. Er zitterte. „Ich schwöre es: Ich werde Antranig und seine Ideale schützen! Dieses Schwert wird mir dabei helfen, und wenn ich versage, so soll es mich durchbohren!“ Tomi hielt es in die Höhe! Tränen standen in seinen Augen. Es war beschlossen.

    „Kommandant, wir haben verloren.“, ein Diener war zu seinem Kommandanten geschritten.
    „Ich weiß.“
    „Wir warten auf ihre Befehle.“
    „Ich weiß.“
    „Wie lauten sie?“
    „Ich weiß.“
    „Sie hören mir nicht zu.“
    „Ich weiß.“

    Leere Augen. Unentschlossenheit. So hatte der Diener noch nie seinen Kommandanten gesehen, so gebrochen, so leblos. Er war sonst immer geistesgegenwärtig, doch nun war er abwesend, doch nicht in tapferen fernen Schlachten, nein, er war in seiner Leere gefangen.
    „Was machen sie denn hier.“, er schien plötzlich zu sich gekommen zu sein. Doch sein Blick hatte immer noch diesen seltsamen leeren Ausdruck.
    „Ihre Befehle entgegennehmen?“, fragte der Diener ungeduldig.
    „Ich habe keine. Wir warten ab. Haltet euch bedeckt. Operation W wird weiter durchgeführt, alle anderen Operationen liegen auf Eis. Es lohnt nicht, jetzt alles in die Wagschale zu werfen.“
    „Und was ist mit unserem Kampfgeist?“
    „Wir haben unseren Kampfgeist eh verloren. Nicht wir haben Antranig beschützt. Er ist nicht auf uns angewiesen. Wir ziehen ab sofort wieder unser eigenes Ding durch. Vergesst ihn.“
    „Jawohl, mein Meister.“ Der Diener verbeugte sich, drehte sich um, und ging. Hinter sich lassend seine Ideale, Kampfgeist und Hoffnungen. Doch sie verflüchtigten sich, verkrochen sich in die dunkelsten Ecken. Der Kommandant, blickte leer vor sich hin, die Zeit hatte sie erfasst, die Leere, die Bedeutungslosigkeit. Der Sand rieselte, weiter und unumkehrbar, die letzten Körner wehrten sich gegen die Kraft der Gravitation. Sich oben haltend allein ein Körnchen, ein Körnchen Sand in einer Schlangengrube.

    Die Hand verschwand unterm Umhang, misstrauisch blickte er seinen gegenüber an. Auch er hatte seine Waffe gezogen, ein Streitkolben drohte in der Luft, bereit zuzuschlagen mit seinen scharfen Kanten. Die Energie zwischen den Gestalten war nicht erfassbar, scheinbar vollkommen kühl standen sie angesichts zu angesichts.
    „Ach du bist es, Nummer Drei!“ mit einem Griff steckte jener den Streitkolben weg. Er lächelte als das Laub im Wind knisterte.
    „Nummer 1, welche Ehre! Ich dachte, ich würde zu spät kommen.“ Karnig grinste.
    „Nun, in der Tat, das tust du.“ , lachte er auf. „Aber immerhin bist du gekommen, wir sind nur zu Dritt, na ja, nun zu Viert.“ Er passierte das eiserne Tor. In der Ferne konnten sie ein großes Herrenhaus erkennen.
    „Ich soll Nummer Fünf entschuldigen!“, meinte Karnig.
    „So, musst du das?“ Nummer 1 blickte ihn musternd an. Danach gingen sie schweigend nebeneinander her. „Viel zu lasch geworden, die Kontrollen. Zu unseren Treffen kommt kaum einer mehr, alle machen, was sie wollen, sogar…“ er verstummte. Besorgt warf er einen Blick auf Karnig.
    „Keine Sorge, Sis, ich bin ganz deiner Meinung. Es ist eine Schande, dass er selbst nicht erscheint, uns aber ruft. Verdammte Familienbande!“
    Sis stimmte durch nicken zu. Wütend spuckte er sogleich auf die Erde. „Pfui, ich wünschte mir, wir würden endlich einen vernünftigen Führer kriegen, der uns nicht immer zum Narren hält und uns rumkommandiert.“ Dazu schwieg Karnig allerdings. Sie standen nun vor einem großen, schweren hölzernen Portal. Es hatte eine magische Wirkung. Geheimnisse lagen dahinter. Geheime Bünde, Mächte, Ideen, Pläne, die Ur-Feinde der Menschen: Das Unbekannte. Sis ging forsch darauf zu. „Ach ja, Karnig, vielleicht könntest du ja endlich mal die Hand von der Scheide deines Schwertes lösen.“ Karnig zog die Hand grinsend aus dem Umhang hervor.
    „Man weiß ja nie.“, gackerte Karnig. Sis indes donnerte gegen die Tür.
    „Ahh, da bist du ja wieder. Und du hast einen mitgebracht, wie schön!“ Eine Frau hatte geöffnet. „Diener!“ sie hatte sie hineingelassen. Sie standen in einer riesigen Halle. Es hallte.
    „Sie haben gerufen, Frau Abrahamyan?“, hallte es zurück, doch bei weitem nicht so schneidend, so befehlshabend, so kalt, so grausam.
    „Bringe noch einen Stuhl, wir haben noch einen weiteren Gast bekommen!“, herrschte sie ihn weiter an. Ein Lichtschein fiel auf sie. Sie war zwar nicht gerade unansehnlich vom Körper, ihr Haar fiel in schwarzen Locken auf ihre Schulter, sie trug ein blutrotes, knielanges Kleid. Doch der Diener vermied es, sie anzusehen, als ob sie ein Monster wäre.
    „Der macht es auch nicht mehr lange mit.“ Karnig grinste.
    „Amüsierst du dich? Willst du mir meine Beute wegnehmen?“ Frau Abrahamyan blickte ihn an. Die Augen waren braun, doch es waren keine normalen Augen. Verrückt, tötend, unmenschlich. Doch Karnig Aronjan hielt ihrem Blick stand. Im Gegenteil, sein Grinsen wurde breiter ehe er ihr antwortete:
    „Keine Sorge, Arpa Abrahamyan, ich werde dir schon nicht den Spaß klauen.“ Er schritt an ihr vorbei. Die kleine Kammer, die er betrat, war eng, denn sie war klein. Das war das Herz, wenn man sowas sagen konnte. Denn ob das Böse ein Herz hat ist fraglich. Kerzen beleuchteten den Raum, wiewohl sie die bösartige Dunkelheit weder aufdeckten noch vertreiben konnten. Weiterhin war nur ein Tisch und ein paar Stühle im Raum. Nur einer war besetzt. „Vasag, schön dich zu sehen.“ Karnig ließ sich neben dem Mann nieder. Er war ordentlich gekleidet, das Haar gekämmt in Hemd und Krawatte.
    „Der Herr Aronjan ist auch noch gekommen, welch Überraschung.“ Er reichte dem Neuankömmling die Hand, doch Karnig ignorierte sie. Vasag zuckte mit den Schultern und wandte sich der Frau zu, die nun auch den Raum betreten hatte: „Unfreundlich wie immer.“ Er lächelte.
    „Nun, lasst uns beginnen.“ Meinte Arpa kühl. „Anwesend sind:
    Rang Nummer Eins: Sis Sahakyan
    Rang Nummer Drei: Karnig Aronjan
    Rang Nummer Vier: Vasag Khachatryan
    Und ich: Rang Nummer Sieben: Arpa Abrahamyan
    Ich werde außerdem die Versammlung leiten, dazu hat er mich befugt. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“ Keine Reaktion. „Schön, dann können wir ja anfangen. Wie eure neugierigen Nasen garantiert schon in Erfahrung gebracht haben, ist Nummer sechs, Tro Manoyan, von uns gegangen. Wir können sicher sein, dass er nicht von der Weltregierung getötet wurde, oder aber zumindest nicht mit uns in Verbindung gebracht wurde. Nichtsdestotrotz ist es besorgniserregend, dass einer von uns von uns gegangen ist. Wir werden es weiterhin überprüfen. Es geht nun heute also in erster Linie darum euch den Nachfolger, den er sich ausgesucht hat, vorzustellen. Deshalb wäre es auch gut gewesen“, sie senkte bedrohlich die Stimme. „wenn alle gekommen wären.“ Sie musterte die Runde. Sie sahen alle ziemlich gelangweilt aus. Besonders böse blickte sie Karnig an, welcher mit einem Messer versuchte, möglichst schnell in die Zwischenräume der gespreizten Fingern zu stechen, hin und her, immer wieder, in einer atemberaubenden Geschwindigkeit, der ein menschliches Auge nicht vermochte zu folgen. Doch er traf immer wieder genau ins Leere. Frau Abrahamyan räusperte sich. „Nun gut, wenigstens ihr seid gekommen, besser als nichts. Also gut, ich hole ihn jetzt.“ Arpa Abrahamyan stand auf. Mit schnellen Schritten verließ sie den Raum.
    „Ich wünschte ich könnte sie einfach mal erwürgen.“ Murmelte Sahakyan Aronjan zu. „Sie ist die Schwächste von uns allen, die Nummer Sieben halt, und dennoch befehligt sie uns hier rum!“ Sein Griff wurde fester. Holz splitterte. Dann blickte er auf und erschrak. Vasag blickte zu ihnen hinüber. Ihre Blicke trafen sich, kurz, doch intensiv. Sis fragte sich, ob es Zustimmung, oder Ablehnung war. Ob er ihn eventuell sogar verraten würde. Würde er soweit gehen? Er sollte wissen, dass er, Sis Sahakyan, ihm, den vierten Rang, überlegen war, und dass er, im Falle eines Verrats, alles tun würde um ihn zu töten. Karnig grinste in die Runde. Er grinste. Grinsend, als Arpa zurückkam.
    „Nun, ich darf euch unseren neuen sechsten Rang vorstellen.“ Sahakyan konnte ein amüsiertes Lachen nicht mehr unterdrücken. „Kenel Dashyan!“ Ein Mann, Dreitagebart, zerstrubbelte Frisur, heruntergekommene Klamotten, doch Augen, welche auf Disziplin getrimmt waren. Beinahe schon befehlerisch, blickte er in die Runde. „Herr Dashyan hat in der Verwaltung eines Königreiches hier in der Region gearbeitet, doch leider ist er in Ungnade gefallen, oder sollen wir sagen: Zum Glück. Er wird unsere Kampfkraft sicherlich verstärken.“ Sie musterten ihn. Er war schwer einzuschätzen. Sie warteten gespannt darauf, dass er den Mund bewegte.
    „Guten Abend, meine Herren!“ begrüßte er sie. „Und natürlich meine Dame.“ Er nickte Frau Abrahamyan zu. Er verschränkte die Arme. „Ich denke, dass wir gut zusammenarbeiten werden. Ich werde all meine Pflichten erfüllen, die in Verbindung mit diesem geheimen Orden stehen, dem Orden „Vishnu“. Erwartet von mir keinen Gefallen, für euch Dienstältere. Ich bin, auch wenn ich einen niedrigeren Rang habe wie ihr, so bin ich gleichberechtigt. Ich hoffe, ihr habt mich verstanden.“ Er setzte sich nach dieser Ansprache. Sis kicherte. Sie alle waren verblüfft. Er stellte Ansprüche, er wollte sich von ihnen Abschotten. Sie alle wussten es längst, was dann geschieht. Tro Manoyan war auch alleine auf weiter Flur gewesen und hatte ihm gehorcht, doch ohne Verbündete darunter und ohne gewaltige Kraft konnte er dies nicht durchziehen. Tro war von einen von ihnen erledigt wurden, auf jeden Fall, er ist frech geworden und hat verloren, so einfach ist das. Und das könnte auch leicht mit ihm geschehen. Zu leicht. Die Versammlung hielt nun Rat, wie mit dem Verschwinde Manoyans verfahren werden sollte, doch die Wahrheit, die schwiegen sie im Kollektiv tot. Und Sis, Sis lachte sich einen ab, über Arpa, unfähig, nach dem Tod eines Ranghöheren aufzusteigen. Das war die absolute Demütigung, Nummer Sieben zu bleiben. Sis Griff lockerte sich nicht. Als sie gingen waren zehn merkwürdige Abdrücke auf der Tischkante zu sehen, Abdrücke von Fingern welche sich in das uralte, doch sehr stabile Holz gedrückt hatten, so feste griff er zu.


    Kapitel 21 Verteidigung

    Er hatte Mühe aus dem Trubel zu entkommen. Mikrofone und Schreiblöcke umgaben ihn, hielten ihn fest, zogen ihn zurück, zurück in das Rampenlicht. Die Stimmung war entflammt, man wollte sich nicht mit dem Bisherigen zufrieden geben. Zwar war Gevor zufrieden, doch er war erschöpft. Er hatte getan was er konnte, wenn er nun nicht losließ würde es nur Verderben mit sich bringen. Für ihn. Sowie auch für Antranig. Seine Rede war zwar nicht lang andauernd gewesen, doch sie war hinreichend gewesen. Hoffte er zumindest. Wissen, na ja, was weiß er schon.

    „Ist es ein Verbrechen, eine Meinung zu haben?“

    Er öffnete die Tür. Die Kutsche fuhr von dannen. „Zum Landsitz, bitte.“ Wies er seinen Kutscher an. Er sah draußen die Menschen, der Tag war wolkenverhangen, doch es gab die Aussicht auf Besserung, welche doch schon im Falle Antranig vor kurzem ausgeschlossen schien.

    „Ist es nicht lächerlich, zu behaupten, es gäbe Unterschiede zwischen ihm und dir, der du mir und den meisten anderen in diesem Saal doch völlig unbekannt bist?“

    Die Schlaglöcher rüttelten ihn durch. Doch was ihn sonst bei der Arbeit störte, war ihm nun willkommen. War er nicht auch nur ein kleines Schlagloch im System? Doch, dachte er sich, senkt man die Straße auf mein Niveau herab, so ist sie eben.

    „Seid ihr nicht alle gelenkt wurden? Um nicht sogar zu sagen gelinkt. Ihr, die ihr doch alle so kritisch seid, verurteilt einen Mann, ohne ihm zuzuhören, weil er scheinbar eine andere Meinung wie ihr habt!“

    Er sah die Zeitungsständer vorbeifahren. „Sohn des Präsidenten gefasst!“ lautete die Schlagzeile. Darunter thronte die reißerische Behauptung, die jegliche nähere Befassung mit dieser Thematik nichtig machte: „Wie konnte Antranig Sardaryan nur in diesen Verschwörungstheorien versinken?“.

    „Nein, verehrte Zuhörer. Selbst in unserer derzeitigen Gesellschaft, die zweifelsohne ihre Tugenden hat, ist dies nicht zulässig.“

    Der Wagen verließ die Stadtmauern. Der Wald war nun sichtbar, doch er würde ihn nicht durchqueren. Was darin wohl vor sich ging, fragte sich Krikor. Man sah die ersten zwei, drei, vier Baumreihen, doch nicht weiter. So war es auch mit dem System, ja, das Bild passte. So wie er würden die Menschen wohl nicht heute diesen Wald erforschen, aber immerhin, haben sie nun auch die ersten paar Baumreihen gesehen. Grund genug um zufrieden zu lächeln.

    „Lasst uns doch alle mal diskutieren, und zwar über alles. Last nicht über eure Köpfe entscheiden. Schaut auch mal von einer höheren Sphäre hinunter, auf uns. Lasst uns nicht Leute wie Antranig Sardaryan verlieren, denn wir könnten sie brauchen wenn sie denn auch tatsächlich Recht haben.“

    Nonsens. Was für ein lächerliches Bild, dachte sich Gevor. Schon bald wird aufgeforstet. Zwar wird man auch dann hineinsehen können, doch nicht mehr so tief. Er runzelte die Stirn. Rodung, das wäre die Lösung, so wie sie es doch heute alle machen, doch nein, der Vergleich war doch Schwachsinn. Sie machen es nicht, weil sie den Wald hassen, weil er sie bedroht, sondern um sich ihrem Reichtum einzuverleiben, um ihren Wald, zu vergrößern, und mit stacheligen Ranken zu versehen, die ein Durchkommen unmöglich machen.

    „Meine Damen und Herren, daher fordere ich: Solange Antranig Sardaryan sich keines der üblichen und unserer Gesellschaft zuwider wirkendes Verbrechen begangen hat: Lasset ihn frei, unversehrt, und hört ihm zu. Ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit.“

    Man müsste den Wald komplett niederbrennen! Ja, das muss man. Beim Hinausschauen entfernte sich der Wald, die Felder lagen vor ihm. Und sein prunkvoller Landsitz.


    Eine gehobene Kammer. Ein Schreibtisch, vor ihm ein hölzerner, gut gepolsterter Stuhl. Auf dem Tisch ein Tintenfass, Feder und Papier. Am Boden, ein Teppich, reich verziert. Selbige an den Wänden hängend. Ein Kronleuchter, spendete warmes Licht. Doch es gab kein Fenster. Kein Tageslicht, kein Entkommen. Denn die Tür, die blieb zu, verschlossen. So war Antranig weggesperrt. In der Mitte des Zimmers etwas abstruses: Ein Stein! Antranig hielt sich an die Stirn. Man war er dämlich gewesen. Er, Ivan hieß er wohl, hatte gedacht, dass er ihn verloren habe, doch er hatte ihn abgeworfen. Antranig sah, wie der Stein zurückgeflogen kam vor seinem geistigen Auge. Und dann wusste er, dass das kein bildliches Denken war, sondern wortwörtlich Geschehen. Unter seiner Hand klaffte eine Wunde. Zwar verarztet, doch sie saß tief. Der körperliche Schmerz verband sich mit dem seelischen zu einem, ehe der seelische den körperlichen übernahm. Er sehnte sich nach der Umarmung seiner Schwester, seine letzte Vertrauensperson. Er hoffte, dass sie ihn nicht verleugnen würde. Gevor und Zoravar würden zwar zu ihm stehen, doch aus politischen Motiven wie Antranig schmerzlich bemerkte. Er vermisste es, die Freundschaft. Schmerzlich. Schmerzlicher, als der Schmerz des Steines.

    "Wirtschaftsethik? Na, sie müssen sich schon entscheiden!"
    Sinngemäß übernommen von Claus von Wagner

    Dieser Beitrag wurde bereits 26 mal editiert, zuletzt von Gan D. Alf ()

  • Da ich aktuell nur wenig Muße für die meisten Dinge aufbringen kann (hervorragend an der Schule zu sehen :D), darfst du dich glücklich schätzen, dass ich hier reinschreibe....auch wenn ich erst mal nur deine Vorgeschichte kommentieren will und mich dann Woche für Woche durch jeden einzelnen Arc arbeiten will – morgen darfst du dann hoffentlich die Kritik zum ersten Arc lesen.

    Was sicherlich die Motivation der Leser stark dämpft, ist zunächst die sehr große Länge deiner Vorgeschichte. Dies ist zwar verständlich insofern, als dass man beim ersten Geschriebenen voller Eifer dabei ist, für mich aber leider läufst du Gefahr, den Leser abzuschrecken; ist zwar nur mein Geschmack, aber: ich mag eher Vorgeschichten, die besonders wegen ihrer Kürze und Mysteriöse jemanden fesseln...für mich war die Länge der Vorgeschichte noch ganz okay, kann aber ein starker Lustkiller sein – das ist ja nicht so gut D:
    Außerdem impliziert die Vorgeschichte, dass der Fokus eher abseits vom eigentlichen One Piece geht – die einzige erkenntliche Verbindung war die oft erwähnte Weltregierung -, was dann auch noch die Leute abschreckt, die nur stark auf One Piece bezogene FanFictions lesen wollen...vielleicht hinterlässt aber die Vorgeschichte nur einen falschen Eindruck? Trotzdem hoffe ich, dass viele Leute deine Geschichte lesen. ^^

    Eine große Länge kann positiv auf den Schreibstil wirken und ihn zur Entfaltung bringen, im Umkehrschluss aber auch eine größere Angriffsfläche entstehen lassen; mal schauen, ob das geglückt ist – natürlich nur nach meinem Empfinden. Abseits von paar Kommata, die entweder fehlten oder gar zu viel waren (mein Deutschlehrer sagte einst: lieber zu wenige Kommata als zu viele :D), fiel mir im Bereich des Schreiberischen nichts wirklich Negatives auf. Auf der einen Seite benutzt du einen gehobeneren Schreibstil in den wörtlichen Reden zur Untermalung der Adeligen – was in Sachen Authentizität positiv anzumerken ist -, so aber dich davor hüten musst, dass darunter dein Schreibstil leidet, kannst du das auf der anderen Seite durch die ausführlichen, deine schreiberischen Fähigkeiten präsentierenden Beschreibungen der Charaktere kompensieren – kurz: der Spagat zwischen wörtlicher Rede und schönen Beschreibungen ist größtenteils gelungen. Nur eines kannst du noch verbessern: nach den wörtlichen Reden die Geste oder die Gefühle des Sprechenden noch näher beleuchten, da hierdurch eine größere Vorstellung der Charaktere möglich wird. Natürlich in einem angemessenen Maße...nicht nach jeder wörtlichen Rede „, sagte der Kommandant mit tief sitzender Miene“ o.Ä. :D Alles in allem, guter Schreibstil :)

    Nun zum Inhalt:

    Deine eigenen Vorstellungen über das ideale System in diese Geschichte einzubauen, und dadurch auch Kritik an unserem jetzigen System zu üben, finde ich genial...bis jetzt war zwar noch nicht dermaßen viel von dieser Sorte dabei, aber ich freue mich schon sehnlichst drauf :D Inhaltlich passiert nicht wirklich viel, dafür werden uns besonders die scheinbaren Missstände in der Welt und auch die Charaktere geschildert. Ich hoffe, du übertreibst es nicht mit den Beschreibungen der Charaktere...wichtigen Charakteren sollte man das widmen...deswegen hoffe ich, dass die von dir beschriebenen Charakteren allesamt noch eine größere Rolle spielen werden, ansonsten ergäbe das für mich keinen großen Sinn.

    Na ja, mir vergeht langsam die Lust xD Bis zur nächsten Kritik und schreibe weiter!

    Dann mal weiter. Die folgenden Worte wenden sich dem ganzen ersten Arc zu, der mich im Großen und Ganzen überzeugen konnte, nur schlichen sich doch recht viele Fehler in die Sprache rein...das sind eigentlich immer Fehler gewesen, die man beim zweiten Lesen bestimmt hätte ausbessern können. Beispielsweise fehlten manchmal Wörter, manchmal gab es Singular-Plural-Probleme, Genus-Probleme, dann wurden substantivierte Verben klein gleassen und - nicht so schlimm - Komma-Fehler...diese Sachen störten doch an manchen Stellen den Lesefluss sehr, was schade ist, weiß ich doch, dass dir solche Fehler normalerweise nicht passieren...anscheinend hat da jemand keine Lust, seine Kapitel nach Fehlern zu durchsuchen :D. Ansonsten aber wieder gelungene und detailreiche Beschreibungen der Umgebung und Charaktere...so gelungene Metaphern wie mit dem Bonbon wie im Gespräch zwischen Sardaryan und Gevor liest man immer wieder gerne :D Wenn ich schon auf die Charaktere zu sprechen komme...was bedeutet es, wenn jemand ein "-yan" an seinem Namensende besitzt? Ein männlicher Adliger? Wäre schön, wenn du dahingegend auch einen Charakterguide der Übersicht halber erstellen könntest. Danke!
    Dann zum Inhalt. Herrliche Anspielungen lassen sich finden (der negativ besetzte Kapitalismus, der so namentlich natürlich nicht direkt erwähnt wird...) und bringen einen zum Schmunzeln. Schön, dass du nicht nur Systeme näher beleuchtest, sondern auch die Charaktere...viele leiden scheinbar an Depressionen..du gibst aber den Charakteren und somit auch den Lesern wieder viel Kraft...aber bis jetzt ist wirklich noch vieles sehr undurchsichtig - das drückt langsam auf den Fersen xD

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von kilam () aus folgendem Grund: Mehr Kritik :s

  • Antwort auf kilam
    Schön, schön. Nun gut, dann mal so als Antwort vorne weg:

    kilam schrieb:

    anscheinend hat da jemand keine Lust, seine Kapitel nach Fehlern zu durchsuchen :D.
    Jo, das stimmt wohl :I . Muss ich schleunigst mal bei den ersten Kapiteln ändern, vor allem da ich dort einige POassagen mit dem Laptop geschrieben habe^^. Gut, ich verspreche dir mal, dass ich mich da demnächst mal ransetzen werde.

    kilam schrieb:

    Was sicherlich die Motivation der Leser stark dämpft, ist zunächst die sehr große Länge deiner Vorgeschichte.
    Jo, stimmt schon, aber ich habe mich gefragt, was ein kurzer Prolog nutzt, wo eigentlich nichts relevantes genannt wird, daher habe ich den Prolog/Vorgeschichte durch sozusagen ein Vorkapitel ersetzt. War vielleicht nicht so günstig.

    kilam schrieb:

    Deine eigenen Vorstellungen über das ideale System in diese Geschichte einzubauen, und dadurch auch Kritik an unserem jetzigen System zu üben, finde ich genial...bis jetzt war zwar noch nicht dermaßen viel von dieser Sorte dabei, aber ich freue mich schon sehnlichst drauf :D
    Ja, da wirst du dich noch gedulden müssen, das dauert noch was, ich hab mir halt erst versucht eine Fülle an Charakteren zu überlegen, eine grobe Konstellation aufzubauen, um dann in ihr das Ganze auszufüllen. In den bisher online gestellten Kapiteln sind alerhöchstens Andeutungen und sehr oberflächliche Sachen dabei, nichts weltbewegendes wie ich finde. Und auch demnächst wird es eher normal weitergehen, muss gestehen, dass ich damit eigentlich weniger Zeit verlieren wollte, es aber am Ende etwas viel wurde, nun gut, passiert ist passiert, ich hoffe ich kriegen den Spagat vernünftig hin, soll ja keine reine Moralpredigt oder so werden...

    kilam schrieb:

    Ich hoffe, du übertreibst es nicht mit den Beschreibungen der Charaktere...wichtigen Charakteren sollte man das widmen...deswegen hoffe ich, dass die von dir beschriebenen Charakteren allesamt noch eine größere Rolle spielen werden, ansonsten ergäbe das für mich keinen großen Sinn.
    Du wirst sehen, wie wichtig die Charaktere sind. Ich kann dir sagen, es werden (zu) viele in nächster Zeit auftreffen, da kann ich nicht allen jederzeit ne große Rolle zuteilen, aber jeder wird von mir mit einer Rolle bedacht, wie groß und wichtig die dann ist, weiß ich (in den wenigsten Fällen) selber noch nicht so ganz genau^^.

    kilam schrieb:

    Wäre schön, wenn du dahingegend auch einen Charakterguide der Übersicht halber erstellen könntest.
    Meinst du damit sozusagen ne Liste von all den Charakteren und die groben Infos zu denen? Jo, bei den vielen Leuten sicherlich angebracht, aber auch zusätzliche Arbeit^^. Ne, mach ich dann natürlich gerne, hab sowas für mich ja selber schon erstellt, natürlich mit weiteren Infos, die ihr nicht kriegen würdet.

    kilam schrieb:

    was bedeutet es, wenn jemand ein "-yan" an seinem Namensende besitzt?
    Nein, denke ich mal nicht... . Keine Ahnung^^. Ich kann nur soviel sagen: Alle Namen Kar'Ahans, also die Einheimischen, (ich hatte den Namen der Insel schon genannt, oder?) stammen aus dem Armenischen. Teilweise haben sie besondere Bedeutungen und wurden deshalb ausgewählt (die Vornamen, Nachnamen hab ich wiederrum keine Ahnung^^). Teilweise gibt es aber auch Namen, die ich einfach so gewählt habe, weil sie mir gefielen und dazu passten, wofür ich sie verwenden wollte, ohne auf ihre Bedeutung zu gucken, da gibt es auf jeden Fall einen Namen, bei dem ich erschrocken war, als ich die Bedeutung davon gelesen habe^^. Also -yan, trotz Sardaryan und Hovhannisyan, sind keine adlige Namen.

    kilam schrieb:

    viele leiden scheinbar an Depressionen.
    Depressiv, wer denn? Natürlich läuft vieles dem Bach runter, sodass einige Charaktere durchaus als depressiv bezeichnet werden können, doch eigentlich sollten die meisten nicht depressiv sein. Verzweifelt sind einige, weil sie nichts bewirken, aber wirklich depressiv ist zu dem Zeitpunkt noch keiner wie ich finde, Azadouhi vielleicht (also nur auf den ersten Arc bezogen). Na ja, wenn es so rüberkommt hast du vermutlich recht, inhaltlisch werde ich allerdings daran nichts mehr ändern, auch wenn es nicht beabsichtigt war.

    kilam schrieb:

    aber bis jetzt ist wirklich noch vieles sehr undurchsichtig - das drückt langsam auf den Fersen xD
    Find ich gut, dass du das so siehst. Geht erstmal auch so weiter, natürlich werde ich immer wieder was aufklären, doch ich möchte dabei auch immer wieder ein paar kleine Überraschungen einsträuen, ich hoffe das gelingt mir. Na ja, was soll ich sagen, ich hoffe ich werde auch alles zufriedenstellend auflösen können.

    Ansonsten noch zum Schreibstil etc. : Danke für dein Lob, ich hoffe weiterhin dich zufriedenstellen zu können (und die anderen evtl. auch).

    Euer MatheRambo


    Arc 4: Neuorientierung

    Kapitel 22: Handlungen im Dunkeln

    Lousvart sah das Glück. Doch freuen konnte sie sich nicht. Sie drehte sich um. Schön, dass wenigstens Azadouhi in ihren Bruder vertraut. Doch sie, durfte sie noch in Karnig vertrauen? Er hatte selbst gesagt, er war ein Egoist! Doch er sagte, sie wäre, nein, sie war keine Egoistin. Warum machte sie sich denn sonst Sorgen um ihn? Vielleicht weil sie Ge… Nein, hab ich nicht, sagte sie zu sich selbst. Er ist einfach nur eine Gefahr für uns, ich muss ihn überwachen, dachte sie sich. Wer, wenn nicht sie, war dazu in der Lage, ihm das Grinsen aus dem Gesicht zu wischen? Sie war schon so weit gekommen, doch sie fragte sich, ob er, Karnig, sie nicht schon durchschaut hätte. Sie schauderte. Sie schritt zurück, zurück in den Tempel, als:
    „Lousvart! Bleib bitte hier!“ Azadouhi kam die Stufen zum Tempel hinaufgelaufen. „Kannst du deinen Vater eventuell darum bitten, dass Karnig bei euch bleiben kann, zumindest vorerst?“ Azadouhi blickte hoffnungsvoll in diese blauen Augen. Lousvart seufzte. Sie wusste, dass Antranig nicht viel von der Kirche hielt, doch die Gebote ihrer Kirche befahlen ihr eigentlich, ihn aufzunehmen. Auch war ihr Vater eigentlich verständnisvoll in solchen Dingen und vielleicht, vielleicht konnte Antranig ja auch seine Haltung der Kirche gegenüber aufpolieren. Also, kurz gesagt, sie nickte. Doch heimlich, heimlich verfluchte sie Azadouhis Glück. Sie hatte ihren Bruder wieder, und sie, sie hatte nichts. Aber nein, egoistisch? Kein Stück!

    „Was gibt’s, Z?“ Karnig hielt eine Teleschnecke in der Hand. Er befand sich in einer Bücherei. Bücher über Bücher, Kisten voller Schriftrollen und alter Pergamentfetzen welche nur darauf warteten zu verstauben und endlich zu zerfallen um die Geschichte zu löschen welche in ihnen gespeichert war. Es war ein geheimnisvoller Ort mit Geheimnissen noch und nöcher und am nöchsten gab es hier Geheimnisse von einer alten Kultur welche sich einst auf dieser Landmasse befand ehe sie von der Zeit verweht wurde. Das Licht, welches die wenigen Kerzen spendeten, reichte nicht aus um die Dimensionen dieser Bibliothek auch nur anzudeuten wie sie dort im Dunkeln lauerte. Oben die Finsternis, links, rechts, vorne, hinten Gänge. Und Bücher. Der Duft von Pergament, von einparfümierten Büchern, manche rochen widerlich, manche anziehend.
    „Ich habe ein paar wichtige Daten rausgefunden, über P. Du weißt schon, was ich meine, G!“ Karnig grinste. Zufrieden antwortete er umgehend in die Teleschnecke.
    „Gute Arbeit! Und? Wie sieht es aus? Haben sie reagiert oder schmollen sie?“
    „Noch haben sie keinen Plan in den Händen. Aber G, sie wissen von deinen Aktivitäten. Sie wollen Nachforschungen betreiben.“
    „Und, was wissen sie genau?“
    „Nicht viel, sie wissen nur von der einen Existenz. Aber deine Ziele und die der Organisation ist ihnen weiterhin unbekannt.“
    „Und so wird es bleiben, mein Lieber!“, antwortete Karnig selbstsicher. „Und, wer ist der Spitzel, der Neue wohl kaum!“
    „Tut mir leid, ich bin dabei, aber du weißt ja, ich habe nicht genügend Mann, es gibt so viel zu tun.“
    „Brauchst du vielleicht einen Spitzel, ich könnte dir einen besorgen der für diesen Job wie geschaffen wäre!“
    „Nein, danke, so schlimm ist es nun auch nicht. Hör zu, du musst deinen Plan endlich in die Tat umsetzen, wie lange brauchst du noch. Das ist riskant. Diese Organisation ist sowas von instabil!“
    „Immer ruhig bleiben. Ich bin ja dabei, mir die nötigen Informationen zu beschaffen.“
    „Nun gut. So, dann wäre aber noch was: Karnig, hör mir genau zu: Ziel 1 ist im Tempel!“ Stille. Nein, wie ist es denn dazu gekommen. War das ein Vorteil Ein Nachteil? Zum einen: Ja, religiöse Erziehung war sicherlich nicht das verkehrteste für seine Pläne mit ihm. Doch, diese Gefahr, dass sie sich begegnen, austauchen, und sich gegen ihn verbünden war gegeben. Scheiße! Selten verlor er so die Fassung. Das durfte doch gar nicht sein. Alles, alles was er sich aufbaute, konnte nun zerstört werden. Und nur aufgrund dieser lächerlichen Person. Sie war es Schuld.
    „G, G, bist du noch da?“
    Ruhig Blut, Karnig. Ruhig bleiben. Eins und zwei und drei und vier und ausatmen. Eins und zwei und drei und vier und fünf und ausatmen. Eins und zwei und ausatmen. Im Takt bleiben! Langsam, aber beständig. Eins! Und Zwei! Und Drei! Und Vier! Und Ausatmen! Und nochmal! Es funktionierte. Es war nichts verloren. Nein, er musste schnell handeln. Und dann blickte er hinab. Auf die Rolle Pergament, auf die Karte. Wieso zögerte er noch. Es war an der Zeit, seinen Plan umzusetzen. Es sprach nichts mehr dagegen, erste Informationen hatte er, er konnte das Tempo erhöhen.
    „Alles in Ordnung, Z!“ Lachen, überheblich, siegessicher hallte durch die Regale, als der Hörer der Teleschnecke, bestimmt und feste, aufgelegt wurde. Die Zeit war reif. Nur noch ein kleines bisschen mehr, und er, er könnte endlich Gewissheit erlangen. Schon bald.

    Zoravar saß gedankenverloren in seinem Sessel. Er war zufrieden. Er hatte Antranig im Tempel untergebracht. Somit würde er mit Sicherheit an Reife gewinnen. Schon bald, bald könnte er den nächsten Schritt wagen. Es fehlte bei Antranig keinesfalls an Ehrgeiz, doch Wissen fehlte ihm. Er lächelte zufrieden. Er würde es ihm beibringen. Er würde es tun. Er, den er selbst gelehrt hatte. Er, von dem er schon längst übertroffen wurde. Er, der wohl wie kein anderer Bescheid wusste und die Revolution in diesem Land lenkte. Er, der sogar über das Meer hinaus wirkte. Er war genau richtig. Nur, würde er das tun?

    Er indes saß in einem anderen Sessel, an einem anderen Ort. Um ich herum Bildschirme, Teleschnecke massenhaft. Er sah aus wie ein heruntergekommener Bengel, braunes Haar, wild abstehen, ein viel zu großes T-Shirt, eine Hose, gespickt mit Löchern, die Füße nackt, die Augen groß und geweitet, unterlegt mit tiefen Augenrinnen. Unruhig, kauerte er an seinen Fingern, während er dasaß, die Augen wild hin und her schicken, alles begierig aufnehmend, was an den Monitoren ihm wichtig schien. Details, er kannte sie alle. Sein Gehirn arbeitete, rund um die Uhr. Er war derjenige, vor dem die Banker dieses Landes, die Mächtigen, die Lenker dieser Region, am meisten Angst hatten. Und er war es, den sie nicht kannten. Wenn er enttarnt würde, dann wäre er tot.



    Und auf Wunsch hin: Hier erscheint mein Charakterguide, ich werde ihn Arc für Arc staffeln.
    Charakterguide

    Arc 1

    Familie Sardaryan:

    Hayrig (52):
    -Präsident von Lössvers
    -Vater der Familie
    -„Dahinter saß ein stattlicher Mann, um die 50, mit ordentlich nach hinten gekämmten Haaren. Auch er in einem schwarzen Anzug. Unter dem Ärmel konnte man eine goldene, reich verzierte Uhr glitzern sehen. Er hatte eine staatsmännische Wirkung, und auch seine Stimme war fest und bestimmt.“

    Olympias (49)
    -Gattin Hayrigs
    - Lieblingskind: Tsakig

    Antranig (20)
    -ältester Sohn der Familie
    - kommt gut mit Azadouhi klar
    -Gegens System
    - Mit Krikor Gevor und Zoravar befreundet
    -„ein kräftig gebauter Hüne mit wild abstehendem schwarzen Haar, einem wohl gehütetem Kinn und Backenbart samt einer absolut den Gegebenheiten unpässlichen Garderobe, welche zwar dem Trend der Jugend entsprachen, aber nicht dem, was ein junger aufstrebender Mann in der Oberschicht abverlangt wurde“

    Azadouhi (16)
    -Tochter
    -eher unpolitisch
    -Freundin von Lousvart
    -„welche mit ihrer Lebensenergie, ihrer braunen Haarpracht, ihren feurigen braunen Augen so manchem jüngeren Grünschnabel am Tisch das Tischgespräch weniger interessant erscheinen ließ“

    Tsakig (12)
    -jüngster Sohn der Familie
    -Liebling von Olympias
    -lebt bei Hayrigs Bruder
    -„ein Knabe von 12 Jahren mit blondem Schopf und scheuen braunen Augen, ersterer munter und interessiert am Gespräch, welches er durch gezielte Fragen und Einwände verdeutlichte, zweiter eher zurückhaltend, nicht nur was die Gespräche der Erwachsenen angeht, auch bei den Spielen mit den anderen anwesenden Kindern“

    Abaven Movsisyan (60)
    -Diener Familie Sardaryan

    Politik in Lössver:

    Thomas Vogt (42)
    -Berater Hayrigs
    -Pro WR
    -Stammt nicht aus Lössver
    -„Ein kleiner, dünner Mann in einem schwarzen Anzug und einer hohen Stirn.“

    Juliana Galstyana (52)
    -Premierministerin Lössvers

    Krikor Gevor (60)
    -Politiker
    -Parteivorsitzenden der Blauen
    -Gegen das System

    Krikor Zoravar (64)
    -Regierungsgegner
    -Freund Gevors

    Shahan Petrosyan (45)
    -einflussreicher Banker

    Lousvart Hovhannisyan (17)
    -Politikerin
    -Freundin Azadouhis
    -"ein junges, blondhaariges Mädchen, welches mit ihrer Schönheit und ihren ebenmäßigen Gesicht, ihrem schönen jungen schlanken Körper, ihrer glänzenden hellen Haut und ihren blauen vertrauensvollen Augen den Raum zu erhellen schien."

    Karnig Aronjan (17)
    -Geschäftsmann
    -„Seine ganze Erscheinung schien abnormal zu sein. Sein Körper war ungewöhnlich dünn und knochig, doch hoch, das ganze überspannt mit einer absolut weißen, ja fast schon grauen Haut. Seine Augen, blutrot, sein Haar, tiefschwarz, kraus, gepflegt, und sein Gesicht war ungewöhnlich spitz und verzerrt durch sein Grinsen.“


    Weitere Geschäftsmänner:
    -Apel Veranjan
    -Jannig Mkrtchyan
    -Reteos Avagyan

    Weltregierung:

    Legrant (35)
    -Kommandant bei der Weltregierung

    Smith (42)
    Offizier der Weltregierung

    Kazim (36)
    -Offizier der Weltregierung

    Ivan (30)
    -Offizier der Weltregierung

    Kondor (40)
    -Kapitän der Marine
    -Stationiert in Crohaven
    -Bird-Frucht: Modell Kondor

    Sonstige:

    Nahabend Hovhannisyan (50)
    Vater Lousvarts
    -Hohepriester der hiesigen Kirche
    -„ein Mann der gerade die 50 überschritten hatte, ein kahler glänzender Kopf, auch im intellektuellen Sinne, welcher mit tiefen und vor Erfahrung glänzenden Augen munter die Anwesenden musterte, gewandet in einem weißen Gewand, verziert mit bronzenen, silbernen und goldenen Streifen.“

    Badouagan Azizyan (53)
    -Insaßener Zelle 388
    -Karnigs persönlicher Gefangener
    -„Langes, verschmutztes braunes Haar, ein ausgemergeltes Gesicht. Und Augen, die gebrochen waren. Man sah ihm an, dass er schon bessere Zeiten hinter sich hatte. Von seiner ehemaligen Neugier, schien nichts überlebt zu haben, nein, nur Verzweiflung, Ohnmacht und eine gewisse Gleichgültigkeit.“

    Orte:
    Kar'Ahan (Kontinent)
    Lössver (Staat in Kar'Ahan)
    Ythran (HS von Lössvers)
    Rahun (fluss durch Ythran)
    Crohaven (Stadt mit Sitz der Marine)
    Gujan (eine andere Stadt, Lokalisierung folgt später)
    "Wirtschaftsethik? Na, sie müssen sich schon entscheiden!"
    Sinngemäß übernommen von Claus von Wagner

    Dieser Beitrag wurde bereits 10 mal editiert, zuletzt von Gan D. Alf ()

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