Menschenjagd (Bo)

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen zum Einsatz von Cookies
    Beachten Sie zudem unsere Datenschutzerklärung: Pirateboard.net - Datenschutzerklärung

    • Zu guter Letzt widme ich mich dem Prolog der letzten Fanfiction, die aktuell noch zu laufen scheint: Bos Menschenjagd.


      Ein gelungenes Ende?

      Die größte Frage, die sich mir stellt: Befinden wir uns am Anfang oder am Ende der Geschichte? Ein Mann im Rollstuhl bringt sich mutmaßlich selbst um, doch ist es der Protagonist? Ehrlich gesagt wünsche ich es mir, denn einen Mann im Rollstuhl habe ich bei einer Menschenjagd wahrlich nicht erwartet. Es wäre sehr spannend zu sehen, wie er in die weitere Geschichte eingebaut wird. Ein wenig Angst habe ich davor, dass später die Geschichte des kleinen Jungen erzählt wird. Das gab es meiner Meinung nach schon zu oft (irgendwie kommt mir schon wieder Batman in den Kopf^^).

      Das Gefängnis

      Meine zweite Frage betrifft das Gefängnis. Was für ein Gefängnis ist das bitte, in dem tausende Menschen umherlaufen und du eine Pistole in deiner Zelle haben darfst? Gut, ich gebe zu, der erste Teil der Frage lässt sich noch ganz einfach durch eine Erinnerung oder einen Traum beantworten, aber woher kommt die verdammte Pistole? Ich bin wirklich sehr gespannt, wie das später aufgelöst wird.

      Die Personen

      Ich gehe stark davon aus, dass uns alle Personen, die uns bisher vorgestellt wurden (der Mann im Rollstuhl, der Mann mit den schwarzen Haare, der Junge, die Frau), später noch einmal begegnen werden. Die letzten beiden gehören wohl zur Familie des Rollstuhlmannes, doch wer ist der zweite Mann? Gehört er auch zur Familie? Bisher habe ich nichts zu meckern, außer dass ich mehr lesen will :D

      Fazit

      Mir hat der Prolog sprachlich gut gefallen, die Handlung wird sich noch mit der Zeit entfalten. Wie bei den anderen Fanfictions auch, bin ich gespannt, wie es weitergeht. Tatsächlich habe ich noch keine gefunden, die ich in irgendeiner Weise langweilig fand. Alle sind anders und das ist auch gut so!
    • Kapitel 126 - PennyDreadful II

      Dein neues Kapitel beginnt genau an dem Ort, wo dein letztes beendet wurde. Allerdings einige Wochen vor den aktuellen Ereignissen. Damals war der Dahlia Club noch der altehrwürdigste Männerclub des gesamten Empires, den du atmosphärisch einfach nur wunderbar umgesetzt hast. Auch wenn das Auftauchen einer Frau in diesem Räumen, einer der größten Skandale ist, den dieser Club je erlebt hat, schafft es Penny trotzdem die ganze Szenerie immer zu beherrschen. Sie ist der Mittelpunkt, sie gibt den Ablauf vor, die Männer reagieren nur auf sie und wahrscheinlich genau wie Penny es erwartet hat, sie spielt nur mit ihnen. Trotzdem bekommen die beiden männlichen Hauptakteure ihren guten Auftritt. Sir Augustus Storing der wahrscheinlich schon so alt ist, dass er zum Inventar gehört und die gealterte Oberschicht repräsentiert, sowie Barrington Conworth der junge Schnösel, fountischer Meister im Freiturnen, wie kommst du eigentlich auf so etwas^^. Jedenfalls repräsentieren beide zusammen die zwei Pole oder doch eher Enden der Herrenclubgesellschaft. Penny geht aber trotz all ihrer Selbstsicherheit nicht alleine in diesem Club und damit meine ich nicht ihr schönes Accessoire Benedict Hearst, ich spreche vom jemanden der Sprichwörtlich an ihr kleben dürfte und dafür sorgt, dass Barrington zum letzten mal als Mann handeln kann. Durch diese Entmannung wird der widerstand des ganzen Clubs gebrochen, dann nichts ist dem Mann wichtiger bzw. empfindlicher als seine Kronjuwelen. Die Entmannung passt aber auch sehr gut zu Dionisia, ihrem Charakter und mythologischen Namenshintergrund; Inspiration.

      Jedenfalls ist Penny Dreadful, bzw. Carla wie sie überraschenderweise verrät, nun stolze Besitzerin eines der wichtigsten Clubs der Stadt und wird mit diesem Namen und der Öffnung für neue Schichten der Gesellschaft, sicher viel Einfluss gewinnen. Auch wenn ihr dies trotz der Unterstützung von Bloddy Mary sicher schwer fallen dürfte. Immerhin dürfte sie nach dieser Aktion so ziemlich die gesamte alte Oberschicht gegen sich haben, welche sicher noch am besten ins Ohr der Königin flüstern kann. Aber dafür gibt es Mary, die ihr sicher so einiges über die Herrschaften erzählen kann.

      Carlas neues Domiziel wirkt wie etwas, wo sich Spinnen und Vampire wohlfühlen dürften.^^ Nein ernsthaft, so ein dunkles Gemäuer passt wunderbar zu ihrer Person und ihrer Art, sie ist die Frau der Dunkelheit und der Schatten, genauso wie Harley eine Person des Glanzes war. Weiterhin ist das Gemäuer auch irgendwie passen für ihre kleine dunkle Verschwörergruppe, wobei mir die gesamte Szenerie irgendwie bekannt vorkommt. Ein dunkler großer Raum, der Boss/Anführer am Kopf der Tafel, eine stehende mehr oder minder normale Person, eine Person auf dem Tisch im Drogenrausch und eine entstellte Person in einer noch dunkleren Ecke/Wand. Ich hatte sofort ein Bild vor Augen, blöd nur, dass ich nicht weiß wo es hergekommen ist.^^

      Etwas überrascht bin ich über die zugedröhnte Étaín, irgendwie stört es mich fast... aber warum... vielleicht, weil ich davon ausgegangen bin, dass Ulysses so etwas selbstzerstörerisches in seiner kleinen Familie nicht dulden würde, da es auch Missionen gefährdet, ganz abgesehen von der Gesundheit. Aber Grund genug hätte sie sich in die Drogen zu flüchten, immerhin dürfte das Leben unter Ulysses nicht einfach sein und wenn ich mich recht entsinne, hatte sie auch ein Auge auf O'Mara geworfen. Die beiden würden sich derzeit mit ihren Süchten wunderbar ergänzen, wobei wir eigentlich gar nicht wissen, ob sie regelmäßig Heroin spritzt, bei ihren bisherigen Auftritten wirkte sie jedenfalls nicht sehr berauscht. Das die KGJ nochmal extra erwähnt werden, hat in mit den verdacht aufkommen lassen, dass sie sich eventuell ebenfalls in der Stadt befinden, wobei dann die frage bleibt, ob Luca von Ulysses noch zu den KGJ gezählt wird, da sich diese immernoch in Carlas Gewalt befinden müsste.

      Ansonsten gehören noch Benedict Hearst und Douglas Remington mit zum Quartett der... was sind die vier eigentlich genau, bzw was ist ihr Ziel bzw die Ziele der Einzelnen. Etain ist Ulysses Augen und Ohren, Carla so etwas wie seine Hand, die in Eigenregie sein Ziel durchführen soll, die fountische Regierung nach seinem Willen zu beeinflussen und zu behindern. Benedicct ist mehr oder minder ein Teil dieser Schicht, als Königlicher Uhrmacher hat er zumindest Zugang zum Palast. Aber was ist mir Douglas und vor allem wer ist Amalgam, was wollen sie Erreichen und warum vor allem dieser Name? In Full Metal Panic heißt die gegnerische Organisation genauso und ich bin mir sicher auch noch woanders darüber gestolpert zu sein. Der Name ist wohl echt beliebt.^^

      So ganz bin ich mal wieder nicht mit meinem Kommentar zufrieden, aber mehr dürfte es nicht werden. Wir bekommen wieder einige Leute vorgestellt und einen groben überblicke darüber, was in nächster Zeit geschehen könnte. Aber der Arc ist erst zwei Kapitel alt da wird sich sicher noch was für mich ergeben.
      :thumbsup: Nicht nur in One Piece die reine Wahrheit: :thumbsup:
      Pirates are evil?!!... ...The Marines are Justice?!!
      These labels have been passed around Heaven knows how many times...!!!
      Kids who have never known peace... ...and kids who have never known war... ...Their values are too different!!!
      Whoever stands at the top can define right and wrong as they see fit!!!
      Right now, we stand in neutral territory!!!
      "Justice will prevail"?!... ...Well, sure it will!
      Whoever prevails... ...is Justice!!!! (Doflamingo)

      So kann man es aber auch sehen
      "THERE IS NO JUSTICE, THERE IS ONLY ME!"
      Death, Discworld, Terry Pratchett

    • So liebe Leser und Kommentatoren,

      Kapitel 128 ist da, trägt den Titel "Dornenwald" und kann an alter Stelle gelesen werden. Viel Spaß! :)

      Calli


      C. /s schrieb:

      Das 127. Kapitel fing mit der Frau an, die das 126. beendete: Hauptakteurin Penny. Ihre erste Aktion war es natürlich, mit Uhrmacher Hearst im Schlepptau, den Herrenclub Dahlia aufzumischen, wobei ihr bloßes Dasein pure Empörung bei den patriarchischen cis-white scum-Männern auslöste. Und die Tatsache, dass die Schwarze Witwe (rip Johnson) erfolgreich ihre schwarzen Nägel in den Laden bohren konnte und Besitz über den Gentleman Club erlangte, brachte die alten Säcke bestimmt zur Weißglut. Mit dem verstörenden Gewaltakt an Barrington Conworth lieferte Penny wohl ein treffendes Totschlagargument, was ich der einwandlosen Stille entnahm, die auf ihre geäußerte Forderung folgte, den Laden zu kaufen. Passiert, wenn man eine gefährliche Frau unterschätzt.
      Eigentlich ja zwei gefährliche Frauen. Immerhin ist Carla nur so eindrucksvoll wie Lorca ihr zugesteht.^^
      Wie sich Carlas Herrschaft über den Club gestaltet, darf natürlich abgewartet werden. Ein reiner Herrenclub wird es nicht bleiben können, wie sich aus dem Gespräch mit Mary ja schon ergeben hat. Hier beginnt Carlas Machtergreifung, was im neuen Kapitel noch einmal genauer ausgeführt bzw. aufgegriffen wird.

      C. /s schrieb:

      Ob Pennys eierquetschende Rache wegen Conworths sexistischen Äußerungen über Frauen und die vollkommen unangebrachte Frage nach der Farbe von Pennys Lippen grausam übertrieben ist, bleibt wohl Ansichtssache. Einziger Lichtblick: Wenigstens befanden sich bei den letzten Atemzügen seine Juwelen in den Händen einer (wahrscheinlich) wunderschönen Frau. tatsächlicher Lichtblick? Ebenfalls Ansichtssache. Ansonsten bleibt von dem jungen unhöflichen Kerl außer der unangebrachten Frage, die bestimmt in einer späteren QnA-Session thematisiert wird, und einer von Penny erfolgreich ausgenutzten Möglichkeit, uns Lesern mehr von ihren verdorbenen Charakterseiten zu zeigen, nicht viel übrig.
      Lorca ist nicht hässlich. Nur neurotisch.^^
      Natürlich war es wieder etwas übertrieben blutig und grausam, aber alles andere wäre so einem Auftritt wohl auch nicht gerecht geworden. Die Symbolik ist eindeutig, sodass es niemand mehr wagen dürfte, Carla wegen ihres Geschlechts zu verurteilen. Die Entscheidung, dem Kerl die Eier abzureißen, dürfte btw Lorca getroffen haben. Carla hat ja bloß mit dem Finger auf ihn gezeigt...und sich auf Lorcas Hang zur Melodramatik verlassen. xD

      C. /s schrieb:

      Anschließend, in der Gegenwart angekommen, bewies die Schwarze Witwe im Gespräch mit Top-Dame Bloody Mary Kelly mit abfälligen Bemerkungen über die in diesem System herrschende Männerwelt weitere Charaktertiefe. Sie zeigte der Puffmutter den potentiellen Ertrag, inoffiziell die Krone in diesem Land zu tragen, indem sie in einer sich lohnenden Zusammenarbeit die Strippe(erinne)n im Hintergrund ziehen. Ob sich das Reich dann tatsächlich so "simpel" wie ein ergebener Sklave an der Hundeleine führen lassen wird, wie die feministisch angehauchte Realistin dachte, muss sich zeigen.
      Übrigens bemerkenswert, wie der Autor es schafft, aktuelle, die Gesellschaft belastende Geschehnisse wie die von einem patriarchischen System unterdrückten Frauen sinnvoll aufzugreifen und sehne mich nach weiteren Kapiteln, in denen diese heißdiskutierte Thematik erneut aufgegriffen wird.
      Total bemerkenswert. xD
      Nein, also ich habe ja auch schon angekündigt, dass dieser Arc der Arc der starken Frauenfiguren wird und daran halte ich mich auch, was im neuen Kapitel auch noch einmal auffallen wird. Carla als erste große weibliche Antagonistin sticht da natürlich heraus, aber auch Lorca als mächtigste Waffe der Schurken, Mary und Etain in tragenden Rollen sowie natürlich Luca und Mercedes (und Ondine) machen diesen Arc beinahe feministisch. Aber ich denke, dass sich das alle Beteiligten auch verdient haben. Insbesondere Mercedes schulde ich eine ordentliche Portion Epicness.

      C. /s schrieb:

      Aber auch Mary Kelly wurde für mich charakterlich attraktiver im letzten Kapitel. Dies geschah weniger im Gespräch mit Penny, da die erbeerbraunäugige Domina bis auf ein paar schmunzelnverursachende Sprüche eher eine passive Rolle einnahm, um der Witwe die Möglichkeit einzuräumen, erklärend ihre dunklen Pläne zu präsentieren, sondern eher in der aufschlussreichen Konversation zwischen der vollbusigen Etain und Penny, in welcher Mary eine indirekte Charakterisierung von der Rothaarigen bekam. Laut dieser solle man die ehemalig einfache Hure, die sich (wahrscheinlich) erfolgreich zum Posten der angesehenen Rotlichtkönigin hochgeschlafen hatte, nicht unterschätzen. Und schon stellt man sich die Frage, welche Handlungen diesem Kommentar folgen werden: Denn zurzeit befindet sie sich scheinbar auf der Seite der Strippenzieher-weshalb sollte man was befürchten? Neugier ist da.
      Mary ist eine sehr wichtige Figur, die Gegenwart und Vergangenheit verbinden wird. Mehr dazu gibt es schon im neuen Kapitel. Es ist gut, dass sie dir gefällt, denn ihre Rolle im Arc wird sehr zentral. Aber, was erwartet man nach ihrer Einführung auch anderes?^^

      C. /s schrieb:

      Und um dieser Bedrohung durch die wichtige Gossendame entgegenzuwirken, führte sich Etain als selbsterklärte Kontrollinstanz ein. Jedoch kann ich mir vorstellen, dass sie viel lieber Zeit damit verbringen will, Penny zu ärgern. Wenn die gemeinsamen Ziele nicht wären, würden sich die beiden Frauen wahrscheinlich gegenseitig die Augen auskratzen, wobei ich ganz klar die auf Etains Seite wär-allein schon wegen ihres letzten Satzes.
      Jedenfalls passen sie danach optisch zum Almanagvertreter der Runde, Doug Remington, auf dessen Hintergrundgeschichte ich gespannt bin. Auch wenn wir wohl keine Beschreibung seiner Iriden bekommen.
      Ein königlicher Uhrmacher, ein augenloser Almanag-Vertreter, eine vollbusige Gesandte des Bastardkönigs und die Fürstin der Finsternis treffen sich in einem verbranntem Haus...
      Etain, die tolle Kontrollinstanz. xD
      Auch sie wird in diesem Arc erstmal aktiver in die Handlung eingesponnen und genauer charakterisiert, worauf ich mich schon freue. Immerhin schlägt sie erneut die Brücke zu den Waffenschiebern und teilt sich eine recht...interessante Vergangenheit mit O'Mara. Allein deshalb wird es spannend, wie es mit ihr und Carla weitergeht. Aber mehr dazu indirekt im neuen Kapitel.

      C. /s schrieb:

      Abschluss liefert dann Fawne, die ihre von einem nächtlichen Spaziergang, (wobei Stolziergang bei der Menge an von ihr verbreiteter Angst der passendere Begriff ist,) zurückkommende Chefin in einen schrecklichen Raum schubste. Und wenn eine gnadenlose Domina, die eine Woche zuvor dem Arsch eines Lustmolchs haufenweise Aufmerksamkeit in Form von induziertem Schmerz mit Peitsche, Dildo,... schenkte, den Schlüssel zu einem Raum weggeworfen hatte, dann kann man sich als Leser drauf freuen. All die Bilder von "blaugequetschten Nippeln und durchstoßenen Schwellkörpern" sollen doch auch noch ihren Weg in die FF finden, damit dein Leid wegen der "qualvollen" Recherche wenigstens nicht grundlos war;)
      Aufklärung folgt im neuen Kapitel. Auch wenn ich bezweifle, deine perversen Erwartungen dieses Mal erfüllen zu können. :D

      B. Movie


      B. Movie schrieb:

      Die größte Frage, die sich mir stellt: Befinden wir uns am Anfang oder am Ende der Geschichte? Ein Mann im Rollstuhl bringt sich mutmaßlich selbst um, doch ist es der Protagonist? Ehrlich gesagt wünsche ich es mir, denn einen Mann im Rollstuhl habe ich bei einer Menschenjagd wahrlich nicht erwartet. Es wäre sehr spannend zu sehen, wie er in die weitere Geschichte eingebaut wird. Ein wenig Angst habe ich davor, dass später die Geschichte des kleinen Jungen erzählt wird. Das gab es meiner Meinung nach schon zu oft (irgendwie kommt mir schon wieder Batman in den Kopf^^).
      Dass ich dir an dieser Stelle keine Antwort auf deine Fragen geben kann, sollte klar sein, oder? Batman wird es aber nicht.^^

      B. Movie schrieb:

      Meine zweite Frage betrifft das Gefängnis. Was für ein Gefängnis ist das bitte, in dem tausende Menschen umherlaufen und du eine Pistole in deiner Zelle haben darfst? Gut, ich gebe zu, der erste Teil der Frage lässt sich noch ganz einfach durch eine Erinnerung oder einen Traum beantworten, aber woher kommt die verdammte Pistole? Ich bin wirklich sehr gespannt, wie das später aufgelöst wird.
      Wieder eine Frage, die ich so im Raum stehen lassen muss. Die Geschichte des Gefangenen ist selbst zum jetzigen Stand der Geschichte noch nicht aufgeklärt, wird aber ein zentrales Thema sein. Jedoch vielleicht nicht so, wie man es erwarten könnte.

      B. Movie schrieb:

      Ich gehe stark davon aus, dass uns alle Personen, die uns bisher vorgestellt wurden (der Mann im Rollstuhl, der Mann mit den schwarzen Haare, der Junge, die Frau), später noch einmal begegnen werden. Die letzten beiden gehören wohl zur Familie des Rollstuhlmannes, doch wer ist der zweite Mann? Gehört er auch zur Familie? Bisher habe ich nichts zu meckern, außer dass ich mehr lesen will :D
      Vielen Dank. Tatsächlich werden die Halluzinationen des Mannes noch eine Rolle spielen, ebenso wie das Gefängnis, warum er eine Pistole hat und seine Rolle im Gesamtkonzept. Nur leider, leider darf und will ich nichts vorwegnehmen.^^

      B. Movie schrieb:

      Mir hat der Prolog sprachlich gut gefallen, die Handlung wird sich noch mit der Zeit entfalten. Wie bei den anderen Fanfictions auch, bin ich gespannt, wie es weitergeht. Tatsächlich habe ich noch keine gefunden, die ich in irgendeiner Weise langweilig fand. Alle sind anders und das ist auch gut so!
      Ja, das ist schon eine Stärke des hiesigen FF-Bereichs, der sich immerhin durch ein angenehmes Ausbleiben von kitschigen Yaoi-ZorroXLaw-Werken auszeichnet. :D
      qoii


      qoii schrieb:

      Dein neues Kapitel beginnt genau an dem Ort, wo dein letztes beendet wurde. Allerdings einige Wochen vor den aktuellen Ereignissen. Damals war der Dahlia Club noch der altehrwürdigste Männerclub des gesamten Empires, den du atmosphärisch einfach nur wunderbar umgesetzt hast. Auch wenn das Auftauchen einer Frau in diesem Räumen, einer der größten Skandale ist, den dieser Club je erlebt hat, schafft es Penny trotzdem die ganze Szenerie immer zu beherrschen. Sie ist der Mittelpunkt, sie gibt den Ablauf vor, die Männer reagieren nur auf sie und wahrscheinlich genau wie Penny es erwartet hat, sie spielt nur mit ihnen. Trotzdem bekommen die beiden männlichen Hauptakteure ihren guten Auftritt. Sir Augustus Storing der wahrscheinlich schon so alt ist, dass er zum Inventar gehört und die gealterte Oberschicht repräsentiert, sowie Barrington Conworth der junge Schnösel, fountischer Meister im Freiturnen, wie kommst du eigentlich auf so etwas^^. Jedenfalls repräsentieren beide zusammen die zwei Pole oder doch eher Enden der Herrenclubgesellschaft.
      Genau so war es auch gedacht. Carla schaltet binnen eines Fingerzeigs das neue und das alte Geld, die Vergangenheit und die Zukunft der alteingesessenen Strukturen aus und erhebt sich damit über die Gesamtheit der konservativen mächtigen Kräfte der Insel. Es freut mich auch, das dir ihr Auftritt entsprechend gefallen hat. Hier merkt man dann auch, wie sie all die Jahre mit Harley mithalten konnte. Sie ist ebenso dramatisch wie er, nur in der Endausführung konsequenter.^^

      qoii schrieb:

      Penny geht aber trotz all ihrer Selbstsicherheit nicht alleine in diesem Club und damit meine ich nicht ihr schönes Accessoire Benedict Hearst, ich spreche vom jemanden der Sprichwörtlich an ihr kleben dürfte und dafür sorgt, dass Barrington zum letzten mal als Mann handeln kann. Durch diese Entmannung wird der widerstand des ganzen Clubs gebrochen, dann nichts ist dem Mann wichtiger bzw. empfindlicher als seine Kronjuwelen. Die Entmannung passt aber auch sehr gut zu Dionisia, ihrem Charakter und mythologischen Namenshintergrund; Inspiration.
      Ja, ihrer Rolle als mächtigste Waffe der Frau in Schwarz wird Dionisia mehr als gerecht und es macht Spaß, sich immer mehr furchteinflößende Szenen für die Staubfrau zu erdenken. xD

      qoii schrieb:

      Jedenfalls ist Penny Dreadful, bzw. Carla wie sie überraschenderweise verrät, nun stolze Besitzerin eines der wichtigsten Clubs der Stadt und wird mit diesem Namen und der Öffnung für neue Schichten der Gesellschaft, sicher viel Einfluss gewinnen. Auch wenn ihr dies trotz der Unterstützung von Bloddy Mary sicher schwer fallen dürfte. Immerhin dürfte sie nach dieser Aktion so ziemlich die gesamte alte Oberschicht gegen sich haben, welche sicher noch am besten ins Ohr der Königin flüstern kann. Aber dafür gibt es Mary, die ihr sicher so einiges über die Herrschaften erzählen kann.
      Carla ist wohl geschickt genug, die Angst und Unsicherheit der Überlebenden zu nutzen, zumal jene ihre Macht natürlich auch über den Club gefestigt haben und durch diesen zahlreiche Vorteile genießen, welche die wenigsten aufgeben wollen. Carla hat nur klargestellt, dass sich die Bedingungen radikal verschoben haben. Entweder man ist für sie; oder man verliert sein Leben...und andere Dinge. :D

      qoii schrieb:

      Carlas neues Domiziel wirkt wie etwas, wo sich Spinnen und Vampire wohlfühlen dürften.^^ Nein ernsthaft, so ein dunkles Gemäuer passt wunderbar zu ihrer Person und ihrer Art, sie ist die Frau der Dunkelheit und der Schatten, genauso wie Harley eine Person des Glanzes war. Weiterhin ist das Gemäuer auch irgendwie passen für ihre kleine dunkle Verschwörergruppe, wobei mir die gesamte Szenerie irgendwie bekannt vorkommt. Ein dunkler großer Raum, der Boss/Anführer am Kopf der Tafel, eine stehende mehr oder minder normale Person, eine Person auf dem Tisch im Drogenrausch und eine entstellte Person in einer noch dunkleren Ecke/Wand. Ich hatte sofort ein Bild vor Augen, blöd nur, dass ich nicht weiß wo es hergekommen ist.^^
      Ja, keine Ahnung. Tatsächlich basiert auch nur eine Person der Runde auf einem bekannteren Motiv, welches bis dato aber auch noch nicht zum Tragen gekommen ist, sodass ich dieses Mal ratlos bin. Solche kleinen Zirkel an komischen Figuren sind natürlich nicht neu, in dieser Konstellation fällt mir aber auch nichts ein.^^

      qoii schrieb:

      Etwas überrascht bin ich über die zugedröhnte Étaín, irgendwie stört es mich fast... aber warum... vielleicht, weil ich davon ausgegangen bin, dass Ulysses so etwas selbstzerstörerisches in seiner kleinen Familie nicht dulden würde, da es auch Missionen gefährdet, ganz abgesehen von der Gesundheit. Aber Grund genug hätte sie sich in die Drogen zu flüchten, immerhin dürfte das Leben unter Ulysses nicht einfach sein und wenn ich mich recht entsinne, hatte sie auch ein Auge auf O'Mara geworfen. Die beiden würden sich derzeit mit ihren Süchten wunderbar ergänzen, wobei wir eigentlich gar nicht wissen, ob sie regelmäßig Heroin spritzt, bei ihren bisherigen Auftritten wirkte sie jedenfalls nicht sehr berauscht. Das die KGJ nochmal extra erwähnt werden, hat in mit den verdacht aufkommen lassen, dass sie sich eventuell ebenfalls in der Stadt befinden, wobei dann die frage bleibt, ob Luca von Ulysses noch zu den KGJ gezählt wird, da sich diese immernoch in Carlas Gewalt befinden müsste.
      Etain ist ein komplizierter Charakter. Bisher war sie auch nüchtern, hier täuscht dich dein Eindruck nicht. Was aber natürlich nicht viel heißen muss. Zu Etain wird es noch einiges geben, tatsächlich wird sie in diesem Arc als hauptsächliche Brücke zu den Ereignissen um Ulysses, O'Mara und deren Vergangenheit schlagen. Ich verspreche mal, dass das mit ihrer Sucht einen Sinn ergeben wird - auch in Bezug auf die Verhältnisse innerhalb der Waffenschieber-Fraktion.^^

      qoii schrieb:

      Ansonsten gehören noch Benedict Hearst und Douglas Remington mit zum Quartett der... was sind die vier eigentlich genau, bzw was ist ihr Ziel bzw die Ziele der Einzelnen. Etain ist Ulysses Augen und Ohren, Carla so etwas wie seine Hand, die in Eigenregie sein Ziel durchführen soll, die fountische Regierung nach seinem Willen zu beeinflussen und zu behindern. Benedicct ist mehr oder minder ein Teil dieser Schicht, als Königlicher Uhrmacher hat er zumindest Zugang zum Palast. Aber was ist mir Douglas und vor allem wer ist Amalgam, was wollen sie Erreichen und warum vor allem dieser Name? In Full Metal Panic heißt die gegnerische Organisation genauso und ich bin mir sicher auch noch woanders darüber gestolpert zu sein. Der Name ist wohl echt beliebt.^^
      Schade nur, dass es nicht »Amalgam« sondern »Almanag« heißt.^^
      Almanag wird in diesem Arc noch ausführlich erläutert und auch in der kommenden Handlung eine große Rolle spielen. Auch wenn man es nicht glauben mag, der dunkle Schatten wird sich in diesem Arc ein gutes Stück lüften und mit ihm werden viele Geheimnisse offenbart. Dazu gehört, im weitesten Sinne, auch

      qoii schrieb:

      So ganz bin ich mal wieder nicht mit meinem Kommentar zufrieden, aber mehr dürfte es nicht werden. Wir bekommen wieder einige Leute vorgestellt und einen groben überblicke darüber, was in nächster Zeit geschehen könnte. Aber der Arc ist erst zwei Kapitel alt da wird sich sicher noch was für mich ergeben.



    • Kapitel 128 Dornenwald

      * Eine Runde (imaginären) Schnaps für alle, dies ist mein 1.111 Kommentar.


      -Bo- schrieb:

      Schade nur, dass es nicht »Amalgam« sondern »Almanag« heißt.^^
      Hier sieht man mal wieder meine unglaubliche Fähigkeit, die Buchstaben in einem Wort völlig anders Anzuordnen und trotzdem einen Sinn ergeben zu lassen, neben den Austausch von Buchstaben eine meiner herausragendsten Eigenschaften, welche dem schellen lesen geschuldet sind. Haltet immer eure Fliegenklatschen beriet, um mir auf die Finger zu hauen.^^

      Wie ich erwarte habe, befindet sich der Teil der KGJ um Mercedes ebenfalls Fountleroy Island bzw in Nickleby, wobei ich gar nicht mehr weiß, ob ich diese Vermutung hier ausgeschrieben habe, aber @blink ist mein Zeuge, wir haben auf dem FT darüber gesprochen. ;)

      Was mich aber etwas … nicht gerade überrascht... was ich nicht so direkt erwartet habe ist, dass die KGJ mit Mary schon jemanden in direkter Umgebung der Ereignisse... als eine Art Verbündeten haben. Wobei es im Gespräch durchscheint, dass ihre letzte Begegnung nicht gerade glücklich verlaufen ist oder alle ihre Begegnungen. Den ich bin mir nicht sicher, ob die Ereignisse, welche in dem Zweiergespräch zwischen Mercedes und Mary zur Sprache kommen, zur gleichen Zeit stattfanden wie die, welche vorher angerissen wurden.

      Die Interaktionen zwischen Mercedes und Mary gefallen mir sehr gut, wir haben hier zwei starke Frauen, die sich gegenseitig belauern und nicht sicher sind wie sie zu einander stehen sollen. Trotzdem herrscht auch irgendetwas wie … nicht direkt vertrauen zwischen ihnen, wie man in dem anschließenden Gespräch auf dem Dach erahnen kann. Hier bekommen wir auch ein weiteres Bruchstückchen zu Cals Vergangenheit. Es muss mal irgendetwas mit einer blonden Frau/Mädchen vorgefallen sein, was er noch immer oder zumindest damals noch nicht, verarbeitet hat. Ich würde so weit gehen und behaupten, dass dieses Mädchen irgendwie mit der >Bestie von Compeyson< zu tun hat. Wenn ich die Ereignisse richtig aus den Tiefen meines Gedächtnisses heraus gekramt und nicht mit einem anderen FF durcheinander geworfen habe, war Cal ganz am Anfang bzw. als Junge ein Mitglied der Marine, ich meine sogar unter Michelangelo Machiavelli. Dann ist irgendetwas in Compeyson vorgefallen, was Cal die Kontrolle über seine TF verlieren ließ, worauf in der zu dem KGJ wurde den wir heute kennen und eventuelle hat nun dieses blonde Mädchen etwas mit seinem damaligen Kontrollverlust zu tun. Denn als er auf Mary traf, war er schon mit O'Mara und eventuell Krill unterwegs und diese hat er erst nach Compeyson getroffen.

      Allerdings lässt Mary davor durchblicken, dass es bei ihrem letzten Aufeinandertreffen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen ist, bei denen auch einige ihrer Mädchen schaden genommen haben. Mal abwarten ob wir dazu noch etwas erfahren, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie mir bzw durch das Forbidden Woman irgendwelche mit hohem KG anlocken und festsetzten wollten.

      Letztendlich entschließt sich Mary aber den KGJ wieder zu helfen, was insbesondere daran liegt, dass sie trotz Ulysses Überschreibung des Forbidden Woman eigentlich immer noch unter seiner Kontrolle steht und Gefahr läuft irgendwann doch unter seine Räder zu kommen, ganz abgesehen von ihrem tanz mit der Schwarzen Witwe.

      Im letzten Abschnitt betritt mit Cassiopeia eine weitere starke Frau die Bühne oder eher den Speisesaal. Dabei merkt man aber sehr gut, dass sie eine völlig andre Art von starker Frau ist, als Mercedes oder Mary. Beide machen sich auf ihre Art auch immer Gedanken um andere und besonders um ihre Freunde und Untergebenen/Anvertrauten, während Cassiopeias mehr wie Carla ist und vor allem ihre eigenen Ziele und Vorteile immer in den Vordergrund stellen, auch wenn Cassiopeias dies für die WR macht bzw behauptet zu machen. Dabei erfahren wir, dass Fountleroy Island eines der Gründungskönigreiche ist, was deren guten Verbindungen und die Macht/Einfluss in der WR erklärt. Auch wenn die ursprüngliche Königsfamilie zu HD geworden ist, die Macht welche ihr Land damals hatte bestehen weiter fort.

      Zu der Konstellation Luca und Caral will mit nichts rechtes einfallen, außer dass du ihre Charakterisierung weiter auf einer sehr guten Ebene vorantreibst. Luca ist weiterhin mehr oder weniger ungebrochen und hat sich Caral noch nicht unterworfen, während diese weiterhin mit ihr spielt, auch wenn sie behauptet, dass sie Luca nicht brechen möchte, würde sie sich über so einen Erfolg sicher freuen. Ähnlich geht sie auch mit ihren Mitstreitern um, egal ob Feind oder Verbündeter, sie "spielt" in gewisser wiese mit allen, um ihre Ziele zu erreichen und dürfte letztendlich niemandem verteuern, weswegen sie dies auch nicht von anderen erwartet.

      Wie man vielleicht merkt, hatte ich diesmal etwas Probleme einen vernünftigen zusammenhängenden Kommentar zur Stande zu bringen, obwohl das Kapitel wie immer sehr gut war. Vielleicht liegt es auch daran, dass du diesmal einen besonderen Schwerpunkt auf die weitere Charakterisierung der fünf Frauen gelegt hast. Extra erwähnen möchte ich aber noch die Szene mit Krill bei Frühstück, welche mir, genauso wie alles mit Ondine, sehr gut gefallen haben.
      :thumbsup: Nicht nur in One Piece die reine Wahrheit: :thumbsup:
      Pirates are evil?!!... ...The Marines are Justice?!!
      These labels have been passed around Heaven knows how many times...!!!
      Kids who have never known peace... ...and kids who have never known war... ...Their values are too different!!!
      Whoever stands at the top can define right and wrong as they see fit!!!
      Right now, we stand in neutral territory!!!
      "Justice will prevail"?!... ...Well, sure it will!
      Whoever prevails... ...is Justice!!!! (Doflamingo)

      So kann man es aber auch sehen
      "THERE IS NO JUSTICE, THERE IS ONLY ME!"
      Death, Discworld, Terry Pratchett

    • Long time, no see

      So mein Lieber,

      hier bin ich wieder und dann schauen wir mal, was ich jetzt so alles zusammenstopseln kann. Bin ja nicht ganz fit wie du weißt.

      So im großen und Ganzen muss ich aber sagen, dass mir die Kapitel unheimlich gut gefallen haben. Du konntest die Leute, die Umgebung und die Atmosphäre mal wieder problemlos und ziemlich überzeugend beschreiben, auch wenn ich froh war, dass ich drei Kapitel am Stück lesen könnte. Weiß nicht, ob ich vielleicht in einem einzelnen Kapitel ein wenig verloren gewesen wäre, aber hätte, hätte, Fahrradkette.

      Mary als tragende Figur des Arcs gefällt mir bisher ziemlich gut. Generell der Arc der feministischen Emanzipation, auch wenn ich nicht weiß, ob mir ihr "Wandel" und ihre Verbrüderung mit den Kopfgeldjägern nicht ein wenig zu schnell passierte. Sie wirkte - zumindest in meinen Augen - von Ulysses Vorschlag nicht soo abgeneigt, auch wenn es ihr natürlich nicht gepasst hat, dass sie nach seiner Pfeife tanzen musste. Aber das ist vielleicht auch meckern auf hohem Niveau.
      Insgesamt ist Mary absolut stimmig und mir gefällt das Hurenmotiv. Das hätte ich damals auf San Fardo gerne stärker ausgebaut.

      Zweite große Akteurin ist ja aktuell Carla und ich muss sagen, dass deine Zweifel oder deine Bedenken, dass du sie vielleicht nicht passend genug inszenieren könntest, absolut fehl am Platze sind. Sie wirbelt durch die Reihen ihrer Feinde, Freunde und Untergebenen wie ein Orkan, lustig, zerstörerisch und trotzdem gewinne ich den Eindruck, dass sie unter massiven Druck steht. Harleys Verrat und die neue Krone, die sie auf dem Haupt hat, drücken glaub ich schwerer als ihr lieb wäre. Von daher bin ich mal gespannt, ob sich Carla in ihrer neuen Rolle am Ende nicht vielleicht sogar ein wenig überfordert sieht.
      (Ich hoffe aber, dass wir noch eine Szene bekommen, in der Carla und Ulysses ihre neue Partnerschaft besiegeln, denn war mein letzter Kenntnisstand doch, dass Carla selbst nicht sicher war, ob Ulysses sie nach Harleys Untergang so einfach aufnehmen und akzeptieren würde).

      Die Kopfgeldjäger sind derweil auch schon angekommen, mit dem obersten Ziel Luca zurückzuholen und Carla den Kopf abzuschlagen. Ich freue mich auf jeden Fall schon, dass man erste Ansätze von Mercedes ausgeprägter, aktiver Rolle in diesem Arc schon jetzt sehen kann.

      Ja leider ein recht kurzer und inhaltsarmer Kommentar, aber mehr gibt mein Kopf gerade nicht her. Beim nächsten kann ich dann hoffentlich gleich wieder aktiver einsteigen.
      So ich freue mich wieder da zu sein und bisher hat mich der neue Arc auf jeden Fall überzeugt.

      Grüße
      -V.

    • Kapitel 129 & eine Ankündigung

      Hallo Leute,

      Kapitel 129 ist da, trägt den Titel "Der Körper einer Mutter" und kann an alter Stelle gelesen werden.

      Zudem gibt es eine wichtige Ankündigung zu machen: Mein FF-Kollege @Vexor und ich planen ein Q&A - also eine Fragerunde mit euch zu unseren FF-Projekten. Wir beantworten live eure brennendsten Fragen zu "Horizon" und "Menschenjagd", egal wie kurios, albern oder komplex - vorausgesetzt natürlich, es besteht keine Spoilergefahr. ;)


      Das Q&A wird über den Discord-Server des Pirateboards stattfinden. Dabei werden Vexor und ich den Sprachchat nutzen, ob ihr mit uns reden wollt oder eure Fragen lieber schriftlich im Chat stellt, bleibt euch überlassen.
      Wenn ihr am Q&A teilnehmen möchtet, schreibt bitte sowohl Vexor als auch mir hier im PB oder gleich im Discord. Dann suchen wir gemeinsam einen Termin, bei dem keiner auf der Strecke bleibt. Da mein neues Semester bereits Mitte Oktober startet, dürft ihr euch aber schon mal auf einen baldigen Termin einstellen.^^

      Wir freuen uns auf euch!
      qoii


      qoii schrieb:

      Wie ich erwarte habe, befindet sich der Teil der KGJ um Mercedes ebenfalls Fountleroy Island bzw in Nickleby, wobei ich gar nicht mehr weiß, ob ich diese Vermutung hier ausgeschrieben habe, aber @blink ist mein Zeuge, wir haben auf dem FT darüber gesprochen.
      Ihr habt mein FT über meine FF gesprochen? Ich fühle mich geehrt. :D

      qoii schrieb:

      Was mich aber etwas … nicht gerade überrascht... was ich nicht so direkt erwartet habe ist, dass die KGJ mit Mary schon jemanden in direkter Umgebung der Ereignisse... als eine Art Verbündeten haben. Wobei es im Gespräch durchscheint, dass ihre letzte Begegnung nicht gerade glücklich verlaufen ist oder alle ihre Begegnungen. Den ich bin mir nicht sicher, ob die Ereignisse, welche in dem Zweiergespräch zwischen Mercedes und Mary zur Sprache kommen, zur gleichen Zeit stattfanden wie die, welche vorher angerissen wurden.
      Dass Callaghan und seine Truppe eher verbrannte als fruchtbare Erde hinterlassen, deutete sich ja bereits im ersten Arc durch Buffalo Crook und dessen Leute an. Hinzu kommt, dass auch Mercedes zum Zeitpunkt der Geschehnisse um Mary und das Bordell noch nicht Teil der Truppe war. Muss ich da noch erwähnen, dass die Konstellation aus Callaghan, O'Mara und Krill weniger...rücksichtsvoll agiert? xD

      Die Zeitebenen sind etwas verworren, aber mit Methode. Aus dem Gespräch sollte hervorgehen, dass Callaghan bereits vor Krill und O'Mara...Gast im Bordell war. Mehr erst einmal nicht.

      qoii schrieb:

      Die Interaktionen zwischen Mercedes und Mary gefallen mir sehr gut, wir haben hier zwei starke Frauen, die sich gegenseitig belauern und nicht sicher sind wie sie zu einander stehen sollen. Trotzdem herrscht auch irgendetwas wie … nicht direkt vertrauen zwischen ihnen, wie man in dem anschließenden Gespräch auf dem Dach erahnen kann. Hier bekommen wir auch ein weiteres Bruchstückchen zu Cals Vergangenheit. Es muss mal irgendetwas mit einer blonden Frau/Mädchen vorgefallen sein, was er noch immer oder zumindest damals noch nicht, verarbeitet hat. Ich würde so weit gehen und behaupten, dass dieses Mädchen irgendwie mit der >Bestie von Compeyson< zu tun hat. Wenn ich die Ereignisse richtig aus den Tiefen meines Gedächtnisses heraus gekramt und nicht mit einem anderen FF durcheinander geworfen habe, war Cal ganz am Anfang bzw. als Junge ein Mitglied der Marine, ich meine sogar unter Michelangelo Machiavelli. Dann ist irgendetwas in Compeyson vorgefallen, was Cal die Kontrolle über seine TF verlieren ließ, worauf in der zu dem KGJ wurde den wir heute kennen und eventuelle hat nun dieses blonde Mädchen etwas mit seinem damaligen Kontrollverlust zu tun. Denn als er auf Mary traf, war er schon mit O'Mara und eventuell Krill unterwegs und diese hat er erst nach Compeyson getroffen.
      Genau. Ein winziges Knochenstück zu Cal werfe ich euch hier vor die Füße. In Callaghans Leben gab es ein blondes Mädchen, für welches Mary (und später auch Luca) als Ersatz herhalten mussten. Wer sie war, was sie mit seiner Zeit bei der Marine und der Bestie von C. zu tun hat...lasse ich noch im Dunkeln.^^

      qoii schrieb:

      Allerdings lässt Mary davor durchblicken, dass es bei ihrem letzten Aufeinandertreffen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen ist, bei denen auch einige ihrer Mädchen schaden genommen haben. Mal abwarten ob wir dazu noch etwas erfahren, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie mir bzw durch das Forbidden Woman irgendwelche mit hohem KG anlocken und festsetzten wollten.
      Ja, dazu werdet ihr gewiss noch etwas erfahren. Ich bin immer sehr daran interessiert, auch mal den normalen Alltag der KGJ zu beleuchten, kommt ihr eigentliches Metier doch etwas zu kurz.

      qoii schrieb:

      Letztendlich entschließt sich Mary aber den KGJ wieder zu helfen, was insbesondere daran liegt, dass sie trotz Ulysses Überschreibung des Forbidden Woman eigentlich immer noch unter seiner Kontrolle steht und Gefahr läuft irgendwann doch unter seine Räder zu kommen, ganz abgesehen von ihrem tanz mit der Schwarzen Witwe.
      Eben. Ulysses und Carla sind zwei Mächte, die das Bordell und/oder Mary mit Leichtigkeit zermalmen würden. Es stünde Mary nicht zu Gesicht, sich diesem Schicksal einfach zu ergeben.

      qoii schrieb:

      Im letzten Abschnitt betritt mit Cassiopeia eine weitere starke Frau die Bühne oder eher den Speisesaal. Dabei merkt man aber sehr gut, dass sie eine völlig andre Art von starker Frau ist, als Mercedes oder Mary. Beide machen sich auf ihre Art auch immer Gedanken um andere und besonders um ihre Freunde und Untergebenen/Anvertrauten, während Cassiopeias mehr wie Carla ist und vor allem ihre eigenen Ziele und Vorteile immer in den Vordergrund stellen, auch wenn Cassiopeias dies für die WR macht bzw behauptet zu machen. Dabei erfahren wir, dass Fountleroy Island eines der Gründungskönigreiche ist, was deren guten Verbindungen und die Macht/Einfluss in der WR erklärt. Auch wenn die ursprüngliche Königsfamilie zu HD geworden ist, die Macht welche ihr Land damals hatte bestehen weiter fort.
      Sehr schön formuliert. Dieser Arc ist der Arc der starken Frauen, wobei ich diese Tatsache nicht nur positiv besetzen möchte. Alle Frauen müssen sich in einer Männerwelt behaupten, gehen dabei jedoch unterschiedliche Wege. Werden Mercedes und Mary positiver belegt, sind Carla und Cassiopeia die Kehrseiten dieser Medaille. Luca pendelt sich schon eher in einer Grauzone ein, während Figuren wie Etain und Königin Catherine momentan noch fremdgesteuert sind und ihren Platz noch finden müssen. Mir gefällt dieser feministisch angehauchte Arc momentan sehr. Vielleicht auch, weil gerade Mercedes im Letzten noch so zurückstecken musste.^^

      qoii schrieb:

      Zu der Konstellation Luca und Caral will mit nichts rechtes einfallen, außer dass du ihre Charakterisierung weiter auf einer sehr guten Ebene vorantreibst. Luca ist weiterhin mehr oder weniger ungebrochen und hat sich Caral noch nicht unterworfen, während diese weiterhin mit ihr spielt, auch wenn sie behauptet, dass sie Luca nicht brechen möchte, würde sie sich über so einen Erfolg sicher freuen. Ähnlich geht sie auch mit ihren Mitstreitern um, egal ob Feind oder Verbündeter, sie "spielt" in gewisser wiese mit allen, um ihre Ziele zu erreichen und dürfte letztendlich niemandem verteuern, weswegen sie dies auch nicht von anderen erwartet.
      Richtig. Dieses "Spiel" von Carla und Luca sollte allein ihre identische Unterschiedlichkeit spiegeln. Beide Frauen haben viele Gemeinsamkeiten, unterscheiden sich jedoch in signifikanten Punkten. Während Carla alles und jeden manipuliert und niemandem vertraut, setzt Luca auf die Kopfgeldjäger und nutzt ihre verbleibende Kraft, um sich mit allen Mitteln gegen Carla zu wehren. Ihr Fluchtversuch sollte ihre Willensstärke dabei noch einmal verdeutlichen, bringt aber gleichzeitig auch die kommende Handlung ins Rollen.

      qoii schrieb:

      Wie man vielleicht merkt, hatte ich diesmal etwas Probleme einen vernünftigen zusammenhängenden Kommentar zur Stande zu bringen, obwohl das Kapitel wie immer sehr gut war. Vielleicht liegt es auch daran, dass du diesmal einen besonderen Schwerpunkt auf die weitere Charakterisierung der fünf Frauen gelegt hast. Extra erwähnen möchte ich aber noch die Szene mit Krill bei Frühstück, welche mir, genauso wie alles mit Ondine, sehr gut gefallen haben.
      Alles gut, sei nicht so selbstgeißelnd.^^
      Du hast nämlich ganz recht, in diesem Kapitel geht es eher um die Beziehungen und Konstellationen, die Ausgangsbasis des Arcs. Diese Einführung wird mit den kommenden beiden Kapiteln endgültig abgeschlossen und dann nimmt die Handlung an Fahrt auf, worauf ich mich schon sehr freue. In meiner Planung wird dieser Arc nämlich wesentlich rasanter als der Letzte, was wir alle nach Schloss Roßkosch sicherlich gut gebrauchen können. xD
      Vexor


      Vexor schrieb:

      hier bin ich wieder und dann schauen wir mal, was ich jetzt so alles zusammenstopseln kann. Bin ja nicht ganz fit wie du weißt.
      Die Aussicht auf deinen bärtigen Schädel in meinem Regal lässt mich dir vergeben. :D

      Vexor schrieb:

      So im großen und Ganzen muss ich aber sagen, dass mir die Kapitel unheimlich gut gefallen haben. Du konntest die Leute, die Umgebung und die Atmosphäre mal wieder problemlos und ziemlich überzeugend beschreiben, auch wenn ich froh war, dass ich drei Kapitel am Stück lesen könnte. Weiß nicht, ob ich vielleicht in einem einzelnen Kapitel ein wenig verloren gewesen wäre, aber hätte, hätte, Fahrradkette.
      Ja, tatsächlichen Fortschritt gab es in diesen Kapiteln nur, wenn man sie als ganzes betrachtet. Jedoch war diese Vorgehensweise irgendwo nötig, um die Ausgangslage für die kommende Entwicklung zu bieten. Die erste entscheidende Zäsur wird bereits im neuen Kapitel gelegt, sodass man diese Kapitel als Einführung in den Arc begreifen kann. Damit ist es mMn immer noch besser als mein letzter Arc-Einstieg, da hier eine ähnliche Menge an Kapiteln gebraucht wurde, bevor es überhaupt nach SS ging.^^

      Vexor schrieb:

      Mary als tragende Figur des Arcs gefällt mir bisher ziemlich gut. Generell der Arc der feministischen Emanzipation, auch wenn ich nicht weiß, ob mir ihr "Wandel" und ihre Verbrüderung mit den Kopfgeldjägern nicht ein wenig zu schnell passierte. Sie wirkte - zumindest in meinen Augen - von Ulysses Vorschlag nicht soo abgeneigt, auch wenn es ihr natürlich nicht gepasst hat, dass sie nach seiner Pfeife tanzen musste. Aber das ist vielleicht auch meckern auf hohem Niveau.
      Insgesamt ist Mary absolut stimmig und mir gefällt das Hurenmotiv. Das hätte ich damals auf San Fardo gerne stärker ausgebaut.
      Kann ich verstehen, jedoch liegen zwischen dem Gespräch mit Ulysses/Carla und dem Eintreffen der KGJ wieder einige Tage/Wochen. Und wenn man bedenkt, wie Carla mit Remington umspringt...sagen wir einfach, dass Mary natürlich nicht dumm ist. Sie spürt, wie im Kapitel auch indirekt gesagt, dass sie auf Dauer nicht mit Ulysses oder Carla Schritt halten kann. Vielleicht ist diese Angst vor dem Ungewissen genug? Zumal sie in erster Linie wirklich an das Wohl ihrer Mädchen denkt. Vielleicht ging es etwas zu reibungslos, ja, jedoch wollte ich diese Kapitel nicht noch zusätzlich durch einen Konflikt aufbauschen, der sich früher oder später ohnehin durch die Konsequenz des Plots hätte lösen müssen.

      Vexor schrieb:

      Zweite große Akteurin ist ja aktuell Carla und ich muss sagen, dass deine Zweifel oder deine Bedenken, dass du sie vielleicht nicht passend genug inszenieren könntest, absolut fehl am Platze sind. Sie wirbelt durch die Reihen ihrer Feinde, Freunde und Untergebenen wie ein Orkan, lustig, zerstörerisch und trotzdem gewinne ich den Eindruck, dass sie unter massiven Druck steht. Harleys Verrat und die neue Krone, die sie auf dem Haupt hat, drücken glaub ich schwerer als ihr lieb wäre. Von daher bin ich mal gespannt, ob sich Carla in ihrer neuen Rolle am Ende nicht vielleicht sogar ein wenig überfordert sieht.
      (Ich hoffe aber, dass wir noch eine Szene bekommen, in der Carla und Ulysses ihre neue Partnerschaft besiegeln, denn war mein letzter Kenntnisstand doch, dass Carla selbst nicht sicher war, ob Ulysses sie nach Harleys Untergang so einfach aufnehmen und akzeptieren würde).
      Das freut mich sehr. Es macht auch Spaß, mit der Figur zu arbeiten, weil ich sie so anders ist als Harley - und mit ihrer zynischen, verstiegenen Arroganz viel besser in meine stilistischen Vorlieben passt als der Sonnenkönig. :D
      Dass sie unter Druck steht, ist unbestreitbar. Selbst wenn sie Ulysses zu kennen glaubt, bleibt er eine mächtige Instanz im Hintergrund und schwebt wie eine gewaltige Faust über ihr. Sie kann nicht frei walten und schalten, selbst die gefährlichen Kopfgeldjäger stehen unter dem Schutz ihres Patrons, was Carla in eine düstere Zwickmühle zwängt.
      Genaueres dazu folgt auch noch, gerade weil Carla kein Harley ist, der nur genug Gold unter den Zehen spüren muss, um seine eigene Machtlosigkeit zu vergessen. Dazu gehört dann auch, die genauen Geschäftsbedingungen zwischen Carla und Ulysses zu beleuchten.^^

      Vexor schrieb:

      Die Kopfgeldjäger sind derweil auch schon angekommen, mit dem obersten Ziel Luca zurückzuholen und Carla den Kopf abzuschlagen. Ich freue mich auf jeden Fall schon, dass man erste Ansätze von Mercedes ausgeprägter, aktiver Rolle in diesem Arc schon jetzt sehen kann.
      Dann freue dich auch auf das neue Kapitel. Vorgenommen habe ich mir viel, auch in der Beziehung der Kopfgeldjäger untereinander. Aber mal sehen, wie ich das einhalten kann. Priorität hat natürlich Mercedes, die auch physisch aktiver denn je werden wird. Soll mir keiner vorhalten, Oda grundlos zu kritisieren. :D

      Vexor schrieb:

      Ja leider ein recht kurzer und inhaltsarmer Kommentar, aber mehr gibt mein Kopf gerade nicht her. Beim nächsten kann ich dann hoffentlich gleich wieder aktiver einsteigen.
      So ich freue mich wieder da zu sein und bisher hat mich der neue Arc auf jeden Fall überzeugt.
      Willkommen zurück. Du hast mir gefehlt. <3


    • Kapitel 129- O'Mallaghan incoming?!?! O'Mara zwischen 3 Stühlen!!!

      Es beginnt, nachdem Carla den blinden Remy zum Zentrum der stinkenden Hölle geführt hatte, wortgewaltig im räumlichen Traum eines jeden Necrophilen- der Leichenhalle des Pathologen Dr. Mortimer 'Wurmschwanz' Shades. Zuerst erfuhren wir über ihn, dass er sich mit der Präparation von menschlichen Leichen beschäftigt und aus seinen Dekorationskünsten in diesem Bereich einen gewissen Stolz bezieht (die Art, wie er seinen Besuchern das tote, thronende Mädchen präsentierte). Verschroben geht es dann weiter, wenn wir seine Rolle in Carlas Kartenhaus erfahren- Morty stopft Leichen voll und ermöglicht Drogenschmuggelei. Die Weihnachtsgansmetapher diente als visuelle Stütze, falls man sich den Prozess des Entfernens eines ungeborenen Kindes aus dem Leib einer toten Mutter und des darauffolgenden Stopfens des Bauchs der erst kürzlich Entbundenen als Leser nicht vorstellen konnte. Zusätzlich musste für die ganze Prozedur der/die transsexuelle Gina ihren Kopf hinhalten, was Carlas und Wurmschwanzs Skrupellosigkeit ein weiteres Mal unter Beweis stellte. Hallelujah, dass der Zweiwochenpriester nicht mehr im Dienst der Kirche tätig ist.
      Weiterhin bekommen wir nächste Eindrücke von Lady Rovira, deren bloße Erwähnung als Drohmittel zu gelten schien. Wurmschwanz verängstigt, ich angefixt. Lady Rovira darf wohl eine interessante Spielerin sein.

      Und nun zu einer anderen Frau, deren Name bereits erwähnt wurde: Cocky Lynn. Denn Mercedes erwischte, wie hätte man es anders auch erwartet, ihren Kollegen O'Mara in flagranti mit dieser Frau, wonach plötzlich ein Kampf zwischen Mercedes und der Vergewaltigerynn ausbrach, der zugunsten Mercedes endete- oder auch nicht, denn dafür gefiel es Cocky viel zu sehr.
      Nach einer kurzen Geschichtsstunde über all die Plagen und Feinde, gegen die das Forbidden Woman bereits Widerstand leisten musste, erklärten Fawne und Mary die Schwarze Witwe zur Gefährlichsten von allen und offenbarten gleichzeitig ihren Plan, um die Bedrohung in Schwarz mit giftgrünen Augen auszuschalten.
      Zwar sagtest du bereits, dass Ondine eine wichtige Rolle in diesem Arc einnehmen würde, rechnete aber nicht als Lockvogel für den pädophilen Hearst, der die tragenden Pfeilerkarte in Carlas Kartenhaus darstellt. Was wohl passiert, wenn die Protagonistenfraktion diese herauszieht?
      Es bleibt ja noch "fraglich", ob es überhaupt soweit kommen wird, dass die Blauhaarige mit ins Gefecht zieht. Jedenfalls nach
      Dem Höhepunkt des Kapitels: Der intensive Streit zwischen Mutter Mercedes und dem liebestrunkenen O'Mara, welcher seine Kulmination in einer unverschämten Bemerkung seinerseits und einem dramatischen Abgang ihrerseits fand. Poulpeman Krill konnte dieses Spektakel lediglich von der Seitenlinie verfolgen.
      Das Kapitel gefiel mir zugegebenermaßen sehr. Vor allem durch den letzten Part, dem Streit zwischen Mercedes und O'Mara (Krills Rolle ist da wahrscheinlich marginal?) und der damit verbundenen Veränderung der Gruppendynamik. Ich fand die Konfrontation der beiden recht spannend, weil es sich natürlich in der Intensität aufbaute bis zu dem besagten Gipfel. Es ermöglichen sich hier eine Menge Möglichkeiten. Wird interessant zu sehen, wo es danach hingeht, was dieser Vertrauensbruch für die Rettungsaktion bedeuten wird und für die Beziehung der Charaktere zueinander in der feuchtfröhlichen Zeit danach.

      Jedenfalls weiß ich schon, bei wem Mercedes sich am Ende ausheulen wird.

    • Grüß dich!

      Zwei Kapitel ausgesetzt und mit Blick auf die letzte Antwort einen Rhythmus erkannt. Hatte bislang das Gefühl, die Kapitel kommen 14-tägig. Jedenfalls möchte ich die Rezension mit dem Faktor Zeit einleiten, da es a) im OP-Kapitel auch schon ein gedanklicher Ansatz war, b) ich das Gefühl habe, dass du dir mehr Zeit für die Kapitel nimmst und c) bereits sehr früh in diesem Arc eine gewisse Diskrepanz zwischen Handlung und "möglicher Handlung" aufbaust. Wenn jetzt bereits ein Plan geschmiedet wird, um an Carla heranzukommen, dann spricht es für eine hohe Dynamik auf Nickleby, dem ein Fehlen der meisten Handlungsträger gegenüber steht. Nach dem Lesen des bisher kurzen Arcs stehen sich beschriebene Orte, beschriebene Personen und beschriebener Alltag gegenüber. Auf PS haben wir einen sehr starken Bezug zu den verschiedenen Bevölkerungsschichten erhalten, da lebte die Handlung mitunter von dem Elend bzw. dem Überfluss der Personen.
      Auf Nickleby habe ich bisher eher den Eindruck der Personen "in ihren Gebäuden" erhalten. Also das, was innerhalb der Gemäuer an Intrige gesponnen wurde, um Carla die Karriereleiter hinaufklettern zu lassen. Sehr früh kriegen wir dadurch bereits eine "Festung" präsentiert, um welche herum es das Spinnennetz Carlas zu meiden gilt. Ich sehe hier schon das erste Pendant zu Schloss Roßkosch, das als Mittelpunkt des Arcs fungierte und über längeren Zeitraum Stück für Stück mitsamt seiner Bewohner aufgebaut wurde. Jetzt haben wir einen neuen Arc, in dem die Situation sehr klar skizziert wird und die Fragen, die es zu klären gilt, nicht einmal inhaltlicher Natur zu sein scheinen. Also, welche Informationen fehlen, um den Plan in die Wege leiten zu können? Das ist es nicht, da stattdessen das 'wie' in den Mittelpunkt der Planung, der anschließenden Diskussion und des daraufhin eskalierenden Streits gerückt wird. Ich hatte nur noch drauf gewartet, dass Ondine ein lockeres "machen wir es so!" raushaut, da sie sich weder der Gefahren, noch der Sorge darum bewusst ist. (Und selbst wenn, gehe ich ja fest von aus, dass sie das herzlich wenig interessiert. Einfach da sie nach wie vor etwas "Göttliches" an sich hat, was bisher aber nur durchschimmert - und von Cassiopeia mehr oder weniger erkannt wird.)
      Durch diesen Streit wird das in Aktion treten noch einmal ausgebremst oder womöglich durch Eigeninitiative erschwert, was der Arc auf benannter zeitlicher Ebene braucht, um sich stärker entfalten zu können. Nach den bisherigen Arcs, die durchaus umfangreich waren, halte ich es allein von der dortigen Vorgehensweise für konsequent, sofern du es auf ähnliche Weise handhabst und nun erst einmal auf die Bremse trittst, um andere zwischenmenschliche Interaktionen einzubauen.

      Eine Quintessenz deiner Geschichte ist es ja auch, deine Protagonisten immer weiter in diesem amoralischen Sumpf versinken zu lassen. Die Frage, ob man ein Kind einem Pädophilen (Pedophilen) ausliefern darf, gehört durchaus dazu. Wenn ich nicht davon ausgehen würde, dass Ondine gar keine Gefahr droht, da sie es zur Not selber regeln würde, dann ist es schon der bloße Gedanke daran, der einen Leser erschrecken und der Mercedes aus der Haut fahren lassen muss. Vier Dinge, die abschließend genannt werden müssen:
      - die Parallele zwischen der toten Mutter, ihrem ungeborenen Kind sowie Mercedes & Ondine - mit Blick auf den Kapiteltitel
      - O'Maras Bemerkung über ungefährliche Blinde xD
      - passende Hurennamen, die einfach so heißen wie das, was sie machen - wobei du Cocky ja schon zu Arcbeginn benannt hast
      - Ulysses, der Mary zu Arcbeginn noch "beschenkt", um sie gefügig zu machen, nur damit diese sich sofort mit den Kopfgeldjägern an einen Plan setzt, um Carla aus ihrem gewonnen Einfluss wieder rauszureißen. (Das ging mir zu schnell, um nicht innerhalb von Ulysses Planungen/Radar zu laufen. ^^)

      So weit, so gut. Den Beginn des Kapitels hast du dir wieder über Nächte hinweg in einem dunklen Kämmerchen zusammengebaut. Gib es zu. Bei Sonnenschein und Frohsinn kommt sowas nicht heraus. Außer bösem Frohsinn. :D
    • Kapitel 129 Der Körper einer Mutter

      Es beginnt dort, wo Carla auch bald landen wird, wenn es nach dem Willen der KGJ geht oder eben Luca, wenn etwas schiefläuft. Das Leichengewölbe mit seinem leicht verrückten Mitarbeiter hast du wieder wunderbar schaurig hinbekommen. Leichen als verstecke für Drogen zu verwenden ist schon ein ziemlich guter Gedanke, wer würde schon freiwillig in diesen suchen und jedem (Drogen-)Spürhunde dürfte die Nase absterben. Allerdings frage ich mich, wie viele Leichen hier durchs Land geschickt werden und mit welchen Begründungen, dass es sich wirklich lohnt.

      Dr. Mortimer Shades ist ein Mann mit vielen Talenten/Aufgaben Bestatter, Pathologe, Leichenaufhübscher/Konservieren und anscheinend auch Arzt/Chirurg, wenn auch kein staatlich anerkannter. Sein zusätzliches Standbein mag auf uns zwar sehr seltsam wirken, aber früher wurden z.B. auch gerne Henker zur Rate gezogen, wenn es um leiden ging, die nicht mit Aderlass zu regeln waren, wenn auch eher inoffiziell. Denn Henker waren oft die einzigen Menschen die grob wussten wie es in anderen Menschen aussieht. Auch seine Tätigkeiten als Leichenkonservierer passt gut zu dazu. Er ist eben ein allroundtalent wenn es um den menschlichen Körper geht, auch wenn ihn Lebende kaum an sich ran lassen dürften.^^

      Etwas, ich will nicht sagen enttäuscht, bin ich von Douglas Remington, da ich mir von ihm, nach seinen ersten Auftritt, ein etwas anderes Bild gemacht hatte. Wie er so da an der Wand stand/saß und sich als Vertreter von Almanag vorstellte, habe ich ihn mehr einen erfolgreichen Killer im Dunkel bzw skrupellosen Schattenmann erwartet, der sich von seiner Blindheit nicht wirklich beeinträchtigt wird bzw. durch sein gutes Gehör und seine anderen Sinne sogar noch besser agieren kann. Also Lügen heraushört, sich kaum täuschen lässt usw. Derzeit wirkt er allerdings mehr wie ein einfacher Vertreter einer Handelsgesellschaft/Interessenvertretung, welcher mit der Persönlichkeit und Handlungen seines Gegenübers völlig überfordert ist. Allerdings haben wir bis jetzt noch zu wenig von ihm gesehen, um dies wirklich beurteilen zu können.

      Bleiben wir dabei diesmal mehr die einzelnen Personen abzuhandeln als die Situationen. Benedict Hearst ist um einiges wichtiger und mächtiger als ich zunächst vermutet habe. Carlas ganze Macht und ihr Schutz scheinen von ihm Anhängig zu sein. Er ist die eigentliche Macht dort und Carla kann nur durch seinen Schutz in der Oberschicht agieren, genauso wie sie nur durch Ulysses Schutz in der Unterwelt agieren kann. Mir war zwar klar, das Benedict ein wichtiges Standbein ist, aber ich habe ihn ihm eher eine mächtige Person erwartet, die noch mehr Macht bekommen möchte, indem sie sich mit dieser Gruppierung einlässt. Jetzt scheint es eher so, als würde er schon so ziemlich zu den Mächtigsten Personen gehören die es auf der Insel gibt, sagen wir mal die Top 10, wenn nicht sogar die Top 5 oder 3. Also warum lässt er sich auf dieses Spiel ein, denn es scheint bisher nicht so, als würde er mehr Macht bekommen, eher muss er sich eine neuen Herrin unterordnen. Allerdings könnte man die Aufgaben bzw Einstellungen welche seinen Titel betreffen auch in die Richtung deutet, dass es sein Ziel ist die alte Gesellschaftsordnung, die alten Strukturen zu zerstören, um etwas neues schaffen zu können, das Land als der starre der alten Strukturen zu befreien und zu erneuern, indem ihre Macht gebrochen wird.
      Wie auch immer, er scheint mit die wichtigste Person zu sein und zum Glück hat er einen Punkt, mit dem man ihn sehr gut treffen kann. Allerdings möchte ich der Darstellung widersprechen, dass nur drei Leute auf der Insel sein dunkles Geheimnis kenne. Denn sofern er es auslebt, gibt es immer noch die Opfer, sofern er sich nicht beseitigen lässt und das würde ich wiederum Mary und Co eher weniger zutrauen. Also die Beseitigung, nicht dass sie seine Wünsche erfüllen.

      Die Auseinandersetzung zwischen O'Mara und Mercedes finde ich sehr gut umgesetzte, man kann beide Positionen sehr gut nachvollziehen, wobei Mercedes definitiv einiges mehr einstecken musste. Besonders, da die Person welche sie eigentlich Schützen wollte, nicht mit ihr (in Sicherheit) mitkommen möchte, auch wenn Mercedes wissen dürfte, dass Ondine das ganze noch nicht wirklich versteht.

      Sehr erstaunt bin ich dagegen darüber, dass Krill anscheinend keine Probleme damit hat Ondine als Köder zu benutzten. Anders als O'Mara, dem es trotz (etwas) Zuneigung zur Ondine vor allem um Lucas Rettung geht, hat Krill eigentlich keinen Grund sie solche einer Gefahr auszusetzen. Ähnlich wie Mercedes müsste es ihm besonders um Ondines wohl gehen, immerhin war er sogar dazu bereit wegen ihr gegen Cal zu kämpfen. Andererseits sieht er in ihr etwas Besonders, da er sie nicht nur mitgenommen hat, weil sie in diesem Moment niemanden hatte, sonder weil sie ihn irgendwie fasziniert hat. Er hat in ihr... so etwas wie Potenzial gesehen, eine Besonderheit, die.... sagen wir mal, sich zu etwas sehr interessantem Entwickeln könnte... Also, er scheint sie so einschätzt, dass sie ohne Probleme mit der Situation klarkommen könnte, sofern er aus dem Hintergrund über sie wacht und sich in dieser Situation vielleicht sogar interessante Weiterentwicklungen bei ihr Einstellen könnten.
      :thumbsup: Nicht nur in One Piece die reine Wahrheit: :thumbsup:
      Pirates are evil?!!... ...The Marines are Justice?!!
      These labels have been passed around Heaven knows how many times...!!!
      Kids who have never known peace... ...and kids who have never known war... ...Their values are too different!!!
      Whoever stands at the top can define right and wrong as they see fit!!!
      Right now, we stand in neutral territory!!!
      "Justice will prevail"?!... ...Well, sure it will!
      Whoever prevails... ...is Justice!!!! (Doflamingo)

      So kann man es aber auch sehen
      "THERE IS NO JUSTICE, THERE IS ONLY ME!"
      Death, Discworld, Terry Pratchett

    • Kapitel 129 - Der tote Wanst meiner Mutter

      ...oder so ähnlich auf jeden Fall was mit Mutter! Und damit hätten wir Einleitung auch schon begeistert, obwohl die dieses Mal nicht das Problem sein sollte, das Kapitel war eh vollends nach meinem Gusto, weswegen ich gleich einsteigen möchte.

      Der übergreifende Nutzen der erste Szene war - damit ich das auch richtig verstehe - sich generell noch einmal all ihrer Verbündeten und damit ihrer Machtstrukturen zu vergewissern, oder habe ich das falsch verstanden? Zumindest hab ich ein wenig die Handlung zwischen all den bildlichen Beschreibungen des Elends verloren, wie Shades im Torso der Verstorbenen herumwühlt.
      Zumindest war mein Fazit: Carla markiert ihr Revier und versichert sich ihrer neuen Säulen. Etwas, was nicht schaden kann, wie wir später erfahren werden. Im Großen und Ganzen hat mir die einführende Szene sehr gut gefallen, nicht nur, weil du dich dort wieder einmal im Bereich der düsteren Metaphorik austuben konntest, sondern weil ich von Carlas süffisanten und sehr gefährlichen Spiel nicht genug kriegen kann. Ich liebe diese Frau mit jedem Auftritt mehr und das soll was heißen, wenn ich mich an meine indifferente Meinung bei ihrer ersten Einführung erinnere.
      Doch gerade die Zerbrechlichkeit Carlas, die man hinter den schwarzen Lippen und der selbstsicheren Fassade, nur wie einen Schimmer erkennen kann, machen ihr Spiel so interessant. Vielleicht ist es auch der neue Einstieg, der uns Lesern bereits ermöglicht, dass Ränke gegen sie geschmiedet werden, während sie sich noch auf der vermeintlich sicheren Seite wähnt. Ihr Fall wird kommen, da bin ich mir sicher und er wird tiefer als bei Harley, der immerhin noch vom Netz seiner Spinnenuntertanin aufgefangen wurde. Bei Carlas neuen und flüchtigen Verbündeten sehe ich solch eine Loyalität nicht kommen. Wir haben gesehen wie schnell Mary ihr den Rücken zugekehrt hat, und ich glaube kaum, dass Remington oder Hearst im Zweifelsfall ihren Kopf für ihre neue, inoffizielle Königin hinhalten werden, sollte dieser vom wütenden Mob der Kopfgeldjäger gefordert werden. (Wenn sie zu diesen Zeitpunkt überhaupt noch die Wahl haben und nicht eh schon zerstückelt über Nickelby verteilt wurden.
      Wenn wir schon von Remington und indifferent sprechen: Joa...eine wirkliche Meinung hab ich zu dem Blinden noch nicht. Weder eine negative noch eine positive. Er war bisher ein wenig da, wohingegen Hearst mich definitiv mehr ansprechen konnte. Ich weiß nicht, ob es an der Position des Uhrmachers liegt, oder vielleicht an der wichtigen Stellung, die ihm dank der Huren verliehen bzw. uns offenbart wurde, aber ich freue mich mehr auf Szenen mit ihm und hoffentlich Ondine. (Und diesen Satz jetzt bitte nicht falsch verstehen).

      Liegt es an deiner Geschichte oder den vermehrten Umgang mit Calli in Discord, oder warum steh ich dem Gedanken Ondine an einen Päderasten auszuliefern vergleichsweise neutral gegenüber? Ich glaube es liegt an keinem von beiden, sondern tatsächlich im Charakter Ondines begründet. Sie war noch nie ein kleines, unschuldiges Mädchen. Weder als Krill sie befreite, noch in irgendeinen Moment danach und ich würde ihr zumindest wesentlich besser zutrauen, dass sie die Situation handeln könnte als Mercedes zu einem irren Puppensammler zu schicken. Nicht auf Grund der physischen Komponente, sondern tatsächlich aus einem psychischen Blickwinkel heraus. Wenn wir uns an die Sitzungen mit Fräulein Waldmannstraut zurückerinnern, so war sie meist absolut in der Oberhand. Jetzt fiel hier natürlich die körperliche Gefahr für Ondine weg, aber ich traue es dem Mädchen zu und muss hier natürlich O'Mara zustimmen. Auch wenn ich Mercedes absolut verstehen kann.

      Generell war die Szene bei den Huren wohl eine der stärksten, die du zwischenmenschlich für mich bisher aufs Papier gebracht hast. Ich lag gestern im Bett und konnte die Dramatik der Szene förmlich spüren. Hab Mercedes Wut in mir hochkochen spüren, ihren Widerwillen als den meinen verstanden, aber ebenso den armen Trottel O'Mara bemitleidet, dessen Zunge mal wieder schneller war als sein Verstand.
      Unheimlich starke Szene und ich habe irgendwie im Gefühl, dass Ondine noch zum richtigen Knackpunkt in diesem Arc werden wird. Zumindest könnte ich mir vorstellen, dass Mary und O'Mara hier über Mercedes Kopf hinwegentscheiden werden. Wäre zumindest eine Wendung, die mir gut gefallen würde. Momentan läuft es ja vergleichsweise gut für die Kopfgeldjäger. Sie haben mit Mary eine mächtige Verbündete gefunden, haben mit Ondine und Hearst ein direktes Ticket in Carlas dunkles Königreich. Es läuft soweit alles nach Plan, aber eine Mercedes, die mit schnaubenden Nüstern und qualmenden Kanonenbein in das Herz der Finsternis vordringen wird, um Ondine aus den Fängen des Päderasten zu befreien, würde natürlich die minutiöse Planung zu Nichte machen, aber gleichzeitig ein wenig Spannung in die Bude bringen.
      Warten wir ab. Bis jetzt ist die Situation ja noch unter Kontrolle.

      So...das solls von mir gewesen sein. Kommentar ist nicht ganz so lang geworden wie gedacht, aber ich habe glaube ich alles gesagt, was mir wichtig erschienen ist. Tolles Kapitel und weiter so.

    • So liebe Leser...

      Viel zu lange ist es mal wieder her, aber immerhin kommt es überhaupt. xD
      Kapitel 130 ist an alter Stelle zu finden und trägt den Titel "Die Stadt holt dich". Viel Spaß wünsche ich. :)

      Calli


      C. /s schrieb:

      Es beginnt, nachdem Carla den blinden Remy zum Zentrum der stinkenden Hölle geführt hatte, wortgewaltig im räumlichen Traum eines jeden Necrophilen- der Leichenhalle des Pathologen Dr. Mortimer 'Wurmschwanz' Shades. Zuerst erfuhren wir über ihn, dass er sich mit der Präparation von menschlichen Leichen beschäftigt und aus seinen Dekorationskünsten in diesem Bereich einen gewissen Stolz bezieht (die Art, wie er seinen Besuchern das tote, thronende Mädchen präsentierte). Verschroben geht es dann weiter, wenn wir seine Rolle in Carlas Kartenhaus erfahren- Morty stopft Leichen voll und ermöglicht Drogenschmuggelei. Die Weihnachtsgansmetapher diente als visuelle Stütze, falls man sich den Prozess des Entfernens eines ungeborenen Kindes aus dem Leib einer toten Mutter und des darauffolgenden Stopfens des Bauchs der erst kürzlich Entbundenen als Leser nicht vorstellen konnte. Zusätzlich musste für die ganze Prozedur der/die transsexuelle Gina ihren Kopf hinhalten, was Carlas und Wurmschwanzs Skrupellosigkeit ein weiteres Mal unter Beweis stellte. Hallelujah, dass der Zweiwochenpriester nicht mehr im Dienst der Kirche tätig ist.
      Weiterhin bekommen wir nächste Eindrücke von Lady Rovira, deren bloße Erwähnung als Drohmittel zu gelten schien. Wurmschwanz verängstigt, ich angefixt. Lady Rovira darf wohl eine interessante Spielerin sein.
      Die gute Miss Rovira werdet ihr schon im neuen Kapitel kennenlernen. Ich denke, ich habe mit ihr nicht zu viel versprochen. ;)

      C. /s schrieb:

      Und nun zu einer anderen Frau, deren Name bereits erwähnt wurde: Cocky Lynn. Denn Mercedes erwischte, wie hätte man es anders auch erwartet, ihren Kollegen O'Mara in flagranti mit dieser Frau, wonach plötzlich ein Kampf zwischen Mercedes und der Vergewaltigerynn ausbrach, der zugunsten Mercedes endete- oder auch nicht, denn dafür gefiel es Cocky viel zu sehr.
      Nach einer kurzen Geschichtsstunde über all die Plagen und Feinde, gegen die das Forbidden Woman bereits Widerstand leisten musste, erklärten Fawne und Mary die Schwarze Witwe zur Gefährlichsten von allen und offenbarten gleichzeitig ihren Plan, um die Bedrohung in Schwarz mit giftgrünen Augen auszuschalten.
      Zwar sagtest du bereits, dass Ondine eine wichtige Rolle in diesem Arc einnehmen würde, rechnete aber nicht als Lockvogel für den pädophilen Hearst, der die tragenden Pfeilerkarte in Carlas Kartenhaus darstellt. Was wohl passiert, wenn die Protagonistenfraktion diese herauszieht?
      Es bleibt ja noch "fraglich", ob es überhaupt soweit kommen wird, dass die Blauhaarige mit ins Gefecht zieht.
      Nun, es besteht ja ein Unterschied zwischen "Köder" und "Gefecht". O'Mara will Hearst mit Ondine lediglich locken, Ondine sollte zu keiner Sekunde Schaden nehmen oder auch nur in Gefahr geraten. Wie sicher das jedoch in Anbetracht der letzten Arcs ist...bleibt fraglich. xD

      C. /s schrieb:

      Jedenfalls nach
      Dem Höhepunkt des Kapitels: Der intensive Streit zwischen Mutter Mercedes und dem liebestrunkenen O'Mara, welcher seine Kulmination in einer unverschämten Bemerkung seinerseits und einem dramatischen Abgang ihrerseits fand. Poulpeman Krill konnte dieses Spektakel lediglich von der Seitenlinie verfolgen.
      Gänzlich unbeteiligt war Krill an der ganzen Sache gewiss nicht. Während Mercedes der inneren Mutter nachgab, gab Krill der Seite in sich nach, die in Ondine "mehr" sieht. Er lässt das Mädchen bewusst in eine mögliche Gefahrensituation laufen, um ihr wahres Potenzial erkennen zu können. Natürlich war seine Rolle wesentlich passiver, aber sie trug zum Ganzen bei.

      C. /s schrieb:

      Das Kapitel gefiel mir zugegebenermaßen sehr. Vor allem durch den letzten Part, dem Streit zwischen Mercedes und O'Mara (Krills Rolle ist da wahrscheinlich marginal?) und der damit verbundenen Veränderung der Gruppendynamik. Ich fand die Konfrontation der beiden recht spannend, weil es sich natürlich in der Intensität aufbaute bis zu dem besagten Gipfel. Es ermöglichen sich hier eine Menge Möglichkeiten. Wird interessant zu sehen, wo es danach hingeht, was dieser Vertrauensbruch für die Rettungsaktion bedeuten wird und für die Beziehung der Charaktere zueinander in der feuchtfröhlichen Zeit danach.
      Erstmal geht es im neuen Kapitel unmittelbar weiter. Dieser Streit markierte jedoch eine Wende im Arc, der sich jetzt wesentlich rasanter entwickeln wird. Du darfst gespannt sein.^^
      blink


      blink schrieb:

      Zwei Kapitel ausgesetzt und mit Blick auf die letzte Antwort einen Rhythmus erkannt. Hatte bislang das Gefühl, die Kapitel kommen 14-tägig. Jedenfalls möchte ich die Rezension mit dem Faktor Zeit einleiten, da es a) im OP-Kapitel auch schon ein gedanklicher Ansatz war, b) ich das Gefühl habe, dass du dir mehr Zeit für die Kapitel nimmst und c) bereits sehr früh in diesem Arc eine gewisse Diskrepanz zwischen Handlung und "möglicher Handlung" aufbaust. Wenn jetzt bereits ein Plan geschmiedet wird, um an Carla heranzukommen, dann spricht es für eine hohe Dynamik auf Nickleby, dem ein Fehlen der meisten Handlungsträger gegenüber steht. Nach dem Lesen des bisher kurzen Arcs stehen sich beschriebene Orte, beschriebene Personen und beschriebener Alltag gegenüber. Auf PS haben wir einen sehr starken Bezug zu den verschiedenen Bevölkerungsschichten erhalten, da lebte die Handlung mitunter von dem Elend bzw. dem Überfluss der Personen.
      Auf Nickleby habe ich bisher eher den Eindruck der Personen "in ihren Gebäuden" erhalten. Also das, was innerhalb der Gemäuer an Intrige gesponnen wurde, um Carla die Karriereleiter hinaufklettern zu lassen. Sehr früh kriegen wir dadurch bereits eine "Festung" präsentiert, um welche herum es das Spinnennetz Carlas zu meiden gilt. Ich sehe hier schon das erste Pendant zu Schloss Roßkosch, das als Mittelpunkt des Arcs fungierte und über längeren Zeitraum Stück für Stück mitsamt seiner Bewohner aufgebaut wurde. Jetzt haben wir einen neuen Arc, in dem die Situation sehr klar skizziert wird und die Fragen, die es zu klären gilt, nicht einmal inhaltlicher Natur zu sein scheinen. Also, welche Informationen fehlen, um den Plan in die Wege leiten zu können? Das ist es nicht, da stattdessen das 'wie' in den Mittelpunkt der Planung, der anschließenden Diskussion und des daraufhin eskalierenden Streits gerückt wird. Ich hatte nur noch drauf gewartet, dass Ondine ein lockeres "machen wir es so!" raushaut, da sie sich weder der Gefahren, noch der Sorge darum bewusst ist. (Und selbst wenn, gehe ich ja fest von aus, dass sie das herzlich wenig interessiert. Einfach da sie nach wie vor etwas "Göttliches" an sich hat, was bisher aber nur durchschimmert - und von Cassiopeia mehr oder weniger erkannt wird.)
      Durch diesen Streit wird das in Aktion treten noch einmal ausgebremst oder womöglich durch Eigeninitiative erschwert, was der Arc auf benannter zeitlicher Ebene braucht, um sich stärker entfalten zu können. Nach den bisherigen Arcs, die durchaus umfangreich waren, halte ich es allein von der dortigen Vorgehensweise für konsequent, sofern du es auf ähnliche Weise handhabst und nun erst einmal auf die Bremse trittst, um andere zwischenmenschliche Interaktionen einzubauen.
      Richtig. Durch den Fokus auf Carla, Mary und Nickleby als solches haben wir dieses Mal eine Art gespiegelten Einstieg. Die Kopfgeldjäger tasten sich nicht durch eine unbekannte Welt, die es dann im Kommenden auseinander zu klamüsern gilt, sondern sind direkt im Herzen des Schurken und müssen nun einen Weg finden, es zu durchstoßen. Zwei Seiten, die im Grunde gleiche Chancen haben, das Ding am Ende zu gewinnen. Die Kopfgeldjäger auf der einen Seite, die mit Cassiopeia in die Stadt gelangt und von Mary eingewiesen sowie unterstützt werden. Carla auf der anderen Seite, die mit Remington und Hearst unter Ulysses Schutz ein Imperium errichten will - und nicht zögert, jenes gegen die Kopfgeldjäger einzusetzen. Im Grunde wollte ich nur diese Underdog-Situation des letzten Arcs nicht noch einmal wiederholen, zumal das Duell auf Augenhöhe Carlas Fähigkeiten auch gerechter wird.

      blink schrieb:

      Eine Quintessenz deiner Geschichte ist es ja auch, deine Protagonisten immer weiter in diesem amoralischen Sumpf versinken zu lassen. Die Frage, ob man ein Kind einem Pädophilen (Pedophilen) ausliefern darf, gehört durchaus dazu. Wenn ich nicht davon ausgehen würde, dass Ondine gar keine Gefahr droht, da sie es zur Not selber regeln würde, dann ist es schon der bloße Gedanke daran, der einen Leser erschrecken und der Mercedes aus der Haut fahren lassen muss. Vier Dinge, die abschließend genannt werden müssen:
      - die Parallele zwischen der toten Mutter, ihrem ungeborenen Kind sowie Mercedes & Ondine - mit Blick auf den Kapiteltitel
      - O'Maras Bemerkung über ungefährliche Blinde xD
      - passende Hurennamen, die einfach so heißen wie das, was sie machen - wobei du Cocky ja schon zu Arcbeginn benannt hast
      - Ulysses, der Mary zu Arcbeginn noch "beschenkt", um sie gefügig zu machen, nur damit diese sich sofort mit den Kopfgeldjägern an einen Plan setzt, um Carla aus ihrem gewonnen Einfluss wieder rauszureißen. (Das ging mir zu schnell, um nicht innerhalb von Ulysses Planungen/Radar zu laufen. ^^)
      Ja. Theoretisch gibt es beide Möglichkeiten. "Nein, ein Kind als Köder zu benutzen ist falsch. Punkt." oder "Ein Kind als Köder zu benutzen, sofern es geschützt wird und selbst nicht vollkommen hilflos ist, kann unter den gewissen Umständen vertretbar sein." Beide Standpunkte sind nicht vollkommen aus der Luft gegriffen, zumal den Kopfgeldjägern nicht allzu viele Alternativen bleiben. Sie wissen nicht, wie weit Carla die Stadt schon unter Kontrolle hat und wie ihre Pläne aussehen. Also müssen sie die Karten spielen, die sie haben. Und ihre beste Karte ist momentan Mary, die Hearsts Geheimnis kennt und nutzen kann.
      qoii


      qoii schrieb:

      Es beginnt dort, wo Carla auch bald landen wird, wenn es nach dem Willen der KGJ geht oder eben Luca, wenn etwas schiefläuft. Das Leichengewölbe mit seinem leicht verrückten Mitarbeiter hast du wieder wunderbar schaurig hinbekommen. Leichen als verstecke für Drogen zu verwenden ist schon ein ziemlich guter Gedanke, wer würde schon freiwillig in diesen suchen und jedem (Drogen-)Spürhunde dürfte die Nase absterben. Allerdings frage ich mich, wie viele Leichen hier durchs Land geschickt werden und mit welchen Begründungen, dass es sich wirklich lohnt.
      In Aycester, wo die Leichen hin überführt werden, gibt es ein Krematorium. Das wird aber auch noch mal kurz erwähnt. Zumal die damaligen Relationen an Drogenlieferungen natürlich nicht mit den heutigen Ladungen der Kartelle verglichen werden dürfen. Wenn einmal im Monat ein Schiff voller Drogen die Insel verlässt, sollte das für damalige Verhältnisse der Schifffahrt schon nicht schlecht sein. Und die Menschen sterben in Nickleby, genau wie zu Zeiten der tatsächlichen Industrialisierung, halt auch an allem. xD

      qoii schrieb:

      Dr. Mortimer Shades ist ein Mann mit vielen Talenten/Aufgaben Bestatter, Pathologe, Leichenaufhübscher/Konservieren und anscheinend auch Arzt/Chirurg, wenn auch kein staatlich anerkannter. Sein zusätzliches Standbein mag auf uns zwar sehr seltsam wirken, aber früher wurden z.B. auch gerne Henker zur Rate gezogen, wenn es um leiden ging, die nicht mit Aderlass zu regeln waren, wenn auch eher inoffiziell. Denn Henker waren oft die einzigen Menschen die grob wussten wie es in anderen Menschen aussieht. Auch seine Tätigkeiten als Leichenkonservierer passt gut zu dazu. Er ist eben ein allroundtalent wenn es um den menschlichen Körper geht, auch wenn ihn Lebende kaum an sich ran lassen dürften.^^
      Ganz genau. Schön gesagt. Shades hat durchaus Kenntnisse über den menschlichen Körper, auch wenn er kein Mediziner ist. Er ist geschickt und hat einfach einen Faible für Leichen, was seine Schrullen nur noch widerwärtiger macht. Aber im Grunde ist er der ideale Mann für den Job. Er hat weder Skrupel noch Hemmungen und dürfte abseits von Carlas Machenschaften, in der Welt der Lebenden, kaum echte Chancen haben. Loyale Arbeiter sind eben nicht immer leicht zu finden.^^

      qoii schrieb:

      Etwas, ich will nicht sagen enttäuscht, bin ich von Douglas Remington, da ich mir von ihm, nach seinen ersten Auftritt, ein etwas anderes Bild gemacht hatte. Wie er so da an der Wand stand/saß und sich als Vertreter von Almanag vorstellte, habe ich ihn mehr einen erfolgreichen Killer im Dunkel bzw skrupellosen Schattenmann erwartet, der sich von seiner Blindheit nicht wirklich beeinträchtigt wird bzw. durch sein gutes Gehör und seine anderen Sinne sogar noch besser agieren kann. Also Lügen heraushört, sich kaum täuschen lässt usw. Derzeit wirkt er allerdings mehr wie ein einfacher Vertreter einer Handelsgesellschaft/Interessenvertretung, welcher mit der Persönlichkeit und Handlungen seines Gegenübers völlig überfordert ist. Allerdings haben wir bis jetzt noch zu wenig von ihm gesehen, um dies wirklich beurteilen zu können.
      Sobald klar ist, was genau Almanag eigentlich ist, wird auch Remingtons Rolle ein bisschen prägnanter werden. Bewusst lege ich ihn bisher als Mann an, der vielleicht nicht wirklich sauber, aber auch längst nicht so verdorben und besudelt wie Carlas Welt ist. Momentan ist er der "Gute" der "Bösen" und diesen Eindruck forciere ich natürlich auch, indem ich ihn mit Carla losziehen lasse. Wie es mit ihm weitergehen wird, lasse ich natürlich offen. Mal gucken, was ihr im Laufe des Arcs noch von ihm halten werdet.

      qoii schrieb:

      Bleiben wir dabei diesmal mehr die einzelnen Personen abzuhandeln als die Situationen. Benedict Hearst ist um einiges wichtiger und mächtiger als ich zunächst vermutet habe. Carlas ganze Macht und ihr Schutz scheinen von ihm Anhängig zu sein. Er ist die eigentliche Macht dort und Carla kann nur durch seinen Schutz in der Oberschicht agieren, genauso wie sie nur durch Ulysses Schutz in der Unterwelt agieren kann. Mir war zwar klar, das Benedict ein wichtiges Standbein ist, aber ich habe ihn ihm eher eine mächtige Person erwartet, die noch mehr Macht bekommen möchte, indem sie sich mit dieser Gruppierung einlässt. Jetzt scheint es eher so, als würde er schon so ziemlich zu den Mächtigsten Personen gehören die es auf der Insel gibt, sagen wir mal die Top 10, wenn nicht sogar die Top 5 oder 3.
      Ich sage es sogar genau: Er gehört zur Top 3. Oder strenggenommen sogar zur Top 2, wenn man Catherine als Kindermonarchin etwas außer Acht lässt. Er kontrolliert die Wirtschaft, die Maschinen, den Fortschritt - also im Grunde die vielleicht wichtigsten Bereiche einer industriellen Nation auf dem Vormarsch wie FI. Zusammen mit Sundermare, der die Politik lenkt und leitet, stellt er also die Spitze des Landes dar. Warum sich ein so mächtiger Mann mit Carla bzw. Ulysses einlässt, gehört zu den Kernelementen der Verstrickungen, die sich durch die ganze FF ziehen. Und ja, es wird noch in diesem Arc aufgelöst werden.^^

      qoii schrieb:

      Wie auch immer, er scheint mit die wichtigste Person zu sein und zum Glück hat er einen Punkt, mit dem man ihn sehr gut treffen kann. Allerdings möchte ich der Darstellung widersprechen, dass nur drei Leute auf der Insel sein dunkles Geheimnis kenne. Denn sofern er es auslebt, gibt es immer noch die Opfer, sofern er sich nicht beseitigen lässt und das würde ich wiederum Mary und Co eher weniger zutrauen. Also die Beseitigung, nicht dass sie seine Wünsche erfüllen.
      Natürlich. Aber Mary meinte es wohl eher bildlich. Als Hurenmutter steht sie stellvertretend für alle ihre Huren bzw. sieht sie sich so. Aber mehr dazu, sobald es mehr dazu gibt. :D

      qoii schrieb:

      Die Auseinandersetzung zwischen O'Mara und Mercedes finde ich sehr gut umgesetzte, man kann beide Positionen sehr gut nachvollziehen, wobei Mercedes definitiv einiges mehr einstecken musste. Besonders, da die Person welche sie eigentlich Schützen wollte, nicht mit ihr (in Sicherheit) mitkommen möchte, auch wenn Mercedes wissen dürfte, dass Ondine das ganze noch nicht wirklich versteht.
      Sie gibt Ondine sicherlich auch keine Schuld. Dennoch bleibt es ein Stich ins Herz, dass sie das Kind nur schützen will und selbst von ihm "im Stich gelassen" wird.

      qoii schrieb:

      Sehr erstaunt bin ich dagegen darüber, dass Krill anscheinend keine Probleme damit hat Ondine als Köder zu benutzten. Anders als O'Mara, dem es trotz (etwas) Zuneigung zur Ondine vor allem um Lucas Rettung geht, hat Krill eigentlich keinen Grund sie solche einer Gefahr auszusetzen. Ähnlich wie Mercedes müsste es ihm besonders um Ondines wohl gehen, immerhin war er sogar dazu bereit wegen ihr gegen Cal zu kämpfen. Andererseits sieht er in ihr etwas Besonders, da er sie nicht nur mitgenommen hat, weil sie in diesem Moment niemanden hatte, sonder weil sie ihn irgendwie fasziniert hat. Er hat in ihr... so etwas wie Potenzial gesehen, eine Besonderheit, die.... sagen wir mal, sich zu etwas sehr interessantem Entwickeln könnte... Also, er scheint sie so einschätzt, dass sie ohne Probleme mit der Situation klarkommen könnte, sofern er aus dem Hintergrund über sie wacht und sich in dieser Situation vielleicht sogar interessante Weiterentwicklungen bei ihr Einstellen könnten.
      Du sagst es. Krill sieht etwas in ihr, ähnlich wie Cassiopeia, und er ist halt abgebrüht genug, dieses "etwas" entfesseln zu wollen. Er will dieses kontrolliert Risiko eingehen, was ihm Mercedes ja auch unterschwellig vorwirft. Krill hat sie aufgenommen und will sie nun einer solchen Gefahr aussetzen. Mercedes sieht in Ondine nur das Kind, Krill sieht mehr in ihr. Allein deshalb hat er Ondine überhaupt mitgenommen, aber das weiß bzw. versteht Mercedes nicht. Sie denkt allein wie eine Mutter und Krill...nicht. xD
      Vexor


      Vexor schrieb:

      Der übergreifende Nutzen der erste Szene war - damit ich das auch richtig verstehe - sich generell noch einmal all ihrer Verbündeten und damit ihrer Machtstrukturen zu vergewissern, oder habe ich das falsch verstanden? Zumindest hab ich ein wenig die Handlung zwischen all den bildlichen Beschreibungen des Elends verloren, wie Shades im Torso der Verstorbenen herumwühlt.
      Unter anderem. Die Szene wird aber im Kommenden noch eine weitere Bedeutung haben und erfüllt somit mehrere Zwecke. Abgesehen davon war es eine Freude zu schreiben. xD

      Vexor schrieb:

      Zumindest war mein Fazit: Carla markiert ihr Revier und versichert sich ihrer neuen Säulen. Etwas, was nicht schaden kann, wie wir später erfahren werden. Im Großen und Ganzen hat mir die einführende Szene sehr gut gefallen, nicht nur, weil du dich dort wieder einmal im Bereich der düsteren Metaphorik austuben konntest, sondern weil ich von Carlas süffisanten und sehr gefährlichen Spiel nicht genug kriegen kann. Ich liebe diese Frau mit jedem Auftritt mehr und das soll was heißen, wenn ich mich an meine indifferente Meinung bei ihrer ersten Einführung erinnere.
      Ja. Ich bin momentan auch noch begeistert. Hoffen wir mal, dass ich den Charakter nicht noch irgendwie verhunze. :D

      Vexor schrieb:

      Doch gerade die Zerbrechlichkeit Carlas, die man hinter den schwarzen Lippen und der selbstsicheren Fassade, nur wie einen Schimmer erkennen kann, machen ihr Spiel so interessant. Vielleicht ist es auch der neue Einstieg, der uns Lesern bereits ermöglicht, dass Ränke gegen sie geschmiedet werden, während sie sich noch auf der vermeintlich sicheren Seite wähnt. Ihr Fall wird kommen, da bin ich mir sicher und er wird tiefer als bei Harley, der immerhin noch vom Netz seiner Spinnenuntertanin aufgefangen wurde.
      Natürlich werde ich dazu nicht viel sagen können, aber ich versichere schon einmal, dass der unabwendbare Kampf beider Seiten auf Augenhöhe stattfinden wird. Carla ist eine geschickte Spielerin und die Kopfgeldjäger gnadenlos wie immer. Der Unterschied ist dieses Mal nur, dass sich beide Parteien nicht erst annähern müssen. Sie stehen sich auf dem Schlachtfeld - Nickleby - längst gegenüber und Luca allein verhindert momentan, dass die Bombe platzt. Zu Carlas Vorteil, versteht sich.

      Vexor schrieb:

      Bei Carlas neuen und flüchtigen Verbündeten sehe ich solch eine Loyalität nicht kommen. Wir haben gesehen wie schnell Mary ihr den Rücken zugekehrt hat, und ich glaube kaum, dass Remington oder Hearst im Zweifelsfall ihren Kopf für ihre neue, inoffizielle Königin hinhalten werden, sollte dieser vom wütenden Mob der Kopfgeldjäger gefordert werden. (Wenn sie zu diesen Zeitpunkt überhaupt noch die Wahl haben und nicht eh schon zerstückelt über Nickelby verteilt wurden.
      Beide spielen ihre Rollen und vielleicht kann ich euch damit ja sogar ein bisschen überraschen. Also, grundlegend hast du nicht Unrecht. Aber...mal schauen. :D

      Vexor schrieb:

      Wenn wir schon von Remington und indifferent sprechen: Joa...eine wirkliche Meinung hab ich zu dem Blinden noch nicht. Weder eine negative noch eine positive. Er war bisher ein wenig da, wohingegen Hearst mich definitiv mehr ansprechen konnte. Ich weiß nicht, ob es an der Position des Uhrmachers liegt, oder vielleicht an der wichtigen Stellung, die ihm dank der Huren verliehen bzw. uns offenbart wurde, aber ich freue mich mehr auf Szenen mit ihm und hoffentlich Ondine. (Und diesen Satz jetzt bitte nicht falsch verstehen).
      Nicht nur du. Hearst und Remington möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht vergleichen, da beide Figuren ganz unterschiedliche Zwecke in der Geschichte haben werden und auch generell sehr unterschiedlich sind. Ich denke, dass euch beide Figuren im Laufe des Arcs auf die eine oder andere Weise zumindest nicht egal sein werden - oder hoffe es wenigstens. xD

      Vexor schrieb:

      Liegt es an deiner Geschichte oder den vermehrten Umgang mit Calli in Discord, oder warum steh ich dem Gedanken Ondine an einen Päderasten auszuliefern vergleichsweise neutral gegenüber? Ich glaube es liegt an keinem von beiden, sondern tatsächlich im Charakter Ondines begründet. Sie war noch nie ein kleines, unschuldiges Mädchen. Weder als Krill sie befreite, noch in irgendeinen Moment danach und ich würde ihr zumindest wesentlich besser zutrauen, dass sie die Situation handeln könnte als Mercedes zu einem irren Puppensammler zu schicken. Nicht auf Grund der physischen Komponente, sondern tatsächlich aus einem psychischen Blickwinkel heraus. Wenn wir uns an die Sitzungen mit Fräulein Waldmannstraut zurückerinnern, so war sie meist absolut in der Oberhand. Jetzt fiel hier natürlich die körperliche Gefahr für Ondine weg, aber ich traue es dem Mädchen zu und muss hier natürlich O'Mara zustimmen. Auch wenn ich Mercedes absolut verstehen kann.
      Absolut. Mercedes denkt nur als Mutter, sieht in Ondine nichts als das kleine Mädchen. Krill hingegen sieht in ihr mehr, was ohnehin wohl der einzige Grund ist, wieso er sie überhaupt mitgenommen hat. Diese Konstellation ist schon ein Reibungspunkt an sich, in den nun auch noch der Plan von Mary und O'Maras totalitärer Wille platzen, Luca zu retten. Für O'Mara heiligt der Zweck die Mittel, für Mercedes nicht. Und Krill stellt sich eben auf O'Maras Seite, weil er daraus Gewinn ziehen kann - er will Ondine entfesseln, auch, wenn er sie dafür in Gefahr bringen muss. Was - wie du selbst sagst - auch relativ zu bewerten ist, bedenkt man Ondines Machtdemonstration im letzten Arc.

      Vexor schrieb:

      Generell war die Szene bei den Huren wohl eine der stärksten, die du zwischenmenschlich für mich bisher aufs Papier gebracht hast. Ich lag gestern im Bett und konnte die Dramatik der Szene förmlich spüren. Hab Mercedes Wut in mir hochkochen spüren, ihren Widerwillen als den meinen verstanden, aber ebenso den armen Trottel O'Mara bemitleidet, dessen Zunge mal wieder schneller war als sein Verstand.
      Vielen Dank. Gerade dieser Drahtseilakt, keine Figur wie ein völliges Arschloch dastehen zu lassen, war nicht ganz so leicht.^^

      Vexor schrieb:

      Unheimlich starke Szene und ich habe irgendwie im Gefühl, dass Ondine noch zum richtigen Knackpunkt in diesem Arc werden wird. Zumindest könnte ich mir vorstellen, dass Mary und O'Mara hier über Mercedes Kopf hinwegentscheiden werden. Wäre zumindest eine Wendung, die mir gut gefallen würde. Momentan läuft es ja vergleichsweise gut für die Kopfgeldjäger. Sie haben mit Mary eine mächtige Verbündete gefunden, haben mit Ondine und Hearst ein direktes Ticket in Carlas dunkles Königreich. Es läuft soweit alles nach Plan, aber eine Mercedes, die mit schnaubenden Nüstern und qualmenden Kanonenbein in das Herz der Finsternis vordringen wird, um Ondine aus den Fängen des Päderasten zu befreien, würde natürlich die minutiöse Planung zu Nichte machen, aber gleichzeitig ein wenig Spannung in die Bude bringen.
      Der Streit war die Zäsur, jetzt wird sich der Arc rasanter und vielleicht auch ein Stückweit anders entwickeln, als ihr vielleicht ahnt. Jedenfalls hoffe ich auf ein paar positive Überraschungen, die ich keinesfalls vorwegnehmen will. ;)


    • Kapitel 130:

      Den Anfang bildeten O`Mara und Krill mit ihrer trocken-humoristischen Art und hoben damit die Stimmung, die seit dem intensiven Streit im letzten Kapitel im Keller dümpelte. Lange befand sich diese jedenfalls nicht auf dem Weg nach oben, dafür sorgtee O`Mara mit seinem Schlag gegen die Wand. Wie bereits angemerkt, liefert er mit seinen hier präsentierten emotionalen Konflikten Greifbarkeit, die es erleichterten, ihn gern zu haben.

      Jedoch lag der Fokus nicht auf dem blonden Säufer, dem lediglich ein kleiner Teil des Kapitels gewidmet wurde. Diese Geschichte wurde aus dem Blickwinkel von sattgrünen Wiesen und azurblauen Meeren erzählt. Mir gefällt es, wie Mercedes hier in den Vordergrund gerückt und in den unterschiedlichen Szenen facettenreicher wurde/vorhandene bekräftigte.
      Im Gespräch mit Tiny Tim sahen wir die strenge, kühle Seite von ihr. Mit ihren Forderungen und der Tatsache, dass sie ihre Umgebung beobachtete (in diesem Fall: Tiny Timms Gefühle für Mary Kelly), schüchterte sie den Jugendlichen regelrecht ein und das finde ich klasse, weil es mich an meinen ersten Eindruck von der brünetten Dame erinnerte. Passt perfekt.
      Genauso wie die aggressiv-gefährliche Seite in ihr, welche im Gespräch mit Lorca/Rovira und Carla/Dreadful zum Vorschein kam. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mercedes die Verfolgung aufgenommen hatte, ohne die Möglichkeit auf einen Kampf einzuräumen. Auch wenn ich die feurigen Damen nur allzu gern hätte kämpfen sehen (was wir hoffentlich bald schon zu bekommen), begnüge ich mich mit der verbalen Auseinandersetzung in Hilberts Kleiderladen. Unsere Kopfgeldjägerin klatschte zuerst Lorca souverän an die Wand und anschließend sah Carla überraschenderweise kein Land gegen sie. Meine Abneigung Carla gegenüber lag hauptsächlich darin begründet, dass sie mir als Charakter zu glatt und schwer greifbar war. Dies änderte sich mit heute sehr. Eine von Carlas größten Stärken schien mMn ihre Vernetztheit und ihre zahlreichen Fäden zu sein. Als Mercedes die Schwarze Witwe dann erniedrigte, indem sie den dreckigen Weg zum Aufbau ihres Imperiums offenlegte, da gewann Griswold an Menschlichkeit und wurde greifbarer. Außerdem vergebe ich gerne Sympathiepunkte, wenn Stärken in Schwächen und umgekehrt gewandelt werden. Hervorragende Performance der Kopfgeldjägerin und dringend notwendige Charaktertiefe seitens Carlas.
      Kapitel wie diese werden hoffentlich in Zukunft verhindern, dass ich Mercedes "unterschätzte". Aber im Gegensatz zu den anderen Kopfgeldjägern in der Truppe (mit Ausnahme von Flint) scheint sie mir zu schwächeln. Sie ging tapfer gegen Rovira vor, was mich hoffen lässt, dass in dieser Richtung noch mehr kommen wird und der verbale Schlagabtausch im Laden als Vorbote gewertet werden kann.
      Zugegeben, ich war anfangs noch ein bisschen enttäuscht, als ich sah, dass hinter Lady Rovira nur Dionisia Lorca steckte und es sich, ähnlich wie bei Carla und Dreadful auch, um einen Zweitnamen handelte. Die Enttäuschung hielt jedoch nach einem Blick auf die hohe Zahl der handlungsrelevanten, weiblichen Akteure hingegen nicht lange an. Gespannt, wie sich dies in diese Richtung entwickeln wird. Meine Einschätzung: Es kommt zu einem Kampf zwischen Rovira und Mercedes.

      Neugierig machen mich andernfalls noch die Fragen, woher die DeLuca Falle kam und wozu. Carla hatter bereits an diesem Tag die Möglichkeit, die Brünette zu erledigen. Mal sehen, wer an diesem Attentat beteiligt sein wird. Und wer die letzte Leiche war, dessen Bewegung die Falle erst auslöste.

      Alles in allem: Top klasse Performance von O`Mara, mit Sonderlob für die Damen Carla Griswold und Mercedes Delacroix. Es wird so langsam richtig spannend.
      Kritik: Länge

    • Sooo,

      Kapitel ja schon vor einiger Zeit gelesen und mein Zeitmanagement wird nicht besser, was man an meiner eigenen FF sieht, und leider auch an dem Kommentar für deine.
      Ich bekomme einfach keine wirkliche freie Minute zusammen, wo ich mich auf was kreatives stürzen könnte, aber um mein bescheidenes Management soll es jetzt ja auch gar nicht gehen, sondern um deine FF. Stell dich dennoch auf einen kürzeren Kommentar ein!

      Ich könnte es auch einfach damit abschließen, dass ich sage, dass mir das Kapitel sehr, sehr gut gefallen hat. Der Bitchfight im Brautmodengeschäft, Mercedes, die zeigt, dass sie mehr sein kann, als das Opfer, und generell die Dynamik zwischen Lorca, Carla und Mercedes.

      Der Anfang mit Krill und O'Mara hat mir zwar auch gut gefallen, vor allem weil ich mal richtig lag, dass sie den Plan wohl auch ohne Mercedes Zustimmung ausführen werden. Ebenso hat mir - wie stets eigentlich - gut gefallen, dass sich die Kopfgeldjäger so gut kennen und dass du ihre gemeinsame Zeit aufs Papier bringen kannst, ohne Flashbacks, ohne große Worte. Einfach dadurch, dass sie wissen wie der andere reagieren wird und damit eigentlich noch richtig liegen.
      Mercedes weiß, dass Krill und O'Mara ohne sie vorgehen werden, und ebenso wissen die beiden, dass Mercedes wohl alles in ihrer Macht stehende unternehmen wird, um den Plan schon vorher zu vereiteln und Luca samt Carlas Kopf zu holen.
      Das ist eine Komponenten deiner FF, die mir sehr gut gefällt und sie so schön von meiner eigenen kontrastiert. Meine Gruppe wächst erst zusammen, muss sich noch kennenlernen, während deine schon seit Jahren verwachsen ist. Vielleicht nicht immer im Guten oder Produktiven, aber die Verbindung ist da.

      Nach der amüsanten Einlage beim Damenausstatter und unserer beinahe gruseligen Begabung Handlungsstränge sogar ohne großartige Kommunikation aufeinander abzustimmen, tappt Mercedes in eine Falle, die mich aber noch im Dunkeln lässt. Wer? Wieso? Warum dort?

      Mit diesen Fragen entlasse ich dich dann auch in die Gewissheit, dass dich nur noch zwei Kommentatoren davon trennen, das Kapitel fertig gestellt zu haben :P

      - V.

    • Kapitel 130 - Die Stadt holt dich

      Huch ich war mir eigentlich sicher, dass ich schon einen Kommentar geschrieben hatte^^ Aber offensichtlich ist dies nicht er Fall und du hast dein neues Kapitel noch nicht veröffentlicht. Also auf zu einem wahrscheinlich kürzeren Kommentar zu einem sehr genialen Kapitel, in dem du besonders drei Frauen hast glänzen lassen.

      Aber der Reihe nach, zunächst einmal unterhalten sich Krill und O'Mara über die diversen Wunden, welche alle, aber besonders Mercedes, aus ihrem Wortgefecht davongetragen haben. Trotzdem wissen alle, dass sie sich nicht gegenseitig von ihren Plänen abbringen können und nun versuchen, nicht direkt Gegeneinader, aber gegen die Notwendigkeit des Plans des anderen, zu arbeiten.

      Was dies bedeutet, zeigt sich direkt in nächsten Abschnitt, in dem Mercedes den kleinen Timmy... schnappt und sich von ihm zu Carlas Anwesen eskortieren lässt. Dabei zeigt sie, wie einfach es ihr fällt Teenager um den Finger zu wickeln, wenn sie es darauf anlegt. Anders als bei Flint, bei dem es Aufgrund seiner Haarfarbe doch etwas anders gelaufen ist. Weiterhin hat sie am Ende noch einen guten Rat für Timmy, welcher aber anscheinend etwas zu spät kommen könnte, zumindest wenn sich meine Idee zur fünften Person bestätigen sollte.

      Die zweite Person männlichen Geschlechts, auf die Mercedes an diesem Morgen trifft, ist ein richtiger Paradisvogel und einer der erfolgreichsten Schneider der Stadt. Ich finde ihn einfach genial, sein Auftreten, seine Erscheinung, sein Gehabe, einfach alles. Besonders wie du so schön um den Busch seiner sexuellen Orientierung herumschleichst.^^ Wie es sich für einen Schneider der Highsociety gehört ist er bestens mit dem neusten Klatsch versorgt, den er gerne mit jedem Teilt. Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, in wieweit er die Sachen erfahren sollte bzw von Carla mit gewissen Informationen gefüttert wurde bzw von ihr mit der „Weitergabe“ beauftragt wurde. Den immerhin landet Mercedes mit Thaddeus Inforationen in einer ziemlich fiesen Falle, die wahrscheinlich schon die ganze Zeit für den KGJ bestimmt gewesen war und nicht für irgendeinen neugierigen Bewohner dieses Landes.

      Aber das Highlight des Kapitels war definitiv das Aufeinandertreffen der drei Damen. Dabei zeigt sich sehr schön, wie sehr Lorca Mercedes unterlegen ist, zumindest im abfeuern der richtigen Worte zum richtigen Zeitpunkt. Hier scheint Mercedes das Gespräch zu dominieren und Lroca muss damit kämpfen. ihre Fassade zu wahren. Aber auch wenn es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen wäre, sehe ich eher Mercedes vorn. Zu Lorcas Glück, taucht aber rechtzeitig Carla auf, die sich überraschender Weise ein volle verbale Breitseite von Mercedes einfängt, die sie ziemlich ins wanken bringt. Zumindest ist Lorca von der Reaktion oder doch eher nicht Reaktion ihrer neuen Herrin ziemlich entsetzt. Bevor es aber zum letzten Kommen kann, taucht Thaddeus wieder auf, womit sich die ganze Situation entschärft wird.

      Interessant sind dann aber vor allem die Gerüchte/Inforationen mit denen Mercedes von Thaddeus versogrt wird. Weniger, dass Carla und Marry beim selben... Lederwarenfachgeschäft einkaufen, sonder viel eher die Informationen um Lorca und ihren vermeintlichen Liebhaber. Denn dieser scheint zumindest nach Thaddeus Andeutungen blind zu sein, und auch wenn ich mir im Bezug auf Douglas Haarfarbe nicht mehr sicher bin, ist dies doch eine erstaunliche Überschneidung. Besonders, da in ihrem Liebesnest keine Betten und Felle zu finden sind, sondern die vier Leichen einer Familie, welche schon länger dort zu hängen scheint und eine ziemlich frische, die nicht mit Drogen sondern mit einer Bombe gefüllt ist.
      Die Familie, welche angeblich De Luca heißt scheint sich auf den ersten Blick selbst erhängt zu haben, zumindest sollen wahrscheinlich die Stühle darauf hindeuten. Natürlich wird dies nicht der Fall sein und entweder hat Lorca oder Carla ein ziemlich fieses Hobby oder alles ist von Anfang an eine Nachricht an die KGJ. Denn Luca wird sicher nicht in diesem Zimmer hängen, da sie die einzige Garantie Carlas ist, dass die KGJ nicht ihr Anwesen stürmen und dabei ganz Fountleroy Island in Schutt und Asche lagen. Da aber Mercedes die letzte Leiche erkannt hat und es nicht gerade viele Personen geben dürfte, die sie kennt und die sich gleichzeitig auf Fountleroy Island befinden, würde ich am ehesten auf Timmy Tippen, der dann doch nicht schnell und unauffällig genug verschwunden ist, um der Schwarzen Witwe zu entkommen.

      Wie bereits geschrieben ein sehr schönes Kapitel, in dem du die drei Damen wunderbar weiter Charakterisiert und Ausgebaut hast. Ich bin schon gespannt darauf zu erfahren, wie und vor allem an welcher Front es weitergeht. ^.^
      :thumbsup: Nicht nur in One Piece die reine Wahrheit: :thumbsup:
      Pirates are evil?!!... ...The Marines are Justice?!!
      These labels have been passed around Heaven knows how many times...!!!
      Kids who have never known peace... ...and kids who have never known war... ...Their values are too different!!!
      Whoever stands at the top can define right and wrong as they see fit!!!
      Right now, we stand in neutral territory!!!
      "Justice will prevail"?!... ...Well, sure it will!
      Whoever prevails... ...is Justice!!!! (Doflamingo)

      So kann man es aber auch sehen
      "THERE IS NO JUSTICE, THERE IS ONLY ME!"
      Death, Discworld, Terry Pratchett

    • Hallo Leute,

      da es wohl bald langweilig würde, entschuldige ich mich dieses Mal nicht für die lange Wartezeit. Vielleicht kann ich das nächste Kapitel früher bringen, wenn die Sterne günstig stehen und ich eine Jungfrau in einen Vulkan werfe. Ich tue mein Bestes. :D

      Das neue Kapitel trägt den Titel "Die Puppe" und ist an alter Stelle zu finden. Viel Spaß wünsche ich. :)

      Callico


      C. /s schrieb:

      Den Anfang bildeten O`Mara und Krill mit ihrer trocken-humoristischen Art und hoben damit die Stimmung, die seit dem intensiven Streit im letzten Kapitel im Keller dümpelte. Lange befand sich diese jedenfalls nicht auf dem Weg nach oben, dafür sorgtee O`Mara mit seinem Schlag gegen die Wand. Wie bereits angemerkt, liefert er mit seinen hier präsentierten emotionalen Konflikten Greifbarkeit, die es erleichterten, ihn gern zu haben.
      Richtig. Auch der Kontrast zum gefühlskälteren Krill war mir hier wichtig. Zwar fühlt sich auch der Meermann mit Mercedes verbindet und empfindet eine gewisse Reue, trägt diese jedoch längst nicht so stark und körperlich nach außen.

      C. /s schrieb:

      Jedoch lag der Fokus nicht auf dem blonden Säufer, dem lediglich ein kleiner Teil des Kapitels gewidmet wurde. Diese Geschichte wurde aus dem Blickwinkel von sattgrünen Wiesen und azurblauen Meeren erzählt. Mir gefällt es, wie Mercedes hier in den Vordergrund gerückt und in den unterschiedlichen Szenen facettenreicher wurde/vorhandene bekräftigte.
      Im Gespräch mit Tiny Tim sahen wir die strenge, kühle Seite von ihr. Mit ihren Forderungen und der Tatsache, dass sie ihre Umgebung beobachtete (in diesem Fall: Tiny Timms Gefühle für Mary Kelly), schüchterte sie den Jugendlichen regelrecht ein und das finde ich klasse, weil es mich an meinen ersten Eindruck von der brünetten Dame erinnerte. Passt perfekt.
      Genauso wie die aggressiv-gefährliche Seite in ihr, welche im Gespräch mit Lorca/Rovira und Carla/Dreadful zum Vorschein kam. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mercedes die Verfolgung aufgenommen hatte, ohne die Möglichkeit auf einen Kampf einzuräumen. Auch wenn ich die feurigen Damen nur allzu gern hätte kämpfen sehen (was wir hoffentlich bald schon zu bekommen), begnüge ich mich mit der verbalen Auseinandersetzung in Hilberts Kleiderladen. Unsere Kopfgeldjägerin klatschte zuerst Lorca souverän an die Wand und anschließend sah Carla überraschenderweise kein Land gegen sie
      Gut zusammengefasst. Mercedes ist ein so vielseitiger Charakter, den ich in den letzten Arcs jedoch nicht genug gewürdigt habe. Wo sie auf PS noch mit ihren eigenen Dämonen der Vergangenheit ringen musste und daher zurecht abgekapselt mit sich selbst beschäftigt war, habe ich sie im letzten Arc eher aus einer Notwendigkeit heraus nicht bis zum Schluss aktiv handeln lassen. Das ist einerseits schade, aber dafür lege ich jetzt nach. Mercedes ist schön, stark, gefährlich, verwundbar, mitfühlend, bedrohlich...
      Ich freue mich schon, wieder zur Gänze mit diesem Charakter arbeiten zu können und bin froh, dass er euch ebenso gut gefällt.

      C. /s schrieb:

      Meine Abneigung Carla gegenüber lag hauptsächlich darin begründet, dass sie mir als Charakter zu glatt und schwer greifbar war. Dies änderte sich mit heute sehr. Eine von Carlas größten Stärken schien mMn ihre Vernetztheit und ihre zahlreichen Fäden zu sein. Als Mercedes die Schwarze Witwe dann erniedrigte, indem sie den dreckigen Weg zum Aufbau ihres Imperiums offenlegte, da gewann Griswold an Menschlichkeit und wurde greifbarer. Außerdem vergebe ich gerne Sympathiepunkte, wenn Stärken in Schwächen und umgekehrt gewandelt werden. Hervorragende Performance der Kopfgeldjägerin und dringend notwendige Charaktertiefe seitens Carlas.
      Kann ich verstehen und habe ich insofern auch forciert, dass Carlas Unsicherheiten bisher - wenn überhaupt - nur unterschwellig durchschimmerten. Carla ist brillant, hinterhältig und selbstbewusst. Gleichzeitig aber auch getrieben und verdammt, immerhin muss sie Ulysses ihren Wert beweisen. Hinzu kommt die menschliche Seite Carlas, welche in diesem Kapitel erstmal zum Vorschein kam. Ich habe diese Szene bewusst als ersten richtigen Moment der Schwäche für Carla gewählt, weil ich so Mercedes noch einmal aufwerten konnte. Ich verspreche dir, dass Carla nicht die aalglatte Femme Fatale bleiben wird. Sie ist ein Mensch mit Makeln, Fehlern und Gefühlen - auch wenn sie gleichzeitig ein grandioses Miststück bleibt. :D

      C. /s schrieb:

      Kapitel wie diese werden hoffentlich in Zukunft verhindern, dass ich Mercedes "unterschätzte". Aber im Gegensatz zu den anderen Kopfgeldjägern in der Truppe (mit Ausnahme von Flint) scheint sie mir zu schwächeln. Sie ging tapfer gegen Rovira vor, was mich hoffen lässt, dass in dieser Richtung noch mehr kommen wird und der verbale Schlagabtausch im Laden als Vorbote gewertet werden kann.
      Ist irgendwo verständlich. Ihr letzter richtig großer Kampf fand im zweiten Arc statt, und die Gefolgsleute Machiavellis waren nun auch keine allzu großen Herausforderungen für die Kopfgeldjäger. Mercedes geht daher neben O'Mara und Krill momentan etwas unter, was ich aber mit diesem Arc ändern will. Mercedes ist genauso gefährlich wie ihre Kollegen, ganz sicher.

      C. /s schrieb:

      Zugegeben, ich war anfangs noch ein bisschen enttäuscht, als ich sah, dass hinter Lady Rovira nur Dionisia Lorca steckte und es sich, ähnlich wie bei Carla und Dreadful auch, um einen Zweitnamen handelte. Die Enttäuschung hielt jedoch nach einem Blick auf die hohe Zahl der handlungsrelevanten, weiblichen Akteure hingegen nicht lange an. Gespannt, wie sich dies in diese Richtung entwickeln wird. Meine Einschätzung: Es kommt zu einem Kampf zwischen Rovira und Mercedes.
      Eben. Es gibt genug Figuren in diesem Arc, an starken Frauen mangelt es nicht und Lorca ist immerhin auch ein Charakter, der bisher noch nicht wirklich beleuchtet wurde. Sie trat eher als Naturgewalt auf, weniger als Mensch mit Handlungsrelevanz. Das wird sich nun hoffentlich ändern.^^

      C. /s schrieb:

      Neugierig machen mich andernfalls noch die Fragen, woher die DeLuca Falle kam und wozu. Carla hatter bereits an diesem Tag die Möglichkeit, die Brünette zu erledigen. Mal sehen, wer an diesem Attentat beteiligt sein wird. Und wer die letzte Leiche war, dessen Bewegung die Falle erst auslöste.
      Ich hülle mich in Schweigen. ;)

      C. /s schrieb:

      Kritik: Länge
      Du wirst es überleben. Aber das neue Kapitel ist wieder kürzer, keine Sorge.^^
      Vexor


      Vexor schrieb:

      Der Anfang mit Krill und O'Mara hat mir zwar auch gut gefallen, vor allem weil ich mal richtig lag, dass sie den Plan wohl auch ohne Mercedes Zustimmung ausführen werden. Ebenso hat mir - wie stets eigentlich - gut gefallen, dass sich die Kopfgeldjäger so gut kennen und dass du ihre gemeinsame Zeit aufs Papier bringen kannst, ohne Flashbacks, ohne große Worte. Einfach dadurch, dass sie wissen wie der andere reagieren wird und damit eigentlich noch richtig liegen.
      Mercedes weiß, dass Krill und O'Mara ohne sie vorgehen werden, und ebenso wissen die beiden, dass Mercedes wohl alles in ihrer Macht stehende unternehmen wird, um den Plan schon vorher zu vereiteln und Luca samt Carlas Kopf zu holen.
      Ja. Die Frage ist nun, wie es weitergehen wird. Natürlich kann ich an dieser Stelle nichts vorwegnehmen, aber die schlussendliche Auflösung weiß hoffentlich zu gefallen. Der Arc entwickelt sich schließlich noch und nicht alles ist immer so, wie es scheint. 2€ ins Phrasenschwein. :D

      Vexor schrieb:

      Das ist eine Komponenten deiner FF, die mir sehr gut gefällt und sie so schön von meiner eigenen kontrastiert. Meine Gruppe wächst erst zusammen, muss sich noch kennenlernen, während deine schon seit Jahren verwachsen ist. Vielleicht nicht immer im Guten oder Produktiven, aber die Verbindung ist da.
      Ja. Ich bin wirklich froh, dass dieser Zusammenhalt und die Geschichte der Kopfgeldjäger untereinander indirekt so gut rüberkommt. Ich habe schon seit Ewigkeiten eine Szene geplant, in der die Vergangenheit der Vier euch mal näher gebracht werden soll. Aber die hat bisher nie wirklich reingepasst. Naja. Zum Glück geht es auch ohne. xD

      Vexor schrieb:

      Nach der amüsanten Einlage beim Damenausstatter und unserer beinahe gruseligen Begabung Handlungsstränge sogar ohne großartige Kommunikation aufeinander abzustimmen, tappt Mercedes in eine Falle, die mich aber noch im Dunkeln lässt. Wer? Wieso? Warum dort?
      Sag ich nicht. :P
      qoii


      qoii schrieb:

      Aber der Reihe nach, zunächst einmal unterhalten sich Krill und O'Mara über die diversen Wunden, welche alle, aber besonders Mercedes, aus ihrem Wortgefecht davongetragen haben. Trotzdem wissen alle, dass sie sich nicht gegenseitig von ihren Plänen abbringen können und nun versuchen, nicht direkt Gegeneinader, aber gegen die Notwendigkeit des Plans des anderen, zu arbeiten.
      Die Frage ist, wessen Plan aufgehen wird bzw. welchen Plan Mercedes überhaupt hat. Nach diesem Kapitel sieht es eher weniger so aus, als hätte sie bislang viel Erfolg gehabt. xD

      qoii schrieb:

      Die zweite Person männlichen Geschlechts, auf die Mercedes an diesem Morgen trifft, ist ein richtiger Paradisvogel und einer der erfolgreichsten Schneider der Stadt. Ich finde ihn einfach genial, sein Auftreten, seine Erscheinung, sein Gehabe, einfach alles. Besonders wie du so schön um den Busch seiner sexuellen Orientierung herumschleichst.^^ Wie es sich für einen Schneider der Highsociety gehört ist er bestens mit dem neusten Klatsch versorgt, den er gerne mit jedem Teilt. Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, in wieweit er die Sachen erfahren sollte bzw von Carla mit gewissen Informationen gefüttert wurde bzw von ihr mit der „Weitergabe“ beauftragt wurde. Den immerhin landet Mercedes mit Thaddeus Inforationen in einer ziemlich fiesen Falle, die wahrscheinlich schon die ganze Zeit für den KGJ bestimmt gewesen war und nicht für irgendeinen neugierigen Bewohner dieses Landes.
      Ja, gut gesagt. Man kann niemals sicher sein, wem man trauen kann. Carla hat ihr Netz bereits gesponnen und weitet es nur noch aus. Heißt, es ist niemals wirklich sicher, welche Information man sich selbst beschafft und wann Carla sie einem indirekt zugeführt hat. Diese Verworrenheit ist ein zentrales Motiv des Arcs und passt natürlich hervorragend zum Spinnenmotiv um Carla.^^

      qoii schrieb:

      Aber das Highlight des Kapitels war definitiv das Aufeinandertreffen der drei Damen. Dabei zeigt sich sehr schön, wie sehr Lorca Mercedes unterlegen ist, zumindest im abfeuern der richtigen Worte zum richtigen Zeitpunkt. Hier scheint Mercedes das Gespräch zu dominieren und Lroca muss damit kämpfen. ihre Fassade zu wahren. Aber auch wenn es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen wäre, sehe ich eher Mercedes vorn. Zu Lorcas Glück, taucht aber rechtzeitig Carla auf, die sich überraschender Weise ein volle verbale Breitseite von Mercedes einfängt, die sie ziemlich ins wanken bringt. Zumindest ist Lorca von der Reaktion oder doch eher nicht Reaktion ihrer neuen Herrin ziemlich entsetzt. Bevor es aber zum letzten Kommen kann, taucht Thaddeus wieder auf, womit sich die ganze Situation entschärft wird.
      Mercedes dominiert beide Gespräche. Einerseits, weil sie nach dem Konflikt mit O'Mara und Krill so geladen ist, anderseits weil sie einfach mal auf jede Vorsicht scheißt. Mercedes reagiert in dieser Situation über, ohne komplett den Kopf zu verlieren. Eine ziemlich zerstörerische Kombination, wie man sieht.^^
      Diese Szene sollte erstmals den Mythos Carla entzaubern. Jene hat sich bisher als unverwüstliche, silberzüngige Schattengestalt präsentiert und wird nun von Mercedes ins Licht gezerrt, wo man ihre Makel sieht. Dieses Treffen wird nicht ohne Folgen bleiben, für keine Seite.

      qoii schrieb:

      Interessant sind dann aber vor allem die Gerüchte/Inforationen mit denen Mercedes von Thaddeus versogrt wird. Weniger, dass Carla und Marry beim selben... Lederwarenfachgeschäft einkaufen, sonder viel eher die Informationen um Lorca und ihren vermeintlichen Liebhaber. Denn dieser scheint zumindest nach Thaddeus Andeutungen blind zu sein, und auch wenn ich mir im Bezug auf Douglas Haarfarbe nicht mehr sicher bin, ist dies doch eine erstaunliche Überschneidung. Besonders, da in ihrem Liebesnest keine Betten und Felle zu finden sind, sondern die vier Leichen einer Familie, welche schon länger dort zu hängen scheint und eine ziemlich frische, die nicht mit Drogen sondern mit einer Bombe gefüllt ist.
      Richtig. Dabei handelt es sich um Douglas Remington, der augenlos und blind und rothaarig (fuchsia) ist. Was genau es damit auf sich hat, dem Gerücht und der Familie De Luca...werdet ihr eher früher als später erfahren. Bis dahin.^^


    • Kapitel 131-Das Wort des Tages: Plastisch

      Wortgewaltig und passend zur Umgebung startet 131 im Chaos. Mercedes findet sich nach der enormen Explosion unter Schutt begraben wieder, zusammen mit einigen Verletzten und haufenweise Toten. Ich warte gespannt auf die Auflösung, da ich nicht viele Worte über diese Szene verlieren kann. Möchte natürlich mehr über die Bedeutung der Explosion, den Verursacher und natürlich über die leidtragende Familie erfahren. Natürlich aber erst nach den geschilderten Abenteuern von Mercedes im Lederwarengeschäft Mindy Ox. In den letzten Kapitel wurden einige Seiten von der Blechbüchse näher beleuchtet- ob wir in dem spaßverheißenden Laden eine neue Seite von ihr zu Gesicht bekommen werden? Fragen über Fragen, dürstend nach Antworten...


      Mal sehen, wie ich meinen Fuß in die Tür "geschickter Übergang" kriege: Waterloo, den ich schon seit seiner Einführung (R.I.P. Alberto) super gefunden hab, erscheint vollkommen unerwartet an der Zimmertür von der feurigroten Etain, und bittet sie um Drogen. Möchte nicht lügen, zuerst dachte ich, er plane etwas Anderes, bis mir wieder blitzschnell klar wurde, dass sein Herz bereits vergeben ist: Harley. Wir haben in einem kurzen FB gesehen, dass es Probleme im Leben der Lokomotive gab. Womöglich griff der Blauhaarige auch zu Drogen (Sollten diese Einstichstellen fake sein, lediglich um Etain in Sicherheit zu wiegen, so würde dies wahrscheinlich auffallen). Doch dann zog ihn unser strahlender Held Harley aus diesem Sumpf und entfachte ein begehrendheißes Feuer in der Brust von Waterloo, dass er bestimmt auch bis ans Ende der Welt rollen würde, um seinen Angebeteten zu retten- oder sterben. Wie weit er am Ende dann doch gehen muss, wird sich ja alsbald zeigen. Denn im Drogenrausch lässt Etain den Verliebten wissen, dass sein heißbegehrter Dandy noch am Leben ist und das Carla es vertuscht.

      Wo sich die Etain-Geschichte noch entwickelt, der Inhalt und der Zweck des Päckchens (einem bestimmten Kunden diese drogenähnliche Substanz/Gift zu verabreichen?) und Etains enttäuschend hässliche Füße mal beiseite, muss ich sagen, dass mir der sich aufbauende Plot um Carla sehr gut gefällt. Sie ist eine kalte Manipulatorin, eine hungrige Machiavellistin, die sich ihren Weg an die Spitze der Macht systematisch erarbeitet, indem sie die Fähigkeiten und Mittel der Personen um sie herum für sich selbst optimal ausnutzt. Auf welche Weise besiegt man sie am besten? Indem man ihre Pfeiler, auf denen ihr Imperium fußt, einzeln niederreißt. Im Kampf auf Szenia Sorovo reichte O`Mara Waterloo die Hand, nachdem er wegen dem vermeintlichen Tod des Idols seines Gegners Mitleid mit ihm hatte, was womöglich als Foreshadowing gewertet werden kann. Nach dem Gespräch mit Etain sollte genug Misstrauen gesät sein, dass er selbst zu einer Gefahr für die Schwarze Witwe werden könnte. Ein unerwarteter Schlag aus den vermeintlich eigenen Reihen womöglich.

      Währenddessen schwelgt ein anderer Pfeiler in pädophilen Kopfkino, nicht bemerkend, dass er dabei ist, in die Falle der Telefontante (Mary Kelly?) zu laufen. Auch er wird untergehen und dabei den Fall Griswolds begünstigen. Der Kerl ist ein Arschloch und verdient es. Die Frage ist nur, wer darf ihm die Fresse einschlagen? Vögelchen zwitscherten mir, dass in diesem Bereich noch mehr folgen dürfte, was den Ondine-Lockvogel-Plan noch um einiges spannender macht.
      Sir Benedict Hearst erinnert mich an Tantalos: Er streckt sich abermals nach oben zu den Früchten, immer wieder, um seinen Hunger zu stillen. Doch als er merkt, dass die Früchte über ihm reif und erwachsen geworden sind, verliert er sein Interesse. Anschließend bückt er sich nach unten, zum Wässerchen, um seinen Durst zu stillen- und zur Strafe verdreschen ihn O`Mara, Krill und Co.

      Die Früchte des Kapitels waren eindeutig Catherine, die Puppenkönigin. Ich finde ihre kindlich sture und strenge, aufbrausende und dramatische Art herrlich und die Konversation mit Hearst hat mich, beispielsweise als sie sich über Lady Doubtdoodles mangelnde Unterrichtfähigkeiten beschwerte und einfach so nach einer neuen Mentorin verlangte, oft zum schmunzeln gebracht. ^^
      So bekommt Miss Dreadful einen Fuß in die Palasttür, während die Geschichte einen erfrischend guten Charakter reicher ist.
      Sowohl die Sprache (gilt übrigens auch für das pädophile Schwein) als auch das Verhalten machen die neuen Charaktere greifbar. Plastisch. Find ich super.

      Kritik: Über manche Formulierungen (vor allem am Anfang) bin ich gestolpert.

    • Kapitel 313 Die Puppe

      Die Ruhe hier im FF Bereich ist anscheinend nicht gerade förderlich für meine Disziplin im Bezug aufs kommentieren. Weiterhin habe ich auch das Gefühl, nicht mehr so gut kombinieren zu können, da ich über die längeren Pausen doch das eine oder andere Vergesse. Aber dagegen dürftet ihr wahrscheinlich nichts haben.^^

      Die Explosion am Ende des letzten Kapitels scheint nicht nur den "Schuppen" der Familie de Luca zerstört, sondern einen Großteil des Arbeiterviertels in Schutt gelegt zu haben. Wobei es anscheinend weniger an der Größe der Explosion gelegen hat, sondern daran, dass es durch diese zu einen Erd bzw. Gedäuderutsch gekommen ist. Slums und Arbeiterviertel zu beginn der Industriellen Revolution, sind nun mal meisten a) Übervölkert und b) nicht sehr stabil bzw gut gebaut, da kann der kleinste Funken oder eben etwas ins rutschen geratene Erde, zu einer großen Katastrophe werden.

      Dank ihrer einbauten hat Mercedes das ganze aber ziemlich unbeschadet überstanden und nur einen Teil ihrer falschen und tarnenden Haut verloren. Bin ich eigentlich der einzige mit Terminator Assoziationen, wenn es um Mercedes auftauchen aus dem Schutt geht.^^
      Viel interessanter ist da aber wieder eine kleine Information, die du mehr oder weniger versteckt in einen Nebensatz fallen lässt. >>Mercedes erkannte und verstand nun die erstarrte Frau vor sich, deren Gesicht einst ihr eigenes gewesen war, als sie selbst vor vielen Jahren in ebendieser Stadt erwacht war und sich im Spiegel betrachtet hatte. << Für mich klingt dieser Satz verdächtig danach, dass Mercedes hier umgebaut... behandelt... repariert... , ja was denn eigentlich! Nach meinen Erinnerungen wurde nie genau erklärt, warum Mercedes zu dem wurde^, was ist ist. Ich meine mich zwar dunkel zu erinnern, dass sie nicht Teil irgendeines verrückten Experiments war, aber warum sie so allumfassend wieder hergestellt wurde, wissen wir noch nicht. Ich erinnere mich noch daran, dass da Vinci für ihren Umbau/Rettung mit Hauptverantwortlich war, aber bisher dachte ich, dies wäre auf seiner Heimatinsel Isolda Caligula geschehen, da er dort seine Werkstatt hat. Aber anscheinend war da Vinci viel in der Welt unterwegs und die Industriestadt Nickleby passt mit ihrem Aussehen, Wissen und Ressourcen auch irgendwie viel besser als der Ort von Mercedes "Erschaffung", als die eher ländlich und Renaissance geprägte IC . Weiterhin könnte FI auch der Ort sein, wo Mercedes auf Cal und Co getroffen ist, immerhin wissen wir auch schon, das die KGJ so einiges in Nickleby getrieben haben.

      Mit die wichtigste Frage im nächsten Abschnitt ist für mich, ob Waterloo wirklich Heroinabhängig ist und wenn ja seit wann. Das er sich die Einstichstellen fälschen würde, traue ich ihm zwar weniger zu, aber ich denke wir sind uns auch alle ziemlich sicher, dass er Austausch des Päckchens ebenfalls nicht seine Idee war, sonder auf Carla zurückgehen dürfte und dieser traue ich eine solche Tarnung schon zu. Allerdings passt eine jetzige oder frühere Abhängigkeit einfach zu gut zu Waterloos gesamter Situation. Sowohl als er seine Neigungen noch ganz im Geheimen hatte, als auch im Schloss und besonders nach Harley vermeintlichem Tod, alles Situationen, wo sich jemand wie er durchaus in Drogen flüchten könnte und Carla ist jemand, der so etwas herauszufinden und einzusetzen weiß. Womit sie aber sich nicht gerechnet haben dürfte ist, dass Étaín einige sehr interessante Worte entschlüpfen, welche Waterloo an ihr zweifeln lassen werden. Wie @C. /s es so schön ausgedrückt hat, die erste Säule bröckelt.

      Bleibt aber auch noch die Frage, warum sie Étaín selbst in die Drogen geflüchtet hat und für mich noch viel mehr, warum Ulysses dies überhaupt zulässt, wenn sie es so offen praktiziert. Immerhin ist dies nicht gut für sein Familienmitglied und der Ausgetauschte Stoff von Waterloo dürfte noch viel ungesünder sein.

      Die Puppenkönigin hat derweil beschlossen keine Puppe mehr zu sein, ob davon die anderen Mitglieder des Thronrates so begeistert sein werden. Benedict jedenfalls hat es ganz schnell geschafft, dass sie ihm nicht nur weiter vertrauen und auf ihn bauen will, sondern auch, dass sie die richtige Person kennenlernt, jemanden, der ohnehin schon den größten Teil des Adels unter ihrer Kontrolle hat und nun direkten Einfluss auf die gesamte Politik nehmen kann. Ulysses wird dies sicher nicht so geplant haben, aber durch sein auftauchen hat der Catherine letztendlich in die fähigen Hände seiner (vermeintlichen) Agentin getrieben. Denn sobald diese nicht nur den Adel sondern die Königin direkt kontrollieren kann, dürfte sie auch etwas bis viel weniger Angst vor Ulysses haben, denn wie Catherine es so schön aufzählt, ihr reich ist ein Empire.

      Von Catherines Vater haben wir bis jetzt wirklich noch kaum etwas gehört, aber er dürfte auf jeden Fall nicht der (eigentliche) König gewesen sein, genauso wie Philip, Duke of Edinburgh in unserer Zeit "nur" Prinzgemahle ist. Interessant dürfte aber sein, vor wem er seine Tochter mit seinem Leben beschützt hat, denn wenn ich mich recht entsinne, wissen wir auch nicht, ob Catherines Mutter eines natürlichen Todes gestorben ist. Es wird immer jemanden geben, der sich mehr macht von einer schwachen jungen Herrscherin verspricht, wenn er diese vorher schon nicht aus dem Weg räumen konnte.

      Über Benedicts Phantasien und zukünftigen Pläne hülle ich mich lieber in entsetztes schweigen, so wie er über die vorlieben von König William IV. ;)

      Wie immer ein sehr schönes und interessantes Kapitel und ich freue mich schon darauf zu erfahren, wie es weitergeht. ^.^
      :thumbsup: Nicht nur in One Piece die reine Wahrheit: :thumbsup:
      Pirates are evil?!!... ...The Marines are Justice?!!
      These labels have been passed around Heaven knows how many times...!!!
      Kids who have never known peace... ...and kids who have never known war... ...Their values are too different!!!
      Whoever stands at the top can define right and wrong as they see fit!!!
      Right now, we stand in neutral territory!!!
      "Justice will prevail"?!... ...Well, sure it will!
      Whoever prevails... ...is Justice!!!! (Doflamingo)

      So kann man es aber auch sehen
      "THERE IS NO JUSTICE, THERE IS ONLY ME!"
      Death, Discworld, Terry Pratchett

    • Kapitel 131 - Die Puppe

      So,
      ich hab lange genug gewartet und da sind mir Callico und qoii zuvor gekommen, sodass ich mich mal auf die Reste stürzen darf. Mal schauen, was da an kreativen Gedanken noch so rausspringen wird.

      Fangen wir mal chronologisch mit Mercedes an. Du erwähntest ja bereits, dass Mercedes in den Mittelpunkt der Geschehenisse rücken wird, und soweit ich mich erinnern kann, hast du dich damit auch nicht nur explizit auf die aktive Handlung bezogen. Dass du jetzt beleuchten möchtest, wie Merceds zum Dampfbetriebenen Maschinenmonstrum wurde, finde ich auf jeden Fall eine gute Gelegenheit. Diese Information ist schon lange überfällig, ebenso wie die gemeinsame Reise der Protagonisten allmählich enthüllt werden könnte.
      Ich bin mir zwar nicht sicher, ob Mercedes tatsächlich in Nickelby umgerüstet wurde, könnte mir auch vorstellen, dass dies woanders war, aber es würde natürlich gewissermaßen auch passen. (Für mich spricht lediglich gegen Nickelby, dass mir da dann einfach ein paar kleine subtile Hinweise seitens Mercedes und Co. abgegangen wären, aber vielleicht hab ich sie auch nur nicht bemerkt, oder es gibt da noch eine andere Erklärung). Einfach mal abwarten.

      Zur Szene zwischen Waterloo und Étain möchte ich eigentlich gar nicht mehr viel sagen, da meine beiden Vorredner dies schon hervorragend abgedeckt haben. Ich persönlich bin während des Lesens gar nicht auf die Idee gekommen, dass Waterloos Sucht nur gespielt sein könnte. Es hat für mich einfach perfekt in das Bild eines jungen Mannes gepasst, der all seine (unterdrückte) sexuelle Unsicherheit auf dieses Idol, diesen Mentor und diese Vaterfigur projiziert hat. Vielleicht kam er vor oder durch Harley schon in Berührung mit Heroin, aber erst der Wegfall dieser Figur, dieser traumatische Zwischenfall hat ihn vielleicht wieder zurückgeworfen.
      Es würde Waterloos tragischen Charakter definitiv noch einmal unterstreichen. Andererseits würde eine aktivere Rolle in Carlas Unterfangen - wozu auch immer dieser eventuell bedeutsamere Austausch jetzt auch dienen mag - mir durchaus zusagen. Ist für mich das Kapitel Waterloo und das Interesse an dem Charakter doch ziemlich abgeschlossen.
      Zumindest seh ich nicht mehr viel Spannung aufkommen, aber vielleicht strafst du mich hier auch Lügen.

      Catherine insznierst du dabei beinahe schon so überzogen klischeehaft in der Ironie, in der sie sich gerade selbst manövriert, dass es einem missfallen könnte, aber ich mag das Motiv der Puppenkönigin und es ist einfach passend. In einem naiven Versuch sich aus dem goldenen Käfig zu befreien und selbst zu fliegen, merkt sie gar nicht, dass sie ihre Flügel erneut einem fähigem Puppenspieler oder vielmehr seiner Herrin zu verdanken hat. Catherine sagt sich von miss Doubtdoodle (eine Anspielung an Miss Doubtfire? :D) los, denkt ein Übel losgeworden zu sein und holt sich mit Carla die viel größere Gefahr ins Haus.
      Die Ambitionen sich ins Königshaus zu schleichen, waren absehbar, aber dennoch würde mich interessieren, worin Carlas Masterplan besteht. Vielleicht fiel das Große Ganze schon, oder ich vermag die Puzzleteile nicht zusammenzusetzen, aber mich fehlt trotz Carlas Gerissenheit und Brillanz immer noch das eigentliche Ziel. Sie erstand aus Harleys Asche, aber zu welchem Zweck? Mal abgesehen von der Tatsache, dass sie selbst die Zügel in der Hand halten will, fehlt mir immer noch das aktive Ziel für ihren Aufenthalt auf dieser expliziten Insel.
      (Also das ist keine Kritik...dass das noch nicht enthüllt wurde/oder ich es nicht erkenne, war nur ne Feststellung meinerseits. Der Aufbau ist bis jetzt sehr spannend).

      Hearst schwankt in meiner Wahrnehmung derweil ein wenig zwischen Mitleid, Belustigung und einem natürlichen Ekel, der seiner sexuellen Vorliebe pro forma geschuldet sein muss. Dennoch kann ich den Uhrmacher in seiner tatsächlichen Gefährlichkeit nicht einschätzen. Wir haben hier einen Mann, der seine niedersten und tief sitzendsten Gefühle und Triebe scheinbar immer unterdrückt hat. Gerade ist er eine ebensolche Puppe wie Catherine. Einerseits in Carlas Netz gefangen, andererseits von seinen illegalen Trieben kontrolliert. Doch was passiert, wenn man ihn in die Enge treibt? Bleibt er weiterhin leicht manipulierbares Beutegut, oder schlummert erst dann eine Bestie in ihm, die sich tief in ihm verborgen hält? Gerade in dieser absoluten Unberechenbarkeit gefällt mir Hearst sehr gut.
      Und ich erwarte hier viel im Zusammenspiel mit Ondine und aus diesem Plotstrang.

      Joa..das wars dann auch von meiner Seite. Insgesamt tolles Kapitel und ich bin gespannt, wo es weitergeht.

      - V.

    • Ho Ho Ho und so weiter und so fort.

      Weihnachten steht vor der Tür, also lege ich rasch das letzte Kapitel des Jahres unter den Tannenbaum. Es trägt den wenig weihnachtlichen Titel "Herz und Hymen", kann direkt unter diesem Beitrag gelesen werden und bietet hoffentlich einen spannenden, runden Menschenjagd-Abschluss für das Jahr.^^

      Calli


      C. /s schrieb:

      Kapitel 131-Das Wort des Tages: Plastisch
      Fantastisch.

      C. /s schrieb:

      Wortgewaltig und passend zur Umgebung startet 131 im Chaos. Mercedes findet sich nach der enormen Explosion unter Schutt begraben wieder, zusammen mit einigen Verletzten und haufenweise Toten. Ich warte gespannt auf die Auflösung, da ich nicht viele Worte über diese Szene verlieren kann. Möchte natürlich mehr über die Bedeutung der Explosion, den Verursacher und natürlich über die leidtragende Familie erfahren. Natürlich aber erst nach den geschilderten Abenteuern von Mercedes im Lederwarengeschäft Mindy Ox. In den letzten Kapitel wurden einige Seiten von der Blechbüchse näher beleuchtet- ob wir in dem spaßverheißenden Laden eine neue Seite von ihr zu Gesicht bekommen werden? Fragen über Fragen, dürstend nach Antworten...
      Zwar kann ich mir vorstellen, dass du deine Nase gerne in Lack und Leder stecken möchtest, aber versprechen werde ich dir nichts. Einerseits stehe ich nicht auf BDSM, andererseits gibt es wichtigeres zu erzählen. Ich hinke jetzt schon hinter meinem Plan her. xD

      C. /s schrieb:

      Mal sehen, wie ich meinen Fuß in die Tür "geschickter Übergang" kriege: Waterloo, den ich schon seit seiner Einführung (R.I.P. Alberto) super gefunden hab, erscheint vollkommen unerwartet an der Zimmertür von der feurigroten Etain, und bittet sie um Drogen. Möchte nicht lügen, zuerst dachte ich, er plane etwas Anderes, bis mir wieder blitzschnell klar wurde, dass sein Herz bereits vergeben ist: Harley. Wir haben in einem kurzen FB gesehen, dass es Probleme im Leben der Lokomotive gab. Womöglich griff der Blauhaarige auch zu Drogen (Sollten diese Einstichstellen fake sein, lediglich um Etain in Sicherheit zu wiegen, so würde dies wahrscheinlich auffallen). Doch dann zog ihn unser strahlender Held Harley aus diesem Sumpf und entfachte ein begehrendheißes Feuer in der Brust von Waterloo, dass er bestimmt auch bis ans Ende der Welt rollen würde, um seinen Angebeteten zu retten- oder sterben. Wie weit er am Ende dann doch gehen muss, wird sich ja alsbald zeigen. Denn im Drogenrausch lässt Etain den Verliebten wissen, dass sein heißbegehrter Dandy noch am Leben ist und das Carla es vertuscht.
      Nun, der Flashback von Waterloo war seinerzeit bewusst kurz gehalten und sollte auch gar nicht zu tief ins Detail gehen. Er war schon immer ein eher sensibler Mensch, der mit seinen eigenen Dämonen (Homosexualität, Voyeurismus) und deren Verurteilung durch die Gesellschaft zu kämpfen hatte. Harleys Rolle in dieser Geschichte war klar definiert, er bot Waterloo die Akzeptanz und Zuneigung, die sich jener immer gewünscht und ersehnt hatte. So einfach, so logisch.

      C. /s schrieb:

      Wo sich die Etain-Geschichte noch entwickelt, der Inhalt und der Zweck des Päckchens (einem bestimmten Kunden diese drogenähnliche Substanz/Gift zu verabreichen?) und Etains enttäuschend hässliche Füße mal beiseite, muss ich sagen, dass mir der sich aufbauende Plot um Carla sehr gut gefällt. Sie ist eine kalte Manipulatorin, eine hungrige Machiavellistin, die sich ihren Weg an die Spitze der Macht systematisch erarbeitet, indem sie die Fähigkeiten und Mittel der Personen um sie herum für sich selbst optimal ausnutzt. Auf welche Weise besiegt man sie am besten? Indem man ihre Pfeiler, auf denen ihr Imperium fußt, einzeln niederreißt. Im Kampf auf Szenia Sorovo reichte O`Mara Waterloo die Hand, nachdem er wegen dem vermeintlichen Tod des Idols seines Gegners Mitleid mit ihm hatte, was womöglich als Foreshadowing gewertet werden kann. Nach dem Gespräch mit Etain sollte genug Misstrauen gesät sein, dass er selbst zu einer Gefahr für die Schwarze Witwe werden könnte. Ein unerwarteter Schlag aus den vermeintlich eigenen Reihen womöglich.
      Carla besitzt andere Qualitäten als die Antagonisten vor ihr, was sich aber auch aus ihrer Physis bzw. ihren Fähigkeiten ergibt. Sie ist keine Kämpferin und würde in einem direkten Schlagabtausch mit den Kopfgeldjägern vermutlich nicht lange durchhalten. Hinzu kommt, dass Carla als bislang erste Antagonistin nicht den Heimvorteil genießt. Sie muss sich ihr Refugium noch schrittweise bewohnbar und beherrschbar machen, während Machiavelli und Harley bereits in ihren "Festungen" residierten.

      C. /s schrieb:

      Währenddessen schwelgt ein anderer Pfeiler in pädophilen Kopfkino, nicht bemerkend, dass er dabei ist, in die Falle der Telefontante (Mary Kelly?) zu laufen. Auch er wird untergehen und dabei den Fall Griswolds begünstigen. Der Kerl ist ein Arschloch und verdient es. Die Frage ist nur, wer darf ihm die Fresse einschlagen? Vögelchen zwitscherten mir, dass in diesem Bereich noch mehr folgen dürfte, was den Ondine-Lockvogel-Plan noch um einiges spannender macht.
      Joa, schwer zu sagen. Hearst ist für mich weder gut noch schlecht. Natürlich bin ich kein Fan von Kindesmissbrauch, gleichzeitig muss man ihm aber zugute halten, dass er Catherine niemals ein Leid zugefügt hat. Er hat über Jahre hinweg seine Gelüste unterdrückt bzw. an anderen Kindern ausgelebt, um seine Ziehtochter nicht zu verletzen. Klar, das macht die Sache an sich wenig besser. Sagt jedoch etwas über Hearst als Menschen aus und macht es mir schwer, ihn in Schwarz oder Weiß zu sehen.

      C. /s schrieb:

      Sir Benedict Hearst erinnert mich an Tantalos: Er streckt sich abermals nach oben zu den Früchten, immer wieder, um seinen Hunger zu stillen. Doch als er merkt, dass die Früchte über ihm reif und erwachsen geworden sind, verliert er sein Interesse. Anschließend bückt er sich nach unten, zum Wässerchen, um seinen Durst zu stillen- und zur Strafe verdreschen ihn O`Mara, Krill und Co.
      Die Metapher macht zwar nicht komplett Sinn, aber bitte. Wenn es dir hilft.^^

      C. /s schrieb:

      Die Früchte des Kapitels waren eindeutig Catherine, die Puppenkönigin. Ich finde ihre kindlich sture und strenge, aufbrausende und dramatische Art herrlich und die Konversation mit Hearst hat mich, beispielsweise als sie sich über Lady Doubtdoodles mangelnde Unterrichtfähigkeiten beschwerte und einfach so nach einer neuen Mentorin verlangte, oft zum schmunzeln gebracht. ^^
      So bekommt Miss Dreadful einen Fuß in die Palasttür, während die Geschichte einen erfrischend guten Charakter reicher ist.
      Sowohl die Sprache (gilt übrigens auch für das pädophile Schwein) als auch das Verhalten machen die neuen Charaktere greifbar. Plastisch. Find ich super.
      Catherine gefällt mir als Charakter auch extrem gut, mit Hearst werde ich allmählich warm. Da fällt einem das Schreiben leichter, gerade Dialoge inszeniere ich ja immer sehr gerne und Figuren wie Catherine erleichtern mir die Arbeit zusätzlich. Gerade das Zusammenspiel der beiden klappte hervorragend, was mich selbst etwas überrascht hat.

      C. /s schrieb:

      Kritik: Über manche Formulierungen (vor allem am Anfang) bin ich gestolpert.
      Wenn du mir spezifische Beispiele nennen würdest, wäre deine Kritik hilfreicher. So für's nächste Mal.^^
      qoii


      qoii schrieb:

      Die Explosion am Ende des letzten Kapitels scheint nicht nur den "Schuppen" der Familie de Luca zerstört, sondern einen Großteil des Arbeiterviertels in Schutt gelegt zu haben. Wobei es anscheinend weniger an der Größe der Explosion gelegen hat, sondern daran, dass es durch diese zu einen Erd bzw. Gedäuderutsch gekommen ist. Slums und Arbeiterviertel zu beginn der Industriellen Revolution, sind nun mal meisten a) Übervölkert und b) nicht sehr stabil bzw gut gebaut, da kann der kleinste Funken oder eben etwas ins rutschen geratene Erde, zu einer großen Katastrophe werden.
      Genau. Das Haus zerfiel, rutschte den Hang runter und riss Häuser mit sich, welche wiederum selbst Häuser mitrissen usw.
      Eine Explosion reichte aus, um einen ganzen Bezirk zu zerstören - ein Umstand, der wieder einmal sowohl für Carlas Brillanz als auch kalte Grausamkeit spricht. Oder, nennen wir es eisige Gleichgültigkeit. Das trifft es wohl eher.^^

      qoii schrieb:

      Dank ihrer einbauten hat Mercedes das ganze aber ziemlich unbeschadet überstanden und nur einen Teil ihrer falschen und tarnenden Haut verloren. Bin ich eigentlich der einzige mit Terminator Assoziationen, wenn es um Mercedes auftauchen aus dem Schutt geht.^^
      Viel interessanter ist da aber wieder eine kleine Information, die du mehr oder weniger versteckt in einen Nebensatz fallen lässt. >>Mercedes erkannte und verstand nun die erstarrte Frau vor sich, deren Gesicht einst ihr eigenes gewesen war, als sie selbst vor vielen Jahren in ebendieser Stadt erwacht war und sich im Spiegel betrachtet hatte. << Für mich klingt dieser Satz verdächtig danach, dass Mercedes hier umgebaut... behandelt... repariert... , ja was denn eigentlich! Nach meinen Erinnerungen wurde nie genau erklärt, warum Mercedes zu dem wurde^, was ist ist. Ich meine mich zwar dunkel zu erinnern, dass sie nicht Teil irgendeines verrückten Experiments war, aber warum sie so allumfassend wieder hergestellt wurde, wissen wir noch nicht. Ich erinnere mich noch daran, dass da Vinci für ihren Umbau/Rettung mit Hauptverantwortlich war, aber bisher dachte ich, dies wäre auf seiner Heimatinsel Isolda Caligula geschehen, da er dort seine Werkstatt hat. Aber anscheinend war da Vinci viel in der Welt unterwegs und die Industriestadt Nickleby passt mit ihrem Aussehen, Wissen und Ressourcen auch irgendwie viel besser als der Ort von Mercedes "Erschaffung", als die eher ländlich und Renaissance geprägte IC . Weiterhin könnte FI auch der Ort sein, wo Mercedes auf Cal und Co getroffen ist, immerhin wissen wir auch schon, das die KGJ so einiges in Nickleby getrieben haben.
      Ja, ich möchte nichts vorwegnehmen. Ich bestätige aber, dass Mercedes auf FI umgebaut wurde und Da Vinci daran beteiligt war. Diesem Thema werden wir uns aber noch ausführlicher widmen. Ebenso wie der ganzen Geschichte um Mercedes und die anderen Kopfgeldjäger.^^

      qoii schrieb:

      Mit die wichtigste Frage im nächsten Abschnitt ist für mich, ob Waterloo wirklich Heroinabhängig ist und wenn ja seit wann. Das er sich die Einstichstellen fälschen würde, traue ich ihm zwar weniger zu, aber ich denke wir sind uns auch alle ziemlich sicher, dass er Austausch des Päckchens ebenfalls nicht seine Idee war, sonder auf Carla zurückgehen dürfte und dieser traue ich eine solche Tarnung schon zu. Allerdings passt eine jetzige oder frühere Abhängigkeit einfach zu gut zu Waterloos gesamter Situation. Sowohl als er seine Neigungen noch ganz im Geheimen hatte, als auch im Schloss und besonders nach Harley vermeintlichem Tod, alles Situationen, wo sich jemand wie er durchaus in Drogen flüchten könnte und Carla ist jemand, der so etwas herauszufinden und einzusetzen weiß. Womit sie aber sich nicht gerechnet haben dürfte ist, dass Étaín einige sehr interessante Worte entschlüpfen, welche Waterloo an ihr zweifeln lassen werden. Wie @C. /s es so schön ausgedrückt hat, die erste Säule bröckelt.
      Ich hülle mich in Schweigen. So oder so, Carla spannt Waterloo gewohnt raffiniert für ihre Zwecke ein. Wie du sagst: Die Drogensucht passt zum Verhalten des Blauhaarigen. Ist er drogensüchtig, ist es nur eine Finte? Man kann es nie mit Gewissheit sagen, alles in Carlas Welt balanciert auf einem schmalen Grad zwischen Wahrheit und Lüge. Das macht sie so gefährlich und unberechenbar.

      qoii schrieb:

      Bleibt aber auch noch die Frage, warum sie Étaín selbst in die Drogen geflüchtet hat und für mich noch viel mehr, warum Ulysses dies überhaupt zulässt, wenn sie es so offen praktiziert. Immerhin ist dies nicht gut für sein Familienmitglied und der Ausgetauschte Stoff von Waterloo dürfte noch viel ungesünder sein.
      Dazu werde ich noch kommen. Etains Geschichte ist eine ziemlich aufwühlende Sache und dürfte einiges erklären, sowohl ihr eigenes Verhalten als auch die Beziehungen innerhalb der Truppe. Es mag dir seltsam erscheinen, letztlich ist die Wahrheit aber ebenso banal wie tragisch.

      qoii schrieb:

      Die Puppenkönigin hat derweil beschlossen keine Puppe mehr zu sein, ob davon die anderen Mitglieder des Thronrates so begeistert sein werden. Benedict jedenfalls hat es ganz schnell geschafft, dass sie ihm nicht nur weiter vertrauen und auf ihn bauen will, sondern auch, dass sie die richtige Person kennenlernt, jemanden, der ohnehin schon den größten Teil des Adels unter ihrer Kontrolle hat und nun direkten Einfluss auf die gesamte Politik nehmen kann. Ulysses wird dies sicher nicht so geplant haben, aber durch sein auftauchen hat der Catherine letztendlich in die fähigen Hände seiner (vermeintlichen) Agentin getrieben. Denn sobald diese nicht nur den Adel sondern die Königin direkt kontrollieren kann, dürfte sie auch etwas bis viel weniger Angst vor Ulysses haben, denn wie Catherine es so schön aufzählt, ihr reich ist ein Empire.
      Gut gesagt. Ulysses könnte sich hier ziemlich verkalkuliert haben. Mit Harley hatte Ulysses jemanden unter sich, dem man nur genug Münzen geben musste, in denen er sich spiegeln konnte. Carla hingegen lässt sich nicht wie eine Elster durch schöne Dinge ablenken. Sie ist opportunistisch und intelligent genug, sich ihrer eigenen Möglichkeiten bewusst zu sein. Diese Chance auf einen Konflikt wird auch noch ein Thema im Arc werden.

      qoii schrieb:

      Von Catherines Vater haben wir bis jetzt wirklich noch kaum etwas gehört, aber er dürfte auf jeden Fall nicht der (eigentliche) König gewesen sein, genauso wie Philip, Duke of Edinburgh in unserer Zeit "nur" Prinzgemahle ist. Interessant dürfte aber sein, vor wem er seine Tochter mit seinem Leben beschützt hat, denn wenn ich mich recht entsinne, wissen wir auch nicht, ob Catherines Mutter eines natürlichen Todes gestorben ist. Es wird immer jemanden geben, der sich mehr macht von einer schwachen jungen Herrscherin verspricht, wenn er diese vorher schon nicht aus dem Weg räumen konnte.
      Richtig. Catherines Mutter war Königin, ihr Ehemann eher Beiwerk. Entsprechend "unbedeutend" war auch sein Tod. Zur verstorbenen Königin sage ich erstmal nichts, da sie natürlich eine zentrale Rolle im Konflikt der Lairen und Founts ist und dementsprechend noch zur Genüge im Fokus stehen wird.^^
      Vexor


      Vexor schrieb:

      Fangen wir mal chronologisch mit Mercedes an. Du erwähntest ja bereits, dass Mercedes in den Mittelpunkt der Geschehenisse rücken wird, und soweit ich mich erinnern kann, hast du dich damit auch nicht nur explizit auf die aktive Handlung bezogen. Dass du jetzt beleuchten möchtest, wie Merceds zum Dampfbetriebenen Maschinenmonstrum wurde, finde ich auf jeden Fall eine gute Gelegenheit. Diese Information ist schon lange überfällig, ebenso wie die gemeinsame Reise der Protagonisten allmählich enthüllt werden könnte.
      Ich bin mir zwar nicht sicher, ob Mercedes tatsächlich in Nickelby umgerüstet wurde, könnte mir auch vorstellen, dass dies woanders war, aber es würde natürlich gewissermaßen auch passen. (Für mich spricht lediglich gegen Nickelby, dass mir da dann einfach ein paar kleine subtile Hinweise seitens Mercedes und Co. abgegangen wären, aber vielleicht hab ich sie auch nur nicht bemerkt, oder es gibt da noch eine andere Erklärung). Einfach mal abwarten.
      Hinweise gab es, glaube ich. xD
      Also Krill erwähnte definitiv so etwas, als er O'Mara wegen seiner Entgleisungen maßregelte und ich denke, in einem der vorangegangenen Kapitel gab es auch hier und da ein paar Nebensätze. Du weißt ja, ich merke mir sowas nicht. :D

      Also ja, Mercedes wurde auf FI umgebaut und ja, dazu wird es auch noch mehr Stoff geben. Ebenso wird es in diesem Zusammenhang auch erste Einblicke in die Vergangenheit der KGJ allgemein geben, welche im kommenden Verlauf auch zunehmen werden. Die anbrennenden Konfliktherde innerhalb der Truppe bieten diese Rückblicke ja sehr gut an.

      Vexor schrieb:

      Zur Szene zwischen Waterloo und Étain möchte ich eigentlich gar nicht mehr viel sagen, da meine beiden Vorredner dies schon hervorragend abgedeckt haben. Ich persönlich bin während des Lesens gar nicht auf die Idee gekommen, dass Waterloos Sucht nur gespielt sein könnte. Es hat für mich einfach perfekt in das Bild eines jungen Mannes gepasst, der all seine (unterdrückte) sexuelle Unsicherheit auf dieses Idol, diesen Mentor und diese Vaterfigur projiziert hat. Vielleicht kam er vor oder durch Harley schon in Berührung mit Heroin, aber erst der Wegfall dieser Figur, dieser traumatische Zwischenfall hat ihn vielleicht wieder zurückgeworfen.
      Es würde Waterloos tragischen Charakter definitiv noch einmal unterstreichen. Andererseits würde eine aktivere Rolle in Carlas Unterfangen - wozu auch immer dieser eventuell bedeutsamere Austausch jetzt auch dienen mag - mir durchaus zusagen. Ist für mich das Kapitel Waterloo und das Interesse an dem Charakter doch ziemlich abgeschlossen.
      Zumindest seh ich nicht mehr viel Spannung aufkommen, aber vielleicht strafst du mich hier auch Lügen.
      Mal sehen. Viel möchte ich hier gar nicht sagen, da jedes Wort ein Wort zu viel sein könnte. Ich teile deine Befürchtungen bezüglich Waterloo und habe seine Rolle entsprechend angelegt. Mal schauen, ich drücke mir selbst einfach mal die Daumen. xD

      Vexor schrieb:

      Catherine insznierst du dabei beinahe schon so überzogen klischeehaft in der Ironie, in der sie sich gerade selbst manövriert, dass es einem missfallen könnte, aber ich mag das Motiv der Puppenkönigin und es ist einfach passend. In einem naiven Versuch sich aus dem goldenen Käfig zu befreien und selbst zu fliegen, merkt sie gar nicht, dass sie ihre Flügel erneut einem fähigem Puppenspieler oder vielmehr seiner Herrin zu verdanken hat. Catherine sagt sich von miss Doubtdoodle (eine Anspielung an Miss Doubtfire? :D) los, denkt ein Übel losgeworden zu sein und holt sich mit Carla die viel größere Gefahr ins Haus.
      Die Ambitionen sich ins Königshaus zu schleichen, waren absehbar, aber dennoch würde mich interessieren, worin Carlas Masterplan besteht. Vielleicht fiel das Große Ganze schon, oder ich vermag die Puzzleteile nicht zusammenzusetzen, aber mich fehlt trotz Carlas Gerissenheit und Brillanz immer noch das eigentliche Ziel. Sie erstand aus Harleys Asche, aber zu welchem Zweck? Mal abgesehen von der Tatsache, dass sie selbst die Zügel in der Hand halten will, fehlt mir immer noch das aktive Ziel für ihren Aufenthalt auf dieser expliziten Insel.
      (Also das ist keine Kritik...dass das noch nicht enthüllt wurde/oder ich es nicht erkenne, war nur ne Feststellung meinerseits. Der Aufbau ist bis jetzt sehr spannend).
      Ja, Anspielung an Miss Doubtfire. :D
      Du hast natürlich Recht. Bisher lässt sich noch kein spezifischer Plan erkennen, dass da aber etwas im Busch ist, wird schon im neuen Kapitel bestätigt. Lass mich aber so viel sagen: Im Grunde gibt es ja zwei Antagonisten. Carla und Ulysses. Und nur weil eine für den anderen arbeitet, müssen ihre Ziele und Pläne nicht unbedingt übereinstimmen. Carla hat ja bereits in der Vergangenheit bewiesen, sich nicht an jeden Plan zu halten. ;)

      Vexor schrieb:

      Hearst schwankt in meiner Wahrnehmung derweil ein wenig zwischen Mitleid, Belustigung und einem natürlichen Ekel, der seiner sexuellen Vorliebe pro forma geschuldet sein muss. Dennoch kann ich den Uhrmacher in seiner tatsächlichen Gefährlichkeit nicht einschätzen. Wir haben hier einen Mann, der seine niedersten und tief sitzendsten Gefühle und Triebe scheinbar immer unterdrückt hat. Gerade ist er eine ebensolche Puppe wie Catherine. Einerseits in Carlas Netz gefangen, andererseits von seinen illegalen Trieben kontrolliert. Doch was passiert, wenn man ihn in die Enge treibt? Bleibt er weiterhin leicht manipulierbares Beutegut, oder schlummert erst dann eine Bestie in ihm, die sich tief in ihm verborgen hält? Gerade in dieser absoluten Unberechenbarkeit gefällt mir Hearst sehr gut.
      Und ich erwarte hier viel im Zusammenspiel mit Ondine und aus diesem Plotstrang.
      Das freut mich. Hearst ist von mir auch als zweischneidiger Charakter angelegt. Selbstredend schwingt das Pendel zum Ekelpaket aus, er ist halt ein Pädophiler und lebt seine Gelüste auch aus, wenngleich innerhalb eines "sicheren" Rahmens. Der Charakter gehört ja mit Remington zusammen zu den neuen Figuren auf Seiten der Schurken und ich werde auch in Zukunft versuchen, ihm mehr Leben und Facetten einzuimpfen. Den Handlungsstrang mit Ondine erwarte ich dennoch eher mit gemischtengefü



      An dieser Stelle möchte ich mich nun auch noch einmal bei euch Lesern und natürlich Kommentatoren bedanken, die ihr mir immer neue Motivation, Inspiration und den Ansporn gebt, trotz beschwerlicher Schreibblockaden und längerer kreativer Ausfälle weiterzumachen. Also, ein großes Dankeschön für eure Geduld und eure Treue. Habt alle frohe Weihnachten, einen guten Rutsch ins neue Jahr und insgesamt ein paar tolle Wochen. :)



    • Kapitel 132 - ???

      Kapitel 132 - Herz & Hymen

      Die Schwärze der Nacht scheint undurchdringlich, bis der erste Sonnenstrahl durch den Horizont bricht, und eine schlechte Idee klingt vernünftig, solange sie nicht in die Tat umgesetzt wird.
      Die Zusage des königlichen Uhrmachers hatte in Stein gemeißelt, was zuvor wie Rauch im Wind gewabert war; die dunkle Vorahnung war zu einer Prophezeiung geworden und rollte bereits den Berg hinunter, an dessen Fuß die kleine Ondine Schokoladenmilch aus einem Strohhalm saugte.
      »Wir werden sie vorbereiten«, instruierte Mary die Kopfgeldjäger vom Türrahmen aus, »Wir ziehen ihr das Kleid an, das Hearst an den Mädchen sehen will. Weiß, mit roten Rosen bestickt…flechten ihre Haare in einen langen Zopf, dann schminken wir sie dezent. Rote Lippen und eine natürliche Blässe, wie Hearst es gern hat. Wir verwandeln sie in eine…kleine Puppe.«
      »Das ist krank«, entfuhr es O'Mara unwillkürlich. Seine Hände verschlossen seine Brust vor den Gefühlen, die sich in seinem Gewissen einzunisten versuchten und bauten einen Wall aus Verachtung zwischen sich selbst und das spielende Kind im Hurenzimmer. Jenes ließ das Trinkpäckchen aus den Händchen in die Schwerelosigkeit entgleiten, wo die gekräuselten Lippen dem Strohhalm verspielt nachjagten. Ein herziges Kinderlachen erfüllte den roten Salon und hinterließ ein Seufzen auf den Lippen der Erwachsenen.
      »Hearst ist ein Mann«, murmelte Mary hart, »Männer haben Gelüste und die Erlaubnis der Welt, sie einzufordern. Kinder, Frauen, Knaben. Es macht keinen Unterschied.«
      »Für dich oder für ihn?«, fragte Krill kalt, was Mary zu verunsichern wusste. In O’Mara erkannte die Hurenmutter ihre eigene Vergangenheit und mit ihr jedes Mädchen, welches sie einst bei sich aufgenommen und mit dem zynischen Versprechen gelockt hatte, ihr einen Weg aus der Erniedrigung und der Fremdbestimmung zu deuten. In Krills bleichen Augen hingegen fand Mary nur ihr Spiegelbild, welches das Unbehagen vor dem blinden Blinzeln zu verbergen versuchte.
      »Für mich, für ihn, für alle Menschen da draußen.« Ihre Nase rümpfte sich vor aufgestauter Verachtung. »Niemand schert sich um uns, außer sie wollen einen schnellen Fick oder die dreckigen kleinen Sünden ausleben, die das Dach ihrer Blümchenehe zum Einsturz bringen würden.«
      »Ein beruhigender Gedanke«, schnaufte O’Mara verächtlicher, als es seiner Position zuträglich gewesen wäre. Mary roch seine Arroganz wie Haie den metallischen Gestank von Blut und setzte ihm nach, als er Ondines improvisiertes Spielzimmer hinter sich zu lassen versuchte:
      »Probleme? Sag schon. Meine Mädchen und ich leben und sterben auf euer Geheiß, so wie damals.«
      Ein entnervter Atemstoß entfleuchte der bleichen Miene des Kopfgeldjägers und verdammte ihn zum Bleiben, Kämpfen und Fallen. Mit ruhigem Herzen, aber blitzenden Augen verwarf er seine Flucht und stellte sich der Hurenmutter, wie er sich zuvor Mercedes gestellt hatte: Getrieben.
      »Lass den Scheiß, und hör auf, der ganzen Welt die Schuld für dein beschissenes Leben zu geben. Du hast dich mit Ulysses eingelassen, du hast dich mit Carla verschwistert. Das ist nicht die Schuld von mir, oder Krill, oder Callaghan oder Mercedes. Du hättest längst aussteigen können.«
      »Aussteigen?«, empörte sich Mary vorwurfsvoll, »Aussteigen und die Mädchen im Stich lassen? Nein, O’Mara. Ich überlasse niemanden egoistisch seinem Schicksal. Ich bin nicht wie ihr!«
      »Natürlich nicht, du bist so viel besser, als wir je sein könnten. Es zeugt von großer moralischer Klasse, einem reichen Kinderficker seine Opfer zu besorgen.«
      Mary fauchte wie eine in die Ecke gedrängte Katze. »Was wäre die Alternative? Hm?«
      »Ich wüsste, was ich tun würde…tun werde«, bemerkte nun Krill in ihrem Rücken trocken, »Wir beenden, was du längst hättest beenden sollen.«
      Fassungslos ließ sich die Eisblonde zurückfallen, die Wand des sich zuschnürenden Flures als Rückhalt gegen die Angriffe der Kopfgeldjäger zweckentfremdend. Ihre Lippen bebten, ihre Nüstern krampften und in den erdbeerbraunen Augen trieben die geweiteten Pupillen wie Brocken auf erkaltender Lava. In einem ungläubigen Kopfschütteln fand sie schließlich die Kraft, sich von der rotverschnörkelten Tapete abzustoßen und zurückzuschlagen.
      »Tut nicht so, als würde euch etwas an den Mädchen liegen!«, begann sie zornig, ehrlich und stolz, »Was wollt ihr denn hören? Dass sie mir ein Vermögen einbringen? Oder das sie acht sind, oder neun oder zehn oder zwölf? Das sie zu jung sind, um sich von einem Mann befummeln zu lassen? Ihre Hände noch zu klein, um irgendwelchen Päderasten die Eier kraulen zu müssen? Ja, natürlich sind sie das! Aber was glaubt ihr denn, wo diese Mädchen herkommen? Was glaubt ihr, welche Geschichten sie mit sich herumschleppen?! Ihr wollt nicht wissen, wie es ihnen geht oder was sie durchgemacht haben. Ihr wollt euch nur besser fühlen, wenn ihr neben mir steht. Aber das könnt ihr euch sparen! Überall werden Kinder auf der Straße weggefangen und zu Tode vergewaltigt, oder verhökern ihre wundgescheuerten Körper für ein paar Berry in irgendeiner zugigen Gasse. Auf dem Kinderstrich von Moskva setzt man sie unter Drogen, damit ihre engen kleinen Körper leichter nachgeben, und auf Sklavenmärkten erhaltet ihr Rabatt, wenn ihr sie im Dutzend kauft. Hier kontrolliere ich alles. Ich sage, wie weit die Freier gehen - und nichts, gar nichts geschieht ohne die Einwilligung der Mädchen!«, schleuderte sie den Kopfgeldjägern entgegen, die vom brodelnden Atem der Bloody Mary tiefer und tiefer in die Tapete gepresst wurden, »Ihr wisst nichts. Ihr wisst nichts über die Scham und die Schuld, die ich fühle, wenn junge Mädchen zu mir kommen, damit ich aus ihnen Huren mache. Die in dieser Welt nur ihren Körper haben, weil niemand etwas anderes in ihnen sieht…Die Mädchen, die damals gestorben sind…habt ihr jemals an sie zurückgedacht? Nein, natürlich nicht. Niemand gedenkt ihrer. Sie sind bloß Dinge, nicht wahr? Auf der Matratze, im Sessel, an Bettpfosten gefesselt oder direkt auf dem Boden wie ein Tier. Aber sie waren meine Freundinnen…meine Schwestern, ihr rückgratlosen Heuchler! Und sie!« Die schwebende Ondine lugte neugierig durch ihre gen Decke wabernden Haarsträhnen, als sie Marys schmalen Finger in ihrer Luftlinie bemerkte. »Sie ist auch nur ein Ding für euch. Die einzige Person, der dieses Kind etwas bedeutet, habt ihr vor Stunden vergrault. Ihr seid genauso erbärmlich wie damals, genauso stur und herablassend und fordernd…und ich verspreche euch, sollte morgen Abend irgendetwas schiefgehen, werde ich Mercedes persönlich eure Skalps überreichen und um Vergebung bitten!«

      Cluster Park, Jaggers

      Der wolkenverhangene fountische Himmel saugte den feuchten Baumkronen und gepflegten Gräsern das satte Grün aus, um es von der rauen Herbstluft in alle Winde zerstreuen zu lassen. Hölzerne Vertikalen und horizontale Quadrate bildeten ein dreidimensionales Schachbrett aus tristen Feldern, auf dem farblose Figuren Zug um Zug dem Abend entgegen schlurften. Wie das Jaggers selbst entwuchs Benedict Hearsts Cluster Park mit seinen in Form gebundenen Bäumen und gestutzten Sträuchern dem technischen Geist eines Mannes, der keinen Sinn für das Natürliche und Imperfekte hegte, der Wege wie Schienen anlegte und die Menschen auf ihnen als Wesen auf Rädern verstand. Selbst die rußverdreckten Kinder, die sich auf den getrimmten Rasenflächen ihre Bälle zuspielten, schienen mit Kohlendampf betrieben.
      Leidenschaftslos schlug der graue Mann in seinem grauen Trenchcoat die Seite seiner Zeitung um, um eines seiner grauen Beine in grauer Routine über das andere schlagen und dabei die graue Schiebermütze beiläufig aufrichten zu können. Von den Rändern des Mützenschirms fluteten plötzlich bunte Farben und hauchten dem stählernen Park menschliche Wärme ein. Hinter seiner Zeitung verschanzt und die Schiebermütze wieder tiefer über die türkisblauen Augen zurrend, folgte sein scharfer Blick der schönsten Frau der Welt.
      Ihr haselnussbraunes Haar war in einen herrschaftlichen Zopf gebunden, der an berittene Kavaliere in Paradeuniform erinnerte und die Luft mit der mild-aromatischen Süße erlesener Pralinen glasierte. Nur zwei wilde Strähnen rebellierten, um die strahlenden zweifarbigen Augen umrahmen zu können, welche das blasse Azur eines klaren Bergsees und das saftige Grün seiner Ufer in einem markanten, feingeschliffenen Gesicht verewigten. Jedes Blinzeln der vollen Wimpern entließ Winde aus Rabenschwingen, die die gespitzten Schleppen ihres schwarzbraunen Taillenmantels aufwallten und den handgearbeiteten Lederharnisch preisgaben, der im blassen Herbstlicht wie polierte Bronze schimmerte. Wie die Gesandte der Erde und des Stahls, geschmiedet aus der Haut eines Drachen in den feurigen Öfen des höllischen Union Black, durchquerte sie unter den Augen der Neidenden und Lüsternen den tristen Park; selbst die massive Kanone, welche ihr Bein ersetzte, mit der stolzen Würde einer ehernen Brosche nachziehend.
      Der Mann in Grau musste ein verschlagenes Lächeln unterdrücken, als die bronzene Frau aus seinem Blickfeld verschwand und dem eifersüchtigen Cluster Park seine triste Macht zurückschenkte. Gewissenhaft legte er seine Zeitung zusammen, verstaute sie in der Innentasche seines Trenchcoats - und roch den Odem von Metall und Schießpulver, noch bevor er den Pistolenlauf in seinem Nacken spürte.
      »Wer bist du?«, fragte die Frau, deren Stimme er sich klarer und zarter ersonnen hatte.
      »Nicht dein Feind, Mercedes Delacroix«, wisperte er mit erhobenen Händen, die in Richtung der spielenden Kinder und ausspannenden Arbeiter deuteten. Seufzend setzte Mercedes die Waffe ab, umrundete die Parkbank und ließ sich neben ihren ertappten Schatten sinken - den Pistolenlauf verborgen und doch drohend auf seinen Schoß gerichtet.
      »Darf ich?« Er deutete auf seine Mütze, sie nickte. Mit einem dankbaren Nicken lüftete er den grauen Stoff und befreite unzählbare hellblaue Löckchen, die wie kleine Murmeln in seine hohe Stirn kullerten. Er hatte ein junges, weiches Gesicht und große türkisblaue Augen, die zum Verzeihen und Unterschätzen einluden. Diesen Fehler vorausahnend, legte sich Mercedes’ Finger fester um den Abzug.
      »Also? Wer bist du, und wieso verfolgst du mich?«
      »Ich bin ein Kollege von Cassiopeia Triagast«, antwortete er schnell und entwaffnend, »Ich wurde auf dich angesetzt, nachdem du aus dem Bordell gestürzt bist.«
      Mercedes legte das porzellanschöne Haupt schief, um sein offenherziges Grinsen mit tiefem Misstrauen zu kontern. Etwas an dem jungen Mann, seinen glanzlosen runden Augen und unscheinbaren Zügen, löste in der erfahrenen Kopfgeldjägerin einen instinktiven Argwohn aus. Mit jedem Blinzeln schien sie den lästigen Spion zu vergessen, nur um sich mit dem Augenaufschlag wieder an ihn zu erinnern. Ihre Lippen versuchten den endlosen Fluch zu durchbrechen, indem sie fragten:
      »Wie lange verfolgst du mich schon?«
      »Leider erst seit deinem kleinen Abenteuer in der Schneiderei, sonst hätte ich dich aufgehalten. Es war dumm von dir, Carla gegenüberzutreten. Jetzt wird sie noch vorsichtiger sein…und noch schwerer zu knacken.«
      »Wusstest du, dass das Gebäude explodieren würde?«
      »Ist das hier ein Verhör?«, griente der graue Spion schief. Mercedes richtete ihren Revolver aus.
      »Ja.«
      Leidenschaftslos rutschte der schlanke Oberkörper des Blauhaarigen daraufhin in seinen eigenen Schoß, die Hände in die Manteltaschen stopfend und das Grau der Luft aus seinen Lungen spülend.
      »Nein…Nun…das heißt, wir wussten, dass in dem Haus etwas vorging. Michele de Luca hat sich in krumme Geschäfte verwickeln lassen. Wir vermuteten Ulysses an der Spitze dieser Geschäfte, da er sie aber durch einen Mittelsmann ausführen ließ, konnten wir ihm wie immer nichts nachweisen. Ich glaube, ihr kennt den Strohmann. Sein Name ist-«
      »Caesar Milano«, kam Mercedes ihm zuvor.

      Sie hielten vor einem großen, pompös ausgeschmückten Zelt aus violetter Seide, die sanft gen Boden fiel. Mit höflicher Vorsicht trat Sherlock durch den Stoffvorhang, der den Eingang markierte und erst nach einigen Minuten bedeutete er Flint und Mercedes, ebenfalls einzutreten. Im Inneren der verzierten Unterkunft hatte es sich ein rundlicher, älterer Mann mit fröhlichen Gesichtszügen und rosigen Wangen hinter einem massiven, imposanten Schreibtisch aus klobigem Eichenholz bequem gemacht und betrachtete den Besuch mit vergnügten Augen.
      »Mercedes, Flint«, begann der blonde Sherlock ehrfurchtsvoll, »Darf ich vorstellen: Der Herr des Schwarzmarkts, Caesar Milano!«

      »Caesar Milano…«, bestätigte der graue Spion verdutzt, »War er etwa dort, als…?«
      »Er, die Familie«, erwiderte Mercedes bitter, »Sie waren alle tot. An den Dachbalken aufgeknüpft wie Kriegsverbrecher. Wie lange habt ihr Leute das Haus schon überwacht?«
      Seine blassblauen Locken wippten, als die gleichmütigen Schultern aufzuckten und die freundlichen Grübchen des jungen Mannes den harschen Zügen eines abgebrühten Agenten wichen:
      »Lange genug, um sie hätten retten zu können, vermutlich. Aber das hätte die Operation gefährdet.«
      Ein verächtliches Schnauben blies ihm den heißen Atem eines erwachten Drachens in die Augen, bevor sich Mercedes in ihrer Rüstung aus Leder und Zorn erhob. »Ihr seid widerlich. Wenn du mir weiterhin folgst, erstickst du an deiner Mütze.«
      »Wenn die Welt doch nur so einfach wäre…«, flötete der Agent mit einem geringschätzigen Lächeln, welches er der blutsaugenden Cassiopeia Triagast entwendet zu haben schien, und stieß sich mit einem lässigen Ruck von der Bank ab. Die Hände noch immer in den Taschen seines Trenchcoats verborgen, stellte er sich der Kopfgeldjägerin in den Weg.
      »Ich kann dich nicht gehen lassen, tut mir leid.«
      »Wie willst du mich aufhalten?«, fragte Mercedes mit einer schneidenden Ernsthaftigkeit, die dem jungen Mann bis in die Weichteile zog. Während sie ihre Pistole an ihrer bronzebraunen Weste verstaute, folgten die türkisfarbenen Augen des Spions den natürlichen Rundungen ihres malerischen Körpers, der sich unter dem dunklen Stoff ihres Mantels geheimnisvoll abzeichnete. Wie Spinnen, die sich vor dem Sonnenlicht zu verstecken versuchten, verkrochen sich seine kribbelnden Finger tiefer in den Höhlen seines grauen Mantels, bevor er bescheiden ansetzte:
      »Mercedes…ich bin natürlich nicht dumm genug zu glauben, mich dir entgegenstellen zu können. Ich bin nur ein Schatten, ein Phantom. Für die meisten Menschen…« Seine großen Augen durchleuchteten die unzählbaren Gesichter im Cluster Park, ohne einen einzigen ihrer Blicke einfangen zu können. »existiere ich gar nicht - und das ist gut so, denn ich bin nicht Teil ihrer Welt. Dass du mich jetzt siehst, liegt allein an dir und deinen Freunden. Ihr habt den Einwegspiegel eingetreten, der meine Welt von eurer trennt.«
      »Willst du mich jetzt das Fürchten lehren?«, fragte Mercedes unbeeindruckt, was ihr ins Licht getretener Schatten mit einem nüchternen Kopfschütteln verneinte. Ein galliges Glucksen tauchte seine Kehle hinab und trieb eine schelmische Miene an die Oberfläche.
      »Ich möchte nur, dass du es endlich verstehst: Ihr habt die Welt der Schatten betreten, und hier gibt es unzählige von meiner Sorte. Wir sind viele, so unendlich viele und ihr werdet uns nie kommen sehen, weil wir selbst die Schatten sind, die dieser Welt ihre Form geben.«
      Mimisch bat er Mercedes, die Hände aus den Taschen nehmen und seine Mütze greifen zu dürfen. Sie gewährte ihm sein Anliegen mit königlicher Härte und beobachtete jede seiner Regungen, als vermutete sie vergiftete Messer in seinen Ärmeln. Als der Stoff der Schiebermütze seine hellblauen Lockenkugeln wieder verbarg, verschmolz der graue Agent in seinem tristen Trenchcoat mit den farblosen Bäumen und fahlen Gräsern zu einem jener geisterhaften Wesen aus Glas und Wind, vor denen er sie so eindringlich zu warnen versuchte. Die Kopfgeldjägerin erschauerte, und das Phantom beendete seine Rede mit einem zufriedenen Lippenschürzen.
      »Ich bin keine Bedrohung, Mercedes, aber ich spreche für sie…und ich rate dir zuzuhören, wenn du unsere Welt lebend verlassen willst.«

      Forbidden Woman, Cattle’s Corridor

      Die Stimmung lag bereits winselnd am Boden, als Cassiopeia Triagasts hoher roter Absatz grausam nachtrat.
      »Ärger im Paradies?«, richtete sich ihr Tigerlächeln an die Kopfgeldjäger und Mary Kelly, welche sich in drei tiefen Lehnsesseln in drei Ecken des barocken Salons verschanzt hatten, »Was ist passiert? Ist das Gleitmittel ausgegangen?«
      »Was zur Hölle wollen Sie schon wieder?«, brummte O’Mara mürrisch und kampflos, »Die Party steigt morgen. Muss man in ihrem Alter nicht jede Sekunde nutzen?«
      »Tiefhängende Früchte, Brian.«
      Auf ihren hohen Absätzen wie auf den Pferdefüßen des Teufels tänzelnd, brannten sich die Schritte der schönen Rothaarigen durch die unsichtbaren Schützengräben und züngelten an O’Maras Hosenbeinen. Leidlich motiviert hob jener das Kinn, um ihr sein grenzenloses Desinteresse ins Gesicht spucken zu können, traf jedoch nur die glubschenden Stilaugen einer blutroten Teleschnecke.
      »Machen Sie es kurz, sie hat nicht viel Zeit.«
      »Wer-«, wollte O’Mara noch ansetzen, als Cassiopeia das Tier bereits in seine Hand fallen ließ und sich mit altbekannter Selbstverständlichkeit an der Hausbar zu schaffen machte.
      »Hallo?« O’Maras Stimme rußte wie die Schlöte im Norden der stählernen Stadt. Am anderen Ende der Leitung stritten sich hektische Straßenlaute mit dem gellenden Scheppern des falschen Beines, dessen wohlverdienten Tritt O’Mara bereits in seinem Hintereingang zu spüren glaubte. »Mer…Mercedes?«
      »Ja«, erkämpfte sich die Brünette endlich die Vorherrschaft über den urbanen Lärm des Jaggers, »Wo ist Krill?«
      »Hier, bei mir. Er hört zu. Genau wie Mary und die Menschenfresserin.«
      Schmunzelnd ließ sich Cassiopeia im vierten und letzten Ecksessel des Salons nieder - sich abwechselnd an Brandy, Tabak und der Hoffnungslosigkeit ihrer Spielfiguren nährend, während Mercedes fortfuhr:
      »Hört mir genau zu und unterbrecht mich nicht! Ich bin auf dem Weg zum Bahnhof, wo ich einen Zug nach Copperfield nehmen werde.«
      »Was?! Wies-«, unterbrach O’Mara sie unwillkürlich, »Was hast du-«
      »Was habe ich gerade gesagt?« Die blutrote Teleschnecke imitierte die mütterliche Strenge der Kopfgeldjägerin derart meisterlich, dass sich O’Mara wie ein ertappter Lausbub noch tiefer in sein Sitzpolster zu flegeln versuchte.
      »Mach weiter«, bat Krill vom anderen Ende des Salons.
      »Vertraut mir einfach. Carla plant etwas. Es geht hier nicht nur um Macht oder die Herrschaft über die Insel«, erklärte sich Mercedes gnadenlos effizient, nur mit viel Atem und Mühe das Scheppern ihrer Prothese auf dem Kopfsteinpflaster übertönend, »Sie arbeitet nicht nur daran, alles an sich zu reißen. Es geht hier um einen spezifischen Auftrag, etwas, das schon sehr lange von Ulysses McKenna geplant wird. Es muss bereits begonnen haben, als damals in Porto Galba das Chaos ausgebrochen ist. Etwas Großes wird geschehen, und wahrscheinlich werden viele Menschen sterben, wenn wir es nicht aufhalten!«
      Von Entsetzen gepackt wandte sich Mary über diese Worte an Cassiopeia Triagast, welche den angsterfüllten Blick der Hurenmutter jedoch wie ein lästiges Staubkorn von ihrer Schulter schnippte und sich in maliziöser Sittsamkeit erhob; Zigarette und Brandy wie Herrschaftsinsignien durch den Raum führend. Mit leiser Zunge flüsterte sie Krill einen verlorenen Zauber zu, der seine Glieder unter Strom setzte. Gemeinsam verließen der Kraken und die Agentin unter den argwöhnischen Augen der Bloody Mary den Raum, welche sich in dieser Sekunde jedoch gegen ihre Neugier entschied und an O’Maras Sessel trat.
      »Was meinst du damit? Was haben Carla und Ulysses vor?«, fragte sie die Teleschnecke aufgeregt.
      »Ich weiß es nicht. Aber ich werde es herausfinden.«
      »Mercedes, hör zu…«, versuchte sich O’Mara nun mäßig geschickt an jenem Etwas, welches er andere Leute eine »Entschuldigung« hatte nennen hören.
      »Nein, O’Mara. Du hörst mir zu. Jetzt ist nicht die Zeit. Ich habe…ich habe einen Fehler gemacht. Carla wird jetzt alles daran setzen, ihr Ziel zu erreichen. Wir werden verlieren, wenn wir nicht handeln.«
      »Das heißt…?«, hakte Mary nach, während O’Mara noch immer mit seinen Schuldgefühlen rang und Mercedes’ Seufzen vom rasselnden Getöse eines einfahrenden Zuges zerrissen wurde.
      »Das heißt nicht, dass ich es gutheiße. Es heißt nicht, dass ihr meinen Segen habt. Im Gegenteil. Es…es heißt nur, dass ich nicht da sein werde, um euch aufhalten zu können. Habt ihr mich verstanden?«
      »Ja!«, übertönte Mary das zweifelnde »Aber…« des sich windenden O’Maras, »Wir haben verstanden.«
      »Gut…«, wisperte Mercedes mit einer Stimme, die einen ungewissen Abschied besiegelte und nicht länger antwortete, als O’Mara auf sie einzureden versuchte.

      »Öhm…Mary?«, schlenderte plötzlich Cocky Lynn in all ihrer halbnackten, wildbrünetten Pracht in den dunkelgepolsterten Salon, »Der Meermann und die Kleine sind gerade mit diesem rothaarigen Puma verschwunden. Das geht klar, oder…?«

      Gesellschaftsclub »Sindicat« (ehemaliger Herrenclub »Dahlia«), Anne-The-Splendid

      Der schwere eiserne Wandtresor und die Frau in Schwarz starrten einander mit offenen Mündern an, als die verzierte Mahagonitür in das massive Schloss rastete und sie in dem dämmerlichten Arbeitszimmer einschloss. Ausgehöhlt und leer wie ein geschändetes Grab klaffte der geknackte Safe über dem blauen Scheitel des stoischen Thomas Waterloo, der im Schneidersitz an der Wand lehnte und Carla mit staubkauenden Kiefern erwartete. Es mühte der Schwarzhaarigen nur wenige Sekunden ab, um ihre Überraschung hinunterzuwürgen und sich zurück in ihre Rolle der eiskalten Wachsfigur zu flüchten, die niemals zuckt und jede Unvorhersehbarkeit mit einem dunklen Schmunzeln straft. Sekunden, die der gequälte Waterloo jedoch mit vampirischer Genugtuung auskostete; Sekunden, in denen er die Angst in den verlogenen schlangengrünen Augen sehen konnte.
      »Das Panzerschloss hat mich ein Vermögen gekostet«, flötete Carla schließlich schnell und beiläufig, seine Gedanken erahnend und fürchtend.
      »Was glaubst du, wer es eingebaut hat?«, murmelte er.
      Carla musste nicht erst hinsehen, um das kleine ledergebundene Notizbuch zu bemerken, welches die nervösen Hände ihres Vasallen einander wie heiße Kohlen zuschoben. In dem Chaos aus Büchern und Verträgen, welches der Blauhaarige aus dem Tresor befreit und über das dunklen Parkett entfesselt hatte, hatte er seine Wahrheit gefunden.
      »Er lebt, nicht wahr?«, brummte Waterloo brüchig und wütend.
      Carlas starkes Kinn senkte und hob sich zum Takt ihres lauernden Herzens, nachdem sie binnen eines einzigen Blinzelns jede Lüge durchgespielt und verworfen hatte. Ein Netz aus schwarzen Fäden entspann sich im Geiste der Schwarzen Witwe, doch jeder Weg führte in den Abgrund.
      »Ich bin es durchgegangen…«, durchschnitt der zitternde Waterloo ihre ersonnenen Schicksalsfäden endgültig, »Wieder. Und wieder. Dann bin ich hierher gekommen, auf der Suche nach…nach was auch immer. Ich habe gesucht, und finde…das?!«
      Als ekelte er sich plötzlich vor dem Papier und der Tinte, die Harleys Aufzeichnungen ihre Form gaben, schleuderte Waterloo das kleine Büchlein vor Carlas schwarze Schuhspitzen.
      »Du hast mich belogen!…Natürlich hast du mich belogen. Du belügst jeden. Luca Briatore hatte recht. Du bist bösartig und machtgierig und du machst vor nichts und niemandem Halt, um deine Ziele zu erreichen. Du bist falsch und widerlich…und schlecht.«
      »Aber, Waterloo…« Mit seidiger Eleganz ließ sich Carlas in Schwärze gegossener Körper auf einem gepolsterten Ärmelstuhl neben der Tür nieder, ohne die Schlangenaugen von Waterloo abzuwenden. »Natürlich bin ich schlecht. Deshalb bin ich hier, deshalb gehöre ich in diese Welt. Die Frage, die du dir hättest stellen und deren Antwort du hättest suchen müssen, wäre gewesen: Wieso bist du hier?«
      »Ich bin nicht wie du!«, barst Waterloos Stimme auf und riss seinen Körper mit sich auf die Beine, »Ich bin…! Bin…!«
      »Ein guter Mensch?«, züngelte die Schwarze Witwe gehässig, »Oder zumindest ein besserer Mensch, als ich es bin? Ist das so?«
      Ihre rabenschwarzen Lippen schnitten dem Blauhaarigen die Zunge aus dem Mund, als sie mit einem gnadenlosen Lächeln nachsetzten:
      »Du bist kein guter Mensch, Waterloo, du bist ein schwacher Mensch. Deine Makel machen dich aber nicht besser. Vielleicht wurdest du nicht für diese Welt geboren, doch du hast dich ihr mit offenen Armen und Beinen ergeben. Du bist verdammt, mein Lieber, genau wie wir.«
      »Halt den Mund, du verlogene Schlange!«
      »Wieso? Du bist doch neuerdings so versessen auf die Wahrheit«, giftete sie, wie eine Viper aus dem Stuhl aufschnellend und Harleys Manifest mit einem schallenden Schritt quer durch den Raum tretend, »Die Wahrheit ist, du kleiner schwacher erbärmlicher Wicht, dass du dich hinter einem Schleier wähnst und glaubst, wenn du dich nur naiv und unschuldig genug gibst, perle alles Böse und Schlechte an ihm ab.«
      »Sei still! Du weißt gar nichts! Ich bin nicht so verkommen wie du!«, schrie Waterloo verletzt, nur um abermals vor Carlas Konter zu erzittern:
      »Nein, du bist schlimmer, weil du dir einbildest, besser zu sein. Die arme Jungfrau im Dornenwald, geheiligt sei ihre knackige rote Kirsche. Aber du bist nicht unschuldig, Waterloo. Du hast Menschen getötet, Ulysses’ Aufpasserin den Lotosstaub untergeschoben und keinerlei Reue gefühlt. Ist es nicht so? Oh, deine Beine haben sich schon fröhlich zum Himmel gespreizt, als ich dich damals kennenlernte. Und heute? Torkelst du mit verschmiertem Mascara und ins Handtäschchen gestopftem Höschen durch die selben Straßen wie all die anderen abgelegten Schlampen, die Herz und Hymen an die perfekte Lüge vergeudet haben. Sei ehrlich zu dir selbst, lass endlich los. Dein kostbarer Schleier ist zerrissen, und du bekommst ihn nie wieder zurück. Alles, was dir jetzt noch bleibt, ist die begangene Sünde zu genießen…«

      Heiße Tränen rollten über die feuerroten Wangen des jungen Mannes, als Carlas messerscharfe Worte aus seinem Fleisch glitten, Schweiß und Tropfen seiner Seele mit sich ziehend. Von seinem eigenen Körper entfremdet, sank Thomas Waterloo gen Boden in seine Knie. Seine Augen waren die Augen eines anderen, als Carla in selbstgefälliger Eitelkeit auf ihn zuschritt und ihm die falsche Hand reichte.
      »Du hast recht…«, knurrte er wie ein getretener Hund, »Ich gehöre in diese Welt…«
      Ein gepresster Schrei prallte an Waterloos aufberstender Stirn ab, die Carlas perfekte Wachsmaske in entfesselter Rage aufbrach und die maliziösen schwarzen Lippen spaltete. Blut und Spucke rannen durch die verkrampfenden Finger der rücklings flüchtenden Frau in Schwarz, bevor jene in blanker Panik über ihre hohen Absätze stolperte, stürzte und mit dem Gesicht voran auf dem Parkettboden aufschlug. Der lähmende Schmerz strahlte über ihre gebrochenen Nase in ihren gesamten Körper aus und ließ Carla gärende Galle würgen, durch welche sie sich verzweifelt bis an die massive Tür schleppte. Unter den rachsüchtigen Augen Waterloos reckte sie sich vergebens nach der rettenden Klinke und entließ ein schmerzverzerrtes Schluchzen, als er sie an den verwüsteten Haaren vom Türrahmen wegzerrte und schnaubend an die gegenüberliegende Wand neben den offenen Safe wuchtete. Wo zuvor Thomas Waterloo auf die furchteinflößende Schwarze Witwe gewartet hatte, kauerte nun die geprügelte Carla Griswold und wimmerte wie ein Kind.
      »Bitte…Waterloo«, fiepten die aufgeplatzten, blutbefleckten Rabenlippen, »Tue das nicht…ich…ich…«
      »Wovor hatte ich nur solche Angst?«, fragte er sich zynisch, »Womit hattest du dir meinen Respekt verdient? Du hast mich ausgenutzt. Genau wie Harley. All die Jahre…«
      »Nein…Waterloo…bitte…!«
      »Es ist vorbei. Hörst du! Ich bin niemandes Spielzeug mehr!«
      In stählerner Bestimmtheit hob Waterloo die Hand und genoss den spitzen Schrei seiner Peinigerin, der vom metallischen Rasseln der rasenden Bahnschienen niedergeschrien wurde. Aus aufgerissenen, flehenden Augen sah die fassungslose Carla den Tod auf sich zurasen - und nur Millimeter vor ihrer blutgetränkten Nasenspitze, innehalten.
      Knackend und knirschend wanden sich die eisernen Streben, zuckten wie sich häutende Schlangenleiber und verschlangen sich unter ohrenbetäubendem Scheppern selbst, bis ein gewaltiger verknoteter Brocken vor den Füßen des entgeisterten Thomas Waterloo ins Parkett krachte.
      Carlas heiseres Keuchen glich einem Herzschlag in der Stille, der den gefürchteten heißen Staub durch die Luft pumpte und die glühende Furie aus seiner Mitte gebar.
      »Wie kannst du es wagen?!«, fauchte die zornrote Dionisia María Lorca mit der Gewalt eines brennenden Wüstenwindes, der Staub und Dunst in einem zornigen Strudel um ihren kochenden Körper wirbelte. Einer schallenden Ohrfeige folgte die brachiale Gewalt der Erde und riss Waterloo zusammen mit dem gesamten Mobiliar des Arbeitszimmers vom Boden. Der Blauhaarige spürte den dröhnenden Einschlag in die steinerne Wand, die bohrenden Einstiche des zerberstenden Holzes und die brennenden Staubkörner in seinen Lungen, aus denen unsichtbare Hände das Leben pressten.
      Mit einem leichtfertigen Fingerzeig zermalmte Lorca den Schutt und legte Waterloos Leib frei, um ihn in einer haki-schwarzen Staubwolke in die Luft zu hieven. Gefangen und machtlos rang er in der schwarzen Dürre nach Atem, während sich die geschundene Carla an der Wand empor auf die wackligen Beine kämpfte. Ihre markante Nase lag in blutigen Trümmern und in den schwarzen Lippen pochte ein sengender Schmerz, der jeden Anflug eines Lächelns abtötete.
      Er würde sterben, und doch war es Thomas Waterloo, der lächelte, als ihn die Schwärze umfing; der lächelte, als Carla Blut spuckte.
      Kapitel 133 - Geister aus der Zeit

      Donnernd walzte die eiserne Dampflok durch den dichten Nebelsud und spaltete das trostlose Marschland wie ein mächtiges Schiff die tote See. Verwaiste Häuser und vermodernde Bäume tauchten zuweilen aus den grauen Fluten auf, um den diesigen Dunst des fountischen Festlandes zu atmen und sich schnell wieder in die undurchdringlichen Schwaden zurückzuziehen. Kein lebendes Wesen rührte sich hinter der einsamen Einöde, die gegen das fleckige Fensterglas des Zuges schwappte und die Sekunden fortspülte.
      »Wie’s aussieht haben wir wirklich Glück mit dem Wetter«, machte der graue Spion in der vagen Hoffnung auf einen Blick seiner schönen Reisebegleitung leidliche Konversation, »Kein Regen, keine Sturmböen. Bin mit einer dieser Klapperkisten mal durch eine Gewitterfront gefahren. Hab mich sekündlich bekreuzigt und zum Teufel gebetet, um meine Chancen zu verdoppeln.«
      Mercedes’ zarte Lippen rührten sich nicht. Ihr linienfeines Profil schimmerte im Augenweiß der nebelverhangenen Fenster blass und schön wie funkelndes Eis.
      »Ist es das wert?«, hauchte sie erst nach unendlichen Momenten gegen das Glas, durch welches ihr warmer Atem geisterhaft ins Nichts glitt. Der junge Agent zögerte merklich, bevor er druckste:
      »Du hast Carla persönlich kennengelernt, sag du es mir. Ich kenne nur das Bettgeflüster meiner Branche.«
      »Lass den Unsinn«, forderte Mercedes schal, das Kinn auf die Handrücken und die Handrücken auf den ausgeklappten Tisch gestützt, der den Agenten vor der Kopfgeldjägerin trennte und beschützte, »Es geht hier doch nicht um Carla. Es ging nie um Carla, oder Machiavelli oder Harley…oder Enjolras.«
      »Nein«, gestand der Spion mit der Miene eines geschlagenen Spielers und legte seine Mütze wie Karten auf den Tisch, »Es ging niemals um Carla oder die anderen. Sie sind nur giftige Früchte. Wir wollen den Baum, von dem sie stammen.«
      »Ulysses McKenna, den Bastardkönig.«
      »Ja«, log der Spion fachmännisch, »Limerick, den Bastardkönig, den scheuen Hund von Hoolahara. Er hat viele Namen und hinter jedem verbirgt sich dasselbe blutrünstige Arschloch.«
      Zufrieden nahm Mercedes den ersten Strahl Persönlichkeit wahr, der durch die polierte Mittelschichtsmaske ihres Schattens schimmerte und sein bürokratisches Gesicht mit menschlichen Farben bemalte.
      »Wer ist er?«, ergriff sie wie eine jagende Katze die Gelegenheit, »Wer ist das ›blutrünstige Arschloch‹ hinter diesen Namen?«
      Verlegen kratzte sich der graue Spion die hellblauen Löckchen zusammen und lugte geheimnistuerisch über seine Schulter, hinter der sich leere Bankreihen das Polster in die Sitze warteten.
      »McKenna ist…nun, du hast mittlerweile sicherlich erkannt, dass die Waffen, die Enjolras Baugin für seine kleine Revolte benutzt hat, von McKenna stammten. Nicht wahr?«
      Mercedes schluckte ein Nicken herunter, und hörte zu.

      Upper Workings, Jaggers

      Der Wilbur Hill hatte sich selbst erbrochen, als die Leigham Street in Flammen aufgegangen war und den Tolliver Market mit sich in die gähnende Tiefe gerissen hatte; ein zerbrochenes Mosaik aus Trümmern und Leichen, das sich vor den flimmernden grauen Augen des Zeitungsjungen zusammensetzte, um binnen eines Blinzelns wieder zu zerfallen und verdrängt zu werden. Wandte er sich ab, verbargen sich die Schrecken der verlorenen Trifles und machten Timmy vergessen, dass ihm der Tod unzähliger unschuldiger Seelen zu Füßen lag.
      »War nur eine Frage der Zeit, bis diese Stadt sich selbst verschlingt«, durchbrach eine unerträgliche Stimme plötzlich die Gedanken des Zeitungsjungen. Wie eine Ziehharmonika zusammenzuckend suchte Timmy zwischen den geifernden Aasgeiern, die den steinernen Kadaver am Fuß des Hügel dicht gedrängt und krächzend belauerten, vergebens nach ihrem Ursprung. Niemand von ihnen bemerkte ihn, der er sich unter ihren polierten scharfen Hakennasen im Staub windete und von den verputzten Klauen zertreten zu werden drohte. Angesäuert machte Timmy kehrt, erwischte dabei jedoch einen losen Vorsprung und versank in der erodierenden Erde. Die Kiesel gaben knirschend nach, zerrten die alten Stiefel des panischen Jungen mit sich in die Trifles - doch er selbst blieb unversehrt, über dem Abgrund baumelnd wie ein Blatt im Wind.
      »Alles gut?«, fragte ihn die grässliche Stimme von zuvor, als Timmy wieder Boden unter den löchrigen Socken spürte.
      »Ich…denke…« Nur unter Mühen fand er wieder in die Realität zurück, die ihn plötzlich und gnadenlos erfasste.
      Brennende grüne Augen fraßen sich wie Ratten in seine abgehungerten Züge und flößten ihm ein siedendes Gift ein, das ihn lähmte und erleuchtete. Er kannte diesen Mann; erinnerte sich an die dichten dunkelblonden Lockenstrudel, das unförmige Kreidegesicht und die ausgebrannten müden Augen, die wie grüne Sonnen glühten. Timmy glaubte bereits, die Antwort schmecken zu können, und zerbiss sich auf der Suche nach ihr die Zunge.
      »Du siehst nicht gut aus«, nuschelte der bekannte Unbekannte indes mit einem mitleidigen Lächeln, das seine kränklichen Mundwinkel bis unter die tiefen Augenringe schob, »Du solltest dich hinsetzen. Schlafen. Bist du fertig für heute?«
      »Ich…was?«, wisperte Timmy beklommen, grübelnd.
      »Du bist Zeitungsjunge. Ich habe dich in Cattle’s Corridor gesehen. Vor ein paar Wochen.«
      Plötzlich erinnerte sich Timmy - und der Fremde bemerkte es.
      »Sie…waren im Twisty’s«, realisierte der Bursche bestürzt und riss sich reaktionsschnell von den toxischen Augen los. Die irrationale Angst, der unheilvolle Mann könnte in seinem Gesicht lesen und jeden schmachtenden Blick zurückverfolgen, den Timmy seiner Mary Kelly jemals zugeworfen hatte, bemächtigte sich des entsetzten Zeitungsjungen und hielt ihn fest umschlungen. Starr wie die Trümmerfelder, unter denen verstummende Schreie und gedämpfte Schläge um Hilfe flehten, hefteten sich Timmys aufgerissene Augen auf die verwüsteten Trifles. Der geheimnisvolle Besucher seiner Lady Kelly tat es ihm gleich, das zahnlose Grinsen zu einem verunglückten Schmunzeln drosselnd.
      »Ist ein verflucht guter Tag für uns«, bemerkte er nüchtern. Timmy verstand nicht, wollte nicht verstehen und war doch machtlos gegen seine Neugier:
      »Wie…Wieso?«
      »Seien wir ehrlich. In unserem Gewerbe verkauft sich nichts besser als schlechte Nachrichten.«
      »Unserem Gewerbe? Machen Sie in Zeitungen?«
      »Nein«, servierte der Blonde die Antwort mit dem altbewährten backenauffüllenden Lächeln, »In Angst.«
      Timmy gefror der Atem auf den Lippen, was den blonden Brauen des Unbekannten zu missfallen schien. Mit mürrischer Miene förderte er ohne weiteres Wort einen kleinen, handbeschriebenen Zettel aus der Innentasche seines schweren braunen Wollmantels zutage und überreichte ihn Timmy zusammen mit mehr Geld, als dem Jungen in einem halben Jahr durch die Finger rann.

      Forbidden Woman, Cattle’s Corridor


      »Sind rechtzeitig zurück. Nicht den Kopf verlieren.
      - C. Triagast«

      Eilige, leichtfertig hingeschriebene Worte und das schwelbrandige Knistern einer ausgepressten Zigarette auf blankem Holz waren die letzten Spuren der Cassiopeia Triagast, bevor sich ihr Tabakdunst in den elenden Straßen des Armenviertels verlor. Die Tigerin hatte ihre Beute gerissen und in ferne Verstecke verschleppt, die kein Jäger zu finden vermochte.
      »Großartig. Das ist so verfickt großartig, ich möchte platzen, so verfickt großartig ist das alles!«, brüllte O’Mara dem Himmel, Gott und jedem vorbeiziehenden Passanten auf der Straße entgegen, »Was starrt ihr so, hm?! Noch nie einen verfickt großartigen Tag gehabt?!«
      Unter ohrenbetäubendem Scheppern zerschmetterte er seine geleerte Flasche Brandy direkt vor den Füßen der zahnlosen Gaffer, um sie wie wilde Tiere zu verscheuchen. Eine unaussprechliche Wut überkam den Blonden wie ein brütendes Fieber und brannte jeden klaren Gedanken nieder, den er jemals gedacht hatte. Mercedes, Krill, Ondine, Luca. Die Stimmen in seinem Kopf waren ihre Stimmen und verlasen die wenigen Zeilen, die Cassiopeia ihm hinterlassen hatte, gehässig und leidenschaftlich. Wieder und wieder und wieder, bis O’Mara ihr höhnisches Flüstern nicht länger ertrug und den verschlissenen Zettel rachsüchtig in seiner Faust zerknüllte. Japsend und schnaubend, zwischen Nervenzusammenbruch und Apathie schwankend, plumpste er auf die verdreckten Treppenstufen des Bordells und verlor sich in der Seuche und der Galle des Gammon Borough.
      Für eine Weile beobachtete O’Mara die fetten Ratten, die wie kleine Soldaten an den Hauswänden patrouillierten, und folgte dem Spiel der zerlumpten Gossenkinder, die ihre leergeleckte Konservendose umher kickten und flugs aufhoben, wenn sie an einem minderverarmten oder minderbemittelten Passanten die Chance auf ein Almosen witterten. Der Kopfgeldjäger wusste, dass er nicht lange vor der Schwelle des Bordells verweilen durfte und sog jeden Hauch dieses widerwärtigen, abstoßenden Parfüms in sich auf. Seufzend stemmte er eben die Hände auf die Knie, um hinter den roten Schleier der Verbotenen Frau zurückzukehren, als ein vertrautes Gesicht inmitten der gesichtslosen Menge seine Pläne zerschlug.

      »Du bist der Zeitungsjunge, der Marys Bein rammelt«, bemerkte der Kopfgeldjäger gleichmütig, nachdem er den schnaufenden, atemlosen Timmy in eine Gasse neben dem Bordell gezogen hatte.
      »Ja…ich…muss…«, schacherte der blonde Bursche mit Luft um Worte, »Muss…mit Lady Kelly…«
      »Was willst du von ihr?«
      »Das…kann ich nicht…«
      »Sagen?« Mit einem schiefen Grinsen baute sich O’Mara vor dem Jungen auf. »Doch, das kannst du. Mit gebrochenen Zehen lässt’s sich schlecht Zeitung austragen, meinst du nicht?«
      Verunsichert neigte Timmy den aschblonden Schopf, als wollte er das blasse Gesicht des Kopfgeldjägers nach Glaubwürdigkeit absuchen.
      »Sie gehören zu Miss Mercedes, nicht?«, fragte er schließlich wenig überzeugt, was O’Mara bejahte. Timmy quälte sich mit einer Entscheidung, bis die moosgrünen Augen des Kopfgeldjägers für einen Moment zu lange und zu eindeutig auf die löchrigen Socken des Zeitungsjungen lugten.
      »Schon gut, schon gut!«, brach der Bursche schließlich aus Angst um seine wunden Füße ein, »Es geht um den Mann, den Lady Kelly damals im ›Twisty’s‹ getroffen hat, er…«
      O’Mara zuckte unwillkürlich zusammen. »Der…ja, was ist mit ihm? Sag schon!«
      »Er…ich habe ihn gesehen…nein, getroffen! Hat mich nach dem Weg gefragt, nach einer Adresse. Die ist schwer zu finden, weil das Amt die vor’n paar Monaten mit einer anderen Straße zusammengelegt hat und jetzt weiß keiner so recht, wie und wo-«
      »Junge, das interessiert mich einen Scheiß!«, fuhr O’Mara ihn an, »Welche. Verfluchte. Adresse?!«
      »Hier!« Unbeholfen fuhrwerkte Timmy den kleinen handbeschriebenen Zettel aus seiner zerfransten Jackentasche. »Hat er mir mit einem Batzen Geld in die Hand gedrückt. Scolder Lane 50. Das ist im Jaggers, aber mittlerweile Teil der Nobbs Street. Nobbs Street 74.«
      »Wollte er da hin?«, fragte O’Mara getrieben.
      Timmy zuckte nur mit den schmächtigen Schultern. »Kann sein, hab nicht nachgefragt. Der Typ ist verdammt unheimlich. Kann verstehen, dass sogar Lady Kelly Angst vor dem hat…als sie damals bei Twisty raus ist, sah sie aus wie ein Gespenst…oder, als hätte sie eins gesehen…«
      »Hat sie auch…«, murmelte O’Mara gedankenversunken, während er die kleine Notiz überflog. Er las die hingeklierten Worte, wie er zuvor Cassiopeias Abschiedsbrief gelesen hatte; doch nun war es wieder die rattenzerfressende Stimme des Bastardkönigs, die seinen Gedanken eine Zunge und seinem Schädel einen Parasiten schenkte.
      Timmy wagte sich nicht zu rühren, bis O’Mara sich schließlich gescheucht umsah und seinerseits ein kleines Klümpchen Papier aus seiner Hosentasche fingerte.
      »Hast du mal 'nen Stift?«

      »Lady Kelly!«, skandierte Timmy mit der Ergebenheit eines treuen Herolds und überreichte seiner Angebeteten den zerknitterten Zettel des Kopfgeldjägers wie einen wunderschönen Blumenstrauß. Im dämmernden Licht des Bordells strahlte seine Heißgeliebte gleich der glühenden Abendsonne und rötete die Wangen des eifrigen Zeitungsjungen allein durch ein Blinzeln ihrer erdbeerfarbenen Augen.
      »Was ist das?«
      »Eine Nachricht. Soll ich Ihnen geben, Lady Kelly, von dem blonden Typen mit Säuferfahne…«

      »SindBinrechtzeitig zurück. Nicht den Kopf verlieren.
      - C. Triagast O’Mara«


      Abendzug nach Copperfield

      »Er versorgt Aufständische im West Blue mit Schutzpanzern, damit die Militärs zurückgedrängt werden und panzerbrechende Munition von ihm ordern müssen. Er beliefert einen wahnsinnigen König im Wo-auch-immer-Land mit giftigen Chemikalien, damit der sein eigenes Volk verseuchen und von der Regierung medizinische Hilfsleistungen in Milliardenhöhe erschwindeln kann…
      Das ist, was Ulysses McKenna tut. Er verkauft Krieg und handelt mit Tod«, beendete der graue Agent seinen Monolog mit bedeutsamer Miene und beobachtete, wie die noch immer schwermütige Mercedes ihre markanten Haselnussbrauen in unbeeindruckte Falten bettete.
      »Deshalb seid ihr hinter ihm her?«, gähnte sie schließlich, »Weil er euch die Kunden wegschnappt?«
      Der graue Spion blies ein hasserfülltes Gelächter in seine Handfläche, bevor jene auf den Tisch klatschte und seiner Stirn als Kissen diente.
      »Sehr witzig«, blaffte er der Tischplatte entgegen, »Aber wir sind nicht das pure Böse. Die Welt ist nicht schwarz und weiß, und das weißt du auch!«
      »Natürlich, aber was macht Ulysses McKenna dunkelgrauer als die Weltregierung?«, fragte Mercedes doppelbödig.
      »Das höhere Wohl?«, schlug der Agent ungeduldig vor, nachdem er sich zurück in seinen Sitz gelehnt hatte, »Die Regierung ist ein Scheißhaus, klar, aber immerhin spülen wir ab und an unsere Kacke runter, damit der Rest der Welt atmen kann. McKenna scheißt nur.«
      »Du solltest in die Politik gehen, die Leute werden dir aus der Hand fressen.«
      Knurrend versuchte der Blauhaarige, eine schlagfertige Antwort aus seiner Daumenkuppe zu nagen. Knurrend gab er auf.
      »Ulysses McKenna ist ein Monster. Er ist auf den Straßen von Hoolahara aufgewachsen. Im Shamrock County, Saoirse Láire. Dort überlebst du nur, wenn andere es nicht tun. Er wurde vielleicht nicht als Monster geboren, aber er hat sich den Weg freigefressen und die letzten 20 Jahre damit verbracht, zum gefährlichsten Untergrundboss der Welt aufzusteigen.« Eindringlich, bekräftigend suchte er Mercedes’ zweifarbigen Blick - und die Bestätigung, die sie ihm noch immer verwehrte.
      »Das ist eine nette Geschichte«, wies sie ihn ab, »Mehr aber auch nicht. Nur eine Geschichte, die rechtfertigen soll, was ich tun muss, sobald dieser Zug sein Ziel erreicht. Nicht wahr?«
      »Geschichte?«, fauchte der graue Spion und fuhr sich unwirsch durch die prickelnden blauen Löckchen, bevor er sich geheimnistuerisch über den Tisch lehnte und melodramatisch begann:
      »Das war keine Geschichte. Aber bitte, wenn du willst, erzähle ich dir eine Geschichte - Eine richtige Geschichte, eine wahre Geschichte: ›Es war einmal ein kleiner Junge mit goldenen Haaren und schiefen Zähnen, der davon träumte, eine ganze Stadt in die Luft zu jagen!‹«

      Nobbs Street, Jaggers

      Die rasselnden Sterbelaute seiner kollabierenden Lungenflügel waren die einzigen Zeugnisse von Leben in der ehemaligen Scolder Lane, die verfallen und vergessen in einer verschachtelten Erdsenke zwischen den eisernen Plattenbauten des Jaggers darauf wartete, von Zeit und Wind verschlungen zu werden. Der Schatten des mächtigen All Hallows Towers lauerte wie ein schwebender Greifvogel über den leergeplünderten Lagerhallen und rostzerfressenen Fabrikgeländen, hinter deren zersprungenen Fenstern O’Mara veraltete stählerne Kadaver in öligen Pfützen ausmachte. In einer Stadt, die Gottes Plan den Krieg erklärt und die Gegenwart zum Erzfeind des Fortschritts erkoren hatte, war Zeit die letzte verlässliche Währung; und wie die goldene Münze schlief sie nie.
      Traurige Tore aus gebrochenem Glas markierten den Eingang in die neuberufene Nobbs Street 74, einem kapellenhaften Mausoleum aus eingefallenen Wellblechen und eisernen Streben, die wie Spieße auf abgeschlagene Schädel warteten. Vorsichtig schlüpfte O’Mara durch die drohenden Scherben und schüttelte sich die faulige, metallene Kälte aus den fröstelnden Gliedern. Die Stille war klar wie ein zugeschneiter See, auf dem Schritte in der Ferne den Abdruck eines Echos hinterließen. Festentschlossen folgte O’Mara den verhallenden Spuren bis an das Gerippe einer verfallenden Stahlschmiede, zwischen deren verrostenden Knochen nur Geister warteten.

      High Row, Anne-The-Splendid

      Das gerundete Glas des Türspions verzerrte die eingerissenen Mundwinkel zu hündischen Lefzen, die entlang der schiefen löchrigen Zähne blutleer spannten und das bleiche Gesicht entzwei rissen. Gelb und grauenvoll zerfraß das falsche Grinsen des Bastardkönigs sein fahles Fleisch und belauerte den Mann hinter dem Schlüsselloch mit knirschenden Kiefern. Jener widerstand dem unwiderstehlichen Verlangen, sich den befremdlichen Anblick des Blonden aus den Knochen schütteln zu wollen, und öffnete die Tür mit eingeprobten Krähenfüßchen.
      »Hereinspaziert, du siehst…hereinspaziert!«
      »Du mich auch«, maulte Ulysses McKenna wie ein störrischer Schuljunge, bevor er an Benedict Hearst vorbei in das großzügige, aus alten Steinen und neuem Stahl gearbeitete Foyer schlurfte. Hohe Decken aus verchromten Wellblechen wölbten sich über seinen blonden Lockenstrudeln zu einer verspiegelten Himmelskuppel, in denen sich eisenbeschlagene Säulenornamente zwischen antiken Schmuckmöbeln und fließenden Parkettböden verloren.
      »Beeindruckend, nicht?«, trat sein Gastgeber nonchalant an Ulysses’ Seite, »Der ganze Komplex bestand aus zwei heruntergewirtschafteten Lagerhallen, die dem Heiress Borough schon seit Jahren ein Dorn im gepuderten Arsch waren. Glücklicherweise konnte ich sie vor dem Abriss bewahren - nun, zumindest einen nicht unerheblichen Teil der Außenfassade. Kann ich dir den Mantel abnehmen?«
      Hearst fing sich einen nahezu argwöhnischen Blick ein, der wie eine schallende Ohrfeige brannte und ihm Fältchen über das mächtige Kinn trieb. »Komm schon, ich habe alle Kamine an. Du wirst schmelzen.«
      Nur widerwillig quengelte sich Ulysses aus dem braunen Wollstoff und übergab Hearst den Mantel wie ein Hund, der seinem Herren einen ausgegrabenen Knochen abtreten musste.
      »Ein schönes Stück«, palaverte der royale Uhrmacher, während er den Mantel vorsichtig über einen Bügel legte und an die Garderobe hängte, »Hervorragend verarbeitet, sehr schick. Du musst mich unbedingt deinem Schneider vorstellen. Ein prachtvolles Machwerk.«
      »Ich mochte meinen alten Mantel«, murmelte Ulysses aus aufgeblasenen Backen, noch immer im Vorflur zwischen Eisensäulen und Schuhschränken wartend.
      »Du meinst den mottenzerfressenen Lumpen, den dir Teddy damals zum fünfzehnten Geburtstag geschenkt hat?«
      »Er war nicht mottenzerfressen«, brummte der Blonde in seine schiefen Zähne hinein, »Das waren Hundebisse.«
      »Was?«
      »Nichts.«
      Mitleidig amüsiert verzog Hearst die markanten schwarzen Brauen, bevor er seinen unleidlichen Gast an der kräftigen Schulter nahm und höflich in Richtung einer sündhaften Sitzecke aus bronzegoldenem Leder führte, in die sich jener mit der Wucht eines gefallenen Sterns plumpsen ließ.
      »Schwarztee oder Pfefferminz?«, fragte Hearst mit Blick auf die geräumige Wohnküche im hinteren Quadranten des gewaltigen Lagerhauses und beschwor die Geburt einer tödlichen Stille herauf, die ein scharfes Messer hätte in Scheiben schneiden können. Sekundenlang durchlöcherten die Pupillen der ungleichen Männer das Gesicht des jeweils anderen - bis beide zeitgleich in ein prustendes, dreckiges Gelächter ausbrachen.
      »Scheiße«, keuchte Hearst mit Tränen in den Augen, »In der Kommode direkt neben der Couch, oberstes Fach.«
      Glucksend reckte sich Ulysses nach zwei massiven Kristallgläsern aus dem bedeuteten Möbel, während Hearst seinen besten Whiskey aus einer dunkelhölzernen Schmuckvitrine barg.

      »Dieses Teegesaufe ist wie ein Zölibat. Du kommst durch’s Leben, aber der Tod erscheint dir von Tag zu Tag weniger dramatisch«, witzelte Hearst, nachdem sie angestoßen und den tigeräugigen Nektar genossen hatten, »Dafür ist die nächste Sünde jedes Mal wie das erste Mal.«
      »Amen«, pflichtete Ulysses geistesabwesend bei. Seine großen unzufriedenen Augen rollten wie Himmelskörper durch die uferlosen Hallenkomplexe, die sein Gastgeber urbar gemacht und unter aller Augen in ein geheimes Refugium verwandelt hatte.
      »Ulysses?«, holte ihn Hearst auf das bronzebraune Ledersofa zurück, »Woran denkst du?«
      »Namen«, nuschelten die schiefen gelben Zähne, in deren ausgefressenen Höhlen sich Whiskey wie saurer Regen sammelte, »Wie kommst du damit zurecht? Heathcliff Bentley zu sein…und doch nicht Heathcliff Bentley zu sein?«
      »Fragst ausgerechnet du?« Grinsend füllte Bentley die geleerten Gläser nach. »Limerick, der Irgendwas-Hund von Hoolahara, Bastardkönig. Das sind viele Namen. Ich hingegen…bin schon so lange ein Teil dieser Insel, dass ich längst zu Benedict Hearst geworden bin. Was ist mit dir? Wer bist du?«
      Die dunkelgrünen Karos auf Ulysses’ Flanellhemd strafften sich zu schmalen Rauten, als er die mächtigen Schultern vorschob und seine nervös wippenden Knie unter den Ellbogen erstickte.
      »Ich bin der, der ich immer war. Wenn es das ist, was euch Sorgen bereitet.«
      »Du bereitest uns keine Sorgen«, beschwichtigte der Uhrmacher das Säbelrasseln, welches im schweren Atem des Blonden mitschwang, »Wir möchten lediglich, dass es dir gut geht. Du weißt, dass wir Mittel und Wege finden werden, um-«
      »Nein, Gott.« Polternd grabschte Ulysses das Glas vom Tisch und schüttete sich den Whiskey in seinen derangierten Schlund. »Verschone mich. Alles endet in der Sekunde, in der es endet. Und jede Sekunde davor gehört allein mir.«
      »Sei nicht so stur«, bat Bentley sanft - und zerschellte an Ulysses’ sturem Schädel.
      »Sei du doch nicht so stur«, brabbelte der Bastardkönig brummig, in kindischem Trotz nur sich selbst bis an den Rand nachfüllend und stolz am Uhrmacher vorbei fokussierend. Wie schon seit zwanzig Jahren ergab sich Bentley der berüchtigten Laune des scheuen Hundes bereitwillig, nachdem er notgedrungen in die Rolle des verantwortungsbewussten Erwachsenen hatte schlüpfen müssen. Beherrscht schob sich Bentley zwei aus der Form gefallene Strähnen in den ergrauenden Nacken zurück, um Ulysses’ Bock Zeit zum Grasen zu geben. Als jener die toxischen grünen Augen schließlich wieder auf Bentleys monolithischen Zügen ablegte, sah der erfahrene Silberrücken seine Chance gekommen.
      »Wir sollten über Carla reden.«
      »Von mir aus«, gab sich Ulysses gesprächsoffen, als erweise er Bentley lediglich eine Gefälligkeit, »Was hältst du von ihr?«
      Der Uhrmacher ignorierte den Unterton geflissentlich, über den Rand seines Glases hinweg ansetzend:
      »Ich halte sie für eine tödliche schwarze Viper. Sie ist brillant, durchtrieben und wesentlich ehrgeiziger als..so manch andere Person in diesem Raum.«
      Sogleich strafte Ulysses diese gehässige Spitze mit einer Sondervorstellung seiner schleimigen Zunge, die schneckenhaft über die grässlichen schiefen Zähne kroch und sie mit zähem Speichel verklebte. Kopfschüttelnd, und ein Schaudern zurückwürgend, fuhr Bentley fort:
      »Ich habe für sie ein Treffen mit Catherine in die Wege geleitet.«
      »Du hast die kleine Catherine zum Spielen verabredet?«, grunzte Ulysses zynisch.
      »Hör mir zu…«
      »Wetten, sie spielen Teeparty?«
      »Ulysses!«
      »Was?«, wehrte der Bastardkönig den vorwurfsvollen Blick des Uhrmachers ab, »Es war unausweichlich, die beiden einander vorzustellen. Die Viper wird Catherine verschlingen und verdauen, und die dumme Nuss wird es nicht einmal bemerken.«
      »Ich mache mir keine Sorgen um Catherine. Sie kann ich kontrollieren und schützen«, erklärte sich Bentley zunehmend gedankenversunkener, »Carla hingegen…ist kein Wellensittich wie Harley, dem man nur einen Spiegel vorhalten muss, um ihn bei Laune zu halten. Carla ist durchtriebener und - bei allem Respekt, den ich dir nach wie vor und aus mir allmählich ausgehenden Gründen entgegen bringe - cleverer als du. Wäre sie-«
      »-30 Jahre jünger, würdest du sie knallen?«
      Bentley gefror das Schmunzeln in den rasierten Mundwinkeln, während seine eisblauen Augen schmolzen. Dennoch vermochte er sich mit einer Beherrschung, die Ulysses nahezu übermenschlich erschien, in die lederne Lehne seines Sessels zurückzulehnen, einen zivilisierten Schluck Whiskey zu genießen und höflicher als Gott zu schmunzeln:
      »Catherine hat nicht Unrecht. Du bist ein giftiger kleiner Mann.«
      Ulysses wollte lachen, als ein plötzliches Donnerfeuer gegen die massive stählerne Eingangstür seine verrottete Stimme niederprügelte.
      »Früher als erwartet«, bemerkte Bentley mit Blick auf seine edle Armbanduhr nüchtern und schob sich unter Ulysses’ fragenden grünen Augen aus den Sitzpolstern, »Ich hab eine Überraschung für dich.«
      Die trockenspröden Lippen des Bastardkönigs parodierten das wohlige Lächeln eines glücklichen Kindes. »Kann’s kaum erwarten.«

      Nobbs Street, Jaggers

      »Du?«, grüßte O’Mara das schüchterne Geschöpf, welches ihm im Schatten der alten Lagerhalle aufzulauern schien, »Wieder mit Zunge?«
      »Nein«, wisperte Étaín; und erschrak vor ihrer eigenen Stimme, die durch die metallenen Höhlen der Nobbs Street gen Himmel tanzte. O’Mara schmunzelte bitter.
      »Kein Meer in Sicht, in das du mich stoßen könntest, hm?«
      »Das…in Porto Galba…das war…« Schweren Schrittes schleppte sich Étaín aus der Dunkelheit, das weiße weiche Gesicht tief unter der Kapuze ihres meerblauen Capuchons verborgen. »Ich war nur…überwältigt, dich zu sehen. Überwältigt und-«
      »Wo ist er?«, fragte O’Mara schroff, der jungen Frau am Rande der Schatten gegenübertretend. Ihre langen, feuergrellen Haare züngelten flammend aus den Tiefen ihrer Kapuze und geleiteten O’Maras Augen bis an ihre geröteten Wangen. Er war nicht gewillt, sich abermals auf das Spiel der Geister seiner Vergangenheit einzulassen und spürte doch den malmenden Sog dieses vergessenen Lebens wie die Hand einer Geliebten, die ihn für eine letzte Sünde in die Nacht zu entführen versuchte.
      »Wo ist Ulysses?«, zwang sich der Kopfgeldjäger zur Besinnung. Étaíns Wimpern klimperten leicht und schnell, kindlich und zauberhaft, wie glitzernde Federn.
      »Noch hier, hatte ich gehofft. Wir suchen ihn beide. Doch anscheinend…« Spät spürte O’Mara, wie ihre fleischige kleine Hand zaghaft nach der seinen griff. »Haben wir nur einander gefunden.«
      Bedächtig führte sie seine kalten Finger an ihre verzagenden Kusslippen, heißen Atem wie ein Geschenk in seine Handflächen hauchend. »Warum willst du ihn finden?«
      »Ist das eine rhetorische Frage?« O’Mara versuchte vergeblich, sich der samtenen Wärme ihres Fleisches zu entziehen. Im Schatten der verfallenden Industrien teilten sie einen Moment des vollkommenen Schmerzes, der das Vergangene und Künftige in eine einzige Sekunde goss.
      »Wenn du ihn findest…«, wisperte Étaín schließlich, »Was wirst du dann tun? Er ist nur ein Gefäß. Ohne Moira wirst du nichts aus ihm schöpfen können. Ohne sie…ist er wertlos für dich.«
      »Die Hälfte wäre immerhin getan«, erklärte O’Mara mit einem verqueren Schurkenlächeln, welches sich plötzlich zum Zähnefletschen eines tollwütigen Fuchses verzerrte. »Oder…ich nehme dich hier und jetzt gefangen. Tausche dich gegen Luca und meine Erinnerungen. Würde er das tun? Wärst du dem ›Bastardkönig‹ so viel wert?«
      Étaín, die sich dem zuschnürenden Griff des Blonden nicht verweigerte, sondern hingab, hob endlich das sommersprossige Haupt. Verzaubert beobachtete O’Mara, wie ihre großen wässrigen Augen unter den Rändern der Kapuze azurblaue Knospen trieben und zu strahlenden Seerosen erblühten.
      »Das würde er…Er würde das Meer in Brand stecken, um mich zu retten…Also lass mich los.«
      »Ich kann nicht«, flüsterte der Blonde beinahe untröstlich, »Ich kann dich nicht gehen la-«
      Der Kuss kam keusch und unverhofft und besiegelte das Ende ihrer entfremdeten Vertrautheit. Schnalzend brach die gewaltige verdickte Zunge des Chamäleons aus den aufplatzenden Lippen der Rothaarigen und drängte O’Mara zu einem unbeholfenen Ausfallschritt. Halb orientierungslos setzte er der flüchtenden Étaín nach, wich dem just aufpeitschenden Echsenschwanz reaktionsschnell aus und packte ihren Nacken wie ein Falke seine Beute. Erbarmungslos zwang er die Rothaarige zurück in ihre menschliche Gestalt und auf die Knie.
      »Wo ist er?! Wo ist Ulysses?! Sag es mir!«
      »Ich weiß es nicht!«, brüllte sie unter Schmerzen.
      »Dann sag mir, wo er sein wird! Sag mir alles, was du weißt, oder ich werde meine Wut an dir auslassen!«
      »Du bist ein grausamer Mann!«
      Nur für einen Wimpernschlag blitzte die Kanüle in Étaíns Ärmel auf, bevor sie durch die Luft sauste und tief in O’Maras Oberarm versank. Ihre Chance nutzend, sprengte sich die Rothaarige aus den aufzuckenden Fingern des Kopfgeldjägers frei, wuchtete ihren spitzen Stiefelabsatz gegen seine Männlichkeit und floh mit fliegenden Schritten vor seinem gedämpften Stöhnen. Sie hörte, wie er ihr vor Schmerz schnaubend folgte, blickte jedoch nicht zurück. Eine einzelne salzige Träne löste sich aus ihren Wimpern und benetzte O’Maras fiebrige Wange, bevor er keuchend zu Boden sackte und die verstörte Étaín im stählernen Gewirr der verrostenden Kathedralen verlor.

      High Row, Anne-The-Splendid

      Feuer und Eis prallten in einer lautlosen Explosion aufeinander, als Heathcliff Bentley alias Benedict Hearst seinem geschätzten Kollegen und hofinternen Rivalen Chester Sundermare die Tür öffnete.
      Rasender Zorn hatte das patriarchische Antlitz des königlichen Generalsekretärs in ein glasiges Kriegsrot getunkt und drohte zischende Funken zu schlagen, die seinen tiefbraunen Vollbart in Brand steckten. Bentley hingegen, die lässigen weißen Hemdsärmel in die Hosentaschen gestopft und das markante Kinn leicht wölbend, verströmte die gleichmütige Kühle eines langen Winters. Wie im Wachtraum linsten seine eisblauen Augen durch die halbgeschlossenen Lider, die dem monolithischen Bentley die marmorne Selbstvergessenheit einer antiken Statue ins Gesicht meißelten und sein schmales Lächeln zum Lächeln eines erweckten Vampirs verschnörkelten.
      »Du bist zu weit gegangen!«, blaffte Sundermare zu wütend, als dass er die räuberischen Fangzähne hinter dem phlegmatischen Grinsen des Uhrmachers hätte ausmachen, hätte vorhersehen können. Mit der Gewalt eines brennenden Speers drang er bis tief in die stählernen Katakomben des Mannes vor, den er als Benedict Hearst kannte - und präsentierte ihm seinen pulsierenden Hals wie ein achtloses Lamm.
      »Penny Dreadful?!«, brauste er auf, »Welche pervertierten Ideen hast du Catherine ins Ohr gesetzt?! Sie will selbstbestimmt sein, frei und mächtig! Sie will Bücher lesen, zum Teufel!«
      »Vermag jener’s zu verhüten«, erwiderte Bentley schlaksig und mit genügend Ironie, um ganze Varietees bis an die Fenstersimse auszufüllen.
      »Du verstehst es nicht, oder?«, kochte Sundermare heißer und roter und getriebener, »Wenn sich dieses Kind dazu entschließt, erwachsen zu werden, dann schwindet mein Einfluss, dein Einfluss, der Einfluss des Worshipping House
      »Mag sein«, gestand Bentley bereitwillig, während er Sundermare in einen Seitenarm seines metallenen Kirchenschiffs führte, »Doch was soll ich sagen? Ich lebe zwischen Maschinen und schraube an der Zukunft. Meine Zeit ist zu kostbar, als dass ich lange über das Für und Wider einer einzigen Entscheidung elaborieren könnte. Die Befindlichkeiten der Gegenwart sind die Politik der Kleingeistigen…«
      »Du überheblicher…Warte, wohin bringst du mich? Was ist-?«
      Zu spät spürte Chester Sundermare die Zähne an seinem Hals und die Faust in seinem Rücken, die ihn durch die letzte Tür am Ende des langen kargen Ganges direkt in seine persönliche Hölle stieß.
      Kapitel 134 - Gebrochene Flügel

      »Gab einst 'nen Hund namens Smithson,
      der brauchte stets ewig zum Pissen,
      sein Herrchen sagte: ›Es eilt!‹,
      aber der Hund ließ sich Zeit,
      um am rechten Baum sein Beinchen zu hissen…«

      Die verwahrlosten gelben Zähne fielen wie die maroden Stifte eines rostigen Schlosses ineinander, als der Bastardkönig dem verhallenden Echo seiner eigenen widerwärtigen Stimme lauschte. Unaufhaltsam infizierte sie das weitläufige Hallengewölbe, kroch die verbarrikadierten Fenster und eisenverkleideten Wände entlang, überzog die nackten Glühbirnen mit knisternden Funken und nistete sich wie eine giftige Spinne im Ohr des erstarrten Generalsekretärs ein. Als sie zubiss, verlor Chester Sundermare die Kontrolle über seinen Körper und sein Leben.
      »Ich möchte…«, begann Ulysses in seinem Sessel unter dem zuckenden Schein der irrlichten Glühbirnen zu nuscheln, die schweren Ellbogen auf die Knie gestützt und die kraftstrotzenden Schultern raubtierhaft zum Hechtsprung aufgestellt, »Ich möchte, dass du ganz tief in dich gehst und dir überlegst, ob du in dieser kleinen beschissenen Geschichte hier der Hund, das Herrchen oder der Baum bist, bevor du dich wie ein kolossales Arschloch aufführst und die stahlherzer Repetierpistole aus der Innenseite deines Mantels ziehst.«
      Ertappt floh die Hand, welche sich zuvor zittrig und unbeholfen über Sundermares Seite in seinen rostroten Mantel zu schleichen versucht hatte, an sein schwarzes Hosenbein zurück. Der Braunhaarige würgte einen Fluch hinunter, bevor er die Waffe betont langsam aus ihrem Versteck angelte und widerwillig an den eisäugigen Fremden übergab, den er vor Sekunden noch für einen Kollegen gehalten hatte. Unschuldig wie die Sünde warf Heathcliff Bentley die Pistole mit gekonntem Effet auf das wildlederne Polstersofa an der Wand und sich selbst hinterher, um das unausweichliche Schicksal des Chester Sundermare wie preisgekröntes Theater aus erster Reihe verfolgen zu können.
      »Setz dich«, murmelte Ulysses. Sein giftgrüner Blick deutete durch die wilden blonden Locken hindurch auf einen wenig einladenden Eisenstuhl zwischen Sofa und Sessel. Chester, sich plötzlich die vergiftete Stimme des Bastardkönigs aus den Ohren schüttelnd, verweigerte den Befehl jedoch mit feuergeschwellter Brust und spuckenden Worten:
      »Nein! Genug! Was immer diese Farce zu bedeuten hat! Was immer du hier tust, Hearst!«
      Bentley fühlte sich nicht angesprochen.
      »Und was immer DU hier bezweckst, McKenna! Ich werde nicht-!«
      »Du musst nicht schreien«, unterbrach ihn Bentley nonchalant, »Du sprichst nicht vor dem Worshipping House und ich habe viel Geld investiert, damit dich hinter diesen Wänden niemand schreien hört…«
      »Meine Fresse, Cliff«, maulte sich Ulysses mit einem tiefen Seufzer auf die Beine, »Kling doch noch mehr wie ’ne beschissene Schwuchtel. Und Sundermare, halt dein Schwanzloch und setz dich auf den verfluchten Stuhl, damit ich nicht wie ein dämlicher Schuljunge zu dir hochschauen muss.«
      Chester wollte protestieren, doch die martialische Faust des Bastardkönigs schlug schnell wie ein Blitz in seiner Magenhöhle ein und der Schmerz, der ihr folgte, dröhnte wie das Donnerrollen. In prasselnden Schüben platzten Blut, Galle und die letzten Reste Muttermilch aus Sundermares krampfendem Rachen, bis ihn das Gewicht der Innereien, die sich in seinem Vollbart verklebt hatten, in die Lache zu seinen Füßen riss.
      »Fountische Männer«, kläffte Ulysses abfällig, »Genauso schlappschwänzig wie ihr Händedruck…und ihre Schwänze. Hoch mit dir!«
      Mit brachialer Gewalt packte der Bastardkönig sein röchelndes Opfer am Kragen und wuchtete es auf den rostigen Stuhl. Hatte Chester zuvor aus luftiger Höhe auf den untersetzten Ulysses hinunterschauen können, erhob sich dieser nun wie der zurückgekehrte Satan über seinem schweißnassen Haupt und spreizte die mächtigen Schultern zu gebrochenen Schwingen.
      »Was…was willst du?«, keuchte der berüchtigte Löwe der fountischen Politik mit gezogenen Krallen, »Oder…ihr? Was immer deine Rolle in diesem…diesem…Alptraum sein mag, Hearst.«
      »Ich bin das Herrchen«, bemerkte Bentley auf seiner gemütlichen Couch vorwitzig, während er sich tiefer in die weichen Polster fläzte. Sundermare quälte sich ein verzweifeltes, blutunterlaufenes Schmunzeln ab, bevor der beißende Whiskey-Atem des Bastardkönigs sein Lächeln wieder in die Flucht schlug. Wie ein Hirsch, der sich von der bellenden Hundemeute in seinem Rücken tief in eine Schlucht hatte treiben lassen, stellte sich Sundermare den toxischen grünen Augen und erwartete den Schuss des Jägers.

      »Sag Catherine, dass ihr nicht in den Krieg ziehen werdet«, befahl Ulysses’ rattenzerfressene Stimme blechern, »Sag ihr, dass du einen furchtbaren Fehler gemacht hast, dass deine Generäle Sitzpisser sind und du ihr zur Wiedergutmachung ein großes Puppenhaus kaufst oder was immer sie glücklich macht. Sag ihr, was du willst. Aber es wird keinen Krieg geben.«
      Nach diesen Worten gesellte sich eine absurde Atempause an die Seite der Stille in der stählernen Lagerhalle, die allein durch das irritierte Knistern der kargen Glühbirnen und den pulsierenden Herzschlag des fassungslosen Gefangenen unterwandert werden konnte. Selbst Bentley schien ein unausgesprochenes Seufzen anzuhaften, als er sich grüblerisch aus der Halbvertikalen zog und gen Schauspiel lehnte.
      »Ich soll…«, vermochte Sundermare schließlich zu stottern, »Ich soll…was?«
      »Den Krieg mit den Carnen im Keim ersticken, bevor er beginnt«, forderte Ulysses härter - und zunehmend verwirrter. Immer wieder flackerten die grünen Feuer in seinen Augen zwischen Bentley und Sundermare hin und her, bis er deren betretenes Schweigen nicht länger ertrug und die bebenden Lefzen wütend über die schiefen Zähne spannte.
      »Was?!«, bellte er unwirsch, »Was ist?!«
      »Ich kann den Krieg nicht einfach…einfach abblasen wie ein Bankett oder einen Ball«, erklärte sich Chester Sundermare entgeistert, »Wie stellst du dir das vor? Ich habe Jahre gebraucht, um das Worshipping House zu überzeugen und Catherine meine Vorhaben begreiflich zu machen. Habe Subventionen wie Pralinen gebilligt, Investoren rigorose Zugeständnisse gemacht und das Militär bis hinter den Horizont aufgestockt. Hinter diesem Krieg stehen zehn Dutzend mächtige Männer, die durch einen Sieg über die Carnen noch mächtiger werden wollen. Und du glaubst, ich könnte jetzt zu Catherine gehen, ihr mein Bedauern mitteilen und sie bitten, den Krieg…abzusagen? Ist das dein Ernst? Catherine selbst könnte es nicht mehr aufhalten!«
      Ulysses’ klaffende Mundwinkel zogen tiefe Furchen in seine bleichen Wangen, schwiegen jedoch, weshalb sich Sundermare fragend zum schulterzuckenden Bentley umdrehte:
      »Ist das sein Ernst?! Heilige Anne, McKenna, was bist du nicht naiv…«
      »Naiv…?«, knurrte Ulysses müde, »Nein…du bist nur mickrig. Ein Rümpfen meiner Nase genügt, um souveräne Nationen ins Chaos zu stürzen. Und du…stolzierst wie ein Pfau über diese verbohrte Insel, obwohl du schon für einen popligen Krieg zehn Dutzend Schwänze lutschen musst?«
      »Ich…« Sundermare stockte. Stromschnellen urtümlicher, archaischer Wut bahnten sich grollend und prasselnd ihren Weg durch seine Adern, ersäuften die Angst und tränkten seine schweren Fäuste in weißglühenden Schweiß. »Ich bin Chester Sundermare, royaler Generalsekretär und leibeigener Berater ihrer Majestät! Nur weil du lairischer Köter nicht verstehst, wie zivilisierte Menschen eine zivilisierte Gesellschaft lenken, schmälert das nicht die Macht, die ich über dieses Land innehabe!«
      »Natürlich tut es das«, widersprach Ulysses klar wie ein Kind - und ließ Chester Sundermare den gewaltigen Fehler erkennen, welchen er soeben begangen hatte, just bevor die unberechenbare Faust des Bastardkönigs den Funken des hereinbrechenden Entsetzens bereits auslöschte. Der plötzliche Schlag hallte berstend durch die metallversiegelte Lagerhalle und brach den Kiefer des Gefangenen ohne Mühe. Winselnd kauerte Sundermare wie eine mutterlose Neugeburt auf dem kalten Stahlboden, aus zertrümmerten Augen die Hilfe des vertrauten Fremden auf der Couch erflehend. Doch der Uhrmacher lächelte nur ein halbseidenes, vampirisches Lächeln und ließ die Hölle geschehen.
      Der zweite Schlag des Bastardkönig zerschmetterte Sundermares knollige Nase und trieb sie tief in den blutenden Schädel, aus dem wirre schmerzverzerrte Laute wie reißendes Wasser sprudelten. Erbarmungslos erstickte Ulysses die ohrenzerfetzenden Schreie unter seinem Knie, welches er zwischen Brustkorb und Kehle seines Opfers verkeilte, bevor er die schwieligen Hände an dessen Schläfen legte und zudrückte. Die Ohren des Blonden vernahmen das ungehaltene Zähneknirschen Heathcliff Bentleys ebenso deutlich wie die unbeschreibliche Agonie des königlichen Generalsekretärs, während sich seine Daumen tiefer und tiefer in die blutenden Augenhöhlen bohrten und das Weiß zerquetschten. Dotter und Schleim quollen zu beiden Seiten seiner dreckigen Fingernägel hervor, bis Ulysses ein grässliches Knorpeln an die Oberfläche trieb, der knirschende Schädel wie ein rohes Ei nachgab und Chester Sundermares grauenhafte Todesqualen schlagartig endeten. Fetzen von Hirn und Wogen zähen Blutes schwappten an Ulysses’ steinernen Armen empor, die seine zähnefletschende Grimasse mit Fleisch benetzten und die Flecken von Menschlichkeit aus seiner Haut wuschen. Er schnaubte wie ein wildes Tier, als er die unbändigen Pranken wieder aus der schmatzenden Hirnmasse zog und schlampig am roten Mantel des Ermordeten abwischte.
      »Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, diese Angelegenheit möglichst unblutig über die Bühne zu bringen?«, fragte Bentley mit der hilflosen Miene eines schlechten Vaters.
      »Das war so unblutig wie möglich«, schnaufte Ulysses trocken, »Macht heißt Gewalt.«
      »Was auch immer…«, grollte der Schwarzhaarige ohne Überzeugung, bevor er sich ächzend auf die langen Beine stemmte, den Rücken durchstreckte und seinen blutbesudelten Freund aus eisigen Augen kalt belächelte. Empfand er Mitleid für diesen Mann, der die ungezügelten Launen des Knaben hinter der stoischen Maske eines Greises zu verbergen versuchte, versteckte er es in den Fältchen seiner schmunzelnden Lippen und den makellosen Grübchen, die seine geschliffenen Wangen mit Leben schmückten. Betont ausgeglichen schlenderte Bentley an die Seite des Bastardkönigs, zu dessen schweren braunen Stiefeln Chester Sundermares Überreste Fleisch und Blut auf den kalten Stahlboden eiterten, und legte dem Blonden die monolithische Hand auf die dichten Lockenstrudel.
      »Das war gute Arbeit. Nicht mein Stil, aber…«
      »Soll ich dich jetzt küssen oder was soll das werden?«
      Entnervt ließ Bentley von Ulysses ab. »Jetzt hast du den schönen Moment zerstört.«
      »Würde mir Gedanken machen, was du alles schön findest«, spöttelte Ulysses leidenschaftslos, die toxischen grünen Augen über den zermalmten Schädel des Generalsekretärs wandern lassend.
      »Ich kümmere mich um ihn«, versprach Bentley gleichmütig, »Das Verschwinden des Chester Sundermare wird zu einem jener geheimnisumwucherten Mysterien heranreifen, wie sie die dunklen fountischen Straßen seit Jahrzehnten gebären und im Namen der großen Literatur ausweiden.«
      »Mit Werwölfen und Vampiren?«, fragte Ulysses trocken.
      »Vermutlich.«
      »Fantastisch.«

      Gesellschaftsclub »Sindicat«, Anne-The-Splendid

      Die schwarzglänzenden Klauen spreizten sich über die gewundene Armlehne und bohrten tiefe Narben in das lasierte Holz, auf dem die Krähe in ihrem Nest auf die Triebe des Baumes hinabblickte, den sie mit Perlen und Lügen geschmückt hatte. Unter ihren grünen Augen wogten die Kleingeistigen und Arglosen wie Seegräser in den sanften Strömungen der fließenden Musik, die vor Carla Griswolds gebrochener Nase am halbdurchlässigen Rauchglas abperlte. Die Frau in Schwarz war blind für die Schönheit der bunten Kleider zwischen den starken Armen, blind für das Glitzern der polierten Lackschuhe im Glanze der Kronleuchter. Mit verlorener Miene nagte sie an ihren aufgeplatzten dunklen Lippen und blinzelte gegen die getrockneten Spuren des kalten Blutes an, das auf ihren verkrusteten Wimpern gerann.
      Seit Minuten, die vergessenen Stunden gleichkamen, verharrte sie auf ihrem Lehnsessel über den naseweisen Köpfen ihrer feiernden Marionetten; Geschmeiß in ihrem Netz, das tanzte, während sie selbst unter dem Gewicht des Geschehenen verendete. Carlas schwarzes Herz krächzte nach dem Himmel, doch ihre Flügel waren gebrochen.
      »Du siehst grauenhaft aus. Wie eine Leiche«, gluckste Dionisia Lorca augenzwinkernd, nachdem Staub und Wind sie vor den zittrigen Füßen der Schwarzen Witwe ins Leben gehaucht hatten. Zwischen Ungeduld, Schadenfreude und Sorge zerrissen, neigte die schöne Südländerin den schwarzen Schopf und suchte den grünen Blick ihrer apathischen Anführerin. Niemals zuvor hatte Lorca die Frau in Schwarz so verloren und hilflos erlebt, so verlassen und hässlich. Carlas gelöstes Haar klebte wie Teer in ihrem schweißnassen Gesicht und verschmolz mit dem verschmierten Mascara zu einer eisernen Maske, hinter der endlose Schreie ungehört zerschellten.
      »Wir sollten dich wieder herrichten«, schlug Lorca widerwillig vor, als sie den stummen Lärm hinter Carlas zusammengeschmiedeten Lippen keine Sekunde länger ertragen zu können glaubte, und beorderte den im Türrahmen drucksenden Kellner an ihre Seite. Wort- und mutlos balancierte der eingeschüchterte Diener ein kleines Silbertablett voller medizinischer Utensilien auf den Beistelltisch neben Carlas Thron, bevor er die klappernden Beine in die Hand nahm und betete, der aufwirbelnde Staub möge sofort wieder zu Boden rieseln.
      »Schon lustig, wie leicht man Männer entmannen kann, findest du nicht?«, spaßte Lorca in der sehnlichsten Hoffnung, das altbewährte Rabenlächeln aus Carlas eiserner Maske kitzeln zu können. Tatsächlich rührten sich die schwarzen Lippen in diesem Moment, entglitten jedoch in die falsche Richtung.
      »Wie konnte ich das zulassen…?«, hauchte Carla wie entrückt, »Das war…mein Versagen…«

      »Was beunruhigt Sie daran?«, rasselte die Stimme eines Mannes plötzlich an den Ketten ihres totenstillen Kerkers, »Dass Sie einen Fehler begangen haben oder dass sie bluten?«
      Mit der ausgestreckten Hand voran tastete sich Douglas Remington durch Carlas private Loge, den zusammengeklappten Blindenstock unter dem muskulösen Arm und ehrliche Sorge in den schmalen Fältchen eines falschen Lächelns verstauend. Mit mehr Narrenglück als Geschick manövrierte sich der Blinde zwischen dem kleinen gläsernen Beistelltisch und der dunklen Couch vorbei, drückte sich unter dem hängenden Barschrank an der Wand entlang und stolperte schließlich über eine lederne Ottomane direkt vor Carlas gepolsterten Thron, wo er die übertölpelte Dionisia Lorca mit der charmanten Rüpelhaftigkeit der Schwerbehinderten vertrieb.
      »Ich übernehme das«, bestimmte er selbstsicher - und vernahm das herablassende Gackern der Staubfrau, noch bevor sein Knie vor Carlas versteinertem Antlitz den Boden berührt hatte.
      »Du bist blind!«
      »Natürlich«, erklärte sich Remington ruhig, seinen zusammengefalteten Blindenstock sacht gegen das Stuhlbein lehnend, »Deshalb behandle ich auch, was ich fühle - und nicht nur, was alle Welt sieht.«
      Schnaubend rang Lorca mit ihrem Stolz wie mit einem wilden Löwen, hielt ihren kochenden Zorn jedoch im Zaum. Carla widersprach nicht, und so gehorchte auch sie. Brodelnd.
      »Ich hoffe, du weißt, was du tust!«
      »Meine Brüder waren Rausschmeißer in einer üblen Spelunke. Kein Morgen verging ohne dieses Ritual. Säubern, desinfizieren, verbinden. Manchmal nähen. Damals konnte ich noch sehen, aber…«
      Bedächtig - als fürchtete er, sie zu zerbrechen - näherte sich Remingtons große Hand Carlas bebenden Wangen, bis jene plötzlich ausschlug und ihre zarten, verängstigten Finger tief in seinem Arm verkeilte.
      »Richtig…« Verlegen fuhr seine freie Hand durch seine kurzen, fuchsiaroten Haare, während sich die schwarzen Gläser seiner Schraubringbrille in ernster Demut gen Boden senkten. »Sie haben mir nie gestattet, ihr Gesicht zu…Sie zu sehen. Verzeihen Sie, Miss-«
      »Carla«, korrigierte sie, über seinen roten Scheitel hinweg allein die tanzenden Massen hinter dem Rauchglas beachtend. Bevor ihre kleine Hand die seine wieder entließ, spürte Remington die Sorgen und die lähmende Furcht unter Carlas samtener Haut fließen und Wellen schlagen. Ihre unbändige Wut über die Unausweichlichkeit, die Kontrolle abgeben und ihn so an ihrer Menschlichkeit teilhaben lassen zu müssen, erschütterte Carla bis in die tiefsten Winkel ihres Herzens und erweckte eine verletzliche Seele, die sie längst verdammt zu haben glaubte. Remington akzeptierte, dass er ihr verfallen würde, sobald seine Fingerkuppen ihr blutverdrecktes Kinn berührten, seine Hände sich um ihren angespannten Kiefer legten, wie nervöse Buben an den hohen Wangenknochen empor stahlen und seine Daumen über die weichen Härchen ihrer markanten Brauen strichen.
      »Sie sind sehr schön«, räusperte er sich schüchtern, als die fragenden Fältchen auf Carlas Stirn eine Beurteilung erbaten.
      »Wolltest du sie nur befummeln?!«, zischte Lorca aufgebracht, wurde jedoch von Carlas innerer Ruhe gemäßigt. Wie aus einem jahrhundertelangen Schlafe erwacht, lehnte sich die Schwarzhaarige plötzlich vor und schenkte Douglas Remington das erste Lächeln vom Rest ihres Lebens.
      »Nun, Douglas…?«, schlug sie ihren heißen Atem gegen seine runden Gläser, »Wollten Sie…?«
      »N-Natürlich nicht, Miss…Nein, Carla.« Unwirsch richtete er sich die Schraubringbrille und streckte wie ein Chirurg in Erwartung des Skalpells die Hand gen Lorca aus.
      »Tupfer.«
      Fauchend tat jene wie geheißen, anschließend jedoch jede Regung observierend, die das kleine Wattebäuschchen über Carlas pochende Nase tanzen ließ.
      »Wissen Sie, Carla…Was geschehen ist, ist geschehen«, versuchte sich der Rothaarige an einer wenig erbaulichen Aufmunterung, während er ihren verbogenen Nasenrücken betastete, »Aber die Vergangenheit wird Ihre Nase nicht richten. Schauen Sie nach vorn, niemals zurück. Und bereiten Sie sich vor. Auf ›drei‹, ja?«
      Carla atmete tief durch.
      »Eins-!«
      Ein beherzter Handgriff befreite den berstenden Schmerz, der sich mit einem knorpligen Knacken in die Freiheit flüchtete und eine schluchzende Carla zurückließ.
      »Schon gut, es ist vorbei«, tröstete Remington sie sofort, sanft über ihr langes schwarzes Haar streichend. »Alles gut…Es ist…«

      »…alles wieder gut. Schau.«
      Das kleine Mädchen im Spiegel schniefte an einer hartnäckigen Rotzfahne, während sie das rosarote Pflaster auf ihrer Stirn nach dem brennenden Krater absuchte, den der Ehering ihrer Mutter in ihre Haut geschlagen hatte. Unsicher, die letzte Träne nicht doch zu voreilig vergossen zu haben, verharrte ihr schneeweißes Gesichtchen in einem bibbernden Dämmerzustand zwischen Schluchzen und Lächeln, bis sie hinter dem Rand des Glases ein weiteres Bild ihrer selbst fand, das hell und hoffnungsvoll im Augengrün ihres Vaters strahlte.
      »Jetzt bist du wieder wie neu. Tut es noch weh?«
      Allein ihm zuliebe zwang sich Carla ein energisches Kopfschütteln ab. »Nein, Papa. Dankeschön.«
      »Du kleine Schwindlerin«, lachte er mitleidig, stellte den kleinen Spiegel ab und schloss das Mädchen in seine gewaltigen Arme. Das Weiß seines Hemdes saugte die letzten feuchten Reste ihrer Trauer auf und ließ nichts als das zuckersüße Mädchenlächeln zurück, welches ihn die unzähligen Überstunden in der Kanzlei ertragen ließ.
      »Ich habe dich vermisst«, flüsterte sie durch seine Brust hindurch seinem Herzen zu, »Ganz doll vermisst. Geh nicht wieder weg…«
      »Natürlich nicht«, versprach er mit feuchten Augen, »Der Prozess ist vorbei, jetzt bin ich wieder ganz lange hier. Bei dir und Ma-«
      Augenblicklich riss sich die Kleine aus seinem Griff los und paddelte vom Fußende des Bettes in das voluminöse Meer aus Kissen und Stofftieren zurück, das ihre gelben Laken überschwemmte.
      »Ganz lange heißt nicht für immer!«, protestierte sie ungestüm und pflanzte ihre aufkeimende Wut im flauschigen Bauch eines gewaltigen blauen Elefanten. Ihr Vater blieb untröstlich am Rand des Himmelbettes zurück, nun selbst die verzweifelten Tränen bekämpfend, die er zuvor so beherzt zu trocknen versucht hatte.
      »Carla…«
      »Ich will nicht!«, grummelte das Mädchen in den weichen Elefanten.
      »Ich bitte dich«, ließ er nicht locker, was Carla offenbar imponierte. Wie eine Prinzessin, zu deren Ehren Ritterspiele abgehalten würden, entschwebte ihr rabenschwarzer Schopf dem flauschigen Stoff und entsandte erwartungsvolle Blicke.
      »Komm wieder her, komm.«
      »Nicht ohne Fridolin.«
      »Natürlich nicht. Wir haben keine Geheimnisse vor Fridolin.«
      Noch immer reserviert, aber von der Mühe ihres Vater sichtlich hingerissen, nahm sie Fridolin am Rüssel und kroch an das Ende des Bettes zurück. Mit kindlichster Neugier und einem Argwohn, zu dem kein kleines Mädchen imstande sein sollte, verzog sie die verwundete Augenbraue, als er den Spiegel vom Boden hob und auf seinem Knie abstellte.
      »Was siehst du?«, fragte er, als ihrer beider Gesichter im polierten Glas aufleuchteten. Carla überlegte angestrengt, und ihr Vater genoss jede Sekunde, in der seine gerade Nase über ihren Rosenlippen vor Überlegung witterte, seine glänzend grünen Augen in ihrem Gesicht blinzelten und sein schwarzes Haar auf ihrem kleinen Haupt im Licht der Deckenleuchte fluoreszierte. Jeden Tag wurde sie ihm zu gleichen Teilen ähnlicher und fremder, lernte seine Gesten zu imitieren und zu etwas gänzlich Neuem, gänzlich Perfektem zu verformen. Jeder Moment an ihrer Seite erschien ihm wie eine Ewigkeit, die wie Sand durch seine Finger rann.
      »Ich sehe dich. Und mich. Uns beide«, fand die kleine Carla allmählich eine Antwort auf die Frage, die er selbst nicht besser hätte beantworten können, »Deine Augen sind wie meine Augen.«
      »Fast«, bemerkte er, »Deine Augen sind wie meine Augen. Und weißt du, was das bedeutet?«
      Halbnickend schüttelte sie den Kopf.
      »Das bedeutet, dass ich immer bei dir sein werde. Immer. Ich bin ein Teil von dir, und du bist ein Teil von mir. Wo du bist, bin ich…«
      »Und wo ich bin…«, vollendete das kleine Mädchen mit aufleuchtenden Augen seine Überlegungen, »Und wo ich bin, bist du!«
      »Sehr richtig. Du bist niemals allein«, wisperte sein sanfter Kuss in ihr schwarzes Haar, »Alles, was ich bin…lebt in dir weiter, mein kleiner Rabe. Egal wie hoch du fliegst, egal wie weit du fliegst. Ich werde immer an deiner Seite sein. Immer…«

      »…wenn ich meine Brüder zusammengeflickt habe, konnten die sich vor Jammern und Stöhnen kaum auf dem Stuhl halten. Sie haben mehr Eier als beide zusammen«, plauderte Douglas Remington freundlich und beiläufig, nachdem er den letzten Streifen Pflaster über Carlas Nasenrücken gespannt hatte. Sorgfältig unternahmen seine blinden Hände einen behutsamen Rundgang durch die verarzteten Alkoven ihrer weißen Haut, auf der sich die Strapazen der letzten Stunden wie Risse im Fundament abzeichneten. Müde Worte verhallten in einem abgekämpften Lächeln, als der Blinde Carlas blutverschmierte schwarze Fassade abwusch und blasse, rosige Lippen entblößte.
      »Gut, dass ich Lorca fortgeschickt habe«, schmunzelte sie bitter.
      »Sie müssen sich nicht schämen, mehr als ihr Mythos zu sein, Carla.« Achtsam tupfte er die aufquellenden Blutrosen von ihren Wangen, restaurierte jede Pore ihrer reinen weißen Haut wie den Pinselstrich eines verschollenen Meisters. »Wenn ich mich konzentriere, kann ich ihren Herzschlag hören.«
      »Welches Herz?«, scherzte Carla kühl und verhalten. Remington lachte leise. Sein halbes Leben hatte er in der Dunkelheit verbracht, einer endlosen Finsternis voller Monster, die er nicht kommen sehen konnte, und voller Gesichter, die er niemals würde lächeln sehen. Er kannte das Licht, das strahlte und offenbarte, und er kannte die Schatten, die verhüllten und verschlangen. Den Segen, den sie ihm aus dem Schädel gerissen hatten, und den unendlichen Fluch, der ihm geblieben war.
      »Wenn Sie gestatten, Carla…«, tastete sich seine Stimme beinahe zögerlicher voran als seine Hände zuvor, »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
      Augenblicklich taten sich geriffelte Wölbungen in Carlas markantem Kinn auf und entsandten prickelnde Vibrationen in die angespannten Fingerkuppen des Rothaarigen. Wie ein Junge, der bereits am Verschluss des Büstenhalters gescheitert war, schrie Remington sein Innerstes an und übertönte dabei beinahe die geraunten Worte der entblätterten blassen Lippen:
      »Habe ich mich heute nicht bereits genug entblößt, Douglas…?«
      »Nicht, dass es mir auffallen würde«, konterte er schurkencharmant - und widerstand dem schwelenden Drang, die unter seinen Fingern aufklaffenden Grübchen zu küssen. Geistesgegenwärtig riss er seine Hände von Carlas weicher, perfekter Porzellanhaut los, um der Versuchung nicht zu erliegen. Er wusste, dass Carla seine Gedanken mit anhörte, wie er nach ihrem Herzschlag horchte - und er betete, die Musik seines Geistes möge ebenso unbeschreiblich aufspielen wie das Orchester in ihrer bebenden Brust.
      »Wie lautet Ihre Frage?«
      Remington zögerte, bevor er ihr Wohlwollen in gierigen Schlücken bis auf den Grund ausleerte:
      »Wie einsam sind Sie wirklich?«
      »Einsam…?«, hallte das Echo seiner Anmaßung in ihrer dunklen Stimme wider, ohne dass der Blinde ihre Gefühle an den Fältchen und Muskeln ihres Gesichtes ertasten konnte, »Warum halten Sie mich für einsam?«
      »Sie verstecken sich hinter schwarzem Lippenstift und Lidschatten. Wie könnten Sie es nicht sein?«
      »Douglas…«, schmunzelte sie nach wenigen Sekunden düsterer Bedenkzeit in die Finsternis, die Remingtons Welt formte, »Sie mögen glauben, diesen Moment der Schwäche zu bezeugen, verleihe Ihnen die Macht, mich in die Form eines Menschen zu gießen und…« Mit der Verheißung der Sirenen umarmten Carlas leichenweiße Hände plötzlich Remingtons schwere, große Finger und führten sie in ihren Schoß. »…und tief in mein Innerstes vorzudringen…«
      Lust und Sünde strahlten durch den schwarzen Stoff des wallenden Kleides, füllten Remingtons Lebenslinien mit Scham und ließen ihn eine Ahnung von der Hitze der Frauen erhaschen. Keuchend lauschte der Blinde jeder Regung der entblätterten Lippen, ohne seine aufquellende Mannesglut mit keuschen Gedanken löschen zu können. Zufrieden fuhr die Frau in Schwarz fort:
      »Doch was immer Sie in mir gefunden zu haben glauben, entsteigt nur den Säften, die in ihnen hochkochen und Ihren Verstand vernebeln.«
      Leidenschaftslos schnippte die Frau in Schwarz die verschwitzten Finger des Rothaarigen aus ihrem wärmenden Schoß, stemmte sich auf die weißen nackten Füße und flutete ihr Haar mit den Fingern wie Rabenschwingen.
      »Bewahren Sie meine Schande gut für mich auf, Douglas. Wohlmöglich werde ich sie eines Tages zurückfordern«, lauteten ihre letzten Worte, welche sie dem Rothaarigen wie einen Abschiedskuss auf die Wange hauchte, bevor sich ihr geschlagener Körper gleich einem verwundeten Tier in die Schatten zurückzog und Remington allein zurückließ. In Gedanken versunken. Kniend.
      Hatte der Blinde bislang zu wissen geglaubt, nur die Kinder des Tages könnten gepackt und in die Nacht geworfen werden, wo sie belauert und gejagt und gefressen würden, ließ ihn die atemberaubende Widersprüchlichkeit der Schwarzen Witwe nun atemlos und schwachsinnig zurück. Carla Griswold war ein Geschöpf der Nacht, dazu verdammt, im gleißenden Licht zu wandeln; und die eitlen Nasen, die ihr Gesicht Tag um Tag eitel der Sonne entgegen reckten, würden nicht ahnen, dass sie nicht allein waren - bis es zu spät wäre.
      Kapitel 135 - Der schlimmste Tag seit gestern

      Jaulend und unerbittlich jagte der eisige Nordwind den prasselnden Regenguss über die schwarzen Dächer der Stadt hinaus in das dünn besiedelte Marschland, wo das Lärmen der Schauer wie das Tosen einer geschlagenen Schlacht verebbte. Die Minuten zerronnen mit den sauren Tränen an den rußverklebten Fassaden und glasäugigen Fenstern, während Douglas Remington auf Carlas Thron dem Trocknen des Wassers lauschte. Gleich einem tauben Komponisten haschte sein Geist nach den Eindrücken vergangener Augenblicke, nach erlebten Erfahrungen und genossenen Sinnlichkeiten. Stirnrunzelnd versuchte der Rothaarige, die herbstlichen Straßen in seinem blinden Geiste zu modellieren und aus dem Gedächtnis heraus eine drohende rote Abendsonne zu erschaffen, die den regennassen Pflasterstein wie brennendes Öl schillern ließ. Doch die Erinnerungen verblassten, und mit ihnen die Farben, aus denen sie gemalt worden waren.
      »Ja?«, schnarrte er brüchig und gedankenversunken in die Mini-Teleschnecke an seinem Handgelenk, deren Erwachen seine Haut bereits vor seinen Ohren vernommen hatte. Das Blecken trockener Lippen auf unechten Zähnen schickte den Vorboten eines Lautes voraus, dem die alte Zunge einer quirligen Stimme folgen sollte:
      »Mr. Remington, wie ergeht es Ihnen am Hofe der finsteren Gräfin? Erwartet Sie bereits der Ritterschlag, oder tragen Sie einen Hut mit vielen Glöckchen, die bimmeln, wenn sie einen Schritt tun?«
      »Miss Scarboro…«
      »Sie klingen überrascht«, gurrte die Schnecke kess und erwartungsvoll, »Sagen Sie mir, wie steht es um meine Investition?«
      »Sie ist umwerfend«, antwortete der Blinde ohne Nachzudenken - und ohne das Zurren der aschbraunen Augenbrauen hinter den aufgeweckten Fühlern zu bemerken.
      »Mr. Remington…«, gluckste die Teleschnecke doppelbödig, »Bitte tischen Sie mir keine Blöße auf. Von denen muss ich aufstoßen.«
      Plötzlich hellwach fuhr sich Remington durch den fuchsiaroten Fassonschnitt, als durchkämme er sein Deckhaar auf der Suche nach seiner verloren gegangenen Professionalität, und räusperte sich in dem Wissen, soeben zu leichtfertig an das Wasserloch getreten zu sein.
      »Mr. Remingto~n«, summte Scarboro kaltschnäuzig, »Ich wa~rte…«
      Gewissenhaft wägte der Blinde seine Worte ab. Jede Silbe glich einem Schritt auf einen vereisten See, der unter der Sohle knackte und lauerte. Aphrodite Scarboro war dieser See - und Remington hatte nie gelernt zu schwimmen.
      »Das ›Sindicat‹ generiert signifikante und beständig steigende Gewinne, die Abschläge an Kellys Mädchen und Shades' Drogengeld bereits einberechnet. Es verzeichnet Gäste aus allen gesellschaftlichen Zweigen. Altes Geld schnupft neues Geld, gelangweilte Millionäre teilen und verlassen die Tanzfläche bereitwillig mit Kellys Huren. Griswold versteht es, Geltungsansprüche und den Hauch des Verbotenen miteinander zu verweben. Sie-«
      »Hat keinen Vornamen?«, unterbrach ihn Scarboro plötzlich mit der Spitzfindigkeit einer Maus, die Käse aus einer Falle stibitzt, »Wieso scheuen Sie sich, ihren Vornamen zu gebrauchen? Befürchten Sie, ihn nicht ohne schmachtendes Stöhnen über die Lippen bringen zu können?«
      »Wa-!? Nein. Ich…«
      »Sagen Sie ihn.«
      Gequält versank Remington tiefer im rabenschwarzen Leder der hohen Lehne, die sich über seinem fuchsiaroten Schopf wie eine Guillotine aufbaute. Es hatte seiner Chefin nur wenige Sekunden abverlangt, aus Carlas Thron ein Schafott zu errichten und Douglas unter die Schneide zu lotsen.
      »Mr. Remington…«, wurde Scarboro wieder sanfter - jedoch kein bisschen zugänglicher, »Was glauben Sie, wieso habe ich Sie für diesen Job ausgewählt?«
      »Weil ich loyal und kompetent bin?«, riet der Blinde ins Blaue hinein.
      »Nein«, kicherte Scarboro, »Weil sie süß sind und groß…und blind. Könnten Sie sich selbst im Spiegel sehen, Sie würden den perfekten Schwiegersohn vorfinden. Nett, humorvoll, höflich. Aber auch ein bisschen langweilig. Risikoarm. Als hätte Trockensex ein Gesicht.«
      »Mir fehlen die Worte«, entfuhr es dem perfekten Schwiegersohn bedröppelt, was der Teleschnecke ein absonderliches Quietschen abtrotzte:
      »O~ch, nun schmollen Sie doch nicht, Mr. Remington. Habe ich denn Unrecht? Tragen Sie - oder tragen Sie nicht - noch immer eine zweite Brille in ihrem Jackett? Nur für ›den Fall der Fälle‹?«
      Gegen seinen Willen tastete die Hand des Blinden nach der unauffälligen Wölbung unter seinem Anzug, die den Worten seiner Chefin vollkommenes Recht zusprach und ihn noch kleiner und mutloser in Carlas Thron zurückließ. Er war ein elender Verlierer - und Aphrodite Scarboro eine miserable Gewinnerin.
      »Aber Glückauf, Mr. Remington!«, schlug ihre gackernde Zunge einen markanten Haken, »Ich schätze Sie, das wissen Sie.«
      »Ja…«
      »Und Sie wissen, wie untröstlich ich wäre, würden Sie mich enttäuschen.«
      »Natürlich, Miss Scarboro. Habe ich das denn jemals?«
      »Nein«, gurrten die geschwungenen Lippen der Teleschnecke unter bedrohlich verkniffenen Augen, »Aber es gibt bekanntlich für alles ein erstes Mal - und ich weiß, wie verheißungsvoll erste Male sein können…«
      Überrascht - und offenkundig verschämt - entgleiste Remingtons Gesicht zur unbehaglichen Fratze, bevor er sich seine Schlagfertigkeit zurückeroberte.
      »Miss Scarboro…Wollen Sie mich etwa verführen?«
      Die Teleschnecke lachte und lachte - und lachte. Länger, als es Remingtons Ego zuträglich gewesen wäre. Dann gluckste sie:
      »Deswegen sind Sie mein Lieblingsaußendienstler. Goldig, dieser Humor. Aber nein, selbstverständlich nicht. Ich möchte nur sichergehen, dass ich später keine Fetzen ihres Hinterns von Carlas Hacken pulen muss.«
      »Ich versichere Ihnen«, sprach Remington entwaffnend ernst, »Gris…Carla hat alles unter Kontrolle und ist unter Kontrolle.«
      »Prächtig«, grinste die Teleschnecke breit wie eine Mondsichel und ebenso geheimnisvoll, »Dennoch werden Sie mir nun täglich Bericht erstatten.«
      »Das wird nicht-«
      »Kusch! Ich rede, Mr. Remington, und ich sage Ihnen: Seien Sie vorsichtig, sonst enden Sie noch wie all die anderen armen Schweine an Carlas Wand.
      Remington zögerte, doch schließlich ergab er sich. »Meine Treue gehört allein Ihnen und Almanag. Carla interessiert mich nicht.«
      »Ist auch besser so, Remington«, feixte Scarboro trocken, »Sie wissen ja, Liebe macht blind.«

      Mac Brónach, Cattle's Corridor

      Der Gestank seiner Heimat befiel Ulysses wie Schwärme schwarzer Fliegen, als er die verwahrlosten Elendsstraßen der teetrinkenden Barbaren hinter sich ließ und über zerklüftete Treppenstufen in die heruntergekommenen Kreuzgassen des lairischen Viertels entfloh.
      Knoten und Spiralen formten das abfallende Treppengeflecht dieser vergessenen Garnison, die einst großen Männern und Frauen als letztes Bollwerk gegen das minzemalmende Regime gedient hatte, und doch wagte Ulysses den Blick über seine Schulter für keinen Moment zu lösen. Getrieben tastete er sich die lichtkargen Häuserschluchten hinab, eng an das schweißnasse Mauerwerk gedrängt und hündisch witternd. Der Widerhall seiner eigenen Schritte lauerte in den Schatten und würde zuschlagen, ließe er ihm nur die Gelegenheit. Einen schnaubenden Atemzug lang hielt der Bastardkönig inne, während seine Paranoia hinter den verwaisten Überresten einer zerfallenen Sonntagsschule die kathedralischen Straßen unter dem letzten Vorsprung nach Attentätern und Dämonen absuchte. Kalte Nebel perlten wie saurer Atem auf der Haut und der Wind, der durch die zugigen Senken jagte, schmeckte nach entzündetem Zahnfleisch. Unzufriedener als ein vergessener Gott stemmte Ulysses den hohen Kragen seines Mantels gegen das launische fountische Wetter auf, blies die galligen Schwaden aus seinen Lungen und nahm die letzten Stufen gen Bodensatz.
      Mac Brónach, eingepfercht zwischen den stinkenden Abwässern des Pirrip und den drohenden feuerspeienden Festungstürmen Union Blacks, verfaulte gleich einer eitrigen Achselhöhle in einer feuchten Mulde aus Backstein und Straßenschlick, in der sich Kneipen wie Grabsteine aneinanderreihten und der Leichengeruch verendeter Träume die Luft verpestete. Alles klebte, stank und torkelte, über die eigenen Beine stolpernd, mit dem Kinn im Dreck aufschlagend, sich unter Grölen aufrappelnd und lallend weiter voran stürzend. Verschüttetes Bier regnete über die verstopften Straßen, bildete Rinnsale zwischen den durchnässten Sohlen der umherziehenden Massen. Trat Ulysses in eine Pfütze, platschten Whiskey und Pisse an seinen Beinen empor und tränkten seine Hose mit dem Blut der lairischen Arbeiterklasse.
      »Láire go Brách«, murmelten seine spröden Lippen sarkastisch, bevor ihn ein vertrauter Laut in der Fremde aufschreckte.

      Engine Barker, Union Black

      Sie erwachte in einem Körper ohne Zeit, in einem Raum ohne Leben, allein mit ihren Gedanken und einer Migräne aus der Hölle.
      Der Stich der Nadel, die sie in einen verwunschenen Schlaf entführt und aus den schwarzen Mauern des Harker-Anwesens verschleppt haben musste, pochte noch immer in ihrem Nacken und jagte einen sengenden Schmerz durch jede Pore ihrer Haut.
      Nur langsam gewöhnte sie sich an das tumbe Halbdunkel, in dem winzige rußige Späne wie Aschenflocken auf ihr weißes Kleid rieselten. Ihre Augen waren Blinde, die nach den Linien und Schattierungen rostiger Apparaturen und unheilvoller Dampfmaschinen tasteten. Schwere verkupferte Rohre ragten über ihrem geblendeten Haupt aus eisenverkleideten Wänden und bildeten einen labyrinthischen Himmel voller metallener Schlangennester. Ihr würde übel. Verkatert fiel ihr Kinn auf ihre Brust zurück, in zerknirschte Falten geworfen und vor Verzweiflung bibbernd.
      Die Minuten zogen wie lungernde Gaffer an ihr vorüber, bis Luca Briatore ihrer überdrüssig wurde und sie mit einem stoischen Zischen vertrieb. Mit Wut im Herzen und Trotz in den Augen kanalisierte die Blonde ihr flammendes caligulanisches Erbe, stemmte die wunden nackten Füße gegen den eisigen Betonboden und rasselte an den Fesseln, die ihre Hände an ihren Rücken und ihren Rücken an ein massives eisernes Ungetüm schmiedeten. Sie wütete, horchte, und wütete weiter, bis ein gellendes Scheppern die massive Stahltür in Bewegung setzte, hinter der sich Luca wie Schmuck in einem Tresor fühlte.
      »Wo bin ich?«, fragte sie den eintretenden Schatten barsch, »Wohin habt ihr mich verschleppt?«
      »Verschleppt?«, wiederholte er im Türrahmen schal, »Nennen wir es lieber ›umquartiert‹ und fragen uns nicht ›Wo?‹, sondern ›Wieso?‹. Ich hole dir mal was zu trinken, während du grübelst. Du musst durstig sein.«
      Ungeduldig folgten Lucas stahlblaue Augen dem Schatten aus dem Türspalt hinaus in die spärlich belichtete Dunkelheit eines langen eisernen Ganges, an dessen Ende nur ein weiteres verriegeltes Tor auf Luca wartete, das der Pforte ihres Tresors bis auf die letzte Schraubenmutter genau glich. Sie ahnte, dass das Lösen ihrer Fesseln nur die erste von vielen Prüfungen wäre, die ihr auf der Odyssee in die Freiheit auferlegt würden, und zerbiss sich vor blankem Frust die Zähne.
      »Zermartere dir nicht den Verstand. Bringt deinem hübschen Gesicht nur Falten ein«, riet ihr der zurückkehrende Schattenmann beim Anblick ihrer zerfurchten Denkermiene gönnerhaft. Ein gelassener Tritt gen Kerkertür ließ das mächtige Stahlgetriebe gellend einrasten und schloss Luca mit ihrem dunklen Wächter ein. Seine Schritte kamen näher, beschwingt und fest wie der Stechschritt eines Soldaten auf Heimaturlaub.
      »Vorsicht«, warnte er sie ganz nah, »Gleich wird's hell.«

      Und es ward hell. Surrende Deckenleuchten fluteten Lucas Tresor mit weißen elektrischen Wasserfällen, die seidig zwischen den Kupferrohren sprudelten und den steinernen Boden mit schlangenhaften Schatten bedeckten. Das gebräunte Gesicht der Blonden quengelte und nörgelte wie ein Kind am ersten Schultag, bevor es sich dem just eingebrochenen Tag trotzig geschlagen gab. Missmutig hob Luca die Lider, und fand sich zwischen den ungeheuerlichen Monstren aus Eisen und Rost, eingemauerten Rohren und metallverschweißten Wänden eingekesselt. Das Licht hatte Lucas Welt weder heller noch freundlicher gemacht, dafür jedoch ihre letzten Hoffnungen wie Kakerlaken in die Flucht geschlagen.
      Vergebens suchte die Blonde nach ihrem geschwätzigen Wärter - dafür fand sie einen armseligen Kellner, der ihr eine breite Auswahl an Fruchtsäften, Wasserkaraffen und Erfrischungsschorlen auf einem silbernen Tablett unter die Nase hielt.
      »Was darf's sein?«, fragte er mit einem gehässigen Lächeln, dem mindestens zwei Zähne und jede Geduld fehlten.
      Vor wenigen Stunden noch mochte er ein attraktiver und vorzeigbarer Mann mit rabenschwarzen zurückgelegten Haaren und markanten Wangenknochen gewesen sein, der schurkenhaft in den Salons und Pubs der fountischen Hauptstadt wilderte, die kräftigen Schultern lässig auf den Achseln ablegte und kühle Mädchenlippen mit einem heißen Lächeln schmolz; ein Mann, der lebte und lachte und dessen Gesicht nicht unter Beulen und Schrammen verschüttet war. Nun jedoch wucherte eine violette Bergkette aus glasigen Schwellungen und pulsierenden Blutergüssen quer und längs über den regenbogenbunten Überrest seines einstmals schneidigen Gesichtes, durch welches der gespaltene Rücken seiner zerborstenen Nase wie ein erodierter Steilhang brach. Sein rechtes - freies - Auge schien Lucas Entsetzen zu bemerken, denn seine aufgeplatzten Lippen drosselten ihr falsches Lächeln reflexartig zu einem giftigen Schmunzeln.
      »Sprachlos, Königin der großen Klappen?«
      Luca schüttelte den Kopf, sprachlos. Ihr geprügelter Wächter schniefte ein dreckiges Lachen durch seine blaugrünen Nasenflügel, bevor er ihr ungefragt ein großes Glas Zitronenwasser auffüllte und behutsam an die zittrigen Lippen setzte. Benommen trank sie, und hörte zu.
      »Nach deinem kleinen Ausflug hat Miss Griswold Konsequenzen gezogen und dich umquartieren lassen. Ich soll dir ihre wärmsten Grüße übermitteln, fällt mir dabei ein…Schon genug?«
      »Wer bist du?«, fragte Luca verwirrt, während er ihre benässten Mundwinkel mit einem rosensamtenen Taschentuch trocknete. Ein ockerbraunes Ebenbild ihrer Selbst spiegelte sich verloren und hilflos in seinem verbliebenen Auge, als ihr derangierter Wächter seinen Blick schließlich von ihren glänzenden Lippen nahm und geheimnistuerisch flüsterte:
      »Der Kerl, dem du ziemlich übel mitgespielt hast.«

      Mac Brónach, Cattle's Corridor

      »Ich bin überrascht, dass dich niemand erkennt«, bemerkte Umanagh Fitzgibbon naseweis, während seine wildledernen Slipper wie im Spiel um Pfützen und Schnapsleichen tänzelten. Ulysses grunzte nur.
      Die spärliche Abendsonne hatte erst vor wenigen Minuten begonnen, die langen Schatten wie Ungeziefer unter den fensterlosen Backsteinbauten hervor zu scheuchen, und doch musste er sich bereits durch die zerfaserten Muskelstränge betrunkener Schichtarbeiter und verlorener Hungerleider kämpfen.
      »Sie sind Würmer«, murmelte er kurzentschlossen und grausam, »Die Nabelschnur ist durchtrennt und die Geschichten ihrer Mütter und Väter vom Grün der grünen Insel nur noch blasse Erinnerungen, die sie nach einem Katerfrühstück in die Schüssel scheißen.«
      »Sprach St.Ulysses, Schutzpatron der Enthaltsamen«, witzelte Umanagh mit einem affektierten Lächeln, das seine silbernen Lippen wie die gewetzten Klingen einer gespannten Schere auseinander klaffen ließ. In katzenhafter Manier stromerte der schlanke Fischmensch um Ulysses' mürrische Stiefelschritte, strich sich seinen capriblauen Maßanzug gerade und suchte kurzweilige Zerstreuung in den rauchverkrusteten Reflexionen der vorbeiziehenden Barfenster. Nicht unzufrieden sah er dem adretten jungen Fischmenschen im Spiegelglas hinterher, dessen silberne Schuppenhaut im Dämmerlicht der Gosse wie frisch geschmiedeter Stahl leuchtete. Große runde Augen grüßten ihn, in vornehmer Anerkennung über den prächtigen Schnauzbart fahrend, der sich gleich einem kobaltblauem Seeadler über einem Meer perfekt getrimmter Stoppeln aufschwang. Umanaghs Spiegelbild gefiel sich in der Rolle des gewitzten Putzerfisches an der Finne des Weißen Hais, während er lautlos im Windschatten des Bastardkönigs durch das Fensterglas tauchte.
      »Die Oktave hat sich wieder gemeldet«, ließ er Ulysses beinahe beiläufig wissen, nachdem ihre Rücken der überschwemmten Hauptstraße des Viertels endlich den Mittelfinger entgegenstreckten, »Sie wollen den Fischmenschen.«
      »Meermann«, korrigierte Ulysses gleichgültig.
      »Eben den. Sie sind ziemlich angepisst.«
      »Sie sind angepisst?« Abschätzig verzog Ulysses die spröden Lippen gen Nasenflügel. »Ich sollte angepisst sein. Der Meermann steht unter meinem Schutz. Diese aalglatten Aale können froh sein, noch atmen zu dürfen.«
      »Das sehen sie anders. Nach ihrem Ehrenkodex…«
      »-müssen sie fast zwei Jahrzehnte warten, bis sie einen Verräter bestrafen?«, unterbrach ihn Ulysses rotzig, »Ehrenkodex am Arsch. Diese erbärmlichen Sardellen haben Angst vor ihm, Angst vor Callaghan, der Weltregierung. Angst vor dem Blut, das in einem fairen Kampf fließen würde. Wir sollten sie entgräten und in Dosen stecken.«
      »So unterhaltsam das bestimmt wäre…würde das nicht die falschen Signale senden? Immerhin waren sie langjährige Geschäftspartner.«
      Gnadenlos schüttelte sich Ulysses die dunkelblonden Lockenstrudel aus den aufblitzenden grünen Augen.
      »Geschäftspartner einer Toten. Ich bin nicht Lauras Nachfolger, sie hat mich nicht…beerbt. Ich bin aus der Asche und dem Schutt hervorgekrochen, die sie uns hinterlassen hat.«
      »Ich weiß«, hauchte Umanagh kleinlaut. Der Fischmensch wusste um die Launen, die Ulysses wie Stürme heimsuchten, und um die Gefahr, auf der Suche nach ruhigeren Gewässern nur Riffe zu finden. Seite an Seite wateten sie durch die versunkenen Bordsteinschluchten Mac Brónachs, traten über zerborstene Flaschen und geplatzte Träume, vorbei an Spelunken, Bruchbuden und betrunkenen Proleten, die an eine Hauswand gestützt ihr Revier im Feindesland markierten. Als sich die Gasse erneut gabelte, entschied sich Ulysses schließlich für den Weg der Milde.
      »Gut. Ich werde mich nach meiner Rückkehr mit ihnen befassen.«
      »Du?« Entgeistert lösten sich Umanaghs rauchblaue Augen von den goldenen Nieten seiner Slipper. »Persönlich?«
      »Warum nicht? Glaubst du, ich werde mit ihnen nicht fertig?«
      Umanagh seufzte. »Im Gegenteil. Ich will sie nur nicht noch mehr gegen uns aufbringen.«
      »Ich bitte dich«, nuschelte Ulysses mit der Unschuldsmiene eines Engels, während er sich Reste von Chester Sundermares Hirn aus den gelben Zahnlöchern popelte, »Wie sollte ich eine Horde glubschäugiger Waltrangurgler gegen mich aufbringen?«

      Engine Barker, Union Black

      »Maguro«, befahl Luca missmutig und ihr derangierter Kerkermeister tat wie geheißen. Routiniert fischte er den zerschnittenen Thunfisch samt Reisbett von der schwarzen Tellerplatte, die er binnen weniger Minuten aus den Eingeweiden des monströsen Fabrikkomplexes herbeigezaubert hatte, und bugsierte ihn gekonnt an Lucas bebende Lippen. Wie ein Jungvogel sperrte die Blonde den Mund auf, stibitzte das Sushi von den Essstäbchen und kaute - unübersehbar übellaunig - darauf herum.
      »Schmeckt es dir nicht?«, fragte ihr Wächter aus vollem Mund, »Meine Mutter hat es mir beigebracht.«
      »Es ist köstlich«, gestand Luca nahezu vorwurfsvoll. Ihre sonnenbraune Stirn wölbte sich wie ein ausgetrocknetes Flussbett, in dem sich dunkle Schatten sammelten. »War deine Mutter Köchin?«
      »Nicht direkt«, grinste der Schwarzhaarige so breit es seine geprügelten Kieferknochen zuließen, »Willst du noch?«
      Auf ihr Nicken hin schob er ihr ein in Würzsoße ertränktes Reisbällchen zwischen die halbgeöffneten Lippen, bevor er sich einen großzügigen Schluck Sake einschenkte und über den Rand des Schälchens hinweg nachhakte:
      »Ich frage mich, macht mich das jetzt zu deinem Wärter…oder deinem Bediensteten?«
      Herausfordernd legte Luca die schlanken Schultern zurück. »Ja.«
      »Toll«, schmunzelte er sarkastisch, trank und und stellte das Sake-Schälchen zurück neben die penibel aufgebahrten Sushi-Rollen, »Ich schätze, das macht mich immerhin schwer einzuschätzen, hm?«
      »Glaubst du?«
      »Nicht?«
      »Nein.« Lucas stählerne Augen wandten sich für keinen Wimpernschlag von seinem demolierten Antlitz ab, während sie eindringlich und selbstbewusst begann:
      »Dein Anzug ist teuer, das Essen auch. Aber das Zeug, das du dir in die Haare schmierst, stinkt nach Öl und Holz. Billig. Du hast dich an einen gewissen Lebensstandard gewöhnt und zelebrierst ihn, aber dieser ekelhaften Pomade bist du treu geblieben. Entweder aus sentimentalen Gründen…oder weil sie Teil einer Routine ist, die du dir selbst eingetrichtert hast, um keine Zeit mit Nachdenken verschwenden zu müssen. Du musstest ordentlich sein, aber auch schnell und effizient. Wie eine Maschine. Vermutlich im Knast oder beim Militär. Bei der Art, wie du dich bewegst, tippe ich auf Letzteres - aber vielleicht auch beides, nur nicht in dieser Reihenfolge. Was war es? Marine, Cipherpol?«
      Ein entwaffnendes Zucken seiner ausgebeulten Nasenflügel war Lucas Belohnung. Selbstzufrieden legte sie die nackten Beine übereinander, dass er einen schmachtenden Blick auf ihr fliederfarbenes Höschen hätte riskieren können, und blinzelte ihm kokett zu. »Das ist euer Problem. Während ihr noch versucht, euch unsere Augenfarbe einzuprägen, nehmen wir bereits euer ganzes Leben auseinander.«
      »Sprichst du für alle Frauen oder nur für die, die an Eisenstangen gekettet sind und in irgendwelchen verlassenen Lagerhallen vor sich hin faulen?«
      »Diejenigen«, konterte Luca blitzschnell, »Die wissen, dass du der Anführer der Söldner bist, die Carla zu meiner Bewachung angestellt hat. Ich nehme an, es war Lorca, die dich für die Unachtsamkeit deiner Männer hat büßen lassen?«
      Für einen Moment betrachtete der Schwarzhaarige sie wie einen weißen Tiger; eine imposante und magische Kreatur, die es zu bewundern und zu würdigen galt, bevor der Augenblick vergehen und die unverhoffte Begegnung enden würde.
      »Du bist wirklich klug«, bemerkte er plötzlich vergnügt, als hätte er diese Erkenntnis wie einen Glückspfennig von der Straße aufgelesen, »Carla hat zurecht Angst vor dir.«
      »Sollte sie auch«, gab sich Luca abgebrüht. Er glaubte ihr nicht, lächelte jedoch wohlwollend und sagte:
      »Eigentlich sollte ich nicht mit dir reden, weißt du.«
      »Ich muss sagen, das gelingt dir ganz hervorragend.«
      »Nicht wahr?«
      »Warum tust du das hier?«
      »Weil es jemand tun muss. Bin ich es nicht, ist es ein anderer. Du solltest froh sein, dass ich es bin. Du könntest es schlechter treffen.«
      »Vielleicht«, erwiderte die Blonde kühl, »Du aber nicht. Ich bin die mieseste Gefangene der Welt.«
      »Bin mir ziemlich sicher, dass das Catharina Devon ist.«
      »Ich werde ausbrechen.«
      »Ja? Wie denn?«, lachte er amüsiert und genehmigte sich einen weiteren Schluck Sake, der ihm jedoch im Halse steckenbleiben sollte.
      »Spielt keine Rolle«, wisperte Luca keck und vollkommen überzeugt, »Ich komme hier raus. Ich werde diese Fesseln lösen, dir deine Essstäbchen in die Ohren stechen und verschwinden. Oder meine Leute kommen, aber das solltest du dir noch weniger wünschen.«
      Zögernd, abschätzend musterte der Wärter seine Gefangene. Die ungnädigen stahlblauen Augen unter den fragend erhobenen Brauen, die ebenso blond und sonnengebleicht schimmerten wir ihr langes, flutendes Haar; der mächtige Rücken ihrer patriarchischen römischen Nase, die nicht recht zu den vollen, breiten Lippen und dem spitzen Kinn zu passen schien. Erneut erschien Luca dem Schwarzhaarigen wie ein seltsames Fabelwesen, welches es durch eine absonderliche Posse des Schicksals in die Welt der Menschen verschlagen hatte. Er würgte den Sake wie den Schlüssel zu Lucas Tresor hinunter, als jene mit einem maliziösen Zwinkern endete:
      »Du solltest gehen. Denn wenn du es nicht tust, erwartet dich der schlimmste Tag deines Lebens.«
      »Sieh mich an«, seufzte er selbstironisch, »Es wäre nur der schlimmste Tag seit gestern…Iss noch was, hier.«
      Widerwillig ließ sich Luca das große Krabbenbällchen in den Mund stopfen, während ihr Wächter zu undefinierbarem Tempura griff. Abwechselnd fütterte er sie und sich selbst, Blickkontakt meidend und süffisant lächelnd.
      »Einen Arschtritt für deine Gedanken«, schmatzte Luca schließlich, was ihn zu verunsichern schien. Letztlich nahm er den Arschtritt jedoch an.
      »Du wurdest gefangen, entführt, verschleppt, erniedrigt und wie ein Tier angekettet. Und trotzdem hast du diese unerschütterliche Zuversicht, dass du hier rauskommen und alles wieder in Ordnung bringen kannst. Das erinnert mich an eine Geschichte, die ich mal wo aufgeschnappt habe.« Gnädig legte er ihr eine große Sushi-Rolle auf die bebenden Lippen und begann zu erzählen:
      »In einem fernen Land herrscht Krieg, und ein Soldat patrouilliert die Grenzen eines Dorfes ab. Er kommt zu einem großen Flusslauf, an dem er ein kleines Mädchen sieht, das weint. Ganz bitterlich. Der Soldat vermutet eine Falle, schaut sich um…aber entscheidet sich dennoch, zum Ufer zu gehen. Er fragt das Mädchen: ›Meine Kleine, warum weinst du denn?‹ und das Kind schluchzt, tränenüberströmt: ›Mein Bruder ist in den Fluss gefallen, und mein Papi ist hinterher gesprungen und jetzt sind beide verschwunden…!‹. Der Soldat zögert keine Sekunde. Er legt seine Waffen ab, löst den schweren Gürtel und sagt: ›Tja, Kleine. Sieht nicht so aus, als würde dein Tag viel besser werden.‹«
      Erwartungsvoll schaute ihr Wächter Luca an, die auf ihrem Sushi herum kaute, die Brauen verzog - und ihm schließlich tatsächlich das heißersehnte Grinsen schenkte. Er lächelte zurück. Dann spuckte sie ihm das Sushi ins Gesicht.

      Mac Brónach, Cattle's Corridor

      Ulysses folgte dem Klang des Bellens, und das Echo folgte ihm. Wie der Spielball eines Kindes prallten die flehenden Laute seines Hundes gegen die tristen Mauern der alten braunen Gebäude, die die tiefste Senke des lairischen Viertels in eine leergeschürfte, verlassene Mine verwandelten. Die abendlichen Schatten sammelten das letzte Licht aus den modrigen Pfützen, bevor Ulysses' gehetzte Schritte sie zu Sturmfluten aufpeitschten. Getrieben brach er durch einen zerfallenden Verschlag in eine versteckte Seitengasse, hievte seinen wuchtigen Körper über einen wurmstichigen Holzzaun und schlug im Morast eines düsteren Hinterhofes auf - direkt vor Umanagh Fitzgibbons polierten Lederslippern.
      »Du weißt nicht, ob etwas passiert ist. Hunde bellen nunmal.«
      »Nicht Kitty«, murmelte Ulysses auf seinem Feldzug durch den heruntergekommenen Hinterhof unheilschwanger. Gleich einem Chevalier auf dem Schlachtfeld schlug er verwahrloste Gartenutensilien und endgelagerten Unrat aus dem Weg, während das Bellen des Hundes zu einem winselnden Jaulen verendete, als spürte das Tier die Anwesenheit seines Herren. Jener stemmte die verbarrikadierte Hintertür des muffigen Reihenhauses mit einem rabiaten Schulterstoß auf, dass das Vorhängeschloss mitsamt Eisenketten durch den klaustrophobischen Flur schepperte und trockene Holzsplitter die Luft durchsiebten.
      »Was war das?!«, fragte Umanagh über die Schulter seines Freundes hinweg panisch, »Ist alles okay?!«
      »Ja«, erwiderte Ulysses halblaut, »Ich rufe zurück.«
      Ohne ein Widerwort des Fischmenschen abzuwarten, schaltete er die winzige Teleschnecke hinter seinem Ohr aus. Sofort verschwand Umanagh aus seinem Rücken, um eins mit den Schatten und dem Dunst Mac Brónachs und den flüchtigen Gedanken zu werden, die Ulysses tagtäglich vertreiben musste.
      Nunmehr allein in seinem Schädel bestieg der Bastardkönig die feuchten Treppen des Wohnblocks, über die das Bellen des Hundes wie eine Lawine niederbrach. Immer schneller und getriebener nahm er die nächste und übernächste Stufe, sprang beinahe von Stockwerk zu Stockwerk - bis eine plötzlich aufklaffende Tür seinen Aufstieg bremste.
      »Dein verfickter Köter kläfft schon seit 'ner verdammten Ewigkeit, Arschloch!«, blaffte die gesichtslose Fratze unter dem Türrahmen, »Stell die Töle ruhig, sonst mach ich es!«
      »Halt deine Scheißfresse, oder ich mach aus deinen Zähnen ein Windspiel«, lautete die halbherzige Antwort des schnaufenden Bastardkönigs, als er blicklos an dem fetten Schemen vorbeistampfte und die letzten Treppenstufen gen Dachgestühl erklomm.
      Die Tür in seine Wohnung war nur angelehnt und das Winseln seines Hundes waberte nun wie ein schneidender Luftzug durch den dunklen Spalt.
      »Kitty?«, rief Ulysses das Tier herbei, »Komm her, Kleine.« Augenblicklich schälte sich die riesige braune Dogge aus den Schatten, mit dem ängstlich eingeknickten Schwanz unsicher wedelnd und die Hand ihres Herren mit der sabbernden Schnauze tiefer in die Dachwohnung stoßend.
      »Ist schon gut«, versuchte er die verstörte Hündin zu beruhigen, bis kalter Schweiß ihm plötzlich selbst die Ruhe aus der Haut spülte.
      »Étaín?!«
      Entsetzt stolperte Ulysses über seine eigenen Füße an den gefallenen Körper der Rothaarigen, die kalt und regungslos in einer Lache ihres eigenen Erbrochenen auf den Dielen lag. Die verhängnisvolle Nadel steckte noch immer zwischen ihren Zehen, als Ulysses den leblosen Leib wie einen schweren Sack hochhievte und auf den Rücken drehte.
      »Étaín? Étaí-ÉTAÍN!«, überschlug sich seine rattenzerfressene Stimme heiser. Atemlos fühlte er nach einem Puls, den er nicht fand und horchte auf ihrer stillen Brust vergeblich nach ihrem Herzschlag.
      »Gottverdammt!« Hilfesuchend scheuchte er seine giftgrünen Augen durch die winzige Dachkammer, bevor er seine klobigen Hände ungeschickt zwischen ihren Brüsten positionierte und den Druck auszuüben begann, der sonst nur den Schläfenbeinen seiner Feinde vorbehalten war. Zuerst zögerlich, dann heftiger und gnadenloser presste er seine Handflächen gegen ihre Brust, wuchtete seine Muskeln gegen ihren Brustkorb in der törichten Hoffnung, sein eigenes Leben in ihren Körper pumpen zu können.
      »Verfluchte Scheiße«, fauchte er wieder und wieder und wieder, schob ihr die langen orangenen Haare aus dem Gesicht und legte seine Lippen auf die ihren. Sie war kalt wie ein Leichnam und roch nach Schweiß und Erbrochenem.
      »Stirb nicht«, flehte der Bastardkönig mit Tränen in den blutunterlaufenen Augen, »Bitte stirb nicht…bitte…«
      Erneut presste er seine Hände gegen ihre Brust, bis der Druck einem Trommeln und sein Flehen einem Brüllen wich.
      »Mach die Augen auf! Wach auf!-Wach auf!-Wach auf!«
      In seiner Verzweiflung schlug er auf sie ein, wie ein angeschossenes Tier schnaubend, bis sein mächtiger Rücken schließlich in sich zusammenfiel. Ein letztes Mal presste Ulysses seinen verzerrten Mund auf ihre Lippen, bevor er das fahle Haupt behutsam in seine Hände nahm und mit Tränen benetzte.
      »Es tut mir so leid…so leid…«
      Ihr wallendes rotes Haar blutete durch seine Finger, während er ihre blasse Stirn sanft gegen die seine drückte und schluchzte:
      »Bitte…stirb nicht…bitte…Ich liebe dich…«
      Doch seine Worte verebbten ungehört in der kleinen Dachstube. Nur Kittys jammervolles Jaulen hallte durch das alte Gebälk, als der Bastardkönig wie ein Kind zu weinen begann.
      Kapitel 136 - Tête de nègre

      Als er noch jünger und empfänglicher gewesen war, hatte das weiche Weiß ihrer marmornen Haut und der köstliche Duft ihres wallenden roten Haares die Welt für ihn bedeutet. Ein einziger Kuss, um das Aroma ihrer Lippen in die seinen einzubrennen und den Geschmack ihres Atems auf seiner Zunge zu bewahren. Er hätte die letzten kläglichen Überreste seiner Seele gegeben, alles, was er war und jemals hätte werden können, für diesen einen Moment der Zweisamkeit und Vertrautheit, in dem ihre Körper zu einem verschmelzen und seine Hässlichkeiten in ihrer Schönheit verschwinden würden. Die Ewigkeit hätte er in dem Irrglauben verbringen können, eines Tages genug für sie zu sein; und er hätte die Ewigkeit aufgegeben, um das Strahlen ihrer azurblauen Augen ein weiteres Mal durch ihre langen Wimpern brechen zu sehen.
      »Ich habe es dir versprochen«, wisperte der Bastardkönig in ihr fahles Ohr, »Wenn du stirbst, folge ich dir in die Hölle und zerre dich wieder hinaus…Ich werde-«
      Seine Stimme brach ab. Die riesige Dogge auf der Türschwelle, die die kleine Dachstube nicht zu betreten wagte, zurrte aufgeschreckt die Ohren zusammen und neigte das sabbernde Haupt. Kitty horchte mit ihrem Herren und vernahm das kümmerliche Rasseln der stummen Kehle plötzlich so deutlich wie einen spitzen Hilfeschrei. Aufgebracht marschierten die gewaltigen Pranken des Tieres unter dem Türrahmen auf und nieder, als Ulysses alle Hoffnung zusammennahm, die zarten Lippen der Rothaarigen aufsperrte und seine dreckigen Fingerkuppen tief in ihrem Rachen vergrub. Weder Ekel noch Vorsicht hielten ihn zurück. Von der Angst getrieben tastete er an ihrer Zunge entlang hinab in ihren Hals, bis er an eine eitrige Wand gelangte und den Tod wie einen Blutegel aus Étaín herausriss. Feste Brocken Erbrochenes platzten aus der luftjapsenden Rothaarigen hinaus auf Ulysses, dem vor Erleichterung der stinkende Klumpen Magenschleim aus der Hand platschte. Étaín atmete, keuchte, lebte und der Bastardkönig wischte sich die Spritzer ihrer Kotze wie Tränen aus dem Gesicht.
      »Hallo«, hauchte seine stimmlose Stimme ihren glasigen Augen entgegen, die ihn groß und blau und verängstigt anstarrten, bevor Étaín gleich einer verzauberten Schönheit in einen tiefen Schlaf entglitt. Ulysses konnte es ihr nachfühlen. Ausgebrannt sackte sein Kopf in seine Schultern und seine Schultern auf Étaíns sanft bebende Brust, als betete er auf ihrem Leib für ihren Segen. Halb kniend, halb liegend ruhte sein Haupt auf ihrem Busen - und lächelte müde.
      »Da bin ich einmal in dir…und dann muss ich Kotze aus dir herausziehen…«

      Moore University, Anne-The-Splendid

      So hoch sie ihre Nasen auch reckten, sich auf die Zehenspitzen und die dicken Wälzer mit langen Titeln stellten - für Ondine waren sie Ameisen in einem Bau. Selbstvergessen schwebte sie an den winkligen Fenstergalerien entlang und ließ das blutrote Abendlicht durch ihre kleinen weißen Fingerchen auf die pomadisierten Schöpfe der Burschenschaftler und Erstsemester tröpfeln, die dem biederen Campus der Moore University gleich Ratten dem sinkenden Schiff entflohen. Das kleine Mädchen wusste nichts von der Altehrwürdigkeit und Macht dieses Ortes, der aus Erben Eliten züchtet und die freien Geister der Gegenwart in ihre gussgeformte Zukunft presst. Zwischen den hohen Zinntürmen und knurrigen Wasserspeiern der Moore University wuchs die nächste Generation erhobener Kinns wie in einem Reagenzglas heran, frei von der Bürde der Realität außerhalb der akademischen Petrischale und angstbange im Angesicht einer Welt, in der fliegende Mädchen und bewaffnete Meermänner nicht an Leinen geführt wurden.
      Krill und Cassiopeia folgten Ondine wie einem entflogenen Luftballon, während sie sich durch die Ströme gen Nachtleben schwärmender Studenten schoben. Blicke der Abscheu hagelten auf Krill ein, der den violetten Iro schief und die Hand an seine Klinge legte.
      »Was ist das hier?«, fragte er die Agentin zynisch, »Konformistencollege? Ich dachte, eure Universitäten wimmelten vor aufgeschlossenen Köpfen und nackten Hippies.«
      Cassiopeia speiste ihn mit einem tiefgründigen Schmunzeln ab. Vor vielen Jahren, als ihr Haar noch kurz und ihre Lungen rosig gewesen waren, hatte sie sich eben diese Frage selbst gestellt - und nie eine zufriedenstellende Antwort erhalten. Schlangenhaft schnellte ihre Hand nach Krills verspannten Fingern und löste sie von der Schwertscheide, ehe der Meermann sich ihrem paralysierenden Griff harsch entzog. Sein blinder Blick war der Blick des Todes, die schwarzlackierten Wimpern der Agentin fingen ihn jedoch wie Daunen auf und blinzelten ihn fort. Schweigend passierten sie archaische Säulenornamente, träumetrinkende Ölgemälde und die mahnenden Büsten alter toter Männer, als Krill Cassiopeia schließlich mit blindem Kopfnicken gen Ondine fragte:
      »Was hast du hiervon?«
      Er spürte den kalten Rauch in Cassiopeias Kehle aufsteigen und die Lügen, die ihr roter Mund zu wahren Worte verdrehte.
      »Gestillte Neugier, beantwortete Fragen«, murrte sie letztlich hochgradig selbstgefällig, »Die elektrisierende Faszination, einen Zauberwürfel gelöst zu haben oder am fernen Horizont unberührtes Land zu erspähen.«
      »Das willst du? Sie wie einen Rätselkasten knacken?«
      »Natürlich nicht.«
      Von unsichtbaren Fäden gezogen nahm Cassiopeia die nächste Abzweigung, Krill und Ondine wie Schoßhunde hinter sich her pfeifend. Das kleine Mädchen machte kehrt, wütend darüber, ihren Vorsprung im imaginären Rennen um den Thron der Throne eingebüßt zu haben, und zweckentfremdete Krills Tentakeln zu einer schwingenden Schaukel. Nicht ohne einander zuvor augenrollende Blicke zugeworfen zu haben, folgten die beiden den echoenden Absätzen der Rothaarigen tiefer in die aufgeblasenen Gemäuer der Moore University.
      »Ich mag sie nicht. Sie ist böse«, tuschelte das Mädchen in Krills Ohr.
      »Mindestens«, wisperte er zurück.
      In verschwörerischer Komplizenschaft stahlen sie sich an Cassiopeias stelzende Hacken zurück, munkelnd und wispernd, während der verstockte Strom lärmender Studenten in ihrem Rücken zu einem privilegierten Plätschern verebbte.
      »Vergeuden Sie ihr Misstrauen nicht an die falschen Menschen, Krill«, drängte sich die Agentin nach wenigen geheimniskrämerisch getauschten Worten in das Flüstern, »Wir folgen dem selben Pfad und hoffen, an seinem Ende der Wahrheit um Ondine ein Stückchen näher zu kommen. Ist es nicht so, meine Kleine?«
      Ondine plusterte die puppenweißen Backen auf, als hatte sie der Agentin in die rostroten Haare spucken wollen und sich erst im letzten Augenblick dagegen entschieden. Schließlich streckte sie Cassiopeia die pinke Zunge heraus.
      »Der Mann, den wir hier treffen werden…«, lenkte Krill die Aufmerksamkeit der Psychiaterin geistesgegenwärtig auf sich selbst, »Er ist kein Arzt, aber er kann uns helfen? Das ergibt keinen Sinn. Wenn das eine Falle ist, wirst du es bereuen.«
      Er sprach in jenem konstatierend-gemächlichen Tonfall, der seine Worte in gleichmachendem Regen niedergehen ließ. Keine entfleuchten Emotionen, die Cassiopeia würde entmystifizieren können; keine verborgenen Fallstricke, die Krills Tentakel zu einem Knäuel zu verflechten drohten. Die reine Feindseligkeit quoll aus seinen weißen Zähnen und amüsierte Cassiopeia königlich.
      »Was sagte ich noch über die sinnlose Verschwendung gerechtfertigten Misstrauens…?«
      Krill konterte mit einem schneidigen Blecken seiner dünnen roten Lippen, welches Ondine wie ein kleines Kätzchen zu imitieren versuchte. Cassiopeia musste ein herzhaftes Lachen unterdrücken und gab sich geschlagen:
      »Er ist ein…Wissenschaftler, ein Forscher und Erfinder. Manche nennen ihn einen Universalgelehrten, andere halten ihn für ein unbelehrbares Genie und nicht unerhebliche Kreise der akademischen Welt meinen, in ihm den Leibhaftigen in der Gestalt eines greisen Scharlatans gefunden zu haben.«
      »Und was meinst du?«, hakte Krill direkt und forsch nach.
      »Ich?« Cassiopeia schritt geistesabwesend voran, als habe sie sich längst für eine Meinung entschieden. »Ich halte ihn für einen störrischen alten Affen.«

      Forbidden Woman, Cattle's Corridor

      O'Mara erwartete den Rohrstock, als er seine abstruse Mär von Gefahr und Liebe, Hass und Reue noch im Türrahmen beendet hatte. Er erwartete zeternde Huren, die ihn niederpeitschten und das stählerne Gesicht der Bloody Mary, deren Namen er zu verfluchen lernen würde. Schreie und wütende Worte, die ihn verbal entmannten; Messer, die es nicht dabei beließen. Die Konsequenzen, die er sich auf seinem Weg gen Bordell in seinem kreiselnden Schädel ausgemalt hatte, schienen plötzlich realer und gerechter als das müde Schweigen, welchem er sich nun gegenübersah. Mary, Fawne und Cocky Lynn räkelten sich wie faule Katzen auf den langen Couchen, deren sauberer Chemiegestank O'Mara zu gleichen Teilen beruhigte und beängstigte. Er stellte sich vor, wie Cocky Lynn auf jenen roten Polstern von Männern genommen wurde, wie Mary Männer nahm und Fawne auf der Lehne sitzend zuschaute, um jede erbrachte Leistung bis auf den letzten Berry genau berechnen zu können.
      »Bitte«, lud ihn die schwebende Hand der Hurenmutter in den barocken Salon, »Setz dich doch endlich.«
      Widerwillig ließ sich O'Mara vom großen Ohrensessel am anderen Ende des Raumes einsaugen, der unter seinem Gewicht wie ein drangsaliertes Schwein quietschte.
      Genügsam belauerte Mary die verzweifelten Versuche des Blonden, sich aus dem gewaltigen Möbel zu befreien und lächelte süffisant, als er sich den roten Polsterbergen geschlagen gab.
      »Sitzt du bequem?«
      »Nein.«
      »Das überrascht mich nicht…So wie du dich in die Scheiße gesetzt hast.«
      Sekundenlang herrschte Schweigen, unterlegt vom verlogenen Stöhnen der Huren und dem dumpfen Klatschen von Haut auf Haut aus den Nebenzimmern.
      »Hört zu, ich weiß-«, begann O'Mara und wurde sogleich von Fawne unterbrochen:
      »Was hast du dir dabei gedacht? In der Stadt herumzuspazieren wie…wie…«
      »Ein Strauß!«, schlug Cocky Lynn gackernd vor, bevor sie ihren gewaltigen erdbraunen Lockenkopf in Marys Schoß fallen ließ, »Er ist so ein Strauß.«
      Verspielt traten ihre nackten Füße nach der Luft, als ahmte sie die Laufbewegungen nach, die sie Straußenvögeln zuschrieb.
      »Es war dumm, O'Mara«, konstatierte Mary schal, »Was war dein Plan? Den Bastardkönig aufspüren und…was dann?«
      »Was weiß ich«, seufzte O'Mara erschöpft. Wieder rutschte er in dem absurden Sessel hin und her, wieder versank er unter dem ohrenbetäubenden Jammern der Polster im textilen Treibsand. »Ihn zwingen, Luca freizugeben. Ihm meine Erinnerungen aus dem Schädel prügeln. Sowas in der Art. Ich wollte nur nicht rumsitzen. Luca ist da draußen und braucht-«
      »Dich, der wie ein Esel alles versaut?«, warf Fawne trocken ein, brillenputzend. »Mercedes hat Carla aufgescheucht, Krill ist mit der Kleinen und dieser rothaarigen Schlampe wer-weiß-wohin verschwunden…«
      »Und du stürzt hinaus, um dich in einem kopflosen Blindflug dem gefährlichsten Gangster der Welt zu stellen?«, endete Mary kalt. Cockys Locken wie eine flauschige Katze streichelnd, sah sie O'Mara fest in die moosgrünen Augen und fragte todernst:
      »Wollt ihr uns alle umbringen?«

      Das plärrende Erwachen der rabenschwarzen Teleschnecke an ihrem Handgelenk beraubte Mary ihrer Antwort. Mit glasigen Augen und halbgeöffneten Lippen starrte sie auf das kleine Tierchen hinab, gleich einer lieblosen Stiefmutter abwägend, ob sie es füttern oder ersticken sollte. Ein drohender Fingerzeig bedeutete O'Mara unmissverständliches Schweigen, bevor die Hurenmutter den Anruf zähneknirschend entgegennahm.
      Die vergifteten Worte der Teleschnecke brannten wie Säure auf O'Maras Haut, welche ihm die Frau in Schwarz persönlich ins Gesicht spuckte. Für ihn war der verdorbene Singsang ihrer Stimme unwiederbringlich mit seinen Erinnerungen an die sterbende Effie verflochten und um das letzte Bild gewunden, welches Luca in seinem endlosen Gedächtnis einnahm: schreiend, hilflos, in Carlas lähmendem Kokon der Spinne ausgeliefert.
      »Gewiss, Carla«, gab sich Mary gerade höflich und distanziert genug, um der Schwarzen Witwe Vertrautheit weiszumachen, »Es geht uns hervorragend.«
      Die letzte Silbe schoss sie wie ein Projektil auf O'Mara ab, dessen innerer Kampf zusehends nach außen getragen wurde. Ohnmächtig vor Wut und Machtlosigkeit bohrte er seine Finger in die monströsen Armlehnen seines Sessels, bis das Leder in Agonie knautschend nachgab und weiches weißes Schaumpolster ausblutete.
      Reflexhaft schirmte Marys Hand die Teleschnecke vor dem Lärm ab, O'Mara den vernichtendsten Blick seit der Erfindung des Ehevertrages zuwerfend.
      »Was-« Ihre rotlackierten Finger bohrten sich in stummer Anspannung in Cockys Locken, dass jene wie ein glückliches Ferkel quiekte. »Was kann ich für Sie tun, Carla?«
      »Sind Sie allein?«
      »Nein«, antwortete Mary auf O'Mara fixiert, »Fawne ist bei mir.«
      »Und Cocky!«, rief Cocky.
      »Ah, wie reizend. Die Herrinnen der Huren versammelt. Ein besonderer Anlass?«
      Ein harsches Zischen entfleuchte Marys Lippen. »Nur ein weiterer Tag im Paradies.«
      »Natürlich«, gurrte die Schwarze Witwe nach einer undurchschaubaren Funkstille, in welcher ihre Kehle an etwas Ungesagtem gewürgt zu haben schien. Einer jener seltenen Momente, in denen die Frau in Schwarz nur zu leicht mit einem Menschen verwechselt werden konnte, glitt schlangenhaft vorüber und jagte den Huren einen Schauer über den Rücken. O'Mara indes lehnte sich getrieben vor, als könne er mit einem einzigen Satz durch die Teleschnecke springen und Carla am anderen Ende der Leitung das Genick brechen. Zu seinem Pech unterband die Schwarze Witwe das Attentat jedoch in letzter Sekunde, indem sie das Gespräch wieder aufnahm:
      »Ich lade zu einem kleinen Frühstücksbankett, Mary, und wäre über ihre Anwesenheit äußerst entzückt. Natürlich sind ihre Adjutantinnen ebenfalls herzlich willkommen.«
      »Au, fein!«, geriet Cocky in helle Aufregung. Wie ein Hündchen sprang sie aus Marys Schoß und kniete sich auf alle Viere vor die Teleschnecke an deren Handgelenk. »Gibt es auch Würstchen? Ich liebe Würstchen! Aber nur die ganz großen!«
      »Jetzt gibt es sie«, lächelte die Teleschnecke freundlich, »Darf ich also mit ihrer Teilnahme rechnen, Mary?«
      Die Hurenmutter zitterte am ganzen Körper. Weder die beruhigenden Augen hinter Fawnes kühlen Brillengläser noch der bekräftigend wippende Lockenschopf der ekstatischen Cocky Lynn konnten die dunklen Vorahnungen vertreiben, die Mary in schwarzen Wolken über dem Horizont aufgehen sah.
      »Ich…« Mutterlos und verlassen bibberten ihre Lippen vor der Teleschnecke, formten gehauchte stumme Worte, nur um sie sogleich wieder wegzuschließen.
      »Mary?«, zeigte sich Carla nun misstrauischer, »Geht es Ihnen gut?«
      Plötzlich durchzuckte ein wilder Schauer den Körper der Bloody Mary. Die Hand auf ihrer Schulter presste frischen Mut in ihre Haut und gab ihr die Kraft, der dämonischen Carla Griswold zu antworten.
      »Verzeihung, natürlich. Wir werden da sein.«
      »Wundervoll«, züngelte Carla sirenenhaft, »Gegen acht Uhr im Anwesen. Damenhafte Verspätungen werden selbstredend erwartet.«
      »Selbstredend«, wiederholte Mary geistesabwesend und legte auf. Verloren blickte sie an dem Arm auf ihrer Schulter entlang zu O'Mara hinauf, der ihr ein untröstlichen Lippenschürzen schenkte.
      »Es tut mir leid.«
      »Du…du musst es mir versprechen«, wehrte die Hurenmutter verstört ab, »Du musst mir versprechen, dass ihr meine Mädchen beschützen werdet, sollte-«
      »Es wird nichts passieren«, versuchte Fawne zu beschwichtigen. In routinierter Gelassenheit erhob sie sich aus ihrer Couch, rückte den üppigen Busen zurecht und stolzierte an Mary vorbei aus dem Raum. »Das ist unsere Chance, Carla endgültig von unserer Loyalität zu überzeugen. Du wirst sehen.«
      Ihre Finger glitten sanft über die Wange der Hurenmutter, bevor sie mit Cocky im Schlepptau verschwand, um die Kleider für das Frühstück auszuwählen.
      Mary und O'Mara blieben allein zurück, weit weniger überzeugt als die Statthalterin und merklich betrübter als die überschäumende Cocky Lynn.
      »Versprich es mir…«, bat Mary erneut, doch der Kopfgeldjäger wusste nichts zu erwidern.

      Alte Universitätsbibliothek, Moore University

      Selbst für Kinderaugen, die aus leeren Plastiktassen und zerfransten Stofftieren die überzuckerten Teegesellschaften der Piratenpatin auferstehen lassen, war die Feste der Bücher ein grotesker und sagenhafter Ort. Auf einer erstarrten Gewitterfront schwarzen Marmors, durchzogen von gefrorenen weißen Blitzen und stillen blaugrauen Wolkenbergen, ruhten die Türme und Mauern einer unendlichen Stadt aus Pergament und Holz, Stein und Stahl, Papier und Tinte. Die Wände, fensterlos und urgewaltig, schienen aus unzähligen Büchern gespachtelt und selbst die himmelhohe Deckenkuppel war mit Buchrücken geschuppt, deren goldgravierte Titel abgeblätterte Sternbilder imitierten. Verchromte Rotunden voller Schriftrollen ragten wie Bienenwaben in die Vertikale, in der kreisrunde milchgläserne Sphären in seidigem Mondschein schwebten und die Bibliothek mit einem aquatischen Schimmer übergossen.
      Ondines smaragdgrüne Augen erstrahlten, als der sanfte Zauber dieses versunkenen Refugiums der Bücher über ihre Stirn perlte. Gebannt lauschte sie der schlafenden Stille, die der Stille am Grunde des Ozeans gleichkommen musste, und horchte nach den gewisperten Geheimnissen längst verstummter Federn. Sie streckte die Händchen nach den riesigen leuchtenden Kugeln aus, die sie an die surrenden Glühwürmchen ihrer Heimat erinnerten, und folgte den hypnotischen Arabesken aus Wendeltreppen und Leitern, welche dem weißen Licht wie rankende Schlingpflanzen entgegen wuchsen.
      Ohne es zu ahnen entschwebte sie dem Boden und ließ ihre Finger in verträumter Glückseligkeit über die Buchrücken tänzeln. Die Luft war aus Tinte gemalt und schrieb eine Geschichte für Ondine allein, die sie selbst die Luft war und das Flüstern der Vergangenheit zwischen den gehauchten Zeilen.
      »Unbescholtene Neugier. Sie ist also tatsächlich ein Kind«, bemerkte Cassiopeia am Boden trocken. Ein Teil von ihr schien wahrhaftig verblüfft, was Krills Ohren nicht entging.
      »Enttäuscht?«
      »Vielleicht. Überrascht Sie das?«
      Gelassen raffte Krill die sehnigen Schultern. »Hab dich nicht für den Typ gehalten, der bei Kindern ethische Bedenken hat.«
      Höflich zurückgesteckte Beleidigungen hingen in blutigen Fetzen von Cassiopeias dunkelroten Lippen, doch sie sagte nichts. Getrieben und verloren zugleich wanderten sie durch die Befestigungswälle aus Büchern und Schriftrollen, zwischen denen Tische und Stühle aus eisigem Weiß irrlichtern aufflackerten.
      Über ihren Köpfen mutmaßte Ondine soeben, die dubiosen Möbel mussten einst aus den illuminierenden Deckenleuchtern getropft und wie Pilze aus dem schwarzen Marmor gesprossen sein, als ein plötzliches Rascheln in der Ferne ihre Fantastereien jäh beendete. Reflexhaft ließ sie sich durch die sämige Tintenluft punktgenau in die wartenden Tentakeln des alles vorausschauenden, alles sehenden Krills fallen und betrachtete ihn aus großen fragenden Augen.
      Einer seiner Fangarme deutete an einem monumentalen Bauwerk gesammelter corto-maltesischer Enzyklopädien vorbei, und lenkte Ondines kaleidoskopisch herumschwenkenden Blick auf den Fuß einer baumhohen zylindrischen Plattform, die in der Ferne bis an die aus Büchern modellierte Deckenkuppel ragte. Das kleine Mädchen kniff die Äuglein so fest zusammen, dass ihre Welt durch einen Briefschlitz passte, während sie nach dem Ursprung der Geräusche im Reich der Stille Ausschau hielt. Sie fand ihn - einen hageren schwarzen Greis auf der kreisrunden Krone des metallenen Baumes. Mit der eifrigen und schamlosen Abgebrühtheit eines Zwerges, der in einer Mine nach kostbaren Erzen schürft, zog der alte Mann die kostbaren Bücher an ihren Drähten aus der Decke, riss einige Seiten heraus und stopfte seine Beute in die versteckten Taschen seines Ponchos, den er wie ein Wanderarbeiter an das Ende seines geschulterten Gehstocks gebunden hatte.
      »Oh, gut«, zischte Cassiopeia naserümpfend, »Ich hatte schon Sorge, wir kämen ungelegen.«
      Krill wollte eben etwas erwidern, als die Stimme des Alten plötzlich überheblich und mürrisch durch die erstarrte Bibliothek schallte:
      »Ah, Cassiopeia!« Er drehte sich nicht einmal um, sprach ihren Namen jedoch mit einer heiteren Selbstherrlichkeit aus, die einen Knicks von der rothaarigen Agentin zu erwarten schien. »Und ich wollte das Jucken meiner Narben schon dem launischen fountischen Wetter in die Schuhe schieben!«
      Die Lippen der Angesprochenen knisterten und zuckten wie eine offene Flamme.
      »Wenn das so ist, Dädalus, war es mir eine Freude, deinem schlaffen hängenden Körper noch ein wenig Leben eingehaucht zu haben. Allzu viele dieser Gelegenheiten ergeben sich in deinem Alter wohl nicht mehr, nehme ich an?«
      »Für dich immer noch Dädalus-San!«, rüffelte er sie aalglatt, weiterhin ungeniert Bücher wie Hühner zerrupfend, »Was willst du?«
      »Deinen wahrhaftigen Verstand, ehrenwerter Ayatollah. Wir brauchen eine fachliche Analyse.«
      »…Wir?«
      Endlich unterbrach Dädalus seine Plünderungen und riskierte einen argwöhnischen Augenwurf auf Cassiopeia, Krill und Ondine, die am Fuße der hohen Plattform musterschülerhaft warteten. Den Meermann, der noch immer den abgegriffenen schwarzen Anzug aus dem Regierungsfundus trug, schien er für Cassiopeias neuen Partner oder einen erbarmungswürdigen Praktikanten zu halten; an Ondine jedoch hafteten seine kohlenschwarzen Augen wie der Ruß an Nickleby. Für einen Moment schien er abzuwägen, der berüchtigten Cassiopeia Triagast derart bereitwillig in die Falle zu gehen, entschied sich letztlich jedoch für den langen Weg gen Marmorboden. Zischend und grollend setzte sich die stählerne Konstruktion in Bewegung, versank tiefer und tiefer in den unergründlichen Schlünden der steinernen Gewitterfront und trug Dädalus, den Bücherdieb, zurück in das pulsierende Herz der großen Bibliothek.

      Während er gen Boden schwebte, betrachtete der Greis Ondine mit scholastischer Neugier - und Ondine betrachtete zurück.
      Er trug einen wollbraunen Anzug, der ihm nicht gehörte, und einen unendlich langen weißen Bart, den er sich wie einen Gürtel um die schmale Hüfte binden musste, um die viel zu weite Hose an ihrem Platz zu fixieren. Seine Augen waren kohlenschwärzer als seine schwarze Haut, die breite Nase vermittelte eine großväterliche Milde und seine hohe, in tiefe Falten geworfene Stirn formte das gegerbte Gesicht eines Mannes, der die Säulen des Himmels höchstselbst durch bloße Sturheit zum Einsturz bringen könnte.
      »Hier stehen wir nun, Auge in Auge wie die Kinder des großen Vorhautsammlers vor dem Scheideweg«, stimmte Dädalus großspurig an, bevor er Cassiopeia schließlich bis auf eine Handbreit gegenübertrat. Ein sublimer Geruch nach Erde und Rauch und Feuer strömte aus seinen Poren, als brannte unermüdlich ein loderndes Lagerfeuer in ihm nieder, um wie Phönix aus der Asche von Neuem zu entstehen. Stirnrunzelnd ließ er die knorrigen Fingerglieder knacken, dass der Sterbelaut seiner Knorpel theatralisch durch den Hort der Bücher plärrte. Cassiopeia verengte die bernsteinglühenden Augen, Krill ließ den berstenden Schall wie Seife aus den Ohren tropfen. Nur Ondine verharrte in zarter Anmut regungslos und unergründlich wie die Bücher, die zu Türmen aufgereiht über ihre Häupter ragten. Dädalus bemerkte es.
      »Darf ich annehmen, dass es um dich geht?«
      Das Kind blähte die kleinen Nasenflügel auf, krauste die Stirn und presste die Lippen zu einer runzligen Welle zusammen.
      »Äffst du mich nach?«
      Sie nickte, noch immer die unvorteilhafte Altherrenfratze aufgesetzt und über alle Maßen stolz auf ihre improvisierte Darbietung. Diesen Stolz nährend, hockte sich der Alte auf ihre Augenhöhe hinunter und fragte:
      »Wie alt bist du?«
      »Und du?«
      »Oh, Gott!«, feixte Dädalus sonor, »Schon ganz die Dame. Aber recht so. Nun…Sagen wir einfach, ich war schon alt, als die gute Cassiopeia hier noch Schmetterlinge und Gesichter im Inhalt ihrer Windel deuten musste. Wie lautet dein Name?«
      Erst auf ein Nicken Krills hin gab Ondine ihm eine Antwort.
      »Nun, hochverehrte Ondine, und warum…« Plötzlich abschätzend stockte Dädalus, hob die weißen Brauen und ließ die schwarzen Nüstern wölfisch wittern. Sein siebter Sinn hatte ausgeschlagen; jener Sinn, der Raubtiere in den Schatten erahnt und den elektrischen Impuls eines heraufziehenden Gewitters in der Luft riecht. Krill hörte, wie sich die Nackenhaare des Greises aufstellten und die Gänsehaut, welche steppenbrandig über dessen schwarze Haut raste.
      »Cassiopeia…«, murmelte Dädalus nach einigen unbehaglich verschwiegenen Sekunden schließlich, noch immer allein auf Ondine und deren große smaragdgrüne Äuglein fixiert, »In welche deiner pervertierten Studien versuchst du mich hier hineinzuziehen?«
      »Ruhig, alter Mann«, gab sich die Agentin lammfromm, »Allein dein akademisches Fachwissen wird benötigt, nicht deine…« Ihre Wangen formten vielsagende, böse Grübchen. »…praktische Expertise.«
      »Und wenn ich dir sage, dass du mein akademisches Fachwissen mal am Allerwertesten lecken kannst?«
      »Wo bleibt deine wissenschaftliche Neugier, Dädalus-San
      »Oh, ich weiß nicht«, grunzte der Alte schlagfertig, »Aber ich habe einen Verdacht, wo du sie finden könntest. Beug dich vor und-«
      »Genug.« Krills kalte, polierte Stimme durchschnitt den geworfenen Fehdehandschuh, bevor er auf dem Boden aufschlagen konnte. Unaufgeregt lockerte er seinen weißen Hemdkragen, krempelte die Ärmel seines Jacketts in die Ellenbogen und legte Ondine die dünne, lange Hand auf das königsblaue Haar.
      »Zeig es ihm.«
      Das Mädchen nickte wohlgefällig…und Dädalus wusste nicht, wie ihm geschah. Die strahlenden blauen Haarsträhnen des Kindes entsprossen wie Seerosen zu allen Seiten ihres entschlossenen Gesichtchens, bevor sie geisterhaft gen Bücherdecke schwebte. Eine blaue Blume erblühte, und mit ihr die versunkene Bibliothek. Die Bücher, die Ondine auf ihrem Weg mit den Fingern benetzt hatte, sprudelten aus ihren Regalen und flatterten auf papiernen Flügeln durch die milchlichte Luft. Schriftrollen wälzten sich wie lange Seeschlangen durch das Dämmerlicht, umrundeten Ondine und hüllten sie in einen Kokon aus Pergament und Papyrus. Plötzlich schwang sich der Schwarm der Bücher auf, sein kakophonisches Rascheln und Knistern und Lärmen stürzte auf Dädalus ein, der seine Augen vor dem Sturm zu schützen versuchte und doch unfähig war, sich von ihm abzuwenden. Geistesgegenwärtig machte er Ondine in dem Chaos aus, welches sie über die Bibliothek gebracht hatte, und öffnete den zerknitterten Mund in tief empfundener Bewunderung. Wie eine Fee schwebte sie in ihrer Blase aus Worten, so ruhig, dass jedes schlaflose Kind ihr ihren Sitz hoch droben im Wirrwarr der Tinte neiden musste.
      »Das reicht!«, glitt Krills Stimme abermals wie ein Messer durch die Luft, »Er hat verstanden!«
      Schlagartig hoben sich Ondines Lider, als wäre sie soeben aus einem endlosen Tagtraum erwacht. Sie nickte den Sturm fort, den schreienden Schwarm und die schlangenhaften Schriftrollen. Mühelos, gleichgültig. In sanfter Geruhsamkeit beobachtend, wie das Papier zu Boden fiel und um Dädalus herum einschlug. Schließlich sank sie selbst hernieder, direkt vor die bebende Nase des Greises, um ihm all ihre strahlend weißen Milchzähne in einem makellosen Kleinemädchenlächeln zu offerieren.
      »Magst du uns bitte helfen, Tête de nègre


      *Verdienst für den Charakter Dädalus geht an @Vexor
      Kapitel 137 - Die Alraune

      »Unfassbar, was die Leute heutzutage so alles wegwerfen«, waren die ersten Worte gewesen, die Bucky »Buck« Bowden bei der Entdeckung der aufquellenden Wasserleiche in den Sinn gekommen waren und ihm nun so geistreich und treffend erschienen, dass er sie mit stoischer Entschlossenheit vor dem angewiderten Constable wiederholte.
      Seit nunmehr 45 Jahren fischte Buck Bowden bereits die Überreste eines Lebens aus dem Pirrip, welches er niemals würde führen können und überlebte mit den wenigen Berry, die er aus dem Verlorenen und dem Schrott der Gesehenen herausschlagen konnte. Bis zu diesem Tage hatte ihm sein verelendetes Dasein als Müllfischer in den Dreckwassern des Pirrip nichts als stumpfe graue Haare und wundbrandige Ausschläge eingebracht, doch endlich schien die Bestimmung ihn allein auserkoren zu haben, ihr Werk zu tun. In jenem Moment, in dem Buck die aufschäumenden blauen Haare des toten jungen Mannes in seinen Reusen bemerkt hatte, war dem Alten sein Schicksal offenbart worden. Plötzlich hatte er verstanden, warum Gott nie jemanden geschickt hatte, um ihn zu lieben, zu füttern oder ihm das Lesen und Schreiben zu lehren; warum er ihn mit einer Visage hatte ausstatten müssen, die jede Bettelei zu vergebener Liebesmüh machte. All die einsamen Jahrzehnte auf dem siechenden Fluss und unter den Brücken, die jenen überspannten, hatten Bucky »Buck« Bowden auf diese Mission vorbereitet und gaben ihm nun die Chance, vor dem jungen Constable seine unerschütterliche Fassungslosigkeit darüber zum Ausdruck zu bringen, was die Leute heutzutage so alles wegwarfen.
      »Unfassbar…«, tat Buck ein letztes Mal seine heilige Pflicht, bevor sich der Polizist abwandte, »Unfassbar, was die Leute heutzutage so alles wegwerfen.«

      Alte Universitätsbibliothek, Moore University

      Schweigen erfüllte die Luft, während Dädalus' über den Tisch gebeugt nach der Antwort auf eine Frage brütete, die niemand zu stellen gewagt hatte.
      Neugierig und Wort für Wort hatte er Ondines Erinnerungen in die seinen verwandelt, war an ihrer Seite durch die saphirblauen Alkoven Saint Cosettes gewandelt und hatte mit kaltem Schaudern den unheilvollen Chören der gewissen Dame gelauscht. Hinter verschlossenen Lidern waren das Mädchen und der Greis durch dunkle fensterlose Flure getaucht und in unendlich tiefe Meere, auf denen das Kirchenschiff des Klosters monolithisch ankerte. Leere Kirchenbänke wogten im kalten Dunst, umringt von geisterhaften Kutten, unter deren schwarzen Kapuzen selbst das Irrlicht der flackernden Kerzen nur steinerne Masken offenbarte. Ondine führte den Alten auf die ehrwürdige Kanzel, von der fahle Gestalten wie Geier starrten, und stürzte sich mit ihm in die tiefsten Kellergewölbe, wo die schwieligen Hände der Gesichtslosen ihren weißen nackten Körper einst geölt und gesalbt und mit Kräuterblumen geschmückt hatten. Zunehmend entsetzt war Dädalus dem pervertierten Trott auf seiner Pilgerreise durch die labyrinthischen Abgründe des Klosters ausgeliefert, zähneknirschend hinnehmend, wie das winzige entblätterte Kind inmitten der kahlen Männer durch die Dunkelheit tapste. Jeder Schritt ihrer bloßen Füßchen auf dem eisigen blauen Gestein hatte den Hass und das Gift in Dädalus Wellen schlagen und Gischt aufpeitschen lassen, bis nur noch das Feuer und der Zorn seinen Verstand durchfluteten. Fetische und Perversionen, verbogen und verdreht, um sich im Federkleid einer fadenscheinigen Gottheit zur Religion aufschwingen zu können. Wie viele Kulte und Götter waren schon vor Dädalus kohlenschwarzen Augen aufgestiegen und wieder im Wind zerfallen? Wie viel Leid hatten die Sterblichen bereits im Namen der Todlosen über eine Welt gebracht, die sie nicht verstanden und niemals verstehen würden?
      Unzufrieden zurrte der Alte jede Falte seiner scholastischen Stirn zu einem pulsierenden schwarzen Loch zusammen, unter dem die weißen Brauen gegen die verschlingende Sogkraft seines eigenen getriebenen Verstandes ankämpften.
      »Dädalus«, mahnte Cassiopeia kühl, »Erspare uns deine Budenzauber, unsere Taschen sind leer.«
      »Lügnerin«, murrte der Alte mit geschlossenen, ruhelosen Augen, »Deine Taschen sind voller Schatten. Waren Sie schon immer. Nun Schluss mit deinem infernalischen Zischeln und lass mich denken…«
      Augenrollend ließ sich die Agentin in die unbequeme weiße Lehne der Bibliotheksstühle zurückfallen und wuchtete die langen Beine mit einer trotzigen Wut auf den massiven Studientisch, dass ihre luftigen roten Hosenenden Feuerfunken zu schlagen schienen. Für einen Moment genoss sie das verärgerte Grummeln des meditierenden Greises wie eine schadenfrohe Göre, bevor ihr flammender Bernsteinblick über Krills violetten Iro hinwegglitt und Ondine erfasste. Das Kind schwebte wie gesponnene Seide in der Luft, unberührt auf dem Rücken ruhend und einen massiven Wälzer auf der Fingerspitze balancierend. Wie bereits auf Schloss Roßkosch hatte es nur ein Buch mit langen Wörtern und grauenvollen Bildern gebraucht, um das kleine Mädchen in ihr eigenes perfektes Elysium zu lullen. Amalie DuMauriers »Annalen der Unmenschlichkeit: 5. Bebilderte Weltchronik der Folterei seit 1276« wurde in Ondines smaragdgrünen Augen zur fliegenden Märchengeschichte und verhieß der Kleinen verdrießliche Späße und gar grässliche Wunder.
      »Ihr Vater…«, rührten sich Dädalus' steinbraune Lippen plötzlich wie staubiges Pergament, »Hast du ihm geglaubt?«
      »Ja.« Krills Antwort war eisklar und klang in den misstrauischen Ohren des Alten wie die Lüge eines erfahrenen Betrügers. Abschätzend musterte er den Meermann über seine gefalteten Hände hinweg, observierte jeden aufgetanen Haarriss in dessen rotem Gesicht.
      »Ich konnte seinen Herzschlag hören«, sprach der Meermann in die aufklaffende Stille, »So deutlich wie ich in diesem Moment das Runzeln deiner Stirn höre, alter Mann. Er war ehrlich.«
      »Das Runzeln meiner-?«, setzte Dädalus an, ergab sich der fantastischen Behauptung schließlich mit und gerafften Brauen. »Na, von mir aus. Und der…Herzschlag ihrer Mutter war ebenso ehrlich?«
      Krill nickte, die blinden Augen zur teilnahmslos im Raum schwebenden Ondine schwenkend. Sekundenlang betrachteten er, Dädalus und Cassiopeia das Kind wie das letzte Werk eines alten Meisters durch eine gläserne Vitrine, bis Dädalus die Wand zwischen ihren Welten zu zerbrechen wagte.

      »Ich habe eine Theorie. Sie ist abenteuerlich wie die sagenumwobene Reise des Piratenkönigs und absurder als die Lügengeschichten über den ehrlichen Maron Noland. Oktopus-« Die schwarze Fingerkuppe des Alten deutete auf eine der obersten Ebenen des monumentalen Regals, das hinter dem Stuhl des Kraken turmhoch der Bücherkuppel entgegen wuchs. »Wenn diese Bibliothek auch nur halb so unseriös und verkommen ist, wie ich es von diesen fountischen Stümpern hier erwarte, findest du in diesem Regal unter ›L‹ das Machwerk einer gewissen Porcia Lovidicus…«
      Widerstandslos schwang sich Krill aus seinem Sitz und zwei seiner Tentakel gegen die Seitenwand des zyklopischen Möbelstücks, um sich mit dem haftenden Schmatzen seiner Saugnäpfe in die Höhe zu ziehen. Unter den wachsamen Anweisungen des Greises erklomm der Meermann Ebene um Ebene, bis das bewusste »L« auf silbernem Grund das Ende seiner Kletterpartie in Holz meißelte.
      »Sehr gut«, ermutigte Dädalus ihn eher gönnerhaft denn großväterlich, »Ein wenig links von dir müsstest-«
      Ein Beben donnerte durch die gesamte Bibliothek und ließ die Lettern auf den vergilbenden Seiten erzittern, als das urgewaltige Machwerk der Porcia Lovidicus nur Millimeter vor Dädalus' ruhenden Händen auf dem Tisch einschlug.
      »Gefunden«, nuschelte Krill hoch droben im Bücherturm, über das hörbare Zetern des Alten schmunzelnd, und ließ sich rücklings gen Marmor fallen.
      »›Ars Pomum?‹«, las Cassiopeia den Titel des Wälzers unbeeindruckt über den Hals ihres aufgeschraubten Flachmanns hinweg, »Nie gehört.«
      »Natürlich nicht.« Mit einem fachmännischen Ruck riss Dädalus das buchgewordene Ungetüm auf und suchte in einem endlosen Inhaltsverzeichnis voller archaischer Schriftzeichen nach der richtigen Seite. »Porcia Lovidicus ist eine in Ungnade gefallene Mystikerin der alten Welt, lange tot und noch länger vergessen. Wie viele Gelehrte ihrer Zeit hing auch sie dem Glauben nach, in den Teufelsfrüchten wohne ein tatsächlicher leibhaftiger Dämon, der sich bei Verzehr in den Körpern der Menschen einnistet und ihnen im Gegenzug seine Kräfte zur Verfügung stellt.«
      »Eine parasitäre Symbiose?«, räusperte sich Cassiopeia nach einem kräftigen Schluck ihres Feuerwassers skeptisch, »Ich hoffe, du hast noch mehr, Dädalus.«
      »Wenn du dein Geschnatter einstelltest, gewiss.«
      Schnaubend ließ ihn die Agentin gewähren, den Flachmann wieder in ihrer Lederjacke verstauend. »Fahre fort, weiser Druide.«
      »Hmpf. Treib's nicht zu doll, Mädchen. Wo war ich…?«
      Krill half ihm auf die Sprünge.
      »Ah, richtig. Die unheilige Porcia. Nun. Ihre Forschungen, so man zu diesen Zeiten denn von Forschungen zu sprechen vermag, verliefen wenig ertragreich und drifteten in blanken Wahn ab, als der Alb des Halbwissens sein hässliches Haupt erhob und Porcia davon überzeugte, den Teufel aus dem Menschen herausschneiden zu können.«
      Cassiopeia lachte stumpf auf. »Unglaublich.«
      »In der Tat«, stimmte Dädalus schadenfroh zu, »Noch unglaublicher war allerdings, dass sie den Teufel irgendwo nahe der Gallenblase lokalisierte. Unnötig zu erwähnen, dass sie zurecht in vollkommene Vergessenheit geriet.«
      »Warum bin ich dann auf das Regal geklettert?«, fragte Krill trocken.
      »Weil-«, antwortete Dädalus oberlehrerhaft, »ich vor vielen Jahren, als der große Edward Newgate noch unbeholfen an seinem ersten Büstenhalter genestelt hat, eigene Nachforschungen auf Basis einiger Theorien des Ars Pomum anstellte. Jeder auch nur halbwegs talentierte Wissenschaftler gerät eher früher als später in eine regelrechte stürmende und drängende Phase, in der es ihm ein gewisses Vergnügen bereitet, die Fehlschlüsse seiner toten Vorgänger durch den Kakao zu ziehen.«
      »Dädalu~s…«, ermahnte ihn Cassiopeia zum Thema zurückzukehren, während sie sich ungeniert eine Zigarette anzündete.
      »Schon gut, meine Teuerste. Übrigens eine famose Idee, inmitten unbezahlbarer antiker Schriftstücke zu rauchen. Aber zurück zu meiner Theorie…« Er zögerte, rieb sich die schwarzen Hände und warf einen vielsagenden Blick gen Ondine, welche noch immer in die Welt der Folterinstrumente und Hexenverhöre versunken war.
      »Beginnen wir anders: Was wisst ihr über die Levio-Levio-Frucht
      »Ein…Kollege hat sie erkannt«, erwiderte Krill ehrlich, »Sonst wüsste ich nicht einmal ihren Namen.«
      »Scharfsinniger Kollege«, nickte Dädalus wohlwollend. Der Greis fand Gefallen an der unkomplizierten und direkten Art des Meermannes, die in der Welt der Wissenschaft Stück für Stück der Arroganz der Kleingeistigen zum Opfer fiel. »Er wusste vermutlich, dass sich die Früchte, die ähnliche Kräfte verleihen, allesamt im Besitz mächtiger Männer befinden, deren Ableben nicht ohne das ohrenbetäubende Kreischen panischer Zeitungsmöwen vonstatten gegangen wäre.«
      »Bedeutet?«, paffte Cassiopeia dem Akademiker qualmend ins Gesicht, der ihren Einwurf und den Tabakrauch jedoch mit einer erratischen Handbewegung von sich wies und Krill allein erklärte:
      »Die Befähigung, Objekte schweben zu lassen, verschaffen einige Teufelsfrüchte. Die bekannteste mag zweifelsohne die nach diesem Phänomen benannte Schwebe-Frucht des berühmten Altpiraten Shiki sein. Der Unterschied zu besagten Früchten ist jedoch-« Schamlos riss Dädalus einen langen Streifen aus der ersten Seite des Ars Pomum und zerknüllte den Fetzen zu einem kleinen Kügelchen. »Dass die Levio-Frucht nicht die Gravitation betrifft. Die Schwebe-Frucht hebt die Erdanziehung der berührten Objekte auf, während andere Früchte die Schwerkraft als solche manipulieren oder für sich nutzbar machen. Die kleine Ondine jedoch…« Bedächtig stupste Dädalus das zuvor geformte Papierkügelchen an und verfolgte sein kurzes Abenteuer über die Tischplatte. »Ondine gibt den Dingen gewissermaßen einen kleinen Stoß. Sie lässt nichts schweben, sie erhebt es.«
      »Telekinese?«, unterbrach Cassiopeia skeptisch.
      »Nicht direkt«, erklärte Dädalus Krill, als hätte der Meermann die Frage gestellt, »Es handelt sich vielmehr um eine empfindsame kinetische Energie, die Ondine per Berührung auf Materie überträgt. Nicht ihre Gedanken steuern die Flugkörper. Sie kontrolliert die Energie, die sie ausgesandt hat.«
      »Diese…Energie«, murmelte Krill nach einiger Bedenkzeit, »Ist sie…körperlich? Materiell?«
      Dädalus raffte die sehnigen Schultern zusammen, dass der raue braune Stoff seines zu großen Anzugs Bergketten formte, und ließ sein grüblerisch vorgeschobenes Kinn sanft schaukeln. »Die Grenzen zwischen der ätherischen und der körperlichen Welt verschwimmen nur allzu schnell, sofern es die Geheimnisse der Teufelsfrüchte betrifft. Wie sonst könnte man erklären, dass der Sterbeodem eines Teufelsfruchtnutzers einem gewöhnlichen Stück Obst aus Kilometern Entfernung jene Kräfte einhaucht, die sie in eine Teufelsfrucht transformieren?«
      Krill nickte verständig, bevor Dädalus sichtlich bemüht damit fortfuhr, die Komplexität seiner Gedankengänge so simpel und laienhaft wie möglich vor dem Kraken auszubreiten:
      »Stell dir eine in sich komprimierte Druckwelle vor, die wie eine Seifenblase in der Luft schwebt…oder das dumpfe Echo eines Lautes, das durch den Ozean rollt. Diesen Impuls überträgt Ondine auf ihre Umwelt.«
      Abermals griff Dädalus nach dem zuvor geformten Papierkügelchen, legte es auf seine bloße Handfläche und hielt sie dem Meermann direkt vor die Nase. »Sieh her, der Impuls-« Seine freie Hand schlug von unten gegen seinen Handrücken, aus dem die Kugel wie ein Projektil nach oben schoss, bevor der Sog der Erde sie sanft zurück auf die Tischplatte zog.
      »Eine einmalige Krafteinwirkung«, verstand Krill, »lässt die Kugel hochspringen, aber sobald die Stoßkraft verschwindet-«
      »-fällt die Kugel wieder«, setzte Dädalus seine Ausführungen fort, »Ondines Energieimpulse hingegen sind beständig. Sie ließe die Kugel schweben, indem ihre Energie die Kugel unterhebt und trägt. Deshalb erscheinen ihre Kräfte wie Telekinese. Indem sie Form und Richtung der kinetischen Energie verändert, kontrolliert sie die Flugrichtung der Objekte.« Zufrieden mit seiner Erklärung nahm der Greis den Papierfetzen zwischen Daumen und Zeigefinger und presste ihn zu einer kleinen Münze zusammen. »Verlagert und verformt Ondine diese Energie, könnte sie ebensogut Steine zerschmettern und Stahl verbiegen. Natürlich vorausgesetzt, sie verfügt über die nötige Stärke.«
      »Stärke…«, waberte Cassiopeias dunkle Stimme in diesem Moment wie der stinkende Qualm ihrer Zigarette durch die Luft, »Ein Kraftakt ist es also, der die kleine Ondine dazu befähigt, aus gewaltigen Felsbrocken Fäuste zu modellieren und sie wie die Arme eines Golems zu schwingen? Du warst Zeuge dessen, was diesem Kind so leicht zu fallen scheint. Sag, Dädalus, besitzt ein gewöhnliches Kind die Kraft, derartige Energiereserven aufzubringen und in einem Maße zu kontrollieren, dass sie sogar erfahrene Teufelsfruchtnutzer in die Knie zwingen könnte?«
      Das Lächeln des Alten war das Lächeln einer unausweichlichen Niederlage. Schon als Cassiopeia die Bibliothek betreten hatte, war ihm der metallische Gestank von Blut in die Lippen gekrochen - und mit ihm die Erinnerungen, die er einst in den tiefsten und feigsten Winkeln seines Herzens zu vergraben versucht hatte. Er wollte der Menschenfresserin eine Kugel zwischen die glühenden bernsteinbraunen Augen jagen und in ihrem Blut ertrinken. Er wollte Ondine retten. Doch er kannte seinen Wert.

      Sein schwarzes Gesicht schien nur noch von Falten und Knochen gehalten, als Dädalus im Ars Pomum nach einer Seite blätterte, sie flugs fand und mit wackligem Finger fixierte. Tintenfleckige Skizzen und schemenhafte Abbildungen von possierlichen kleinen Früchten mit winzigen Armen und kurzen Beinen, gekrönt von hasenohrigen Blättern und wurzelnden Schnurrhaaren sprangen Krill und Cassiopeia entgegen.
      »Wie ich vorhin erwähnte…«, tastete sich Dädalus nunmehr gefasster vor, alle Konzentration auf seine Fingerspitze gestützt, »befasste ich mich mit Porcia Lovidicus' Arbeiten im Rahmen meiner eigenen Forschungen, die sich mit der Natur der Teufelsfrüchte beschäftigten. Ich untersuchte jene, die ich heute ›Schwellenfrüchte‹ nenne: Teufelsfrüchte, deren Kräfte zwischen den Schleier greifen, den wir als die Kategorisierungen von Logia, Paramecia und Zoan begreifen. Es existieren Teufelsfrüchte, die sich einer genauen Klassifikation entziehen. Als Beispiel sei die Phönix-Frucht genannt, eine mystische Zoanfrucht, deren Kräfte weit über das Repertoire gewöhnlicher Tierkräfte hinausgehen und ihren Nutzer mit elementaren Fähigkeiten ausstatten, die in der Regel allein den Logia-Mächten vorbehalten sind. Bis heute wird das Buch der Teufelsfrüchte weiteren Editierungen unterzogen, weil die neue Generation der Teufelsfruchtnutzer die Begabungen ihrer Vorgänger überflügelt und neue Facetten aus ihren Kräften herauskitzelt.«
      »Worauf willst du hinaus, Dädalus?«, trieb ihn Cassiopeia mit peitschender Zunge voran, »Komm zum Punkt.«
      »Der Punkt ist, dass Unmöglichkeiten unmöglich sind, wenn es um die Natur der Teufelsfrüchte geht. Gerade ein Regierungshund wie du müsste die Bedeutung dieser Worte verstehen, die ihr seid Jahrhunderten dem süßen Nektar der Unsterblichkeit nachjagt.«
      Das ungeduldige Schnalzen erstarrte auf Cassiopeias Zunge wie eine Sturmwelle, die kurz vor dem Branden gefror. Raubtierhaft zog sie sich in den aufsteigenden Zigarrendunst zurück, der aus ihren bebenden Nüstern strömte, und belauerte den alten Mann mit kalter, chirurgischer Präzision. Er räusperte sich, seine Kehle war trocken.
      »Ich denke, eure Ondine ist eine Alraune
      Schweigen und fragende Blicke hingen in der Luft, bis Dädalus auf die kuriosen Wurzelbälger deutete, die die Feder der Porcia Lovidicus vor unzähligen Menschenleben in das gilbende Papier gekritzelt hatte.
      »Die Dendro-Dendro-Frucht, die Ondines vermeintlicher Vater verspeist hat, ist eine Schwellenfrucht - ein Zwitter, zwischen Zoan, Logia und Paramecia wabernd. Einige Gelehrte, Männer mit einem abgeschmackten Sinn von Ästhetik und einer Vorliebe für reißerische Titulierungen, nennen sie ›Special-Paramecias‹. Nun hört mich an, und folgt meinen Worten Silbe für Silbe: Sobald ein Mensch eine Zoan-Frucht verspeist, gehen Eigenschaften seiner neuen, animalischen Seite auf ihn über. Abhängig von der Tierart frieren sie selbst bei bitterster Kälte nicht oder wittern Stürme, die meilenweit entfernt tosen. Ihre Sinne sind geschärft, ihre Reflexe schneller als jede menschliche Auffassungsgabe - selbst in ihrer menschlichen Gestalt schlägt das Herz des Tieres in ihnen und modifiziert ihre Physis. Wenn wir nun davon ausgehen, dass wir die Dendro-Frucht als Zoan behandeln können…«
      »Sie hat Ondines Vater körperlich verändert…?« Allmählich erkannte Krill den Pfad, den der schwarze Greis einzuschlagen gedachte und schüttelte unwillkürlich das schartige Gesicht in blankem Unglauben. »Das ist unmöglich.«
      »Was sagte ich noch über dieses Wort?«, belehrte Dädalus den Kraken mit erhobenem Finger, »Ondines Vater mag sich für unfruchtbar gehalten haben, weil er es war - bis zu jenem Moment, in dem er in die Teufelsfrucht biss und sein Körper mit ihren Kräften verschmolz. Bäume sind Lebewesen, sie pflanzen sich fort. Samen, Früchte…«
      »Die Kräfte der Dendro-Frucht haben ihm seine Fruchtbarkeit zurückgegeben?«, vollendete Cassiopeia die wagemutige These des Alten mit hochgezogenen roten Brauen — vollkommen fasziniert, »Das würde bedeuten…«
      »Ja«, nickte Dädalus ehrfürchtig gen Ondine, »Sie beherrscht ihre Kräfte in einem Maße, wie es keinem Menschen in ihrem Alter möglich sein sollte…weil sie selbst nicht gänzlich menschlich ist. Porcia beschrieb sie bereits vor hunderten von Jahren: Kinder mit Symptomen, die auf die Teufelskräfte ihrer Eltern zurückgeführt werden konnten. Selbstredend erwiesen sich sämtliche ihrer Belege als haltlos, aber…wie sonst könnte man erklären, was Ondine ist…wozu sie fähig ist? Dieses Kind ist das Kind einer Mutter und eines Vaters…«
      Cassiopeias Augen glühten vor Erregung. »Und des Teufels.«

      Am Ufer des Pirrip, Cattle's Corridor

      Ein aschfahler Nebel waberte auf den schmutzigen Wassern, hinter denen die qualmenden Schlöte des Fabrikviertels rauchschwarze Nächte in den Himmel pumpten und stählerne Schlangengruben ihre toxischen Eingeweide in die öligen Fluten erbrachen. Gellend brandete das Brunzen und Brüllen der ratternden Industrien durch den eisigen Sud, den die rostigen Kiefer der Maschinen zermalmten, wiederkäuten und zurück in die giftige Herbstluft spuckten. Selbst die Sterne am Firmament waren rote Feuer, ausgeblutet von brennenden Türmen vor einem verquollenen Horizont aus Kohlenstaub. Nickleby hatte die Natur verschlungen.
      »Wer ist sie
      Mit einem unauffällig-auffälligen Lippenspitzen deutete Chief Inspector Felicia Zhang in Richtung der mysteriösen Fremden, die sich gegen die drohenden Feuerfabriken am anderen Flussufer wie eine fernländische Dschungelgottheit abzeichnete. Der junge Constable, gedanklich noch mit Bucky »Buck« Bowden und der Unfassbarkeit der menschlichen Entsorgungswut beschäftigt, erlitt einen minderschweren Kurzschluss beim Anblick seiner nagelneuen Vorgesetzten und den fantastischen Rundungen, die jene unzweifelhaft als erste Frau in der Geschichte des fountischen Strafverfolgungswesens auswiesen. Überrumpelt von der Notwendigkeit, einem Busen in die Augen sehen und vor ihm salutieren zu müssen, würgte er sich einen Gruß und mehrere verschüttete Plattitüden ab, während Chief Inspector Zhang seine Dienstmarke in Grund und Boden starrte.
      »Constable Huffin…«, unterbrach sie schließlich seine erbärmlichen Bemühungen, bereits mit der Muttermilch eingeflößte Frauenfeindlichkeiten klein zu reden, und deutete abermals auf die Unbekannte, welche neben dem Leichenbeschauer und seinem Untersuchungsobjekt im Müll kniete. »Wer. Ist. Sie?«
      Noch immer salutierend sagte er es ihr endlich - und erschrak bis ins Mark, als sich Zhangs sichelförmige Augen zu gelben Schlitzen verengten.

      »Er liegt noch nicht lange im Wasser. Bei der Seuche wäre er sonst längst Pudding. Blutpudding. Mit Fettstücken. Sie verstehen.«
      »Natürlich. Können Sie einen Todeszeitpunkt bestimmen?«
      »Nicht ohne eingehendere Untersuchungen in meinem Keller.«
      »In der Gerichtsmedizin?«
      »Äh. Freilich, sicher. Wieso nicht.«
      Fachmännisch nahmen Mortimer Shades' Frettchenhände weitere Untersuchungen jenseits aller Moral an der angeschwemmten Leiche vor, seine Augen jedoch krallten sich in das dunkle Karamell der exotischen Schönheit neben ihm.
      »Mögen Sie Leichen?«, fragte er ungeschickt. Die Fremde wandte ihm die glänzende violette Gemme zu, die zwischen ihren tiefschwarzen Augenbrauen hypnotisierend fluoreszierte, und wölbte die Stirn über jener zu einer angewiderten Mulde. Dennoch blieb ihre Stimme warm und freundlich, als sie diplomatisch erwiderte:
      »Ich präferiere die Lebenden.«
      »Natürlich, natürlich…«, witterte der dünne Schnurrbart über Shades' schmalen Lippen wie das nervöse Nagetier, dessen Schoß er einst entsprossen sein musste, »Wenn Sie nachher in meinen Kell-ähm, meinen Arbeitsraum kommen, könnte ich-«
      »Was macht eine Agentin der Cipherpol an meinem Tatort und womit habe ich das verdient?«, fuhr Felicia Zhang dem widrigen Männchen harsch in die Parade. Die frischernannte Inspektorin überragte die Knienden wie eine eherne Festung, die in ihrem streng geknüpften Redingote nur durch die blassgelben Gesichtszüge von den Prachtstatuetten des Heiress Borough zu unterscheiden war. Dunkle, katzenhafte Pupillen schnitten messerscharf durch die butterweichen Augen der jungen Fremden, als jene den schwarzen Schopf in den Nacken legte und der Ermittlerin ihr honigsüßestes Lächeln offerierte.
      Während Mortimer Shades betete, die furchteinflößende Felicia Zhang möge ihn wie alle Frauen vor ihr einfach übersehen, erhob sich die Unbekannte in ihren schwarzen Winterstiefeln aus dem angeschwemmten Geröll des Ufers.
      »Chief Inspector Zhang, nehme ich an?«, fragte sie wissend und das Nicken der Beamtin vorwegnehmend. In einer fließenden Bewegung, die sie sich von den schlackenden Strömen des trüben Flusslaufs abgeguckt haben musste, zückte Shrimati ein kleines Visitenkärtchen aus ihrem Revers und überreichte es Zhang feierlicher als ein Zeremonienschwert.
      »Sie…sind weit weg von Zuhause, Agent Gamisha…«, bemerkte Zhang über den Rand der Karte hinweg, die Shrimati Dhanvantara Gamisha als Vasallin der geheimsten Geheimdienststelle der Weltregierung auswies.
      »Sie doch auch.«
      »Baskerville, geboren und aufgewachsen.«
      »Oh.« Die Agentin maskierte sich hinter einem wohlmeinenden, halb entschuldigenden Lächeln — Zhang gedachte jedoch nicht, es zu spiegeln. Mit der rasiermesserscharfen Gnadenlosigkeit des Militärdienstes, der der Beamtin noch immer in den Gliedern steckte wie das Schrapnell in ihrem Rücken, atmete sie Shrimatis Antlitz in einem tiefen Zug ein und wieder aus: Das lange, zu einem komplizierten Flechtknoten geknüpfte Haar aus purem Schwarz; die violett erstrahlende Gemme und farblich abgestimmte Bluse samt schwarzem Pullunder; der maßgeschneiderte graue Wollanzug, welcher Zhang an die zwanghaft glattgebügelten Uniförmchen erinnerte, in denen den privilegierten Zöglingen Anne-The-Splendids die Makel der Individualität ausgetrieben werden sollten.
      Die gütigen hellbraunen Augen der Agentin glänzten im letzten Licht des sterbenden Abends wie zerlassene Butter, vielleicht ebenso abschätzend Zhang gegenüber wie umgekehrt. Trotz jahrelanger Berufserfahrung konnte der Chief Inspector nicht im dunklen, aromatischen Gesicht der Agentin lesen, worüber sie derart erboste, dass ihre Pupillen hinter den zusammengepressten Lidern beinahe verschwanden.
      »Was machen Sie an meinem Tatort?«
      »Die Leiche«, zeigte sich Shrimati über alle Maßen zugänglich und verständnisvoll, »Sein Name ist Thomas Waterloo.«
      Gleichgültig sanken Zhangs Sichelaugen auf den angespülten blassen Toten hinab, dessen flutende blaue Haarmähne vom dreckigen Fluss als Fangnetz für Schlick und Unrat zweckentfremdet worden war. Seine grünen Augen starrten gläsern und verängstigt in den Rauchschlot des heraufziehenden Nachthimmels, als fürchtete er, die wogenden Kohlenberge würden hinabstürzen und sie alle unter sich begraben.
      »Wer ist er?«, fragte Zhang kühl.
      »Ein gesuchter Verbrecher.«
      Unzufrieden verschanzte sich die Ermittlerin hinter verschränkten Armen, mit dem ungeduldigen Zeigefinger gegen den Ellbogen trommelnd.
      »Das wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet, Agent Gamisha. Warum sind Sie hier, was hat dieser Mann getan?«
      »Ich…« Shrimati seufzte wahrhaftig untröstlich. »Ich bin nicht befugt, Ihnen diese Auskunft zu geben, Chief Inspector Zhang. Um aller Ehrlichkeit genüge zu tun: Ich hätte Ihnen nicht einmal meinen Namen, geschweige denn meine Tätigkeit offenbaren dürfen.«
      »Warum haben Sie es dann getan?«, hakte Zhang zunehmend misstrauisch nach. Das Trommeln ihres Fingers glich nunmehr Hammerschlägen, die ihren gesamten Unterarm erbeben ließen.
      »Weil meine Vorgesetzte ungeachtet ihrer Berufswahl die radikale Wahrheit predigt und ich der Überzeugung bin, dass Sie eine kompetente und ehrbare Person sind, die mit diesen Informationen…vorsichtig umgeht.«
      »Welchen Informationen?«
      Abermals seufzte Shrimati, mit der Kuppe ihres rechten Stiefels eine Schneise in den galligen Ufersand bohrend.
      »Es gibt da diese…Nein.« Mitten im Satz besann sich Shrimati ihres Standes und ihrer Verantwortung. »Chief Inspector Zhang, wie weit sind Sie bereit zu gehen?«
      »Bitte?«
      »Wenn ich Informationen hätte, Informationen, die…bis in die höchsten politischen und gesellschaftlichen Kreise dieser Insel reichten…«
      »Kompromittierende Informationen?«, hakte Zhang hellhöriger und zugänglicher nach. Zustimmend fuhr Shrimati fort:
      »Wenn ich diese Informationen hätte…könnte ich darauf bauen, dass Sie das richtige täten? Ungeachtet der Konsequenzen?«
      Kurzentschlossen ließ sich Zhang zu einem Nicken hinreißen, welches jedoch alsbald in ein widerwilliges Kopfschütteln ausschlug. »Welche Informationen, Agent Gamisha? Ich muss mehr wissen.«
      Bedrückt ließ Shrimati den Kopf hängen. »Das unterliegt noch der Geheimhaltung. Ich kann nicht…«
      »Dann verschwinden Sie von meinem Tatort«, blaffte Zhang hart und schob sich an der Agentin vorbei. Jene atmete schwer aus.
      »Ich werde mich melden.«
      »Wir werden sehen«, murrte die Ermittlerin zynisch, sich geistesversunken dem verblichenen Thomas Wilmarth Waterloo zuwendend, »In dieser Stadt sind Informationen tödlich.«
      Kapitel 138 - Feuer in der Nacht

      Berstende Blitze durchzuckten die regengeflutete Schwärze und zersplitterten zu brennenden Schrapnellen auf der ertrinkenden Marsch, als der Abendzug nach Copperfield in die urgewaltige Sturmfront krachte. Dröhnend walzte das Donnerrollen über die metallenen Dächer der ratternden Waggons und ließ die alten Rauchgläser ängstlich klirren. Kleine bibbernde Fenster zur Seele einer Insel, die in Finsternis und Lärm ertrank.
      »Shrimati? Hörst du mich? Hallo?!« Genervt klopfte der Graue Spion gegen den Panzer der Teleschnecke, um das panische Tier aus selbigem zu zwingen. »Jetzt stell dich nicht so an! Komm raus!«
      »Lass das arme Tier in Ruhe«, gähnte Mercedes gen Glasscheibe, an der ihr Atem geisterhafte Schleier gegen die schreckliche Dunkelheit der fountischen Herbstnacht abzeichnete. Die Blitze und der Donner und die ohrenbetäubende Artillerie des Unwetters prasselten gegen das Fenster, doch die blasse Wange der Kopfgeldjägerin verharrte furchtlos und geduldig, als wartete sie auf den einen, letzten Kuss. Wie sehr wünschte sich ihr Begleiter in dieser Sekunde, seine Lippen mochten die auserkorenen sein. Versunken in ihre tiefen Gedanken und unaussprechlichen Erinnerungen, wirkte Mercedes auf den jungen Agenten längst ebenso unfassbar und vergänglich wie die fahlen Schemen, die ihre Worte in das Fensterglas wisperten.
      »Kanntest du ihn?«, fragte er möglichst unverfänglich, »Thomas Waterloo, meine ich…«
      »Nein«, lautete ihre ebenso unverfängliche Antwort, »O'Mara sagte, er sei von Harley besessen gewesen. Liebe, Obsession…fehlgeleitete Dankbarkeit.«
      Der Graue Spion nickte schwach. »Harley schien diese Wirkung auf Menschen gehabt zu haben.«
      »…›gehabt zu haben‹?«, wiederholte Mercedes hellhörig, »Was soll das bedeuten? Ist er tot?«
      »Nicht?« Seine Stimme klang wahrhaftig überzeugt. »Callaghan ist ihm auf den Fersen. Wenn der Hermelin noch nicht tot ist, wird er es zumindest bald sein. Er ist nur Beute für ein Raubtier
      Plötzlich munter löste sich Mercedes' zarte Wange von den weinenden Augen des schnaufenden Zuges, der den Kampf gegen die Monstren des Himmels Meter um Meter zu verlieren schien. Wie zur Debatte bereit stützte sie ihre Neugier auf den ausgeklappten Tisch und sah dem Agenten fest in die runden türkisfarbenen Augen.
      »Was weißt du über Callaghan?«
      »Das ist eine seltsame Frage. Solltest du ihn nicht besser kennen, als-«
      »Ich rede nicht von intimen Details«, schalt sie ihn wie einen unverschämten Knaben, »Du nanntest ihn ein ›Raubtier‹. Wieso?«
      »Er hat einen gewissen Ruf…«, windete sich der Agent tiefer in seinen Sitz, während sich Mercedes' Schatten medusenhaft über den Tisch ausbreitete.
      »Nein…Du wusstest, was du sagen wolltest, noch bevor Harley zum Beutetier wurde. Dein Geplapper hat dich verraten. Was weißt du über Callaghan?«
      Ertappt fuhr sich der Agent durch die sprudelnden blauen Löckchen, die seinen schief gelegten Schopf hinunter kullerten, und schützte ein unbeholfenes Lächeln vor. Er wusste, dass Geheimnisse nicht mehr als eine Währung waren, die wie billige Perlen gegen nützliche Lügen und entwaffnende Wahrheiten getauscht werden konnte — doch er spürte auch, dass Mercedes Delacroix ihm nichts anzubieten hatte als jenen hinreißenden Augenaufschlag, der ihm statt verlässlicher Informationen nur blaue Genitalien einbrächte. Etwas widerwillig befreite er sich aus ihrem fesselnden Blick und versuchte vergeblich, ihren traurigen Schatten von seinen Händen zu vertreiben. Plötzlich empfand der Graue Spion Mitleid mit der starken und wunderschönen Mercedes, die jahrelang an der Seite eines Fremden gelebt und sich von der unerfüllten Hoffnung genährt hatte, jenem eines Tages eine Gefährtin sein zu können und zu erkennen, wer der Mann war, dessen Bett und Leben sie teilte.
      Als er aufsah, bohrten sich die unnachgiebigen Augen der Kopfgeldjägerin noch immer tief in seine Schädeldecke — nicht fragend, nicht flehend. Fordernd.
      Seufzend verstaute der Agent die unwillige Teleschnecke in seiner Manteltasche und schürzte die Lippen wie der Überbringer einer blutbefleckten Blume.
      »Callaghan…«, begann er planlos, nur um sich hastig zu besinnen: »Hast du…dich einmal gefragt, wieso ihr nicht längst selbst gejagt werdet? Nach allem, was passiert ist, meine ich. Porto Galba ist eine Ruine, eure Intervention in Gavroche war ein Schlüsselmoment im Plan des Rattenfängers und ganze Nationen versinken im Chaos, seit ihr Harleys Party gesprengt und seine Gäste unter den Trümmern begraben habt.«
      »Porto Galba wurde durch Machiavellis Hand verwüstet, Enjolras hat uns für seine Zwecke missbraucht und deine ach-so-teuren Gäste waren Psychopathen, die Harley gegen Geld an unserem Mord teilhaben lassen wollte«, widersprach ihm Mercedes mit einem souveränen Lächeln, doch der Agent winkte ab.
      »Das meine ich nicht.« Todernst legte er seine Hände auf die Schiebermütze, die grau und bedeutungsschwer auf dem Tisch zwischen ihnen ruhte. »Die Konsequenzen eurer Taten sind längst nicht so schwerwiegend wie eure Taten selbst. Jene haben dafür gesorgt, dass ihr zurück in den Fokus der Welt gerückt seid. Du kannst nicht naiv genug sein zu glauben, ein Mann wie Krill hätte keine Feinde. Oder Brian O'Mara, der plötzlich wieder…«
      »Wieder was?«, wollte Mercedes ihm nachsetzen, just bevor der Agent ihr jäh die Luft abschnürte:
      »Oder du…Denkst du etwa, wir wüssten es nicht? Wüssten nicht ganz genau, was du vor neun Jahren in genau der Stadt getan hast, die wir vor Stunden hinter uns gelassen haben?«
      Mercedes begann zu würgen. Ein brennender Schmerz durchzuckte die grässlichen Narbengeschwüre, die ihren gesamten Körper zeichneten wie die Blitze den fountischen Nachthimmel, und wurde unerträglich. Gegen ihren Willen versank sie in der Leere und der Finsternis und den überfluteten Ödlanden jenseits der klirrenden Fensterscheiben. Sie spürte den Regen auf ihrer Haut beinahe so deutlich wie die unaufhaltsame Verzweiflung ihrer Vergangenheit, als sie vollkommen apathisch fragte:
      »Welche…Rolle spielt Callaghan für euch, dass ihr uns schützt?«
      »Du missverstehst«, erwiderte der Graue Spion augenverengend, »Wir sind es nicht, die euch schützen. Er ist es.«
      »Inwiefern?«
      »Für diese Info werde ich leider nicht gut genug bezahlt.«
      »Schwachsinn.«
      »Schön wär's.«
      Das leidenschaftslose Schmunzeln auf seinen lauwarmen Lippen bedeutete der Kopfgeldjägerin, dass er die Wahrheit sprach und nichts als die Wahrheit; so nüchtern, bieder und unrühmlich jene auch sein mochte. Nur zögerlich, wie Tau an einem kühlen Morgen, kehrte das Strahlen in Mercedes' Augen zurück. Das Kinn hob sich höher, die Haare glänzten brauner und die heißen Öfen in ihren Adern entfachten wieder das alte Feuer der gefürchteten Mademoiselle de Fer.
      »Dann sag mir…«, bat sie in der altbekannten Unerbittlichkeit, der sich kein Mann entziehen konnte…oder wollte, »Sag mir, wie siehst du Callaghan?«
      Der Spion haderte sichtlich mit seinen Gefühlen und dem falschen Ethos, der die Agenten der Weltregierung mit der Illusion einer hehren Bestimmung im Dienste der Götter höchstselbst ausstattet. Wie Knete quoll ihm der Stoff seiner Mütze durch die kindlichen Finger, bevor er sich schließlich zu einer Antwort hinreißen ließ, die ihm im besten Fall den Kopf, im schlimmsten den Job kosten würde:
      »Er…also…Du solltest dich vorsehen. Er ist sehr gefährlich.«
      Unwillkürlich stieß Mercedes ein lachendes, dreckiges Grunzen aus.
      »Das weiß ich schon«, schnalzte sie stolz, »und ich bin es auch.«
      »Aber-«
      »Sei einfach still.«
      Desinteressiert bettete die Brünette ihr müdes Haupt zurück an das weinende Fensterglas, hinter dem sich die Schrecken der fountischen Herbstnacht bis an den finsteren Küstenstreifen jenseits der sturmgepeitschten Marsch erstreckten. »Sprich nicht über Dinge, die du nicht verstehst.«
      »Die da wären?«, wollte er von ihr wissen; doch nur ein schmales gönnerhaftes Lächeln perlte über ihre Lippen, bevor die schöne Kopfgeldjägerin ihre makellosen Augen schloss und den Spion allein zurückließ, mit dem Regen und dem Donner und dem Ungesagten.

      Campus der Moore Universität, Nickleby

      Nach dem Erlöschen der letzten Sonnenstrahlen waren auch die arbeitswütigsten Gelehrten dem Campus der Moore University entflohen und lieferten die ehrwürdigen Mauern der Herrschaft der Gargoyles aus. Die launischen Funken der Laternen flößten den geflügelten Fratzen eine schattenhafte Lebendigkeit ein, die Stein zu Fleisch erhob und die knurrigen Wasserspeier auf ihren Vorsprüngen diabolisch lauern ließ.
      »Hast du Angst?«, fragte Dädalus das Kind an seiner Hand. Es schüttelte den Kopf, während kalte Nebel aus dunklen Weiten auf sie zu krochen.
      »Wie das Meer«, flüsterte Ondine, setzte die kleinen blauen Stiefelchen voreinander und griff mit den Fingern nach dem Ungreifbaren. Über ihren Köpfen schwirrten weiße Motten wie flatternde Sterne zwischen den finsteren Baumkronen und dem Schein des Laternenlichts, das zwischen den Blättern knospte.
      »Ich lebte einst an einem Ort, der diesem nicht unähnlich war«, begann Dädalus mit einem gestrandeten Lächeln zu erzählen, »Hohe Mauern voller Geheimnisse, die ich entschlüsseln…Türme, die ich erklimmen wollte. Meine Bewacher trugen auch Kutten, genau wie deine, und vermutlich sahen sie darunter allesamt so aus.« Seine schwarze Fingerkuppe deutete auf einen grotesken wasserbäuchigen Gargoyle, der an seiner eigenen gespaltenen Zunge zu ersticken schien, worauf Ondine wie eine kleine Nachtigall kicherte. Noch stundenlang wäre der Greis an Ondines Händchen durch die verlassenen Hallen und Alleen der alten Universität gestromert, auf der Suche nach dem Unauffindbaren und der Lösung der Rätsel, die das Mädchen wie die Motten über ihren Schöpfen umschwirrten.
      Wäre sein Verstand stumpfer und sein Herz naiver gewesen, hätte Dädalus die Kleine in ihrem quietschegelben Regenmantel nur zu gern mit einem gewöhnlichen Kind verwechselt und sie fest in seine Arme geschlossen, um noch ein einziges Mal zu spüren, was er selbst einst verloren und anderen genommen hatte. Wie sehr wünschte er sich, ihr seidiges königsblaues Haar zu tätscheln und sich vorzustellen, es wäre rot wie Feuer; wie sehr wollte er ihrer zarten Wange einen großväterlichen Kuss schenken und unendliche Entschuldigungen in ihr blasses Ohr flüstern; und wie sehr nagte der Zorn an seinen Nerven, als die unheilvolle Zigarettenglut in der Dunkelheit aufflammte und das Ende ihres kleinen Spazierganges in die Nacht brannte.
      »Schnell, meine Kleine…Bekreuzige dich dreimal und spucke über die Schulter.«
      »Du hast Angst vor ihr«, tat Ondines Kindermund die Wahrheit kund, welche Dädalus vor mehr als einem halben Leben als Lüge zu entlarven versucht hatte. Schon damals war er kläglich gescheitert.
      »Mag sein. Sie vertritt Menschen, die mich nicht besonders mögen.«
      »Das ist nicht schlimm. Ich mag sie auch nicht.«
      »Fürchtest du dich auch vor ihr?«, fragte Dädalus feinfühlig, während er vor dem nickenden Mädchen auf die Knie sank. Ein bekräftigendes Lächeln spiegelte sich in ihren großen smaragdgrünen Augen, die wie Baumkronen in der Brise flimmerten. In den letzten Stunden war der Tête de nègre dem Mädchen ein würdiger Freund geworden, in dessen faltige schwarze Hände sie alles Vertrauen ihrer Welt legen konnte.
      »Es ist okay, Angst zu haben, Ondine. Unsere Angst sagt uns, dass etwas nicht in Ordnung ist…dass wir uns vorsehen müssen…«

      »…Du tust gut daran, Angst zu haben. Cassiopeia ist eine gefährliche Frau. Sie ist hungrig nach Macht, deshalb arbeitet sie auch für die Leute, die mich nicht mögen — und deshalb möchte sie mehr über dich herausfinden. Vielleicht gibt sie vor, es für dich zu tun. Aber lass dir von mir die Wahrheit sagen, der ich dein Freund bin und immer dein Freund sein werde: Sie lügt. Sie möchte dir nicht helfen. Sie möchte dich besitzen, dich beherrschen und deine Einzigartigkeit ausnutzen. Vertraue ihr niemals!«
      Das milchige Weiß in Krills blinden Augen verdunkelte sich wie der wolkenverhangene Himmel vor einem Sturm, nachdem seine perfekten Ohren Dädalus' Worte hinter dem Knistern und Lodern der brennenden Zigarette aufgeschnappt hatten. Lautlos fuhr seine rote Hand an sein Katana und umfasste den Griff mit gezügelter Mordlust.
      »Versprich es mir«, vernahm er die Stimme des Greises gleich einer Mahnung, die sich eigens für ihn vor seinem inneren Auge in die Schwärze meißelte, »Halte dich fern von Cassiopeia Triagast. Was ist mit dem Meermann?«
      »Monsieur Le Poulpe ist mein Freund. Er mag sie nicht.«
      »Dann sag es ihm«, bat Dädalus eindringlich, »Er muss dich beschützen. Sie dürfen dich nicht kriegen! Niemals! Hörst du, meine Kleine?«
      Ondine versprach es ihm, doch Krill hörte das Zaudern in ihrer Stimme.
      »Tête de nègre…?«
      »Ja?«
      »Ich…ich möchte keine Angst mehr vor ihr haben.«
      »Das verstehe ich…Komm, ich zeige dir einen Trick«, feixte Dädalus verschwörerisch, »Das wird dir Mut machen. Pass auf, wenn sie-«
      »Woran denken Sie, Krill?«, durchbrach Cassiopeias rauchgeschwärzte Stimme plötzlich die Abhöraktion des Kraken. Beißender Tabaksqualm flutete seine Nebenhöhle und ließ ihn keuchend zurückweichen, doch die blutroten Lippen der Agentin folgten ihm wie ein jagender Tiger.
      »Lassen Sie mich raten…Sie denken daran, mir die Kehle durchzuschneiden und das Kind in meinem Blut zu taufen.«
      »Wie theatralisch«, hustete er trocken.
      »Oder symbolträchtig…« Mit der Zigarette im Mundwinkel und den Händen in den Taschen fuhr sie fort:
      »Geben wir uns keinen Illusionen hin, Krill. Sie können das Kind auf Dauer nicht kontrollieren. Ondines Kräfte wachsen in Stufen, die Sie eher früher als später nicht mehr zu erklimmen imstande sein werden.«
      »Du wirst sie uns nicht nehmen«, zischte Krill schärfer als jede Klinge durch seine zerbissenen Zähne — worüber Cassiopeia nur die rostroten Brauen verzog.
      »Wer ist denn ›uns‹? Bitte versuchen Sie jetzt nicht, mir Ihre armselige Meute von Aussätzigen als kleines dysfunktionales Familienidyll verkaufen zu wollen, Krill.«
      »Wir werden sie beschützen.«
      »Ich bitte Sie.« Abschätzig nahm die Rothaarige den letzten Schluck aus ihrem Flachmann, die Asche ihrer Zigarette vor Krills Tentakelspitzen ausbluten lassend. »Sie sind vagabundierende Paria, die sich gemeinsam vor den Schrecken der Nacht verkriechen. Wir beide wissen, wie instabil Callaghan ist. Brian O'Mara lebt nur für den nächsten Rausch und die arme Mercedes ist zu stolz, um ihr Leben an Ihrer Seite als die Sackgasse zu begreifen, die es ist. Wollen Sie die kleine Ondine wirklich in Ihre Dunkelheit hineinziehen, Krill? Sie richtungslos und verloren auf diesen finsteren Wassern treiben lassen, bis sie den Verstand verliert…oder Callaghan unweigerlich ausbricht und Sie alle verschlingt?«
      »Du weißt nichts«, murmelte Krill leise und bitter.
      »Wie meinen?«
      Er wiederholte sich, mit giftbestrichener Zunge und lauter als zuvor:
      »Du weißt nichts über uns. Du glaubst, dir ein Urteil erlauben zu können? Du irrst dich und wirst deine verlogenen Spiele verlieren, weil du verzogen und arrogant bist. Wir werden dir Ondine niemals überlassen.« Blitzschnell löste sich das Blatt seines Katanas aus der Scheide; nur für wenige Millimeter, die Cassiopeia jedoch wie den Schnitt eines Skalpells auf ihrer Haut spürte.
      »Dieses Mädchen wird Ihr Untergang sein, Krill. Sie begehen einen Fehler…«
      »Nein«, erwiderte der Meermann nüchtern, mit den blinden Augen stoisch an ihr vorbei fokussierend. »Fehler erfordern Reue.«

      Dädalus gab vor, die Kriegstrommeln in der Ferne zu überhören und polterte mit der umnachteten Selbstverständlichkeit eines protzigen Prälaten in die lähmende Atempause, um Ondine gleich einer Heiligenreliquie aus dem gelobten Land zu präsentieren.
      »Hier ist sie wieder. Wohlbehalten und in einem Stück. Sei doch so gut und belasse es dabei, Cassiopeia.«
      »Natürlich«, säuselte die Rothaarige honigsüßer als Honig, die Hand nach dem Kind ausstreckend. »Komm!«
      Krill wollte intervenieren, aber Ondine tat bereits wie geheißen. Gefügig entschwebte das Kind dem Boden und empfing die Umarmung der Agentin mit ausgestreckten Händen.
      »Wir werden dir helfen«, raunte Cassiopeia mit süffisantem Blick auf den entsetzten Krill — kurz bevor sie die urgewaltige Macht hinter Ondines Berührung spürte, die ihren Busen zerquetschte, den Brustkorb einriss und jede Rippe in ihrem Leib zerbersten ließ. Mit der Wucht eines Projektils schoss der verkrüppelte Leib der Rothaarigen durch die Finsternis, schlug mehrmals auf dem massiven Pflasterstein auf und krachte unter ohrenbetäubendem Lärm in die unteren Vorlesungssäle der mathematischen Fakultät.
      »Du willst mir nicht helfen! Du lügst!«, rief Ondine ihr nach, sich sogleich gen Dädalus umwendend, als erwarte sie Bestätigung. Galgenhumorig gönnte ihr der vollkommen verstörte Greis ein zittriges Daumenhoch, dem perplexen Krill jedoch im selben Atemzug schulterzuckend sein eigenes Entsetzen offenbarend.
      »Mea maxima culpa«, formten seine dunklen Lippen stumm.
      »Geschenkt«, antwortete der Meermann lax, allein die Finsternis ins blinde Auge fassend.
      In der klaffenden Leere, die Ondine unter Zuhilfenahme Cassiopeias in das Mauerwerk geschlagen hatte, windete sich eine eitrige Larve in ihrem eigenen Blut und Sehnengeflecht. Von Schmerzen gepeinigt winselte sie, schrie und fluchte Galle, bis sie sich unter unvorstellbaren Qualen aufbäumte und bluttriefende Schwingen ihren fleischroten Kokon durchstießen. Wie ein gehäuteter Engel erhob sich Cassiopeia Triagast aus den Schatten, Tropfen um Tropfen ihres Lebens zurücksaugend, bis das fließende Blut ihren zertrümmerten Oberkörper wieder zusammengeschmiedet hatte.
      »Ungezogen«, schnaubten ihre Lippen zuckend, »Sehr ungezogen, Ondine.«
      Jene nahm allen Mut zusammen. Das rote Scheusal schälte sich wie ein Dämon aus dem Loch, in das sie es geworfen hatte, doch Ondine blieb standhaft und brüllte aus vollen Lungen:
      »Geh weg!«
      Sich wütend die derangierte Lederjacke in Form schlagend, hinkte Cassiopeia auf ihren stechend roten Absätzen voran. Zwei lange blutnasse Strähnen hingen vor ihren bebenden Nüstern und verzerrten ihre bernsteinfarbenen Augen zu glühenden Klumpen hinter rotem Fleisch.
      »Du brauchst uns«, zischelte ihre rauchige Stimme atemlos und vor Zorn wundbrandig, »Wir allein haben die Macht, deine Kräfte-«
      »LÜGNERIN!« Winzige Kiesel lösten sich um Ondines blaue Stiefelchen, die zusammen mit ihren Zehen vom Boden abhoben und neben den zitternden Fäusten des Mädchens in der Luft verweilten. Ohne die smaragdgrünen Augen von der Agentin abzuwenden, schwebte Ondine zwischen Krill und Dädalus, welche das Schauspiel gleich ungeladenen Gästen angespannt verfolgt hatten.
      »Schon gut.« Mit raubkatzenhafter Behutsamkeit taumelte Cassiopeia einen Schritt zurück und kramte nach ihren Friedenspfeifen. Eine unheilvolle Faszination huschte hinter den roten Strähnen über ihre schlagenden Wimpern, nachdem sie die Zigarette an ihre blutigen Lippen gesetzt und ihr Feuerzeug gezückt hatte.
      »Du magst es noch nicht verstehen, aber das wirst du noch. Diese Menschen, Ondine…« Ihre brennenden bernsteinfarbenen Augen deuteten über die Ränder der auflodernden Flamme hinweg auf Krill, während der glimmende Tabak drohend pulsierte. »Diese Menschen sind nicht deine Freunde. Sie können dich weder vor deiner Gabe beschützen…noch vor sich selbst. Sei auf der Hut.«
      Für eine Sekunde schien Ondine über ihre warnenden Worte nachzusinnen, dann warf sie Dädalus einen fragenden Blick zu — und auf sein Nicken hin zeigte sie Cassiopeia den Mittelfinger.
      »Vor dir muss ich nie wieder Angst haben!«
      »Nein, das musst du nicht…«, seufzte Cassiopeia verstiegen, bevor sich die Glut ihrer Zigarette in der Dunkelheit auflöste.

      Abendzug nach Copperfield

      »Aufgewacht, kleines Murmeltier. Es ist Frühling.«
      Gleich der Morgensonne, die zwischen zugezogenen Vorhängen durch Fenster bricht, blitzte ein grünes Leuchten hinter dem halbgeöffneten Auge der Kopfgeldjägerin auf und funkelte dem Grauen Spion mürrisch entgegen. Noch schlaftrunken kratzte Mercedes ihre zerknautschte Wange von der regenverdreckten Scheibe des abbremsenden Zuges, rieb sich die zentnerschweren Schläfen und erwachte in einen schrecklichen Krieg, als der Agent plötzlich das Zugfenster aufriss.
      Darbende Feuer fraßen qualmende Löcher in die eisige Finsternis, sich wie die Fackeln einer marschierenden Armee über endlose Felder aus rostigen Schienen und eisernen Behausungen spannend, die sich Mercedes erst auf den zweiten Blick als ausrangierte Güterwaggons zu erkennen gaben. Rußverdreckte Kinder ratterten auf kohlenbeladenen Loren durch die Undurchdringlichkeit der Nacht dem Tod entgegen, wütende Arbeiter traktierten funkenspuckende Metallschlangen mit glühenden Hämmern und über allem hing der blutige Gestank von Nässe und Metall wie eine frische Wunde.
      »Meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Regierungssklave«, zog die tonlose Stimme des Agenten Mercedes wieder in ihr Zugabteil zurück, »Willkommen in Copperfield, der Stadt ohne Hoffnung, Perspektive oder Lebenserwartung über 35.«
      Als hoffte sie auf einen besseren zweiten Eindruck, rieb sich Mercedes den Schlaf aus den Augen und riskierte einen weiteren Blick auf die brennende Eisenwüste, in der Menschen wie Züge hetzten und Züge göttergleich an Kränen durch die herbstlichen Lüfte getragen wurden.
      »Was für ein schrecklicher Ort…« Geistesabwesend ließ die Kopfgeldjägerin ihre Arme aus dem Fenster baumeln, die letzten Fahrtwinde mit den Fingern spaltend. »Was um alles in der Welt plant Carla hier…?«
      »Was auch immer es ist…«, schnaufte der Graue Spion achselzuckend und erhob sich mit dem Halten des wiehernden Zuges aus seinem Sitz, »Wenn es mit McKenna zu tun hat, ist es mit ziemlicher Sicherheit etwas Grauenerregendes.«


      Die Augen der Leichen flehten um Gnade, doch das schwarze Monster schlurfte erbarmungslos über sie hinweg. Zufrieden rieb es sich die behandschuhten Hände und neigte den grausigen Vogelschnabel gen Dachgewölbe, an dem sich die ätzenden Klauen der toxischen Dämpfe die Krallen wetzten. Kinder, Frauen, Katzen. Zu Füßen des Pestdoktors waren sie totes Fleisch, das nicht mehr zuckte. Häkchen in seinem Notizbuch. Er nahm die metallenen Stufen, um sich wie Gott an seinem Werk zu ergötzen. Die giftgrünen Nebelschwaden labten sich an den Massen toter Körper, ihren aufgedunsenen Zungen und wunden Fingerkuppen, den kleinen Händen und sprießenden Brustwarzen. Aus jeder Pore saugten sie das Leben, angetrieben vom manischen Keuchen ihres schwarzen Schöpfers.
      »Applaudiert…!«, hustete er gegen seine Maske, dass die seelenlosen Glasaugen aschfahl beschlugen, »Applaudiert…dem Tod!«


      Dieser Beitrag wurde bereits 9 mal editiert, zuletzt von -Bo- ()