Es kann wirklich jeden treffen!
Aufgabenstellung:
Dabei ist egal, ob es jemand „gutes“ oder „böses“ ist, Hauptsache er geht hops. Und seid dabei ruhig etwas kreativ, denn nicht jeder muss ja im Kampfe sterben. Manche opfern sich (Ace), manche werden reingelegt (Doc Bader) und wieder andere sterben zwar im Kampf, aber immerhin mit Würde (Whitebeard).
Einschränkung:
Es sollte der Tod einer Person im Fokus stehen und selbst wenn ihr die Auswirkungen beschreibt, sollte sich der Text dennoch Primär mit dem Dahinscheiden der zentralen Figur beschäftigen.
Wortgrenze: 1.200 Wörter
Kriterien:
- 33%: Atmosphäre: Welche Geschichte konnte durch ihre dichte Atmosphäre punkten? Beachtet hierfür auch den gewählten Schreibstil
- 33%: Authentizität: Sind die Handlungen der agierenden Personen innerhalb ihres Charakters logisch und nachvollziehbar?
- 34%: Gesamtpaket: Welcher Text bietet das beste Gesamtpaket? (Umsetzung des Themas in Bezug auf Setting und Charakterwahl)
Abgabe:
Bitte schickt eure Texte per PN an alle Turnierleiter (GreenBull, Vexor, Zoot und Leonardho) pünktlich bis zum 15.04.2016, 18:00 Uhr! Bei Verspätung gibt es einen Strafpunkt.
Texte
Nein-nein-nein-nein-nein, das darf einfach nicht wahr sein!
Ungläubig wanderte Luffys Blick über die in seinem Schoß zusammengesackte Gestalt seines treuen Weggefährten.
Bitte nicht, nicht schon wieder…nicht du auch noch…
Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkeln als seine Hände über die verkohlten Haare des verstrubbelten Pelzes wanderten.
„Bitte, bleib bei uns! Lass uns nicht alleine!“, Luffys Stimme war kaum lauter als ein kehliges, bekümmertes Flüstern, ein nur mit Mühe herausgebrachtes Wimmern, „Du kannst doch nicht einfach so hier sterben… du bist doch… du bist unser…“
Seine Stimme brach nun endgültig. Widerwillig, als ob er ihn nie wieder loslassen wollte, verfestigte sich sein Griff um das kleine, schlappe Fellbündel in seinen Armen.
„L…Luffy“, keuchte Chopper und öffnete seine Augen mühsam einen Spalt breit, „Weine… nicht. Ich habe es… für dich… getan.“
„Halte durch, Chopper! Nami ist schon auf der Suche nach Law, er wird jeden Moment hier sein und dir helfen! Halte nur solange durch und…“
„Luffy…“, ein gurgelnder Hustenanfall durchwanderte Choppers Körper und lies ihn in Luffys Armen verzweifelt verkrampfen. Entkräftet sank sein Kopf nach hinten. In seinen Augen spiegelte sich dieselbe Furcht wider, die auch Luffy ergriffen hatte, „Wir wissen beide, dass… ich das nicht mehr… schaffen werde… es ist zu spät…“
„Nein, nein, nein, NEIN! Sag sowas nicht! Ich werde dir helfen, du wirst wieder gesund! Du wirst wieder mit uns auf Reisen gehen, mit uns Abenteuer erleben! Du wirst… du…“, Luffys Stimme überschlug sich, „Ich hab doch geschworen euch alle zu beschützen…“
Suchend wanderte sein Blick über das Schlachtfeld. Piraten, Marinesoldaten, Zivilpersonen, sie alle bekämpften sich in einem wilden Durcheinander gegenseitig. Schreie, entsetzliche Todesschreie ertönten von allen Seiten und durchbrachen jäh das stetige Hintergrundrauschen aus aufeinanderprallendem Stahl, wütendem Gegröle und Jubelschreie. Der beißende Geruch nach Schießpulver lag in der Luft und überdeckte den süßlichen Duft frischen Blutes, welches sich literweise über den kargen Erdboden ergoss. Irgendwo hier war auch er! Und er würde ihn finden! Koste es, was es wolle! Das war er Ace schuldig!
„Es ist in… Ordnung“, keuchte Chopper und blickte ihn aus seinen treuen, runden Augen mitfühlend an, „Ich bereue… nichts… Ich würde jederzeit… wieder mit euch… mitkommen!“
Luffy spürte, wie seine Stimmbänder begannen sich zu verkrampfen und sich langsam ein Klosgefühl in seinem Hals bildete. Selbst jetzt, im Sterben liegend, kurz vor seinem Tod, versuchte ihn sein treuer Kamerad, nein, so viel mehr als das, sein Freund, aufzumuntern… aber dabei sollte es doch genau anders herum sein!
„Es ist alles so ungerecht! Ich sollte hier liegen, nicht du… hätte ich doch nur… wär ich nicht…“
Seine Stimme versagte ihm, als die Bilder von eben in ihm aufstiegen.
Unnachgiebig bohrte sich die Pistolenkugel in sein Fleisch, lies seine Haut ausdehnen und die Kugel ebenso unnachgiebig wieder auf den Angreifer zurückschleudern. Noch während der Marinesoldat leblos zusammensackte, rammte Luffy bereits einem weiteren Gegner seine blanke Faust in den Magen und lies ihn durch die Luft auf eine Gruppe Fußsoldaten segeln. Wo? Wo war er nur? Er musste hier ganz in der Nähe sein! Suchend wanderte sein Blick über das Schlachtfeld. Er war nahe, das konnte er spüren.
„Luffy!“, ein Schrei lies ihn für einen Moment von seiner Suche aufhorchen. Nami! Keine zehn Meter entfernt sah er, wie sich seine Navigatorin verzweifelt am Boden wälzte und mit ihrem Klimataktstock die auf sie niederprasselnden Schwerthiebe eines Vize-Admirals abzuwehren versuchte.
Er spürte, wie sich seine Nackenhaare vor Wut aufstellten. Niemand vergriff sich an seinen Kameraden! Er spürte, wie das Adrenalin durch seine Adern schoss. Gerade als er sich auf seinen Feind stürzen wollte, stürmte jedoch schon jemand anderes zur Rettung herbei.
„Such dir gefälligst jemanden von deinem Kaliber, du Bastard!“, schrie der Blondschopf erzürnt und rammte dem Angreifer sein Bein in die Seite, „Diable Jamb!!“
Der Vize-Admiral wurde von der Wucht des Angriffes weggeschleudert und landete krachend in der Verteidigungsmauer von Mary Joa. Noch bevor sein Körper kraftlos zu Boden glitt, verlor er bereits das Bewusstsein.
Mit Stolz in der Brust beobachtete Luffy, wie sein Koch Nami gentleman-like auf die Beine half, ehe sie sich wieder – diesmal zu zweit – ins Kampfgetümmel stürzten. Er hatte schon eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt, auf die man mehr als stolz sein konnte!
Gerade als auch er sich wieder auf die Suche machen wollte, spürte Luffy, wie sich seine Muskeln verspannten. Es war als würde sich die Temperatur um ihn herum schlagartig drastisch erhöhen. Und noch bevor er seine Stimme hörte, fühlte er, wie sich hinter ihm eine mächtige Präsenz auftürmte, bereit ihren vernichtenden Schlag auszuführen.
„Da bist du ja endlich, Strohhut! Zeit dich mit deinem lumpigen Bruder wiederzuvereinen!“
„Mach dir keine Vorwürfe, Luffy… es war nicht…*keuch*… deine Schuld! Ich würde es…*keuch*keuch*… jederzeit wieder tun!“
Akainu!! Erschrocken drehte sich Luffy zu seinem Kontrahenten um, doch es war zu spät. Fanatisch grinsend holte der rote Hund zum finalen Schlag aus und lies seinen Magma-Arm nach vorne schnellen. Das war’s! Das konnte er nicht überleben. Nicht einmal sein Rüstungshaki würde dem standhalten. Aus dem Augenwinkel konnte Luffy erkennen, wie sich ein Schatten aus der Menge löste und auf ihn zustürmte.
„Du bist der beste Captain… den man sich wünschen ...*keuch*... kann“, Choppers Stimme war nun kaum mehr als ein Röcheln.
„Ihr… ihr alle“, sein Blick schweifte in die Runde, zu seinen treuen Weggefährten, denen er so viel zu verdanken hatte. Sie hatten ihn aufgenommen, ihn so akzeptiert, wie er war. Waren seine Freunde geworden, die mit ihm durch dick und dünn gegangen sind… mit Mühe kämpfte er gegen die ansteigende Müdigkeit an, „Ich danke euch ...*hust*... von Herzen…“
Im letzten Moment schob sich der Schatten zwischen Luffy und seinen Kontrahenten…
„Freunde…*keuch*…passt bitte gut…“
…Luffy spürte, wie sein Körper nach hinten weggestoßen wurde…
„…auf unseren Captain auf…“
…während sich Akainus Faust unnachgiebig durch den Körper seines Retters bohrte…
„…versprecht mir das… bitte…“
Hinter sich vernahm Luffy das traurige Schluchzen seiner restlichen Crew, die versammelt im Halbkreis um sie beide herumstand, geschockt, entsetzt und zutiefst traurig.
Luffy spürte, wie sich Choppers Körper entspannte.
„…versprecht…“
Sah, wie der Blick des kleinen, treuherzigen Rentiers sich langsam in die Ferne richtete.
„…es…“
Seine Atemzüge wurden immer kürzer…
„…mir…“
Bis sie letztendlich komplett versiegten.
„NNNNEEEEEEEIIIIIIIIIIINNNN!!!!!“, brach es verzweifelt aus Luffy heraus. Hemmungslos schluchzend umklammerte er den kleinen, leblosen Körper und drückte ihn feste an sich...
Er wusste nicht, wie lange er dort gesessen hatte, bis Nami ihm mitfühlend einen Arm um den Hals gelegt und versucht hatte ihn zu trösten.
„Wir müssen weiter…“, flüsterte sie schluchzend in sein Ohr. Und er wusste, dass sie Recht hatte. Auch wenn er lieber noch Stunden hier gesessen und weiter getrauert hätte, die Schlacht war noch nicht zu Ende. Die Feinde hatten sich nach dem Tod ihres Großadmirals zwar ins Innere von Mary Joa zurückgezogen, aber nicht lange und sie würden, angeführt von den fünf Weisen, zurückkommen.
Zustimmend nickte Luffy, während er aufstand. Gedankenversunken zog er sich den Strohhut vom Kopf. Piratenkönig… bis vor kurzem hätte er alles für dieses Ziel gegeben… doch jetzt… was für ein lächerlicher, kindlicher Traum das doch war…
Behutsam setzte er Chopper den Hut auf den Kopf.
„Pass gut auf ihn auf für mich“, flüsterte er mit tränenerstickter Stimme und gab dem leblosen Körper seines Freundes einen letzten Abschiedskuss auf die Stirn, „Bis wir uns eines Tages wiedersehen…“
„Autsch!“, rief der Supernova, als der heiße Kaffee über seine Hand schwappte.
„Dann halt doch auch die verdammte Tasse still!“, war die einzige Erwiderung des Kochs der Strohhutbande, der Law schon mindestens seine zehnte Portion Kaffee für heute einschenkte und allmählich die Geduld verlor. Alles, was dieser jedoch darauf erwiderte, war ein deprimierter Blick, eher er sich mit seinem wach machenden Bohnentrunk wegtrollte.
„Tss. Immer diese verfluchten Schwertkämpfer, die einem das Leben schwer machen“, gab Sanji von sich, als der sichtlich nervöse Mann seine Küche verlassen hatte.
Draußen, von der Reling aus, überblickte Law das gesamte Schiff der Strohhutpiraten. Das mit Gras überwucherte Deck der Thousand Sunny war heute ausnahmsweise einmal nicht von einem umhertollenden Ruffy belegt. Dunkle Wolken zogen über den Himmel und Nami hatte ihren Käptn unter Deck angekettet, damit er nicht wieder am Segel rumspielen und das Schiff in ein Unwetter lenken konnte.
Der Chirurg jedoch musste beim Anblick des dunkeln Himmels an etwas ganz anderes denken. Er hatte letzte Nacht einen schrecklichen Traum gehabt. Normalerweise ließ er sich von so etwas nicht aus der Ruhe bringen - immerhin waren Träume nur die Aufarbeitung des vergangenen Tages und er hatte auf Punk Hazard allerhand Aufregendes erlebt - doch den ganzen Tag über hatte er ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Die Gedanken an seinen Alptraum beiseite schiebend entschloss er sich, im Jungenschlafraum während der Überfahrt nach Dress Rosa noch etwas zu entspannen.
Im Raum angekommen ließ sich der Chirurg in eine der Hängematten fallen. Trotz des Koffeins in seinem Blut hatte ihn schon wieder eine unendliche Müdigkeit erfasst. Dabei war Schlaf genau das, was er zu verhindern versuchte. Erst wenige Stunden zuvor hatte Law seinem ehemaligen Mentor und nun Erzfeind de Flamingo an der Teleschnecke den Krieg erklärt. Er hatte die SAD-Produktionsstätte zerstört und den Samurai der Meere durch Erpressung dazu gezwungen, seinen Titel niederzulegen. Law wusste, dass de Flamingo dies nicht auf sich sitzen lassen würde. Er würde Law bis ans Ende der Welt verfolgen und erst Ruhe geben, wenn er seine Rache bekommen hatte. Doch dass er ihn sogar bis in seine Träume heimsuchte, das war selbst für den risikofesten Supernova zu viel.
Allmählich begann Law in der sanft hin- und herwiegenden Hängematte wegzudösen...
Mitten in einem Wald
„Glaubst du wirklich, du kannst seinen Tod rächen?!“
De Flamingo stand über Law. Er hatte den Chirurgen zu Boden geworfen und mit seinen Füßen dessen Arme auf den Boden gepresst. Eine Aussicht auf Flucht bestand nicht. In der einen Hand hielt der Mann mit dem rosa Federmantel eine Pistole, in der anderen rollte er drei kleine Bleikugeln herum als wären sie Schafe, die er als großer böser Wolf aus der Ferne beobachtete und sich bald zum Mittagessen genehmigen würde.
„Du tötest meinen besten Mann.“
Er lud eine Kugel in die Pistole.
„Machst mir Auflagen, meinen Titel abzugeben.“
Eine weitere Kugel rollte in den Lauf.
„Erzählst mir, die Neue Ära wäre nicht mein Metier.“
Die letzte Kugel befand sich nun in der Waffe.
„Und dann denkst du, du kannst hier aufmarschieren und mich einfach erledigen?!“
Ein unheilvolles Klicken ertönte. Auf der Stirn des Mannes, zu dem Law einst aufgesehen hatte, trat eine vor Wut pochende Ader hervor. Der Supernova unternahm einen letzten verzweifelten Versuch, sich aus der Lage zu befreien. Doch es war vergebens. Seine Arme waren gebrochen und bei der Verfolgungsjagd hatte er so oft seine Teufelskräfte benutzt, dass er völlig aus der Puste war.
Der Lauf der Waffe war nun direkt auf Law gerichtet. Hätte de Flamingo nicht seine typische Sonnenbrille getragen, man hätte wohl blanke Abscheu und Wut in seinen Augen lodern sehen können, als er seine nächsten Worte sprach.
„Ich habe dich wirklich als meinen Nachfolger gesehen. Du hattest denselben Hass in deinen Augen."
Joker drückte den Abzug der Pistole. Die Kugel, die Law in den linken Arm traf, ließ ihn erstickt aufschreien.
„Aber du hast dich gegen mich gewandt. Hast dich lieber mit diesem schwachen Narren abgegeben, der sich mein Bruder schimpfte!“
Die zweite Patrone ging durch seinen anderen Arm. Law wurde es allmählich schwarz vor Augen.
„Doch er konnte dich nicht beschützen vor dieser ungerechten Welt. Rocinante konnte dich nicht beschützen...vor mir!“
Ein letztes Klicken ertönte. Es war das letzte Geräusch, das der Chirurg des Todes hörte. Denn die Kugel, die in seinen Kopf traf, ließ ihn diese Welt ein für alle mal verlassen. Diese grausame Welt, in der er nie ein Zuhause hatte.
„Sanji!“
Lautes Gerufe auf dem Deck ließ Law aufschrecken. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und versuchte, wieder klar zu denken. Es wird nicht so enden. Ich habe den Strohhut auf meiner Seite. Rocinante wird seine Rache bekommen. Mit diesem neu gefassten Mut öffnete er die Schlafraumtür und trat auf das inzwischen wieder sonnige Deck der Sunny.
„Ich hab aber Hunger und will Fleisch!“ rief Ruffy, der sich offenbar aus Namis Fesselung hatte befreien können. Über ihm stand Sanji an der Reling und winkte die Forderung seines Kapitäns ab.
„Nichts da. Wir kommen bald an. Wenn dir das Brot nicht schmeckt, dann musst du leider warten“, sprach's und verschwand in der Küche.
Erst jetzt fiel Law der Laib Brot auf, den Ruffy in der linken Hand hielt und aus dem schon ein großes Stück herausgebissen worden war. Hatte er sich gerade wieder beruhigt und seinen Traum mit de Flamingo ad acta gelegt, wurde dem Chirurgen nun gleich sein zweiter Erzfeind vor Augen geführt: Brot!
Langsam rückwärts gehend war der Supernova darauf bedacht, nicht die Aufmerksamkeit seines Allianzpartners zu erwecken. Am Ende würde er ihm noch anbieten...
„Hey, Traffy! Willst du auch 'nen Bissen?“
Es war zu spät. Er würde ihn zwingen etwas zu essen.
Law wusste nicht wirklich, was in den nächsten Minuten geschah. Er rannte einfach nur los. Doch auf dem Schiff gab es kein Entkommen. Er rannte vorbei an einer lesenden Robin und an einem Lysop, der seine Waffen-Pflanzen goss. Er erinnerte sich auch an einen bemitleidenswerten, kleinen Elch, der ihm unglücklicherweise vor die Füße lief und daraufhin in hohem Bogen durch die Luft flog. Hinter ihm befand sich die ganze Zeit über Ruffy, der fröhlich mit dem Brot winkte und immer wieder Bemerkungen machte, ob man dieses 'Renne vor deinem Essen weg'-Spiel bei den Heart Piraten öfter spiele.
Doch früher oder später musste jedes Spiel enden und so kam es auch in diesem Fall, als Law mitten auf der Treppe zum Vorderdeck das Gleichgewicht verlor und rückwärts stürzte.
Die Sekunden des Fluges vergingen wie in Zeitlupe. Niemand konnte so recht begreifen, was gerade passiert war, als der Chirurg des Todes plötzlich unglücklich mit dem Hinterkopf auf einer Treppenstufe aufkam und als Folge dessen tatsächlich des Todes war.
Ein eintreffender Chopper, der mit Pflastern beklebt war, konnte nur noch den Zeitpunkt des Todes feststellen.
Ruffy, der die Verfolgungsjagd eingestellt hatte, schob sich das Brot komplett in den Mund und gab zu bedenken: „Langweiliges Spiel.“
„Dann halt doch auch die verdammte Tasse still!“, war die einzige Erwiderung des Kochs der Strohhutbande, der Law schon mindestens seine zehnte Portion Kaffee für heute einschenkte und allmählich die Geduld verlor. Alles, was dieser jedoch darauf erwiderte, war ein deprimierter Blick, eher er sich mit seinem wach machenden Bohnentrunk wegtrollte.
„Tss. Immer diese verfluchten Schwertkämpfer, die einem das Leben schwer machen“, gab Sanji von sich, als der sichtlich nervöse Mann seine Küche verlassen hatte.
Draußen, von der Reling aus, überblickte Law das gesamte Schiff der Strohhutpiraten. Das mit Gras überwucherte Deck der Thousand Sunny war heute ausnahmsweise einmal nicht von einem umhertollenden Ruffy belegt. Dunkle Wolken zogen über den Himmel und Nami hatte ihren Käptn unter Deck angekettet, damit er nicht wieder am Segel rumspielen und das Schiff in ein Unwetter lenken konnte.
Der Chirurg jedoch musste beim Anblick des dunkeln Himmels an etwas ganz anderes denken. Er hatte letzte Nacht einen schrecklichen Traum gehabt. Normalerweise ließ er sich von so etwas nicht aus der Ruhe bringen - immerhin waren Träume nur die Aufarbeitung des vergangenen Tages und er hatte auf Punk Hazard allerhand Aufregendes erlebt - doch den ganzen Tag über hatte er ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Die Gedanken an seinen Alptraum beiseite schiebend entschloss er sich, im Jungenschlafraum während der Überfahrt nach Dress Rosa noch etwas zu entspannen.
Im Raum angekommen ließ sich der Chirurg in eine der Hängematten fallen. Trotz des Koffeins in seinem Blut hatte ihn schon wieder eine unendliche Müdigkeit erfasst. Dabei war Schlaf genau das, was er zu verhindern versuchte. Erst wenige Stunden zuvor hatte Law seinem ehemaligen Mentor und nun Erzfeind de Flamingo an der Teleschnecke den Krieg erklärt. Er hatte die SAD-Produktionsstätte zerstört und den Samurai der Meere durch Erpressung dazu gezwungen, seinen Titel niederzulegen. Law wusste, dass de Flamingo dies nicht auf sich sitzen lassen würde. Er würde Law bis ans Ende der Welt verfolgen und erst Ruhe geben, wenn er seine Rache bekommen hatte. Doch dass er ihn sogar bis in seine Träume heimsuchte, das war selbst für den risikofesten Supernova zu viel.
Allmählich begann Law in der sanft hin- und herwiegenden Hängematte wegzudösen...
Mitten in einem Wald
„Glaubst du wirklich, du kannst seinen Tod rächen?!“
De Flamingo stand über Law. Er hatte den Chirurgen zu Boden geworfen und mit seinen Füßen dessen Arme auf den Boden gepresst. Eine Aussicht auf Flucht bestand nicht. In der einen Hand hielt der Mann mit dem rosa Federmantel eine Pistole, in der anderen rollte er drei kleine Bleikugeln herum als wären sie Schafe, die er als großer böser Wolf aus der Ferne beobachtete und sich bald zum Mittagessen genehmigen würde.
„Du tötest meinen besten Mann.“
Er lud eine Kugel in die Pistole.
„Machst mir Auflagen, meinen Titel abzugeben.“
Eine weitere Kugel rollte in den Lauf.
„Erzählst mir, die Neue Ära wäre nicht mein Metier.“
Die letzte Kugel befand sich nun in der Waffe.
„Und dann denkst du, du kannst hier aufmarschieren und mich einfach erledigen?!“
Ein unheilvolles Klicken ertönte. Auf der Stirn des Mannes, zu dem Law einst aufgesehen hatte, trat eine vor Wut pochende Ader hervor. Der Supernova unternahm einen letzten verzweifelten Versuch, sich aus der Lage zu befreien. Doch es war vergebens. Seine Arme waren gebrochen und bei der Verfolgungsjagd hatte er so oft seine Teufelskräfte benutzt, dass er völlig aus der Puste war.
Der Lauf der Waffe war nun direkt auf Law gerichtet. Hätte de Flamingo nicht seine typische Sonnenbrille getragen, man hätte wohl blanke Abscheu und Wut in seinen Augen lodern sehen können, als er seine nächsten Worte sprach.
„Ich habe dich wirklich als meinen Nachfolger gesehen. Du hattest denselben Hass in deinen Augen."
Joker drückte den Abzug der Pistole. Die Kugel, die Law in den linken Arm traf, ließ ihn erstickt aufschreien.
„Aber du hast dich gegen mich gewandt. Hast dich lieber mit diesem schwachen Narren abgegeben, der sich mein Bruder schimpfte!“
Die zweite Patrone ging durch seinen anderen Arm. Law wurde es allmählich schwarz vor Augen.
„Doch er konnte dich nicht beschützen vor dieser ungerechten Welt. Rocinante konnte dich nicht beschützen...vor mir!“
Ein letztes Klicken ertönte. Es war das letzte Geräusch, das der Chirurg des Todes hörte. Denn die Kugel, die in seinen Kopf traf, ließ ihn diese Welt ein für alle mal verlassen. Diese grausame Welt, in der er nie ein Zuhause hatte.
„Sanji!“
Lautes Gerufe auf dem Deck ließ Law aufschrecken. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und versuchte, wieder klar zu denken. Es wird nicht so enden. Ich habe den Strohhut auf meiner Seite. Rocinante wird seine Rache bekommen. Mit diesem neu gefassten Mut öffnete er die Schlafraumtür und trat auf das inzwischen wieder sonnige Deck der Sunny.
„Ich hab aber Hunger und will Fleisch!“ rief Ruffy, der sich offenbar aus Namis Fesselung hatte befreien können. Über ihm stand Sanji an der Reling und winkte die Forderung seines Kapitäns ab.
„Nichts da. Wir kommen bald an. Wenn dir das Brot nicht schmeckt, dann musst du leider warten“, sprach's und verschwand in der Küche.
Erst jetzt fiel Law der Laib Brot auf, den Ruffy in der linken Hand hielt und aus dem schon ein großes Stück herausgebissen worden war. Hatte er sich gerade wieder beruhigt und seinen Traum mit de Flamingo ad acta gelegt, wurde dem Chirurgen nun gleich sein zweiter Erzfeind vor Augen geführt: Brot!
Langsam rückwärts gehend war der Supernova darauf bedacht, nicht die Aufmerksamkeit seines Allianzpartners zu erwecken. Am Ende würde er ihm noch anbieten...
„Hey, Traffy! Willst du auch 'nen Bissen?“
Es war zu spät. Er würde ihn zwingen etwas zu essen.
Law wusste nicht wirklich, was in den nächsten Minuten geschah. Er rannte einfach nur los. Doch auf dem Schiff gab es kein Entkommen. Er rannte vorbei an einer lesenden Robin und an einem Lysop, der seine Waffen-Pflanzen goss. Er erinnerte sich auch an einen bemitleidenswerten, kleinen Elch, der ihm unglücklicherweise vor die Füße lief und daraufhin in hohem Bogen durch die Luft flog. Hinter ihm befand sich die ganze Zeit über Ruffy, der fröhlich mit dem Brot winkte und immer wieder Bemerkungen machte, ob man dieses 'Renne vor deinem Essen weg'-Spiel bei den Heart Piraten öfter spiele.
Doch früher oder später musste jedes Spiel enden und so kam es auch in diesem Fall, als Law mitten auf der Treppe zum Vorderdeck das Gleichgewicht verlor und rückwärts stürzte.
Die Sekunden des Fluges vergingen wie in Zeitlupe. Niemand konnte so recht begreifen, was gerade passiert war, als der Chirurg des Todes plötzlich unglücklich mit dem Hinterkopf auf einer Treppenstufe aufkam und als Folge dessen tatsächlich des Todes war.
Ein eintreffender Chopper, der mit Pflastern beklebt war, konnte nur noch den Zeitpunkt des Todes feststellen.
Ruffy, der die Verfolgungsjagd eingestellt hatte, schob sich das Brot komplett in den Mund und gab zu bedenken: „Langweiliges Spiel.“
„Mmmh~, wolltest du ihn nicht auf das Schafott bringen, um ein Exempel zu statuieren?“, fragte der Sonnenbrillenträger in die Teleschnecke, woraufhin eine grimmige Rückmeldung folgte: „Ich habe Smoker gewarnt! Er war sich den Konsequenzen bewusst...“
„Oh~… das war aber nicht meine Frage.“
Stille.
Der Großadmiral dachte offenbar nicht daran, eine Antwort darauf zu geben. Und nach einigen Herzschlägen des Schweigens erwartete der Admiral am anderen Ende auch schon keine mehr, als überraschend doch noch eine Reaktion folgte.
„Tot ist tot… egal wie…“
Zögerte Sakazuki womöglich, weil er mit sich selbst haderte? Ein wenig verwundert, brummte Kizaru lediglich noch ein „Ah~, schade ist es dann doch, er war ein guter Mann“, als sich auch schon an seiner Fingerspitze eine kleine Lichtkugel formte, die kurz darauf als Strahl davonschoss.
Blütenweiße Schneeflocken fielen sanft auf die Winterinsel herab. Die Menschen die hier lebten hatten sich an die stetige Kälte gewöhnt und ließen sich davon nicht mehr in ihrem täglichen Treiben stören. Er warf verstohlene Blicke in die Gesichter der Bürger, die sorglos über den Marktplatz der Hauptstadt schlenderten. Früher war er stets der Jäger gewesen, doch nun wusste er, wie sich die andere Seite fühlte. Einzig sein Wissen, wie er unzählige Piraten verfolgt hatte, half ihm, sich vorzubereiten und nicht in Paranoia zu verfallen.
Statt überall Sakazukis Schatten, der zweifelsohne über ihm lag, wie ein Verrückter ausfindig zu machen, genoss er es, die Menschen so zu sehen, wie sie wirklich waren.
Kinder, die trotz der Kälte ein Eis wollten. Verliebte Paare, die sich gegenseitig mit Schneebällen neckten. Alte Männer, sich ihrer Sterblichkeit bewusst, noch einmal mit Freunden umgaben, um etwas trinken zu gehen.
Bewusst hatte er sich für eine Winterinsel entschieden, denn so fiel es nicht weiter auf, wenn er sein Gesicht unter einem schweren Mantel verbarg. Dazu war es eine Insel mit vielen Bewohnern geworden, weil er hier leichter in den Massen verschwinden konnte. Es war ein typischer Fehler vieler Flüchtender, öffentliche Plätze zu meiden. Meist fürchteten sie, erkannt oder wegen ihrer Kopfgelder angegriffen zu werden.
Dabei war die Öffentlichkeit ein sicherer Schutz, denn zivile Opfer waren immer schlecht. Natürlich war sein ehemaliger Vorgesetzter ein Hardliner, der Menschenleben zum Wohle höherer Zwecke auch zu opfern bereit war. Doch Smoker fragte sich, welches Wohl im Tod unzähliger Unschuldiger lag?
Das war doch alles gequirlter Mist. Dieses radikale Denken, das sich wie ein todbringendes Geschwür durch alle Organe der Weltregierung und der Marine zog, musste verändert werden, wenn es eine Zukunft geben sollte, die ehrenhaft und gerecht war.
Doch zu aller erst galt es nun Kuzan zu finden. Was auch immer der ehemalige Admiral für Informationen besaß, der steckbrieflich gesuchte weiße Jäger war sich sicher, dass sie ihm auf der Suche nach Antworten helfen würden.
Er war so sehr von seinen Gedanken gebannt, dass er beinahe zu spät bemerkte, wie sich ihm eine Person näherte. Mit einer raschen Drehung wirbelte er herum, um daraufhin von einer ebenso stürmischen Umarmung ergriffen zu werden.
„Käpt’n Smoker! Endlich habe ich Sie gefunden!“, klagte eine ihm nur zu bekannte weibliche Stimme. Völlig überrumpelt betrachtete er, wie sich weiße Eiskristalle auf ihrem dunkelblauen, beinahe schwarzen Haaren sammelten und ihre Brille beschlug, da ihr Gesicht vor Wut kochte.
„Tashigi?!“, entfuhr es Smoker überrascht. „Wieso zum Geier schicken sie ausgerechnet dich?“
„Ich bin hier, um dich ...“, lautete der Beginn einer Erklärung, deren Ausführung der Ex-Vizeadmiral nie erfahren sollte. Es war nur ein Aufblitzen in seinem Sichtfeld, welches Smoker erst im letzten Moment wahrnahm.
Doch da war es bereits zu spät.
Ein Strahl durchbohrte seine Brust und entlud sich einige Meter hinter ihm, mitten in den Menschenmassen, in einer gewaltigen Explosion. Panik brach aus. Verzweifelte Schreie und Hilferufe wischten jegliche Sorglosigkeit der Bevölkerung hinfort.
Von alledem bekam der Weißhaarige jedoch nichts mit. Entsetzt blickte Smoker an sich herab. Der feine Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase, während er fassungslos das Loch in seiner Brust betrachtete, wo doch eigentlich sein Herz sein sollte. Mit zittrigen Fingern tastete er den Wundrand ab, um anschließend das Blut zu erblicken, welches an seinen Handschuhen klebte.
Erst in dem Moment der Erkenntnis gaben seine Beine nach und er sank auf die Knie. Mit aller Kraft wehrte Smoker sich dagegen, doch er konnte nichts tun. Bevor er jedoch gänzlich zu Boden ging, spürte er wie ihn jemand ergriff und behutsam in sein blutrotgetränktes, eisiges Bett gleiten ließ.
Seltsam… er nahm die Kälte schon gar nicht mehr richtig wahr… und wo waren eigentlich seine Zigarren hingefallen? Wenn er schon sterben musste, wollte er wenigstens eine Letzte genießen. Schade drum…
Sein Blick verlor sich in der Ferne, ohne in das über ihn gebeugte Gesicht zu blicken. Tashigis wütender, ernster Ausdruck, der ihre Stirn in Falten gelegt hatte, war tiefster Besorgnis und Angst gewichen. Vermutlich gab sie sich die Schuld daran, Smoker abgelenkt zu haben, sodass er getroffen werden konnte. Das sollte sie nicht machen, das war nicht fair...
Es war seine eigene Schuld, denn offenbar war er deutlich besser darin gewesen andere zu jagen, als seine Spur vor eigenen Verfolgern zu verschleiern. Ein Jammer… zu gerne hätte er Kuzan gefunden und gewusst, was der ehemalige Admiral in Erfahrung gebracht hatte…
Warme Tropfen fielen auf sein Gesicht. Regnete es? Es sollte doch schneien, oder? Abrupt wurde ihm Tashigis Anwesenheit wieder bewusst. Dicke Tränen rannen ihr Gesicht herunter, landeten auf seinem. Sie wusste wie es um ihn stand. Er wusste es…
„… wollte… nicht…!“
Langsam aber sicher, wie durch Watte sprechend, drang ihre verzweifelte Stimme zu ihm durch: „Ich… nur mit… reden…!“
Der einstige weiße Jäger spürte, wie ihn die Kraft verließ. Bemüht versuchte er seinen Arm zu heben, doch weit kam er nicht mehr. Er hatte immer gedacht er würde im Kampf sterben. Für die Gerechtigkeit einstehend.
Immerhin starb er nicht allein. Dafür war er dankbar.
„Reiß… dich gefälligst… zusammen…“, presste er hervor.
Smoker wusste, dass dies seine letzten Worte waren. Er würde nicht mehr miterleben, was noch kommen sollte. Er konnte nur hoffen, dass die Marine sie überstehen würde. Andererseits standen junge Leute wie Tashigi und Garps Schützling bereit, der Welt eine faire Gerechtigkeit zu schenken. Vielleicht waren Leute wie sie die Antwort, die er gesucht hatte.
Gleichzeitig war auch Sakazuki kein Narr und stets bemüht, den Menschen die Sicherheit zu schenken, die sie sich von der Marine erhofften. Frei von Angst leben zu können.
Smoker war definitiv kein Verräter gewesen, sondern nur ein Suchender. Der Großadmiral wusste dies, so wie er vermutlich wusste, dass nichts Wahres an den Gerüchten rund um Kuzan dran war. Und so musste der Raucher sterben, da sein einstiger Vorgesetzter keine Schwäche zeigen durfte.
Das Schicksal der Marine lag nicht mehr in seinen Händen. Er schaute Tashigi ein letztes Mal tief in die Augen. Er wusste, es gab Hoffnung.
In den letzten Atemzügen liegend, wünschte er sich erneut nichts sehnlicher, als noch einmal an seinen Zigarren zu ziehen, während der Schnee sich behutsam auf das lächelnde Gesicht des Weißhaarigen legte, um ihn zur letzten Ruhe zu betten…
„Hmm~, welch ein Jammer...“, murmelte Kizaru in die Teleschnecke.
Die Marinesoldaten um ihn herum schwiegen andächtig. Viele von ihnen stammten aus G-5 und hatten sich der Suche nach Smoker angeschlossen, um Antworten zu erhalten. Und auch Kizaru hüllte sich in trauriges Schweigen.
„Oh~… das war aber nicht meine Frage.“
Stille.
Der Großadmiral dachte offenbar nicht daran, eine Antwort darauf zu geben. Und nach einigen Herzschlägen des Schweigens erwartete der Admiral am anderen Ende auch schon keine mehr, als überraschend doch noch eine Reaktion folgte.
„Tot ist tot… egal wie…“
Zögerte Sakazuki womöglich, weil er mit sich selbst haderte? Ein wenig verwundert, brummte Kizaru lediglich noch ein „Ah~, schade ist es dann doch, er war ein guter Mann“, als sich auch schon an seiner Fingerspitze eine kleine Lichtkugel formte, die kurz darauf als Strahl davonschoss.
Blütenweiße Schneeflocken fielen sanft auf die Winterinsel herab. Die Menschen die hier lebten hatten sich an die stetige Kälte gewöhnt und ließen sich davon nicht mehr in ihrem täglichen Treiben stören. Er warf verstohlene Blicke in die Gesichter der Bürger, die sorglos über den Marktplatz der Hauptstadt schlenderten. Früher war er stets der Jäger gewesen, doch nun wusste er, wie sich die andere Seite fühlte. Einzig sein Wissen, wie er unzählige Piraten verfolgt hatte, half ihm, sich vorzubereiten und nicht in Paranoia zu verfallen.
Statt überall Sakazukis Schatten, der zweifelsohne über ihm lag, wie ein Verrückter ausfindig zu machen, genoss er es, die Menschen so zu sehen, wie sie wirklich waren.
Kinder, die trotz der Kälte ein Eis wollten. Verliebte Paare, die sich gegenseitig mit Schneebällen neckten. Alte Männer, sich ihrer Sterblichkeit bewusst, noch einmal mit Freunden umgaben, um etwas trinken zu gehen.
Bewusst hatte er sich für eine Winterinsel entschieden, denn so fiel es nicht weiter auf, wenn er sein Gesicht unter einem schweren Mantel verbarg. Dazu war es eine Insel mit vielen Bewohnern geworden, weil er hier leichter in den Massen verschwinden konnte. Es war ein typischer Fehler vieler Flüchtender, öffentliche Plätze zu meiden. Meist fürchteten sie, erkannt oder wegen ihrer Kopfgelder angegriffen zu werden.
Dabei war die Öffentlichkeit ein sicherer Schutz, denn zivile Opfer waren immer schlecht. Natürlich war sein ehemaliger Vorgesetzter ein Hardliner, der Menschenleben zum Wohle höherer Zwecke auch zu opfern bereit war. Doch Smoker fragte sich, welches Wohl im Tod unzähliger Unschuldiger lag?
Das war doch alles gequirlter Mist. Dieses radikale Denken, das sich wie ein todbringendes Geschwür durch alle Organe der Weltregierung und der Marine zog, musste verändert werden, wenn es eine Zukunft geben sollte, die ehrenhaft und gerecht war.
Doch zu aller erst galt es nun Kuzan zu finden. Was auch immer der ehemalige Admiral für Informationen besaß, der steckbrieflich gesuchte weiße Jäger war sich sicher, dass sie ihm auf der Suche nach Antworten helfen würden.
Er war so sehr von seinen Gedanken gebannt, dass er beinahe zu spät bemerkte, wie sich ihm eine Person näherte. Mit einer raschen Drehung wirbelte er herum, um daraufhin von einer ebenso stürmischen Umarmung ergriffen zu werden.
„Käpt’n Smoker! Endlich habe ich Sie gefunden!“, klagte eine ihm nur zu bekannte weibliche Stimme. Völlig überrumpelt betrachtete er, wie sich weiße Eiskristalle auf ihrem dunkelblauen, beinahe schwarzen Haaren sammelten und ihre Brille beschlug, da ihr Gesicht vor Wut kochte.
„Tashigi?!“, entfuhr es Smoker überrascht. „Wieso zum Geier schicken sie ausgerechnet dich?“
„Ich bin hier, um dich ...“, lautete der Beginn einer Erklärung, deren Ausführung der Ex-Vizeadmiral nie erfahren sollte. Es war nur ein Aufblitzen in seinem Sichtfeld, welches Smoker erst im letzten Moment wahrnahm.
Doch da war es bereits zu spät.
Ein Strahl durchbohrte seine Brust und entlud sich einige Meter hinter ihm, mitten in den Menschenmassen, in einer gewaltigen Explosion. Panik brach aus. Verzweifelte Schreie und Hilferufe wischten jegliche Sorglosigkeit der Bevölkerung hinfort.
Von alledem bekam der Weißhaarige jedoch nichts mit. Entsetzt blickte Smoker an sich herab. Der feine Geruch von verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase, während er fassungslos das Loch in seiner Brust betrachtete, wo doch eigentlich sein Herz sein sollte. Mit zittrigen Fingern tastete er den Wundrand ab, um anschließend das Blut zu erblicken, welches an seinen Handschuhen klebte.
Erst in dem Moment der Erkenntnis gaben seine Beine nach und er sank auf die Knie. Mit aller Kraft wehrte Smoker sich dagegen, doch er konnte nichts tun. Bevor er jedoch gänzlich zu Boden ging, spürte er wie ihn jemand ergriff und behutsam in sein blutrotgetränktes, eisiges Bett gleiten ließ.
Seltsam… er nahm die Kälte schon gar nicht mehr richtig wahr… und wo waren eigentlich seine Zigarren hingefallen? Wenn er schon sterben musste, wollte er wenigstens eine Letzte genießen. Schade drum…
Sein Blick verlor sich in der Ferne, ohne in das über ihn gebeugte Gesicht zu blicken. Tashigis wütender, ernster Ausdruck, der ihre Stirn in Falten gelegt hatte, war tiefster Besorgnis und Angst gewichen. Vermutlich gab sie sich die Schuld daran, Smoker abgelenkt zu haben, sodass er getroffen werden konnte. Das sollte sie nicht machen, das war nicht fair...
Es war seine eigene Schuld, denn offenbar war er deutlich besser darin gewesen andere zu jagen, als seine Spur vor eigenen Verfolgern zu verschleiern. Ein Jammer… zu gerne hätte er Kuzan gefunden und gewusst, was der ehemalige Admiral in Erfahrung gebracht hatte…
Warme Tropfen fielen auf sein Gesicht. Regnete es? Es sollte doch schneien, oder? Abrupt wurde ihm Tashigis Anwesenheit wieder bewusst. Dicke Tränen rannen ihr Gesicht herunter, landeten auf seinem. Sie wusste wie es um ihn stand. Er wusste es…
„… wollte… nicht…!“
Langsam aber sicher, wie durch Watte sprechend, drang ihre verzweifelte Stimme zu ihm durch: „Ich… nur mit… reden…!“
Der einstige weiße Jäger spürte, wie ihn die Kraft verließ. Bemüht versuchte er seinen Arm zu heben, doch weit kam er nicht mehr. Er hatte immer gedacht er würde im Kampf sterben. Für die Gerechtigkeit einstehend.
Immerhin starb er nicht allein. Dafür war er dankbar.
„Reiß… dich gefälligst… zusammen…“, presste er hervor.
Smoker wusste, dass dies seine letzten Worte waren. Er würde nicht mehr miterleben, was noch kommen sollte. Er konnte nur hoffen, dass die Marine sie überstehen würde. Andererseits standen junge Leute wie Tashigi und Garps Schützling bereit, der Welt eine faire Gerechtigkeit zu schenken. Vielleicht waren Leute wie sie die Antwort, die er gesucht hatte.
Gleichzeitig war auch Sakazuki kein Narr und stets bemüht, den Menschen die Sicherheit zu schenken, die sie sich von der Marine erhofften. Frei von Angst leben zu können.
Smoker war definitiv kein Verräter gewesen, sondern nur ein Suchender. Der Großadmiral wusste dies, so wie er vermutlich wusste, dass nichts Wahres an den Gerüchten rund um Kuzan dran war. Und so musste der Raucher sterben, da sein einstiger Vorgesetzter keine Schwäche zeigen durfte.
Das Schicksal der Marine lag nicht mehr in seinen Händen. Er schaute Tashigi ein letztes Mal tief in die Augen. Er wusste, es gab Hoffnung.
In den letzten Atemzügen liegend, wünschte er sich erneut nichts sehnlicher, als noch einmal an seinen Zigarren zu ziehen, während der Schnee sich behutsam auf das lächelnde Gesicht des Weißhaarigen legte, um ihn zur letzten Ruhe zu betten…
„Hmm~, welch ein Jammer...“, murmelte Kizaru in die Teleschnecke.
Die Marinesoldaten um ihn herum schwiegen andächtig. Viele von ihnen stammten aus G-5 und hatten sich der Suche nach Smoker angeschlossen, um Antworten zu erhalten. Und auch Kizaru hüllte sich in trauriges Schweigen.
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