Am vierten Mai sind die ersten Schiffe in See gestochen. Seit nunmehr 94 Tagen dauert dieser heiße Ritt schon an und allmählich ist die Ziellinie in Sicht!
Der eine begann seine Reise im North Blue, der andere im uns allseits bekanntem und vertrautem East Blue. Aber Baka und EmperorsHaki sind ihren Kinderschuhen schon lange entwachsen und haben seit damals unlängst die Neue Welt unsicher gemacht. Was kann diese beiden wahren Größen denn noch fordern? Vielleicht ja die Fortsetzung eines Werkes, welches in der ersten Phase ausgeschieden ist? Lasst es uns herausfinden! Die beiden Finalisten hatten die ehrenvolle Aufgabe, an einen Text aus einer Saga anzuknüpfen, welche nicht in Phase 2 fortgesetzt wurde. Dabei hatten sie komplett freie Hand, welche Saga und welchen Text sie als Grundlage wählten. Dabei sollten sie besonders darauf achten, dass der von ihnen gewählte Text gut fortgesetzt wurde und fortgesetzt war hier das Stichwort. Es sollte sich nicht um eine lose Fortsetzung handeln, sondern der Bezug zum gewählten Text sollte deutlich herausgearbeitet werden. Neben diesem Kriterium gab es noch zwei weitere zu beachten. Zuerst muss ein Finaltext natürlich auf einem gewissen handwerklichen Niveau liegen. Das fängt bei Rechtschreibung und Grammatik an und hört beim Schreibstil auf. Die Feder ist das Schwert der Finalisten und wer diese besser führen kann, soll dafür auch belohnt werden. Als drittes sollten die Autoren mit diesem Text unter beweis stellen, wie gut sie eine Idee umsetzen können. Das beschränkt sich nicht nur darauf, wie kreativ eine Idee ist, sondern bezieht sich auch ganz klar darauf, wie gut die gewählte Idee letztendlich umgesetzt wurde. Es ist uns bewusst, dass die Kriterien sich alle gegenseitig beeinflussen. Eine Idee ist nur so gut, wie sie zur ursprünglichen Saga passt. Der Text schließt sich zwar wunderbar an den gewählten Text an, ist aber handwerklich so schwach, dass der Funke einfach nicht übertreten will. Komplett kann man die Kriterien bei der Bewertung nicht voneinander trennen, das ist uns klar. Wir glauben aber, dass ihr, die Leser, das dennoch gut hinbekommen werdet und dass ihr eure Stimmen fair verteilen werdet. Immerhin wird hier der erste Stein für den Sieger gelegt!
Damit aber genug der langen Vorrede. Ihr wollt sicherlich wissen, für welche Sagen sich die Finalisten entschieden haben. Viel Spaß beim lesen!
Tagebuch eines Piraten - Ein neues Leben
Tagebuch eines Piraten - Die neue Welt?
Vor fünf Jahren hätte ich niemals erwartet, dass ich heute hier sein würde. Am Hauptplatz von Logue Town, auf Promotionstour für mein neuestes Buch. Unzählige Leute standen Schlange, damit ich ihre Exemplare signierte. Während ich meinen selbst erfundenen Namen in die vielen Bücher schrieb, schwelgte ich in Erinnerungen…
Ich dachte damals, ich würde sterben, als mich die Marinesoldaten aus dem Verlies, hin zum Galgen führten. Ich wurde über eine Treppe ins Freie gebracht, dann wurde mir der Sack vom Kopf gezogen. Meine Augen mussten sich erst an das helle Licht gewöhnen. Dann erkannte ich, dass ich auf einem Gerüst stand - direkt neben Käpt‘n Jess, dem bereits eine Schlinge um den Hals gezogen wurde. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet.
Während auch mir der Strick umgelegt wurde, fragte ich vorsichtig: „Käpt’n, wo sind die anderen?“
Er sagte nichts, aber ich wusste die Antwort auch so. Ein Stein lag mir im Magen. Ich musste an meine Kameraden denken. Wie wir fröhlich miteinander gefeiert und gesungen haben. Ich war so in Gedanken verloren, dass ich nicht einmal mitbekam, was der Marinekapitän alles über die Straftaten unserer Bande erzählte. Erst die Stimme von Käpt’n Jess konnte mich aus meinen Gedanken reißen: „Junge, hör zu! Wenn ich es dir sage, dann läufst du weg und versteckst dich, verstanden?“
Noch bevor ich reagieren konnte, verlor ich plötzlich den Halt unter meinen Beinen. Der Strick um meinen Hals drückte sich unerbittlich in meine Kehle. Ich bekam keine Luft, der Druck in meinem Schädel wurde immer größer. Es fühlte sich an, als würden meine Augen aus den Höhlen ploppen. Ich versuchte, mich irgendwie zu befreien, doch meine Bewegungen ließen den Strick nur noch enger werden. Ich verlor fast das Bewusstsein, als ich plötzlich hart auf dem Boden aufprallte. Ich keuchte. Einen Moment lang war mein Kopf wie benebelt. Ein tiefer Atemzug ließ meine Gedanken zumindest etwas klarer werden. Mein Strick war durchgeschnitten worden. Käpt’n Jess stand vor mir und kämpfte alleine gegen eine Überzahl an Marinesoldaten. Aus seinem Schuh ragte eine kleine Klinge. Er muss mich gerettet haben. Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass ich bei Bewusstsein war. Dann schrie er mir zu: „Junge, jetzt! Lauf!“ und mit einem kräftigen Stoß befreite er sich von den angreifenden Soldaten.
Wie ferngesteuert drehte ich mich um, fand ein offenstehendes Tor und lief darauf zu. Den angreifenden Marinesoldaten konnte ich trotz meiner leichten Benommenheit irgendwie ausweichen und war gerade durch das Tor, als ich Käpt’n Jess laut aufschreien hörte. Ich wandte mich um und sah, wie er blutüberströmt am Boden lag. Sein Blick war auf mich gerichtet. Er sagte mir, ich solle mich in Sicherheit bringen. Mir kamen die Tränen. Ich wollte ihn nicht zurücklassen, doch ich konnte ihn auch nicht retten. Die Soldaten liefen auf mich zu. Schweren Herzens rannte ich los in Richtung Hafen. Meine Verzweiflung gab mir Kraft. Ich konnte die Marinesoldaten abhängen. Im Hafen fand ich ein Handelsschiff. Ich konnte mich an Bord schleichen und versteckte mich in einem Fass unter Deck. Als ich zusammengekauert im Fass saß, spürte ich etwas in meiner Hosentasche. Mein Tagebuch. Sie hatten es mir gar nicht abgenommen…
Als nächstes stand ein kleiner Junge mit dunklen, wuscheligen Haaren vor mir. Er musterte mich von Oben bis Unten. Seine Augen strahlten, als er mir sein Exemplar meines Buches vor die Nase legte.
„Mein Name ist Minoru und ich bin ein riesen Fan! Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen! Und danach gleich nochmal und nochmal und nochmal! Captain Checkmate ist sooo cool! Aber Holzfuß Tonto ist auch super, der ist immer so witzig! Schade, dass er gestorben ist“, die Stimme des Jungen überschlug sich fast vor Begeisterung.
Ich musste kurz lächeln. Meine Gedanken wanderten zu Käpt'n Jess und Klumpfuß Tanaka. Ich blickte den Jungen an und antwortete: „Ja, das sind zwei richtig starke Piraten, oder?“
„Ja! Absolut! Und auch wenn am Ende die Marine gewinnt, finde ich die Piraten viel cooler! Am allerbesten ist aber Nathan Narbenhand. Er ist zwar nicht der Stärkste, aber ich mag ihn total gerne!“, plötzlich breitete sich ein wissendes Grinsen auf dem Gesicht des Jungen aus, „Sag mal, Onkel. Das bist doch du selbst, oder? Und ich wette, unter deinem Handschuh hast du selbst ganz viele Narben! Du bist mein großes Vorbild“, den letzten Teil flüsterte er mir zu.
Ich zwinkerte ihm kurz zu und legte meinen Zeigefinger auf meinen Mund. Sein Grinsen wurde noch breiter. Dann schnappte er sich sein Buch, drückte es fest an seine Brust, drehte sich um und lief fröhlich zu seiner Mutter.
Ich lehnte mich zurück in meinen Stuhl und dachte an meinen ersten Tag auf hoher See. Plötzlich bildete sich ein Kloß in meinem Hals. Ich blickte in den Himmel und flüsterte leise: „Das ist für euch, Jungs! Vielen Dank für alles…“
Farbenspiel: Weiß
Farbenspiel - Rot
„Und das soll wirklich eine Ansammlung von Kuma‘s Erinnerungen sein?“, hakte Bed Pan nach und beäugte argwöhnisch den Chip in seiner Hand.
Rowdy zuckte ratlos mit den Schultern. „So haben sie‘s jedenfalls erklärt. Wir sollen ihn zu einem Kontakt bei der Ekstase-Oase bringen.“
„Von Kuma...“ , wiederholte Bed Pan gedankenverloren und schüttelte ungläubig den Kopf. „Den Bären können sie mir nicht aufbinden.“
Rowdy musterte Bed ausgiebig, konnte aber kein Seil entdecken. Sein Partner war erst kürzlich zu ihm gestoßen, doch er hatte bereits das Gefühl sie hätten Kommunikationsschwierigkeiten.
„So, es ist angerichtet.“ Die Tür zum Speisezimmer wurde aufgestoßen und Cookscrotch, der Verwalter des Unterschlupfs, schritt herein, beladen mit einem riesigen Silbertablett. „Unser Nationalgericht. Gebratene Seeköniggenitalien in einer Biersoße.“
„Das sind aber monstermäßige Bratmethoden, die du uns da servierst.“ , kommentierte Bed und verzog angewidert das Gesicht. Er tauchte einen Löffel in die Soße und probierte sie vorsichtig.
Cookscrotch lehnte sich in gespannter Erwartungshaltung vor. „Ich verfeinere die Biersoße immer mit Cola, für das prickelnde Gefühl.“
„Ich kollabier gleich“, stöhnte Bed und verdrehte theatralisch die Augen.
Gerade wollte Rowdy ebenfalls eine risikoreiche Verkostung vornehmen, als es plötzlich laut an der Eingangstür hämmerte.
„Hier spricht Konteradmiral Viral! Aufmachen!“, brüllte jemand hustend.
Panisch sprangen die Revolutionäre auf.
„Mir nach!“ Cookscrotch preschte zum Vorratsraum, die anderen beiden folgten ihm auf dem Fuße.
Verzweifelt schlug Rowdy die Hände über den Kopf zusammen. „Was machen wir denn jetzt?“
Bed Pan eilte in die Mitte der Kammer. „Halt die Klappe, Rowdy!“
Dieser sprang vor und hielt die Falltür zum Keller auf. Die beiden Partner trabten nacheinander die knarrenden Stufen hinab, doch Cookscrotch blieb am Absatz zurück. „Geht voraus. Viel Glück.“
Die Eingangstür fiel ins Haus, die Falltür fiel ins Schloss.
Weiter ging es in einen finsteren Fluchttunnel. Rowdy schob seine aufkeimenden Sorgen zu ihrem Kameraden beiseite und fokussierte seinen Blick auf die Flucht nach vorn.
Schlagartig prallte er gegen Bed, als dieser wie angewurzelt stehen blieb. „Sie haben den Braten bestimmt gerochen.“
„Unmöglich, so stark hat das Essen auch nicht gestunken.“, bemerkte Rowdy und runzelte verwirrt die Stirn.
Eine Kakofonie aus wirren Stimmen ertönte weit rücklings.
„Hier ist doch irgendwo...“ Bed tastete die Wand ab und lächelte plötzlich. Er entzündete etwas und eine Lunte brannte lichterloh.
Die Stimmen rückten näher. „Hier riecht es auf einmal komisch“, ertönte der Ruf eines Marinesoldaten.
„Mir egal! Ich hab sowieso Schnupfen.“, antwortete Konteradmiral Viral mit heiseren Husten.
Rowdy und Bed rannten unbeirrt weiter, aus dem Tunnel heraus. Matter Schein der Nacht vor ihnen, gleißendes Licht und das Donnern einer Explosion hinter ihnen.
Der Rand der Stadt. Nur noch die Mauer trennte sie von ihrer Freiheit. Sie wollten diese gerade überwinden, als Rowdy innehielt. Er zog eine Sprühdose hervor und begann sein künstlerisches Werk. „Ich will meinen Graffititag hinterlassen, wenn wir nicht überleben.“
„Jetzt mal nicht den Teufel an die Wand.“ Bed wippte ungeduldig mit den Füßen.
„Mein Tag ist eine Teufelsfrucht“, korrigierte ihn Rowdy, beendete sein Werk, sprang über die Mauer, hinein in die Wüste, dicht gefolgt von Bed.
Stunden später brannte die helle Mittagssonne unerbittlich auf die zwei Reisenden herab.
„Diese verdammte Hitze!“, fluchte Rowdy und wischte sich den triefenden Schweiß von der Stirn. „Und der dämliche Sand nervt auch!“
„Deine wüsten Beschimpfungen kannst du dir sparen.“, erwiderte Bed nur und schritt weiter vorwärts.
Endlich erreichten sie die Ekstase-Oase. Sie war längst verlassen. Rowdy und Bed stiegen auf das Dach des höchsten Gebäudes.
„Kannst du was erkennen?“, fragte Rowdy, während er sich suchend um die eigene Achse drehte. Bed konnte kaum den Kopf schütteln, schon brachen sie durch das morsche Dach und landeten hart auf dem Boden.
„Altes Holz. Das haben die Erbauer nicht wirklich gut bedacht.“, ächzte Bed und stemmte sich schwerfällig hoch.
Da stand der Kontaktmann auch schon vor ihnen. Er war ein Mann ohne Worte, streckte nur fordernd die Hand aus, nahm den Chip vom verwunderten Rowdy entgegen, zog an einer geheimen Leine und verschwand spurlos.
Gerade wollten sich die beiden entspannen, da ließ sie ein fürchterlicher Hustenanfall erneut hochfahren. Ein angekohlter Konteradmiral Viral baute sich vor ihnen auf, leerte eine Flasche Hustensaft in einem Zug und griff an.
„Ihr braucht wohl eine extra Unterweisung!“, japste er und schleuderte Bed durch ein Fenster. Schwer atmend wandte er sich Rowdy zu. Dieser sprühte Viral ohne zu zögern seine Farbe ins Gesicht, deren feinen Partikel sich zusammen mit dem Sand in dessen Luftröhre absetzten. Viral schnappte nach Luft, brach röchelnd zusammen und regte sich nicht mehr.
Rowdy hetzte zum Fenster. Bed baumelte außen am Fenstersims und hielt ihm einen Löffel entgegen. „Den würde ich gern abgeben.“
Sofort packte Rowdy ihn, hievte ihn nach drinnen, wo sie auf den Boden zusammensackten.
„Das war gerade ein Witz“, klärte Bed Pan ihn auf.
„Jetzt kapier ich‘s“, entgegnete Rowdy lächelnd. „Jedenfalls sind wir jetzt erstmal weg vom Fenster.“
Der eine begann seine Reise im North Blue, der andere im uns allseits bekanntem und vertrautem East Blue. Aber Baka und EmperorsHaki sind ihren Kinderschuhen schon lange entwachsen und haben seit damals unlängst die Neue Welt unsicher gemacht. Was kann diese beiden wahren Größen denn noch fordern? Vielleicht ja die Fortsetzung eines Werkes, welches in der ersten Phase ausgeschieden ist? Lasst es uns herausfinden! Die beiden Finalisten hatten die ehrenvolle Aufgabe, an einen Text aus einer Saga anzuknüpfen, welche nicht in Phase 2 fortgesetzt wurde. Dabei hatten sie komplett freie Hand, welche Saga und welchen Text sie als Grundlage wählten. Dabei sollten sie besonders darauf achten, dass der von ihnen gewählte Text gut fortgesetzt wurde und fortgesetzt war hier das Stichwort. Es sollte sich nicht um eine lose Fortsetzung handeln, sondern der Bezug zum gewählten Text sollte deutlich herausgearbeitet werden. Neben diesem Kriterium gab es noch zwei weitere zu beachten. Zuerst muss ein Finaltext natürlich auf einem gewissen handwerklichen Niveau liegen. Das fängt bei Rechtschreibung und Grammatik an und hört beim Schreibstil auf. Die Feder ist das Schwert der Finalisten und wer diese besser führen kann, soll dafür auch belohnt werden. Als drittes sollten die Autoren mit diesem Text unter beweis stellen, wie gut sie eine Idee umsetzen können. Das beschränkt sich nicht nur darauf, wie kreativ eine Idee ist, sondern bezieht sich auch ganz klar darauf, wie gut die gewählte Idee letztendlich umgesetzt wurde. Es ist uns bewusst, dass die Kriterien sich alle gegenseitig beeinflussen. Eine Idee ist nur so gut, wie sie zur ursprünglichen Saga passt. Der Text schließt sich zwar wunderbar an den gewählten Text an, ist aber handwerklich so schwach, dass der Funke einfach nicht übertreten will. Komplett kann man die Kriterien bei der Bewertung nicht voneinander trennen, das ist uns klar. Wir glauben aber, dass ihr, die Leser, das dennoch gut hinbekommen werdet und dass ihr eure Stimmen fair verteilen werdet. Immerhin wird hier der erste Stein für den Sieger gelegt!
Damit aber genug der langen Vorrede. Ihr wollt sicherlich wissen, für welche Sagen sich die Finalisten entschieden haben. Viel Spaß beim lesen!
Tagebuch eines Piraten - Die neue Welt?
Vor fünf Jahren hätte ich niemals erwartet, dass ich heute hier sein würde. Am Hauptplatz von Logue Town, auf Promotionstour für mein neuestes Buch. Unzählige Leute standen Schlange, damit ich ihre Exemplare signierte. Während ich meinen selbst erfundenen Namen in die vielen Bücher schrieb, schwelgte ich in Erinnerungen…
Ich dachte damals, ich würde sterben, als mich die Marinesoldaten aus dem Verlies, hin zum Galgen führten. Ich wurde über eine Treppe ins Freie gebracht, dann wurde mir der Sack vom Kopf gezogen. Meine Augen mussten sich erst an das helle Licht gewöhnen. Dann erkannte ich, dass ich auf einem Gerüst stand - direkt neben Käpt‘n Jess, dem bereits eine Schlinge um den Hals gezogen wurde. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet.
Während auch mir der Strick umgelegt wurde, fragte ich vorsichtig: „Käpt’n, wo sind die anderen?“
Er sagte nichts, aber ich wusste die Antwort auch so. Ein Stein lag mir im Magen. Ich musste an meine Kameraden denken. Wie wir fröhlich miteinander gefeiert und gesungen haben. Ich war so in Gedanken verloren, dass ich nicht einmal mitbekam, was der Marinekapitän alles über die Straftaten unserer Bande erzählte. Erst die Stimme von Käpt’n Jess konnte mich aus meinen Gedanken reißen: „Junge, hör zu! Wenn ich es dir sage, dann läufst du weg und versteckst dich, verstanden?“
Noch bevor ich reagieren konnte, verlor ich plötzlich den Halt unter meinen Beinen. Der Strick um meinen Hals drückte sich unerbittlich in meine Kehle. Ich bekam keine Luft, der Druck in meinem Schädel wurde immer größer. Es fühlte sich an, als würden meine Augen aus den Höhlen ploppen. Ich versuchte, mich irgendwie zu befreien, doch meine Bewegungen ließen den Strick nur noch enger werden. Ich verlor fast das Bewusstsein, als ich plötzlich hart auf dem Boden aufprallte. Ich keuchte. Einen Moment lang war mein Kopf wie benebelt. Ein tiefer Atemzug ließ meine Gedanken zumindest etwas klarer werden. Mein Strick war durchgeschnitten worden. Käpt’n Jess stand vor mir und kämpfte alleine gegen eine Überzahl an Marinesoldaten. Aus seinem Schuh ragte eine kleine Klinge. Er muss mich gerettet haben. Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass ich bei Bewusstsein war. Dann schrie er mir zu: „Junge, jetzt! Lauf!“ und mit einem kräftigen Stoß befreite er sich von den angreifenden Soldaten.
Wie ferngesteuert drehte ich mich um, fand ein offenstehendes Tor und lief darauf zu. Den angreifenden Marinesoldaten konnte ich trotz meiner leichten Benommenheit irgendwie ausweichen und war gerade durch das Tor, als ich Käpt’n Jess laut aufschreien hörte. Ich wandte mich um und sah, wie er blutüberströmt am Boden lag. Sein Blick war auf mich gerichtet. Er sagte mir, ich solle mich in Sicherheit bringen. Mir kamen die Tränen. Ich wollte ihn nicht zurücklassen, doch ich konnte ihn auch nicht retten. Die Soldaten liefen auf mich zu. Schweren Herzens rannte ich los in Richtung Hafen. Meine Verzweiflung gab mir Kraft. Ich konnte die Marinesoldaten abhängen. Im Hafen fand ich ein Handelsschiff. Ich konnte mich an Bord schleichen und versteckte mich in einem Fass unter Deck. Als ich zusammengekauert im Fass saß, spürte ich etwas in meiner Hosentasche. Mein Tagebuch. Sie hatten es mir gar nicht abgenommen…
Als nächstes stand ein kleiner Junge mit dunklen, wuscheligen Haaren vor mir. Er musterte mich von Oben bis Unten. Seine Augen strahlten, als er mir sein Exemplar meines Buches vor die Nase legte.
„Mein Name ist Minoru und ich bin ein riesen Fan! Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen! Und danach gleich nochmal und nochmal und nochmal! Captain Checkmate ist sooo cool! Aber Holzfuß Tonto ist auch super, der ist immer so witzig! Schade, dass er gestorben ist“, die Stimme des Jungen überschlug sich fast vor Begeisterung.
Ich musste kurz lächeln. Meine Gedanken wanderten zu Käpt'n Jess und Klumpfuß Tanaka. Ich blickte den Jungen an und antwortete: „Ja, das sind zwei richtig starke Piraten, oder?“
„Ja! Absolut! Und auch wenn am Ende die Marine gewinnt, finde ich die Piraten viel cooler! Am allerbesten ist aber Nathan Narbenhand. Er ist zwar nicht der Stärkste, aber ich mag ihn total gerne!“, plötzlich breitete sich ein wissendes Grinsen auf dem Gesicht des Jungen aus, „Sag mal, Onkel. Das bist doch du selbst, oder? Und ich wette, unter deinem Handschuh hast du selbst ganz viele Narben! Du bist mein großes Vorbild“, den letzten Teil flüsterte er mir zu.
Ich zwinkerte ihm kurz zu und legte meinen Zeigefinger auf meinen Mund. Sein Grinsen wurde noch breiter. Dann schnappte er sich sein Buch, drückte es fest an seine Brust, drehte sich um und lief fröhlich zu seiner Mutter.
Ich lehnte mich zurück in meinen Stuhl und dachte an meinen ersten Tag auf hoher See. Plötzlich bildete sich ein Kloß in meinem Hals. Ich blickte in den Himmel und flüsterte leise: „Das ist für euch, Jungs! Vielen Dank für alles…“
Farbenspiel - Rot
„Und das soll wirklich eine Ansammlung von Kuma‘s Erinnerungen sein?“, hakte Bed Pan nach und beäugte argwöhnisch den Chip in seiner Hand.
Rowdy zuckte ratlos mit den Schultern. „So haben sie‘s jedenfalls erklärt. Wir sollen ihn zu einem Kontakt bei der Ekstase-Oase bringen.“
„Von Kuma...“ , wiederholte Bed Pan gedankenverloren und schüttelte ungläubig den Kopf. „Den Bären können sie mir nicht aufbinden.“
Rowdy musterte Bed ausgiebig, konnte aber kein Seil entdecken. Sein Partner war erst kürzlich zu ihm gestoßen, doch er hatte bereits das Gefühl sie hätten Kommunikationsschwierigkeiten.
„So, es ist angerichtet.“ Die Tür zum Speisezimmer wurde aufgestoßen und Cookscrotch, der Verwalter des Unterschlupfs, schritt herein, beladen mit einem riesigen Silbertablett. „Unser Nationalgericht. Gebratene Seeköniggenitalien in einer Biersoße.“
„Das sind aber monstermäßige Bratmethoden, die du uns da servierst.“ , kommentierte Bed und verzog angewidert das Gesicht. Er tauchte einen Löffel in die Soße und probierte sie vorsichtig.
Cookscrotch lehnte sich in gespannter Erwartungshaltung vor. „Ich verfeinere die Biersoße immer mit Cola, für das prickelnde Gefühl.“
„Ich kollabier gleich“, stöhnte Bed und verdrehte theatralisch die Augen.
Gerade wollte Rowdy ebenfalls eine risikoreiche Verkostung vornehmen, als es plötzlich laut an der Eingangstür hämmerte.
„Hier spricht Konteradmiral Viral! Aufmachen!“, brüllte jemand hustend.
Panisch sprangen die Revolutionäre auf.
„Mir nach!“ Cookscrotch preschte zum Vorratsraum, die anderen beiden folgten ihm auf dem Fuße.
Verzweifelt schlug Rowdy die Hände über den Kopf zusammen. „Was machen wir denn jetzt?“
Bed Pan eilte in die Mitte der Kammer. „Halt die Klappe, Rowdy!“
Dieser sprang vor und hielt die Falltür zum Keller auf. Die beiden Partner trabten nacheinander die knarrenden Stufen hinab, doch Cookscrotch blieb am Absatz zurück. „Geht voraus. Viel Glück.“
Die Eingangstür fiel ins Haus, die Falltür fiel ins Schloss.
Weiter ging es in einen finsteren Fluchttunnel. Rowdy schob seine aufkeimenden Sorgen zu ihrem Kameraden beiseite und fokussierte seinen Blick auf die Flucht nach vorn.
Schlagartig prallte er gegen Bed, als dieser wie angewurzelt stehen blieb. „Sie haben den Braten bestimmt gerochen.“
„Unmöglich, so stark hat das Essen auch nicht gestunken.“, bemerkte Rowdy und runzelte verwirrt die Stirn.
Eine Kakofonie aus wirren Stimmen ertönte weit rücklings.
„Hier ist doch irgendwo...“ Bed tastete die Wand ab und lächelte plötzlich. Er entzündete etwas und eine Lunte brannte lichterloh.
Die Stimmen rückten näher. „Hier riecht es auf einmal komisch“, ertönte der Ruf eines Marinesoldaten.
„Mir egal! Ich hab sowieso Schnupfen.“, antwortete Konteradmiral Viral mit heiseren Husten.
Rowdy und Bed rannten unbeirrt weiter, aus dem Tunnel heraus. Matter Schein der Nacht vor ihnen, gleißendes Licht und das Donnern einer Explosion hinter ihnen.
Der Rand der Stadt. Nur noch die Mauer trennte sie von ihrer Freiheit. Sie wollten diese gerade überwinden, als Rowdy innehielt. Er zog eine Sprühdose hervor und begann sein künstlerisches Werk. „Ich will meinen Graffititag hinterlassen, wenn wir nicht überleben.“
„Jetzt mal nicht den Teufel an die Wand.“ Bed wippte ungeduldig mit den Füßen.
„Mein Tag ist eine Teufelsfrucht“, korrigierte ihn Rowdy, beendete sein Werk, sprang über die Mauer, hinein in die Wüste, dicht gefolgt von Bed.
Stunden später brannte die helle Mittagssonne unerbittlich auf die zwei Reisenden herab.
„Diese verdammte Hitze!“, fluchte Rowdy und wischte sich den triefenden Schweiß von der Stirn. „Und der dämliche Sand nervt auch!“
„Deine wüsten Beschimpfungen kannst du dir sparen.“, erwiderte Bed nur und schritt weiter vorwärts.
Endlich erreichten sie die Ekstase-Oase. Sie war längst verlassen. Rowdy und Bed stiegen auf das Dach des höchsten Gebäudes.
„Kannst du was erkennen?“, fragte Rowdy, während er sich suchend um die eigene Achse drehte. Bed konnte kaum den Kopf schütteln, schon brachen sie durch das morsche Dach und landeten hart auf dem Boden.
„Altes Holz. Das haben die Erbauer nicht wirklich gut bedacht.“, ächzte Bed und stemmte sich schwerfällig hoch.
Da stand der Kontaktmann auch schon vor ihnen. Er war ein Mann ohne Worte, streckte nur fordernd die Hand aus, nahm den Chip vom verwunderten Rowdy entgegen, zog an einer geheimen Leine und verschwand spurlos.
Gerade wollten sich die beiden entspannen, da ließ sie ein fürchterlicher Hustenanfall erneut hochfahren. Ein angekohlter Konteradmiral Viral baute sich vor ihnen auf, leerte eine Flasche Hustensaft in einem Zug und griff an.
„Ihr braucht wohl eine extra Unterweisung!“, japste er und schleuderte Bed durch ein Fenster. Schwer atmend wandte er sich Rowdy zu. Dieser sprühte Viral ohne zu zögern seine Farbe ins Gesicht, deren feinen Partikel sich zusammen mit dem Sand in dessen Luftröhre absetzten. Viral schnappte nach Luft, brach röchelnd zusammen und regte sich nicht mehr.
Rowdy hetzte zum Fenster. Bed baumelte außen am Fenstersims und hielt ihm einen Löffel entgegen. „Den würde ich gern abgeben.“
Sofort packte Rowdy ihn, hievte ihn nach drinnen, wo sie auf den Boden zusammensackten.
„Das war gerade ein Witz“, klärte Bed Pan ihn auf.
„Jetzt kapier ich‘s“, entgegnete Rowdy lächelnd. „Jedenfalls sind wir jetzt erstmal weg vom Fenster.“