Bei Dark handelt es sich um eine deutsche Serie, welche für Netflix produziert wurde und dabei durchaus mit ihrer Qualität besticht. Am 27. Juni diesen Jahres erschien die dritte und letzte Staffel, wodurch die Serie damit abgeschlossen ist. Da Dark aber durchaus komplex ist und es hier eventuell noch Diskussionsbedarf bei dem ein oder anderen gibt, und sei es einfach nur um die Sache für sich Revue passieren zu lassen, mache ich hier dieses Thema auf.
Für alle, die die Serie noch nicht kennen, will ich aber erst einmal einen kurzen Überblick anreisen. Allzu viel verraten will ich dabei aber nicht, denn die Serie lebt auch im Großen und Ganzen davon, dass man sich einfach darauf einlässt und immer mehr in ihr Geflecht gezogen wird. Es empfiehlt sich hier vor allem, die Serie möglichst hintereinanderweg zu schauen, damit einem die Zusammenhänge auch besser vor Augen bleiben. (Tatsächlich hatte ich sogar kurz vor dem Ende der zweiten Staffel nochmal angefangen, die Serie von vorne zu schauen und dabei einen Stammbaum gezeichnet, um da einfach besser durchzublicken. Allerdings hatte ich vor der zweiten Staffel auch eine längere Pause, wo ich dann vieles schon wieder vergessen hatte.)
Anyway... in Dark geht es am Anfang um das mysteriöse Verschwinden mehrerer Jungen in der fiktiven deutschen Kleinstadt Winden. Das Ganze entwickelt sich dann schnell zu einem Zeitreise-Thriller, der auf immer und ewig seines Gleichen suchen wird in Sachen Komplexität. Das Besondere an der Serie ist dabei ihr einzigartiges Flair: die düstere Atmosphäre ist wirklich markant und eindringlich, während das Setting einer deutschen Kleinstadt in der Kombination einfach extrem gut herüberkommt. Das geht schon bei dem grandiosen Intro los, welches wohl nur die wenigsten Leute überspringen:
Auch ist die Wahl der Schauspieler wirklich hervorragend, teils aus Gründen, die ich an der Stelle noch nicht spoilern will. Mir war aber keiner der Darsteller vorher bekannt, da ich eigentlich mangels Interesse nie deutsche Produktionen mir anschaue, aber umso grandioser wirkt es dann auch eine Serie zu haben, die in Deutsch gedreht wurde und in Deutschland spielt, dabei sich aber nicht vor irgendwelchen Hollywood-Produktionen zu verstecken braucht – ganz im Gegenteil!
An diesem Punkt kann ich eigentlich jedem hier eine klare Empfehlung aussprechen, sich die Serie anzuschauen, auch wenn mir persönlich die letzte Staffel und das Ende nicht so gut gefallen haben. Aber da gehen die Meinungen auseinander und ihr solltet euch da eher selber ein Bild machen, bevor ihr meine Meinung dazu hier lest. Je weniger man über die Serie vorher weiß, umso besser ist es für das Erlebnis. Also, wer die Serie noch nicht kennt, hört jetzt besser auf den Thread zu lesen und wirft lieber Netflix an.
Spoilerwarnung!
Alles Weitere in diesem Thread dreht sich um die abgeschlossene Serie und richtet sich an diejenigen, die die Serie bereits zu Ende geschaut haben.
Also, meine Reaktion auf die Cliffhanger von Staffel 1 und 2 war in beiden Fällen: "Muss das unbedingt sein?"
Man kann der Serie zumindest aber nicht vorwerfen, dass sie sich nicht aus der eigenen Komfortzone herausgetraut hat, was ja ein Problem in vielen Serien ist. In Staffel 1 fand ich es allerdings gut, wie man sich auf die drei Zeitepochen von 1953, 1986 und 2019 konzentriert und diese verbunden hat. Da hat es meines Erachtens nicht gebraucht, aus diesen herauszubrechen und dann in die apokalyptische Zukunft zu reisen oder gar noch tiefer in die Vergangenheit. Daher war ich nach dem Ende der ersten Staffel erst einmal sehr skeptisch...
Die Umsetzung fand ich in Staffel 2 dann aber ziemlich gut, wo sich hier ein immer komplexeres Zeitreise-Rätsel ergeben hat und wo alles noch zusammengepasst hat. Man hat auch von den Jahren 2053 und 1921 nicht so viel gezeigt, sondern sich weiter auf die drei Hauptepochen von Staffel 1 fokussiert, wodurch das Mysterium um die Apokalypse hier auch nicht bereits zu stark entmystifiziert wurde. Besonders gut fand ich, wie aus dem Protagonisten Jonas mit Adam ein Antagonist gemacht wurde, der unausweichlich und damit ziemlich erschreckend schien.
Dann kam aber das Ende mit Staffel 2, wo auf einmal die Martha 2 aus der Parallelwelt auftauchte und ich mir wieder dachte: "Muss das unbedingt sein?"
Und im Gegensatz zur zweiten Staffel war ich hier nicht überzeugt, dass das dann noch stimmig gepasst hat. Generell stehe ich Zeitreisen in Fiktion stets kritisch gegenüber, wo Avengers: Endgame letztes Jahr erst wieder so ein großes Beispiel dafür war, wie Zeitreisen zu total unglaubwürdigem Humbug führen. Und zumindest für die ersten beiden Staffeln hat Dark für mich noch gut funktioniert, einfach weil hier das geschlossene Prinzip angewendet wurde, das man zum Beispiel aus Lost kennt. Wenn es Zeitreisen gibt, dann hat es sie schon immer gegeben und unsere Gegenwart so geformt, wie wir sie kennen.
Das führt dann aber unweigerlich zu Paradoxien, wo sich die Zeitreisen quasi selber erhalten, und um diese zu erklären, wurde am Ende eben die Ursprungswelt eingeführt, aus der alles entstand. So weit geh ich auch noch mit, aber was das mit Evas Welt sollte, die einfach parallel existiert und die Zeitreisen in Adams Welt mit beeinflusst, war mir dann doch zu viel Hokuspokus.
Mir hat dabei durchaus die Poesie dahinter gefallen: Adam und Eva, wie in Evas Welt alles gespiegelt ist und dergleichen. Das wurde alles schon gut dargestellt, aber es wirkte überhastet und unterentwickelt, fügte sich meines Erachtens nicht gut in das Zeitreise-Geflecht ein und wurde dabei zu sehr dafür missbraucht, um Erklärungen zu schaffen, die dann wieder einer eigenen Erklärung bedürfen.
Okay, die Pläne für die Zeitmaschine stammen also ursprünglich aus Evas Welt, check. Aber wer hat in Evas Welt das Ding entworfen? Und vor allem wer hat dann auch noch die Kugel-Zeitmaschinen entworfen, mit denen man zwischen den beiden Welten springen kann? Falls einer Antworten auf diese Fragen hat, ich bin ganz Ohr, aber für mich war das an der Stelle einfach nur ein "Substitutionsmysterium", das nicht viel mehr Sinn gemacht hat als das Bootstrap-Paradox, das man mit der Zeitmaschine noch davor hatte.
Irgendwie war Evas Welt dann einfach da und wurde zum Teufel hinter vielen Vorgängen. Besser hätte es mir gefallen, wenn Evas Welt aus einer Änderung in Adams Welt entsteht, z.B. weil jemand verhindert, dass Mikkel nach 1986 geht und damit auch die Geburt von Jonas vereitelt wird, etc. Das löst das aber wieder ein ganz anderes Komplex aus, welches in Evas Welt resultiert, wo dann aber wieder jemand so in die Zeit eingreift, dass er Mikkel nach 1986 bringt, um dann wieder Adams Realität zu schaffen. Sprich, beide Welten wechseln sich stets in einem endlosen Zyklus ab.
Das wäre ein Konzept gewesen, das ich greifbarer gefunden hätte. Und tatsächlich wurde genau das auch kurz angeschnitten mit den zwei Versionen von Adams Welt, wo in einer Jonas von Martha 2 entfernt wird und in der anderen nicht. Nur wurde das halt gar nicht weiter erforscht, wir haben immer nur die Realität erlebt, in der Jonas zu Adam wird, aber nicht die, wo Jonas nach der Apokalypse verschwunden ist. Dazu kam einfach nichts.
Und die Entwicklung zu Adam, was in Staffel 2 schon fast wie ein gruseliges Mysterium schien, war dann im Gegensatz zur ganzen Zwei-Welten-Geschichte mega unspektakulär. Erst war Jonas ewig in der Zukunft gefangen, dann ewig in der Vergangenheit. Die vielen Narben, die er hat? Von wegen viele Zeitreisen, die hat er von seinen Frankenstein-Elektroden! Lame. Und der ganze Kult, den er aufgebaut hat, existiert nur, weil die Leute sich selber erhalten wollten. Lame.
Überhaupt war das der größte Widerspruch für mich in Dark und das schon in der gesamten Serie. Wir haben mehrere Charaktere, allen voran Jonas/Adam und Claudia, deren Hauptziel es ist, alles zu ändern, aber dabei die Hauptakteure sind, die dafür sorgen, dass alles wieder genauso passiert wie immer, nur weil sie ja sonst nicht an den Punkt kommen, an dem sie jetzt sind, oder vielleicht gar nicht erst existieren würden. "Alles muss so geschehen, wie es immer geschehen ist." Das war am Anfang zu gewissem Grade noch logisch, aber hat dann so unfassbar abstruse Ausmaße angenommen, dass ich mir noch an den Kopf greifen konnte...
Gleichzeitig kam es aber zu einem Punkt, wo mal einer etwas anders gemacht hat, aber wie sich das alles einfügt, wo doch schon immer alles so passiert ist, wie es passiert ist, ist nicht klar. Es wurde immer so dargestellt, als hätten sich die Zyklen alle schon unzählige Male wiederholt, aber Claudias Durchbruch hätte genauso gut auch gleich nach dem ursprünglichen Zyklus stattfinden können...
Von dem bescheuerten Zeittunnel in die Ursprungswelt in der letzten Folge fang ich gar nicht erst an. Je mehr ich über die ganze Sache wieder nachdenke, umso mehr regt es mich auf, daher höre ich an hier mal besser auf, aber ich bin durchaus auch auf andere Meinungen und Ansichten gespannt.
Von Netflix gibt es übrigens auch eine gut gemachte Guide-Seite, wo man sich die Familien-Stammbäume nach jeder einzelnen Folge anschauen kann. Sehr hilfreich.