Yayosen schrieb:
Ich glaube die negative Kritik an der negativen Kritik kommt eher daher, dass das Chapter halt immer schon zerrissen wird bevor es eigentlich erschienen ist.
Könnte ich verstehen, wenn die Empirie bestätigen würde, dass Kritiker nach erscheinen des Kapitels eines besseren belehrt würden. Auch der Umstand, dass erstmal abgewartet werden soll, bis der ganze Band erscheint. Hat aber bisher keine Abwertung der Kritikpunkte mit sich gebracht.
Wodrauf baut also diese mantrenhafte Forderung des Abwartens auf?
Ich könnte den "positivierenden Schreibern" entgegenhalten, dass diese wesentlich häufiger widerlegt wurden, als anders herum. Storytelling, Charakterbuilding, Dialogqualität, Worldbuilding, etc., etc., sind Elemente einer Story, die seit 2000 Jahren bestehen, entwickelt werden, und auch wissenschaftliche Kriterien mitbringen. Alles lässt sich relativieren und somit sind bedingt selektive Wahrnehmungen zu festgesetzten Regeln auch möglich und von meiner Seite aus auch erwünscht, aber viele der Kritikpunkte lassen sich nicht von der Hand weisen.
Natürlich kann Kritik auch positiv und weich formuliert werden und im besten Fall zählt positives und negatives auf und nicht nur einseitig das eine oder andere, aber manch einer hier hat so viel Liebe zu One Piece, die teilweise seit hunderten Kapiteln enttäuscht wird und dennoch nicht von dieser ursprünglich fantastischen Story abgelassen, aber entsprechend hoch sitzt nun mal die Frustration und gerade bei Kapitel 1000 potenziert sich sowas natürlich.
Selbst dem krassesten "Positivierer" sollte bewusst sein, dass die offenen Baustellen und Charaktere, in der verbleibenden Zeit, nicht mehr gerecht aufgearbeitet werden können. Das Worldbuilding war Anfangs grandios, ist Oda aber über den Kopf gewachsen. Ein J. R. R. Tolkien, ein G. R. R. Martin oder eine J. K. Rowling haben diese auf ihre eigene Weise in den Griff bekommen, wobei Tolkien weit über den anderen steht und eine Rowling da eher das Schlusslicht markiert. Ein Oda hat diese Qualität nicht mehr und ist auch mit dem was er von Woche zu Woche abliefert weit weg davon in dieser Liga mitzuspielen. 10 - 20 Jahre One Piece lässt sich allerdings für einige, wie unter anderem auch mich, nicht so einfach wegwischen.
Es ist keine selektive Wahrnehmung sondern ein handfester Fakt, dass das Charakterbuilding und die Screentime der SHB Crew von Oda zu stark vernachlässigt wurden. Das liegt nicht daran, dass Gott Oda einen krassen Masterplan abarbeitet, der sich uns sterblichen erst zum Ende hin ergründen wird. Missstände im Storytelling verbunden waren, sondern das liegt daran, dass Oda einfach seinen Fokus verloren hat, was man an wirklich dutzenden Beispielen ausmachen kann, wenn man sich mit der Materie des Writings auseinandersetzt.
Großartiges Storytelling wäre es, wenn Schlüsselmomente aus Kapitel 1, 100 und z.B. 500 also den krassen Meilensteinen in Kapitel 1000 zusammenfließen. Es ist kein gültiges Argument, dass Oda keinen Wert auf Symbolik legt, wenn der gesamte Wano Arc als nicht enden wollendes Symbol abgehandelt wird. Kritikern vorzuwerfen, dass sie sich selbst zuzuschreiben haben, wenn sie an das Kapitel 1000 so eine hohe Erwartungshaltung aufbauen ist nun mal kein gültiges Argument, da es sich auf Grund von der aktuellen Arbeitsweise Odas sehr wohl begründen lässt entsprechenden Anspruch zu heben.
Das Kapitel, der Arc und auch der Manga insgesamt haben bei objektiv gesetzten Kriterien nun mal keine hohen Standarts mehr, die diesen Manga an der Spitze der Mangawelt rechtfertigen. Wir sind halt Romantiker und Oda zehrt noch von der Kreativität und Schaffenskraft vergangener Tage.