Die Sammler (Le Roux) [FF-Version]

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  • Ich weiß, mir hat das Kapitel auch nicht wirklich gefallen. Ich muss zugeben, dass ich etwas gepfuscht habe. Eigentlich wollte ich daraus auch zwei Kapitel machen, aber irgendwie fand ich keinen richtigen Punkt für einen Cliffhanger oder ein gutgesetztes Ende. Anderseits wollte ich mit der aktuellen Handlung endlich mal weiter kommen. Ich werde es auf jeden Fall überarbeiten, allerdings muss das wohl noch etwas warten, da ich in dieser Woche ein paar Arbeiten und Tests schreibe. Aber nächste Woche sind ja Osterferien, da machs ich bestimmt ;)
    Was den Dieb betrifft: Also eigentlich war es so, das er die Vase stehlen wollte, sie dann aber fallen ließ und sich vor Entsetzen nicht mehr rühren konnte.

    An dieser Stelle möchte ich noch auf meine Namenänderung hinweisen. Ich nenne mich jetzt hier "Le Roux". Die Antwort weswegen könnt ihr in meinem Profil nachlesen. Ich hoffe ihr könnt euch damit anfreunden.

    @*gaara*: Cool, das ich heute noch einen lobenden Kommentar bekomme, hätte ich nicht gedacht. Jedenfalls danke, das du meine FF gleich angefangen hast! Ich hoffe, du bleibst mir weiterhin als Leser erhalten. Ich kann dir auch einen Newsletter schicken wenn du willst. Gute Nacht dann.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Le Roux ()

  • Ich hab mir erstmal drei deiner Kapitel durchgelesen und mir ist aufgefallen das sie echt genial geschrieben istXD
    Du hast einen interessanten Schreibstil der mir sehr gefällt, irgendwie hat der echt was besonderes, auch die Story ist genial...zumindestens soweit ich gelesen habe*lach*
    Mir gefallen die Charaktere, Lucia scheint ein echt süßes Mädchen zu sein und Kai scheint auch einen sehr coolen Charakter abzugeben
    Ich kann eigentlich nichts erkennen was mir an den ersten drei Kapitel nicht gefällt, vielleicht könntest du noch ein paar mehr Absätze machen, aber sonst ist sie eigentlich gut.
    Ich finde das mit der wörtlichen Rede sehr spanned und genial geschrieben, man kann erkennen wer was sagt und dennoch ist es anders als bei anderen.
    Demnächst lese ich die nächsten Kaputel und um ehrlich zu sein freu ich mich schon richtig drauf*lach*

    MfG
    *Gaara*
  • Ja nun komme ich endlich auch noch dazu deine Kapitel zu kommentieren bevor ich mich in die Wochenendpause zurückziehe.^^

    Das letzte Kapitle war wirklich nicht dein bestes aber trotzdem gut. Es stimmt das es etwas verwirrend war aber ich denke du wirst das in den nächsten Kapiteln wieder entwirren.

    Zum Kapitel selbst finde ich die Jagd auf den Dieb und desen plötzliches einschlafen im Luffy/Garp Style ganz gut beschrieben. Das jetzt plötzlich eine Jäger auftaucht, der die drei erledigen soll macht das Kapitel zwar ein wenig überladen aber dafür hast du jetzt eine gute Grundlage für die folgenden Chapter.

    Ich freu mich schon drauf.

    mfg
    Dillian
    ~dilliansthoughthub.blogspot.co.at~
  • Oho, es geht endlich weiter und auch wenn du Überarbeitungen angekündigt hattest, so lies sich eines deiner Kapitel inhaltlich zwar besser lesen, dafür hast du vergessen es in Absätze zu unterteilen, weshalb es wie ein Block ausgesehen hatte. Nicht schön, aber trotzdem las ich es, wodurch auch die Reaktionen vom Dieb deutlicher wurden. Ebenso Josephine, deren Namen ich immer noch nicht leiden kann -.-, wurde nun sehr viel mehr profilierter dargestellt, was mir recht gut gefallen hatte. Den Namen Wari kann ich ebenfalls nicht so~ toll assoziieren, so wurde die schlechteste FF, die jemals jemand schrieb, von einem Nutzer, names Wari geschrieben - inzwischen ist sie aber längst gelöscht, naja, du kannst ja jederzeit Namen ändern, sonst bleiben die Assoziationen. Oder du machst aus dem Wari einen dicken Schnurbart Typen, dann kann man ihn mit der tollen Videospielfigur Wario assoziieren, was mir auch in jeder FF fehlt. ^^ Ich weiß nicht, wenn ich Namen zu sehr mit reellen Personen / Sachen verbinden kann, dann wirkt sich das entweder positiv oder negativ aus, weiß, das ist blöd, jedoch stört mich das an manchen FFs sehr, da bin ich zu penibel. Aus Josephine kannst du auch Josie machen, das ist ein guter Song von blink-182, und schon hast du wieder wen entworfen, der mir sympathisch ist. Ja, schon komisch, wie man mit Namen umgeht. Den Einen ist das einerlei, ich könnte dafür Figuren hassen, oder mögen - liegt wohl an den vielen Geschichten, die ich lese, da wird man immer anspruchsvoller, bis es irgendwann auf Kleinigkeiten ruhen bleiben kann. Aber mal zurück zur Geschichte, Kai nimmt nun Josie mit, da sie das Geld und Eduardo [so heißt ein Hahn aus einer anderen FF der Bürgermeister geworden ist] seine Mutter wiederfinden will. Im Flashback wurde gesagt, das sie mit Drake zusammen kämpfte und nie mehr gesehen wurde. Ist sie nun tot und Kai lässt ihm die Hoffnung, oder wurde das bewusst im Dunklen gehalten? Oder unterlief dir da ein Erzählfehler? Wenn nicht, auch nicht schlimm! Bei mir leben auch Figuren, die normalerweise tot sein müssten, zum Beispiel in dem sie zerteilt werden, ihr Herz durchbohrt wird oder sie anderswie erledigt werden. Hoffe, du bist bald bei mir durch, hehe!
    Als dann, nicht das du mit der Geschichte auf Seite 2 abrutscht!
  • Ja, endlich ein Kommentar ;) Ich wollte den Thread schon auf irgendeine Art pushen, auch wenn ich nicht weiß ob das hier erlaubt ist ;D
    Die Absätze kann ich ja noch nachträglich einfügen, hab ich wohl übersehen.

    Zu den Namen: Aus Josephine wird auch noch Josie. Ich finde Namen die mehr als 2 Silben haben sowieso viel zu umständlich, bei der SHB hat auch keiner einen Namen der mehr als 2 Silben hat. Also kannst du beruhigt sein. Bei Wari muss ich dich aber enttäuschen, genau dieser Nich von diesem User hat mich inspiriert, als ich die Online-Liste durchging. Ich finde Wari hat etwas von "Waran" und irgendwie auch was von "Muräne" und das passt sehr gut zu ihm. Aber das wird man noch sehen. Vielleicht kannst du mir ja bei Gelegenheit einen besseren Namen vorschlagen?
    Eduardo war der beste Latino-Name der mir einfiel, denn Eduardo soll etwas nach dem spanischen (oder mexikanischen?) Zorro nachempfunden sein. Das wird man in seinem Kampfstil auch noch sehen...

    Ich kann mich glaube ich nicht mehr daran erinnern von Isabellas Tod geschrieben zu haben, nur das sie verschwunden ist. Wie manch anderer.
    Spoiler anzeigen
    Ja, sie sitzt noch im Gefängnis und wird noch einen größeren Auftritt bekommen ;)


    Im nächsten Kapitel wird es auch zur Sache gehn, ich sag nur die Abreise wird nicht so perfekt verlaufen wie die drei es geplant hatten.
    Spoiler anzeigen
    1 vs. 1 - Kämpfe :D


    Und hier kommen noch die versprochenen Artworks, zuerst ist es aber nur zwei.

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  • Hmm, mit Kai, Eduardo und Josephine bahnt sich ja ne Piratenbande an. Toll das mit Eduardo und seiner Mutter. So haben die beiden jetzt ja fast identische Ziele und gehören allein aufgrund dessen zusammen. Und Kai und Josephine? Was sich neckt... :P

    Die Geo-Piraten sind cool. Würde mich nicht wundern wenn das Schiff 'Pythagoras' heißen würde und die Segel dreieckig wären^^

    Du bist Blinks Wunsch, zur der Änderung von Josephines Namen, nachgekommen. Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Ist schließlich deine Geschichte. Soll der gemeine Blink zusehen wie er damit klarkommt :D . Denn ich finde Josie blöd :P

    Die Geschichte entwickelt sich langsam und nimmt Fahrt auf. Keep going...
  • Mir ist es eigentlich egal, wie er seine Figur nennt. Bisher sind alle Josephines, die ich irgendwoher kenne, verdammt eitel und arrogant gewesen. xD Daher kommen einem Erinnerungen hoch, wenn man so einen Namen und scheinbar dazu gehörigen Charakter kennen lernt. ^^ Er kann sie ruhig nennen, wie er will, nur weil ich Moderator bin, eure Geschichten nach Lust und Laune umschreiben, sowie alles mögliche an eurem Account manipulieren kann, heißt das nicht, das ihr hier zu irgendwas bewegt werdet. *pfeif*
    Ne, ein Mix aus beidem würde alle zufrieden stellen. Die Pingeligen und die, die keine Ahnung von blink-182 haben. :'D Das Kapitel an sich war auf jeden Fall von Kreativität geprägt. Da dachte ich erst, das böse Auftragsmörder kommen, dabei sind es Mathematik-Cracks, was ebenfalls gefährlich sein kann. Auf jeden Fall finde ich den Kampfstil schon extrem genial, da es einfach, aber dennoch was Neues ist. Viele nehmen gewöhnliche Waffen, brüten Tag und Nacht an Teufelskräften und du guckst einfach auf deinen Schreibtisch und zack, hast du einen Bleistift, mit dem man töten kann - why not? Finde ich auf jeden Fall gut gelöst und auch das etwaige gleiche Alter der Kontrahenten finde ich sehr ansprechend, was sie doch nicht übermächtig wirken lässt.
    Wenn ich tippen sollte, dann denke ich, das Sinus & Cosinus die Schwächsten im Bunde sind und wahrscheinlich mit Fallen arbeiten. Auch würde mich nicht überraschen, wenn noch ein dritter Bruder im Hintergrund herumgeistert, der zufällig Tangens / Cotangens heißt.
    Ich bin zudem sehr gespannt, wann du und zongo mit meiner Geschichte durch seid. ;)
    PS: Wieso können alle Autoren eigentlich zeichnen? Selbst, wenn man mir die beste Geschichte zusprechen 'sollte', so bin ich immer noch ein mieser Zeichner. :'|
  • Die Idee zu den Geo-Piraten ist mir eigentlich im Matheunterricht gekommen, blöde Trigonometrie :D
    Das Josephine jetzt auch Josie heißt, liegt nicht an blink ich hatte die Idee schon zuvor und wollte sie nach dem Eintritt sowieso nur noch Josie nennen. Klar ist es meine Geschichte, aber da haben sich unsere Gedanken wohl ergänzt.
    @zongo67: Ich hab ganz vergessen, bei dir zu kommentieren. Du legst so ein Tempo hin, da komm ich manchmal gar nicht mit. Aber liegt halt an mir ;) Du kannst also bald wieder mit Kommentare von mir rechnen.
    Das mit Tangens hielt ich auch für eine gute Idee, aber ich finde Cosinus & Sinus sind bessere "Namen" als z.B. Tangens. Nein, sie kämpfen nicht mit Fallen. Sondern mit etwas anderem, das man eigentlich in jedem Mäppchen findet und für die Geometrie wichtig ist. Eigentlich liegt es auf der Hand.
    Bald ist die 1. Saga zu Ende und die Crew macht in der 2. Saga den South Blue unsicher! Auf dem Weg zu der Grand Line wird noch der ein oder andere sich der Crew anschließen. Von Lucia wird man auch wieder was hören ;)
  • Oh gott Mathe Piraten. Sehr einfallsreich aber ich hasse Mathematik. Aber wie Blink schon sagte, wirklich sehr kreative Kapitel und das Rework hat den ältern auch gut getan. Hat mir alles sehr gut gefallen als Gesamtpaket, welches wunderschön durch die beiden Artworks abgerundet wurde. Ich muss auch unbedingt mal wieder ein Bild malen. Blinks Wunsch nach Letum steht ja noch aus^^

    Ich bin auch der Meinung, dass sich mit Josie^^, Kai und Eduardo ne neue Piratenbande anbahnt. Und auch meine ich gewisse Schwingungen zwischen Josie und Kai wahrgenommen zu haben. Wie Zongo schon sagte, was sich liebt das neckt sich^^

    Cosinus und Sinus kämpfen entweder mit Dreiecken oder nem Zirkel oder Winkel. Irgendwas was für geometrisches Zeichnen wichtig ist zumindest. Da bin ich mir sicher^^

    Dass die 2. Saga im South Blue spielt, find ich persönlich ja sehr interessant, da meine Geschichte ja zurzeit noch dort ist, ich mich aber schon bald auf die Grandline begeben werde. Mal sehen was du draus machst^^

    mfg
    Dillian
    ~dilliansthoughthub.blogspot.co.at~
  • Ich hab mal zur Übersicht einen Charakterguide gebastelt, falls ihr mal den ein oder anderen Namen vergessen habt. Wer nicht auf dem neusten Stand meiner FF ist, der sollte sie besser noch nicht lesen, da sie Spoiler enthalten kann.

    Charakterübersicht (Spoilergefahr)

    Charakterübersicht
    Die Charakterübersicht ist eingeteilt in Personen. Die Zahl hinter dem Namen zeigt an, in welchem Kapitel sie das erste Mal vorkam oder erwähnt wurde. Dahinter befinden sich noch kurze, wichtige Informationen.
    Hauptpersonen:
    · Kai Silver (1), Hauptrolle und Erzähler, besitzt die Kraft der Metall-Frucht
    · Eduardo Van Guard (13), Dieb und später Kais Gefährte, kämpft mit seinem Degen
    · Josephine/Josie (12), verwöhnte Tochter eines Barons und später Kais Gefährtin, kämpft mit Pfeil und Bogen
    · Jane Phoenix (Prolog), Agentin der Patrona-Allianz, besitzt die Kraft der Wellen-Wellen-Frucht
    · Shiazu/(Groß-)Admiral Weißer Drache (6), Großadmiral der Marine, besitzt die Kraft einer Teufelsfrucht
    · Lucia (2), Kais beste Freundin, ist im Marinegefängnis St. Marina gefangen, besitzt die Kraft der Lebens-Frucht
    · Drake Silver (6), Kais Vater, früher Marinekapitän, später Mitglied der Patrona-Allianz, vor 8 Jahren gestorben
    · Armania Silver (1), Kais Mutter

    Wichtige Nebenpersonen:
    · Preston (11), Agent der Patrona-Allianz
    · Hover (11), Agent der Patrona-Allianz, beherrscht die Formel 6, war früher Agent der Cipherpol
    · Chichi (11), Prestons Füchsin
    · Vince Phoenix (Prolog), Janes Vater, Gouverneur von Pretoria, Gründer der Patrona-Allianz
    · Isabella Van Guard (7), Eduardos Mutter, Insassin des Marinegefängnis St. Marina, besitzt die Kraft einer Teufelsfrucht
    · Wari (9), grausamer Marinekapitän, kämpft mit Seesteinketten
    · Xavier (3), Marinekapitän, besitzt die Kraft der Raben-Raben-Frucht
    · Katheta (14), Kapitänin der Geo-Piratenbande, kämpft mit einem dreieckigen Bumerang
    · Parabelle (14), Mitglied der Geo-Piratenbande, kämpft mit Bleistiften
    · Cosinus und Sinus (14), Mitglieder der Geo-Piratenbande, sind Zwillinge

    Nebenpersonen:
    · Maria (Prolog), Haushälterin der Phoenix‘
    · Peider (1), Kais Onkel, besitzt ein Restaurant in Pineapple Hills
    · PX-10943 (3), Kampfmaschine der Marine
    · Baron Wilhelm (12), Josephines Vater
    · Bartholo von Pretoria (erwähnt 14), ???

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  • Huhu, hier kommt wieder ein Kommi von mir...^^ Ich will mich nicht immer entschuldigen müssen, wenn ich das aufschiebe... *schmoll* Trotzdem sorry.;)

    Yeah eine Mathe-Piratenbande, wie kann ich beitreten?^^ Jaja, tatsächlich mag ich Mathe, ist das so abwegig? Wieso schaut ihr mich alle so an??
    Parabelle ist so eine Amatuerin.^^ Ernsthaft, welcher Pirat, selbst wenn er neu ist, plaudert einfach alles über seine geheimen Waffen und Künste aus? Oh, ja genau, praktisch jeder in OP... ^^'
    Josephine wird langsam auch sympathisch, trotz ihrer hochnäsigen Tussi-Art. Tja, irgendwann muss man sich an jeden gewöhnen...^^ Aber den Dieb fand ich von Anfang an süß, was sich auch sicher nicht ändern wird.
    Tussi sein bringt auch was, wie Josephine durch ihren Sieg beweist. Aber eine Frage hätte ich zu der Sache trotzdem... Wie kann denn ein extrem-unzerreißbarer Stoff von einem Pfeil durchlöchert werden? Schon klar, hohe Geschwindigkeit und Spitze, aber trotzdem...
    Und woher/wieso hat Josephine diese K.O. Tropfen? Verdächtig...

    Übrigens, ich mag auch deine Charakterguide.=) Allgemein finde ich Charakterguides immer sehr praktisch... Wer mich näher kennt weiß auch ganz genau, warum.^^
  • Erstmal zu Peggis Kommentar:
    Yeah eine Mathe-Piratenbande, wie kann ich beitreten?^^

    Naja, die Bande ist zur Zeit leider vollbesetzt, aber ich fände es trotzdem cool mal ein paar von euch in meiner FF einzubauen. Was haltet ihr von der Idee?
    Aber eine Frage hätte ich zu der Sache trotzdem... Wie kann denn ein extrem-unzerreißbarer Stoff von einem Pfeil durchlöchert werden? Schon klar, hohe Geschwindigkeit und Spitze, aber trotzdem...

    Das musst du schon einen Physiker fragen, ich habs mir nur vorgestellt und aufgeschrieben :rolleyes:
    Und woher/wieso hat Josephine diese K.O. Tropfen? Verdächtig...

    Man wird im Laufe der Story noch sehen, dass Josie nicht unbedingt nur dieses Tussi-Getue an sich hat. Sie hat auch eine rebellische Seite ;)

    Ein neues Kapitel kann ich euch zwar leider noch nicht bieten, aber dafür ein Artwork der Geo-Piratenbande.
    Ich habs auch schon in meinem Zeichnungsthread veröffentlicht, aber ich stelle es auch noch einmal hier rein, wenn das erlaubt ist.
    Aber ab sofort werde ich Artworks wohl eher in meinen Zeichnungsthread posten.

    Artwork: Geo-Piratenbande

    Von Links nach Rechts: Cosinus, Katheta, Parabelle, Sinus
  • Endlich finde ich mal wieder Zeit, bei anderen zu kommentieren, auch bei mir wird es möglichst heute weitergehen, was für dich aber noch Zukunftsmusik sein wird. ^^ Oder aber, du überrascht mich und bist doch schon mit meiner Geschichte durch. Wenn dem nicht so sein sollte, du hast genug Zeit. Wenn ich richtig sehe, dann wirst du sehr wahrscheinlich die zweite Runde erreichen - wenn ich mir die Teilnehmerliste so angucke. ^^
    In welcher Gruppe du gewesen sein wirst, will ich hier aber nicht verraten, aber ich habe ein gutes Gefühl, wenn eine Abstimmung "irgendwann" vorbei sein sollte - ich lege mich nicht fest, wo du sein wirst - lesen hier ja noch andere. Was deine Kämpfe anbelangt, so spielt sich dieses Schema in fast jeder FF ab. Geteilte Einzelkämpfe, deren Ausgang man sich schon ausmalen könnte. Dafür ist es gut zu sehen, was für Techniken Kais Gefährten drauf haben. Nur etwas bedenklich finde ich, das die Pretoria nicht eingreift, schließlich ist so ein Gepolter und diverse beschädigte Häuser nichts, was der Öffentlichkeit verborgen bleiben sollte. Ob noch Jane oder Preston vor Kais Abfahrt auftauchen, kann ich mir durchaus vorstellen. So ein heimlicher Abschied wäre auch nicht das Richtige, wo Jane doch bereits eine schützende Hand über Kai gehalten hatte. Dem kann man auch nicht mit begegnen, indem man sich in die nächstbeste Gefahr begibt. Was die Mathe-Piraten anbelangt, hoffe ich doch, das sie am Ende nicht einfach abgespeist werden und auch Wari noch einen kommentierenden Auftritt erhält. Mal sehen!
  • Guten Tag,
    Ich persönlich hätte eine konsequente Bearbeitung der jeweiligen Kämpfe (also zuerst Sinus & Cosinus durch und dann Kathete) besser gefunden, ich selber habe diesen Fehler auch mal gemacht und bin nicht all zu gut dabei weggekommen ^^

    Auch das Cosinus (oder Sinus O_o) bereits den fliegenden Schnitt beherrscht finde ich sehr übertrieben, da bisher nur Zorro, Mihawk und T-Bone bekannte Anwender sind und keine "Ohne-Rang-und-Namen"-Gegner.

    Auch den Abschlusssatz von Eduardo fand ich nicht gut, ein cooler Abgang bei dem er ihnen die Beine abgehackt hätte hätte mir besser gefallen, anstatt das er ihnen "hilft", da hätte er sie auch gleich verarzten können, da muss ganz klar ein höherer "Badass"-Faktor für unseren Degenschwinger her (meiner Meinung nach, schließlich zählt deine Meinung :D).

    Aber sonst ganz nettes Chap (hmmm seltsam, wie viel schwerer es ist das Positive herauszuheben als das Negative)

    MFG Panda Lee
  • Hallo an meine treuen Leser und an die, die es noch werden wollen!
    Hier gehts weiter mit meiner FF. Wie immer viel Spaß beim Lesen! Aber zuvor noch eine kleine Gedächtnis-Stütze.

    Neuerungen ab "Die Sammler 2.0"

    XY: Ey Alter, warum jetzt "Die Sammler 2.0"???
    Weil es ab dem 25. Kapitel ein paar Updates und Änderungen geben wird.

    Neuerung Nr. 1: Biografie der Woche
    Nach meinem neuen Plan werde ich jetzt pro Woche eine neue Biografie erstellen. Wo man diese finden wird, ist noch nicht beschlossen, vorläufig wird sie immer beim neuen Kapitel stehen. Die neue Biografie wird, wie das neue Kapitel, jeden Sonntag escheinen.

    Neuerung Nr. 2: Zeichnung der Woche
    Bei jeder neuen Biografie wird man auch die Zeichnung des Charakters sehen. Manchmal kann es allerdings auch eine Art Colurspread sein. Erscheint ebenfalls jeden Sonntag.

    Neuerung Nr. 3: Song der Woche
    Öfters inspirieren mich bestimmte Lieder für Charaktere oder Ereignisse, die ich dann in meiner FF verwende. Ich möchte euch diese Songs natürlich zeigen. Es kann aber auch vorkommen, dass ein Lied, das zu Zeit sehr angesagt ist, zum aktuellen Weltgeschehen passt oder mir einfach nur gefällt, Song der Woche wird ^^
    Und jetzt die größte Überraschung: Der Song erscheint auch am Sonntag, genauer gesagt im NL.


    Offene Fragen

    1. Wehalb hatte Jane im Prolog solche Angst davor, jemanden vor den "Sammlern" zu retten?
    2. Wie kamen zwei Teufelsfrüchte in das alte Lagerhaus in Pineapple-Hills?
    3. Welchen Zweck hat dieses Lagerhaus?
    4. Woher wusste Vince Phoenix, dass Kai eine Teufelsfrucht gegessen hat?
    5. Was ist mit Isabella Van Guard passiert?
    6. Was ist mit Xavier passiert?
    7. Was hat Wari mit den Geo-Piraten zu tun?
    8. Weshalb konnte Cosinus "fliegende Schnitte" gegen Eduardo anwenden?
    9. Was hat das eiserne Schneckengehäuse an seinem Schwert zu bedeuten?
    10. Und warum trägt sie das Emblem der Marine?


    Cirque de la Mer-Arc

    Kapitel 20: Die Streaming Seagull

    Da wir mittlerweile schon zwei Tage über den azurblauen Ozean segelten, hatte ich eine Menge Zeit um unser neues Schiff zu erkunden. Die kleine Karavelle hieß „Streaming Seagull“. Sie besaß zwei Decks und war geformt wie eine Möwe. In dem Raum in dem es eine kleine Küche und einen Platz zum Essen gab, hing ein Bild von ihr und so wusste ich ungefähr wie sie aussah.

    Die Küche selbst war ziemlich hochwertig konstruiert, es gab einen großen Kühlschrank, einen Ofen und ein paar hölzerne Schränke, die über der Küchenzeile angebracht waren. Sie boten eine Menge Platz für Küchenutensilien aller Art und auch der Kühlschrank war randvoll mit Lebensmitteln. Ich als Koch konnte mich hier richtig austoben, aber ich durfte es nicht übertreiben, denn wir hatten noch eine lange Reise vor uns. Da wir weit vom Rivers Mountain entfernt waren, planten wir den Calm Belt zu überqueren, um so schnellstmöglich auf die Grand Line zu gelangen. Angeblich war der Weg über den Calm Belt sehr gefährlich, aber der Weg zum Rivers Mountain stellte einen zu großen Umweg dar. Wir konnten es wenigstens versuchen, so auf die Grand Line zu kommen.


    Die Küche befand sich auf dem oberen Deck, die anderen Zimmer befanden sich alle im unteren Deck. Neben einem luxuriös ausgestatteten Schlafraum und einem kleinen Badezimmer gab es dort auch noch einen anderen Raum, in dem man unter anderem das Steuer des Schiffs fand. Dieser Raum war aber noch zusätzlich mit aller Hand Seekarten, Büchern, Teleschnecken und Eternal Ports versehen. Die Eternal Port konnten uns den Weg nach Alabasta, Pretoria, Water 7 und zu vielen weiteren Orten auf der Welt zeigen, doch wir hatten im Moment nur ein Ziel: St. Marina. Deshalb waren die anderen Eternal Ports auch überflüssig, Zeit für Urlaub hatten wir nicht. Leider war nirgends ein Exemplar zu finden, das uns den Weg nach St. Marina zeigen konnte. Das war aber auch verständlich, da es dieses Marinegefängnis noch nicht sehr lange gab. Im Grunde genommen wussten wir gar nichts über diesen Ort, nur das er auf der Grand Line lag.

    Wir steuerten eine Insel an, die Nahe am Calm Belt lag. Dort hatten wir vor uns für die Überquerung vorzubereiten, damit auch so wenig wie möglich schiefgehen konnte. Die Insel hieß „Suton-Island“-die Insel der Steine. Angeblich war sie ziemlich karg und unfruchtbar, doch man konnte dort die unterschiedlichsten Gesteinsarten finden. Das wusste ich von dem Buch „Die sieben Gesteinsarten des South Blues“, das ich in der Bibliothek der Phoenix‘ in Pretoria gelesen hatte. Dort wurde diese Insel als „der Allblue der Steine“ bezeichnet, da dort seltsamerweise Steine aus der ganzen Welt zu finden waren. Eduardo sagte uns mit seinen beschränkten Navigations-Fähigkeiten voraus, dass die Reise dorthin noch einige Tage dauern würde.

    Ich war gerade mit dem Abwasch des Abendessens fertig, als ich beschloss noch etwas nach draußen zu gehen, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen. Schon beim Öffnen der Türe kam mir das goldene Licht entgegen, das sofort in den Raum strömte. Der Himmel war in die verschiedensten Orange- und Rottöne getaucht und erbot einen wunderschönen Anblick. Ich reckte mich im warmen Sonnenlicht und bemerkte Josie, die in ein Buch vertieft auf der Treppe vom oberen zum unteren Deck saß. Ich setzte mich zu ihr. „Was liest du da?“, wollte ich von ihr wissen. Normalerweise las sie nur irgendwelche Modezeitschriften, die mich überhaupt nicht interessierten, doch mit einem Buch in der Hand hatte ich sie bis jetzt noch nie gesehen. „Das ist ein Buch über Toxine und Nervengifte. Interessierst du dich dafür?“, antwortete sie. Ich konnte ein kurzes Lächeln darauf nicht unterdrücken. „Was?“, fragte sie fordernd. „Naja, für die Tochter eines Barons bist du ganz schön schräg drauf.“ „Das musst du gerade sagen Mister Eisenklotz!“, erwiderte sie schnippisch. „Ich mein ja nur. Du bist eine Meisterin des Bogenschießens und beschäftigst dich mit Giften. Aber eigentlich ist das auch egal. Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass ich dir sehr dankbar bin. Ohne deine Hilfe hätte ich es vielleicht nie bis hier hin geschafft. Und wir sind schließlich erst am Anfang unserer Reise“, sagte ich. „Nein. Ich muss mich bei dir bedanken. Du hast mich mitgenommen, obwohl ich nicht besonders nett zu dir war.“ Etwas erstaunt über die Tatsache, dass sie gerade zugegeben hatte, dass sie sich mich gegenüber etwas herablassend verhalten hatte, antwortete ich ihr: „Kein Problem. Aber eine Sache verstehe ich immer noch nicht. Warum wolltest du eigentlich unbedingt von deinem Vater weg? Unter seiner Obhut warst du doch bestimmt wunschlos glücklich, oder?“ „Aber genau das ist es. Ich war wunschlos glücklich. Seit ich geboren wurde erfüllte mir mein Vater jeden nur erdenklichen Wunsch. Ich hatte einen Kleiderschrank, der so groß wie eine ganze Etage unserer Villa war, ich hatte Bedienstete, die mir jede Bitte abnahmen und ja, ich hatte sogar einen eigenen Reitstall. Aber einem Wunsch konnte mein Vater mir niemals erfüllen“, erzählte sie. Das alles war für mich nicht sehr überraschend, das Meiste (vor allem das Ausmaß des Kleiderschrankes) hätte ich mir denken können. Aber ich war gespannt darauf, welche Bitte für ihren Vater eine Sache des Unmöglichen darstellte. „Was denn?“, wollte ich von ihr wissen. „Meine Mutter…“ Ihre Stimme zitterte als sie ihren einzigen Wunsch aussprach und ihr eine Träne die Wange herunter lief.

    „Was meinst du damit? Ist sie etwa … tot?“, fragte ich entsetzt. Als sie sich wieder gefasst hatte sprach sie weiter. „Nein. Aber sie ist kurz nach meiner Geburt verschwunden. Angeblich war sie schon immer ein ziemlicher Wildfang gewesen. Irgendwann hielt sie es bei meinem Vater nicht mehr aus und flüchtete auf die See. Das Leben als höfliche Baronin war einfach nichts für sie und so entschied sie sich Piratin zu werden. Meinem Vater brach sie damit das Herz. Er liebte sie und wollte immer nur das Beste für sie. Doch sie war nicht dazu in der Lage mit ihm eine Bindung für die Ewigkeit einzugehen“, beendete Josie. Sie erhob sich und wischte sich die Träne aus dem Gesicht. „Und jetzt will ich sie finden, um sie zu fragen, warum sie das meinem Vater angetan hat. Deshalb habe ich mich entschlossen mit euch zur See zu fahren“, sagte sie entschlossen. Eine Antwort auf meine Frage hatte ich nun und mir wurde langsam auch klar, dass Josephine doch nicht so ist, wie man es auf den ersten Blick meinen könnte. Etwas verband uns drei. Wir alle waren mehr oder weniger auf der Suche nach unserer Mutter. Wir alle wussten wie man sich fühlte, wenn man alleine ist. Aber von jetzt an war keiner von uns mehr alleine, wir hatten schließlich uns.

    „Was ist denn mit euch los?“, fragte Eduardo und zerstörte dabei die melancholische Stimmung, die in der Luft lag. Mein poetischer Gedankengang wurde unterbrochen und ich blickte auf. „Ach nichts…“, behauptete Josie. „Wie auch immer… Seht mal was ich gefunden habe. Das muntert euch bestimmt auf.“ Er reichte uns ein kunterbuntes Flugblatt. „Das hat wahrscheinlich eine Zeitungsmöwe fallen gelassen. Auf diesem Flugblatt wird für den berühmten ‚Cirque de la Mer‘ geworben. Anscheinend befindet er sich im Moment in unserer Nähe. Was haltet ihr davon? Ich weiß wir haben wenig Zeit, aber das wäre doch mal was anderes, oder?“ Ich stimmte ihm zu. Etwas Ablenkung könnte uns wirklich nicht schaden.


    Kapitel 21: Le Cirque de la Mer

    „Was genau ist denn dieser ‚Cirque de la Mer‘? Ein Zirkus?“
    „Genau. Es ist ein mobiler Zirkus, der von einem Ozean zum anderen segelt. Er ist ziemlich berühmt, oder besser gesagt weltberühmt“, erklärte Eduardo auf meine Frage. Es musste sich also um eine Art Schiff handeln, auf der sich ein Zirkus befand. Mir gefiel die Idee.
    „Warst du schon mal dort? Ich wüsste gerne was an diesem Zirkus so toll sein soll“, meinte Josie und setzte sich wieder auf die Treppe.
    „Nein, leider konnte ich noch nie eine Vorstellung besuchen. Aber ich habe gehört, dass die Hauptattraktion Menschen mit Teufelskräften sein sollen. Die Berühmteste von ihnen ist eine Frau namens Tigerlilly. Aber ihr werdet es ja bald schon selbst sehen.“
    Teufelskräfte? Waren sie vermutlich auch auf der Flucht vor der Marine?
    Ich schaute mir den Flyer noch einmal an und las ihn durch.


    Cirque de la Mer
    Der weltberühmte Zirkus ankert demnächst auch in ihrer Nähe!
    Besuchen sie unsere Vorstellung, im Moment befinden wir uns
    in der Nähe der Hafenstadt Cambria.
    Diese hochklassigen Artisten werden sie verzaubern:
    • Die explosive Tigerlilly verführt mit ihrem knisternden Charme einfach jeden!
    • Der Dompteur Vladimir wird ihnen mit seiner wilden Tiershow den Atem rauben!
    • Die bezaubernde Britney Cheers kann mit ihren anmutigen Tanzkünsten überzeugen!
    • Der stolze Nico wird sie mit seinen akrobatischen Meisterleistungen begeistern!
    • Auch der Zirkusdirektor Pepe di Zapatolini selbst wird versuchen sich seinen Applaus zu verdienen!
    Wir erwarten sie!


    Leider wies der Flyer nicht auf etwaige Teufelskräfte hin und ich legte ihn wieder zur Seite.
    „Und dieses ‚Cambria‘ liegt hier irgendwo in der Nähe?“
    „Ja, morgen Mittag müssten wir dort ankommen. Aber leider werden wir nicht viel Zeit haben dort zu verweilen, obwohl die Insel an sich sehr schön ist“, beteuerte Eduardo nachdenklich.
    Ein paar Minuten später, als die Sonne letztendlich ganz ins Meer versank und der Himmel zu einem dunklen Blau umfärbte, legten wir uns Schlafen. Wir wollten schließlich für den nächsten Tag gewappnet sein.

    Ein Marineschiff segelte ebenfalls in dieser noch jungen Nacht unter dem blauen Firmament umher.
    Dabei waren sie gar nicht weit entfernt von uns.
    „Habt ihr schon einen aktuellen Bericht was die Lage betrifft? Das Hauptquartier wird bei unerlaubtem Besitz von Teufelskräften immer so drängend. Wo befinden sich überhaupt diese drei Bälger?“, schnauzte Wari einen der zuständigen Marinesoldaten an.
    „S-Sir, einen Bericht konnten wir noch nicht anfertigen, da wir zu wenige Informationen besitzen! Aber unseren Beobachtungen nach zu urteilen befinden sie sich im Moment auf dem Weg zur Urlaubsinsel Cambria.“
    „Cambria? Dieses Drecksloch. Was soll überhaupt dieser Sake hier? So ein wiederwertiges Gesöff habe ich in meiner ganzen Marinekarriere noch nie vorgesetzt bekommen!“, grummelte der Marinekapitän uns zerschmetterte die Flasche Alkohol.
    „S-Sir?“, erkundigte sich der Marinesoldat.
    „Was denn noch? Und stottere nicht in meiner Gegenwart!“
    „A-Also da ist eine Einladung für sie von einem gewissen Pepe di Zapatolini. Anscheinend will er einen Vertrag neuaushandeln und er möchte, dass sie seine Vorstellung besuchen. Er befindet sich im Moment auch in der Nähe Cambrias.“
    „Pepe? Nun gut, dann müssen wir wohl oder übel in Cambria anlegen. Ich wüsste zwar nicht was es an unserem Vertrag zu verhandeln gäbe, aber so schlagen wir immerhin zwei Fliegen mit einer Klappe“, versprach Wari hinterhältig.

    Im Verlaufe des nächsten Tages kam ein kleiner Fleck am Horizont in Sicht, welches sich später als den „Cirque de la Mer“ entpuppte. Aus der Ferne sah er aus wie eine kleine Stadt, die auf dem Meer erbaut war, doch als wir näher kamen, erkannten wir, dass es wirklich nur ein rundgebautes Schiff war. In der Mitte des beachtlich großen Schiff befand sich ein großes Zirkuszelt. Um das bunte Zelt herum waren kleine, aber hohe Gebäude erbaut worden. Im Gegensatz zum grellen Zirkuszelt waren die Türme von einem warmen Terrakotta. Die schiefen Dächer der Bauten waren kastanienbraun und zeigten in alle möglichen Himmelsrichtungen. An den unterschiedlich großen Türmen waren wiederum schwimmende Stege befestigt, die um das ganze Schiff führten. An den Stegen hatten schon einige andere Schiffe angelegt. Darunter war sogar das ein oder andere Piratenschiff.

    Nachdem auch wir unsere Streaming Seagull angelegt hatten, steuerten wir den großen Eingang an. Es war ein seltsames Gefühl über den schwimmenden Steg zu gehen, da dieser hin und her schwankte. Der Eingangsbereich war ziemlich schlicht gehalten: Ein ziemlich großer, eckiger Torbogen. Über ihm war in großen, goldenen Lettern der Name des Zirkus zu lesen.
    Das Innere des Zirkus war hingegen sehr prunkvoll ausgestattet. Auf dem Boden lag ein langer, roter Teppich und überall waren goldene Verzierungen an den Wänden und den Möbeln zu sehen. Ein leises „Wow“ konnte ich nicht unterdrücken.
    Wir bewegten uns zu einem der Schalter, an dem die Karten verkauft wurden.
    Der hohe Eintrittspreis stellte dank Josies prall gefülltem Portemonnaie kein Problem dar und kurze Zeit später wurden wir von einer freundlichen Dame in den Zuschauerraum geführt.
    Anscheinend waren wir genau rechtzeitig angekommen, die nächste Vorstellung würde schon in wenigen Minuten beginnen.
    Auf dem Weg dorthin fragte ich mich, wofür die etlichen Türme um das Zirkuszelt herum dienten und ich wandte mich an die Angestellte.
    „Weißt du, so ein Zirkus braucht viel Platz. Zum Beispiel für die Crew, die vielen Tiere und ihre Verpflegung“, erklärte sie.
    „Manche der Zimmer in den Türmen vermieten wir auch, falls unsere Gäste über Nacht bleiben wollen. Außerdem verfügen wir über ein eigenes Restaurant und über eine Bar, damit sich unsere Zuschauer wie zu Hause fühlen.“

    Als wir das Eingangsgebäude verließen, traten wir auf eine schmale Gasse, die anscheinend um das Zirkuszelt herumführte. So konnte man zum Beispiel zum Hotel oder dem Restaurant kommen, wenn man wollte.
    Wie eine kleine Stadt auf dem Ozean, dachte ich mir.
    Am Zirkuszelt selbst hatte man auch keinen Berry gespart.
    Es war so wie ich es mir vorgestellt hatte, laut und heiß.
    Das Publikum lärmte vor Aufregung, da alle schon gespannt auf den Beginn der Vorstellung warteten. Die Scheinwerfer brannten grell auf uns nieder.
    Dank Josie konnten wir in einer Loge über der breiten Masse an Menschen die Show genießen.
    Dort war es auch etwas kühler und nicht so stickig.
    Deshalb waren die Eintrittskarten wohl auch so teuer gewesen.
    Wir machten es uns auf den roten Sitzen gemütlich und starrten aufgeregt auf die runde Manege.
    Hinter der Manege war eine Bühne, die noch von einem Vorhang versteckt wurde.
    Ein paar Minuten später wurde das Licht der Scheinwerfer schwächer und der Vorhang teilte sich in der Mitte.
    Die Vorstellung fing an!



    Kapitel 22: Manege frei!

    Laute Musik, wie sie für einen Zirkus typisch war ertönte und ein fein gekleideter Herr mit Zylinder und Schnurrbart trat ins Scheinwerferlicht. Er wirkte nicht nervös und machte einen freundlichen Eindruck. Beinahe tanzend zu Musik bewegte er sich in die Mitte der Manege.
    Das Publikum tobte. Er zog eine Teleschnecke hervor.
    „Meine Damen und Herren, ich heiße sie herzlich willkommen in unserem Zirkus!“, verkündete er. Seine Stimme wurde von einem Lautsprecher verstärkt, der anscheinend mit der Teleschnecke verbunden war.
    „Mein Name ist Pepe di Zapatolini, ich bin der bescheidene Direktor des „Cirque de la Mer“! Unsere weltberühmten Artisten werden heute Abend versuchen ihnen eine grandiose Show darzubieten. Doch ich will gar nicht lange um den heißen Brei reden und ihnen unsere erste Artistin vorstellen! Ihr Name ist Britney Cheers. Sie versuchte einst eine Gesangskarriere zu starten, die jedoch kläglich scheiterte. Sie war allerdings schon immer eine brillante Tänzerin gewesen und stieß so zu unserem Zirkus. Sie hat sich auf das Hochseilballett spezialisiert und ist eine wahre Meisterin des Tanzes!“, erklärte er.
    „Lasst die Show beginnen!“

    Der Schein der Scheinwerfer wurde wieder schwächer und ich versuchte jemanden in der Manege auszumachen, doch ich erkannte niemanden.
    Plötzlich offenbarte ein Spotlight die Tänzerin, die sich hoch oben in einem Hochseilgestell bereit hielt. Sie trug ein rosa Kleidchen und hielt einen Schirm in derselben Farbe in der Hand. Ein sanftes, anmutiges Geigenspiel erklang und Britney bewegte sich ebenso anmutig mit weiten Tanzschritten über das Seil, das mindestens zehn Meter über dem Boden gespannt war. Es gab kein Netz unter ihren Füßen, das sie bei einem Fehltritt auffangen hätte können. Doch sie machte keinen Fehler und tänzelte über das dünne Seil. Obwohl ihre Leistung wirklich beachtlich war, empfand ich die Vorstellung langweilig.
    Doch auf einmal durchbrach ein lauter Trommelschlag das Geigengedudel und es wurde still.
    Britney stürzte.
    Das Publikum schnappte nach Luft.
    So etwas hatte niemand erwartet.
    Doch ehe sie auf dem Boden aufprallen konnte, streckte sie ihren geschlossenen Schirm aus. Das Ende des Schirms, das nun wie ein Greifhaken fungierte, bekam ein weiteres Seil zu fassen, das zuvor noch unbemerkt in der Luft gespannt war.
    Durch den Schwung, den sie durch ihren Sturz bekommen hatte, konnte sie sich wieder nach oben reißen. Sie landete elegant auf dem unteren Seil und eine aufgeregtere Musik setzte ein.
    Die Geigen wurden durch Trommeln und E-Gitarren ersetzt.
    Britneys Choreographie wurde auch aufregender, anstatt anmutig über das Seil zu schweben, wirbelte sie nun durch die Luft, machte Saltos und Überschläge.
    Die Menge überwand ihr Entsetzen über ihren gespielten Sturz und machte sich wieder lautstark zu bemerken. Am Ende schwang sie sich ein letztes Mal in die Lüfte, öffnete ihren Schirm und sank schwerelos wie eine Feder auf den Boden.
    Sie verbeugte sich und erntete Beifall.
    „Wow, das war wirklich klasse!“, kommentierte Josie, die mit dem Klatschen gar nicht mehr aufhören konnte. „Wenn die schon so toll war, bin ich gespannt auf die, die Teufelskräfte einsetzen!“

    Doch sie musste sich noch ein wenig gedulden, denn der nächste im Programm war der Dompteur Vladimir. Er war ein muskulöser, kahlköpfiger man und trug eine lange Peitsche in der Hand.
    Dumpfe Trommelschläge ertönten.
    Vladimir ließ seine Peitsche durch die Luft zischen.
    Plötzlich sprang eine Raubkatze von der Bühne herab.
    Es war ein Tiger.
    Er fauchte das Publikum an und wollte schon zum Sprung ansetzten, wurde aber von einem von Vladimirs Peitschenhieben daran gehindert.
    Schutz vor wilden Raubtieren war ein weiterer Vorteil der Loge. Man wusste ja nie.
    Als nächstes musste das Tier durch brennende Reifen springen und auf unterschiedliche Art und Weisen vor den Zuschauern posieren, einmal mit erhobener Tatze, das andere Mal mit Vladimirs Kopf im Maul. Seine Tiershow fesselte mich sehr, auch wenn sich nicht solch einen dramatischen Höhepunkt wie Britneys Tanzeinlage bot.
    Angeblich gab Vladimir auch Vorstellungen mit anderen Tieren, doch niemals mit mehreren gleichzeitig. Für den heutigen Abend beließ er es bei der Raubkatze.

    „Mein höchstverehrtes Publikum, als nächstes darf ich ihnen einen der heutigen Höhepunkte vorstellen. Die nächste Showeinlage wird von unserem jüngsten Artist, Nico, präsentiert werden. Mit gerade einmal 15 Jahren erringt er bei jedem Auftritt einen tobenden Applaus. Hoffen wir, dass es heute genauso sein wird. Nico hat von einer Teufelsfrucht gegessen, die es ihm erlaubt seine Körperteile beliebig weit zu strecken, er besitzt die Kraft der Stelzen-Frucht!
    Manege frei!“

    Irgendetwas langes Dünnes kam sogleich von Seil herunter, auf dem Britney Cheers zuvor getanzt hatte. Es sah aus wie zwei lange Stäbe, die von der Decke hingen. Nach der Erläuterung von Nicos Teufelskraft des Direktors konnte ich mir schon denken um was es sich handeln müsste.
    Als die „Stäbe“ den Boden erreichten, sackten die Stäbe in sie zusammen und der Körper des Artisten kam von der Decke herunter.
    Die „Stäbe“ entpuppten sich als Nicos Beine, die er weit gestreckt hatte.
    Er begann seine Vorstellung mit einer Verbeugung.
    Kurz darauf fuhr er seine Beine wieder aus und als er ziemlich weit hoch aufgestiegen war zogen sich seine Beine wieder zusammen. Er benutzte seine Teufelskraft um in weit hoch in die Luft zu kommen.
    Springen hatte er nicht nötig.
    Hoch oben drehte er in einen Salto ein und überschlug sich mehrfach. Bevor er auf dem Boden aufprallen hätte müssen, fuhr er seine Arme so aus, wie er es zuvor mit seinen Beinen getan hatte.
    Seine Hände ergriffen Britneys Seil und er riss sich wieder in die Lüfte, indem er seine Arme zusammenzog.
    Mit einem weiteren Überschlag landete er auf dem gespannten Seil.
    Von irgendwo her kamen Teller durch die Luft geflogen. Nico streckte seine Finger bis auf eine Länge von zwei Metern aus und fing mit jedem seiner zehn Finger einen Teller auf.
    Er balancierte die rotierenden Teller mit seinen Fingern.
    Es war ein Standardtrick, doch normalerweise benutzte man Stäbe um die Teller zu balancieren. Nico verlieh diesem Trick seine ganz eigene Note.
    Als nächstes fuhr er seine Finger noch weiter aus, um sie gleich wieder auf ihre normale Größe zu reduzieren.
    Die Teller verloren so den Halt von seinen Fingern und wurden hoch in die Luft geworfen.
    Nico stellte mit beiden Händen Pistolen nach, so wie es kleine Kinder taten, wenn sie Cowboy und Indianer spielten.
    Es streckte dabei blitz schnell seine Zeigefinger aus und zerschoss so einen Teller nach dem anderen.
    Wie ein Schütze, der auf Tontauben schoss.
    Die Porzellanteller zersprangen in unzählige Scherben. Zum Abschluss pustete Nico einen imaginären Rauch von seinen Fingern.
    Das Publikum tobte vor Begeisterung und drückte diese mit einem tosenden Applaus aus.
    „Wahnsinn!“, stimmten auch wir drei zu.
    Früher hatte ich gedacht, Teufelskräfte wären nur im Kampf nützlich, aber das man sie auch so einsetzen konnte, hielt ich bis jetzt nicht für möglich. Nico hatte mir die Augen geöffnet.

    Leider wurde die Zirkusaufführung nun von einer Pause unterbrochen, die Manege musste aufgeräumt werden, da Nico sie mit Scherben bedeckt hatte. Aber das Publikum konnte auch eine Pause vertragen. Mittlerweile hatte ich wirklich Durst bekommen.
    Nach der Pause würden schließlich Tigerlilly und der Direktor selbst zeigen, was sie drauf haben.
    Ich war schon ganz aufgeregt!



    Kapitel 23: Backstage


    Ich hörte das Prickeln der Grapefruit-Limonade, als der Verkäufer mit ihr ein Glas füllte.
    Im Zirkuszelt war es heiß gewesen, da war eine eiskalte Limonade jetzt genau richtig.
    „So, bitte schön. Das macht 50 Berry“, verlangte der Verkäufer und reichte mir das Getränk über die Theke. Ich bezahlte und stieß wieder zu Eduardo, der an einem der Bartischen lehnte.
    Während der 20-minütigen Pause konnte das Zirkuspublikum zahlreiche Stände und Lokale abklappern. Die Zuschauer konnten so etwas essen oder sich erfrischen und den Umsatz des Zirkus steigerte es nebenbei auch noch. Wir befanden uns in einer Bar, die verschiedene Säfte und Limonaden anbot. Hier war es nicht sehr voll, weshalb wir auch hierhergekommen waren. Vor den anderen Ständen hatten sich meterlange Menschenschlangen angesammelt und wir hatten keine Lust die Pause mit dem Anstehen an einem Verkaufsstand zu verbringen.
    „Wo ist Josie?“, fragte ich Eduardo und setzte das Glas auf dem Tisch ab. Anscheinend war sie verschwunden, als ich mir etwas zu Trinken geholt hatte.
    „Sie sagte, sie würde eine Toilette suchen“, antwortete er. „Wir sollen nicht auf sie warten, sie will uns in der Loge wiedertreffen.“
    „Okay.“
    „Hey, ich hab da drüben einen Tigerlilly-Fanshop gesehen. Macht’s dir was aus wenn ich den etwas näher untersuche?“, wollte er wissen. Die Vorfreude war ihm ins Gesicht geschrieben.
    „Nur zu. Viel Spaß beim ‚untersuchen‘!“, meinte ich schmunzelnd.
    „Alles klar!“
    Und schon war er weg.

    Währenddessen versuchte Josephine ihren Weg durch die Menschenmasse zu bahnen, die sich in der Gasse zwischen dem Zirkuszelt und den Türmen angesammelt hatte.
    Sie kam nur sehr langsam voran, doch letztendlich erspähte sie ein Schild, das mit der Aufschrift „WC“ versehen war und in eine Seitengasse deutete.
    Sie bog in den schmalen Weg zwischen den Türmen ein und konnte am Ende der Gasse den Ozean erblicken. Hier waren so gut wie keine Menschen und Josie war so sogar in der Lage das Rauschen des Meeres wahrzunehmen. Sie vergaß ständig, dass sie sich tatsächlich auf einem Schiff befand.
    In der Ferne konnte sie auch die nahegelegene Insel Cambria erkennen.
    Doch da meldete sich ihre Blase wieder und erinnerte sie an ihr eigentliches Ziel, eine Toilette.
    Ein weiteres Schild führte sie in einen der Türme hinein.
    Der Gang war wie ausgestorben und endete in zwei Treppen. Die eine führte nach Oben und die andere nach Unten. Da dummerweise keine weiteren Schilder vorhanden waren, konnte sie nicht wissen, ob sich die Toilette nun in der ersten Etage oder im Keller befand.
    „Na toll“, kommentierte sie.
    „Naja, ich bin wohl zu Höherem berufen, deshalb gehöre ich nach Oben!“, sprach sie zu sich selbst. Über diese Begründung musste sie selbst lachen. Aber wenigstens hatte sie sich für einen Weg
    entschieden.
    Als sie die Holztreppe erklomm, konnte sie gedämpft Stimmen hören. Anscheinend war dies doch nicht der richtige Weg. Doch das Mädchen wurde neugierig und wollte herausfinden, wer oder was sich dort oben wirklich befand. Sie blendete den Druck auf ihrer Blase aus und ging weiter nach oben. Die Stufen endeten in einem Raum, von dem sie zuerst nur die Decke erkennen konnte. Als sie oben angelangt war, fuhr sie schnell wieder nach unten, da sich der Ursprung der Stimmen näher befand als sie dachte.
    Der kurze Blick, den sie auf den Raum erhaschen konnte, offenbarte ihr, dass der Raum eine Art Aufenthaltsraum für die Artisten war. Sie erkannte den Dompteur und die Tänzerin wieder.
    Anscheinend hielt sich hier die Crew während der Pausen auf.
    Josie setzte sich auf eine der oberen Stufen, sodass ihre Augen auf derselben Höhe wie der Boden des Aufenthaltsraums befanden.
    Sie hielt inne und lauschte.

    Der Dompteur, sein Name war Vladimir, hatte es sich auf einem Sofa gemütlich gemacht und hielt ein Stück Papier in der Hand. In der anderen Hand hielt er einen Stift, den er gegen seine Stirn stemmte, als würde er sich über irgendetwas den Kopf zerbrechen.
    Die blonde Tänzerin saß an einem Tisch und leerte soeben ein Glas Alkohol. Auf dem Tisch standen etliche Flaschen voll mit Whiskey, Rum, Wodka und Bier.
    Dieser enorme Alkoholkonsum entsetzte Josie abgrundtief.
    Da unterbrach die dumpfe Stimme des Dompteurs die Stille:
    „Ein graues Huftier mit vier Buchstaben. Ich hab schon ein ‚E‘ und ein ‚L‘. Fällt dir was ein? Ich komme einfach nicht drauf…“
    Offenbar versuchte der Kahlköpfige ein Kreuzworträtsel zu lösen.
    Seine Dummheit entsetzte Josephine ebenfalls.
    Wie dumm war dieser Dompteur? Und wie leicht war dieses Rätsel eigentlich?“
    Britney wandte ihren angewiderten Blick an Vladimir.
    „Weshalb versuchst du dich eigentlich an diesen Kreuzworträtseln? Wenn man so dumm ist wie du, sollte man lieber die Finger von solchen Dingen lassen, Idiot“, meinte sie und schenkte sich ein weiteres Glas Whiskey ein. „Die Lösung ist ‚Esel‘, du Vollpfosten.“
    „Ich weiß nicht. Sie beruhigen mich irgendwie“, gab Vladimir zu und konzentrierte sich wieder auf das Stück Papier vor ihm. Mit einem „Cheers!“ ließ die Blonde den Alkohol ihren Rachen hinunterfließen.
    Stürmisch betrat eine weitere Person den Raum. Es war Pepe, der Zirkusdirektor. Er wandte sich an einen Jungen, den Josie noch gar nicht bemerkt hatte.
    „Nico! Wie sieht es mit dem Wetter aus? Können wir die Feuerwerknummer durchziehen?“
    Er saß still in einer anderen Ecke des Zimmers an einem Schreibtisch, vertieft in eine Seekarte. Sein Verhalten fand Josie im Gegensatz zu dem der anderen überhaupt nicht entsetzend.
    Wenigstens ein Normaler!
    Mühselig wandte der Junge sich von seiner Karte ab, um dem Direktor einen schlecht gelaunten Blick zu zuwerfen. Ihm war es ins Gesicht geschrieben, dass er die Frage als lästige Störung empfand.
    „Ist das jetzt wirklich nötig?“
    „Ja, natürlich. Jetzt beeil dich schon du Nichtsnutz!“
    „Pah! Nichtsnutz? Ohne mich würdet ihr doch im Nirgendwo herum schippern!“, murmelte Nico in sich hinein.
    „Wirst du jetzt endlich? Die Pause ist gleich vorüber!“, zischte Pepe und zog Nico auf eine wilde Art und Weise am Arm hinaus auf den Balkon.
    „Ist ja gut“, sagte der Junge und stieß sich von dem älteren Mann weg.
    Da benutzte Nico seine Teufelskräfte.
    Er streckte seine Beine in die Länge und stieg in den Himmel hinauf. Anscheinend fuhr er sie in unermessliche Höhen aus. Weshalb er das tat, blieb Josie unerklärlich.

    Kurz darauf kam er wieder zurück auf unsere Höhe.
    „Und? Wie sieht es da oben aus?“, wollte Pepe ungeduldig wissen.
    „Das Wetter scheint noch für ein paar Minuten so zu bleiben, aber ihr solltet euch beeilen, wenn Tigerlilly das große Finale machen will. Ein Sturm ist im Anmarsch“, berichtete der junge Artist mürrisch.
    „Ein Sturm?“
    „Ja, ein Orkan. Das Publikum wird nicht in der Lage sein, den Zirkus zu verlassen. Bei einem solchen Unwetter hat es keinen Sinn die Segel zu setzen. Und jetzt lass mich in Ruhe, alter Fettsack.“
    Der Direktor hätte wirklich etwas Sport vertragen können, doch dieser schien vor Wut förmlich überzukochen.
    „Du kleine Missgeburt! Würdest du mir nicht so viel Geld einbringen, würdest du schon lange im Gefängnis sitzen! Du hast es mir zu verdanken, dass du überhaupt noch lebst. Du solltest mich mit etwas mehr Respekt behandeln!“, fluchte er.
    „Ich pfeif auf Respekt!“
    „Na gut, du willst es ja nicht anders!“, meinte Pepe. „Vladimir! Gib mir deine Peitsche!“
    Der Dompteur hielt sie ihm hin, wollte sie aber wieder gerade wieder zurückziehen.
    „Aber das-“
    Bei dem Versuch den Zirkusdirektor umzustimmen, riss dieser dem Kahlköpfigen die Peitsche aus der Hand. Selbst Britney versuchte ihn daran zu hindern, die Peitsche zu benutzen, doch sie konnten sich Pepe einfach nicht widersetzen.
    „Wer nicht hören will, muss fühlen!“
    Josie schaute weg, als die Peitsche durch die Luft zischte.
    Nico schrie schmerzerfüllt auf, als die Peitsche seinen Rücken traf.
    Die Peitsche zischte ein weiteres Mal durch die Luft, dicht gefolgt von einem weiteren Schrei.
    Josie zögerte davor ihren Blick wieder auf das Geschehen zu lenken.
    Doch als sie sich überwand, sah sie, dass Nico keuchend auf dem Boden lag.

    Sie musste doch etwas tun können. Sollte sie eingreifen?
    Oder würde sie dann nur auch von der Peitsche getroffen werden? Was sollte sie nur tun, sie konnte doch nicht zulassen, dass jemand vor ihren Augen ausgepeitscht wurde!
    Ich bin wirklich ein Feigling, dachte sie.

    „Sperr ihn zu den Tieren!“, befahl Pepe Vladimir.
    „Soll ich ihn wirklich-“
    „Jetzt mach schon!“, unterbrach ihn der Direktor wieder.
    Vladimir gehorchte und nahm Nico über die Schulter und verschwand mit ihm in ein anderes Zimmer.
    Pepe ließ noch einen Wutschrei los und verschwand schließlich auch hinter einer anderen Tür, die er wütend zuschlug.
    „So eine Scheiße hier…“, murmelte Britney und leerte ein weiteres Glas.
    Ein wahrlich lustiger Zirkus.

    Josie beschloss die Sache erst einmal zu verarbeiten und später mit Eduardo und mir zu besprechen.
    Vielleicht können wir ihn befreien! Auf jeden Fall müssen wir etwas tun!, ging es ihr durch den Kopf.
    Nachdem sie ein paar Minuten auf der Stufe gewartet und nachgedacht hatte, stieg sie die Treppe wieder hinunter.

    Er ist doch noch so jung! Weshalb hatte er sich nicht gewehrt? Mit seinen Teufelskräften müsste er doch gegen diesen Arsch von Zirkusdirektor ankommen können! Er war auf der Bühne doch so eindrucksvoll gewesen. Aber anscheinend ist dieser Zirkus nur Fassade. Was hinter der Bühne abgeht bleibt für die meisten Menschen ein Geheimnis.
    Das Leben ist eben kein Zirkus!

    Doch viel mehr Zeit zum Nachdenken blieb ihr nicht, denn am Ende der Treppe stieß sie auf…

    Mich.
    Geknebelt und mit Ketten gefesselt, in den Händen eines Marinekapitäns.
    Man hatte mich heimtückisch überrascht und es geschafft meine Teufelskräfte auszuschalten.
    Ohne sie hatte ich gegen fünf bewaffnete Soldaten und einen Kapitän keine Chance.
    Sie hatten mich da, wo sie es wollten.
    „Kai?“, stammelte Josie.
    Ich versuchte ihr „Hau ab!“ zuzurufen, doch da sie mich geknebelt hatten, kam dabei nur etwas Unverständliches aus meinem Hund heraus.
    „Was ist hier los?“, erkundigte sie sich zögernd.
    Doch statt einer Antwort bekam sie eine Handschelle ums Handgelenk und wurde ebenfalls geknebelt.
    „Zwei hätten wir, fehlt uns nur noch einer“, bemerkte Wari.
    Unsere letzte Hoffnung war nun Eduardo, der wahrscheinlich immer noch im Tigerlilly-Fanshop herumhing.



    Kapitel 24: Der Funke springt über

    „Schau mal, wer mir auf dem Weg hierher über den Weg gelaufen ist“, verkündete Wari, als er Pepes Zimmer betrat und Josie und mich wie zwei Kartoffelsäcke auf den Boden vor ihm warf. Pepe blickte auf, er saß an einem Schreibtisch und war in ein Dokument vertieft gewesen. Die Überraschung über Waris Hineinplatzen war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    „Wari! Schön, dass du endlich hier bist“, begrüßte er den Marinekapitän.
    „Wer sind diese beiden, wenn ich fragen darf?“
    „Der eine wird von der Marine gesucht“, antwortete Wari und stupste mich dabei mit einem Fuß an.
    „Und diese Kleine haben wir dabei erwischt wie sich dich belauscht hat“, fuhr er fort.
    „Wir wollen doch nicht, dass jemand Wind von unserem Vertrag bekommt, oder Pepe?“
    „Na-Natürlich nicht. Ich werde sie wohl vorübergehend wegsperren müssen…“, erwiderte der Zirkusdirektor. Er rief nach dem Dompteur, der Josie zu den Tieren sperren sollte und bot Wari an mich auch dort einzubunkern. Wari verweigerte, er würde mich gleich auf das Marineschiff bringen wollen. Dort hätten sie einen speziellen Seesteinkäfig, der sich perfekt für mich eignen würde.
    „Ach, er besitzt Teufelskräfte?“, erkundigte sich Pepe.
    „Ja, deshalb wird er ja auch gesucht. Und nein, er wird nicht einer deiner Artisten werden. Deine zwei Kandidaten sind schon mehr als genug“, grummelte sein Gegenüber genervt.
    „Nun gut… Schaff sie weg, Vladimir.“
    Der Dompteur hob die Bogenschützin vom Boden auf und nahm sie über die Schulter.
    Sie versuchte sich zu wehren, doch jegliche Versuche scheiterten. Gegen den muskulösen Glatzkopf hatte sie einfach keine Chance. Natürlich versuchte auch ich trotz der Fesseln ihr zu Hilfe zu „kriechen“, doch Wari setzte einen Fuß auf meinen Rücken und drückte mich nach unten.
    „Du kommst hier nicht so schnell weg.“
    Nachdem Josie unter lautstarker Verteidigung aus dem Zimmer gebracht wurde, setzte Wari das Gespräch fort.
    „Also, weshalb hast du mich hierher gerufen?“, fragte er.
    „Nun ja. Weißt du, zu Zeit läuft das Geschäft sehr gut. Wir verdienen viel mit den neuen Restaurants und den Souvenirshops. Es geht uns wirklich richtig gut.“
    „Komm auf den Punkt“, drängelte der Marine.
    „Jedenfalls wollte ich fragen, ob du die Kosten unseres Vertrags nicht etwas mindern könntest? Wir könnten weitere Artisten einstellen, dir mir noch mehr Geld einbringen würden. Über eine Tochtergesellschaft könnte man dann auch in Erwägung ziehen“, vermutete der geldgierige Direktor.
    „Weißt du“, setzte Wari an, ließ sich auf einem Stuhl nieder und legte seine Füße hoch.
    „So etwas würden vielleicht gute Menschen tun. Großzügigkeit, Hilfsbereitschaft, Fairness.
    Das sind leider alles Tugenden, die nicht auf mich zutreffen. Die eine Hälfte des Jahres widme ich mich der Marine, kerkere Verbrecher ein und spiele den guten Marinekapitän.
    Den Rest der Zeit verbringe ich auf einer Urlaubsinsel und lasse mich von den netten Mädchen in den knappen Höschen verwöhnen. Mit einem vollen Portemonnaie erfüllen die einem jeden Wunsch.“

    So ein Perversling!

    „Allerdings“, jetzt schlug er einen ernsteren Ton an „kann ich mir diesen Luxus nur gewähren, indem ich solche Verträge wie mit dir am Laufen habe. Glaub mir du bist bei weitem nicht der einzige, der von meiner Gnade profitiert. Du weißt auch nicht wie heiß der Großadmiral Shiazu auf Besitzer von Teufelskräften ist. Er sammelt sie förmlich ein.“
    Pepe schluckte. Sein Gegenüber war ein Profi darin andere Menschen einzuschüchtern.
    Der Kapitän zog eine Schachtel hervor und zündete sich eine Zigarette mit einem Streichholz an.
    „Die Welt ist nicht mehr gut“, sagte er und pustete die kleine Flamme des Zündholzes aus.
    „Einzig die Admiräle und die verbliebenen Mitglieder der Ehrengarde bewahren noch die alten Standards. Das Piratenzeitalter ist längst vorbei, doch es herrscht immer noch kein Frieden auf Erden.
    Wie auch immer. Ich werde diesen kleinen Schmarotzer auf mein Schiff begleiten und hoffen, dass ich den Weg hierher nicht ganz umsonst gemacht habe. Tigerlilly ist immerhin berühmt für ihre Shows“, beendete er und verließ das Zimmer dicht gefolgt von den 5 Soldaten und mir.

    Ausgerüstet mit Tigerlilly™-Fähnchen und einem Tigerlilly™-Oberteil fand sich Eduardo in der Loge wieder. Er fragte sich weshalb seine Freunde noch nicht da waren, aber das Finale fing gleich an und das würde er sich bestimmt nicht entgehen lassen. Egal ob sie daran teilnehmen konnten oder nicht.
    Es hatte angefangen zu nieseln und ein leichtes Prasseln war von der Zeltdecke zu hören.
    Der Raum verdunkelte sich und die Gespräche des Publikums verstummten augenblicklich.
    Es war die Tänzerin, die die Bühne betrat und auf die sich das Spotlight richtete.
    Eduardo konnte es nicht wissen, doch sie hatte schon einige Promille intus.
    Allerdings schaffte sie es das Publikum darüber im Unklaren zu lassen.
    „Mein hochverehrtes Publikum. Ich heiße sie Willkommen zurück nach unserer kleinen Pause.
    Unser Zirkusdirektor ist leider geschäftlich verhindert und wird heute Abend leider nicht mehr auftreten können“, sagte sie ohne sich auf irgendeine Art und Weise zu verhaspeln.
    Ein leises Raunen ging durch die Menge, als man die schlechte Nachricht zu Ohren bekam.
    „Dafür wird Tigerlilly sie nun mit ihrem grandiosen Finale verzaubern!“, behauptete Britney und heiterte die Stimmung wieder etwas auf.
    „Manege frei!“

    Ein weiteres Mal wurde die Aufführung durch Trommelschläge eingeleitet.
    Nach etwa einer halben Minute folgten kleine Feuerwirbel, die nach jedem Trommelschlag in die Höhe sausten und wieder verstrichen.
    Der Abstand zwischen den Schlägen wurde immer kürzer und die Spannung hob sich.
    Bis sich der Spotlight auf ein Loch in der Bühne richtete und zeigte, wie eine junge Frau von einer sich drehenden Hebebühne nach oben gefahren wurde. Sie trug ein anliegendes Oberteil, das ihre schlanke Figur betonte und einen ziemlich kurzen Rock. Ihre langen schwarzen Haare waren zu einem strengen Zopf frisiert worden.
    Allgemein kam sie ziemlich dominant rüber.
    Auffallend war, dass sie eine gelbe Boa um die Schultern trug.
    Um genau zu sein war es ein Albino-Tigerpython.
    Er schlängelte sich langsam und unbedacht um ihre Arme, diente allerdings offensichtlich nur zur Show. Kurz darauf wurde ihr die Schlange von zwei Männern abgenommen, die mit dem Tier wieder hinter der Bühne verschwanden.
    Die Trommelmusik wurde durch einen starken Technobeat ersetzt und Tigerlilly fing an, zur Musik zu klatschen. Seltsamerweise versprühten ihre Hände dabei Funken.
    Sie versuchte das Publikum dazu zu bewegen, es ihr nachzutun und erntete dabei Erfolg.
    Die ganze Menge klatschte zum Beat in die Menge. Jetzt ging es erst richtig los!

    Sie begab sich in die Mitte der Manege und ihre Hände entflammten in grüne und gelbe Flammen, die sie in die Luft warf und dort zu hellaufleuchtenden Funken zerstoben.
    Manche warf sie direkt über das Publikum, sie verglühten jedoch bevor sie jemandem etwas antun hätten können.
    Als nächstes drehte sie sich um ihre eigene Achse und unter ihrem Minirock kamen noch mehr Funken in allen möglichen Farben heraus. Die ganze Manege glich einem einzigen Feuerwerk!
    Zusammen mit den Funken aus ihren Händen sah es von oben betrachtet wirklich toll aus.
    Jemand warf ihr zwei Seil zu, die sie in der letzten Umdrehung fing.
    Nun begann sie die Seile um sich zu schwingen und versprühte immer mehr Funken.
    Manchmal warf sie sie in die Luft oder drehte sich mit ihnen, doch nie hörte der unersättliche Funkensturm auf zu glühen.
    Aber noch hatte Tigerlilly nicht alles gezeigt.
    Man hörte wie sich ein Mechanismus in Bewegung setzte und das ganze Zelt ruckelte.
    Augenblicklich darauf faltete sich die Decke des Zirkuszeltes zusammen und offenbarte einen grauen, wolkenbedeckten Himmel. Es nieselte und das düstere Firmament bot keinen schönen Anblick, doch Tigerlilly änderte dies sogleich.
    Die Artistin hielt einen Finger gen Himmel.
    Dieser glühte gelb auf, es sah so aus als würde er sich mit Energie aufladen.
    Etwas schnelles, Kleines schoss aus ihrem Finger in den Nachthimmel hinauf. Es verschwand in der Dunkelheit und war für wenige Sekunden nicht mehr zu sehen. Da explodierte etwas weit oben unter den Wolken in abertausende weitere Funken.
    Das Publikum kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
    Tigerlilly richtete nun beide Hände auf den Himmel und schoss noch etliche weitere „Raketen“ hinauf. Das Ergebnis war ein wunderschönes Feuerwerk mit den unterschiedlichsten Motiven.
    Eine Lilie, ein Tiger, selbst ein Abbild des Direktors formte sie mit ihren Teufelskräften.
    „Was haben die beiden nur verpasst…“, murmelte Eduardo, ohne aufzuhören zum Himmel zu starren.
    Zum Abschluss kreierte sie ein letztes Feuerwerk.


    Le Cirque de la Mer



    Kapitel 25: Die CP-S greift ein



    Hatte ihm sein Beruf jemals etwas ausgemacht?
    Nein.
    Hatte er jemals einen Auftrag abgelehnt?
    Nein.
    Hatte er sich jemals seinem Vorgesetzten wiedersetzt?
    Nein.
    Seit vor einigen Jahren von der Cipherpol rekrutiert worden war, hatte er sich stets treu und zuverlässig verhalten. Niemals hatte er die Grundsätze der Weltregierung angezweifelt.
    Warum?
    Gerechtigkeit war sein Lebensinhalt.
    Diejenigen zu beschützen, die es verdienten und die zu bestrafen, die sich unmenschlich verhielten.
    Sein ganzes Leben drehte sich um andere Menschen, doch nie um ihn selbst.
    Ihn kümmerte das nicht. Er hatte alles verloren, was er je besessen hatte.
    Nun lebte er nur noch in den Tag hinein.
    Ziele hatte er keine mehr. Heiraten, Kinder bekommen, bis zum Lebensabend glücklich sein…
    Das hatte er sich alles gewünscht.
    Doch um einen Befehl auszuführen, bei dem er eine junge Frau vor dutzenden Menschen zu erschießen sollte, musste man kalt und hart sein.
    Doch konnte so etwas gerecht sein?
    Normalerweise gehörten Attentate auf Verbrecher zu seinem Alltag, doch diese Frau hatte nichts getan.
    Egal!
    Hatte man ihn verschont?
    Nein!
    War jenes Blutvergießen nötig gewesen?
    Nein!
    Wütend zückte er sein Gewehr.
    Er riss sich am Riemen und legte an.

    „Aber weshalb hast du dich nicht gewehrt? Mit deinen Teufelskräften müsstest du doch locker gegen diesen Direktor ankommen können, oder etwa nicht?“
    „Nun ja…“, murmelte Nico auf Josies Frage.
    Der Kahlköpfige hatte sie zu dem Zirkusartisten in einen Käfig gesperrt. Um sie herum lagen allerhand andere Käfige mit Affen, Raubkatzen und anderen gefährlichen Tieren in sich.
    Nicht weit von ihnen entfernt saß der Dompteur, mit dem Auftrag die beiden zu überwachen.
    Jedoch war er wieder so in ein Kreuzworträtsel vertieft, dass er gar nicht bemerkte wie sie sich unterhielten.
    Josie hatte bestanden Nicos Rücken zu verbinden, auch wenn sie dafür ein Stück ihres heißgeliebten Rocks opfern musste.
    „Eigentlich habe ich nichts gegen Pepe. Er ist ziemlich nett.
    Jedenfalls war er das noch vor ein paar Monaten.“
    „Er hat dich gerade ausgepeitscht! Findest du das nett?“, warf das Mädchen dazwischen.
    „Aber ohne ihn würde ich nie da stehen, wo ich heute stehe. Uns allen hatte er geholfen. Ohne ihn wären wir nur Abschaum. Die Hoffnung, die er in uns gesteckt hat, kann ich nicht einfach vergessen“, erklärte Nico.
    „Was meinst du mit ‚Hoffnung ‘?“, hakte die Bogenschützin nach.
    Er überlegte kurz, wie er es ihr erklären konnte und sprach dann:
    „Britney, die Tänzerin, zum Beispiel. Sie hatte immer den Traum eine berühmte Sängerin zu werden. Doch das Leben spielte ihr dazwischen und aus ihrem Traum wurde nichts. Pepe gabelte sie in irgendeiner Bar auf, in der sie ihre Sorgen in Alkohol ertrank. Er erkannte ihr tänzerisches Talent und machte sie zu der Artistin, die sie heute ist. Aber ihren Alkoholismus hat sie immer noch nicht überwunden.
    Vladimir wurde von im aufgenommen,
    als er von seinem Dorf wegen seiner enormen Dummheit (Bei diesem Wort musste er künstlich husten) verbannt wurde.
    Er nahm Tigerlilly in den Zirkus auf, als sie von ihrem Stamm die Schnauze voll hatte und mich befreite er aus der Sklaverei.“
    Josephine schluckte und musste an die Diener denken, die ihr Vater beschäftigt hatte.
    „Du warst ein Sklave?“
    „Ja, aber darüber rede ich nicht gerne…“, meinte Nico, legte die Arme um seine Knie und ließ seinen Kopf auf sie niedersinken.
    „Kann ich verstehen“, gab Josie zu und legte eine Hand aufmunternd seinen Rücken.
    Der Artist konnte sich ein „Autsch“ nicht verdrücken und wich reflexartig von Josies Seite.
    „Sorry, ich vergas…
    Aber eins verstehe ich immer nicht. Wieso verhältst du dich dann so respektlos gegenüber Pepe?“
    „Na, weil er richtig abscheulich geworden ist. Bei ihm dreht sich alles nur noch um Geld, Geld und wieder Geld. Er hat überhaupt keinen Spaß mehr am Zirkusdasein. Geld verändert Menschen“, meinte Josies Gegenüber, das sich vom Schmerz wieder erholt hatte.
    „Und das kannst du überhaupt nicht ausstehen, oder?“
    Nico nickte.

    Nachdem Josie die ganzen Informationen verdaut hatte, fragte sie:
    „Hast du denn einen Plan, wie wir hier raus kommen?“
    „Klar, das ist kein Problem.“
    „Aber Vladimir hat doch die Schlüssel…“
    „Noch!“, verbesserte er sie.
    Er fuhr seinen Zeigefinger aus und angelte sich die Schlüssel, die meterweit entfernt an Vladimirs Stuhl baumelten. Ein paar Sekunden später war die Käfigtür geöffnet.
    „Das ist wirklich nützlich“, kommentierte Josie.
    „Ja, vor allem wenn-“
    Nico konnte seine Antwort nicht mehr zu Ende sprechen, da ein lauter, kurzer Knall die Luft erschütterte.
    „Was war das?“, fragten alle Beteiligten, nur Vladimir sprach ein „Weshalb seid ihr frei?“ aus, als er die beiden erblickte. Doch er konnte sie nicht mehr fassen, da alle von der hereinstürmenden Britney abgelenkt wurden. Sie hielt eine blutüberströmte, junge Frau in den Armen, die sich als Tigerlilly entpuppte.
    „Britney! Lilly!!!“, schrien die beiden Artisten auf.
    „Schnell, legt sie auf das Sofa!“, schlug Britney vor. Vladimir befolgte den Vorschlag, während Nico sich darüber erkundigte, was passiert war.
    „Während der Show hat sie wohl irgendein Verrückter angeschossen“, vermutete Britney.
    „Angeschossen?!?“
    „Ja, aber anscheinend wurden dabei keine lebenswichtigen Organe getroffen. Der Schuss ging ziemlich direkt durch die Schulter“, erläutere die Tänzerin, während sie mit den Resten von Josies Rock einen Druckverband bastelte, um weiteren Blutverlust zu verhindern.
    Nico wandte sich nun an den Dompteur.
    „Vladimir! Geh sofort rauf zu Pepe und sag ihm, was passier ist! Schaffst du das?“
    „Natürlich“, antwortete er und machte sich sofort auf zum Zimmer des Direktors.
    „Was für ein Mensch macht solche schrecklichen Dinge nur?“, seufzte der Junge und versuchte Britney zu helfen.

    Das Zirkuszelt hatte sich nach dem Schuss in Sekundenschnelle geleert. Keiner wollte das nächste Opfer des Attentäters werden. Vergeblich versuchten die meisten Zuschauer mit ihren Schiffen zu flüchten, was bei dem Sturm, der mittlerweile draußen wütete, allerdings unmöglich war.
    Auch der Schütze selbst hatte vor schon bald zu flüchten. Leider hatte er die Zirkusartistin nicht dort getroffen, wo er es vorgehabt hatte. Er wusste, dass sie in letzter Sekunde ausgewichen war, sonst hätte die Kugel ihr Herz und nicht nur die Schulter getroffen. Wie er das seinem Vorgesetzten beibringen sollte, wusste er noch nicht. Aber er war an eine Information gelangt, mit der er ihn besänftigen konnte. Es sollte unter der Marine einen Verräter geben, der Teufelskraftbesitzer für Geld vor der Marine versteckt. Die Bestätigung des Gerüchts hatte er gerade eben beobachten können und er wusste nun, wer der Verräter war.
    Das wird unschöne Konsequenzen geben, dachte er.
    Sein Gewehr hatte er bereits entsorgt, sodass ihm niemand seine Untat nachweisen konnte. Es war seltsam verdeckt zu ermitteln, obwohl man eigentlich zur guten Seite gehörte. Davon war er jedenfalls voll überzeugt.
    Allerdings musste er vor seiner Abreise noch einen weiteren Auftrag ausführen. Er trat aus dem Eingang des Zirkus in den strömenden Regen. Ein schwarzer Regenschirm, der perfekt zu seinem ebenso schwarzen Anzug passte, wurde von ihm aufgespannt. So ausgestattet steuerte das einzige Marineschiff an, das an den Stegen angelegt hatte. Mit dem Kapitän musste er noch eine ganz bestimmte Sache klären, so lautete der Auftrag.

    Warte.“

    Der Agent blieb stehen und wandte sich um, um nachzusehen, wer ihn zum Anhalten bewegt hatte.
    Dort stand ein junger Mann, bewaffnet mit einem Degen und einem Blick, als würde er ihm jeden Moment an die Gurgel springen. Es ließ ihn völlig kalt, dass der Regen über sein Gesicht strömte und seine Kleidung durchnässte.

    „Was hast du für ein Problem?“, fragte der Mann mit Regenschirm lässig.

    „Was ich für ein Problem habe? Du hast sie getötet!“, schrie er ihm hasserfüllt entgegen und stürmte auf ihn zu.
    „Ich habe gerade keine Zeit für irgendwelche Spielchen“, murmelte der Anzugträger und verschwand plötzlich auf eine Art und Weise, wie es Eduardo noch nie zuvor gesehen hatte. Ihm kam noch ein leises „Rasur“ zu Ohren als sein Degenhieb nur durch die Luft glitt.
    Das entstandene Erstaunen verwandelte sich schnell in Wut und er schrie in den bewölkten Nachthimmel.
    „WO BIST DU?!?“

    Wenige Minuten später hatten mich die Marinesoldaten endlich in den Seesteinkäfig befördert. Ich hatte mich es so gut wie es ging mit meinen eingeschränkten Möglichkeiten und verbalen Wortausdrücken gewehrt, doch am Ende hatten sie es doch geschafft.
    Wari war schließlich auch auf dem Schiff angekommen.
    Er hatte sich das Ende der Vorstellung angesehen, welches bei ihm einen ziemlich heftigen Eindruck hinterlassen hatte. Er wirkte zerstreut und beunruhigt. Außerdem wollte er so schnell wie möglich den Zirkus hinter sich lassen.
    „Setzt sofort die Segel!“, befahl er den Matrosen.
    „Aber Käpt’n, bei diesem Unwetter…“, wiedersprach ihm einer.
    „Sofort, habe ich gesagt!“
    „Aye, Käpt’n!“
    Und ich, ich saß in der Falle. Ein Wunder müsste geschehen wenn, damit ich frei kommen würde.

    „Käpt’n Wari, ich muss ihnen leider sagen, das ihre plötzliche Abreise noch etwas warten muss.“
    Dem Marinekapitän lief es eiskalt den Rücken hinunter, als er den düsteren Mann hinter sich bemerkte.
    „CP-S Agent Cornwall!“, stellte er fest. „Was haben sie denn hier zu suchen?“
    „Ich bin hier um ihnen mitzuteilen, dass sie offiziell vom Dienst als Marinekapitän suspendiert sind.
    Ab sofort steht dieses Schiff unter meiner Kontrolle.“
    „Suspendiert?“




    Kapitel 26: Typhon

    „W-Warum? Weshalb?“, stammelte der Marinekapitän.
    Dies war einer der wenigen Momente in seinem Leben gewesen, in denen auch er selbst Angst vor jemandem hatte. Normalerweise hatten die Menschen Respekt vor ihm, was an seinem Auftreten, seinem Ruf und seinem vernarbten Körper liegen mochte. Doch seinem jetzigen Gegenüber, dem Agenten Cornwall, war das alles so ziemlich egal. Allgemein hatte er eine sehr gleichgültige und emotionslose Art. Zudem hatte der Agent ihm gerade die Nachricht überbracht, dass er anscheinend seinen Job los war.
    Hat dieser Kerl mich denn etwa während der Zirkusvorstellung beobachtet? , fragte sich Wari.
    „Ihre Aufgabe ist es doch, in diesen Breitengraden dafür zu sorgen, dass Teufelskraftbesitzer hinter Gitter wandern, oder? Und jetzt erzählen sie mir nicht, dass diese Tigerlilly, die sie während der Vorstellung so habgierig angestarrt haben, keine Teufelskräfte besäße“, sprach Cornwall mit einem gelangweilten Ton.
    „So ist das also…“, erkannte der Kapitän mit einer gespielten Einsicht.
    Innerlich tobte er vor Wut. Doch er durfte sich nichts anmerken lassen. Wenn er jetzt ausflippen würde, könnte er seinen Job komplett vergessen. Es bestand immer noch eine kleine Chance,
    den CP-S Agenten umzustimmen.
    Am liebsten jedoch hätte Wari ihm alle Gliedmaßen nacheinander ausgerissen und sie verbrannt.
    So wütend war er.
    Vielleicht hatte Cornwall noch niemanden über sein Fehlverhalten informiert und es gab noch die Möglichkeit ihn rechtzeitig zum Schweigen zu bringen.
    Aber nicht jetzt. Wari war auf Menschen mit Teufelskräften spezialisiert. Gegen Agenten wie Cornwall hatte er keine Chance.
    Im Moment jedenfalls nicht. Vielleicht wenn er hilflos schlafen würde? Ja, genau!
    Wenn sich der Anzugträger zu Bett begeben würde, würde er ihn hinterhältig erwürgen.
    Er hatte sich seinen Plan schon ausgemalt, als er sich wieder seinem zukünftigen Opfer zuwandte.
    „Dann übergebe ich ihnen gerne die Kontrolle über dieses Schiff. Ich werde ihnen als erstes ihr Zimmer zeigen. Natürlich hat es ein großes, flauschiges Bett. Perfekt geschaffen für einen Mann, der einen langen, harten Arbeitstag hinter sich hat…“, meinte Wari und führte den Agent in sein Zimmer.

    „Pepe! Pepe!“, rief Vladimir, als er in das Büro des Direktor stürmte.
    „Du kommst mir gerade recht“, sagte dieser genervt. Schon wieder störte ihn jemand bei der Abrechnung für diesen Monat. Normalerweise dauerte dieser Prozess einen Abend lang, doch seltsamerweise war an diesem Abend ungewöhnlich viel los. Wari hatte ihm noch aufgetragen, den Dieb namens Eduardo einzufangen, da dieser auch von der Marine gesucht werden würde.
    Pepe hatte im Moment keine Zeit um sich darum zu kümmern, da war ein dahergelaufener Typ, wie es Vladimir war, gerade perfekt.
    „Hier. Nimm diesen Steckbrief und suchen den Jungen, der darauf abgebildet ist. Er muss sich hier irgendwo auf dem Schiff befinden!“
    „Aber Tigerlilly! Sie wurde -“
    „Jetzt geh endlich!“, unterbrach ihn der Direktor wieder einmal mit einem wütenden Unterton.
    Vladimir wollte sich nicht gegen ihn stellen und befolgte den Befehl.
    Ohne einen weiteren Mucks machte sich der Dompteur auf die Suche nach dem Dieb.

    Währenddessen versuchten Britney und Nico vergeblich Tigerlilly zu stabilisieren.
    „Mist! Die Wunde hört einfach nicht auf zu bluten!“, fluchte die Tänzerin.
    „Nico, hol noch mehr Tücher!“, befahl sie.
    Josie war erstaunt darüber, zu was Britney mit so viel Alkohol im Blut noch fähig war.
    Tigerlilly lag schon die ganze Zeit bewusstlos auf dem Sofa, was ja auch verständlich war. Doch plötzlich fing sie an irgendetwas zu wimmern und sich, so gut wie sie es konnte, gegen Britneys Heilungsversuche zu wehren. Offenbar versuchte sie ihnen irgendetwas mitzuteilen.
    „Was ist denn los, Lilly?“, wollte Britney von der Verletzten wissen. „Nico! Die Tücher!“
    „Hier sind sie. Lilly was willst du uns sagen?“, sprach Nico und überreichte das Verbandsmaterial.
    Lilly strengte sich an deutlicher zu reden.
    „Ty…Typhon…“, murmelte sie schließlich.
    Typhon?“, fragten die beiden Artisten verdutzt.
    „Wer ist Typhon?“
    „Typhon ist Lillys Königspython. Normalerweise trägt sie ihn immer mit sich herum. Man sieht sie fast nie ohne Typhon. Aber was soll er ihr jetzt helfen können?“, erklärte Nico der unwissenden Josie. Obwohl er nicht genau wusste, was es nützen könnte, holte er Typhon aus seinem Käfig und legte ihn zu Tigerlilly. Er war ganz erpicht darauf in ihre Nähe zu kommen. Der weißgelbe Python schlängelte sich um Lilly, bis sie seinem Würgegriff völlig ausgesetzt war. Wahrscheinlich hätte Typhon das Mädchen jederzeit umbringen können, doch er hatte nicht die Absicht sie zu töten. Die Nähe zwischen den beiden wirkte eher wie eine freundschaftliche Umarmung.
    „Was zum - “, setzte Alkoholikerin an, konnte ihren Fluch vor Entsetzen aber nicht zu Ende bringen.
    „Die Wunde… Sie hört auf zu bluten!“, stellte sie fest.
    „Was?!?“
    „Oh mein Gott! S-Sie wächst wieder zusammen!“, kreischte Britney auf.
    „Zeig her!“, so die beiden anderen.
    Alle drei beobachteten nun, wie die Wunde fast nahtlos zusammenwuchs. Sie sahen die Muskelfasern, die sich wieder miteinander verbanden, das Blut, das wieder in ihren Körper zurückfloss und die Haut, die die Wunde wieder überzog. Am Ende war nur noch eine kleine Narbe zu sehen.
    „Wahnsinn!“, kommentierten sie.
    Plötzlich gab Lilly ein Geräusch von sich, als hätte sie sich verschluckt und musste auf husten. Josie konnte es nicht glauben, doch Lilly spuckte ein kleines, glänzendes Etwas aus, das die Bogenschützin als Gewehrkugel identifizieren konnte.
    „Wie ist das möglich?“, fragte sie sich.
    „Keine Ahnung, aber anscheinend hat Typhon ihr geholfen!“, meinte Nico und streichelte dem Python über den Kopf. Er war mittlerweile eingeschlafen und hatte seinen Kopf auf die Brust der schlummernden Lilly gelegt.
    „Dann haben wir wenigstens eine Sorge weniger…“
    „Weshalb nur eine?“, wandte sich Josie fragend an Nico.
    „Na, du hast doch vorhin von einem Freund geredet, der wohl von einem Marinekapitän gefangen genommen wurde, oder etwa nicht?“
    Josie stand da, wie vom Blitz getroffen, als sie sich an mich erinnerte.
    „Den hab ich ja komplett vergessen!“, gab sie zu, wollte aus dem Zimmer stürmen und riss Nico hinter sich her.
    „Aber zuerst…“, setzte sie an.

    „Muss ich endlich auf diese verdammte Toilette! Und du wirst mir zeigen wo sie ist! Meine Blase platzt gleich!!!“, schrie sie ihren unfreiwilligen Begleiter an.
    „Ist ja gut…“, murmelte Nico und führte Josie an das Ziel ihrer Erleichterung.

    „Ja, lasst mich hier ruhig alleine“, rief Britney ihnen sarkastisch hinterher.
    Ihr Blick schweifte automatisch auf eine Flasche Alkohol, die ursprünglich zum Desinfizieren von Tigerlillys Wunden da stand.
    Ach, wen juckt’s, dachte sie.
    „Cheers!“

    „Bist du Eduardo Van Guard?“
    „Wer will das wissen?“, fragte der Degenkämpfer gereizt zurück und bemerkte den stämmigen Mann hinter sich. Bis gerade eben hatte er noch auf dem Nassen Steg gesessen. Vor lauter Wut war er nicht dazu gekommen sich Schutz vor dem Regen zu suchen, aber das tropfende Nass machte ihm in diesem Zustand auch überhaupt nichts aus. Er hatte nur diesen Mann im Anzug im Kopf, der hinterrücks seine Tigerlilly erschossen hatte.
    Woher nahm er das Recht so etwas zu tun? Gehörte dieser Mann zu den Leuten, die ihm seine Mutter weggenommen hatten? Wenn das stimmte, dann würde er ihn umbringen.
    Das schwor er sich.
    „Ja, ich bin Eduardo. Also, wer bist du?“, fragte er den Glatzkopf erneut und spuckte ihm vor die Füße. Sein Gegenüber ließ sich davon jedoch nicht ablenken.
    „Ich heiße Vladimir, schön dich endlich einmal zu treffen“, antwortete ihm der Dompteur und reichte ihm freundlich die Hand. Eduardo nahm die Hand entgegen und schüttelte sie etwas zögernd.
    „Stimmt, du bist doch dieser Dompteur, nicht wahr? Was willst du von mir?“
    „Eigentlich bin ich hier, um dich festzunehmen.“
    „Du willst also kämpfen? Das trifft sich gut. Ich habe sowieso noch etwas überschüssige Energie übrig. Ein fairer Kampf eignet sich perfekt um sich abzuregen“, meinte Eduardo mit einem teuflischen Grinsen im Gesicht.

    „Wie meinst du das?“, hakte Vladimir nach und legte dabei den Kopf schräg.
    „Na, wie wohl? Ich will kämpfen!“
    „Ach so! Sag das doch gleich!“
    „Äh, ja…“


    Kapitel 27: Die Entscheidung


    Sémillon!
    Der Kampf zwischen Eduardo und Vladimir hatte bereits begonnen und der Degenkämpfer versuchte sein Gegenüber mit einem senkrechten Schnitt anzugreifen.
    Er wusste, dass der Dompteur nicht besonders hell im Kopf war und griff zuerst mit einem einfachen Angriff an, um auszutesten, was er auf dem Kasten hatte.
    Leider stellte sich dies als Fehler heraus, da Vladimir schneller zur Seite gewichen war, als es Eduardo erwartet hatte. Als Dank für diese Unterschätzung bekam Eduardo einen Fausthieb in den Magen.
    Er bekam für eine kurze Zeitspanne keine Luft mehr, wodurch der Dompteur seine Peitsche zücken und sich so für den nächsten Angriff vorbereiten konnte.
    Als sich Eduardo wieder gefasst hatte, hörte er sie schon durch die Luft zischen. Er konnte der Peitsche in allerletzter Sekunde noch ausweichen, ehe sie ihn treffen konnte.
    „Die benutzt du also nicht nur bei deinen Aufführungen? Pech für mich!“, bemerkte der Junge.
    „Die Leute mögen mich für dumm halten, aber niemand kann so gut mit einer Peitsche umgehen wie ich!“, behauptete Vladimir und um seine Aussage zu unterstreichen setzte er wieder zum Peitschenhieb an.
    Eduardo zuckte zusammen, doch der Hieb traf nur eines der Bretter des Stegs, auf dem sie standen.
    Das nasse Holz zerbarst in viele kleine Splitter.
    „Wenn du ernsthaft kämpfen willst, dann tun wir das auch!“, kündigte der Degenkämpfer an.
    Ohne Bedenken stürmte er auf seinen Gegner zu. Vladimir sah das nicht kommen und wurde von drei Degenhieben getroffen.
    Aligoté à gauche!
    Aligoté à droite!
    Aligoté tout droit!
    Das Ergebnis waren drei Schnitte, einer an seiner linken und einer an seiner rechten Schulter, sowie einer, der längs über seine Brust verlief.
    Doch der Dompteur verzog keine Miene, als hätte im der Angriff gar nichts ausgemacht.
    Eduardo wurde deswegen etwas beunruhigt.
    „Weshalb sinkst du nicht blutend zu Boden? Normalerweise solltest du das, wenn man von so einem Angriff frontal getroffen wurde! Was ist hier los?“, fragte er.
    „Wenn man mit gefährlichen Tieren trainiert, darf man eine Sache nie vergessen! Den Schutz!“
    Er legte seine Weste ab, die ein glänzendes Kettenhemd verborgen hatte.
    Eduardos Angriff hatte durchaus ein paar Spuren hinterlassen, doch durch das Hemd durchgedrungen war er nicht.
    „Das ist jetzt nicht dein Ernst?“, hinterfragte er.
    „Doch, ich denke schon.“
    Blitzschnell schlug er wieder mit seine Peitsche zu, die sich nun wie eine Schlange um Eduardos Schienbein wickelte.
    Vladimir wollte ihn gerade gegen eine Wand schleudern als sie von einem Schrei unterbrochen wurden.
    „Halt! Hört auf damit!“, schrie eine Mädchenstimme.

    Es war Josie die gerade auf dem Steg zu den beiden Kämpfenden eilte. Sie hatte Nico im Gepäck.
    „Josie?“ „Nico?“
    „Weshalb kämpft ihr? Gibt es dafür einen Grund?“, wollten sie von den beiden wissen.
    „Nein, eigentlich nicht“, gab Eduardo offen zu.
    „Ja, aber… Ich hab ihn vergessen…“, gestand Vladimir.
    „Dann hört auf!“, ermahnte sie Josie.
    „Jedenfalls müssen wir jetzt Kai befreien.“
    „Befreien? Weshalb ist er nicht bei dir?“, fragte Josies Gefährte mit einem überforderten Gesichtsausdruck. Sie und Nico klärten den unwissenden Eduardo über mein Verschwinden und Tigerlillys Zustand auf. Alle Informationen wurden ausgetauscht und lösten allerhand Reaktionen aus.
    „Eduardo, weshalb weinst du?“
    „D-Das sind Freudentränen. Tigerlilly lebt noch!“, erklärte er.
    „Was dich aber im Moment viel mehr interessieren sollte, ist Kai. Ich hab keine Ahnung wie es der Marinekapitän geschafft hat, aber anscheinend steht zwischen Pepe und dem Marine ein Vertrag. Sie wollten irgendetwas besprechen…
    Wenn wir doch nur wüssten wo Kai steckt“, meinte Josie.
    „Sie haben ihn auf ein Marineschiff gebracht“, warf Vladimir dazwischen, um sich nützlich zu machen. Alle blickten ihn erstaunt an, schließlich hätte von ihm niemand eine hilfreiche Antwort erwartet.
    „Wenn das so ist, dann müssen wir es schleunigst finden!“, beschloss Eduardo.
    „Meint ihr das dahinten?“
    Alle blickten zu Nico auf, der seine Beine einige Meter verlängert hatte, um Ausschau zu halten.
    Er deutete auf etwas in der Ferne.
    Wegen dem Regen war es schlecht zu erkennen, doch dort war tatsächlich ein Schiff zusehen, dass auf den Segeln das Emblem der Marine trug. Es war schon fast am Horizont angelangt.
    „Mist! Beeil dich Josie, wir müssen uns sputen, wenn wir es noch einholen wollen!“, sprach Eduardo und wollte schon davonlaufen.
    „Warte, das könnt ihr bei diesem Wetter vergessen. Durch so einen Sturm kommt man nur, wenn man ein Marineschiff hat. Tut mir wirklich leid.
    Aber dennoch sollten wir versuchen, uns so schnell möglich vom Zirkus zu entfernen. Du weißt schon, Josie…“, murmelte der junge Zirkusartist.
    „Was meinst du mit ‚Du weißt schon, Josie‘?“, hinterfragte der Degenkämpfer scharfsinnig.
    „Das erklären wir dir besser später…“, meinte Nico dazu. Er wandte sich nun zu Vladimir und fuhr fort: „Du solltest nach Britney und Lilly sehen, bevor es zu spät ist. Ich geh mit den anderen zu ihrem Schiff und helfe ihnen es zum Ablegen vorzubereiten. Vielleicht schaffen wir es doch noch das Marineschiff einzuholen. Also, los geht’s!“
    „Moment mal. Weshalb entscheidest du das? Du gehört doch nicht einmal zu unserer Crew!“, sagte Eduardo grimmig.
    „Das würde ich so nicht sagen. Außerdem bin ich hier der einzige mit navigatorischen Fähigkeiten, wenn ich mich nicht irre.“
    „Ach ja?“
    „Oh ja!“

    Ein paar Minuten zuvor…

    Nico hörte die Klospülung und die Tür der Toilette wurde wieder geöffnet.
    „Du weißt gar nicht wie gut das tat“, sagte Josie erleichtert, als sie aus dem kleinen Badezimmer heraustrat. „Es war richtig befreiend.“
    Um zu zeigen, wie befreit sie sich fühlte, streckte sie ihre Arme zu beiden Seiten aus und ließ sie nach unten fallen. Dummerweise stieß sie dabei eine Kerze um, die bis dahin noch auf einem Tisch neben der Tür gestanden hatte, dann aber auf den Boden fiel. Die Kerze entzündete das Ende eines Vorhangs, der auch gleich in Flammen aufging und Josie zusammenschrecken ließ.
    „Upps...“, murmelte sie leise. Das Feuer griff mittlerweile schon auf die Decke über, als auch Nico den Schaden bemerkte. „Spinnst du?“
    „Tut mir leid! Ich werde wohl etwas Wasser holen gehen…“, beschloss sie.
    Sie wollte gerade wieder hinter der Badezimmertür verschwinden, als Nico sie davon abhielt.
    „Nein, lass es sein. Dieser Zirkus ist doch nichts anderes mehr, als eine Illusion. Es würde niemandem Schaden, wenn er niederbrennen würde.“
    „Wer spinnt hier? Du willst diesen Zirkus – dein Zuhause – einfach so abfackeln?“
    „Und wenn schon? Früher hätte ich es ja verstanden, aber heute… Dieser Zirkus dient nur noch dazu um Geld einzubringen. Der einzige der etwas dabei verdient, ist Pepe. Früher hatten wir alle noch Spaß, die Stimmung war nicht so gespannt wie jetzt. Du hast es doch selbst gesehen!
    Wenn wir nicht nach der Pfeife des Direktors tanzen, werden wir kurzer Hand ausgepeitscht!“
    „Ja, aber…“
    „Wenn du das Feuer löschen willst, dann tu es. Wenn du Pepes Ansichten unterstützt, dann nur zu.“
    „Und was ist mit den anderen? Was, wenn die anderen Artisten noch gerne hier bleiben würden? Es ist immerhin auch ihr Zuhause!“
    „Meinst du wirklich, das ist unser Zuhause? Es mag sein, dass Pepe uns allen früher einmal geholfen hat, aber er hat uns zu Sklaven gemacht. Er wollte, dass wir in seiner Schuld stehen und keine seiner Entscheidungen anzweifeln. Auch wenn wir ihm viel zu verdanken haben, heißt das nicht das er mit uns umspringen kann, wie er will!“
    Josie war erstaunt über Nicos neue Ansicht, denn als sie im Käfig miteinander gesprochen hatten, war er noch einer komplett anderen Meinung gewesen. Sie fragte sich, weshalb er sein Denken so schnell geändert hatte.
    „Warum denkst du auf einmal so? Hat das irgendetwas damit zu tun, dass Tigerlilly angeschossen wurde?“, fragte sie, während sie sich vom Feuer weiter entfernten.
    „Ja. Weißt du, ich und Lilly wissen davon, dass Teufelskraftbesitzer von der Marine gesucht werden.
    Durch das stetige Herumreisen kamen uns schon viele Geschichten zu Ohren. Wir fragten uns immer weshalb und weswegen das so ist, doch vor allem ob das nicht unserer Karriere und unserem Leben schaden könnte. Immerhin traten wir ja in aller Öffentlichkeit auf und es bestand stets die Möglichkeit von der Marine erwischt zu werden. Also baten wir Pepe dafür zu sorgen, dass niemand von der Marine die Vorstellungen besuchen konnte. Doch er meinte nur, dass wir gar keine andere Möglichkeit hätten und er nicht die Zeit und Lust hätte, unseren Bitten nachzugehen.
    Und was ist jetzt passiert? Lilly wurde angeschossen!
    Sie wurde angeschossen!
    Ich hätte genauso an ihrer Stelle stehen können und ich weiß zwar nicht, wie sie es geschafft hat, aber ich kann mich nicht einfach wieder zusammenwachsen lassen. Über Selbstheilungskräfte besitze ich auch nicht!
    Hätte der Schütze also mich getroffen, wäre ich jetzt vermutlich tot!“
    Josie sah ein, das er Recht hatte. Mit dieser Vorgeschichte hatte er allen Grund auf den Direktor und den Zirkus wütend zu sein.
    „Okay, wenn das deine feste Entscheidung ist, dann hat es keinen Sinn dich davon abzuhalten. Dann heizen wir diesem Direktor ordentlich ein!“, sprach sie und warf eine Kerze (aber dieses Mal mit voller Absicht) auf ein Sofa, das sich sofort entzündete.
    „Aber eine Frage muss ich dir trotzdem noch stellen, Josie“, meinte Nico.
    „Nur zu!“
    „Dürfte ich euch vielleicht auf eurer Reise begleiten?“
    Josephine blickte ihn etwas entgeistert an. Damit hatte sie nicht gerechnet.
    Doch dann machte sich ein glückliches Lächeln in ihrem Gesicht breit.
    „Natürlich kannst du das!“
    Die beiden Brandstifter flüchteten zusammen vor dem Feuer, um schon bald auf Vladimir und Eduardo zu treffen.

    „Du gehört nun also auch zu uns?“, vergewisserte sich Eduardo, als er gerade ein Seil festmachte, um das Segel zu spannen.
    „Wenn es dir nichts ausmacht, schon. Mit mir hättet ihr wenigstens einen Navigator an Bord“, meinte Nico und ging ihm zur Hand. Mit seiner Hilfe war das Seil schneller befestigt, als Eduardo sehen konnte.
    „Schaden kann es ja nie…“, gab er zu. „Wie auch immer“, fuhr er fort.
    „Du willst bei diesem Wind die Segel setzen?“
    „Ja, ich werde mit meiner Teufelskraft versuchen, zu verhindern, dass das Segel reißt. Mit etwas Glück kommen wir aus dem Sturm raus, bevor es kaputt ist“, schätzte der neue Navigator.
    „Na dann los!“

    „Stopp!“, hörten die beiden jemanden durch den Regen rufen. Sie gingen zur anderen Seite des Schiffs, wo auch Josephine stand. Das Mädchen beobachtete das Werk das sie hinterlassen hatte: Riesige Feuerzungen tanzten auf dem zerstörten Zirkuszelt ihre Kreise und die Türme brannten auch lichterloh. Der Brand hatte sich schneller ausgebreitet als sie es erwartet hatte.
    Hoffentlich war da drinnen niemand mehr, dachte sie.
    Nun lenkte auch sie ihren Blick auf den Ursprung des Rufs. Sie konnten zwei Personen im Regen erkennen, es waren Britney und Vladimir, der die bewusstlose Tigerlilly auf den Armen trug.
    „Bitte nehmt Lilly mit euch!“, schrie Britney durch das Prasseln des Regens.
    „Wir können verstehen, dass ihr uns nicht mitnehmen könnt. Unsere Aufgabe ist es jetzt auch für Pepe da zu sein, so wie er früher für uns da gewesen war.“
    Die Tänzerin blickte zurück und deutete auf den brennenden Zirkus.
    „Immerhin steht da gerade sein sämtliches Hab und Gut in Flammen. Und mein ganzer Alkohol auch…
    Nun wandte sie sich wieder den anderen zu.
    „Wir können auch verstehen, dass du, Nico, noch einmal ganz von vorne anfangen willst. Aber bitte nimmt Lilly mit! Sie hat es verdient! Außerdem ist sie hier nicht mehr länger sicher.
    Bitte!“
    Britney musste die Tränen zurückhalten, als sie bemerkte, wie traurig ihr Leben bisher gewesen war.
    Nico machte einen gewaltigen Satz und sprang hinunter zu seinen Freunden.
    Er umarmte Britney und ließ sich Lilly von Vladimir geben.
    Auch er stand nun kurz vor einem Tränenausbruch.
    „Passt auf euch auf Leute“, sagte er, lächelte ihnen ein letztes Mal aufmunternd ins Gesicht und sprang zurück an Bord.
    „Übernimm du, Kavalier“, meinte er zu Eduardo und übergab ihm seine verehrte Tigerlilly.
    „Und passt mir auf Pepe auf!“, rief er den beiden schweren Abschieds nach.
    Sie winkten ihnen hinterher, bis sie sich aus den Augen verloren.

    Plötzlich kam ein starker Wind auf und ehe sich Vladimir versah, stand eine kahlköpfige Britney neben ihm. Der Wind hatte ihr buchstäblich die Haare vom Kopf geweht.
    „Meine Perücke…“, winselte diese und tastete ihren Schädel ab.
    „Du trägst eine Perücke?“
    „Guck nicht so blöd! Das war ein Unfall! Unter Drogen!!
    Komm jetzt!“
    Und die beiden Glatzköpfe machten sich auf, um ihren Direktor aus den Flammen zu befreien.

    Auf der Streaming Seagull klärte Eduardo den Verlauf ihrer nächsten Reise:
    „Unser nächstes Ziel wird es sein Kai zu befreien. Er muss um jeden Preis wieder zu uns stoßen!
    Wenn wir erst einmal aus diesem Sturm heraus sind, heißt es das Marineschiff einzuholen. Also macht euch auf ein Seegefecht bereit! Okay?“
    Nico stimmte ihm zu, er hatte Tigerlilly gerade in ein Bett gebracht.
    Auch Josie gab ein „Okay!“ von sich, als sie sich von etwas blondem Haarigem befreit hatte, das ihr gerade eben ins Gesicht geflogen war. Sie wollte gar nicht wissen, was es gewesen war und hatte es kurzer Hand über Bord geworfen.
    Zu dritt ließen meine Freunde den Zirkus hinter sich, um mir zu Hilfe zu eilen.

    Die vierte an Bord hatte nicht die Absicht mich zu retten, sie wollte einfach nur überleben.
    „Typhon? Wo… ist…Typhon…?“, murmelte Lilly panisch und verlor wieder das Bewusstsein, das sie gerade für ein paar Sekunden zurückgewonnen hatte…



    Janes Zwischenarc

    Kapitel 28: Der Jahrestag


    „Also, wo ist er?“
    Jane kam in das Wohnzimmer der Phoenix‘ herein gestürmt und visierte ihren Vater an, der es sich gerade mit einer Tasse Kaffee und einer Zeitung in seinem Sessel gemütlich gemacht hatte.
    Sie schleifte den verbeulten Preston an seiner Kapuze hinter sich her.
    Man konnte ihm deutlich ansehen, dass er nur noch Sternchen sah.
    Hover stand im Torbogen und kommentierte kopfschüttelnd Prestons schrecklichen Zustand:
    „Schwach. Du bist wirklich schwach, Preston. Sich von einer Frau K.O. schlagen lassen ist wirklich peinlich. Und du willst mein Schüler sein?“
    Jane wandte sich kurz von ihrem Vater ab um auf Hovers Kommentar einzugehen.
    „Du bekommst gleich auch noch aufs Maul! Ich sagte euch, ihr sollt ihn hier festhalten, ihr trainiert ihn und lässt ihn laufen! Jetzt war die ganze Mühe ihn hierher zu schaffen umsonst!“, schrie sie ihn fast schon verzweifelt an, worauf Hover sich verängstigt aus dem Zimmer schlich.
    Vince versuchte die Lage zu retten, indem er seine Tochter zu beruhigen versuchte:
    „Beruhig dich doch erst einmal, Jane. Was liegt dir denn auf dem Herzen?“
    „Jetzt komm mir nicht mit ‚Was liegt dir denn auf dem Herzen? ‘, denn du weißt doch bestens was los ist! Kai ist in meiner Abwesenheit verschwunden! Und das unter deinen Augen!
    Ich weiß genau, dass du mit Hilfe deines Mantras jederzeit feststellen kannst, wo Kai sich befindet.
    Also noch einmal: Wo ist er?“
    Vince ließ seine Tasse auf den Tisch sinken und legte seine Zeitung beiseite. Er atmete etwas mühselig aus und führte das Gespräch fort.
    „Wenn ich das könnte, hätte ich es schon längst getan. Ich mache mir doch auch sorgen um den Jungen. Aber so leid es mir auch tut, ich bin nicht in der Lage mein Mantra perfekt zu kontrollieren.
    Es stimmt zwar, dass ich Visionen und Stimmen über weitere Distanzen, als jeder andere Mensch es könnte, empfange. Aber der Preis für diese Gabe ist, dass ich nur durch Zufall solche Verbindungen aufnehmen kann. Auch werden die Zeit, die Person und der Ort, die ich mit meinem Mantra wahrnehmen kann durch Zufall bestimmt.
    Selbst wenn ich eine Verbindung zu Kai aufnehmen könnte, würde ich ihn vielleicht so sehen, wie er erst in ferner Zukunft sein würde.
    Es war nur reines Glück, dass ich eine Vision von Kai in Gefangenschaft sah, bevor die Marine ihn verschleppen konnte. Nur so konntest du ihn noch rechtzeitig retten.
    Das solltest du doch wissen!“
    Jane musste den Vortrag ihres Vaters erst einmal verdauen, war danach aber umso erzürnter, da sie es dennoch nicht verstehen konnte, warum er meine Flucht hatte zulassen können.
    „Aber wie kann ich dir dann noch vertrauen?“, meinte sie und verschwand zügig in ihr Zimmer, das sie die nächsten Tage auch nicht verlassen würde.

    Nachdem es in den nächsten Tagen etwas ruhiger in der Villa geworden war, hatte es angefangen zu regnen. Es schüttete wie aus Eimern, was auf der Sommerinsel Pretoria eigentlich ziemlich selten war. Jane starrte schon den ganzen Morgen mit einem trüben Blick aus dem Fenster. Sie beobachtete, wie der Regen die kalte Glasscheibe hinunter floss und wie die unzähligen Tropfen auf den Garten des Anwesens prasselten.
    Ein Klopfen an der Tür durchbrach die Stille in ihrem kleinen Büro.
    „Jane? Kann ich rein kommen?“, fragte Preston und trat ein ohne auf eine Antwort abzuwarten.
    Er schloss die Tür hinter sich und näherte sich ihr. Jane musste ihn nicht anblicken, um zu wissen, dass er komplett in schwarz gekleidet war. Etwas anderes wäre für einen Tag, wie es der heutige war, einfach nicht passend gewesen.
    „Alles klar bei dir? Wir wären dann so weit“, verkündete er so ruhig, dass man das Prasseln des Regens noch hören konnte.
    „Sind Alice und Barbara auch da?“, erwiderte sie ebenso leise.
    „Ja, natürlich. Sie sind direkt nach ihrer Mission zu uns gekommen.“
    Normalerweise konnte Jane es nicht leiden, wenn Alice in ihrer Nähe war, da dies stets Streit bedeutete. Wahrscheinlich hasste sie sie sogar. Doch heute war ihr das vollkommen egal.
    „Gut, wir warten dann draußen auf dich“, sagte Preston und wollte wieder verschwinden, doch er blieb kurz vor der Tür stehen, als ihm noch etwas einfiel.
    „Hey, das was du vor kurzem zu deinem Vater gesagt hast, hat in ziemlich schwer getroffen. Willst du dich dafür nicht entschuldigen?“
    „Weshalb sollte ich das tun?“, meinte Jane dazu.
    „Wenn er auf meiner Seite stehen will, sollte er mir nicht dazwischen spielen“, fügte sie als Erklärung hinzu. Preston sah ein, dass er in dieser Hinsicht nicht viel tun konnte und verließ den Raum.

    Jane schlüpfte in ein schwarzes, knielanges Kleid, das an den Enden mit ebenso schwarzer Spitze verziert war. Sie schnappte sich ihren Regenschirm und trat hinaus in den Regen.
    Sie sah schon von der Terrasse aus die kleine Gruppe, die sich um einen Grabstein versammelt hatte.
    Sie erkannte alle Gesichter. Vince, Hover und Preston waren dort, genauso wie Barbara und Alice. Selbst Maria, die Haushälterin konnte sie ausmachen. Alle standen paarweise unter Regenschirmen, trugen dieselbe triste Kleidung wie Jane und starrten den Grabstein in Form eines großen Kreuzes an, der dort schon seit sechs Jahren stand.
    Als sie bei ihnen angekommen war, wurde sie nicht begrüßt, sie erhaschte nur ein paar Blicke die ihr gegenüber Mitleid und Trauer ausdrücken sollten. Niemand wagte es die Stille zu durchbrechen.
    Ja, es war wahrlich ein Trauertag.

    Wie jedes Jahr wieder versammelten sie sich um das Kreuz, um sich dem Verlust zu widmen, den sie am selben Tag vor sechs Jahren erlitten hatten.
    Wieder und wieder las Jane sich die Grabinschrift durch, den Namen des einzigen Mannes, dem sie je vertraut hatte. Des einzigen Mannes, den sie je geliebt hatte.

    Ezechiel Silver


    Wie jedes Jahr wieder kamen all die Erinnerungen und Fragen auf und sie sank nieder auf die Knie und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Sie konnte nicht mehr beurteilen, ob ihre Wangen vom Regen oder von den Tränen durchnässt waren.

    Wie jedes Jahr wieder war dies der einzige Tag im Jahr, an dem auch sie Schwäche zeigen durfte.



    Kapitel 29: Das Leben geht weiter


    Am Tag darauf stand Barbara in Janes Tür und versuchte sie zu einer Shoppingtour im Hafen zu überreden. Offensichtlich hatte sie vor Jane aufzumuntern und abzulenken. Jane konnte es ihr nicht übel nehmen, an diesem Morgen gab sie wirklich einen schrecklichen Anblick von sich.
    Da die Agentin zuvor schon vor gehabt hatte den Hafen zu besuchen, ließ sie sich von der Rothaarigen von einer Boutique zur nächsten führen.
    Jane hatte schon viel mit ihr durchgemacht und ihre gemeinsame Arbeit als Agentinnen schweißte sie zusätzlich zusammen.
    Ihr Verhältnis zu Barbara so war nicht besonders schlecht, man konnte sie als ihre Freundin bezeichnen. Als eine der wenigen die sie überhaupt hatte.
    Oft fühlten sich andere Frauen nicht sehr wohl in Janes Nähe, da sie so dominant und beherrschend rüber kam. Doch bei Barbara war das alles ganz anders.
    Barbara war einfach eine Wucht.
    Sie war mit Abstand die schönste Frau, die sie kannte. Ihre langen, gewellten, rostroten Haare und ihr schlicht und einfach perfekter Körper ließen jedes Männerherz höher schlagen.
    Diese Tatsache wurde durch die vielen Blicke, die ihr auf dem Markt und in den Läden zugeworfen wurden, noch unterstrichen.
    Jane musste also keine Angst haben, zu dominant aufzutreten zu können, da Barbara in dieser Hinsicht stets im Mittelpunkt stand. Aber sie ließ es sich nicht zu Kopf steigen lassen, sie hatte keinerlei Starallüren, dafür aber eine gute Seele.
    Trotz all dieser Umstände tat Barbara sich schwer mit Männern, da diese immer wieder von einer gewissen Sache abgeschreckt wurden…

    „Wa gucksch so bled? [Was guckst du so blöd?]“, wollte sie von einem Hafenarbeiter wissen, der ihr schon mehrere Minuten auf ihr Hinterteil gestarrt hatte. Vor lauter Schreck ließ dieser seine Kiste Orangen fallen. Er sammelte schnell wieder alles auf und verschwand in der nächsten Nebengasse.
    Seufzend wandte sie sich wieder dem Kleiderständer vor ihr zu.
    „Die Dreckssaue sott mo grad foschlage… [Diese Dreckssauen sollte man geradewegs verschlagen…]“
    „Ganz ruhig, Babara…“, beruhigte Jane die Dialektsprecherin.
    „Ich weiß diese Männer sind durch und durch erbärmlich, aber dir kann eben keiner widerstehen.“
    „Doä häsch Rächt. [Da hast du Recht.]“

    Nachdem die beiden sämtliche Boutiquen abgeklappert und unzählige Kleidungsstücke anprobiert hatten, legten sie zur Mittagstunde eine kleine Pause in einem einladenden Café ein.
    „Häsch sunscht no eps vor? [Hast du sonst noch etwas vor?]“, erkundigte sich Barbara, als die beide gerade ihre Tassen Kaffee leergeschlürft hatten.
    „Ja, eigentlich wollte ich noch bei dem Friseur da drüben vorbeischauen“, erklärte Jane und deutete dabei auf ein rosagestrichenes Gebäude, das ein Schild mit der Aufschrift „Andrey’s Salon“ über der goldenen Tür trug. Der Salon stach wirklich aus der Menge der anderen Häuser heraus.
    Andrey müsstest du doch kennen, oder?“
    „Isch des nit der Transveschtit? [Ist das nicht der Transvestit?]“
    „Ja, genau. Der Transvestit“, meinte Jane.

    Und ehe sie sich versahen, fanden sie sich in einem pinken Tempel der Haarpflegeprodukte wieder.
    Die Gesichter der beiden spiegelten sich im glänzenden Marmorboden und in den goldumrahmten Spiegeln, die überall an den Wänden hingen, wieder.
    „Jane, Schätzchen!“, kreischte auf einmal ein „Mann“ lauthals auf.
    „Oh, Andrey“, sprach Jane ihn an. Andrey war der Besitzer des beliebten Salons. Seine Augen und Lippen waren geschminkt und sollten mit seiner durch und durch pinken Garderobe seinen Lebensstil ausdrücken, den Okama-Way.
    „Darling, wo warst du denn die ganze Zeit? Du hast deinen monatlichen Termin einfach so sausen lassen! Schwupp-Di-Wupp!“, ermahnte sie der Friseur.
    „Ja, ich hatte viel zu tun…“
    „Ach, Schwämmchen drüber. Eine meiner Stammkundinnen muss das nicht so ernst nehmen.“
    Sein Blick schweifte rüber zu Janes Begleitung, was der Grund für einen weiteren Freudenausbruch war. Er ertastete sofort Barbaras Haare und führte sie zu seiner Nase.
    „Oh, du Schöne! Welch wohlgepflegtes Haar! Solch eine Pracht lässt mein Herzchen nur selten höher schlagen! Du besitzt wahrlich die Schönheit einer Hibiskusblüte“, schwärmte er.
    Barbara schien etwas überfordert zu sein und meinte nur etwas zurückhaltend:
    „Danksche. [Dankeschön.]“
    „Da besitzt aber jemand einen rauen Wortlaut. Wie auch immer. Ihr bekommt natürlich sofort eine Sonderbehandlung! Deswegen seid ihr doch hier, nehme ich an.“
    „Eigentlich meinte mein Vater, dass du Neuigkeiten hast“, sagte Jane.
    „Ja, aber Jane…“, sprach der Transvestit und starrte sie entsetzt an.
    „Was ist denn?“
    „Schätzchen, du hast Spliss!“

    Ein paar Minuten später hatte Andrey die beiden auf zwei Salonstühle gezerrt und frisierte seit dem ihre Haare. Jane und Barbara waren in Boulevardzeitschriften vertieft und tauschten ab und zu den unterschiedlichsten Klatsch miteinander aus. Unter Freunden konnte sich Jane ganz anderen, unwichtigeren Themen widmen.
    „Sag mal wusstet ihr, dass dieser Nachrichtensprecher William Bacon vom Sender gefeuert wurde? Ich meine, er sah doch so gut aus und erklärte morgens im Radio alles so toll. Wirklich Schade!“, meinte sie. Da meldete sich auch der Friseur mit einem Kichern zu Wort:
    „Oh ja, ich schwöre bei Emporio Ivankov, dass das ein Fehler war. Ich selbst hatte ja das Motto:
    ‚Morgens eine schöne Latte und Bacon bei meinen Eiern‘. Er war wirklich ein Prachtbürschchen!
    Aber ihr wollt ja wissen, was es Neues gibt.“
    „Genau.“
    „Also zum einen ist uns bekannt geworden, dass die Marine in der Lage ist Diale selbst herzustellen.“
    „Diale? Sind das nicht diese Seeschnecken, die verschiedene Dinge speichern können?“
    „Richtig. Sie waren bisher sehr selten und kamen nur auf den Himmelsinseln vor. Jedoch ist es dem größten Genie der Marine, Vegapunk, gelungen, diese Muscheln künstlich herzustellen, sodass man viele Soldaten damit ausrüsten kann. Dazu kommt, dass mit ihnen die Möglichkeiten der Speicherung beinahe unbegrenzt sind. Sie speichern alles, von Licht bis hin zu Schwerthieben.“
    „Das hört sich wirklich gefährlich an.“
    „Das ist es leider auch, Darling. Eine Menge Transen mussten ihr Leben lassen, damit wir an diese Informationen gelangen konnten. Desweiteren hätten wir noch ein Mädchen, dass offenbar Teufelskräfte besitzt und zwar welche, die uns ziemlich nützlich werden könnten.
    Ein Agent sollte zu ihr eilen, bevor es die Sammler tun. Ich dachte das wäre etwas für dich, Jane.“
    Es war wirklich kein schlechter Vorschlag von Andrey. Nichts konnte Jane besser in ihren Alltag zurückbringen, als ein guter Auftrag.
    „Gerne. Ich bin zwar etwas eingerostet, aber wenn es nur um ein kleines Mädchen geht, kann es wohl nicht schaden“, beschloss die Agentin.
    „Das dachte ich mir schon, meine Liebe, und habe die nötigen Unterlagen schon zu dir nach Hause geschickt.“
    „Du bist der Beste!“
    „Ich weiß.“

    Jane und Barbara war es erst spät erlaubt zu gehen, erst dann, als Andrey mit den Frisuren der beiden zufrieden war.
    Mit Küsschen verabschiedeten sie sich und schlenderten den Boulevard entlang.
    „Hast du Lust mich bei der Mission zu begleiten?“, fragte Jane ihre Freundin einfach so aus dem Bauch heraus.
    „Zorry, aber ich han scho än Uftrag mit dä Alice. Sie miest scho uf mich warte. Kunnsch no mit zu irrä? [Sorry, aber ich habe schon einen Auftrag mit Alice. Sie müsste schon auf mich warten. Kommst du noch mit zu ihr?]“, antwortete die Dialektsprecherin ihr.
    „Ja, klar. Kein Problem“, murmelte Jane etwas enttäuscht über die Vorstellung bald wieder allein zu sein.

    „Hey, da kommen ja Hübsch und Hübscher“, begrüßte Alice sie auf ihre schnippische Art und Weise, worauf sie sich einen angewiderten Blick von Jane einhandelte.
    Die andere Agentin befand sich auf ihrem Schiff und hatte sich an die Reling gelehnt. Im Gegensatz zu Barbara hatte Alice kürzere, struppige Haare, die perfekt zu ihrer Persönlichkeit passten.
    „Hallo, Alice“, erwiderte Jane ohne ihr in die Augen zu sehen.
    „Ich nehme an ihr hattet einen schönen Tag?“, erkundigte sich Alice.
    „Ja, das stimmt. Wahrscheinlich lag es daran, dass du nicht in der Nähe warst, meine Liebe…“
    „Aha“, stellte die anscheinend Unerwünschte fest.
    Barbara versuchte das kleine Wortgefecht zu überspielen, indem sie sich von Jane verabschiedete.
    „Also, Jane. Mir monn dann mol los! S‘war än schene Tag mit dir. Hoffentlich seh’mo ihs bald wieder! [Wir müssen dann mal los! Es war ein schöner Tag mit dir. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder!]“
    Jane wurde von Barbara umarmt und als sie ablegten, verschwendete sie nicht viel Zeit den beiden hinterher zuwinken, da sie zu gespannt auf den Auftrag war und sich gleich auf den Weg zur Villa machte.

    Etwa eine Stunde später fand sie sich, bestens über die Mission informiert, in ihrem Büro wieder.
    Das Mädchen, das sie suchen musste, wohnte auf einer Insel, die ziemlich weit von Pretoria entfernt lag. Ihr Ausflug würde deswegen mehrere Tage andauern.
    Jane war gerade dabei ihre Sachen in einen Koffer zu packen, als Hover und Preston hereinplatzten.
    Sie fragten, ob sie sich auf eine Mission begeben würde, was sie bejahte.
    „Kann ich mit dir kommen? Ich hatte schon ewig keinen Auftrag mehr!“, meinte Preston begeistert.
    Jane wollte ihm gerade antworten, als das Hover für sie übernahm:
    „Ich werde sie begleiten, während du hier die Stellung hältst. Wir könnten es uns nicht leisten, wenn die Marine uns hier überfallen würde. Deshalb wirst du hier bleiben und die Villa beschützen.
    Und Vince natürlich auch“, beschloss Hover, der noch viel heißer auf den Job war als sein Schüler.
    „Ach komm, als würde Vince einen Beschützer brauchen. Selbst wenn, wärst du doch viel besser dafür geeignet, oder etwa nicht?“
    „Du hältst dich also für schwach?“
    „Nein, natürlich nicht, aber…“
    „Dann beweise es mir, mein Schüler.“
    „Du drehst mir wirklich das Wort in der Zunge um!“
    „Gut dann wäre das also beschlossen“, beendete Jane.
    „Hey! Es ist noch gar nichts beschlossen!“, versuchte Preston sie aufzuhalten.
    „Ciao, Preston!“, verabschiedete sie sich und stolzierte mit ihrem Koffer aus dem Zimmer.
    „Ciao, Preston!“, wiederholte der andere Agent mit einem Siegerlächeln auf den Lippen und schloss die Tür hinter den beiden.
    „Na toll, wie immer…“, murmelte Preston verärgert, während Jane bereit für ihre nächste Rettung war. Innerlich freute sie sich darüber, dass sie jemand begleitete, was sie sich natürlich in keinster Weise anmerken ließ. Da war sie wieder, die kühle Jane.



    Lucias Zwischenarc

    Kapitel 30: Stairway to Heaven

    Wenn wir noch klein sind, haben wir Angst vor den Monstern, die unter unserem Bett hausen.
    Wir fürchten uns vor der Dunkelheit, der wir unmöglich Vertrauen schenken können.
    Doch sobald wir älter werden, erkennen wir, dass diese Monster überall zuhause sind und die Finsternis in unserem Leben allgegenwertig ist.
    Es sind Einsamkeit, Selbstzweifel und Ungerechtigkeit, die hinter jeder Ecke auf uns lauern, bereit uns zu übermannen und zu Fall zu bringen.
    Ja, wenn der Tag zur Nacht wird, kommen die Monster heraus.


    „Psst! Du da drüben! Wach auf!“
    Es war finster und feucht.
    Das war es, was Lucia als erstes wahrnahm, als sie die Augen aufschlug.
    Sie konnte nichts sehen, erst als sich ihre Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten, war es ihr ermöglicht, zu realisieren, wo sie sich befand.
    Lucia wurde von einer kahlen Mauerwand umrahmt, wobei eine der vier Wände nur von Gitterstäben durchzogen war.
    Sie befand sich in einer Gefängniszelle.
    Die junge Frau war sich schon im Klaren, dass ihre lange Seereise in einem Gefängnisaufenthalt enden würde. Immerhin hatte sie damals schon die ganze Zeit in einem Käfig gesessen.
    Weshalb sollte sich das also auf einmal ändern?
    Trotzdem fand sie es seltsam in Gefangenschaft aufzuwachen.
    Sie konnte sich nicht einmal entsinnen, ein Gebäude betreten zu haben.
    Aber das neue Bild das sie nun von der Marine hatte, ließ sie vermuten, dass man sie entweder K.O. geschlagen oder mit Drogen vollgepumpt hatte.
    Ja, auf der Schiffsfahrt, die sie mit der Marine hierher unternommen hatte, hatte man ihr keine einzige Qual erspart.
    Da meldete sich wieder das Flüstern von vorhin zu Wort:
    „Hey! Wie geht es dir? Verrätst du uns deinen Namen?“
    „Uns?“, hinterfragte Lucia.
    Doch als sie näher an die Gitterstäbe herantrat, erkannte sie, was die Stimme meinte.
    Sie war nicht die einzige Gefangene.
    Lucia blickte den Korridor entlang. Zelle reihte sich an Zelle und die Enden des Ganges lagen in der Dunkelheit. In jeder war mindestens eine Person untergebracht, in manchen saßen sogar zwei oder drei. Die Insassen konnte man schlecht voneinander unterscheiden, da alle dieselben, grauen Gefängniskluften trugen. Mit einem Blick nach unten stellte sie fest, dass man auch ihr solche Klamotten angezogen hatte. Nun machte sie auch das Gesicht der Person aus, die schon die ganze Zeit um ihre Aufmerksamkeit bettelte. Es war ein braunhaariges Mädchen, etwas jünger als sie selbst. Wie alle anderen auch besaß sie überall am Körper kleine Narben und Verletzungen.
    Ihre Haare waren zerzaust, doch ihr war es gelungen sie in Zöpfen zu bändigen.
    „Mein Name ist Freya. Vertrau mir!“, flüsterte sie wieder.
    „Weißt du mein Vertrauen wurde in letzter Zeit ziemlich oft auf die Probe gestellt. Die Marine hat mir gezeigt, dass man nicht einmal der Regierung vertrauen kann…“, antwortete Lucia etwas misstrauisch.
    „Keine Angst. Das geht uns allen so… Verrätst du mir jetzt deinen Namen? Bitte?“
    „Ich heiße Lucia.“
    „Und welche Teufelskräfte besitzt du?“
    Auf diese Frage wurde Freya empört von Lucia angestarrt.
    „W-Woher weißt du, dass ich Teufelskräfte besitze?“, stammelte sie.
    „Du befindest dich hier in einem Gefängnis für Teufelskraftbesitzer, weißt du das nicht?“
    „Nein. Das weiß ich nicht. Ich bin gerade aus der Bewusstlosigkeit erwacht!
    Was erwartest du von mir?“
    „Das du mit den Namen der Teufelsfrucht verrätst, die du gegessen hast!“
    Doch bevor Lucia der aufgeweckten Braunhaarigen antworten konnte, ging ein anderer Insasse dazwischen.
    „Freya. Das hat doch noch Zeit. Lass sie doch fürs erste einfach in Ruhe. Sie ist bestimmt erschöpft von den ganzen Strapazen, die die Herreise beinhielt“, ermahnte sie der große, beleibte Mann. Jetzt wandte er sich zu Lucia: „Mädchen, man nennt mich hier Bumblebee. Du solltest dich besser ausruhen solange du noch kannst. Bald werden die Wachen kommen und dich zu einem grausamen bringen, der dich bitten wird, ihm deine Teufelskräfte zu präsentieren.“
    „Zu einem Mann? Was will der von mir?“, hakte Lucia nach.
    „Das ist noch nebensächlich. Wichtig ist, dass du ihm unter keinen Umständen deine Kräfte vorführst.
    Er selbst wird fähig sein, herauszufinden, von welcher Teufelsfrucht du genascht hast. Aber das nützt ihm alles nichts, wenn du deine Kräfte nicht einsetzt. Wir werden dir später mehr darüber erzählen, insofern du zu uns zurück kommst. Aber im Moment fehlt uns die Zeit dafür.
    Bevor du dich erholst, wäre es dennoch nützlich für uns zu wissen, welche Teufelskräfte du besitzt“, meinte Bumblebee.
    „Ja, spuck aus!“, forderte auch Freya.
    „Ist ja gut. Soweit ich weiß, besitze ich die Kräfte der Lebens-Frucht.“
    „Was?“
    „Von der Lebens-Frucht“, wiederholte Lucia.
    Diesmal schien die Nachricht angekommen zu sein, die Resonanz darauf war ein vergnügtes Keuchen, das von den beiden ausging. Offenbar machten sich die beiden Gefangenen über Lucia lustig.
    „Du sagst du hättest die Kraft der Lebens-Frucht?“
    „Ja, das sage ich“, antwortete sie verwirrt.
    Wieder versuchten sie zu lachen, das Ergebnis war aber, wie zuvor auch, nur ein ächzendes Keuchen.
    „Kleine, die Lebensfrucht ist die stärkste aller bekannten Paramecia-Früchte in dieser Welt.
    Und du willst mir sagen, du hättest sie aufgefuttert? Das ist doch lächerlich“, sagte Bumblebee.
    „Irgendjemand muss ihre Kraft ja schließlich besitzen. Ich bin jedenfalls in der Lage, den Fluss des Lebens strömen oder auch austrocknen zu lassen.“
    „Gut, dann erkläre mir, wie die Frucht aussah!“
    „Sie war golden. Genau, sie sah aus wie ein goldener Apfel.“
    Bumblebee schien einzusehen, dass Lucias Geschichte eventuell stimmen könnte, doch überzeugt war er noch nicht.
    „Gut, da scheinst du richtig zu liegen, doch das beweist nicht gar nichts. Vielleicht konntest du, genauso wie ich, einen Blick in das Lexikon der Teufelsfrüchte werfen“, meinte er.
    „Allein mein Aufenthalt hier beweist doch schon eine Sache und zwar, dass ich eine Teufelskraft besitze. Glaubt mir oder glaubt mir nicht. Ich bin müde.“
    Lucia versuchte es sich, so gut es ging, auf dem kalten Steinboden gemütlich zu machen.
    Erstaunlicherweise konnte sie schnell einschlafen, was wohl auf ihre enorme Erschöpfung zurückging.

    Als sie die Augen das nächste Mal aufschlug, befand sie sich schon in den Händen der Wachen, die sie aus ihrer Zelle zerrten. Sie waren in einen schwarzen Umhang gehüllt, hatten einen eigenartigen Helm auf dem Kopf und trugen Handschuhe, die anscheinend aus Seesteinen angefertigt waren.
    Denn selbst außerhalb der Zelle, war Lucia nicht in der Lage ihre Kräfte einzusetzen.
    Es war ihr gelungen auf die Beine zukommen, doch selbst dann war es schwer genug mit den Wärtern Schritt zu halten. Immer wieder wurde sie von den Männern hochgerissen, wenn sie auf dem Boden landete. Am Ende des Korridors wartete ein Aufzug auf sie.
    Lucia wurde von den starken Wärtern förmlich hineingeworfen.
    Es wunderte sie, dass anscheinend alleine mit dem Aufzug fahren sollte, da die Männer die Kabine nicht betraten.
    So schloss sich die Schiebetür und Lucia kauerte allein in einer Ecke des winzigen Fahrstuhls.
    Die Kabine selbst war ungewöhnlich ausgestattet.
    Für ein primitives Gefängnis jedenfalls.
    An den Wänden konnte man reichlich, wenn auch nur sehr schlichte, goldene Verzierungen erkennen. Es gab eine Anzeige, von der man ablesen konnte, auf welchem Stockwerk man sich befand und aus einem schneckenähnlichen Gehäuse dudelte leise, aufheiternde Musik vor sich hin.
    Aus heiterem Himmel ertönte eine charmante Frauenstimme: „Nächster Halt: Eden.“
    Lucia kam aus der Verwirrung und dem Entsetzen nicht mehr heraus, sie brachte es nicht einmal fertig aufzustehen. Sie beobachtete nur weiter die Zahl auf der Anzeige, die immer kleiner wurde.
    Als sie schließlich bei „0“ angekommen war, ertönte ein dumpfer Ton und die Schiebetüren öffneten sich wieder. Sie musste ihre Augen zusammenkneifen, als ihr ein unwahrscheinlich weißes Licht entgegenkam.
    Sie spürte Etwas, das leicht ihre Hand berührte, doch aufgrund des hellen Lichts konnte sie nicht erkennen was genau es war. Es fühlte sich an wie eine Hand.
    Lucia beschloss sie zu ergreifen und zog sich an ihr hoch.
    Sie trat aus dem Fahrstuhl heraus, wagte es allerdings immer noch nicht die Augen zu öffnen.
    Es war wie an einem Wintertag, an dem das grelle Sonnenlicht vom weißen Schnee reflektiert wird.
    Nach einiger Zeit und vielen Tränen hatte sich ihre Sicht an das Licht angepasst und fand sich in einem durch und durch weißen Raum wieder.
    Das Mädchen hielt nach der Hand Ausschau, die ihr beim Aufstehen geholfen hatte und schreckte zurück, als es sich nur um eine Hand handelte, um nicht anderes.
    Genauergesagt, war es eigentlich nur ein weißer Handschuh, der da in der Luft umher schwebte.
    Der Handschuh schob sie weiter in den Raum hinein und als Lucia dachte, jetzt würde sie nichts mehr überraschen können, stand auf einmal ein Mann vor ihr.
    Ja, ein Mann um die 50, der einen weißen Frack trug und einen Elfenbeinstock in der Hand hielt.
    Das verblüffende dabei war, das Lucia keine Ahnung hatte, woher er gekommen war.
    Es gab keine Türen oder Fenster, nur vier absolut weiße Wände.
    Selbst der Aufzug war verschwunden, als sie sein Dasein überprüfte.
    Der ältere Herr lehnte sich auf seinen Stock und musterte sie mit einem wahrhaftig durchdringenden Blick.

    Träumte sie etwa noch? Oder stand sie unter Drogen? Was war hier los?
    So viele Fragen schossen durch Lucias Kopf, was ihr Kopfschmerzen bereitete.
    „Keine Angst. Du bist wach. Drogen haben wir dir auch keine gegeben“, sprach der Mann, als hätte er ihre Gedanken gehört.
    „Wer sind sie?“, fragte die junge Frau, die mit der Situation vollkommen überfordert war.
    „Nenn mich Gott“, hauchte ihr Gegenüber.
    „B-Bin ich tot? Ist das hier der Himmel?“, stotterte Lucia.
    „Das liegt ganz an dir.“

    Doch selbst im Tageslicht begegnen wir dem einen oder anderen Ungeheuer.
    Versteckt hinter vermeintlicher Unschuld und Liebe lauern auch sie.
    Die Monster sind überall.



    Kapitel 31: Highway to Hell

    „Setz dich doch erst einmal“, schlug der Mann, der sich selbst als Gott bezeichnete, vor.
    In seinem weißen Frack war er in dem ebenfalls makellos weißen Raum fast gar nicht zu erkennen.
    Lucia selbst war in ihren Gedanken versunken, da es eine Menge Dinge gab, die sie zu überdenken hatte, schließlich hatte sie überhaupt keine Ahnung, was nun real war und was nicht. Ein höflicher Frackträger, der Gott spielt, ein schwebender Handschuh und ein Fahrstuhl, der nicht mehr da war. Und dann noch die Frage, ob sie nun wirklich tot war oder nicht.
    Das war eindeutig zu viel für sie.
    „Ich schätze, die anderen Insassen habe dir schon erzählt, was ich mit dir vor habe“, sagte er und riss sie aus ihren Überlegungen. Lucia stellte plötzlich fest, dass sie in einem Sessel saß, wobei sie sich gar nicht daran erinnerte, sich auf ihm niedergelassen zu haben. Geschweige denn daran, dass in dem leeren Raum jemals ein Sessel gestanden hatte. Die natürlich weiße Sitzgelegenheit hatte etwas futuristisches, war aber durch die geschwungen runde Form sehr bequem.
    „Dass ich ihnen meine Teufelskräfte vorführen soll?“, fragte sie etwas verzögert, da sie sich erst wieder an das Gespräch mit Bumblebee und Freya zurückerinnern musste. Es gab zu vieles das sie momentan mehr interessierte. Dennoch versuchte sie sich auf das zu konzentrieren, was ihr Gegenüber nun erwidern würde.
    „Vorführen? Nein. Das ist der falsche Ausdruck. Ich will das du für mich arbeitest und sie einsetzt.“
    Er begann sie von Kopf bis Fuß zu mustern, als würde er versuchen an ihrem Körper zu erkennen, über welche Kräfte sie verfügte.
    „Offensichtlich scheinst du über Selbstheilungskräfte zu verfügen“, sagte er, als er wieder Blickkontakt aufnahm.
    Lucia blickte an sich herunter. Tatsächlich. Ihr Körper hatte sich auf dem Weg hierher wieder regeneriert und sie hatte es nicht einmal bemerkt.
    Allerdings warf dieser Umstand weitere Fragen auf. Immerhin konnte sie anscheinend wieder ihre Teufelskräfte benutzen, aber war dieser Mann wirklich dumm genug sich nicht durch Seestein abzusichern? Vielleicht konnte sie ja –
    „Denk nicht einmal daran“, sprach er, als hätte sie ihren Gedanken erraten. „Du würdest dir selbst mehr Schmerzen zufügen, als du mir je könntest.“
    „Ach ja?“, sprach Lucia spöttisch.
    „Du scheinst dir deiner Sache ja ziemlich sicher zu sein. Ich bin gespannt welche Kraft in dir lauert.“
    Einen Lidschlag später, saß er ihr in einem identischen Sessel gegenüber und starrte sie mit einem wahrlich durchdringenden Blick in die Augen.
    „Es ist angenehmer, wenn du dich nicht wehrst. Also…“
    Plötzlich bekam sie das Gefühl, etwas würde sich in ihrem Verstand breitmachen, als würde etwas in sie hineinschlüpfen. Sie spürte das etwas in ihren Gedanken war, das dort nicht hingehörte und ihr Angst machte. Auf einmal sah sie Erinnerungen vor ihrem geistigen Auge, die sie nicht abgerufen hatte. Es waren Erinnerungen an ihre Heimat und ihre Vergangenheit dort, an die Geschehnisse der letzten Tage und Wochen, an ihre frühere Familie und an mich.
    Doch sie spürte, dass dieses Etwas, das sich nun in ihrem Kopf befand, diese Erinnerungen herbei zwang. Und das gegen ihren Willen.
    Sie versuchte dieses Etwas – wohinter sie „Gott“ vermutete – aus ihren Gedanken zu werfen, was sich aber als scheinbar als unlösbar herausstellte, da er sich richtig festgekrallt hatte. Außerdem bereitete ihr dieses „Hinausschieben“ Kopfschmerzen, womit sich die vorherige Aussage „Gottes“ bestätigte. Aber dass sie Schmerzen verspürte, konnte ein Indiz dafür sein, das sie noch am Leben war, dachte sie sich. Das gab ihr ein Bisschen Hoffnung, wodurch sie weiterhin versuchte, den Parasiten vor die Tür zu setzen.

    Schließlich war der Eindringling bei den Erinnerungen an das Verwenden ihrer Teufelskräfte angelangt und Lucia hatte es immer noch nicht geschafft ihn hinaus zu zwingen, gab es dann aber auch auf. Ihr Kopf dröhnte, als hätte man sie stundenlang mit zu lauter Rockmusik beschallt und ihr Gegenüber hatte nun schließlich auch das gesehen, was er verlangt hatte.
    Sie spürte wie sich das Etwas wieder zurückzog und schließlich ganz verschwand. Die Folge war ein erleichterndes Gefühl, das stärker war, als sie erwartet hatte. Trotzdem schmerzte ihr Kopf weiterhin, als hätte ihn irgendetwas von innen heraus zerkratzt.
    Sie fühlte wie etwas aus ihrer Nase floss und erschrak, als sie sah, dass sie dabei um Blut handelte. Ein kleines Rinnsal der roten Flüssigkeit rann über ihren Mund, was eigentlich nicht sein sollte.
    Sie hatte seit sie von der Teufelsfrucht gegessen hatte, niemals mehr Nasenbluten gehabt. Sie hatte seitdem nicht einmal richtig geblutet. Wenn sie verletzt worden war, hatten sich die Wunden und Schmerzen inklusive des Blutes innerhalb von Sekundenbruchteilen wieder verzogen.
    Das war einfach absurd.
    Umso angestrengter versuchte sie nun die Schmerzen aus ihrem Kopf zu verbannen, doch es kam ihr so vor als würde sie gegen eine Wand prallen und zurückgeworfen werden.
    Ihre Selbstheilungsversuche schienen alles nur noch schlimmer zu machen!
    Beunruhigt schnappte sie nach Luft und begann dem Mann Blicke zuzuwerfen, die vor Verzweiflung und Verwirrung nur so überschäumten.
    Doch „Gott“ ließ sich davon nicht aus der Ruhe zu bringen.
    „Ich habe dir doch gesagt, du sollst dich nicht dagegen wehren.“
    Während er sprach kam der weiße Handschuh daher geschwebt. Er hielt ein Tuch in der Hand – dessen Farbe ich wohl nicht erwähnen muss – und wischte dem Mädchen das Blut aus dem Gesicht.
    Das dunkle Rot auf dem Stoff stach einem in der absolut weißen Umgebung deutlich ins Auge, doch im nächsten Augenblick war das befleckte Tuch verschwunden, als würde jemand nicht zulassen wollen, das auch nur irgendetwas in diesem Raum nicht weiß war.
    „Keine Angst, ich habe dir deine Teufelskräfte nicht genommen, das würde niemandem etwas nützen. Du wirst dich erholen, aber nicht so schnell wie du es gewohnt bist. Umso besser scheint mir aber die Erkenntnis über deine Teufelskraft zu sein. Die Lebens-Frucht also. Die stärkste aller bekannten Teufelskräfte“, sagte er und wiederholte damit fast genau Bumblebees Worte.
    „Das ist wirklich … fantastisch! Damit mit bist du praktisch die Krönung meiner Sammlung!“
    „Sammlung?“, wiederholte Lucia. Doch sie bekam keine Antwort. „Gott“ schien dazu zu begeistert zu sein. Er wirkte wie ein Sammler, der das letzte gesuchte Exemplar endlich gefunden hatte.
    Im nächsten Augenblick standen sie wieder, als hätten die Sessel niemals existiert und sie sich niemals darauf gesetzt.
    Ohne weitere Worte schob sie der Handschuh in den Aufzug – der nebenbei auch wieder aufgetaucht war – und Lucia fand sich in derselben Aufzugkabine wieder, in der sie hierhergekommen war. Die Türen schlossen sich, die Kabine ruckelte und schien sich wieder nach unten zu begeben.
    „Nächster Halt: Galerie“, verkündete die Frauenstimme aufs Neue.

    Nach wenigen Sekunden und nur einem zurückgelegtem Stockwerk, öffneten sich die Pforten des Fahrstuhls wieder und ehe sie auch nur einen Blick auf das Stockwerk werfen konnte, wurde sie von zwei Männern gepackt. Sie hatten dieselbe kräftige Statur und das gleiche schweigsame Wesen wie die Gefängniswärter von unten, doch waren sie im Gegensatz zu diesen in weiße, futuristische Kleidung gehüllt und trugen einen ebenso futuristischen Helm, der ihr Gesicht verdeckte. Das einzige was an ihnen nicht weiß war, waren die Seesteinhandschuhe, die sich um Lucias Handgelenke schlossen. Der Raum in den sie hinein gezerrt wurde, ähnelte dem von oben, aber in gewisser Weise auch den Korridoren von unten. Er war weiß und rund, doch in die Wände waren Gefängniszellen eingelassen, in denen ein paar Insassen herumlungerten. Statt der grauen, verschmutzten Gefängniskluft, die sie besaß, trugen die Gefangenen hier weiße Kleidung, die denen der Wärter ähnelte, auch wenn sie nicht so verziert und robust war.
    Auch Lucia wurde in eine der Zellen geschoben, deren Gitterstäbe auch aus Seestein bestanden, denn sonst wären sie weiß gewesen, vermutete sie.
    Auf eine grobe Art und Weise wurde ihr die graue Kluft ausgezogen und die weiße Kleidung übergestülpt. Ohne weitere Worte oder Erläuterungen schlossen die Wärter die Zelle ab und verschwanden irgendwohin.
    Und nun kamen ihr das erste Mal, seit dem sie dieses Gefängnis betreten hatte, echte Tränen der Trauer. Sie wusste nicht wo sie war und was mit ihr geschehen würde. Ihr Kopf schmerzte immer noch höllisch und es kam ihr so vor als wäre das ihr Ende. Keine Frage, dieser „Gott“ würde wieder kommen, aber eine wirkliche Aufklärung erwartete sie nicht von ihm. Dafür aber andere Torturen, die er ihr antun würde. Wie konnte dieser Mann sich „Gott“ nennen? Er war der grausamste Mensch, der ihr je begegnet war, grausamer als Xavier oder die Marinesoldaten, die sie hierher gebracht haben. Aber wenn diese Person wirklich Gott sein sollte…
    Dann könnte sie sich auch jetzt gleich auf der Stelle selbst umbringen.
    „Verlier jetzt nicht die Hoffnung, Kleine“, hörte sie eine Frauenstimme sprechen. Es war eine Insassin, die die Zelle ihr gegenüber besetzte. Die Frau hatte sonnengebräunte Haut und ihr Gesicht wurde von langen, schwarzen Locken umrahmt. Ihr Blick war auf Lucia gewandt und war von Mitleid und Güte erfüllt, gleichzeitig aber auch von unerschütterlicher Strenge und Entschlossenheit.
    „Der Mann den du gerade getroffen hast, nennt sich Eden. Er besitzt eine grausame Kraft, die es ihm erlaubt mit seinen bloßen Gedanken alle möglichen Dinge anzustellen. Ich weiß du bist verwirrt und spürst schlimme Schmerzen, aber fürs erste wäre es besser sich zu beruhigen und zu schlafen. Glaub mir, wir alle haben das Selbe durchgemacht wie du. Du bist nicht allein.“
    Wir? Stimmt, allen anderen hier in diesem Raum muss es wohl so ähnlich wie ihr ergangen sein. Sonst wären sie nicht hier. Sie waren auch nur ganz normale Menschen, die aus ihrem Alltag gerissen wurden. So wie sie.
    „Wie heißt du?“, fragte Lucia.
    „Wenn es dich beruhigt, meinen Namen zu wissen, werde ich ihn dir verraten.
    Ich heiße Isabella Van Guard. Aber nun schlafe. Es wird dir bald besser gehen.“
    Der Gedanke beruhigte sie und auch erst jetzt bemerkte sie, wie ausgelaugt sie war.
    Es dauerte nicht lange, bis sie in einen tiefen Schlaf glitt. Doch auch dort wurde sie von unheimlichen Schemen und blutrünstigen Kreaturen heimgesucht. Sie hörte nicht, wie sich im Schlaf wimmerte.

    Es war die Hölle…


    Suton Island-Arc

    Kapitel 32: Hardcore

    Was bisher geschah…
    Kai, Eduardo und Josie beschlossen so schnell wie nur irgend möglich auf die Grand Line zu gelangen, was sich aber mit einem Zwischenstopp auf Suton Island verband, um sich dort für die Überquerung des Calm Belts vorzubereiten.
    Durch einen Einfall Eduardos unterbrachen sie ihren Weg mit einem Besuch des „Cirque de la Mer“, was allerdings damit endete, das auf diesem ein Feuer ausbrach und er zerstört wurde.
    Jedoch machten sie dabei die Bekanntschaft von Nico, einem der Zirkusartisten, der sich ihnen kurz darauf anschloss.
    Allerdings gelang es Wari Kai festzunehmen und auf seinem Schiff gefangen zu nehmen.
    Eine andere Artistin, namens Tigerlilly, wurde von einem gewissen Cornwall angeschossen, konnte sich aber mit Hilfe Typhons heilen. Da ihre Zukunft im Zirkus jedoch ungewiss war, beschloss Nico die bewusstlose Tigerlilly kurzerhand mit sich zunehmen.
    Cornwall suspendierte Wari von seinem Job, da dieser unerlaubte Geschäfte mit dem Zirkusdirektor führte, worauf der rachsüchtige Marinekapitän Mordspläne für den CP-S Agenten schmiedete.
    Das Marineschiff, auf dem sich die beiden und Kai befanden, legte ab, dicht gefolgt von Eduardo, Josie, Nico und der ohnmächtigen Tigerlilly, die sich sogleich auf den Weg machten, ihren gefangenen Freund zu retten…

    Es war immer noch Nacht, als das Marineschiff den Sturm hinter sich ließ und ihn ruhigeren Gewässern ankam. Damit verbunden hörte auch das heftige, durch starke Wellen verursachte Treiben des Schiffes auf und viele Matrosen und Marinesoldaten beschlossen schlafen zu gehen, zumal jetzt nur noch eine Handvoll Männer von Nöten war, um das Schiff auf Kurs zu halten.
    Auch der neue Kapitän des Schiffes, Cornwall, zog sich in sein Zimmer zurück, was seinem Vorgänger als Kapitän ein hinterhältiges Lächeln ins Gesicht zauberte. Es war eine klare, stille Nacht und niemand würde es bemerken, wie er den nächtlichen Schlaf des CP-S Agenten in einen unendlichen verwandeln würde. Prüfend straffte Wari den Strick in seinen Händen und lachte dabei auf verrückte, aber auch gedämpfte Art und Weise.
    Sein Lächeln wurde breiter, als er beobachtete, wie das Licht im Zimmer des Agenten erlosch.
    Wari wartete noch eine Stunde, um sicherzugehen, dass sein zukünftiges Opfer sich im Land der Träume befand, wenn er sich in sein Zimmer schlich um ihn im Schlaf zu erwürgen.
    Schritt für Schritt näherte er sich der Tür, in der einen Hand den starken Strick und in der anderen eine kleine Öllampe, und horchte noch ein paar Sekunden in die Stille, bevor er die Tür mit einem leisen Geschick öffnete, als wäre er schon einige Male irgendwo eingebrochen. Er schaffte es die Türe ohne ein einziges Geräusch aufzuschieben und durchleuchtete den Raum zunächst mit seiner Lampe. Und als er das Bild realisierte, das vor ihm spielte, stockte ihm der Atem.
    Er hatte erwartet einen schlafenden Cornwall vorzufinden, doch stattdessen saß er vor ihm auf dem Bett mit einer Tasse Kaffee in der Hand.
    „Was wollen sie hier?“
    „Weshalb sind sie noch wach?“
    „Was wollen sie hier?“, wiederholte er ruhig.
    „Weshalb sind sie noch wach?“, wiederholte auch Wari, noch hysterischer als zuvor.
    Cornwall zog die linke Augenbraue hoch und begriff, dass sie so zu keinem Ergebnis kommen würden. Also gab er nach.
    „Auch wenn ich nicht wüsste, was sie das angehen würde, ich schlafe grundsätzlich nicht. Aber da hätten sie meine Antwort. Nun will ich ihre“, forderte er und nippte an der Tasse.
    Wari, sichtlich überfordert, ließ einige Sekunden vergehen, bevor er begriff, dass von ihm eine Erklärung verlangt wurde. Es kostete ihm noch ein „Äh“, um seine Fassung zurück zu erlangen und eine ausgedachte Erklärung abzuliefern.
    „Ich wollte eigentlich zu Bett gehen, habe mich dann aber in der Tür geirrt. Schließlich war ich es, der seit vielen Jahren in genau diesem Zimmer schlief. Muss wohl Gewohnheitssache sein. Ich bitte um Verzeihung, Kapitän.“ Wari machte auf dem Absatz kehrt und wollte gerade wieder in die Nacht hinaus schreiten, als ihn der CP-S Agent zurück hielt.
    „Warten sie. Weshalb tragen sie einen Strick mit sich? Wollen sie jemanden erdrosseln?“
    „Nein… Natürlich nicht…“, stammelte Wari. Schweiß trat ihm auf die Stirn, als er erkannte, dass seine Existenz am seidenen Faden hing. Jetzt war seine Kreativität gefragt…
    „Um ehrlich zu sein … wollte ich …“, setzte er an. Wenn er jetzt etwas Falsches sagen würde, könnte er sich seine Karriere an den Hut stecken, das wusste er.
    „Mich erhängen.“
    „Was?“
    Plötzlich erkannte Wari etwas in Cornwalls Augen, dass er zuvor noch nie gesehen hatte. Sie waren nicht von Langeweile und Eintönigkeit gefüllt, wie sonst immer. Nein, es war unendliches Mitgefühl und so wie es schien, hatte er vor es auch auszuüben.
    „Sie wollte sich umbringen? Aber Selbstmord ist doch keine Lösung!“, während er sprach, stand er auf und legte eine Hand mitfühlend auf Waris Schulter. „Was haben sie sich nur dabei gedacht?!“
    „Aber … ich – “
    „Nein, warten sie. Ich mache ihnen erst einmal eine heiße Tasse Kaffee. Dann sehen wir weiter. Ich kenne da übrigens eine neue Stelle, bei der sie einen Neuanfang machen könnten. Die Marinebasis auf Suton Island sucht einen neuen Leiter. Und da es hier ganz in der Nähe liegt, könnte ich mir vorstellen, dass… “
    Und wie er sich versah, wurde Wari von Cornwall in die Kombüse geführt und ständig mit Zusprechungen des Lebenswillen überhäuft. Er hatte sich also das Mitgefühl eines emotions- und skrupellosen Eliteagenten mehr oder weniger erarbeitet. Er wusste zwar nicht ganz genau, wie er das geschafft hatte oder ob es genau das war, was er wollte, aber für den Moment konnte er sich damit abfinden. Mit der neuen Stelle als Leiter einer Marinebasis aber umso mehr.

    Ein paar Stunden später, auf einem anderen Schiff…

    Nachdem sie ein einige Meilen durch den Sturm zurückgelegt hatten, verzog sich der Orkan wieder und der Himmel klarte sich im Verlaufe eines Tages wieder auf. Nico packte diese Gelegenheit beim Schopfe und setzte sogleich seine Teufelskräfte ein, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen.
    Er verweilte ein paar Minuten dort oben, vom Schiff aus war er nur als kleiner Punkt am Himmel zu erkennen, der über unglaublich lange Beine mit dem Deck verbunden war.
    Als er seine Beine wieder zusammenzog, um zurück auf die Höhe der anderen zu kommen, rief ihm Eduardo entgegen.
    „Wie sieht’s da oben aus?“, fragte er.
    „Ich kann das Marineschiff sehen, aber es ist uns ein gewaltiges Stück voraus. Und da Marineschiffe für gewöhnlich schneller sind, als solche Karavellen wie unsere Streaming Seagull, vergrößert sich dieser Abstand immer weiter“, erwiderte Nico, der sofort wieder Kontakt zum Steuerrad suchte, so als würde er sich dort am wohlsten fühlen. Allerdings war es auch kein Geheimnis, das er sich gut mit der Navigation eines Schiffes auskannte, schließlich war er es gewesen, der das Schiff durch das Unwetter manövriert hatte. Ohne seine Hilfe wären Eduardo und Josie aufgeschmissen gewesen.
    „Es scheint so als würden sie irgendeine Insel ansteuern. Habt ihr eine Idee welche es sein könnte?“, wollte der frischgebackene Navigator wissen.
    „Naja, eigentlich hatten wir geplant in Suton Island vor Anker zu gehen, um unsere Vorräte aufzustocken. Wir müssten nicht weit davon entfernt sein“, erwiderte Josie.
    „Ach ja … Suton Island“, murmelte Nico überlegend. „Die Insel der Steine, richtig? Wenn ich mich recht entsinne, müsste sich dort eine kleine Marinebasis befinden. Vielleicht steuern sie die an.“
    Er begann das Steuerrad zu drehen und wechselte den Kurs. „Glücklicherweise liegt diese Insel noch in meinem Gedächtnis. Wir sind mit dem Zirkus daran vorbei geschippert.“
    Eduardo verschränkte die Arme und setzte ein misstrauisches Gesicht auf.
    „Wer hat dir eigentlich erlaubt unser Schiff zu steuern?“
    Nico erwiderte diese Aussage mit einem Stirnrunzeln.
    „Was hast du für ein Problem? Ich war es der euch auf die Spur des Marineschiff gelenkt hat und ich war es, der das Schiff aus diesem Sturm gebracht hat!“, sagte Nico.
    „Was auch schneller hätte gehen können. Ich halte hier die Stellung, solange Kai weg ist. Ich bin der Älteste und sozusagen der Vize-Kapitän“, behauptete Eduardo.
    „Du bist der Vize?“, spöttelte Josie. „Das ich nicht lache! Der Vize-Kapitän verbringt also 23 Stunden am Tag an der Seite unserer Invaliden? Sollte das nicht eigentlich der Schiffsarzt machen?“
    Eduardo blickte sie entrüstet an. „Hey! Tigerlilly braucht meine Unterstützung! Und immerhin warst du es, der diesen Streuner zu uns gebracht hast. Ich bin mir nicht sicher, ob Kai damit einverstanden ist, wenn du einfach Wildfremde in seine Crew einlädst.“
    „Aber Tigerlilly darf bleiben, oder wie?“
    „Das ist etwas anderes!“, meinte Eduardo, in dessen Stimme man Zorn hören konnte.
    „Aber wenn ich mich recht erinnere, gehört diese Schiff immer noch mir, und ich darf entscheiden wer darauf lebt und wer nicht!“, sprach Josie entschlossen und behauptete: „Ich bin der Boss!“
    „Ich bin der Navigator und bestimme wo es lang geht, also könnt ihr mich auch gleich wie der Kapitän behandeln“, beharrte Nico, was Grund dafür war, das Josie sich plötzlich zu ihm umwandte.
    „Hey! Fall mir nicht einfach in den Rücken, Nico! Wenn ich erst einmal der Kapitän bin, wirst du auch ganz sicher mein Vize. Versprochen“, bot sie ihm an und stupste dem Navigator mit dem Ellenbogen in die Seite, während sie verlockend mit der Augenbraue zuckte.
    „Machtgeiles Luder!“, riefen Eduardo und Nico wie aus einem Mund. In wenigstens einer Sache schienen sie sich einig zu sein und zwar, dass ein weiblicher Kapitän ganz sicher nicht in Frage käme.
    Eduardo machte beleidigt auf dem Absatz kehrt, um nach Tigerlilly zu sehen.
    „Ich kümmere mich um Lilly, die hintergeht mich nicht einfach für irgendwelche dahergelaufenen Streuner“, sagte er und donnerte die Tür zu den Schlafzimmern hinter sich zu.

    „Weil sie seit einiger Zeit bewusstlos ist und noch nie ein Wort mit dir gewechselt hat…“, fügte Josie im Stillen hinzu.
    Nico schnappte diese spöttische Bemerkung jedoch anders auf, als es Josie geplant hatte und setzte ein besorgtes Gesicht auf.
    „Machst du dir Sorgen um sie?“, fragte sie.
    „Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so lange bewusstlos ist, wenn du das meinst. Es ist jetzt immerhin schon ein Tag vergangen, seit wir den Zirkus verlassen haben.“
    „Ja, das ist mir auch schon aufgefallen“, gab Josie zu. „Als ich vorhin nach ihr gesehen habe, hatte sie Fieber und Schüttelfrost. Es ist so, als würde es ihr mit jedem Meter, den wir uns vom Zirkus entfernen schlechter zu gehen. Wirklich seltsam.“
    „Meinst du es hat etwas damit zu tun, was sie mit Typhon gemacht hat? Du weißt schon, diese Selbstheilungs-Sache“, fragte Nico darauf.
    „Ich weiß nicht. Dafür kenne ich mich zu wenig mit solchen Dingen aus“, bekennte sie und runzelte die Stirn. „Bis dahin wusste ich nicht einmal, dass das möglich ist. Sich zu regenerieren. Bisher habe ich das nur bei Kai gesehen.“
    „Was?“, fragte er überrascht.
    „Ja, er hat von einer Logia-Teufelsfrucht gegessen, was ihn beinahe unsterblich macht. Deswegen haben ihn ja auch diese Marinetypen verschleppt“, erklärte Josie.
    „Er besitzt auch Teufelskräfte?“
    „Du stellst ganz schön viele Fragen“, stellte sie fest. „Um genau zu sein, besitzt er die Kräfte der Metallfrucht. Ich habe ihn einmal beim Training beobachtet, als wir noch in Pretoria waren.
    Da hat ihn so ein Irrer mitten auf dem Trainingsplatz ein Messer in den Bauch gerammt.“
    „Wirklich?!“, warf Nico aufgeregt dazwischen und Josie erkannte Begeisterung in seinen funkelnden Augen, als würde sie von einem Helden erzählen.
    „Und als ich ihn das nächste Mal gesehen habe, war er topfit“, erzählte sie prahlend.
    „Echt? Ich dachte ich hätte eine starke Teufelskraft, aber seine muss ja enorm mächtig sein!“
    „Oh ja. Unser Kai, das ist ein ganz Harter“, prahlte sie und setzte dabei das coolste Gesicht auf, das sie zustande brachte. „Wenn du weißt was ich meine. Und seine Crew“, setzte sie an und kam Nico dabei bedrohlich näher, „ist nicht weniger hart als er. Wir sind alle Hardcore - okay, unseren Vollzeit-Fanboy mal ausgeschlossen – und du kannst dich glücklich schätzen zur härtesten Crew des ganzen South Blue zu gehören.“
    „Habt ihr überhaupt Steckbriefe?“, misstraute Nico und wandte sich wieder seinem Steuer zu. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich nämlich noch nie zuvor etwas von euch gehört.“
    „Das ist auch richtig so. Wir sind nämlich so hart, dass es sich für keinen Kopfgeldjäger lohnen würde, sich unseren Kopf zu holen.“
    „Natürlich. Wie konnte ich das vergessen“, spöttelte er.
    Josie wandte sich arrogant um und begann die Treppe des Vorderdecks hinunterzusteigen.
    „Wenn du nicht mit meiner Härte klarkommst, dann – “, setzte sie eingebildet an, übertrat allerdings eine Stufe, geriet ins Stolpern und landete längs auf dem unterem Denk.
    Nico wollte ihr schon zu Hilfe stürmen, doch Josie meldete sich schon wieder lautstark zu Wort.
    „Nichts passiert!“
    „Weil du ja so unglaublich hart bist, nicht wahr?“, vermutete er mit einer hochgezogenen Augenbraue.
    „Genau!“




    Kapitel 33: Der Seeberg

    Die Sonne strahlte auf mein Gesicht, als ich langsam wieder mein Bewusstsein zurückerlangte.
    Ich schlug die Augenlider auf, kniff sie aber sofort wieder zusammen, da mir die Sonnenstrahlen sonst mit voller Stärke die Augen verbrannt hätten. Eigentlich hätte ich in einem Seesteinkäfig auf einem Marineschiff aufwachen sollen, doch meine Hände spürten nicht die Holzbretter, die für einen Schiffsboden üblich waren. Sie spürten Erde. Staubige, trockene Erde.
    Neugierig wagte ich einen zweiten und diesmal vorsichtigeren Versuch die Augen zu öffnen. Als sich meine Sicht an den starken Sonneneinfall gewöhnt hatte – der in meiner Zelle übrigens überhaupt nicht vorhanden gewesen war – erkannte ich, dass ich mich auf einer ziemlich kargen Steinebene befand. Sie reichte etwa 100 Meter bis zu einer Felswand, die sich beinahe lotgerecht zu Sonne erhob. Die Wand war ziemlich hoch, wahrscheinlich zu hoch um sie hinauf zu klettern und besaß eine dunkelbläuliche Färbung, die sie aber nicht zu stark entfremdete, sodass man sie immer noch als Felswand anerkennen konnte. Beim umsehen fiel mir auf, das sich die Felswand wie eine Mauer um mich zog und so den sichtbaren Teil des Himmels enorm verkleinerte. Was mich auf den Gedanken brachte, dass es genau Mittagszeit war, denn hier war die Sonne nur sichtbar, wenn sie im Zenit stand. Einen Sonnenaufgang oder –Untergang würde man hier niemals erleben.
    Anscheinend befand ich mich in einer Art Krater.
    Bei genauem Hinsehen erkannte ich auch Bauten, die wie Fenster, Balkone und Türen, in die Felswände eingelassen waren. Es sah nicht so aus, als hätte sie Mutter Natur erschaffen. Nein, sie waren durch Menschenhand erbaut wurden. Es gab hier also Menschen, und nach der Anzahl der Bauten zu beurteilen nicht besonders wenige.
    Optimistisch hoffte ich darauf, dass vielleicht ein Mensch unter ihnen dazu fähig war, mir weiterzuhelfen oder mir einfach nur zu sagen, wo ich war und zu welchem Grund.
    Umso niedergeschlagener wurde ich, als ich ein riesiges Marinesymbol erkannte, dass in die Felswand graviert worden war.
    Natürlich. Wenn man so jemand war wie ich, konnte man ja auf nichts Gutes hoffen.

    Erst jetzt realisierte ich auch ein kleines Lager, dass nur wenige Meter von mir entfernt lag. Es bestand aus ein paar Tischen und etlichen Kisten und Fässern, über die man ein breites Sonnensegel gespannt hatte. Auf den Tischen erkannte ich verschiedene Geräte und Apparaturen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Außerdem hatte jemand den ganzen Inhalt einer kleinen, gut sortierten Bibliothek auf die Oberflächen getürmt. Ich wollte aufstehen, um mir die Bücher anzusehen, doch etwas hielt mich am Boden. Ich bemerkte viel zu spät, dass ich an einen Pfahl gefesselt worden war.
    Ich sah an mir hinab und zerrte an den Ketten, die man mir um den Bauch gebunden hatte. Sie fixierten mich fest an einem vertrockneten Holzpfahl.
    Momentmal, dachte ich. Die Ketten waren aus Metall, das konnte man deutlich an der glänzenden Oberfläche erkennen. Wären sie aus Seestein gewesen, hätten sie eine mattere Färbung gehabt. Eigentlich hätte ich mich ganz leicht von den Fesseln befreien können, durch den Einsatz meiner Teufelskräfte. Eigentlich.
    Normalerweise hätte ich die Ketten einfach verbiegen und aufbrechen können. Aber ich spürte irgendetwas, dessen Anwesenheit meine Fähigkeiten blockierte. Als würde ich Seestein berühren.
    Jedoch war er nirgends.
    Außerdem konnte die Marine mich hier doch nicht einfach ohne Aufsicht und ohne Seestein platziert haben, wenn sie doch genau wussten, dass ich Teufelskräfte besaß.
    Aber anscheinend würde ich aus diesen Überlegungen sowieso nicht schlau werden.
    Jetzt zählten keine Gedanken, sondern Taten. Schließlich konnte dies einer meiner letzten Momente in Freiheit sein, oder aber meine letzte Gelegenheit, mich selbstständig zu befreien.

    Das Holz des Pfahls, an den ich gefesselt war, war sehr spröde und trocken, die Metallkette hingegen robust und an manchen Stellen etwas scharfkantig, sodass sie mir an manchen Stellen ins Fleisch schnitt. Ich kombinierte diese Eigenschaften miteinander und beschloss die Kette als eine Art Säge zu benutzen, um den Holzpfahl zu durchbrechen. Also stemmte ich mich gegen den Pfahl, richtete mich auf und begann mich hin und her zu bewegen. Die Kette schien mich zwar nicht weniger zu verletzen als den Pfahl, aber wenn ich mich befreien wollte, musste ich dieses Opfer bringen. Ich biss die Zähne zusammen und sägte weiter.

    Gerade als die Kette etwa ein Viertel der Pfahldicke abgenutzt hatte, hörte ich wie jemand von hinten kam. Ich wandte mich um und sah eine junge Frau. Sie war etwa zwei Jahre älter als ich, trug die typische Marine-Uniform mit Kappe und hatte ihr schwarzes, lockiges Haar zu einem schlampigen Zopf zusammen gebunden. Beinahe schon gleichgültig schlenderte sie an mir vorbei und würdigte mich nur eines kurzen Blickes, der sie aber immerhin zum Anhalten zwang.
    „Was soll der Unsinn? Du tust dir ja nur selber weh!“, bemerkte sie verständnislos und musterte die Kratzer, die ich mir selbst zugefügt hatte. Sie schien zu begreifen, dass die Verletzungen lediglich oberflächlich waren und warf mir durch ihre schlitzförmigen Augen noch einen zweifelnden Blick zu, bevor sie ihren Weg zum Lager fortsetzte. Sie kramte in einer Kiste und zog ein Seil hervor, das sie ohne zu zögern um meinen aufgeschürften Bauch band. Ich ächzte vor Schmerz und um noch einen drauf zu setzen, zog sie das Seil einmal fest zu zusammen, als sie es verknotete, was mir einen kleinen Schmerzensschrei entlockte. Dann löste sie die Metallketten und ging wieder zurück zum Lager. Sie setzte sich an einen der vollbeladenen Tische und begann einen Stein zu analysieren, in dem sie Proben mit einem Werkzeug abmeißelte und in verschiedene Lösungen legte. Gelegentlich spaltete sie die Steine auch ganz auf und nicht selten kam ein kleiner Edelstein dabei heraus, den sie dann auch in die Flüssigkeiten einlegte.
    Ich beobachtete sie eine Weile bei ihrer Arbeit und im Verlaufe des Mittags kamen zwei Marinesoldaten vorbei. Sie stellten an den Rand des Lagers und salutierten.
    „Seekadett Cheng, sie haben uns hierher bestellt?“, sprachen sie wie im Chor. Dabei richteten sie ihre nervösen Blicke allerdings auf mich, was ich mit einer gespielt drohenden Kopfbewegung erwiderte, worauf die beiden zusammenzuckten. Die Seekadettin wandte ihren Blick nicht von dem Stein vor ihr ab, sie deutete nur mit ihrer Hand auf eine Kiste voller Bücher.
    „Drei, Sechs, nehmt die Kiste da mit und ersetzt die Bücher darin durch neue. Lasst euch diesmal nicht so viel Zeit“, kommandierte sie. „Und schickt mir Zwei her, er hat irgendwo Schokolade versteckt. Sorg dafür, dass ich sie in die Finger bekomme.“
    „Aber Seekadett, wir haben ihnen diese Kiste doch erst vor drei Tagen hergebracht… Haben sie etwa schon alle gelesen?“, sagte einer der beiden zaghaft.
    Seekadettin Cheng wandte sich darauf langsam um und warf den beiden Marinesoldaten einen so einschüchternden Blick zu, das er ihnen Schweiß auf die Stirn trieb.
    „Sehe ich so aus als hätte ich Lust euch zu erklären, weshalb das so ist? Ich interessiere mich nicht für euer erbärmliches Leben und ihr habt euch nicht für mich zu interessieren. Was steht ihr noch so rum? Geht!“, befahl sie ihnen. Die beiden schnappten sich die Kiste voller Bücher und verschwanden so schnell, wie sie konnten. „Und besorgt mir die Schokolade!“, rief sie ihnen hinterher.
    „Soldatenpack“, murmelte sie in sich hinein und wandte sich wieder ihrem Stein zu.
    Trotzallem konnte ich mir eine leises Schmunzeln nicht unterdrücken. Sie bemerkte es und belohnte mich mit einem verächtlichen Blick. „Gefangenenpack“, murmelte sie wieder.

    Ein paar Stunden später war sie immer noch in ihre Arbeit vertieft und bemerkte eine herannahende Person nicht. Der Mann trug einen schwarzen Anzug und machte einen sehr gelangweilten Eindruck.
    Dennoch schien er interessiert in die Forschungen der Seekadettin zu sein und weckte die junge Frau erst aus ihren Analysen, als er direkt hinter ihr stand. „Seekadettin!“
    Sie schreckte zusammen und stand sofort auf und salutierte, als sie erkannte welche Autorität sich hinter ihr befand. „Agent Cornwall!“, sagte sie.
    „Es ist mir eine Ehre sie hier auf Suton Island zu begrüßen, Sir.“
    „Das Vergnügen liegt ganz auf meiner Seite“, erwiderte Cornwall, was man ihm aber nicht abnahm, da er sich in keine Hinsicht um ein vergnügtes oder gar erfreutes Gesicht bemühte.
    „Wie heißen sie nochmal?“, fragte er und schaute sich dabei im Lager um.
    Alexandra Cheng, Sir. Aber sie können mich auch Lexie nennen, Sir.“
    „Keine Interesse“, sagte er. „Wie läuft es mit der Forschung?“
    Lexie sprach nun mit purer Begeisterung und hielt ihm den Stein entgegen, mit dem sie sich schon seit einiger Zeit beschäftigte. „Ich habe gerade Gesteinsart entdeckt, die eigentlich nur im North Blue vorkommt, Sir. Und das ist eine unglaubliche Entdeckung, da wir uns hier – “
    „Im South Blue befinden, ich weiß“, führte er Lexies Erklärungen zu Ende.
    „Wie auch immer“, fuhr er fort. „Mich zieht es wieder auf die Grand Line und ich würde gerne ein Schiff beschichten, damit ich den Calm Belt durchfahren kann. Können sie das der Werft ausrichten?“
    „Natürlich, Sir.“
    Und ohne Weiteres verschwand der Agent wieder.
    Auch diese Situation zwang mir ein Lächeln auf die Lippen. Schließlich hatte Cornwall sie eben genauso behandelt, wie sie es zuvor bei den Marinesoldaten getan hatte.
    Lexie bemerkte es wieder, kam mir dieses Mal aber bedrohlich näher. Sie griff mir mit der Hand in die Haare, drückte meinen Kopf gegen den Holzpfahl und ich war plötzlich gezwungen ihr ins Gesicht zu blicken. „Weshalb lachst du die ganze Zeit? Wie kann man in deiner dreckigen Situation noch lachen?“, fragte sie. „Also gut, wenn dir das Lachen nicht von alleine vergeht, werde ich eben dafür sorgen. Mir ist es zwar untersagt, mit den Gefangenen zu sprechen, aber ich werde ehrlich zu dir sein, mein Freund. Ist dir vielleicht schon aufgefallen, dass du deine Teufelskräfte nicht mehr einsetzen kannst?“
    Ich nickte zaghaft, da ich keine Ahnung hatte, woher sie das wusste.
    „Und weißt du woran das liegt? An diesem Berg, in dem wir uns befinden“, erkläre sie und deutete auf die Felswände, die sich um uns herum gen Himmel erhoben. „Das ist der Seeberg, ein Berg, der durch und durch aus Seestein besteht. Es ist der einzige auf der ganzen Welt. Und genau hier wird all der Seestein abgebaut, den die Welt heutzutage benötigt. Seine Wirkung ist so groß, dass du ihn nicht einmal berühren musst, um den Verlust deiner Teufelskräfte zu erleiden.
    Und außerdem befindet sich hier eine Marinebasis. Kein guter Ort für einen Killer wie dich, findest du nicht?“
    „Killer?“, spöttelte ich.
    „Willst du es etwa verleugnen? Ich bin der einzige Mensch in dieser Basis, der es sich traut, dich zu bewachen. Alle anderen zittern doch schon in deiner bloßen Anwesenheit, wie du ja vorhin bemerkt haben müsstest“, sagte sie.
    „Weshalb solltest du die einzige sein, die nicht vor mir Angst hat? Ich bin nur ein ganz normaler Junge, der Teufelskräfte besitzt.“
    „Ja, ein ganz normaler Junge, der 573 Menschenleben ausgelöscht hat!“, schrie sie mich an und festigte ihren Griff. „Was?“
    „Du warst es, der ganz Pineapple Hills ausgelöscht und niedergebrannt hat! Du hast all diese Morde begangen!“


    Kapitel 34: Die Felsenfrau

    Am Morgen des Tages, an dem ich im Seeberg aufwachte, kamen auch Eduardo, Josie und Nico auf Suton Island an. Schon aus der Ferne erkannten sie das unglaubliche Relief der Insel. Überall erhoben sich Berge und Klippen aus dem Boden. Dazu kam, dass die Insel nicht besonders groß war und so durch die vielen Erhebungen auf engstem Raume, ein ziemlich schroffes Terrain darbot. Man hätte meinen können, das die Natur sich hier von ihrer rausten Seite zeigen würde, jedoch bemerkten die drei bei genauerem Hinsehen auch Dinge, die eindeutig von Menschenhand erbaut wurden: Aus manchen Bergen ragten große Schornsteine, die pechschwarzen Rauch ausspien und ich einer breiten Bucht lag ein ziemlich großer Hafen, an dem einige Marineschiffe vor Anker lagen.
    Sie änderten ihren Kurs, um der Marine nicht in die offenen Arme zu laufen.
    Nachdem sie ein Stück weiterfuhren, stießen sie auf eine kleine, abgelegene Bucht, die zwischen zwei hohen Klippen versteckt war. Hier konnten sie in aller Ruhe an Land gehen, da die Klippen die Streaming Seagull beinahe komplett verbargen.

    „Also, was wissen wir über die Insel?“, fragte Eduardo in die Runde.
    „Auf dieser Insel soll es sämtliche Gesteinsarten der Welt geben, eine Marinebasis soll hier stationiert sein und – jetzt kommt das Wichtigste – sie ist die Herkunft des Seesteins“, erklärte Josie, die ein Buch in der Hand hielt, in dem sie sich gerade eben schlau gemacht hatte.
    „Aus dem sogenannten Seeberg wird seit nun mehr 100 Jahren der weltbekannte Seestein abgebaut. Die Kraft des Seebergs ist so enorm, dass sie sämtliche Teufelskräfte auf der Insel ausschaltet“, las sie vor. „Das könnte knifflig für dich werden, Nico“, fügte sie hinzu und blickte ihn an.
    „Ja, da könntest du Recht haben. Vielleicht ist es besser, wenn ich hier bei Lilly bleibe, während ihr versucht Kai zu befreien“, schlug er vor.
    „Gut, dann steht alles fest. Mir ist zwar nicht wohl bei dem Gedanken dich hier alleine bei Tigerlilly zu lassen, aber es wird schon nichts geschehen!“, sagte Eduardo. Er machte sich schon zielstrebig auf den Weg, das Schiff zu verlassen, doch Josephine hielt ihn zurück.
    „Warte, hier steht noch etwas“, meinte sie, während sie noch las. „Hier soll es eine seltene Art der Halbblüter geben, die Felsenmenschen.“
    „Halbblüter?“, fragte Nico verwirrt. Josie wandte wieder ihren Blick vom Buch ab und erklärte ihm, was sie damit meinte. „Du weißt schon, Menschen, die zur Hälfte Mensch und zu anderen Hälfte etwas anderes sind. Zum Beispiel Fischmenschen oder Werwölfe. Ich habe auch einmal von Vogelmenschen gehört.“
    „Okay. Meint ihr die könnten gefährlich werden?“, wollte Nico wissen.
    „Nur wenn sie der Marine angehören. Aber so wie ich die Marine kenne...“, murmelte Eduardo nachdenklich. „Habt ihr schon einmal etwas von ‚schlechter Geschichte‘ gehört?“
    „Nein“, gaben beide zu.
    „Damit wird ein Zeitabschnitt bezeichnet in dem diese Halbblüter sehr schlecht behandelt wurden. Sie wurden von den Menschen rassistisch abgetrennt und versklavt. Teilweise wurden sie auch so behandelt, als hätten sie überhaupt nichts Menschliches in sich“, erklärte der Degenkämpfer ernst.
    „Ich habe zwar noch keine Geschichten über diese Felsenmenschen gehört, aber mich würde es nicht wundern, wenn man sie nicht weniger mies als einfach Steine behandelt würde.“
    Und das was wir kurze Zeit später erfuhren, bestätigte Eduardos Vermutung…

    Er und Josie gingen schließlich an Land und begannen, die Umgebung zu erkunden. Es fiel ihnen zwar immer wieder schwer, die dunkelgrauen Felsen und Klippen zu überwinden, doch sie setzten ihren Weg fort. Sie fanden einen sehr schmalen, unbefestigten Pfad, der ihnen einen Weg durch das steinerne Labyrinth darbot. Teilweise schmiegte er sich eng an die schroffen Felswände und die beiden Freunde kamen das ein oder andere Mal ins Taumeln, wenn sie einen Blick hinunter in den Abgrund verloren, der im aufgewühlten Ozean endete. Die Küstengegend war zwar ziemlich trist, auf dem Stein wucherten nur ein paar Gräser und Flechten, trotzdem bot sie einen gigantischen Anblick. Die Brandung schlug immer wieder und deutlich hörbar gegen den Stein, was den beiden Respekt einjagte. Ein falscher Schritt konnte einen Absturz bedeuten und damit höchstwahrscheinlich den Tod.

    Nach einer Weile bog der Pfad ins Inselinnere ein und der graue Granit weichte einem rötlichen Sandstein. Jetzt, da sie sich von der Küste entfernten, flaute auch der kühle Meereswind ab und die beiden bemerkten erst jetzt die sengende Hitze der Sonne.
    Nach wenigen Metern kamen die beiden schon ins Schwitzen.
    Glücklicherweise führte der Weg nun durch eine Felsspalte, die ihnen reichlich Schatten bot.
    Nach etwa einer weiteren halben Stunde und einer kleinen Rast, erreichten sie das Ende der Felsspalte und die beiden fanden sich auf einer ziemlich großen Ebene wieder, die von roten Felswänden umgeben war. Aus den Wänden ragten unterschiedlich große Quader, die wie Häuser angelegt waren und Fenster und Türen besaßen. In der Mitte der Ebene hatte man einen Platz aus Steinen gepflastert, auf dem sich eine Handvoll Menschen tummelte.
    „Ist das hier eine Art … Dorf?“, fragte sich Josie. „Ich frage mich, ob – “
    Plötzlich wurde sie von Eduardo zu Seite gerissen und ein melonengroßer Stein verfehlte Josie nur um Haaresbreite. Das Geschoss hinterließ eine tiefe Delle in der Felswand hinter ihnen, bevor er mit einem dumpfen Aufschlag wieder auf dem Boden ankam.
    „Was zum…“, stammelte Josie und musterte verdutzt die Delle.
    Ein kleiner Junge kam daher gerannt und entschuldigte sich bei den beiden. Er behauptete, dass er aus Versehen den Stein in ihre Richtung geschossen hatte. Zwar fragten sich die beiden, wie dieser Junge überhaupt dazu fähig gewesen sein konnte, einen solchen Stein irgendwohin zu befördern, doch sie waren viel mehr in sein Aussehen interessiert. Er sah genauso aus wie der Sandstein, der sie umgab. Seine Haut war rau und schroff und fühlte sich bestimmt kalt an, wie die beiden vermuteten. Lediglich seine Augen sahen aus wie die eines Menschen, der Rest sah aus wie geformter Fels.
    Sie hatten einen echten Felsenmenschen vor sich.
    „Sadel!“, rief eine Mädchenstimme und lenkte die Aufmerksamkeit aller drei auf eine heran stampfende junge Frau.
    „Oh-oh, das ist meine Schwester Marmia. Sie besitzt wahrlich ein Herz aus Stein!“, meinte der Felsenjunge.
    „Wie oft solch ich dir noch sagen, dass du mein Haustier nicht als Spielball benutzen sollst, du kleiner Bastard!“, schrie sie den kleinen Sadel an und verpasste ihm eine gutgezielte Kopfnuss.
    „Hat man dich dazu erzogen, so mit Fremden umzugehen? Und jetzt geh, du Missgeburt!“, brüllte sie weiter. Ihrem Bruder stiegen Tränen in die Augen und als er wegrennen wollte, setzte sie ihm noch mit einem Tritt in den Rücken nach, wodurch Sadel hinfiel und danach seinen Schritt beschleunigte, um schnell in einer der Wohnungen zu verschwinden.

    „Also was kann ich für euch tun?“, fragte Marmia plötzlich auf eine komplett andere, höflich zuvorkommende Art und Weise. Josie und Eduardo rangen um Worte, beide waren ziemlich geschockt vom Verhalten der jungen Frau.
    Sie ähnelte ihrem Bruder nicht sehr, auch wenn man ihr deutlich ansah, dass sie auch ein Felsenmensch war. Ihre Haut war weiß wie Marmor und so glatt und makellos, als hätte sie jemand geschliffen. Ihre langen Haare waren ebenfalls weiß, genauso wie ihre Augen.
    „Du hast was von einer Statue, meine Liebe“, meinte Josie kritisch, als sie das Gesamtpaket betrachtete. Und plötzlich schlug Marmias Stimmung wieder um.
    Sie packte Josie am Kragen und schüttelte sie kräftig durch.
    „Ich hab auch schon bessere Komplimente gehört, du Miststück!“, brüllte sie dabei.
    Eduardo versuchte mit sanfter Gewalt zwischen die beiden zu gehen, musste aber ziemlich handgreiflich werden um die hasserfüllte Felsenfrau von Josie wegzuzerren.
    „Kommen wir doch erst einmal wieder runter“, sagte Eduardo und machte dabei eine beruhigende Handbewegung. Zudem fügte er noch eine Frage hinzu um Marmia auf andere Gedanken zu bringen. „Du sagtest vorhin, dein Bruder solle nicht dein Haustier als Spielball benutzen. Für mich sieht das eher aus wie ein ganz normaler Stein.“
    „Nein, da täuscht du dich“, sagte Marmia wieder mit einen freundlichen Ton. Sie hob den Stein vom Boden auf und streichelte ihn. Völlig unerwartet rollte er sich auseinander und offenbarte so Schnauze, Schwanz, Gliedmaßen und Ohren eines kleinen Säugetiers.
    „Das hier ist eine seltene Gürteltierart, die lediglich hier verbreitet ist“, erklärte sie, während das Tier an ihren Fingern leckte. „Sie heißt Gneix.“ Sie streichelte das Gürteltier noch ein paar Mal, bevor sie es wieder auf den Boden setzte. „Ich habe eine kleine Konditorei. Sie ist gleich um die Ecke. Wenn ihr wollt, spendiere ich euch ein Stück Kuchen“, schlug sie vor und machte sich auf den Weg, während Gneix sich wieder zusammenrollte und neben ihren Füßen umher kullerte.
    Josie und Eduardo hatten eigentlich nicht vor, hier wertvolle Zeit zu verschwenden, doch Marmia nahm ihnen diese Entscheidung ab. „Ich bestehe darauf!“, brüllte sie.
    Schließlich folgten die beiden der Felsenfrau ohne Widerrede.
    „Diese Frau macht mir Angst“, murmelte Josie.
    „Mir auch“, flüstere Eduardo zurück.



    Kapitel 35: Das Erdherz

    „Alle Felsenmänner wurden also versklavt, um in den Bergmienen arbeiten?“, fragte Eduardo um sich zu vergewissern, dass er sich gerade eben nicht verhört hatte.
    Marmia hatte die beiden in ihre kleine, aber gemütliche Konditorei geführt. Drinnen war eigentlich alles aus Stein gemacht, selbst die Möbel und das Geschirr mit dem die junge Felsenfrau den Tisch gedeckt hatte, war daraus hergestellt worden.
    Nachdem sie sich gesetzt hatten, war es Josie, die gefragt hatte, wo den all die Männer in diesem Dorf sein würden. Denn den ganzen langen Weg bis zur Konditorei war den dreien kein einziger Mann über den Weg gelaufen, nur Frauen und Kinder.

    „Richtig. Sobald ein Junge bei uns ein bestimmtes Alter erreicht, wird er von der Marine verschleppt und gezwungen bei den Bergarbeiten zu helfen“, erklärte Marmia genauer, aber mit einer sehr niedergeschlagenen Art und Weise. „Mein Verlobter ist auch dort.“
    Offensichtlich hatte Josie mit ihrer Frage ein sehr unpassendes Thema angeschnitten, denn man sah Marmia an, wie sie ihre Tränen unterdrückte.
    „Das tut uns leid“, meinte Eduardo mitleidend. „Aber dennoch. Aus welchem Grund versklavt die Marine nur Männer? Sie hätten doch viel bessere Verdienste wenn sie hier jeden zwingen würden, für sie zu arbeiten.“
    Marmia warf ihm einen hasserfüllten Blick zu.
    „Willst du etwa, dass ich eine Sklavin werde?“, brüllte sie ihn an. Eduardo fiel fast von seinem Hocker, als die junge Frau wie so oft ihr lautestes Organ einsetzte. Er hätte es besser wissen müssen, aber er hatte sich noch nicht an die schnellen Umschwünge von Marmias Laune gewöhnt.
    „Aber nein, du hast recht“, gab Marmia zu. „Es gibt einen bestimmten Grund, weshalb die Marine nur Männer versklavt.“
    „Und der wäre?“
    „Naja, die Marine versklaven uns eigentlich nur, weil wir Felsenmenschen besonders gut mit Steinen umgehen können. Wir können praktisch eins mit ihnen werden und verfügen über große Macht, wenn wir in Kontakt mit ihnen stehen. Außerdem stellen wir die einzige Möglichkeit dar, Seestein abzubauen. Wie ihr wahrscheinlich wisst, ist dieser härter als Diamant und kann nur von Felsenmenschen abgebaut oder geformt werden.“
    „Das ist logisch“, sagten ihre beiden Zuhörer.
    „Jedoch“, setzte Marmia wieder an, „denkt die Marine, dass ausschließlich Männer unseres Volkes die Kraft besäßen, Felsen und Stein zu beherrschen.“
    Eduardo runzelte die Stirn. „Stimmt das denn?“
    „Nun ja...“, murmelte Marmia und hob einen kleineren Felsbrocken vom Boden auf. Er war zwar nicht deutlich groß, musste aber ein paar Kilogramm wiegen. Jedoch nahm Marmia den Brocken ohne Probleme in eine Hand und wägte sein Gewicht ab. Dann legte sie ihren Arm nach hinten, so als würde sie ihn nun am liebsten gegen eine der Wände werfen.
    Eduardo und Josie saßen mit weit geöffneten Augen da. „Sie wird doch jetzt nicht…“
    Sie tat es. Mit aller Kraft donnerte sie den Stein gegen eine gegenüberliegende Wand, wo er ein fenstergroßes Loch hinterließ.
    „Habt ihr Felsenmenschen eigentlich eine Leidenschaft dafür, Steine gegen Wände zu werfen?“, murmelte Josie immer noch überrascht von der Kraft der Felsenfrau.
    „Keine Angst, da hier ja alles aus Stein ist, macht das nichts aus“, meinte Marmia nebensächlich. „Das Loch hier bringe ich später wieder in Ordnung. Ach ja, ich wollte euch ja einen meiner Kuchen servieren! Ich bin gleich wieder da“, sagte sie und verschwand im Nebenraum.

    „Weshalb wundere ich mich eigentlich, dass dieses Volk versklavt wird?“, fragte sich Eduardo.
    „Ja, das hätte uns sofort klar sein sollen. Weshalb sollte man diese Menschen anders behandel als die Fischmenschen?“, wollte Josie wissen. Doch ihre Frage wurde nicht beantwortet, da in diesem Moment Marmia zurück kam, beladen mit zwei Kuchentellern. Sie lud sie in der Mitte des Tisches ab und sogleich begann Josie die etwas eigenartig aussehenden Kuchen zu mustern. Von sich aus hätte sie niemals einen der beiden Kuchen auch nur angerührt, doch sie wollte nicht erfahren, was Marmia ihr antun würde, wenn sie sie verschmähen würde.
    „Ich hätte gerne ein Stück vom rechten Kuchen“, sagte sie.
    „Das ist mein preisgekrönter Marmorkuchen. Du wirst davon begeistert sein“, behauptete Marmia und hievte ihr ein großes Stück auf ihren Teller.
    Josie nahm es in die Hand, dachte nicht lange darüber nach und überwand sich.
    Doch sie biss im wahrsten Sinne des Wortes auf Stein.
    Offenbar hatte der Kuchen nicht nur die Maserung mit seinem Namensgeber gemeinsam.
    „Willst mich umbringen?“, schrie Josie und warf das Stück Kuchen aus dem Fenster.
    Abermals kam Marmia auf Josie zu und zog sie am Kragen hoch.
    „Willst du etwas sagen, dass ich nicht backen kann?“, grummelte sie tyrannisch.
    „Hey, Leute, beruhigen wir uns doch wieder, wir sind doch keine Felsenmenschen hast du das vergessen?“, funkte Eduardo dazwischen.
    Als Marmia das plötzlich klar wurde, ließ sie Josie wieder auf den Boden sinken und begann sich zu entschuldigen. „Oh, das tut mir jetzt aber leid… Wollt ihr dann vielleicht ein Stück von diesem Sandkuchen probieren?“, bot sie an.
    „Wenn es so ist, wie ich vermute, hätten wir da ein ähnliches Problem“, meinte Eduardo resigniert.

    Ein paar Minuten später hatte sich die Situation wieder entspannt und Eduardo begann schließlich Klartext zu reden.
    „Wir sind eigentlich hier, weil ein Freund von uns von der Marine gefangen genommen wurde und sie ihn nun hier gefangen halten. Hast du eine Ahnung wo er sein könnte?“
    „Seit kurzem befindet sich im Seeberg eine Marinebasis. Sie heißt G13. Höchstwahrscheinlich werden sie ihn dort versteckt halten“, vermutete Marmia.
    „Und wie kommen wir dahin?“, fragte Josie.
    Marmia runzelte die Stirn und erklärte: „Zu zweit könnt ihr das unmöglich schaffen. Der Seeberg besitzt nur einen einzigen Zugang, eine Art Tunnel, und dieser wird von einem gewaltigen Tor aus Metall blockiert. Von den unzähligen Wachen einmal abgesehen.“
    „Ein Tor?“
    „Genau, sie halten schließlich auch die Männer unseres Volkes da drin gefangen. Wir verbliebenen Frauen hätten sicherlich schon versucht unsere Männer zu befreien, doch gegen Metall haben wir einfach keine Chance. Das Tor hält uns hier draußen und die Männer dort drinnen.“
    „Und weshalb erschafft ihr nicht einen weiteren Zugang zum Inneren des Kraters?“, wollte Eduardo wissen. „Das würde zu lange dauern. Selbst wir würden Ewigkeiten brauchen um einen Tunnel durch ein so hartes Gestein zu graben“, sagte Marmia.
    „Verstehe“, erwiderte er.
    „Kann nicht Kai mithilfe seiner Teufelskraft das Tor beseitigen?“, hakte Josie nach, doch kurz darauf wurde sie von Eduardo verbessert:
    „Nein, das kannst du vergessen. Der Seeberg schaltet doch seine Kräfte aus.“
    „Ach ja, stimmt“, murmelte sie einsehend. „Und was wenn wir uns in die Basis einschleichen?“
    Marmia schüttelte ihren Kopf. „Nein, es gibt nur einen Weg.“
    Sie nahm den Anhänger einer Kette, die sie um den Hals trug, in die Hand. Der Anhänger war aus Stein und hatte die Form einer Herzhälfte. Es sah so aus, als hätte jemand ein ganzes, steinernes Herz gewaltsam auseinandergebrochen, da die Bruchlinie sehr schroff aussah.
    „Wisst ihr was das ist?“, fragte sie ernst. Die beiden schüttelten den Kopf.
    „Einmal im Jahr erschafft ein Felsenmensch ein solches Erdherz. Wenn sich zwei Felsenmenschen lieben, lassen sich ihre beiden Herzhälften verbinden und wenn das geschieht, wächst nach und nach aus den beiden Erdherzhälften ein neuer Felsenmensch heran“, erklärte sie. Als sie jedoch fortfahren wollte, musste sie erst einmal schlucken.
    „Jedoch lassen sich die Erdherzen nur wenige Tage nach dem Erschaffen miteinander verbinden. Findet keine Verbindung zu einer anderen Herzhälfte statt, stirbt die Herzhälfte und es ist nicht mehr möglich mit ihm eine Verbindung einzugehen“, erklärte sie und unterdrückte wieder ihre Tränen.
    „Heißt das, dieses Erdherz ist…“
    „Ja, es ist tot“, sagte sie und eine der Tränen schaffte es, ihr die Wange hinunter zu fließen.
    „Ich hatte vor, es mit dem meines Verlobten zu verbinden, jedoch wurde er genau zu diesem Zeitpunkt von der Marine gefangen genommen.“
    Eduardo und Josie wussten nicht genau wie sie reagieren sollten, also versuchten sie vom Thema abzulenken.
    „Das ist wirklich Schade“, sagte Josie.
    „Aber wie genau soll uns diese Erdherzhälfte helfen, Kai und die Felsenmänner zu befreien?“
    Marmia strich sich eine weitere Träne aus dem Gesicht und fasste sich wieder.
    „Auch wenn dieses Erdherz tot ist, ist es dennoch sehr reich an Energie. Es besitzt die Energie eines ganzen Kontinents. Somit ist es praktisch das Gegenstück zum Seestein.“
    „Wirklich?!“ Josie und Eduardo waren vor lauter Überraschung aufgestanden. Sie konnten es nicht fassen, dass es ein Mittel gab, das die Kraft des Seesteins wieder aufhebt.
    „Ja. Und wenn euer Freund wirklich in der Lage ist, dieses Metalltor niederzureißen, werde ich es ihm geben“, beschloss Marmia.
    „Aber wie schaffen wir das Erdherz in den Seeberg hinein?“, fragte Josie.
    „Das lass meine Sorge sein“, erwiderte die Felsenfrau.
    „Marmia!“, sprach Eduardo und nahm ihre Hand in seine.
    „Ich verspreche dir hoch und heilig, dass wir deinen Verlobten befreien werden. Selbst wenn ich mich dafür in Lebensgefahr begeben muss.“
    „Dann steht es fest“, sagte Marmia und erwiderte Eduardos festen Handgriff, wobei sie ihm aber fast das Handgelenk brach. „Wir werden euren Freund und unser Volk retten!“



    Kapitel 36: Zeit

    Am nächsten Morgen sollte ich an einen anderen Ort gebracht werden.
    Mein bisheriger Platz an dem spröden, mittlerweile halbdurchsägten Holzpfahl neben Seekadettin Chengs Lager sollte nur eine vorrübergehende Lösung gewesen sein. Jedoch würde sich mein Aufenthaltsort nur innerhalb des Seeberges verschieben.
    Ich war immer noch gefüllt mit einer Mischung aus Schock und unendlicher Wut. Die Marine schob doch wirklich mir die Schuld für das Massaker von Pineapple-Hills in die Schuhe. Das nannte man bei ihnen also Gerechtigkeit? Das Bild das ich einst von der Marine gehabt hatte, war nun gänzlich verschwunden. Anderseits wusste ich, dass es nur die Schuld eines gewissen Großadmirals war, der ausgerechnet auf jeden anderen Teufelskraftbesitzer einen Hass pflegte.
    Die Marinesoldaten hatten weiterhin Angst vor mir, sie mieden meine Nähe, insofern es möglich war und musterten mich immer wieder mit nervösen Blicken.
    Natürlich, wenn ich jemanden vor mir sitzen hätte, der angeblich hunderte von friedlebenden Menschen getötet haben soll, würde ich nicht weniger angsterfüllt sein.
    Jedenfalls hatte mich die besagte Seekadettin Alexandra „Lexie“ Cheng an diesem Morgen nicht weniger mies behandelt.
    Sie kam früh morgens zum meinem Pfahl und weckte mich mit einem zaghaften Tritt in die Seite. Noch während ich aufwachte, machte sie die Ketten von mir los, doch ehe ich richtig aufgewacht war und rechtzeitig reagieren konnte, hatte sie mir gewöhnliche Handschellen abgelegt. Sei Band mir das eine Ende der Kette um den Hals und das andere um ihr Handgelenk.
    Dann ging sie los und zog an der Kette. „Los, bei Fuß“, befahl sie.
    Ich hatte weder Lust auf einen Konflikt noch auf irgendeine weitere, fehlschlagende Selbstbefreiungsaktion, also beließ ich es dabei und folgte ihr.
    „Heute kein Frühstück?“, fragte ich frech.
    Sie warf mir wieder einen ihrer durchdringenden Blicke zu, der es mir unmöglich machte, zu erraten, was in ihr vorging. Dann wandte sie sich ab und antwortete: „Wenn du auf Steine stehst.“
    Ich schüttelte den Kopf. Eigentlich wollte ich gar nicht wissen, was sie damit meinte und außerdem würde ich es wahrscheinlich sowieso gleich erfahren.

    Und meine Vermutung erwies sich als richtig. Lexie brachte mich zu einem gigantischen Hof, der von dicken Stahlmauern umrahmt war und an die Innenseite angrenzte. Sie führte mich durch ein Tor, dessen Pforten nur einen Moment lang aufblieben, sodass wir schnelle hindurch huschen mussten.
    Auf der Mitte des Hofes hatte man einen riesigen Steinhaufen aufgeschüttet, auf dem einige seltsam aussehende Männer arbeiteten. Sie trugen verlumpte, verstaubte Kleidung, wie es für Gefangene üblich war. Jedoch unterschieden sie sich in einer ganz gewissen Art und Weise von Lexie und mir.
    Ihre Haut glich der Struktur des Felsens, der uns umgab. Ich konnte zwar unterschiedliche Formen und Maserungen erkennen, doch sie hatten eindeutig etwas von Gestein.
    Es waren keine Menschen. Keine gewöhnlichen jedenfalls.

    Doch die Seekadettin ließ mich sie nicht lange beobachten und zerrte mich an eine der Stahlmauern, wo verschieden große Metallringe aus der Wand ragten. Vermutlich dienten sie dazu, Gefangene daran anzuketten. Und genau das tat sie auch.
    Lexie nahm mir meine „Leine“ vom Hals und verband mit ihrer Hilfe meine Handschellen mit einem der Ringe. „Du wirst jetzt hier bei den Felsenmännern bleiben, damit wir dich besser im Auge haben. Wenn du uns keine Probleme bereitest, bekommst du vielleicht sogar etwas zu Essen“, sagte sie und machte sich auf den Rückweg.
    „Wie großzügig!“, rief ich ihr hinterher, doch sie ignorierte mich einfach.
    Langsam fragte ich mich, ob ich den Rest meines Lebens nur noch angekettet und auf dem Boden sitzend verbringen würde.
    Jedenfalls versuchte ich mich mit meiner Situation abzufinden und sah den sogenannten „Felsenmännern“ zu. Sie faszinierten mich auf eine gewisse Weise, zum einen weil ich noch nie zuvor von solchen Wesen gehört hatte und zum anderen, weil sie schlicht und einfach fantastisch waren.
    Einem einzigen von ihnen war es ermöglich einen mannshohen Findling von einem Ort zum anderen auf seinen Schultern zu tragen und in dann in kieselgroße Steinchen zu zerkleinern.
    Mit einfachen Hand- und Fußbewegungen, die wie einstudiert wirkten, halbierten sie ganze Felsen.
    Manche von ihnen schienen eher auf das Detail zu achten und fertigten Dinge wie Stangen und sogar Schwertklingen aus dem Seestein an. Jetzt wurde mir auch allmählich klar, wer für Waris Seesteinketten und –Handschellen verantwortlich war. Dennoch machte sich ein Gefühl in mir breit, das mir sagen wollte, dass diese Felsenmenschen ihr Handwerk nicht freiwillig ausführten.
    Vielleicht lag es an den meterhohen Mauern, die uns umgaben oder am Stacheldraht, der auf ihnen befestigt war. Wachen konnte ich jedoch keine erkennen.
    Die Marine musste sich in ihrer Sache ziemlich sicher sein, wenn sie gut hundert Mann unbeaufsichtigt ließen.

    Als die Sonne wieder im Zenit stand und erbarmungslos auf uns herniederbrannte, ertönte Glocke, die eine Pause einläutete. Die Felsenmänner brachen ihre Arbeit ab und suchten sich ein schattiges Plätzchen in der Nähe der Metallmauern, wo sie sich in kleinen Grüppchen auf dem Boden versammelten. Einer von ihnen schritt jedoch auf mich zu.
    Er hatte eine breite Statur, vielleicht die breiteste die jemals gesehen hatte und besaß einen muskelbepackten Körper. Auch er trug wie die anderen ein schlichtes, ärmelloses Oberteil und eine zerfranste Hose im selben, faden Grau.
    Seine Haut war im Verhältnis zu der der anderen sehr grob und uneben, außerdem hatte sie keinen Naturton, sondern ein mattes Schwarz.
    Ich hatte schon zuvor bemerkt, dass er mir ab und zu einen verwegenen Blick zugeworfen hatte, jedoch war er meinem Blick stets ausgewichen. Nun war ich gespannt, was er von mir wollte.
    „Wer bist du?“, fragte er prompt und setzte sich neben mich auf den Boden.
    „Was bist du?“, fragte ich zurück. Er lächelte in sich hinein und fuhr in einem freundlicheren Ton fort.
    „Mich wundert es eigentlich, dass du nicht kreischend vor mir wegrennst.“
    „Erstens, habe ich schon abgefahrenere Dinge als dich gesehen und zweitens, stände mir diese Möglichkeit eh nicht offen“, sagte ich und deutete mit einem Schulterzucken auf meine Handschellen.
    „Abgefahrenere Dinge als Felsenmenschen?“
    „Ein Mann, der sich in einen adlergroßen Raben verwandeln kann?“
    „Gut, das mag auch nicht gerade etwas sein, das man jeden Tag sieht“, sagte er und hielt mir die Hand hin, damit ich sie ihm schüttelte. „Mein Name ist Raphit. Erfahre ich auch deinen?“
    „Ich heiße Kai Silver. Aber die Hand kann ich dir leider nicht schütteln…“
    „Oh, ich vergaß. Aber weshalb bist du hier? Normalerweise kommen hier nur Felsenmenschen her“, sagte er. „Wenn du das unbedingt wissen willst…“, erwiderte ich und kam so dazu ihm meine komplette Geschichte zu erzählen, ohne dabei eine Kleinigkeit auszulassen. Am Ende schnaufte ich und vollendete den Vortrag mit dem Satz: „Und jetzt sitze ich hier.“
    Er hatte mich während des Erzählens nicht einmal unterbrochen. Es tat gut, jemanden zu haben, bei dem man einmal den Dampf raus lassen konnte. Selbst wenn es ein Wildfremder war.
    „Und jetzt hängen sie dir wirklich den Mord an deinem Dorf – also auch an deiner eigenen Mutter an?“, fragte er um sich zu vergewissern, dass er dabei richtig lag.
    „Ja, leider ist das so. Und das schreckliche ist, das ich nicht einmal weiß was mit den Leuten passiert ist. Ich traue der Marine zwar nicht zu, dass sie ein ganzes, unschuldiges Dorf umgebracht haben, aber ich habe die Marine in der Vergangenheit schon unterschätzt. Man weiß eben nie…“
    „Hey“, setzte er an und legte mir eine Hand auf die Schulter.
    „So grausam ist nicht einmal der Großadmiral.“
    Ich bezweifelte, dass diese Aussage der Wahrheit entsprach, aber ich beließ es dabei weiterhin negativ zu denken. Ein Funke Hoffnung hatte schließlich noch niemandem geschadet.
    „Weshalb seid ihr hier?“
    Er erklärte mir, warum sie versklavt wurden und welche Rolle die Marine dabei spielte. Außerdem erzählte er mir von einem Dorf in den Bergen, in dem ausschließlich Felsenmenschen lebten. Seine Verlobte und deren Bruder waren dort.
    „Ich würde sie so gerne wieder sehen. Es ist jetzt schon beinahe ein Jahr her, seit sie mich von dort geholt haben. Aber eigentlich ist das gar nichts“, meinte er und deutete rüber zu den anderen Felsenmännern. „ Einige von denen haben ihre Familie schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen.“
    „D-Das ist wirklich hart“, erwiderte ich geschockt.
    „Es wird zwar gesagt, dass wir ein Herz aus Stein hätten, aber ich vermisse dennoch sehr…“
    „Das glaube ich dir“, sagte ich.
    „Wenn ich nur wüsste, was sie im Moment macht…“, murmelte er und lehnte sich zurück und blickte nach oben, so als würde er in der Sonne eine Antwort auf seine Frage suchen.

    „Okay!“, sagte Marmia entschlossen, als sie die Felsenfrauen, die sich vor ihr versammelt hatten, gezählt hatte. „Insgesamt sind wir etwa fünfzig Frauen. Zehn von ihnen werden hier bleiben, um auf die Kinder und die Alten aufzupassen. Somit wären wir mit mir und euch eingeschlossen genau 47.
    Reicht das?“ Eduardo und Josie blickten ihr entsetzt entgegen.
    „47? Natürlich reicht das! Wenn ihr alle über solche ‚Superkräfte‘ verfügt, haben wir den Kampf so gut wie gewonnen!“, erwiderte Eduardo begeistert.
    „Das sind keine Superkräfte, das nennt sich die Felsenmenschen-Kampfkunst“, verbesserte Marmia ihn. „Aber ihr werdet bestimmt später noch sehen, was ich damit meine. Jedenfalls sind wir jetzt bereit, unsere Männer zu befreien!“, verkündete sie und erntete dabei großen Beifall von den restlichen Frauen. „Bald sind sie wieder hier und können unsere … äh … Bedürfnisse stillen!!!“
    „Äh, ja…“, meinte Josie dazu. „Ach, mir fällt gerade ein, ich habe doch glatt meinen Bogen auf dem Schiff vergessen!“, sagte sie und schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. „Ich werde ihn schnell holen gehen, geh du mit ihnen schon mal vor. Ich glaube nämlich, die werden ziemlich ungemütlich, wenn sie noch länger auf das Wiedersehen ihrer Männern warten müssen“, sagte sie zu Eduardo.
    „Gut, komm dann später nach! Wir sehen uns!“, rief dieser ihr entgegen, da sie schon in Richtung des Pfades lief, von dem sie gekommen waren. Sie winkte noch kurz und verschwand dann in der Felsspalte.

    „Hey, Latino-Boy! Wo ist deine blonde Freundin geblieben?“, fragte Marmia Eduardo.
    „Sie braucht noch etwas vom Schiff, aber sie sagte wir sollten schon einmal vorgehen“, erklärte er.
    „Gut, wir hätten sowieso nicht auf sie gewartet“, meinte sie. Dann schrie sie den Frauen entgegen: „Los geht’s! Wir holen uns jetzt unsere Kerle zurück!!!“
    Und Eduardo wurde Zeuge davon, wie sich 45 Felsenfrauen auf einmal durch eine andere Felsspalte zwängten. Jede von ihnen wollte als erstes wieder bei ihrem Mann sein und die ein oder andere wendete auch Gewalt an, um dieses Ziel zu erreichen. Dies artete in einer kleinen Massenprügelei aus, die sich vor dem Eingang der Spalte abspielte.
    „Frauen…“, murmelte Eduardo resigniert und zuckte mit den Schultern.

    Josie rannte den Pfad entlang und schaffte es, kein einziges Mal zu stolpern, obwohl der Pfad einige Gemeinheiten versteckte, wie rutschige Steine oder vertrocknete, alte Wurzeln. Hinzu kam, dass allmählich die Dämmerung anklang, was die Felsenlandschaft zwar in ein wunderschönes Orange tauchte, aber auch ihre Sicht stark beeinträchtigte. Allerdings hatte Josie es wirklich eilig, sie wollte endlich beweisen, was sie draufhatte und das konnte sie nur, indem sie ihren speziell angefertigten Boden besaß und nicht zu spät kam. Doch plötzlich hörte sie ein Geräusch, das überhaupt nicht in die dortige Szenerie passte. Als sie stehen blieb, um zu lauschen, hörte sie es deutlicher.
    Es war ein Glockenschlagen, wie man es von einer Standuhr kannte, die gerade zur vollen Stunde läutete. Jedoch kam ihr die Glockenmelodie nur allzu bekannt vor…
    „Tick, Tick, Tock“, sagte jemand hinter ihr. Sie wandte sich erschrocken um und sah einen Mann, der direkt hinter ihr stand. Ohne irgendeinen Laut hatte er sich von hinten an sie genähert. Er war sehr groß und schlaksig und seine Beine waren unglaublich lang, weswegen seine Hüfte ungefähr auf der Höhe von Josies Schultern lag. Er trug einen braunen Frack, darunter ein weißes Hemd und eine grüne Fliege dazu. Auf seinem Kopf thronte ein Zylinder, der ihn noch größer erschienen ließ und sein Gesicht zierten ein gutgepflegter Schnurrbart und ein goldenes Monokel.
    Jaques!“, sagte Josie unglücklich überrascht, als sie den Mann wiedererkannte.
    „Tick, Tick, Tock. Ja, ich bin es, Lady Josephine“, erwiderte er.
    „Was zur Hölle suchst du hier?“
    „Pardon, habe ich mich verhört? Das ist aber keine Ausdrucksweise für eine Lady, wie sie es sind“, meinte er kopfschüttelnd. Um jedoch auf ihre Frage einzugehen, zog er eine goldene Taschenuhr hervor und tippte auf ihr Glas.
    „Es ist doch schon lange Zeit für ein Wiedersehen. Tick, Tick, Tock…“



    Kapitel 37: Zurück im Spiel

    „Und wie genau sieht dein Plan nun aus?“, fragte Eduardo Marmia. Sie betrachteten den Seeberg aus sicherer, allerdings nicht weit entfernter Distanz. Hinter einer Reihe von großen Findlingen hatten sie und die anderen Felsenfrauen sich niedergelassen, um die Lage zu besprechen. Die Felsen erlaubten ihnen, sich über die Lage einen guten Überblick zu machen, ohne dass von den Wachposten der Marine direkt entdeckt werden konnten.
    Eduardo blickte über das Tal, das sich vom Fuße des Seebergs bis hin zum Hafen der Marine erstreckte. Die Strecke dazwischen war etwas länger als ein Kilometer, schätzte er.
    Da die Dämmerung schon längst angeklungen hatte, hatten die Marinesoldaten, die den Eingang zum Seeberg in Patrouillen bewachten, Lampen entzündet, was ihnen eine bessere Sicht im Zwielicht ermöglichte. Aus der Ferne betrachtet sahen sie aus wie Glühwürmchen, die immer und immer wieder denselben Weg hin und her flogen.
    „Siehst du, dass der Seeberg eigentlich ein Krater ist?“, wollte Marmia wissen. Eduardo kniff die Augen zu und erkannte nun, was auf den ersten Blick im Verborgenen blieb. Der Seeberg besaß keine Spitze, wie die anderen Berge um sie herum. Er erstreckte sich zwar trotzdem gut hundert Meter in die Höhe, allerdings sah es so aus, als hätte man ihn auf halber Höhe geköpft.
    Eduardo bejahte nun die Frage der hitzköpfigen Felsenfrau, sodass diese weiter sprach:
    „Da der eigentliche Eingang zum Inneren ja von der Marine bewacht und von einem dicken Eisentor blockiert wird“, sie deutete auf eine Stelle am Fuße des Berges, an dem sich besonders viele Lichter tummelten, „stellt die Öffnung des Kraters unser einziger Zugang zum Berginneren dar.“
    „Und ihr wollt euch jetzt alle dort hinein katapultieren, oder wie?“, spöttelte Eduardo.
    „Nein, nicht uns, du Idiot“, erwiderte Marmia resigniert. Sie pfiff und wie auf Kommando kam ein kleiner Fels daher gerollt, der sich vor den Füßen der Felsenfrau entrollte und sich als Felsengürteltier entpuppte. „Fein, Gneix“, lobte sie das ungewöhnliche Haustier und nahm es auf den Arm.
    „Gneix hast du ja schon kennengelernt“, sagte sie. „Da der Panzer dieser Gürteltierart aus reinem Gestein besteht und sie zusätzlich ausgesprochen leicht sind, stellt es für uns kein Problem dar, sie in das Innere des Krater zu befördern“, erklärte sie und streichelte das Tier.
    „Sie kennt den Geruch meines Verlobten und wird sich instinktiv zu ihm bewegen. Und wenn wir Glück haben, kann dieser deinen Freund ausfindig machen.“
    Sie schrieb eine kleine Notiz auf einen Zettel und legte ihn mitsamt dem Erdherz auf Gneix‘ Bauch.
    Das Felsengürteltierweibchen rollte sich wieder zu einem Stein zusammen und war so kaum von einem anderen zu Unterscheiden. Abgesehen davon bot es auch einen perfekten Schutz für das Erdherz dar.
    Marmia trat ein paar Schritte zurück, atmete ein Mal tief durch und fixierte dann mit ihrem Blick die Krateröffnung. Sie warf Gneix in die Höhe und schlug dann mit einer enormen Wucht gegen das Tier, welches mit einem unglaublichen Tempo davon geschleudert wurde.
    „HEEEEY-YAAAAAAAAAH!!!“, rief sie dabei.
    Eduardo war sichtlich beeindruckt von der Kraft der jungen Felsenfrau und fragte sich, ob sie nicht zu laut geschrien hatte.
    „So, ich hoffe, ich habe getroffen“, sagte sie und rieb sich die Hände.
    „Und jetzt?“, fragte Eduardo.
    „Jetzt zeigen wir es diesen Marinewachposten!!!“, rief sie und lief brüllend in das Tal hinunter.
    Die restlichen Frauen stimmten ihn das Kampfgeschrei ein und stürmten wie eine Horde wilder Tiere Marmia hinterher.
    Ein paar Sekunden später fand sich Eduardo alleine in ihrem Versteck wieder. Er hustete wegen der Staubwolke, die die Felsenfrauen hinterlassen hatten. Eigentlich hielt er nicht viel von temperamentvollen Frauen, aber dieses Volk hatte es ihm wirklich angetan. Ihr außergewöhnlicher Kampfeswillen beeindruckte ihn zutiefst. Er war sich beinahe sicher, dass sie seine Hilfe nicht benötigen würden, aber dennoch zückte er seinen Degen. Er würde sie mit all seiner Kraft unterstützen!
    Gerade als er losstürmen und Marmia und die anderen einholen wollte, blickte er noch einmal zurück in den Schatten der Felsspalte, aus der sie gekommen waren. Wo blieb sie nur?, dachte er.
    Er hielt noch einen Moment inne, kam dann aber zu dem Entschluss, nicht weiter auf Josie zu warten. So wie er sie kannte, würde sie doch nur irgendwo stehen geblieben sein, um sich die Frisur zu Recht zu machen. Also rannte er zu den anderen den Hang hinunter…

    Währenddessen endete für die Felsenmänner im Inneren des Seebergs ein weiterer, gewöhnlicher Arbeitstag. Obwohl sie wirklich harte Arbeit verrichten mussten, strapazierte sie ihr Handwerk überhaupt nicht. Raphit setzte sich völlig munter wieder neben mich, nachdem ein Glockenläuten erneut das Ende ener Schicht verkündet hatte.
    „Bist du müde?“, fragte er mich.
    „Vom herumsitzen? Nein, bestimmt nicht. Aber mein Hintern ist schon vor ein paar Stunden eingeschlafen, wenn du verstehst, was ich meine“, erwiderte ich und erntete damit einen kurzen Lacher bei dem freundlichen Felsenmenschen.
    „Was baut ihr eigentlich dort drüben?“, fragte ich neugierig und deutete auf ein riesiges, schalenförmiges Etwas, das die Männer aus dem Seestein angefertigt hatten.
    „Das? Das ist für ein Marineschiff. Es stellt eine Ummantelung für den Kiel eines Schiffes dar. Mit seiner Hilfe können die Schiffe problemlos den Calm Belt durchfahren – ohne dabei von Seekönigen entdeckt zu werden.“
    „Wirklich? Das ist ja interessant…“, murmelte ich gedankenverloren in mich hinein und beobachtete, wie ein halbes Dutzend Felsenmänner die Ummantelung auf ihre Schultern hievte und begangen, sie zu dem Tor des Hofes zu tragen. Dabei wurden sie natürlich von Marinesoldaten umringt, die ihre Waffen jederzeit bereit hielten. Eigentlich war es nicht nötig sie extra zu überwachen, aber sie würden das Bauteil wohl aus dem Gefangenenhof hinaus tragen und die Marine wollte wahrscheinlich nur sicher gehen, dass keiner von ihnen in der Marinebasis Amok lief.
    Ich fragte mich zwar, was ein Schwerthieb oder ein Kugelschuss bei einem solchen Felsenmenschen groß ausrichten konnte, doch ich beließ es dabei. Über so etwas dachte man einfach nicht nach.
    Plötzlich lies uns alle ein kleines Beben zusammenschrecken. Es hatte sich so angefühlt, als wäre in unserer Nähe ein Meteorit in die Erde eingeschlagen.
    „Hast du das gerade eben auch gespürt?“, fragte ich Raphit. „Ja“, antwortete er und blickte sich beunruhigt um.
    Auch die Felsenmänner, die die Schiffsummantelung trugen schauten sich um, doch der Schrei eines Marinesoldaten signalisierte ihnen, weiter zu machen.
    Sie setzten ihren Gang fort und erreichten schließlich das Eisentor, das durch einen Mechanismus langsam geöffnet wurde. Just in dem Moment, als die Männer die Ummantelung durch das Tor trugen, rollte ein kleiner Fels unter den Füßen der Männer in den Hof hinein. Sie schienen es nicht zu bemerken und taten so als wäre es das normalste der Welt, wenn ihnen ein Stein den Weg kreuzte.
    Ich rieb mir die Augen. War es nur Einbildung gewesen oder kullerte da wirklich ein Stein auf uns zu?
    „Siehst du das auch?“, fragte ich Raphit verwirrt. „Oh ja!“, sagte er lächelnd, hob den Stein auf und begann ihn zu streicheln.
    „Äh, alles klar?“, fragte ich ihn und zog eine Augenbraue hoch. „Ich verstehe ja, dass ihr euch zu den Steinen hingezogen fühlt, aber musst du sie wirklich streicheln?“
    „Ach, Unsinn. Das ist kein Stein“, behauptete er und wie durch Zauberhand entpuppte sich der melonengroße Fels als ein zusammengerolltes Tier. „Das ist ein Felsengürteltier. Nicht wahr, Gneix?“, erklärte er und kraulte es hinter den Ohren. Plötzlich bemerkte er einen Zettel und eine Kette, die das eigenartige Gürteltier mit sich trug.
    Er las sich die Notiz durch und setzte dann einen Gesichtsausdruck auf, der zwischen traurig und überglücklich schwankte. „Das hier ist von meiner Verlobten, Marmia“, flüsterte er mir lächelnd, aber mit glasigen Augen zu. „Les es dir einmal durch“, sagte er und warf mir den Zettel zu.
    Er landete auf dem Boden.
    „Mensch!“, zischte ich und deutete mit einer verzweifelten Kopfbewegung auf die Handschellen, die meine Hände auf dem Rücken zusammenhielten und es mir unmöglich machten, etwas zu fangen.
    „Oh, sorry“, entschuldigte Raphit sich, hob die Botschaft vom Boden auf und hielt sie mit vor die Augen.

    Lieber Raphit,
    überbringe mein Erdherz einem gewissen Kai Silver. Er wurde von der Marine gefangen genommen und müsste sich im Inneren des Seebergs befinden.
    Er wird euch die Eisentore öffnen können, wenn er wieder im Besitz seiner Teufelskraft ist.
    Die restlichen Frauen und ich werden außerhalb des Seebergs zu euch stoßen.
    In ewiger Liebe,
    Marmia


    „Wo-Woher weiß sie über mich Bescheid?“, fragte ich ihn verwirrt und blickte zu ihm hoch.
    „Hast du mir nicht vorhin von deinen Freunden erzählt? Vielleicht sind sie zufälligerweise auf sie gestoßen und haben ihr von dir erzählt!“
    Ich zog wieder meine linke Augenbraue hoch. „Das Schicksal überrascht mich echt immer wieder…“, murmelte ich. „Allerdings ist es durchaus möglich… Aber was meint sie mit Erdherz?“
    Raphit hielt mir eine Art Amulett entgegen, dass die Form eines halben Herzen hatte.
    „Was genau das ist, erzähle ich dir später. Aber es hebt die Kraft des Seebergs auf! Ist das nicht toll?!“, erklärte er begeistert.
    „Meinst du wirklich?“, erwiderte ich zweifelnd.
    Um es mir zu beweisen, legte er mir die Kette, an der das Erdherz befestig war, um den Hals.
    Und tatsächlich…
    Augenblicklich blitzte mein Körper metallisch auf und legte eine glänzend neue Legierung über mich. Von den Verletzungen, die ich mir bei meinen Ausbruchsversuchen selbstzugefügt hatte, war überhaupt nichts mehr zu spüren. Mit einer beidseitigen Armbewegung sprengte ich die Handschellen und betrachtete, wie sich das Metall meiner Arme wieder in makellose Haut verwandelte.
    „Wow“, entgegnete Raphit mit weit aufgerissenen Augen.
    Ich stand unbeeindruckt auf und reckte mich.
    Dann hob ich meine Hand zu einem festen Handschlag, auf den Raphit sofort einging und ihn nicht weniger fest erwiderte.
    „Die Freiheit wartet auf uns!“, sagte ich entschlossen und lächelte meinem Gegenüber ins Gesicht.
    „Darauf kannst du wetten!“, meinte er und stürmte los.



    Kapitel 38: Drei Teams

    „So, jetzt zeigen dir wir einmal was eine Felsenfrau wirklich drauf hat!“, rief Marmia entschlossen zu Eduardo herüber. Schon als sich die wilde Truppe, bestehend aus 45 zielstrebigen Felsenfrauen und einem Degenkämpfer, der Straße genähert hatte, waren eine Handvoll Marinesoldaten auf sie aufmerksam geworden. Zwar wurden sie dennoch von der Entschlossenheit des Felsenvolks überrumpelt, aber es war ihnen trotzdem gelungen die Marinebasis zu alarmieren.
    In wenigen Momenten, das wusste Eduardo, würde hier draußen die Hölle los sein.
    Der Plan war, sich bis zum Eingang des Seebergs, der von einem gewaltigen Eisentor versperrt wurde, durchzukämpfen, um dann hoffentlich auf Kai und die Felsenmänner zu treffen. Dem Degenkämpfer war klar, dass dies kein bombensicherer Plan war, doch für den Moment stellte er die einzige Möglichkeit dar, die Gefangenen aus dem Seeberg zu befreien.
    Marmia hatte sich ziemlich schnell an die Spitze bewegt, um die wilde Horde Frauen hinter sich unter Kontrolle zu halten. Obwohl auch sie innerlich vor Wut und Leidenschaft tobte, schaffte sie es anders als die anderen Frauen einen kühlen Kopf zu bewahren und war somit als einzige in der Lage durchführbare Befehle zu geben. Da Eduardo in ihr eine Anführerin sah, blieb er in ihrer Nähe. Nun schritt sie rasch auf zwei Reihen Marinesoldaten zu, die aus dem Inneren des Seebergs zur Unterstützung herbei geeilt waren.
    „Die erste Fähigkeit, die einen Felsenmenschen ausmacht, ist es den Fels zu bewegen!“, rief sie und blieb abrupt stehen. Sie holte zu Angriff aus und stemmte dann ihre Arme vor sich in die Luft. Eduardo spürte, wie sich tief in der Erde etwas tat. Fast schon bedrohlich und mit der Stärke eines kleinen Erdbebens ruckelte das Erdreich unter ihm. Einen Augenblick später konnte er beobachten, wie ein länglicher Quader Gestein aus dem Boden empor wuchs und mit voller Wucht gegen die erste Reihe der Soldaten schlug. Die Marinesoldaten, die der dumpfe Schlag der Erde getroffen hatte, flogen fast ausnahmslos mehrere Meter durch die Luft, um dann hart auf der Erde zu landen und dort bewegungslos liegen zu bleiben.
    Der Quader blieb schließlich regungslos in der Bewegung stehen, so als hätte ihn Mutter Natur so kantig und glatt geformt, wie er war, in die Gegend gesetzt.
    Die zweite Reihe der Soldaten sah ein, dass sie im Nahkampf keine Chance gegen das Felsenvolk hatten und zückten ihre Gewehre, um die Frauen aus der Entfernung in Schach zu halten.
    Marmia erkannte diesen Schachzug sofort und bedeutete den Frauen stehen zu bleiben und in Deckung zu gehen. Sie errichteten einige Erdwälle, in dem sie wie Marmia die Gesteinsschichten unter sich bewegten, bis sie an die Oberfläche gelangten. Sie gewährten den Eindringlingen Schutz vor dem Kugelhagel, der auch sofort gegen sie eröffnet wurde.
    „Die zweite Fähigkeit, die ein Felsenmensch besitzt, ist die Fähigkeit, eins mit dem Gestein zu werden“, sagte Marmia. Die marmorweiße Felsenfrau sprang entschlossen vor dem Wall vor und rief: „M-Armor!!!“ Augenblicklich begann eine marmorne Rüstung aus ihrem Körper zu sprießen, die ihre Kleidung zerriss und sich in den unterschiedlichsten Formen über ihre Figur ausbreitete.
    Ihre Schultern wurden durch lange Dornen verstärkt, während sich ein fester Brustpanzer über ihren Oberkörper legte. Zwei Schwerter, die aus ihren beiden Handrücken wuchsen und ein bedrohlicher, gesichtsfreier Helm vollendeten die Verwandlung. Nun glich sie wirklich einer mächtigen Kriegerin, dachte Eduardo. Mit Kampfgebrüll rannte sie rücksichtslos auf ihre Gegner zu, bereit für ihre große Liebe zu sterben. Die anderen Felsenfrauen taten es ihr gleich und legten sich ebenfalls Rüstungen aus Stein zu, auch wenn sie nicht annähernd so elegant und gleichzeitig so bedrohlich, wie die Marmias wirkten. Jedoch unterschieden sie sich von ihr nicht der Hinsicht, die ihren Kampfeswillen betraf. Ebenso dazu entschlossen, alles in wenigen Momenten zu verlieren, traten sie der Marine entgegen.
    „Die dritte und letzte Fähigkeit eines Felsenmenschen ist es, den Fels zu formen!“, schrie sie nun durch das Kampfgetümmel. Sie ließ ihre Hände augenblicklich auf den Boden sinken, ergriff ihn und riss ihn in die Höhe. Sie begann die Gesteinsschicht, die sie mit den Händen packte, aufzurollen und somit eine riesige Walze aus Gestein zu formen. Den Marinesoldaten stockte der Atem, als sie die gewaltige Waffe erblickten.
    „Lasst uns den Teig plätten! Spürt das Nudelholz einer wahren Felsenfrau!“, schrie sie.
    Im nächsten Moment rollte die Gesteinswalze auf die verbliebene Reihe Soldaten zu und bahnte sich knochenbrechend einen Weg in Richtung des Seebergs.
    Mit jedem Schritt kamen sie dem Eingang des Kraters näher.
    Letztendlich beschloss auch Eduardo aus dem Staunen über die Fähigkeiten der Felsenfrauen heraus zu kommen und sich aktiv am Kampfgeschehen zu beteiligen.
    Wird es ihnen gelingen sich bis zum Eisentor durchzukämpfen?

    Raphit war sofort zu den anderen Felsenmännern gestürmt, um ihnen die guten Neuigkeiten zu überbringen. Ich wusste zwar nicht, ob er sie überzeugen konnte, ihm zu vertrauen, aber wahrscheinlich würde den Männern schon ein kleiner Funke Hoffnung genügen, um einen wahren Kampfeswillen freizusetzen. Schließlich verbrachten einige schon Jahrzehnte in diesem öden Gefängnishof und waren bestimmt ganz erpicht darauf ihre Frauen wiederzusehen.
    Fakt war aber, das ich wieder im Spiel war und auch bereit dazu, uns einen Weg aus diesem Hof zu schaffen. Die Felsenmänner waren stark, hatten aber keine Chance gegen die eisernen Wände, die den Hof umrahmten. Doch mit mir an ihrer Seite sah die Sache schon ganz anders aus.
    Entschlossen ging ich auf das Eisentor zu. Schon wenige Momente später bemerkte mich einer der Wächter, der von einem der Beobachtungstürme zu mir herunter rief.
    „H-Hey! W-Was machst du da? Was soll das werden?“, schrie er mit einem nervösen Klang in der Stimme. Ich, der angebliche „Massenmörder“, ließ mich von seinem Rufen nicht beirren und lief einfach weiter, was den Wächtersoldaten deutlich beunruhigte.
    Seine Absicht, ein Massaker innerhalb der Marinebasis zu verhindern, war zwar edel, aber komplett fehl am Platz. Ich war es nicht, der jemanden umbringen wollte.
    Mit zitternden Händen packte er ein Gewehr und eröffnete sofort das Feuer auf mich.
    Die anderen Wachtürme wurden ebenfalls auf mich aufmerksam und begannen damit auf mich zu schießen. Ich reagierte schnell und tat das, mit dem ich auch Kathetas Bumerang abgewehrt hatte.
    Ich verlangsamte die herannahenden Geschosse, bis sie, wie von einer mysteriösen Macht gepackt, in unmittelbarer Nähe in der Luft zu stehen schienen.
    Ich verzichtete darauf, sie zu den Schützen zurückzuschleudern, entzog ihnen meine Kraft und ließ sie auf den staubigen Boden fallen, wo sie mit einem dumpfen Aufschlag landeten.
    Von hinten hörte ich, wie die Felsenmänner mit ihren schweren Körper herbei stampften. Ich drehte mich zu ihnen um und bemerkte gar nicht, dass die Wachtürme ihren Beschuss vor lauter Verwunderung unterbrachen.
    Sie alle sahen mich mit hoffnungsvollen Augen an, zum Teil wild entschlossenen, aber auch zu tiefst berührt. „Öffne uns das Tor, Kai Silver!“, sagte einer von ihnen.
    Ich nickte ihm zu und rannte auf das Tor zu. Die Wächter wussten gar nicht wie ihnen geschah und wirkten wie eingefroren. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass ein Junge wie ich es war, ein Eisentor, das ein ganzes Volk jahrelang gefangen gehalten hatte, gewaltsam öffnen konnte.
    Ich holte noch in meinem Sprint aus und schlug mit aller Kraft gegen das Tor.
    Der Faustschlag erschütterte die ganze Torbefestigung mitsamt den angrenzenden Wachtürmen und mir gelangte es sogar, einen der eingedellten Torflügel aus seinen Angeln zu reißen, sodass er mit enormer Wucht gegen ein nahegelegenes Marinegebäude prallte.
    Nun trennten uns nur noch die Marinebasis und ein weiteres Eisentor von der Freiheit!
    Ich blickte zu den Felsenmännern zurück und fand sie nun vollkommen verändert vor.
    Auch aus ihren Körpern waren edle Rüstungen gesprossen, die sich in Farbe und Form in keinster Weise von ihrer Haut unterschieden. Sie waren nur kampfbereit und in der Lage mich, ihren Befreier, beim Ausbruch zu unterstützen.
    Raphit, dessen Rüstung genau wie seine Haut matt schwarz glänzte, beschleunigte seinen Schritt und schloss zu mir auf. Er winkte den anderen zu, ebenfalls schneller zu laufen und sagte dann zu mir gewandt: „Keine Angst, mein Freund. Nun zeigen wir dir, dass wir nicht ganz so hilflos sind, wie es vielleicht auf den ersten Blick schien. Öffne du uns nur das große Eisentor, den Rest übernehmen wir!“ Ich nickte ihm zu und als ich meinen Blick wieder vor mich lenkte, erkannte ich plötzlich eine ganze Reihe Marinesoldaten, die uns den Weg blockierte. Jedenfalls versuchten sie das.
    Wird es uns gelingen, uns bis zum Eisentor durchzukämpfen?

    „Marinekapitän Wari! Agent Cornwall!“, rief Seekadettin Lexie, als sie ihn das Zimmer des neuen Marinebasisleiters hinein stürmte, um die beiden Autoritäten die schrecklichen Neuigkeiten zu überbringen. „Was soll dieser Aufruhr, Cheng?“, fragte Wari genervt.
    Sie befanden sich im Hauptgebäude der Basis, das sich innerhalb des Seebergs direkt neben dem gewaltigen Eisentor befand. Die linke Wand des Raumes bestand aus einer Fensterfront, von der man perfekt beobachten konnte, wer den Seeberg betrat und wer ihn verließ.
    „Sir! Die Frauen des Felsenvolks versuchen gewaltsam von außen in das Innere des Seebergs zu gelangen!“, berichtete sie hektisch, doch Wari ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.
    „Felsenvolk? Sind das nicht diese Gestalten, die hier den Seestein abbauen?“, fragte er und verschränkte die Arme.
    „Richtig, Sir!“, bestätigte Lexie. „Wir vermuteten eigentlich, dass nur die Männer dieses Halbblutvolkes in der Lage sind Geokinese anzuwenden! Aber wie die Marinesoldaten dort draußen berichten, sind auch die Felsenfrauen in der Lage sie einzusetzen!“, fuhr sie fort.
    „Geokinese?“, fragte Wari, der noch nie etwas von diesem Begriff gehört hatte.
    „Die Kraft, Gestein und Erde mit der eigenen Energie zu bewegen und zu formen“, erklärte Cornwall, der sich bis jetzt aus der Situation rausgehalten hatte. „Diese Naturmacht kommt nur ausgesprochen selten vor und ähnelt sehr der Aquakinese, die manche Fischmenschen benutzen können.“
    „Sie meinen Fischmenschen, wie Jimbei, den legendären Ritter des Meeres oder Marlin Ceviche, das Mitglied der Ehrengarde?“, fragte Wari, den dieses Thema sehr zu interessieren schien.
    „Genau“, entgegnete Cornwall. „Also, was gedenken sie nun zu tun, Marinebasisleiter Wari?“
    „Nun ja, also am besten wäre wenn wir – “
    „Warten sie, Sir“, unterbrach Lexie Wari, der gerade auf die Frage des CP-S Agenten eingehen wollte.
    „Was denn?“
    „Es gibt einen weiteren Vorfall, innerhalb des Seebergs, Sir!“, setzte die Seekadettin an.
    „Demnach soll es Kai Silver, dem Gefangenen und etwa sechzig Felsenmännern gelungen sein aus dem Gefängnishof auszubrechen!“
    „Was?!? Das ist unmöglich!“, brüllte Wari, stand auf und schlug mit geballten Fäusten auf seinen Schreibtisch, wodurch Lexie erschrocken zusammenzuckte.
    „Wie konnte das Geschehen?“, tobte er weiter.
    „Das wissen wir leider auch nicht… Sir.“
    Cornwall konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Das ist ja ein toller Einstieg in ihr neues Amt. Allerdings gebe ich ihnen nur eine einzige Chance“, sagte er plötzlich ganz kühl. „Wenn sie zulassen, dass diese Marinebasis fällt, verlieren sie ihr Amt und meine Gnade mit sofortiger Wirkung.“
    Wari schluckte. Er hatte sich zwar irgendwie das Mitleid des Agenten erspielt, aber offenbar war sein Gegenüber nicht für irgendwelche Spielchen zu haben.
    „Nun gut. Wie viele Pacifista besitzt diese Basis?“
    „Sechs, Sir“, antwortete Lexie sofort.
    „Dann werde ich mit drei Pacifista den Teufelsfruchtbesitzer und die Felsenmänner aufhalten…“, sprach Wari und wurde dann von Cornwall vervollständigt: „ Während ich mich mit den anderen drei um die Felsenfrauen kümmere?“
    „Exakt.“
    „Und was soll ich tun, Sir?“, fragte Lexie.
    „Sie werden den Marinesoldaten mitteilen, dass sie Gebrauch von unseren neuen Waffen machen sollen“, befahl ihr Wari.
    „Den neu produzierten Dial-Waffen?“, wollte die Seekadettin wissen.
    „Richtig. Und dann werden sie Agent Cornwall mit all ihren Fähigkeiten unterstützen.“
    „Sicher, Sir“, bestätigte sie mit einem Nicken und verließ augenblicklich den Raum, um den Truppen den Befehl zu überbringen.
    Wir es ihnen gelingen, die Marinebasis und das Eisentor zu verteidigen?



    Hier gehts weiter mit Kapitel 39: "Fight!"

    Dieser Beitrag wurde bereits 34 mal editiert, zuletzt von Le Roux ()

  • Nun kommt ein Kommentar an den Zweitplatzierten der ersten Runde. Zuerst einmal, herzlichen Glückwunsch und viel Glück für dein Thema, wo mir "irgendwann" eine Geschichte vorliegen wird. Mal schauen, wie du dich mit deinem Thema auseinandersetzen wirst. Als nächstes muss ich dich fragen, wie weit du bei mir bist. Da ich meinen Newsletter immer variieren muss, aufgrund meiner großen Leserzahl -^^- will ich wissen, ob du einen brauchst, oder aber erst einmal auf die volle Höhe hinarbeiten möchtest. Kommen wir aber zu einem Kapitel, welches mir doch sehr gut gefallen hat. Ich mag deine Zeichnungen, wobei mir die Inselzeichnungen, Schiffe und einzelnen Figuren besser gefallen, als deine OP-Zeichnungen. Liegt daran, dass mir bei eigenen fingierten Figuren oft die Vorstellung fehlt, die ich bei der Strohhutbande natürlich habe. Insofern kannst du bei deinen "eigenen" Zeichnungen das zeigen, was du dir vorstellst und entsprechend keine großen Fehler machen. Bei mir wird man sowas eher nicht finden, da ich nicht wüsste, wie ich die Figuren oder Schiffe zeichnen soll, zumal ich sowas nicht kann. Ich bräuchte dafür eine Vorlage, die ich nicht habe. Bisher habe ich nur Modelle für Figuren, die ich aber noch nicht eingebracht habe. Wieso, weiß ich momentan gar nicht. Sollte ich mal machen, um euch ein Bild von Mind und Co. zu geben. In diesem Kapitel wurde endlich einer deiner weiblichen Hauptrollen etwas Tiefgang verliehen, was ich doch sehr schön finde. Wer hätte geahnt, dass die Frau von Baron Wilhelm eine Piratin ist. Ich denke aber, dass Josie nicht nur fragen wird, wieso sie beschloss diesen Weg zu gehen, sondern auch noch etwas anderes erledigt. Das Thema "Mutter" wurde in Szene gesetzt und als sehr wichtig kategorisiert. An sich ist das ein gutes Ziel, bzw. gemeinsamer Punkt, den du da angeschnitten hast. Auch, das alle Mütter scheinbar verschiedene Ansichten haben und nicht völlig gleich sind, finde ich sehr interessant. Die Aussicht auf das nächste Kapitel wird entweder spaßig oder aber eine trügerische Farce. Wenn mich mein Französisch nicht täuscht, dann erwartet uns ein Zirkus. Aber wie so oft, kann man nicht nur das Unterhaltsame und Fröhliche darin interpretieren, sondern auch getarnte Piraterie und Schurkerei. Inwiefern sich das bewahrheiten wird, mal sehen.
  • Was deine FF betrifft: Ich bin so ziemlich am Ende des dritten Arcs, aber da du ja auch ziemlich fleißig neue Kapitel erstellst, dauert es dementsprechend immer noch etwas länger bis ich auf dem neusten Stand bin. Von mir aus brauchst du den NL nicht mehr an mich adressieren.

    Meine Zeichnungen kommen also auch recht gut an, ich war mir da ziemlich unsicher. Aber wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass ich die Figuren auch nicht frei aus dem Kopf zeichnen kann. Jedenfalls noch nicht. Alle gezeichneten selbsterfundenen Personen sind an einen Charakter aus anderen Mangas angelehnt:
    Josie -> Nami
    Parabelle -> Tokine aus Kekkaishi
    Katheta -> Shaluria, die Weltaristokratin
    Cosinus & Sinus -> Natsu aus Fairy Tail
    Streaming Seagull -> Flying Lamb
    Ich hoffe die Ähnlichkeit ist nicht allzu auf ^^
    Aber demnächst werd ich auch Charaktere zeichen, die ich vollständig selbsterfunden habe.
    Das alle meine Haupt-Charaktere auf der Suche ihrer Mutter sind, ist mir erst bei Schreiben des Kapitels aufgefallen, aber immer Nachhinein find ichs ganz gut.
    Da Pfingsferien sind, kann ich mich noch mehr meiner FF (und dem FFT) widmen, also wird man schon bald wieder was von mir hören ;)
  • Eieiei da habe ich mir aber lange Zeit gelassen bevor ich bei dir weitergelesen habe. Dadurch hab ich mir selbst nen riesen Turm Kapitel aufgehalst. Jetzt bin ich aber fürs erste druch und kann dir sagen, dass ich von an wieder Dauerleser deiner FF bin.(Hoffe ich zumindest^^)

    Als erstes möchte ich noch sagen, dass ich deine Zeichnungen sehr gut finde. Sie helfen dabei sich die Dinge bildlich vorzustellen und solange sie nicht zu viele werden, sind sie eine ganz gute Hilfe in deiner FF.
    Zweitens fand ich den Abschluss des letzten Arcs ganz gut. Auch fand ich die Kämpfe gut und flüssig zu lesen und es hat mich nicht gestört, dass du sie so gesplittet hast.

    Kommen wir aber nun schnell zum aktuellen Arc.

    Wie Blink schon gesagt hat, hast du in diesem Kapitel auf die Charakterentwicklung gesetzt. Das Mutter Thema war gut aufgearbeitet und wird in Zukunft sicher noch wichtig werden. An sich hast du es sehr interessant umgesetzt. Vor allem die Enthüllung von Baron Wilhelm als Piratin hat mich echt überascht. Bravo kann man da nur sagen.

    Auf den Circus oder was auch immer der Le Cique de la Mer sein soll(ich hatte nie Französisch in der Schule) bin ich auch schon gespannt.

    mfg
    Dillian
    ~dilliansthoughthub.blogspot.co.at~
  • So, die Geo-Piraten sind also weg. Ich bin mir fast schon sicher, dass wir sie später noch sehen werden. Wenn sowohl die Geos als auch unsere Freunde mehr dazu gelernt haben. Es steckt viel Potenzial in dieser Begegnung ;)

    Nun ist das nächste Arc angebrochen. Ich glaube wir können uns auf einige lustige Kapiteln freuen. Und wer weiß... vielleicht bekommen Kai und Co. ein neues Mitglied. Einen Clown mit einen Affen, der ähnlich schräg drauf ist wie Brook oder so.
  • Hmm das neue Kapitel war genau so wie ich es mir vorgestellt habe. Der Cirque de la Mer ist also wirklich ein schwimmender Zirkus. Und ein weltberühmter sogar noch^^ Jedenfalls klingen die Artisten sehr interessant und vor allem auf die explosive Tigerlili bin ich gespannt^^ Auch das die Marine jetzt noch dazukommt garantiert Spannung für die Zukunft. Jedenfalls scheint eine Art Vertrag zwischen Marine und Zirkus zu herrschen. Ich denke, dass die Artisten im Zirkus gesucht werden und der Vertrag sie schützt solange sie für den Direktor arbeiten.
    Übrigens fand ich die Beschreibugn des Zirkusschiffes und des Zelts sehr gut und ich konnte mir ein gutes Bidl davon machen.

    Das war eigentlich auch schon alles was es zu sagen gibt, da das heutige Kapitel nich so ergibig war. Aber es bereitet schonmal gut auf die folgenden Kapitel vor.

    So die Vorstellung geht los und weiß zu gefallen. Britney Cheers hat ja nach ihrer gescheiterten Gesangskarriere immerhin die Akrobatik für sich endteckt, was man von ihrem "Reallife" Vorbild ja nicht behaupten kann. Naja viel mehr kann man zum heutigen Kapitel nicht sagen, da es sich ja nur um die Darbietungen gedreht hat. Jedoch fand ich die ganz gut beschrieben und auch die Stimmung wurde gut von dir eingefangen. Am besten hat mir zwar Britney gefallen, aber Nico war auch interessant. Vor allem der Einsatz der Teufelskräfte war gut. Auf das nächste Kapitel bin ich auch noch gespannt. Vor allem was Tigerlilly so kann. Ich denke ja auch, dass die Akrobaten nicht nur Akrobaten sind, sondern auch im Kampf einiges auf dem Kasten haben. Jedenfalls wäre es doch ziemlich langweilig, wenn das hier nur ein Zirkus wäre


    mfg
    Dillian
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