Diese Geschichte habe ich im Sommer 2007 erfunden und ist die Geschichte eines Vorfahren des roten Shanks. Sie hat insgesamt 56 Kapitel und gehört zu meinen Lieblingsgeschichten. Ich weiß jetzt nicht genau wann die neue Rechtschreibung aufgekommen ist, jedenfalls muß es 1997 oder 1998 gewesen sein. Alle meine Geschichten habe ich nach der alten Rechtschreibung geschrieben, da ich mit der neuen auf Kriegsfuß stehe.
Das Waisenkind, 1225
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Es war ein verregneter Augusttag. Ein durchnäßter dreijähriger Junge stand mit Tränen in den Augen am Grab seiner Eltern. In seinen Händen hielt er das Schwert seiner Mutter. Es war das Einzigste, was sie ihm hinterlassen hatte. Sein schwarzes Haar klebte an seiner Stirn. Der Verlust seines Vaters hatte ihn stark mitgenommen.
Sein Vater, Gregor Shoned, starb vor zwei Tagen an Tuberkulose. Er war gerade mal fünfundzwanzig Jahre alt geworden.
In seinen kurzem Leben hatte ihn der Tod schon seit seiner Geburt begleitet. Die Anstrengung, ein neues Lebewesen in die Welt zu setzen, war zu viel für seine schöne rothaarige Mutter, Julia Shoned, gewesen. Sie war erst zwanzig Jahre alt.
“Ich möchte, daß mein Sohn Shadow heißt...”, waren ihre letzten Worte.
Gregor arbeitete in der Bibliothek auf der Insel Ohara, als Archäologe. Seit dem Tod seiner Frau kümmerte er sich rührend um sein einziges Kind. Auf den Wunsch seiner Frau hin, hieß der Junge seitdem Shadow.
Sein Sohn war gleichzeitig sein Halt. Wäre er nicht geboren worden, hätte sich Gregor schon am Todestag seiner Frau umgebracht.
Doch nun hatte ihn eine Krankheit niedergestreckt und hatte ihn damit allein gelassen.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Shadow blickte auf einen grauschwarzhaarigen Mann. Es war der Chef von Shadows Vater, Sandro. Mit vierundfünfzig Jahren hatte er kaum Falten im Gesicht. Sein grauschwarzer Bart ging ihm bis zur Brust. Shadow schätzte ihn auf ein Meter sechzig.
“Es tut mir Leid. Ich hätte dir gern ein besseres Leben gegeben.”
“Was soll ich jetzt tun?”, schluchzte er.
Sandro kniete sich zu den Jungen.
“Ich werde dich das Handwerk deines Vaters lehren. So kann ich mich gleichzeitig um dich kümmern, bis du auf eigenen Beinen stehen kannst. Was hältst du davon?”, meinte er sanft.
Mit seinem Handgelenk wischte er seine Tränen ab und starrte ihn hoffnungsvoll mit seinen dunkelbraunen Augen an. Er umarmte ihn lächelnd.
“Danke!”
Sandro bemerkte, daß das Kind eingeschlafen war.
“Das war alles zu viel für ihn.”, murmelte er besorgt.
Shadows Schwert steckte er in seinen Ledergürtel. Mit dem schlafenden Kind im Arm marschierte er zum Gebäude der Bibliothek. Das Gebäude war ein riesengroßer, dicker uralter Baum.
Er trat ins Innere des Gebäudes. Seine neununddreißig Angestellten begrüßten ihn. Sie begutachteten das Kind.
“Das ist der Sohn von Gregor und Julia Shoned.”
Als sie das hörten, freuten sie sich. Sie wußten, daß Gregor ihn erst in vier Jahren vorstellen wollte, aber sein früher Tod hatte alle Pläne zunichte gemacht.
“Warum mußten seine Eltern nur so früh sterben?”, murmelte einer.
“Der Junge ist unter einem schlechten Stern geboren.”, seufzte Sandro.
Er brachte ihn in den dritten Stock, ging einen langen Gang entlang bis links auf der Tür Nummer dreihundertfünfundachztig stand. Sandro machte die Tür auf und trat ein. Das Zimmer hatte ein mittelgroßes Fenster in der mittleren Wand. An der rechten Wand waren zwei Bücherregale vollgestopft mit Büchern. Unter den Regalen stand ein Schreibtisch mit Kerze, Federkiele, Tintenfaß und davor stand ein Holzstuhl. Das Bett befand sich vom Fenster, an der rechten Wand. Vor dem Bett stand ein mittelgroßer Kleiderschrank. Die Wände waren weiß gestrichen.
Sandro zog die nassen Kleider des Kindes aus und legte ihn ins Bett. Er legte die Sachen auf den Holzstuhl. Das Schwert nahm er aus dem Gürtel und betrachtete es eine Weile.
Es hatte eine blaue Scheide mit grünen Griff, goldenem Knauf, Griffbügel und Glocke.
“Das Schwert der Shoneds. Julias ganzer Stolz. Mich würde einmal interessieren, wie alt das Schwert ist und warum es auch das heilige Schwert heißt? Mh, nun gut es ist ein Familienschatz und wird Generation zu Generation weitergegeben. Dabei sollte ich es belassen.”, murmelte er.
Sandro ging zur Tür und machte sie auf.
“Kevin! Komm zu Zimmer dreihundertfünfundachtzig!”, brüllte er.
Sandro schloß die Tür.
Kurze Zeit später tauchte ein dreißigjähriger blonder Mann auf. Er war etwas kleiner als Sandro. Seit Gregors Tod war er seine rechte Hand.
“Was wollen Sie?”, fragte er.
“Sie wissen doch, wo Gregor wohnte. Kevin.”
“Ja. Er war mein bester Freund und hat mich oft zum Essen eingeladen.”
“Holen Sie die Sachen von Shadow. Das Haus kann vermietet werden. Der Junge wird so lange hier bleiben bis er alt genug ist, um selbst zu entscheiden, was er will.”
Kevin war verwirrt.
“Wie?”
“Ich werde ihm die Archäologie lehren. In sechs Jahren werden wir sehen, ob er das Zeug zum Archäologen hat. Sein Vater hat das alles in zwei Jahren und fünf Monaten geschafft. Von ihm weiß ich auch, das er Shadow lesen und schreiben beigebracht hat. Der Junge scheint sehr klug zu sein, genau wie seine Eltern. Hoffentlich hat er das Talent seines Vaters.”
“Mh, was wird er wohl für ein Leben führen, wenn er erwachsen ist?”
Der begabte Junge
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“Ich habe dir einen Monat Trauerzeit gegeben. Jetzt möchte ich mit deiner Ausbildung anfangen. Doch zuerst ein paar Worte zuvor.”, begann Sandro, der in seinem Büro am Schreibtisch saß.
Shadow, der gegenüber saß, hörte aufmerksam zu.
“Im zweiten Stock gibt es eine Regel, die du niemals brechen darfst. Betritt nie das Zimmer zweihundertzweihundfünzig.”
“Warum?”
“In diesem Zimmer bewahren wir unseren Schatz von ganz Ohara. Die Frucht des Lebens, fünfundsechzig Milliarden Goldstücke wert. Es heißt, man kann dadurch solange Leben wie man will, aber man ist nicht unverwundbar. Man ist schwimmunfähig oder man verwandelt sich in ein Kind, dann kann man schwimmen.”
“Kind?”
“Ja. Wer die Frucht des Lebens ißt, hat die Fähigkeit sich in ein Baby, Kind, Jugendlichen, Erwachsenen oder in einen Greis zu verwandeln.”
Shadow hob die Brauen.
“Warum Schatz von Ohara?”
“Weil sie die Letzte ihrer Art ist. Ich habe vor sie zu züchten, wenn das Experiment geglückt ist. Dann ist sie nicht mehr der Schatz und jeder darf sie dann essen.”
“Was passiert, wenn sie jetzt jemand ißt?”
“Den würde ich verstoßen! Alle Inselbewohner würden ihn hassen und ihn wie Dreck behandeln!”
In Sandros Tonfall lang ein gewisser Zorn und Shadow wußte, dieser Mann macht keinen Spaß in dieser Sache.
“Ich will nicht, derjenige sein, der diese Frucht ißt.”, murmelte Shadow zu sich.
Sandro bemerkte Shadows bleiches Gesicht und lächelte.
“Bis jetzt ist alles gut gegangen, wenn du dich daran hältst bis mein Experiment gelungen ist, darfst du sie gerne essen.”, sagte er sanft.
Dann stand er auf und holte aus dem Bücherregal ein Buch und setzte sich.
“Wie gut kannst du schreiben und lesen?”
“Naja, lesen kann ich gut, aber schreiben kann ich noch nicht alles, nur meinen Namen und die Buchstaben des Alphabets.”
“Gut, dann muß ich dir, das Schreiben erstemal beibringen, bevor deine Lehre losgeht.”
So verging ein ganzer Monat. Shadow war talentiert. Seine Handschrift ähnelte die eines achtzehnjährigen Mannes. Zu Sandros staunen konnte er, bevor die zweite Hälfte des Monats September vorüber war, seine Lehre beginnen.
Er mußte eine sehr alte Schrift lernen die auf der Welt verboten war, warum, konnte niemand beantworten.
Im Laufe der Monate erkannte Sandro Shadows angeborenes Talent. Der Junge konnte schon nach einen später Tag eine Arbeit darüber schreiben.
Mit seinen drei Jahren hatte Shadow einen Wissensstand eines dreißigjährigen. Alle Inselbewohner sprachen schon von diesem Wunderkind. Shadow übertraf sogar seinen Vater.
“Wenn er so weitermacht, kann er mit vier Jahren seine Abschlußprüfung machen.”, dachte Sandro bei in sich.
Der Verstoß
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Sandro hatte Shadow in sein Büro bestellt. Beide saßen sich gegenüber.
“Dein letzer Test hat bewiesen, daß du soweit bist. Nächste Woche ist deine Abschlußprüfung!”, begann Sandro.
Das Kind starrte ihn bestürtzt an.
“Du hast richtig gehört. Obwohl du gerade mal vier Jahre alt bist. Weißt du, aus dir kann einmal etwas ganz Großes werden!”, meinte er lächelnd.
Shadows Gesicht erhellte sich. Seine Augen strahlten vor Freude.
“Du drafst jetzt gehen und bereite dich gut vor, auch wenn du noch so schlau bist. Vielleicht weißt du doch nicht alles.”
Nachdem er seinen Satz beendet hatte, verließ Shadow das Zimmer. Nachdenklich blickte Sandro ihm hinterher.
“Aber vielleicht auch nicht. Du bist zu schlau für dein Alter. In 14 Jahren werde ich zurücktreten und dir meinen Posten geben, der eigentlich deinem Vater zugestanden hätte. Shadow, das Wunderkind.”, murmelte er zu sich.
Fassungslos schloß er hinter sich die Tür zum Büro. Bald konnte er sich Archäologe nennen.
Plötzlich knurrte sein Magen, während er den Gang entlang ging. Das Zimmer zweihundertzweiundfünzig stand sperrweit offen, ein Angestellter hatte versehentlich vergessen das Zimmer offen gelassen, weil er Staub gewischt hatte.
Ohne nachzudenken betrat er das Zimmer. Der ganze Raum war aus weißschwarzen Marmor verkleidet. Direkt vor ihm war ein mittelgroßes Fenster. In der Mitte des Zimmers war ein Sockel und darauf lag eine Frucht, die für Shadow wie eine Birne aussah.
“Merkwürdig das Zimmer zweihundertfünfundzwanzig war noch nie so leer gewesen. Vielleicht sind die anderen einkaufen und füllen die Speisekammer wieder auf.”, murmelte er verwundert zu sich.
Er trat zu der Frucht, nahm sie und verspeiste sie.
“Mh, schmeckt aber seltsam. Ob die Birne schlecht war?”, bemerkte der Junge.
“Shadow?”, ertönte plötzlich Sandros Stimme.
Das Kind erschrak und drehte sich zu ihm um.
“Was machst du hier?”
“Ich hatte Hunger.”
“Du weißt doch, daß du das nicht die Speisekammer ist!”
“Was?”
Sandro blickte zum Sockel.
“Wo ist die Frucht des Lebens?”, fragte er gereizt.
“Die Tür offen stand und ich dachte... Oje, ich... ich dachte, das ist die Speisekammer. Jetzt versteh ich, warum der Raum so leer ist. Oh mein Gott!”
“Was hast du getan?”, fragte Sandro mit wutverzerrten Gesicht.
“Ich.. ich... habe sie gegessen.”, gestand er ihm beschämt mit gesenkten Kopf.
“Was? Du weißt genau, das sie unser Heiligtum ist.”
“Wie soll ich es wiedergutmachen?”
“In dem du die Frucht ausspuckst oder fünfundsechzig Milliarden Goldstücke zu mir bringst!”
Shadow seufzte.
“Wenn ich die Prüfung bestanden habe, werde ich irgendwann mit einem Schiff los segeln und mit fünfundsechzig Milliarden Goldstücke zurückkommen! Versprochen!”, meinte er schließlich optimistisch.
Sandros Gesicht war rot angelaufen.
“Es wird keine Prüfung geben!”
“Warum?”, fragte er verwundert.
“Du hast gegen die Regel verstoßen, obwohl ich es dir gesagt habe!”, brüllte er ihn an.
Shadow wurde vor Schreck ganz bleich im Gesicht. Tränen rannen über seine Wangen.
Als Sandro einen Stock aus einer Ecke nahm, erstarrte das Kind.
“Verschwinde von hier!”, schrie er.
Sandro holte aus und verfehlte Shadow um Haares breite. Der Junge rannte aus dem Zimmer. Der Chef der Bibliothek hinter ihm her und bemerkte, daß er in sein Zimmer lief.
“Ich trete die Tür ein, wenn du dich einschließt!”, brüllte er dem Kind nach.
Doch Shadow schloß sein Zimmer nicht ab, sondern holte sein Schwert.
“Sandro ist schnell für sein Alter.”, keuchte er.
Der Junge rannte die Treppen herunter und floh zum Ausgang.
An dem Ausgang stoppte Sandro.
“Laß dich hier nie wieder blicken!”, brüllte er.
“Aber der Junge ist noch ein Kind.”, schaltete sich Kevin ein.
Wütend blickte Sandro ihn an.
“Er hat unser Heiligtum gegessen. Du weißt genau, was die Höchststrafe ist. Verbannung! Wenn er sterben sollte, dann soll er doch. Ich weiß wie klug er ist, von ihm hätte ich das am wenigsten erwartet.”, erklärte Sandro, “Wenn jemand ihm seine Hilfe anbietet, wird dieser auch verbannt!”.
Kevin seufztend und nickte zustimmend.
Shadow rannte tief in den Wald, der neben dem Gebäude lag. Als er einen alten Baumstamm fand, schlüpfte er in ein Loch des Stammes hinein. Er hockte sich hin und weinte bitterlich.
Wie sollte es nur weiter gehen?
Pirat Joe Newgate
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Es war ein warmer Julitag. Ein paar Wolken zogen den blauen Himmel entlang. Ein leichter kühler Wind blähte die Segel der Kogge Red Force. Eine Jolly Roger wehte am Mast. Das Schiff nährte sich Ohara.
Der Kapitän Joe Newgate war ein großartiger Mann. Er hatte grüngraue Augen, kurzgeschnittene rotblonde Haare und war ein Meter fünfundsechzig groß. Mit seinen fünfunddreißig Jahren sah er immer noch jung und schön aus. Er trug eine schwarze Weste, ein weißes Hemd, eine braune Hose und Stiefel. Eine lange Narbe durchzog sein Gesicht.
Joe war gerade unter Deck. Er berechnete gerade den Kurs, wo er als nächstest an Land gehen wollte.
Es waren Schritte zu hören und die Tür ging auf. Es war der Steuermann.
“Käpt’n, Ohara ist in Sicht!”
“Gut, ich komme.”
“Julia wird sich freuen. Wenn sie ihr Schiff sieht.”, meinte er lächelnd.
“Du hast Recht.”
“Sandro! Julias erster Maat legt gerade am Hafen an.”, rief Kevin, als er die Tür zum Büro öffnete.
Sein Chef blickte hoch. Er hatte sich über einige Bücher gebeugt.
“Was sagst du da? Bring mich zu ihm.”
Er stand auf und folgte Kevin zum Hafen.
Die Menge machte Sandro Platz. Er erkannte den Piraten sofort. Neben ihm stand sein ersten Maat, Marco.
“Lange nicht mehr gesehen, Joe. Was willst du hier?”
“Ich bin gekommen, um Julia Shoned abzuholen.”
Sandro senkte den Kopf. Joe ahnte, daß er keine gute Nachrichten hatte.
“Sie ist vor sieben Jahren gestorben.”
Joe hob die Brauen.
“Was ist passiert? Sie war doch noch so jung.”
“Nachdem sie ihren Sohn geborben hat, starb sie. Ihre letzten Worte waren: ‘Mein Sohn soll Shadow heißen.’ Es tut mir Leid.”
“OH! Und Gregor?”
“Er starb vor vier Jahren an Tuberkulose.”
Joe faßte sich entsetzt an den Kopf.
“Ach du meine Güte! Was ist mit ihrem Sohn passiert?”
Sandro blitzte ihn böse an.
“Das weiß ich nicht. Einige Leute sagen, das er noch lebt, aber genau kann ich es nicht sagen. Vor drei Jahren habe ich ihn aus meinem Haus gejagt, weil er unser Heiligtum verspeist hat. Kurz vor seiner Abschlußprüfung brach er die oberste Regel. Die Frucht des Lebens war die Letzte und war fünfundsechzig Milliarden Goldstücke wert.”
“Dieser Bengel hat also ein schweres Verbrechen begannen.”
“Ja. Ich habe ihn darüber auch belehrt.”
“Verstehe. Ist er denn so hinterhältig und frech?”
Alle Inselbewohner nickten.
“Joe, was hast du jetzt vor?”
“Da unser Käpt’n tot ist, brauchen wir dringend einen Schwertkämpfer. Es kann auch jemand sein der ein Schwert besitzt, den bilde ich dann zu einem aus.”
Sandro stöhnte.
“Wir besitzen alle keine Schwerter. Nur der Mistkerl Shadow. Julias Schwert.”, erklärte ein Inselbewohner.
“Dann muß ich ihn suchen gehen.”, meinte Joe.
“Soll ich mitkommen, Käpt’n?”, meldete sich Marco zu Wort.
Er war vierundzwanzig Jahre alt, hatte braune Haare und blaue Augen. Marco maß ein Meter siebzig.
“Nein, ich werde alleine gehen. Wir sprechen von einem Kind und nicht von einem Erwachsenen.”
“Stimmt auch wieder.”
Schon rannte er los.
Joe hatte die ganze Insel auf den Kopf gestellt, aber keine Spur von dem Kind. Er hatte nur die Gräber von seinen Eltern gefunden. Bei einem Haus mit Komposthaufen ließ er sich auf einen Stein nieder. Dauern fragte er sich, wo er noch suchen sollte?
Aus irgendwelchen Gründen, konnte er nicht sagen, starrte er auf den Abfallhaufen.
Plötzlich tauchte dort eine Kindergestalt mit schwarzen Haaren und zerrissen Kleidern auf. Scheinbar suchte es nach etwas eßbaren.
Joe richtete sich auf. Langsam trat er zu dem Kind. Vom nahem bemerkte er, daß es ein unterernährter Junge war.
Doch ehe er den verwahrlosten Junge zur Rede stellen konnte, bemerkte er Joe und flüchtete vor ihm.
“Das muß er sein, daß muß Shadow sein.”
Der Pirat nahm die Verfolgung auf. Er hatte mühe ihm zu folgen, weil Shadow zu schnell war.
An einem Abgrund hielt der Junge an. Keuchend hatte Joe ihn eingeholt. Das Kind saß in der Falle.
“Du bist ganz schön schnell, junger Mann.”, meinte er grinsend.
Auf Shadows Gesicht lag Bestürzung und Panik.
Jetzt erst fiel Joe das Schwert am Gürtel des Kindes auf. Er kam langsam auf den Jungen.
“Er sieht genauso aus wie sie, bis auf seine Haare.”, murmelte der Pirat.
Dann zog Shadow sein Schwert und fuchtelte wild damit herum.
“Laß mich in Ruhe! Sonst verletze ich dich!”, drohte er.
Shadow verwandelte sich in einen siebzehnjährigen Jungen. Vorsichtig lief Joe zu ihm. Mit der rechten Hand ergriff er die Klinge des Schwertes.
“Du mußt noch viel lernen.”, meinte er.
Shadow versuchte sich von Joes Klammer zu lösen, aber vergebens.
“Hör zu, ich lasse jetzt dein Schwert los. Du führst es zurück in die Scheide und verwandelst dich zurück. Dafür beantwortest du mir ein paar Fragen. Kapiert.”
Shadow verwandelte sich zurück und hielt den Kopf schräg.
“Scheide?”
“Na, die Hülle an deinem Gürtel.”
Joe ließ die Klinge los. Auf seiner Handfläche war eine Wunde zusehen, die sofort blutete.
Der Junge steckte sein Schwert in die Scheide.
“Wie heißt du? Ich bin Joe.”
“Shadow Shoned.”, sagte er mit gesenkten Kopf.
Joe hob die Brauen.
“Der Sohn von Julia Shoned, nicht wahr?”
Er nickte.
“Ich habe deine Mutter gekannt.”
Shadow hob den Kopf.
“Sie war mein Käpt’n. Deine Mutter war für mich da, als niemand anders für mich da war. Julia habe ich verehrt und geliebt. Ich war leider immer zu alt für sie. Doch nun ist sie Tod. Es ist ein Jammer, das ich sie so viel gesehen habe und du gar nicht. Sandro hat mir alles erzählt.”
Shadow zuckte bei dem Namen zusammen.
“Dein ehemaliger Freund muß dich sehr verletzt haben.”
Das Kind wich seinem Blick aus.
“Sandro war nie mein Freund! Warum hat er mich dann nicht die Prüfung machen lassen und mich verbannt? Ich... Ich habe mich bei ihm entschuldigt und habe ihm das Angebot gemacht, fünfundsechzig Milliarden Goldstücke für ihn zu suchen!”
Der Pirat legte seine rechte Hand auf seinen Kopf.
“Willst du mit mir kommen?”
“Ja. Mich wird hier sowieso niemand vermissen.”
Joe begann zu lächeln.
“Weißt du, die Leute hier sagen, du seist durchtrieben und böse. Aber das bist du nicht. Die Inselbewohner sind richtige Dummköpfe.”
Shadow blickte überrascht zu Joe und begann zu lachen.
“Du hast ein süßes Lachen.”
Das Kind wurde stocksteif. Vor Verlegenheit wurde er ganz rot.
“Du solltest öfter lachen.”, meinte Joe lächelnd.
Joe kehrte mit Shadow zum Hafen zurück. Die Bewohner blickten die beiden missmutig an.
“Da ist der Mistkerl.”, schrie einer aus der Menge.
Mit düsteren Blick starrte Sandro Shadow an. Der Junge zitterte am ganzen Leib und blickte zu Boden. Von allen Seiten wurde er angepöbelt.
Marco trat zu Joe.
“Hey Käpt’n, daß ist wohl dieser Bastard?”, fragte er.
Ohne Antwort zu geben, funkelte Joe ihn böse an.
“Oh! Ich habe wohl was falsches gesagt.”, entschuldigt sich Marco.
Die Menge hörte nicht auf, auf Shadow herum zu hacken.
“Na, du Fressmaschine. Jetzt haben wir dich endlich los!”, brüllte ein weitere aus der Menge.
Shadow war den Tränen nahe und wäre am liebsten davon gelaufen. Joe stoppte und drehte sich um.
“Haltet euere elende Klappe. Ihr Idioten!”, brüllte Joe die Menge mit wutverzerrten Gesicht an.
Alle blickten ihn überrascht an. Shadow schaute erstaunt zu dem Piratenkapitän. Es war eine Zeitlang still.
“Wenn ihr ihm nicht viel Glück wünscht, dann haltet euere Klappe! Habt ihr das kapiert! Es gibt nur einen Grund, warum ich dieses Kind mitnehme und das ist, weil ihr ihn so schlecht behandelt. Nur weil er das Heiligtum gegessen hat? Zum Teufel noch mal, er ist ein Kind von sieben Jahren und kein Erwachsener!”, schrie er die Menge weiter an.
“Er muß den Jungen gern haben.”, murmelte Marco kaum hörbar zu sich.
Joe stieg die Laufplanken seines Schiffes hoch. Shadow und dahinter Marco folgten ihm.
“Leinen los und setzt die Segel!”, brüllte er seine Crew an, ohne etwas zu erzählen, was passiert ist.
Die Crew wußte sofort, das Joe schlechte Laune hatte. Mit verwirrtem Blicken betrachteten sie das Kind.
Shadow blickte die ganze Zeit seiner Heimat nach.
Als die Red Force auf dem Meer war, trat der Navigator, Sebastian, zu Joe.
“Was will das Kind hier?”, fragte er, während er zu Shadow blickte.
“Das ist der Sohn von Julia Shoned und Gregor. Sie starben sehr früh. Er ist ein Waisenkind.”, erklärte Joe ihm gelassen.
“Aber Käpt’n! Es konnte sich doch dort ein anderer in Ohara um den Jungen kümmern.”, prostierte er.
“Hör zu, die Leute haben ihn sogar vor Fremden schlecht gemacht, so das er von jeden gemieden wurde. Der Junge hat das Heiligtum von Ohara verspeist. Es war verboten, daß zu tun. Nun verachten ihn alle. Deswegen bleibt er an Bord.”, fuhr er ihn an.
Sebastian seufzte nur nachdenklich.
Joe wandte sich von ihm ab und trat zu Shadow, der sich auf die Reling lehnte. Er legte seine Hand auf Shadows linke Schulter.
“Du willst Sandro also die fünfundsechzig Milliarden Goldstücke bringen?”
“Ja.”
“Nach allem was sie dir angetan haben?”
“Ja. Ich bin doch selber daran Schuld, daß sie mich so hassen! Deswegen will ich es wieder gutmachen, in dem ich diese Frucht bezahle. Vielleicht verzeihen sie mir dann.”
“Du kannst einfach niemanden böse sein, egal was sie mit dir machen. Mnh, du bist genauso sanftmütig, wie deine Mutter.”, meinte er seufztem, “Also gut. Wir werden dir helfen. Aber das wird Jahre dauern. Es würde etwas schneller gehen, wenn wir den stärksten Piraten Welt antreffen und besiegen. Sargon D. Teach.”
Shadow sah ihn hoffungsvoll an.
Der neue Kapitän
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Joe seufzte. Die erste Nacht an Bord endete damit, daß Shadow sich einen ruhigen Platz an Deck des Schiffes suchte. Das Kind wollte nicht neben Marco schlafen, das Julias Platz gewesen war, sondern neben Joe, aber der Käpt’n wollte das nicht, weil kein Platz da war.
Ihm wurde bewußt, daß es dafür einen einzigen Grund gab. Shadow war menschenscheu.
Joe ging an Deck und begann den Jungen zu suchen. In einer geschützten Ecke fand er ihn schließlich. Er versuche den Jungen zu wecken, hatte aber keinen Erfolg. Dann erinnerte er sich wie er Marco, der ebenfalls einen festen Schlaf hatte, geweckt hatte. Joe holte einen nassen Lappen und legte ihn auf Shadows Gesicht. Doch der Junge legte sich zur Seite und schlief weiter.
“Das gibs doch nicht. Alle Methoden ihn wach zu bekommen sind gescheitert! So einer ist mir noch nie über den Weg gelaufen!”, murmetlte Joe verblüfft vor sich hin.
Er nahm den Jungen auf seinen Arm und führte ihn zu seiner Hängematte, neben Marco.
Ein Lächeln war auf Marcos Gesicht.
“Weißt du, er hat einen besteren Schlaf, als du.”
“Wirklich?”
“Oh ja.”
“Na das ist ja ein Ding.”
Verwundert wachte Shadow auf.
“Wie bin ich nur in die Schlafkabine gekommen?”
Er sah sich um, da alle Hängematten leer waren, mußte die ganze Crew an Deck sein.
Shadow stand auf und schlüpfte in seine abgetragenen Schuhe.
Mit größter Vorsicht trat er aus dem Raum. Ein Duft von gebratenen Hühnchen stieg ihm in die Nase. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen und ging dem Geruch nach. An der Tür zur Kombünse hielt er an. Vorsichtig öffnete er die Tür. Der Sumtje, Silvio, hatte ihm den Rücken zugekehrt. Silvio hatte das Kind im Spiegel eines hängenen Topfes gesehen, aber lies sich nichts an bemerken. Shadow versteckte sich, als er sich umdrehte. Silvo war achtunddreißig Jahre alt, graubraunhaarig, ein Meter sechsundfünfzig groß mit blauen Augen und voll schlank.
Seufzend schlich er zu dem Kind, der sich gerade anschickte einen Apfel zu klauen.
“Na Kleiner, gut geschlafen?”, rief er dem Jungen lächend zu.
Er starrte ihn aus angstvollen Augen an. Vor Schreck war er kreidebleich.
Silvio zeigte auf einen kleinen Tisch mit vier Stühlen.
“Gehe dorthin, setz dich und dann bringe ich dir etwas zu Essen. Den Apfel kannst du behalten.”, erklärte er sanft.
Der Junge nickte schüchtern.
Silvio bemerkte, daß Shadow es nicht gewöhnt war, so freundlich aufgenommen zu werden.
Die Augen des Jungen wurden größer, als er sein Frühstück brachte.
Es bestand aus einen Becher warmer Milch und Brot mit Honig, Käse und Marmelade.
Shadow nahm einen Schluck von der warmen Milch und verzog sein Gesicht.
Silvio wußte sofort Bescheid.
“Oh du magst wohl keine warme Milch? Na gut, ich hole dir eine kalte Milch. Mal sehen ob dir die schmeckt.”
Er trank die Milch aus. Nachdem er den Becher aus wusch, füllte er ihn mit kalter Milch.
“Das ist der letzte Rest, mehr habe ich nicht da. Ab morgen mußt du mit etwas anderes vorlieb nehmen.”
Das Kind zuckte nur mit den Schultern und machte sich ans Essen her. Über seine Tischmanieren war Silvio total überrascht. Shadow benahm sich so vornehm wie ein Adliger. Er konnte gar nicht glauben, das er aus der Gosse kam.
“Besser als Abfälle nicht?”, scherzte er.
Shadow nickte nur.
Silvio begann sich zu fragen, ob er überhaupt sprechen konnte? Da Shadow aufgegessen hatte, entschied er es auszutesten.
“Willst du noch etwas haben? Wenn ja, wieviel?”
Shadow nickte und streckte vier Finger in die Höhe.
“Verständlich!”, dachte er, “Er besteht ja nur aus Haut und Knochen.”
“Wie heißt du?”
Der Junge sah ihn ängstlich an. Silvio erkannte, daß er es nicht gewohnt war mit Menschen zu reden.
“Ein hübscher Junge, den Julia da geboren hat.”, dachte er weiter.
“Sh-shad-d-d-dow Sh-sh-shoon-n-ned.”, stotterte er nervös.
In seiner Stimmer lag Unbehagen.
“Angenehm. Ich bin Silvio, der Smutje, also der Koch dieses Schiffes.”, erklärte er, “Weißt du, da du so mager bist, darfst du soviel Essen, wie du willst. Aber nur solange bis du wie die anderen Kinder deines Alters aussiehst.”
Nachdem Essen begab sich Shadow auf die Suche nach Joe, aber immer darauf bedacht das ihn niemand sah.
Joe beobachtete diese Eigenschaft mit größter Sorge.
“Wenn er so weitermacht, wird er als Erwachsener große Probleme bekommen.”, murmelte er vorsich hin.
Marco, der seine Sorge bemerkt hatte, ging auf ihn zu.
“Shadow ist gerade Mal einen Tag hier. Er braucht Zeit.”
“Ich weiß, aber seine Angst vor den Menschen können wir bestimmt nicht ganz wegbekommen.”
“Aber irgendwann wird er uns vertrauen.”
Doch das war leichter gesagt, als getan.
Am nächsten Tag legten sie an einer Insel an. Joe wollte mit Shadow neue Kleider und Schuhe kaufen gehen. Da Joe ein Robin Hood der Meere war, überhäuften die Inselbewohner ihn mit Geld.
Dadurch das Shadow ein schönes Kind war, wurde Joe von allen Seiten über den Jungen ausgefragt. Shadow versteckte sich immer hinter Joe.
Bei der Schneiderin war es nicht viel anders. Als sie die Maße nehmen wollte, wäre er beinahe aus dem Haus gelaufen, wenn Joe ihn nicht am Handgelenk ergriffen hätte.
“Sehe ich so schrecklich aus, daß du weglaufen mußt?”, fragte die hübsche Frau verwundert.
Sie nickte Verständnisvoll, als Joe ihr alles erklärte.
Beim Schuster war es nicht anders.
Am Abend kamen sie zum Schiff zurück. Joe war total erschöpft.
“Seit ihr den ganzen Tag herumgelaufen?”, wollte Sebastian wissen.
“Nein! Ich mußte Shadow festhalten, sonst wäre er mir weggelaufen.”, erklärte er gelassen.
Eine Woche später begann Joe ihm den Schwertkampf beizubringen. Wobei sich Shadows angeborenes Talent, Dinge schnell zu verstehen, zugute kam.
Nach einem Jahr war Shadow besser als seine Mannschaft zusammen. Doch sie hatten mühe Shadows vertrauen zu gewinnen.
Seine Aufgaben erledigte er so gut, daß Joe ihn zu seinem Nachfolger ernannte.
Wenn sie von feindlichen Schiffen angegriffen wurden, war seine Verwandlungsfähigkeit vom großen Vorteil.
Im Laufe der Zeit gelang es Marco Shadows Vertrauen zugewinnen und sie wurden beste Freunde. Durch diesen Schritt begann sich Shadow langsam Joes Crew zu öffnen.
Joe hoffte, daß er irgendwann ein richtiger Mann und ein furchtloser Pirat werden würde. Trotzdem wußte er auch, daß Shadow zu ernst für sein Alter war. Er hatte den Jungen nur bei seiner ersten Begengnung Lachen hören und seitdem niewieder.
Eines Tages brach Joe an Deck zusammen. Chico, der schwarzhaarige hagere Schiffsarzt, stand zufällig daneben und untersuchte ihn.
“Er hat hohes Fieber. Vielleicht hat er Lungenentzündung.”, erklärte er.
Alle waren geschockt.
“Wird er überleben?”, fragte Shadow besorgt.
Chico legte seine Hand auf seine Schultern.
“Das weiß ich nicht.”
Shadow begann zu weinen.
“Er hängt sehr an unseren Käpt’n, Marco.”, meinte Sebastian zu Marco. Beide standen etwas abseits.
“Naja. Shadow ist ein Waisenkind. Joe hat wahrscheinlich als erster, seit dem Vorfall mit der Frucht, mit Shadow gesprochen und das will schon was heißen.”
“Vielleicht bringt der Junge Unglück.”
“Sebastian! Wie kannst du nur so etwas sagen! Das hat der Junge nicht verdient!”
“Tut mir Leid!”
Joe wurde ins Krankenlager des Schiffes gebracht. Seine Crew konnte weder schlafen noch essen. Sein Zustand besserte sich nicht. Der Kapitän hatte sogar angeordnet, Kurs auf seine Heimat zu nehmen. Nun waren sie noch eine Tagesreise von ihr entfernt.
Chico holte Shadow ans Krankenbett von Joe.
“Berühre ihn nicht, sonst wirst du auch krank.”, erklärte er besorgt.
Dann ließ er die Beiden allein.
“Shadow.”, begann er schwach, “Es sind drei Jahre vergangen, seit ich dich angeheuert habe. Du bist gewachsen und wirst mit jeden Tag schöner. Ich bin froh, das wir Freunde geworden sind. Meine Crew mag dich, daß haben sie mir immer gesagt. Wir haben für dich sechzig Millionen Goldstücke erbeutet, aber wir sind weit von dem Ziel entfernt.”
Er hustete.
“Shadow. Es ist für mich an der Zeit als Kapitän zurückzutreten. Ab den heutigen Tag bist du der neue Kapitän.”, meinte er lächelnd.
“Nein! Joe! Ich habe überhaupt keine Ahnung davon!”, widersprach er.
“Weißt du, mein Junge. In dir schlummern Fähigkeiten von den du gar nichts weißt. Ich habe es mehr als einmal in dir gesehen. Du nimmst sie nicht wahr, aber ich und bestimmt auch Sandro hat es gemerkt. Mir ist das schon von Anfang an aufgefallen.”
Er hielt kurz inne. Tränen rannen über Shadows Gesicht.
“Du hast Archäologie studiert und bist kein anerkannter Archäologe, weil du die Prüfung nicht absolviert hast. Trotzdem kannst du verbotene Schrift lesen, nicht wahr?”
Shadow nickte.
“Du darfst niemanden sagen, wo du herkommst oder das du verbotene Schrift lesen kannst. Wenn die Marine davon erfährt, wird sie versuchen dich zu töten. Ich wünsche dir alles Gute und das du dein Glück findest. Hoffentlich entschuldigen sich die Leute von Ohara.”, waren seine letzten Worte.
“Nein! Nein! Joe, bitte! Du kannst mich doch jetzt nicht alleine lassen!”, rief er verzweifelt.
Marco hatte sich unbemerkt ins Zimmer geschlichen. Er hatte Tränen in den Augen.
Seine Arme umschlangen Shadows zierlichen Körper.
“Du kannst nichts mehr für ihn tun. Er ist Tod.”, erklärte er traurig.
Es war ein milder Herbsttag. Ab und zu verdeckten dicke Wolken die Sonne. Orange war eine schöne Insel. Es gab dort zwei Dörfer. An der Westküste erstreckte sich ein großer Wald, während an der Ostküste eine große Weise lag.
Alexander Newgate kam freudestrahlend in den Garten vor dem Haus.
“Mutter! Vater ist wieder hier. Die Red Force ist in Sicht.”
Seine Mutter, Ilona Newgate, arbeitete auf dem Gemüsebeet. Sie blickte zu ihrem Sohn. Ilona war sechsunddreißig Jahre alt, ein Meter fünfundfünfzig groß, schlank, hellbraunäugig und hatte kastanienbraunes Haar, daß ihr bis zu den Schultern ging.
Seine Mutter lächelte. Sie betrachtete ihren Sohn. Er war fünfzehn Jahre alt, hatte rotblonde Haare und hellbraune Augen. Der junge Mann war schlank und war einen Kopf größer, als seine Mutter. Alexander trug ein graues Hemd mit roter Schärpe, braune Hose und braune Schuhe.
Beide begaben sich zum Hafen und begrüßten die drei Männer, die als erstes von Bord gegangen waren. Ilona fragte sich, wer das Kind zwischen Chico und Marco war. Alle drei hatten traurige Gesichter.
“Wo ist mein Mann?”, fragte sie.
“Naja. Unser Kapitän lebt nicht mehr. Wir haben ihn hierhergebracht, um ihn zu beerdigen zu lassen.”, erwiderte Marco bedrückt.
“Wie ist das passiert?”, fragte Alexander geschockt.
“Er starb gestern an schweren Lungenentzündung.”, erklärte Chico.
Ilona begann zu weinen. Alexander versuchte sie zu trösten.
“Dann bist du jetzt der Kapitän der Red Force, Marco.”, meinte Alexander.
Er schüttelte nur den Kopf.
“Nein!”
Marco zeigte auf Shadow, der sich hinter ihm versteckte.
“Er ist der Käpt’n.”, erklärte er.
Bestürzt starrten beide Shadow an.
“Aber... Aber das ist ja noch ein Kind! Wie das?”, stammelte Ilona.
“Shadow ist ein Wunderkind und ein Genie. Noch nie bin ich auf so jemanden gestoßen. Du kennst doch deinen Mann. Er würde nie jemanden ohne Grund auswählen.”, erklärte Marco streng.
Sie nickte zu stimmend.
Marco schob Shadow hinter sich vor.
“Er ist wohl schüchtern.”, schmunzelte Ilona.
Marco stöhnte.
“Der Junge hat Angst vor Menschen, weil er schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hat.”
“Verstehe. Sagmal, wolltest du nicht nach Ohara fahren und Julia abholen?”, fragte Ilona.
Marco senkte seufzen den Kopf.
“Der Junge stammt aus Ohara, wo wir vor drei Jahren waren.”, erklärte er.
Ilona lief vor Wut rot an.
“Ich will nicht wissen, wo dieser Bengel herkommt!”, brüllte sie ihn zornig an.
Shadow versteckte sich ängstlich hinter Marco und war den Tränen nahe.
“Das soll wirklich euer Käpt’n sein? Shadow ist ja ein Angsthase.”, seufzte Alexander.
“Julia ist vor zehn Jahren kurz nach der Geburt ihres Kindes gestorben. Gregor starb drei Jahre später. Er war schwer krank.”
Ilonas Wut verflog. Sie war erschüttert über diese Nachrichten.
“Der heutige Tag besteht nur aus schlechten Nachrichten. Was ist mit ihrem Kind? Habt ihr es in Ohara zurückgelassen?”, wollte Alexander wissen.
Marco schob Shadow wieder vor sich.
“Wir konnten diesen Jungen unmöglich in Ohara lassen. Man hat nur auf ihn herumgehackt. Sogar vor Fremden haben sie ihn schlecht gemacht. Selbst ich bin Zeuge davon geworden. Nur weil er die Frucht des Lebens, den Schatz von Ohara, ausversehen gegessen hat. Joe hat ihn auf unseren Schiff als Schwertkämpfer angeheuert. Der scheue Junge hier ist Shadow Shoned. Julias Sohn.”, erklärte Marco.
Ilona hob die Brauen.
“Man hat ihn mit vier Jahren verstoßen. Drei Jahre später haben wir ihn da herrausgeholt.”, erklärte Marco.
Ilona hielt geschockt die Hand vor dem Mund. Dann kniete sie sich zu Shadow. Er wich ihrem Blick aus.
“Es tut mir sehr Leid, junger Mann. Doch ich glaube, du hast jetzt treue Freunde gefunden.”, meinte sie sanft.
Erstaunt sah er sie an.
“Ja. Sind sie. Ohne sie wäre ich immer noch einsam in Ohara. Ich hätte nie gedacht einmal solche Freunde zu bekommen.”, erwiderte er gedämpft.
Die ganze Mannschaft hatte gehört, was er gesagt hatte und strahlte übers ganze Gesicht.
Nach einer Stunde hatte man Joe beerdigt. Auf Shadows Wunsch durfte er der Beerdigung bei wohnen. Eigentlich wollte Marco das verhindern, doch schließlich gab er nach, weil er sich daran erinnert hatte, das er eine Beerdigung schon einmal erlebt hatte.
Eine Woche später segelten sie weiter.
Shadow stand am Bug und beobachtete wie die Insel immer kleiner wurde. Marco gesellte sich zu ihm.
“Nimmst du Joes Wunsch an?”, fragte er.
Der Junge blickte ihn entschlossen an.
“Es war sein Wunsch. Joe und ihr wart es die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin. Daher werde ich Käpt’n der Red Force! Aber es kann sein, das ich euch enttäusche.”, erklärte Shadow bedrückt.
Marco nahm ihn in die Arme.
“Das glaube ich nicht.”, flüsterte er ihm ins Ohr.
Der stärkste Pirat der Welt
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Eine leichte Brise blähte die Segel der Red Force auf. Die Sonne hatte nur wenige Wolken zu befürchten. Es war ein heißer Julitag. Friedlich gleitet das Schiff durchs Wasser.
Shadow stand am Bug und beobachtete das Meer. Vielleicht hoffte er auch einen der Wale oder Delphine zu sehen, die er so liebte.
Er dachte zurück wie alles angefangen hatte. Inzwischen waren sechs Jahre vergangen. Drei Jahre davon war er Kapitän. Auch wenn der Tod von Joe immer noch schmerzte, tröstete er sich damit, daß er noch Marco hatte und eine wunderbare Crew hatte, die mit ihm durch Hölle fahren würde. Shadow hatte allmählich Spaß daran die Leute herumzukomantieren. Allerdings paßte er auf, daß er die Grenzen seiner Crew nicht überschritt.
Plötzlich bemerkte er am Horizont ein Schiff.
“Käpt’n! Wir haben Probleme!”, schrie Sebastian von Beobachtsposten aus.
“Was ist mit dem Schiff?”, fragte er verwirrt.
“Die Flagge hat drei Totenköpfe mit zwei gekreuzten Knochen. Das ist der Zeichen von Sargon D. Teach! Dem stärksten Piraten der Welt!”
“Dann flüchten wir! Er ist noch weit entfernt.”, erklärte Shadow.
“Das hättest du wohl gern! Er kommt genau in unsere Richtung, das heißt er hat uns schon längst gesehen.”, meinte Marco streng, der plötzlich hinter Shadow stand.
“Warum?”
“Merk dir einst Shadow, wenn Sargon einmal ein Schiff gesichtet hat, wird er nicht eher ruhen, bis er uns eingeholt hat und dann wird er uns mit seiner Mannschaft dem Garaus machen!”
“Bist du sicher?”
Er nickte.
“Sargon hat uns vor fünfzehn Jahren angegriffen, damals hat er gegen deine Mutter gekämpft. Wir konnten nur unser Schiff und ein viertel der Crew vor Sargon retten. Julia war ein erfahrender Kapitän und das kann man von dir nicht ganz sagen. Du bist noch unerfahren. Shadow, ich muß dich bitten, verwandle dich in einen siebzehnjährigen Jungen. Dann ist das Kräfteverhältnis wenigsten etwas ausgeglichen.”
Er nickte und verwandelte sich. Marco war über Shadows Erscheinung entzückt. Seine schwarzen Haare durchzog ein Mittelscheitel. Die Haare hatte er zu einem Pferdeschwanz gebunden und langte ihm bis zu den Schultern.
“Der Junge wird bestimmt bald stattlicher gutaussehender junger Mann, in vier Jahren.”, dachte er.
“Rico! Du weißt, genau was zu tun ist, stehle alle Schätze auf dem Schiff!”, befahl Shadow Rico.
Er blickte Shadow verwirrt an.
“War das gerade seine Stimme?”, fragte dieser sich.
“Anscheinend verwandelt er sich nicht nur äußerlich, sondern auch seine Stimme! Das ist also seine Stimme, wenn er in den Stimmbruch kommt. Ein herrlicher Klang, so rein wie Wasser.”, dachte Marco weiter, “Kein Wunder das mir das nie aufgefallen, während der Verwandlung hat er bis jetzt noch nicht gesprochen.”
Er bemerkte wie Rico Shadow merkwürdig anblickte.
“Rico! Steh nicht so faul herum! Du weißt, was der Käpt’n gerade befohlen hat!”, schrie Marco ihn an.
Der Mann zuckte zusammen.
“Jawohl!”, sagte er nur.
Die beiden Schiffe standen sich gegenüber.
“Schiff entern!”, befahlen die beiden Kapitäne.
Doch bevor Sargons Männer reagieren konnten, sprang Shadows Crew aufs Deck des Gegners.
Kurz darauf brach ein erbarmungsloser Kampf aus.
Marco kämpfte gegen Sargon. Er gab sein bestes, aber traf Sargon mit seinem Schwert einfach nicht. Sargon war unglaublich flink, trotz seiner vierundfünfzig Jahre. Er hatte schwarze schulterlange Haare, die zu einem Zopf gebunden hatte, grünäugig und war ein Hüne.
Marco gelang es ihm den Zopf abzuschneiden. Vor Wut schlug Sargon nach ihm. Er wich aus und er traf die Reling, so das drei sehr scharfe Kanten der Reling entstand.
Shadow hatte nur leichte Gegner und hatte Sargon immer im Auge.
Plötzlich stolperte Marco und Sargon verletzte ihn an der Halsschlagader. Er landete auf dem Bauch.
Sargon holte aus und stieß sein Schwert mit aller Gewalt in Marcos Rücken. Marco stieß ein Schmerzensschrei aus.
Er zog sein Schwert aus seinem leblosen Körper.
Shadow war kreidebleich.
“Nein! Neiiinnn!”, brüllte er.
Mit wutverzerrten Gesicht und ohne nachzudenken, stürmte er auf Sargon zu. Der Hüne nahm sein Schwert in die linke Hand und verpaßte Shadows Gesicht einen heftigen Schlag mit der Rechten.
Der junge Mann verlor darauf den Halt und fiel mit dem Gesicht auf die scharfe Kante der zertrümmerten Reling.
Siegessicher lächelte Sargon, als er ihn auf dem Boden liegen sah. Die Reling war blutverschmiert.
Inzwischen hatte sich Rico in die Schatzkammer des Schiffes geschlichen. Er trug ein Seil, einen großen Sack, Pfeile und Bogen mit sich.
“Hach, das sind mindesten zwanzig Milliarden Goldstücke. Sehr schön!”
Mit einem Dolch bohrte er an der Schiffswand ein kopfbereites Loch. Einer Meter unter ihm war das Wasser. Er machte das eine Ende des Seiles am Haken einer Stütze fest. Das andere Ende band er an einen Pfeil. Dann zielte er aus dem Loch auf den Mast der Red Force.
Er spannte den Bogen und schoß den Pfeil ab.
Sebastian, der Rico angeboten hatte ihm zu helfen, zog ihn aus dem Mast. Dann band er das Seil um einen Haken am Mast und schoß den Pfeil zurück.
Rico verknotete die beiden Enden miteinander und konnten sie nun den Schatz mit Hilfe von Säcken auf ihr Schiff laden.
Sargons Crew war mit dem Geschehen viel zu beschäftigt, als darauf zu achten.
Shadows Gesicht schmerzte. Noch nie hatte er solche Schmerzen in seinem kurzen Leben gehabt. Seine drei tiefen Kratzer am linken Auge blutete so stark, das er es zu halten mußte. Er stöhnte.
Ihm gelang es auf die Knie zu gehen. Der Hüne war überrascht.
Sargon nahm sein Schwert in die rechten Hand und holte zum entschiedenen Schlag aus. Doch Shadow reagierte schnell, in dem er seinem Schlag auswich.
“Na, du mit deinen siebzehn Jahren. Ich hätte nicht gedacht wie flink du bist. Junger Mann, du rastest schnell aus, wenn es um deinen Kapitän geht.”, meinte er hämisch grinsend.
“Er war mein Freund und der erste Maat meines Schiffes. Ich bin der Käpt’n!”, fuhr er ihn wütend an.
Der Pirat hob die Brauen.
“Mit vierzehn Jahren also? Ich weiß von Joes Tod. Doch du wirst ihm jetzt Gesellschaft leisten!”
Wieder griff Sargon an. Diesmal konterte Shadow.
“Nicht schlecht für einen Rotzlöffel!”
Die beiden Mannschaften hörten auf zu kämpfen. Sie beobachteten das Spektakel zwischen den beiden Kapitänen.
Dann gelang es ihm Sargons Bauch zu halbieren und schlug ihm den Kopf ab.
Beide Mannschaften starrte ihn mit offenen Mund an. Eine Zeitlang herrschte Stille.
Shadow führte sein Schwert in die Scheide. Mit seiner linken Hand hielt er sich seine Wunde.
“Will sich noch jemand mit mir anlegen?”
“Ähm, nein! Geht auf euer Schiff zurück. Wir halten euch nicht auf.”, erklärte einer von Sargons Männer ängstlich.
Shadows Crew kletterten auf ihr Schiff zurück.
Lange beobachteten sie das Schiff bis es schließlich Richtung Osten verschwand.
Ein dumpfes Geräusch war hinter ihnen zu hören. Sie drehten sich um.
Es war Shadow, der leblos am Boden lag.
Chico betrachtete ihn.
“Der hohe Blutverlust war zu viel für ihn.”, erklärte er.
“Kein Wunder, er ist noch ein Kind.”, beständige Sebastian, “Bringt ihn in sein Schlaflager. Chico du weißt, was zu tun ist.”
Er nickte.
Sebastian wartete eine ganze Stunde an Deck, bevor Chico wieder kam.
“Wie geht es ihm?”
“Er braucht jetzt viel Ruhe. Shadows linkes Auge ist zum Glück heil geblieben. Es könnte sogar sein, daß er heulen wird.”
“Warum?”
“Er ist dreizehn und nicht Zwanzig!”
“Stimmt, auch wieder. Sind die Wunden so schlimm, daß Narben entstehen?”
Chico senkte den Kopf.
“Ich glaube ja. Diese Narbe wird ihn immer an Sargon und Marco erinnern. Jetzt ist Shadow der stärkste Pirat der Welt.”
“Wieviel war Sargon Wert?”
“Ähm, ich glaube fünfhundert Millionen Goldstücke.”
“Bis jetzt ist Shadow der einzige von uns, auf dem kein Kopfgeld ausgesetzt war. Ab heute ist das bestimmt anders. Seit dem Tod von Joe (siebzig Millionen), Julia (hundertfünfzig Millionen) und Marco (65 Millionen), hast du das höchste Kopfgeld von uns mit zwanzig Millionen Goldstücke. Bestimmt wird ein Kopfgeld von sechshundert Millionen Goldstücke auf ihn ausgesetzt.”
“Mh! Irgendwie paßt er nicht zu unserer Bande.”
“Da hast du recht, aber wir können froh sein ihn zu haben.”
Zwei Wochen später nahm die königliche Marine Sargons Männer fest und erfuhren von Shadows Tat. Der Großadmiral der Marine brachte in Erfahrung, daß es sich um einen Gewissen Shadow Shoned, der Sohn von Julia Shoned, handelt. Doch sie wußten von seinem Aussehen sehr wenig. Einer von Sargons Männer hatte ihnen beschrieben, das er drei Wunden am linken Auge hätte und einen Pferdeschwanz hatte der ihm bis zu den Schultern reichte. Sein Haar war schwarz mit dunklen Augen.
Der Großadmiral setzte ein Kopfgeld von sechshundert Millionen Goldstücke auf ihn aus.
Für Shadows Crew gab ihm zu Ehren eine neue Flagge, ein grauer Totenkopf mit drei Wunden am linken Auge und gekreuzten Schwertern auf schwarzen Hintergrund.
Shadow war ihnen dankbar.
Die starken Schmerzen seiner drei Wunden waren so unerträglich, das seine Crew Mühe hatte, seine Launen zu ertragen.
Der Verlust
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Es war ein wunderschöner, warmer Sommertag. Ein kühler, leichter Wind brachte Erholung auf der Insel Ohara. Die Insel hatte sich, seit Shadow sie verlassen hatte, nicht verändert.
Sandro beugte sich gerade über ein paar Schriften, als Kevin hektisch in sein Büro eintrat.
“Was ist?”
“Die Red Force! Käpt’n Joe kommt auf diese Insel.”
Er richtete den Blick auf den Siebenundvierzigjährigen mit den graumelierten Haar.
“Hoffentlich bliebt dieser Shadow auf den Schiff!”
Der alte Mann stand auf. Er stützte sich auf einen Stock und machte sich auf den Weg zum Hafen.
Am Hafen war eine Menschenmenge versammelt. Alle wollten sie wissen, was die Crew hier wollte.
Auf den Schiff gab Sebastian Shadow den schweren Sack.
“Soll ich dir wirklich nicht beim Tragen helfen?”, fragte er besorgt.
“Nur weil meine drei Narben immer noch so stark schmerzen, heißt das noch lange nicht, das ich das nicht schaffe. Das muß ich alleine durchziehen.”
“Na gut.”, stöhnte Sebastian.
Shadow schwand den Sack auf seinen Rücken und stieg die Laufplanke herunter. Die Menschen machten ihm Platz damit er ungehindert seinen Weg gehen konnte.
Viele erkannten ihn gar nicht mehr wieder und betrachteten den schönen jungen Mann aufmerksam.
Er war ein Meter dreiundneunzig groß, trug schwarze Stiefeln und Hose mit dunkelgrauer Schärpe und ein weißes Hemd. Die Haare hatte er vor nicht all so langer Zeit kurz geschnitten und reichten ihm bis zum Nacken. Sein Schwert hatte er an Bord seines Schiffes gelassen. Durch seinen Kleidungsstil hatte er bei seiner Crew den Beinamen Black Shadow bekommen.
“Hey, ist das nicht die Fressmaschine?”, fragte ein Mann seine Frau leise.
“Ich glaube ja.”
Der junge Mann war nervös und wollte am liebsten sich irgendwohin verstecken.
Bei einem weißhaarigen Mann blieb er stehen. Er hatte viele Falten im Gesicht mit Stirnglatze.
“Sandro.”, meinte Shadow gedämpft.
Der alte Mann hatte ihn sofort wiedererkannt.
“Shadow.”, brachte er nur heraus.
Er hatte eine Ahnung was Shadow in seinem Sack hatte. Mit einem scheppernden Geräusch ließ er den Sack vor Sandros Füße fallen.
“Fünfundsechzig Milliarden Goldstücke, wie versprochen.”, erklärte er schüchtern.
Shadow öffnete den Sack und zeigte ihm den Inhalt.
Sandro hob die Brauen.
“Für mich?”
“Ja.”, antwortete Shadow ängstlich.
Es verschlug den ganzen Bewohnern die Sprache. Ein Raunen war zu hören.
Fassungslos starrte Sandro den jungen Mann an. Beschämt senkte er den Kopf und trat zu Shadow. Er wich zurück. Dann umarmte der alte Mann ihn.
“Ich danke dir. Das Geld ersetzt zwar nicht die Frucht, aber das ist jetzt egal. Es tut mir Leid, was ich dir angetan habe. Bei mir wirst du, ab heute wieder Willkommen sein.”, erklärte er mit Tränen in den Augen.
“Ja. Uns tut es auch Leid.”, begannen die Bewohner der Insel nach einander.
Vor Rührung kamen Shadow die Tränen.
Der junge Mann stieg die Laufplanke hoch und sie legten ab.
“Und wie ist es gelaufen?”, wollte Chico wissen.
Shadow begann zu Lächeln.
“Ich bin wieder in Ohara Willkommen. Alle haben sich bei mir entschuldigt.”
Mit diesen Worten ging er unter Deck.
“Er hat noch nie wirklich gelacht. Nur gelächelt.”, gestand Chico Sebastian.
“Das ist mir auch schon aufgefallen. Joe hat mir vor langer Zeit gesagt, das er es kann, wenn er will. Ich denke in ein paar Jahren wird er soweit sein.”, meinte Sebastian.
Zwei Tage vergingen. Es war früh am Morgen. Die Sonne war schon seit zwei Stunden aufgegangen. Wenige Wolken waren am Himmel zu sehen. Ein warmer Wind blähte die Segel der Red Force auf. Das Schiff glitt durch kleine Wellen.
Sebastian war unverhofft eingeschlafen, obwohl er auf Beobachtungsposten war. Die ganze Crew schlief noch. Nur Shadow war schon seit Sonnenaufgang wach. Er war unter Deck und durchforschte die Landkarte.
Als Sebastian plötzlich aufschreckte, bemerkte er, das er mindestens drei Stunden geschlafen hatte. Er faßte sich an den Kopf.
“Zum Glück ist in der Zeit nichts passiert, wenn Shadow das herausfindet wird er mich ausschimpfen.”
Mit einem merkwürdigen Gefühl, als würde etwas näher kommen, drehte er seinen Kopf Richtung Osten.
Zehn Meter vor der Red Force segelten zehn Schiffe der Marine auf sie zu.
“Ach du meine Güte!”
Er stand auf und so schnell er konnte, rannte er unter Deck.
“Alle Mann an Deck! Die Marine!”, schrie er so lauf er konnte.
Sebastian suchte Shadow und sagte ihm das Gleiche.
Über ihnen war ein Kampf schon voll im Gange.
Shadow nahm sein Schwert und sie rannten an Deck.
Erschrocken sahen sie, das die Marine sie umzingelt hatte.
“Oh! Nein!”, durchfuhr es Shadow.
“Verwandle dich in ein fünfjähriges Kind!”
Shadow blickte ihn verwirrt an.
“Was? Warum?”
“Du bist der Letzte deiner Familie. Deine ganze Crew hat noch eine Familie: Geschwister, Onkels, Tanten, Kinder. Doch du nicht. Es wäre ein Jammer, wenn du stirbst. Die Marine läßt dich vielleicht am Leben, wenn du dich verwandelst!”, befahl er.
Shadow hatte Tränen in den Augen.
“Nein, ich will kämpfen!”, protestierte er weiter.
“Shadow! Bitte! Ich will nicht das du stirbst! Die Shoneds sind eine wunderbare Familie, wenn sie nun ausgerottet wird, nur weil du so stur bist, dann würde ich es dir mein Lebenlang nicht verzeihen!! Bitte verwandle dich!”
Mit diesen Worten verschwand er im Kampfgetümmel. Shadow verwandelte sich und war wie versteinert.
Vor seinen Augen sah er, wie seine Crew von der Marine getötet wurde. Unwillkürlich verdeckte er seine drei Narben mit seinen Haaren.
Plötzlich tauchte ein braunhaariger Mann mit grauen Augen vor Shadow auf. Er war sicher der Anführer dieser Flotte, ein Meter sechzig groß und schlank.
Ein weiterer Mann stand neben ihn. Er war etwas größer.
“Ein Kind. Leutnant Dularce, was sollen wir mit ihm machen?”
“Mh, schwierig.”
Der junge Mann war kreidebleich, auch er hätte kämpfen können, aber er war wie gelähmt.
“Wie alt bist du?”
“Fünf Jahre.”, log er.
“Der Sohn von Black Shadow, wahrscheinlich? Komisch ist, daß wir keinen gefunden haben, der wie dein Vater aussieht.”
“Weil mein Vater ja auch gestorben ist, als ich drei Jahre alt war!”, erklärte er.
“Wenigsten ist das nicht gelogen, macht Spaß, so etwas zu erzählen.”, dachte er ins Geheim.
“Und deine Mutter?”
“Starb kurz nach meiner Geburt.”
“OH! Davon wußte ich nichts. Den Tod von Joe haben wir ja auch erst drei Jahre später erfahren.”
Er wandte sich zu den Mann daneben.
“Zerstört das Schiff! Das Kind kommt mit mir. Wie heißt du?”
“Sha ... Shadow Shoned.”
“Ah, ja. Nach deinem Vater benannt.”
Die Soldaten steckten die Red Force in Brand. Shadow stand an der Reling des Marineschiffes. Tränen rannen über sein Gesicht.
“Lebewohl Red Force! Lebewohl meine Freunde! Ich werde euch nie vergessen. Was ihr für mich getan habt.”, murmelte er kaum hörbar.
Er seufzte.
“Ich war glücklich mit dir und deiner Mannschaft. Deine Freunde sind bei mir in guten Händen. Ich danke dir Shadow Shoned.”, ertönte plötzlich eine Stimme vom Schiff in Shadows Ohr.
Shadow fragte sich, ob er sich diese Stimme nur eingebildet hatte oder nicht.
“Es tut mir Leid. Ich bin Leutnant Steve Dularce. Einundvierzig Jahre alt. Meine Tochter ist zwanzig Jahre alt und mein Sohn ist vierzehn Jahre alt.”, ertönte hinter ihm Dularces Stimme.
Seine Worte ließen Shadow innerlich kochen. Am liebsten hätte er ihn getötet. Doch dann wäre seine Tarnung aufgeflogen. Sebastians letzte Worte hatten sich in ihn eingebrannt.
“John! Komm her!”, befahl er.
Der Mann von vorhin kam auf Dulacre zu.
“Ja!”
“Bring ihn in eine Kajüte.”
“Aber Leutnant, er ist ein Pirat.”
“Mein Lieber John, er ist ein Kind. Wir müssen ihn so erziehen, das er der Marine vertraut und dann wird er wie ich eines Tages Leutnant.”
“Die haben einen an der Klatsche. Niemals werde ich Befehle von der Marine entgegen nehmen! Ich gehorche niemanden!”, dachte er zornig.
In der kleinen Kajüte lehnte er sich weinend an einen Stützpfeiler. Wieder einmal hatte er alles verloren, was er geliebt hatte und nun sogar seine Freiheit. Ihm war ganz elendig zu mute.
Wie kam er nur wieder heil aus der Sache wieder heraus?
Die Wahl
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Die Sonne thronte am wolkenlosen Himmel. Es war angenehm warm. Eine frische Brise sorgte für Abkühlung, am Hafen des Marinehauptquartieres.
Leutnant Dularce ging mit Shadow von Bord des Schiffes.
Der junge Mann konnte nur froh sein, das seine Tarnung bis jetzt nicht aufgeflogen war.
Das Hauptquartier war ein fünfstöckiges Haus und umfaßte eine Fläche von mindestens zweitausend Quadratmeter. Vier Türme ragten aus jeder Ecke des Gebäudes. Die Festung strahlte in blendenden weiß und ähnelte eher einem prunkvollen Schloß.
Viele von der Marine fragten sich, was Dularce mit dem Kind machen wollte?
Innen sah es nicht viel anders aus. Noch nie hatte Shadow so ein prachtvolles Gebäude gesehen.
Vor ihnen erstreckte sich eine schwarze große Marmortreppe mit weiße Geländer, so wie der Fußboden.
Sie bestiegen die Treppe. Jeder ihrer Schritte hallten im Gebäude. Im dritten Stock führte Dularce ihn durch eine riesige Tür.
Shadow konnte seine Verblüffung kaum verbergen.
Der Raum sah wie ein Tanzsaal aus und hatte große Fenster.
In der Mitte des Raumes war ein Schreibtisch, der auch ganz aus Marmor war und schön mit Meerestieren verziert war.
Ein alt Mann saß vor dem Schreibtisch. Er blickte die beiden an.
“Was will ein Kind hier? Leutnant Dulacre.”, fragte er.
“Der Junge ist der Sohn von Black Shadow. Sir.”
“Verstehe. Warum haben Sie ihn nicht getötet?”
“Ich habe da an mich gedacht und wie ich zur Marine gekommen bin. Sir, ich bitte um die Erlaubnis ihn zu einen Marineoffizier zu machen. Mit seinen fünf Jahren können wir ihn noch verändern.”, erklärte Dularce weiter.
“Mh, na gut. Aber zu erst wird er ein Spitzel, wenn er sich gut macht. Dann kann er Marineoffizier werden, wie bei Ihnen.”
Er wandte sich zu Shadow.
“Wie heißt du?”
“Shadow Shoned.”
“Das wird harte Arbeit. Einen Shoned ist schwer zu bändigen. Bis jetzt hatten wir noch keinen dieser Familie, in der Marine. Seit dreihundertvierzig Jahren waren sie durchgängig ohne Ausnahme Piraten.”, murmelte der Alte.
Dann läutete er eine Glocke und zehn Soldaten mit Pfeil und Bogen betraten den Raum. Sie umzingelten Shadow. Er bekam Angst.
Alle Soldaten zielten auf ihn.
“Willst du Spitzel der Marine werden? Du muß die Hälfte deines Gewinnes an uns übergeben. Oder willst du sterben?”
Demütigt senkte Shadow den Kopf und sank auf die Knie.
“Ich... Ich werde... Spitzel der Marine.”, sagte er gedämpft in seiner Kinderstimme.
Die Soldaten ließen ihre Waffen sinken.
“Gut. Leutnant Dularce ist dein Lehrmeister. Doch zu erst führe ihn in das Gästezimmer. Morgen früh beginnt seine Ausbildung.”
Ein Soldat gab ihm den Zimmerschlüssel.
Mit feuchten Augen folgte er Dulacre drei Stockwerke höher. An einer Tür machten sie Halt. Er schloß auf und ließ Shadow den Vortritt. Der junge Mann hatte allmählich mühe seine Tarnung bei zu behalten. Im Raum stand ein Bett an der linken Wand, ein kleiner runder Holztisch mit zwei Holzstühlen in der Mitte. An der rechten Wand stand ein kleiner Schrank. In der mittleren Wand war ein mittelgroßes Fenster von dem man das Meer sehen konnte und einen Sonnenuntergang sehen konnte.
Verlegen trat Shadow ins Zimmer. Am Bett blieb er stehen. Noch nie seit sechzehn Jahren hatte er in einen richtigen Bett geschlafen.
“Wenn du dich waschen willst. Gehe einfach nach links drei Türen weiter, da ist das Badezimmer mit Toilette. Ach ja, brauchst du dafür Hilfe?”
“Nein, ich bin Vollwaise. Das kriege ich schon seitdem Tod meiner Eltern hin!”, sagte er stolz.
Shadow schluckte. Beinahe hätte er sich verraten.
Ihm kamen die Tränen, als er dran dachte.
Damals hatte er keine Freunde und nun war es wieder so. Allein an einen unbekannten Ort.
“Wie? Na gut. Wenn du noch etwas brauchst, ich bin im Nachbarzimmer. Man wird dir auch gleich etwas zu Essen bringen.”
“Was du brauchst, ist einen Tritt in den Hintern. Du Mörder!”, sagte Shadow zu sich.
“Hast du beim Essen einen Wunsch?”
“Habe keinen Hunger! Mir ist der Appetit vergangen, als meine Freunde starben.”, fuhr Shadow ihn an.
“Kein Wunder. Es ist doch auch heute früh passiert. Willst du auch nichts zu trinken haben?”
Shadow seufzte. Er hatte seit gestern Abend nichts mehr getrunken und senkte den Kopf.
Nach all der Aufregung hatte er seinen Durst verdrängt. Doch nun war er wieder da.
“Also gut.”
“Ähm, zur Beruhigung wie wärs mit warmer Milch?”
“Kalte Milch! Ich kann warme Milch nicht ausstehen! Oder ein Krug warmer Kräutertee oder nur Wasser.”, gestand er ihm.
“Gut. Ich sage Bescheid. Ähm, ich lasse die Tür auf und wehe du haust ab! OK, dann bis morgen.”
Dularce machte die Tür zu.
Nach einer Weile entschloß sich Shadow ins Bad zu gehen. Die Badezimmertür hatte einen Schlüssel. Er schloß auf, nahm den Schlüssel aus dem Schloß, schlüpfte hinein, machte die Tür zu und schloß ab.
Shadow verwandelte sich zurück.
Das Zimmer war warm. Mitten im Raum stand eine Wanne, die zwei Meter lang und ungefähr einen halben Meter hoch war. Rechts neben der Wanne stand ein Ofen. Davor war ein Waschbecken, das so groß war, daß ein Zehnlitereimer darunter paßte. Unter dem Waschbecken entdeckte er zwei große Eimer. Diese füllte er mit kaltem Wasser und stellte sie auf den Ofen.
Dann schüttete das heiße Wasser in die Wanne. Danach goß er kaltes nach, bis es die richtige Temperatur hatte und voll war.
Er zog sich aus, wobei er sein Schwert im Gästezimmer zurückgelassen hatte und eine Nachricht, hinterlassen hatte das er Baden war.
“Hoffentlich können diese Dummköpfe lesen.”, murmelte er.
Mit diesen Worte stieg er in die Wanne.
Frisch gewaschen stieg er aus der Wanne. E nahm die Seife, die er benutzt hatte und wusch seine Kleider. Dann legte er sie auf den Ofen, ließ das Wasser aus der Wanne und wartete bis sie trocken war. Er zog sie wieder an, schloß die Tür auf und ging aus dem Badezimmer. Den Schlüssel steckte er wieder dorthin, wo er ihn gefunden hatte. Da Shadow sehr vorsichtig war, hatte er sich in ein Kind verwandelt.
Ohne Furcht, daß ihn jemand sieht, trat er in das Gästezimmer.
Sein Schwert stand noch wo er es zurückgelassen.
Auf dem Tisch stand ein Tonkrug mit Deckel und eine Tasse. Er ging hin und goß sich etwas ein.
In Nase drang der Duft von Minze. Durch die dampfende Tasse, bemerkte er, das es noch heiß war.
Wenn er sich so zurück erinnerte, hatte er bei seinem Vater zum ersten Mal solchen Tee getrunken.
Nachdem er den ganzen Krug geleert hatte, warf er sich weinend auf das Bett. Er sehnte sich nach seiner Crew.
Schließlich schlief er ein.
Kurz nach Mitternacht schlich Dulacre in Shadows Zimmer. Er stellte sich vor sein Bett und betrachtete ihn.
Shadow hatte sich gedreht, das man seine drei Narben sah.
“In seinem Alter hat er schon Narben, wie gemein die Menschen nur sein können.”, murmelte er.
Dularce erinnerte sich noch gut daran, wie er zur Marine gekommen ist.
Vor zwanzig Jahren war er selbst Käpt’n eines Piratenschiffes. Damals war er vierzig Million Goldstücke Wert. Als ihn die Marine auf die gleiche Weise, wie bei Shadows Fall, überfiel. Seine ganze Crew wurde vernichtet. Dulacre hatte sich aus seiner Not, der Marine ergeben und gesagt, er will der Marine dienen!
Doch er hatte die Marine nie dafür gehaßt. So kam es, daß er Spitzel der Marine wurde.
Zehn Jahre später hatte er solche gute Arbeit geleistet, daß sie ihn zum Leutnant befördert haben.
“Du wirst durch meine Hilfe ein guter Spitzel und ein irgendwann ein guter Leutnant. Dafür sorgte ich schon. Ihr Shoned seit schließlich zäh! Vielleicht wirst du sogar Admiral.”
Der Verrat
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Seit drei Stunden schien die Sonne schon am Himmel. Keine Wolke störte ihr Licht. Ein leichter Wind war auf gekommen.
Einige Soldaten beladeten ein Gokstadschiff mit Getränke und Essen. Das Segel war eingezogen. Von weiten sah das Schiff einem kleinen Wikingerschiff aus.
Dulacre und Shadow standen vor dem Schiff.
“Ab heute beginnt für dich ein neues Leben.”, meinte der Leutnant zu ihm.
Shadow reagierte nicht darauf. Auch wenn er innerlich zerwühlt und durcheinander war, wußte er genau was er jetzt machen wollte.
Seine Wut auf die Marine kannte keine Grenzen. Als erstes würde er sich an Leutnant Dulacre rächen, der seine Freunde auf den Gewissen hatte. Dabei spielte es keine Rolle, wie freundlich er zu ihm war. Durch Dularces Tod würde er wenigsten mehr Freiraum haben, als jetzt und dann werden viele von der Marine seinen Zorn zu spüren bekommen.
Beide bestiegen das Schiff. Der Großadmiral hielt einen Sturmvogel am Arm.
“Somit halten wir Kontakt. Dulacre. Ab heute werden wir dich nach deinen Vater benennen. Black Shadow. Merk ihn dir gut!”
Alle salutierten vor ihnen. Dulacre war gerührt und seinem Schützling ließ es kalt. Seine Gedanken waren schon ganz woanders.
Der Leutnant freute sich das Kind auszubilden. Obwohl man ihn vor Shadows Blutlinie gewarnt hatte, schoß er alle Warnungen in den Wind. Schließlich hatte er es mit einem Kind zu tun. In zehn Jahren werden die sehen, was aus ihm geworden ist und werden Dularce befördern. Der Leutnant wird der Erste sein, der einen Shoned zähmt.
Das Marinehauptquartier war am Horizont verschwunden. Dularce bemerkte eine kleine Insel mit Sandstrand und mit ungefähr vierzehn Palmen.
“Wir gehen hier an Land.”, erklärte Dulacre.
“OK.”, sagte Shadow nur gelangweilt.
Der Leutnant setzte als erstes seinen Fuß an Land. Dann schob er das Schiff etwas an Land.
Ein hinterlistiges Grinsen umspielte Shadows Gesicht.
“Du kannst jetzt aussteigen. Ich werde dich jetzt auf die Gefahren der See und die eines Spitzels einweisen.”
“Einweisen?”
“Genau. Du muß gut vorbereitete werden!”
“Die kenne ich schon mehr, als mir lieb ist.”, spottete Shadow grinsend.
Mit Stirn runzeln, blickte Dulacre Shadow verwundert an. Seine Verblüffung wurde noch größer, als sich Shadow vor seinen Augen sich in sein wahres Alter verwandelte.
“Du... Du... Du bist Black Shadow! Auf den sechshundert Millionen Goldstücke ausgesetzt sind.”
“Genau!”
“Aber wie ist das möglich? Ich meine, wie alt bist?”
“Zwanzig. Vor sechzehn Jahren habe ich versehentlich die Frucht des Leben gegessen. Deswegen kann ich mich in jede Alters Gruppe verwandeln.”
“Dann kommst du also aus Ohara. Kannst du etwa die verbotene Schrift?”
“Ja!”
“Jetzt willst du Spitzel werden?”
“Nein!! Niemals! Deine Marinekollegen sollen sich bloß warm anziehen. Vor bewaffneten Männern die alle auf einen zielen, würdest du jeden anlügen, um ans Ziel zu kommen.”, erklärte Shadow zornig.
Sein Gesicht war wutverzerrt. Dulacre machte große Augen.
“Du Verräter! Das werde ich dem Hauptquartier sagen, nachdem ich mit dir abgerechnet habe.”
“Dazu wird es nicht kommen!”
“Was?”
“Du wirst der Erste sein, der meine Rache zu spüren bekommt. Deinetwegen habe ich alles verloren, was mir etwas bedeutet hat. Dulacre, du weißt gar wozu ein Mann fähig ist, der nichts zu verlieren hat! Wegen dir habe ich meine aller ersten Freunde verloren und jetzt stirbst du!!”, fauchte er ihn an.
Dulacre begriff nun, daß er Shadows Bande lieber in Ruhe gelassen hätte. Bevor der Leutnant sein Schwert zücken konnte, bohrte sich Shadows Schwert tief in seine Brust.
Er zog das Schwert heraus und köpfte ihn.
Dann ging er zum Wasser und wusch seine Waffe. Nach ein paar Minuten erspähte er einen riesigen Hai. Sicher war er von Dulacres Blut angelockt wurden.
“Du hast sicher Hunger.”, meinte er zum Hai.
Shadow griff nach dem Kopf des Leutnants.
“Hier ich habe etwas für deinen Hunger!”
Er warf ihn so weit wie möglich ins Wasser. Der Hai hinterher. Nach kurzer Zeit kam der Hai zurück. Shadow nahm den leblosen Körper und schmiß ihn mit aller Kraft ins Meer.
“Dafür läßt du mich unbeschadet ziehen!”, rief er und stieg ins Schiff.
Der junge Mann verließ die Insel und segelte Richtung Norden.
Insel mit Problemen
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Es war ein warmer Herbsttag. Ein kühler Wind wehte von Meer an den Strand. Sie fuhr durch die Palmen. Die Wolken ließen kaum die Sonne durch.
Shadow befestigte gerade sein Schiff. Vor ihm lag ein kleines Dorf. Schon beim ersten Blick erkannte Shadow, das etwas nicht stimmte.
Er ging durch das ganze Dorf. Zufällig hörte er ein Gespräch zwischen einem Jungen und seiner Mutter.
“Wann kommt Papa wieder? Mama.”
“Schätzchen, dein Papa kommt wieder, wenn du siebenunddreißig bist.”
“Dreißig Jahre?”, murmelte Shadow.
Neugierig ging er zu ihnen hin.
“Was hat er getan?”
Überrascht blickte sie zu den hageren jungen Mann.
“Mein Mann hat drei Äpfel von Baum des Nachbarn geklaut und darauf hat er ihn der Marine in Kokos angeschwärzt.”
“Wieso dreißig Jahre und keine Geldstrafe?”, fragte Shadow verwundert.
“Junger Mann, man merkt, daß du nicht von hier bist. Der Chef der Marinebasis hier, Käpt’n Stone, hier hat dieses Gesetzt herausgegeben. Er herrscht über diese Insel, wie ein Tyrann.”
“Der Mann geht also über Leichen.”
“Ja. Seine Leute sind nicht viel anders. Ein Vater hat schon seine beiden Söhne an die verloren, weil Stone sie zu Marinesoldaten ausbilden will. Wir sind alle nicht von ihm begeistert! Solche brauchen wir hier nicht!”
“Verstehe. Tja, ich muß hier melden. Dann werde mich um euch kümmern und diesen Stone auf den Zahn fühlen.”
Mit diesen Worten ging er ins Zentrum der Insel. Er zog sein Hemd aus und zog das Marinehemd an, was er von Dulacre bekommen hatte. Dann verwandelte er sich in ein Kind.
Die Marinebasis hatte große ähnlich mit Oharas Bibliothek.
Zwei Wachen starrten ihn verwundert an.
“Was willst du hier, du Bengel?”
“Ich bin Black Shadow. Der neue Spitzel der Marine.”
“Ach so. Stone wollte dich schon länger einmal kennenlernen. Führe ihn zu Stone.”
“Wo ist Dulacre?”
“Tod! Er wurde von einem Piraten getötet.”, rief er und versuchte traurig zu wirken.
Johnny und sein Kumpel hielten sich die Hand vor dem Mund. Johnny hob die Brauen.
“Wann ist das passiert?”
Innerlich grinste Shadow hämisch.
“Nach zwei Stunden, als mich die Marine mit ihm los geschickt hat.”, erklärte er.
“Es ist kaum zu glauben, daß ein Kind es allein bis hier her geschafft hat. OK, ich führe dich zu Stone.”
Johnny machte die Eingangstür auf und führte ihn zwei Stockwerke hoch. Dann klopfte er an einer Tür.
“Ja.”, rief eine dunkle Männerstimme.
Johnny und Shadow traten ein. Vor ihnen stand ein hünenhafter Mann mit Schnauzer, grauschwarzen kurzgeschnittenen Haaren. Er hatte grünbraune Augen. Unzählige Falten bedeckten sein Gesicht.
Der junge Mann schätzte ihn auf mindestens fünfzig Jahre, obwohl er älter aussah.
“Was will der Bengel hier?”
Johnny verbeugte sich.
“Sir, daß ist der neue Spitzel der Marine. Black Shadow.”
Stone hob die Brauen.
“Was? Nun gut. Ich bin Richard Stone und Chef dieser Basis. Morgen werde ich dir deinen Auftrag geben. Wenn du jemanden zum Spielen haben möchtest, dann frag einen meiner Männer. Aber mach ja keinen Ärger.”
Shadow schwieg.
“Das Kind ist irgendwie seltsam. Er hat bestimmt keine Kindheit gehabt.”, sagte er zu sich.
Im genaueren betrachten viel ihm Shadows drei Narben auf.
“Wann hat er die eigentlich bekommen?”, fragte er sich.
Ihm keimte der Verdacht, daß das kein Kind mehr war. Wahrscheinlich hatte er eine der heiligen Zyklusfrüchte gegessen, wo es sechs Arten davon gab. Insgesamt gab es nur noch eine von jeder Art. Alle waren sie zwanzig Milliarden Goldstücke Wert, wobei die Frucht des Lebens die Königin der Früchte war, wer die aß, konnte sich in jede Altersgruppe verwandeln. Diese war fünfundsechzig Milliarden Goldstücke Wert. Die Zyklusfrüchte hatten einen Vorteil man konnte sein Leben verlängern, außer bei der Frucht der Greise. Sie war nur hundert Millionen Goldstücke Wert, weil man sein Leben nicht verlängern konnte.
“Natürlich die Frucht der Kinder. Sie kommt aus dem Norden und ist das Heiligtum von Lvneel. Er muß von dieser Frucht gegessen haben, daß er ist in Lvneel geboren. Dann ist er ja eine Trumphkarte der Marine.”, sagte er zu sich.
“Johnny, bring ihn ins Gästezimmer.”, befahl er.
Er nickte und führte Shadow aus dem Raum.
Stone blickte ihm nach. Mit finsterer Miene setzte er sich auf einen Stuhl.
“Einer von Sargons Leuten hat doch von einen siebzehnjährigen Jungen gesprochen, der drei Narben am linken Auge hat. Auf ihm ist ein Kopfgeld von sechshundert Millionen Goldstücke ausgesetzt. Er nannte sich auch Black Shadow. Dann könnte es doch sein, daß dieses vermeintliche Kind Dulacre umgebracht hat und der vierundzwanzigjährige Black Shadow ist.”, murmelte er grinsend, “Trotzdem frage ich mich, warum die Marine ihn nicht getötet hat, wenn er Dulacre wirklich auf dem Gewissen hat oder unterschätzt die Marine ihn?”
Der Teufel von Kokos
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Shadow blickte aus dem Fenster. Er sah das Meer. Die Sonne spiegelte sich im Wasser.
“Die Konominsel ist wunderschön. Wenn dieser Tyrann von Stone nicht wäre.”, murmelte er.
Sein Plan war perfekt.
Mit leisen Quietschen öffnete er die Tür. Sein Schwert hatte er am Gürtel. Einige Marinesoldaten kamen ihm entgegen, aber sie übersahen ihn, weil er ein Kind war.
“Ein fataler Fehler.”, dachte er zu sich.
Der junge Mann schlich in die Kleiderkammer, verwandelte sich zurück und zog eine Leutnantuniform über seine Kleider an.
Mit breiten Grinsen betrachtete er sich im Spiegel, der neben der Tür war.
“Perfekt! Nun kann ich mit meiner Gerechtigkeit beginnen!”, flüsterte er zu sich.
Es klopfte heftig an der Tür von Stone.
Johnnys Freund trat ein. Er war hager, braunhaarig, ein Meter einundsechzig groß mit blauen Augen und war dreißig Jahre alt.
“Was ist Shire?”
Er wunderte sich über Shires entsetztes Gesicht.
“Chef, jemand hat alle Verbindungen nach außen gekappt! Wir sitzen hier fest.
Stone stand auf.
“Wie konnte das passieren?”
“Ein Fremder ist in diesem Moment auf den Weg hierher und hat die Gefangenen befreit. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen.”
Er blickte ihn zornig an.
Dann stürmte Johnny durch die Tür.
“Sir, Black Shadow ist weg! Soll ich ihn suchen?”, erklärte er.
Stone begann hämisch zu grinsend.
“Wie alt Schätzen Sie den Fremden?”
Shire überlegte kurz.
“Naja, darin war ich noch nie gut. Er könnte etwa zwanzig Jahre alt sein.”
“Zwanzig Jahre? Nein, Johnny. Du brauchst ihn nicht suchen.”, begann Stone.
“Ähm, Sir?”
“Dieser elend Wurm. Er ist klüger, als ich dachte und hat die Frucht der Kinder gegessen. Der Nachfolger von Joe Newgate, Black Shadow. Der Sohn der Piratin Julia Shoned und wahrscheinlich der Letzte der Shoned. Er ist für den Tod von Dulacre verantwortlich! Johnny! Shire! Black Shadow will sich an der Marine rächen. Verschwindet von hier. Den letzten seiner Familie mit meinen eigenen Händen zu töten, wird mir ein Vergnügen sein!”
Stone holte sein Schwert. Die Beiden gehorchten.
Als sie bei der Treppe waren, kam ihnen Shadow entgegen. Sein Schwert war blutverschmiert, genau wie sein Marinehemd.
Beide schlotterten vor Angst. Ein hämisches Grinsen umspielte Shadows Gesicht.
“Ihr beide wurdet gezwungen für Stone zu arbeiten. Nicht wahr?”
Johnny verschlug es die Sprache.
“Ja. Vor zehn Jahren. Woher weißt du das?”, fragte Shire Stirn runzelnd.
“Meine Lehrmeister haben mich, als den klügsten Menschen der ganzen Welt eingeschätzt.”
Beide waren kreidebleich.
“Macht sofort, das ihr hier aus dieser Festung verschwindet. Sonst werdet ihr lebendig begraben. Ihr beide seid ab sofort freie Menschen.”
Shire hob erstaunt die Brauen. Sein Freund brachte kein einziges Wort heraus.
“Wollt ihr beide sterben?”, brüllte er sie an.
Sie schüttelten nur den Kopf.
“Na dann steht nicht dumm herum! Verlaßt das Gebäude!”
Johnny schlug Shire, damit er sich von Shadows Anblick löste und zusammen stürmten sie die Treppe hinab.
Das ganze Treppenhaus war mit Blut und Toten übersät. Den beiden ging es im Magen herum.
Shadow betrat Stones Büro. Richard Stone saß vor dem Schreibtisch. In der linken Hand hielt er sein Schwert.
“Du bist ein Verräter, Shadow!”
“Auch du bist ein Verräter! Die Marine soll die Nichtpiraten beziehungsweise Nichtverbrecher schützen und nicht quälen! Meine Aufgabe in Kokos war euch zu bestrafen, wenn ihr euch wie ein Tyrann benehmt. Der Großadmiral hat gesagt, ich soll euch in Kokos besuchen. Dann ihm einen Bericht abstatten. Das bedeutet, ich habe die Erlaubnis Richard Stone umzubringen! Und die Marinebasis wird dein Grab!”, erklärte er grinsend.
“Du hast die Frucht der Kinder verspeist stimmst und du stammst von Lvneel?”
“Diesmal liegst du falsch, ich habe die Frucht des Lebens gegessen und das ist etwas von dem die Marine nie erfahren wird. Sie ist meine Geheimwaffe. Ich bin in Ohara geboren.”
“Sekunde! Kannst du etwa die verbotene Schrift lesen?”
“Dein Wissen wird dir nichts nützen, alle die davon wußten, haben mit dem Leben bezahlt. Außerdem vergißt du, ich habe Sargon besiegt.”
Stone stand auf.
“Wenn ich mit dir fertig, wünschst du dir niemals geboren wurden zu sein.”
Stone griff ihn an. Doch Shadow konterte. Beim Aufprall bemerkte Stone Shadows besonders mächtige Aura.
Johnny und Shire waren einen Kilometer der Marinebasis entfernt. Vor ihnen waren die Dorfbewohner von Kokos. Sie starrten den Himmel an.
“Was ist da so interessant?”, fragte sich Johnny.
“Ich glaub ich weiß, warum. Sieh nach oben.”, meinte Shire.
Er traute seinen Augen nicht, der Himmel war gespalten!
“Das ist der König der Dämonen!”, stammelte Shire.
“Nein, der König der Teufel!”
Im Büro von Stone wütete ein erbarmungsloser Kampf.
“Du wirst mich nie besiegen!”
“Das werden wir ja sehen, du Menschenschäder!”
Mit seiner ganzen Kraft gelang es Shadow schließlich Stone in die Knie zu zwingen.
“Das gibst doch nicht?”, rief der Marinechef verblüfft.
Der junge Mann verpaßte ihm eine tiefe Bauchwunde. Wütend schlug er nach Shadow. Doch der wich aus und köpfte ihn.
“Du verdammter Bastard!”, waren seine letzten Worte.
“Er ist jetzt in der Hölle, wo er hingehört!”, murmelte Shadow zu sich.
Erschöpft verließ er das Büro und stieg die Treppe herunter.
Die Bewohner bemerkten einen schwarzhaarigen Mann mit eiskalten Blick auf sie zu kommen. Er begann zu grinsen. Dann drehte er sich überrascht um. Sein Blick zur Marinebasis gerichtet. Die Menge spürte eine ungeheure Macht.
Shadow legte sein Schwert auf die linke Schulter. Dann schwang er es nach rechts, links, oben rechts, unten links, oben nach unten und quer herüber.
Zum Schluß führte er sein Schwert in die Scheide.
Die Menge blickte ihn verwundert an. Plötzlich fiel das Gebäude in sich zusammen. Shadow grinste sarkastisch.
“Das geschieht euch recht!”, murmelte er.
Dann wandte er sich an die Bevölkerung.
“Wenn ihr erzählt, daß es der neue Spitzel der Marine war. Dann bringe ich euch auch um.”
Johnny hob ängstlich die Brauen.
“Nein, wir sind dir zu Dank verpflichtet. Du hast uns vor diesem Sklaventreiber befreit. Wir werden immer in deiner Schuld stehen. Vielen Dank für alles.”, erklärte Johnny.
Shadow war sichtlich gerührt.
“Wir versprechen dir, es nie der Marine zu sagen.”, riefen sie alle im Chor.
Ein sanftes Lächeln umspielte Shadows Gesicht.
Dann kehrte er zu seinem Schiff zurück.
“Es ist unglaublich zu was Menschen fähig sein können.”, murmelte er bitter.
Das Waisenkind, 1225
Es war ein verregneter Augusttag. Ein durchnäßter dreijähriger Junge stand mit Tränen in den Augen am Grab seiner Eltern. In seinen Händen hielt er das Schwert seiner Mutter. Es war das Einzigste, was sie ihm hinterlassen hatte. Sein schwarzes Haar klebte an seiner Stirn. Der Verlust seines Vaters hatte ihn stark mitgenommen.
Sein Vater, Gregor Shoned, starb vor zwei Tagen an Tuberkulose. Er war gerade mal fünfundzwanzig Jahre alt geworden.
In seinen kurzem Leben hatte ihn der Tod schon seit seiner Geburt begleitet. Die Anstrengung, ein neues Lebewesen in die Welt zu setzen, war zu viel für seine schöne rothaarige Mutter, Julia Shoned, gewesen. Sie war erst zwanzig Jahre alt.
“Ich möchte, daß mein Sohn Shadow heißt...”, waren ihre letzten Worte.
Gregor arbeitete in der Bibliothek auf der Insel Ohara, als Archäologe. Seit dem Tod seiner Frau kümmerte er sich rührend um sein einziges Kind. Auf den Wunsch seiner Frau hin, hieß der Junge seitdem Shadow.
Sein Sohn war gleichzeitig sein Halt. Wäre er nicht geboren worden, hätte sich Gregor schon am Todestag seiner Frau umgebracht.
Doch nun hatte ihn eine Krankheit niedergestreckt und hatte ihn damit allein gelassen.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Shadow blickte auf einen grauschwarzhaarigen Mann. Es war der Chef von Shadows Vater, Sandro. Mit vierundfünfzig Jahren hatte er kaum Falten im Gesicht. Sein grauschwarzer Bart ging ihm bis zur Brust. Shadow schätzte ihn auf ein Meter sechzig.
“Es tut mir Leid. Ich hätte dir gern ein besseres Leben gegeben.”
“Was soll ich jetzt tun?”, schluchzte er.
Sandro kniete sich zu den Jungen.
“Ich werde dich das Handwerk deines Vaters lehren. So kann ich mich gleichzeitig um dich kümmern, bis du auf eigenen Beinen stehen kannst. Was hältst du davon?”, meinte er sanft.
Mit seinem Handgelenk wischte er seine Tränen ab und starrte ihn hoffnungsvoll mit seinen dunkelbraunen Augen an. Er umarmte ihn lächelnd.
“Danke!”
Sandro bemerkte, daß das Kind eingeschlafen war.
“Das war alles zu viel für ihn.”, murmelte er besorgt.
Shadows Schwert steckte er in seinen Ledergürtel. Mit dem schlafenden Kind im Arm marschierte er zum Gebäude der Bibliothek. Das Gebäude war ein riesengroßer, dicker uralter Baum.
Er trat ins Innere des Gebäudes. Seine neununddreißig Angestellten begrüßten ihn. Sie begutachteten das Kind.
“Das ist der Sohn von Gregor und Julia Shoned.”
Als sie das hörten, freuten sie sich. Sie wußten, daß Gregor ihn erst in vier Jahren vorstellen wollte, aber sein früher Tod hatte alle Pläne zunichte gemacht.
“Warum mußten seine Eltern nur so früh sterben?”, murmelte einer.
“Der Junge ist unter einem schlechten Stern geboren.”, seufzte Sandro.
Er brachte ihn in den dritten Stock, ging einen langen Gang entlang bis links auf der Tür Nummer dreihundertfünfundachztig stand. Sandro machte die Tür auf und trat ein. Das Zimmer hatte ein mittelgroßes Fenster in der mittleren Wand. An der rechten Wand waren zwei Bücherregale vollgestopft mit Büchern. Unter den Regalen stand ein Schreibtisch mit Kerze, Federkiele, Tintenfaß und davor stand ein Holzstuhl. Das Bett befand sich vom Fenster, an der rechten Wand. Vor dem Bett stand ein mittelgroßer Kleiderschrank. Die Wände waren weiß gestrichen.
Sandro zog die nassen Kleider des Kindes aus und legte ihn ins Bett. Er legte die Sachen auf den Holzstuhl. Das Schwert nahm er aus dem Gürtel und betrachtete es eine Weile.
Es hatte eine blaue Scheide mit grünen Griff, goldenem Knauf, Griffbügel und Glocke.
“Das Schwert der Shoneds. Julias ganzer Stolz. Mich würde einmal interessieren, wie alt das Schwert ist und warum es auch das heilige Schwert heißt? Mh, nun gut es ist ein Familienschatz und wird Generation zu Generation weitergegeben. Dabei sollte ich es belassen.”, murmelte er.
Sandro ging zur Tür und machte sie auf.
“Kevin! Komm zu Zimmer dreihundertfünfundachtzig!”, brüllte er.
Sandro schloß die Tür.
Kurze Zeit später tauchte ein dreißigjähriger blonder Mann auf. Er war etwas kleiner als Sandro. Seit Gregors Tod war er seine rechte Hand.
“Was wollen Sie?”, fragte er.
“Sie wissen doch, wo Gregor wohnte. Kevin.”
“Ja. Er war mein bester Freund und hat mich oft zum Essen eingeladen.”
“Holen Sie die Sachen von Shadow. Das Haus kann vermietet werden. Der Junge wird so lange hier bleiben bis er alt genug ist, um selbst zu entscheiden, was er will.”
Kevin war verwirrt.
“Wie?”
“Ich werde ihm die Archäologie lehren. In sechs Jahren werden wir sehen, ob er das Zeug zum Archäologen hat. Sein Vater hat das alles in zwei Jahren und fünf Monaten geschafft. Von ihm weiß ich auch, das er Shadow lesen und schreiben beigebracht hat. Der Junge scheint sehr klug zu sein, genau wie seine Eltern. Hoffentlich hat er das Talent seines Vaters.”
“Mh, was wird er wohl für ein Leben führen, wenn er erwachsen ist?”
Der begabte Junge
“Ich habe dir einen Monat Trauerzeit gegeben. Jetzt möchte ich mit deiner Ausbildung anfangen. Doch zuerst ein paar Worte zuvor.”, begann Sandro, der in seinem Büro am Schreibtisch saß.
Shadow, der gegenüber saß, hörte aufmerksam zu.
“Im zweiten Stock gibt es eine Regel, die du niemals brechen darfst. Betritt nie das Zimmer zweihundertzweihundfünzig.”
“Warum?”
“In diesem Zimmer bewahren wir unseren Schatz von ganz Ohara. Die Frucht des Lebens, fünfundsechzig Milliarden Goldstücke wert. Es heißt, man kann dadurch solange Leben wie man will, aber man ist nicht unverwundbar. Man ist schwimmunfähig oder man verwandelt sich in ein Kind, dann kann man schwimmen.”
“Kind?”
“Ja. Wer die Frucht des Lebens ißt, hat die Fähigkeit sich in ein Baby, Kind, Jugendlichen, Erwachsenen oder in einen Greis zu verwandeln.”
Shadow hob die Brauen.
“Warum Schatz von Ohara?”
“Weil sie die Letzte ihrer Art ist. Ich habe vor sie zu züchten, wenn das Experiment geglückt ist. Dann ist sie nicht mehr der Schatz und jeder darf sie dann essen.”
“Was passiert, wenn sie jetzt jemand ißt?”
“Den würde ich verstoßen! Alle Inselbewohner würden ihn hassen und ihn wie Dreck behandeln!”
In Sandros Tonfall lang ein gewisser Zorn und Shadow wußte, dieser Mann macht keinen Spaß in dieser Sache.
“Ich will nicht, derjenige sein, der diese Frucht ißt.”, murmelte Shadow zu sich.
Sandro bemerkte Shadows bleiches Gesicht und lächelte.
“Bis jetzt ist alles gut gegangen, wenn du dich daran hältst bis mein Experiment gelungen ist, darfst du sie gerne essen.”, sagte er sanft.
Dann stand er auf und holte aus dem Bücherregal ein Buch und setzte sich.
“Wie gut kannst du schreiben und lesen?”
“Naja, lesen kann ich gut, aber schreiben kann ich noch nicht alles, nur meinen Namen und die Buchstaben des Alphabets.”
“Gut, dann muß ich dir, das Schreiben erstemal beibringen, bevor deine Lehre losgeht.”
So verging ein ganzer Monat. Shadow war talentiert. Seine Handschrift ähnelte die eines achtzehnjährigen Mannes. Zu Sandros staunen konnte er, bevor die zweite Hälfte des Monats September vorüber war, seine Lehre beginnen.
Er mußte eine sehr alte Schrift lernen die auf der Welt verboten war, warum, konnte niemand beantworten.
Im Laufe der Monate erkannte Sandro Shadows angeborenes Talent. Der Junge konnte schon nach einen später Tag eine Arbeit darüber schreiben.
Mit seinen drei Jahren hatte Shadow einen Wissensstand eines dreißigjährigen. Alle Inselbewohner sprachen schon von diesem Wunderkind. Shadow übertraf sogar seinen Vater.
“Wenn er so weitermacht, kann er mit vier Jahren seine Abschlußprüfung machen.”, dachte Sandro bei in sich.
Der Verstoß
Sandro hatte Shadow in sein Büro bestellt. Beide saßen sich gegenüber.
“Dein letzer Test hat bewiesen, daß du soweit bist. Nächste Woche ist deine Abschlußprüfung!”, begann Sandro.
Das Kind starrte ihn bestürtzt an.
“Du hast richtig gehört. Obwohl du gerade mal vier Jahre alt bist. Weißt du, aus dir kann einmal etwas ganz Großes werden!”, meinte er lächelnd.
Shadows Gesicht erhellte sich. Seine Augen strahlten vor Freude.
“Du drafst jetzt gehen und bereite dich gut vor, auch wenn du noch so schlau bist. Vielleicht weißt du doch nicht alles.”
Nachdem er seinen Satz beendet hatte, verließ Shadow das Zimmer. Nachdenklich blickte Sandro ihm hinterher.
“Aber vielleicht auch nicht. Du bist zu schlau für dein Alter. In 14 Jahren werde ich zurücktreten und dir meinen Posten geben, der eigentlich deinem Vater zugestanden hätte. Shadow, das Wunderkind.”, murmelte er zu sich.
Fassungslos schloß er hinter sich die Tür zum Büro. Bald konnte er sich Archäologe nennen.
Plötzlich knurrte sein Magen, während er den Gang entlang ging. Das Zimmer zweihundertzweiundfünzig stand sperrweit offen, ein Angestellter hatte versehentlich vergessen das Zimmer offen gelassen, weil er Staub gewischt hatte.
Ohne nachzudenken betrat er das Zimmer. Der ganze Raum war aus weißschwarzen Marmor verkleidet. Direkt vor ihm war ein mittelgroßes Fenster. In der Mitte des Zimmers war ein Sockel und darauf lag eine Frucht, die für Shadow wie eine Birne aussah.
“Merkwürdig das Zimmer zweihundertfünfundzwanzig war noch nie so leer gewesen. Vielleicht sind die anderen einkaufen und füllen die Speisekammer wieder auf.”, murmelte er verwundert zu sich.
Er trat zu der Frucht, nahm sie und verspeiste sie.
“Mh, schmeckt aber seltsam. Ob die Birne schlecht war?”, bemerkte der Junge.
“Shadow?”, ertönte plötzlich Sandros Stimme.
Das Kind erschrak und drehte sich zu ihm um.
“Was machst du hier?”
“Ich hatte Hunger.”
“Du weißt doch, daß du das nicht die Speisekammer ist!”
“Was?”
Sandro blickte zum Sockel.
“Wo ist die Frucht des Lebens?”, fragte er gereizt.
“Die Tür offen stand und ich dachte... Oje, ich... ich dachte, das ist die Speisekammer. Jetzt versteh ich, warum der Raum so leer ist. Oh mein Gott!”
“Was hast du getan?”, fragte Sandro mit wutverzerrten Gesicht.
“Ich.. ich... habe sie gegessen.”, gestand er ihm beschämt mit gesenkten Kopf.
“Was? Du weißt genau, das sie unser Heiligtum ist.”
“Wie soll ich es wiedergutmachen?”
“In dem du die Frucht ausspuckst oder fünfundsechzig Milliarden Goldstücke zu mir bringst!”
Shadow seufzte.
“Wenn ich die Prüfung bestanden habe, werde ich irgendwann mit einem Schiff los segeln und mit fünfundsechzig Milliarden Goldstücke zurückkommen! Versprochen!”, meinte er schließlich optimistisch.
Sandros Gesicht war rot angelaufen.
“Es wird keine Prüfung geben!”
“Warum?”, fragte er verwundert.
“Du hast gegen die Regel verstoßen, obwohl ich es dir gesagt habe!”, brüllte er ihn an.
Shadow wurde vor Schreck ganz bleich im Gesicht. Tränen rannen über seine Wangen.
Als Sandro einen Stock aus einer Ecke nahm, erstarrte das Kind.
“Verschwinde von hier!”, schrie er.
Sandro holte aus und verfehlte Shadow um Haares breite. Der Junge rannte aus dem Zimmer. Der Chef der Bibliothek hinter ihm her und bemerkte, daß er in sein Zimmer lief.
“Ich trete die Tür ein, wenn du dich einschließt!”, brüllte er dem Kind nach.
Doch Shadow schloß sein Zimmer nicht ab, sondern holte sein Schwert.
“Sandro ist schnell für sein Alter.”, keuchte er.
Der Junge rannte die Treppen herunter und floh zum Ausgang.
An dem Ausgang stoppte Sandro.
“Laß dich hier nie wieder blicken!”, brüllte er.
“Aber der Junge ist noch ein Kind.”, schaltete sich Kevin ein.
Wütend blickte Sandro ihn an.
“Er hat unser Heiligtum gegessen. Du weißt genau, was die Höchststrafe ist. Verbannung! Wenn er sterben sollte, dann soll er doch. Ich weiß wie klug er ist, von ihm hätte ich das am wenigsten erwartet.”, erklärte Sandro, “Wenn jemand ihm seine Hilfe anbietet, wird dieser auch verbannt!”.
Kevin seufztend und nickte zustimmend.
Shadow rannte tief in den Wald, der neben dem Gebäude lag. Als er einen alten Baumstamm fand, schlüpfte er in ein Loch des Stammes hinein. Er hockte sich hin und weinte bitterlich.
Wie sollte es nur weiter gehen?
Pirat Joe Newgate
Es war ein warmer Julitag. Ein paar Wolken zogen den blauen Himmel entlang. Ein leichter kühler Wind blähte die Segel der Kogge Red Force. Eine Jolly Roger wehte am Mast. Das Schiff nährte sich Ohara.
Der Kapitän Joe Newgate war ein großartiger Mann. Er hatte grüngraue Augen, kurzgeschnittene rotblonde Haare und war ein Meter fünfundsechzig groß. Mit seinen fünfunddreißig Jahren sah er immer noch jung und schön aus. Er trug eine schwarze Weste, ein weißes Hemd, eine braune Hose und Stiefel. Eine lange Narbe durchzog sein Gesicht.
Joe war gerade unter Deck. Er berechnete gerade den Kurs, wo er als nächstest an Land gehen wollte.
Es waren Schritte zu hören und die Tür ging auf. Es war der Steuermann.
“Käpt’n, Ohara ist in Sicht!”
“Gut, ich komme.”
“Julia wird sich freuen. Wenn sie ihr Schiff sieht.”, meinte er lächelnd.
“Du hast Recht.”
“Sandro! Julias erster Maat legt gerade am Hafen an.”, rief Kevin, als er die Tür zum Büro öffnete.
Sein Chef blickte hoch. Er hatte sich über einige Bücher gebeugt.
“Was sagst du da? Bring mich zu ihm.”
Er stand auf und folgte Kevin zum Hafen.
Die Menge machte Sandro Platz. Er erkannte den Piraten sofort. Neben ihm stand sein ersten Maat, Marco.
“Lange nicht mehr gesehen, Joe. Was willst du hier?”
“Ich bin gekommen, um Julia Shoned abzuholen.”
Sandro senkte den Kopf. Joe ahnte, daß er keine gute Nachrichten hatte.
“Sie ist vor sieben Jahren gestorben.”
Joe hob die Brauen.
“Was ist passiert? Sie war doch noch so jung.”
“Nachdem sie ihren Sohn geborben hat, starb sie. Ihre letzten Worte waren: ‘Mein Sohn soll Shadow heißen.’ Es tut mir Leid.”
“OH! Und Gregor?”
“Er starb vor vier Jahren an Tuberkulose.”
Joe faßte sich entsetzt an den Kopf.
“Ach du meine Güte! Was ist mit ihrem Sohn passiert?”
Sandro blitzte ihn böse an.
“Das weiß ich nicht. Einige Leute sagen, das er noch lebt, aber genau kann ich es nicht sagen. Vor drei Jahren habe ich ihn aus meinem Haus gejagt, weil er unser Heiligtum verspeist hat. Kurz vor seiner Abschlußprüfung brach er die oberste Regel. Die Frucht des Lebens war die Letzte und war fünfundsechzig Milliarden Goldstücke wert.”
“Dieser Bengel hat also ein schweres Verbrechen begannen.”
“Ja. Ich habe ihn darüber auch belehrt.”
“Verstehe. Ist er denn so hinterhältig und frech?”
Alle Inselbewohner nickten.
“Joe, was hast du jetzt vor?”
“Da unser Käpt’n tot ist, brauchen wir dringend einen Schwertkämpfer. Es kann auch jemand sein der ein Schwert besitzt, den bilde ich dann zu einem aus.”
Sandro stöhnte.
“Wir besitzen alle keine Schwerter. Nur der Mistkerl Shadow. Julias Schwert.”, erklärte ein Inselbewohner.
“Dann muß ich ihn suchen gehen.”, meinte Joe.
“Soll ich mitkommen, Käpt’n?”, meldete sich Marco zu Wort.
Er war vierundzwanzig Jahre alt, hatte braune Haare und blaue Augen. Marco maß ein Meter siebzig.
“Nein, ich werde alleine gehen. Wir sprechen von einem Kind und nicht von einem Erwachsenen.”
“Stimmt auch wieder.”
Schon rannte er los.
Joe hatte die ganze Insel auf den Kopf gestellt, aber keine Spur von dem Kind. Er hatte nur die Gräber von seinen Eltern gefunden. Bei einem Haus mit Komposthaufen ließ er sich auf einen Stein nieder. Dauern fragte er sich, wo er noch suchen sollte?
Aus irgendwelchen Gründen, konnte er nicht sagen, starrte er auf den Abfallhaufen.
Plötzlich tauchte dort eine Kindergestalt mit schwarzen Haaren und zerrissen Kleidern auf. Scheinbar suchte es nach etwas eßbaren.
Joe richtete sich auf. Langsam trat er zu dem Kind. Vom nahem bemerkte er, daß es ein unterernährter Junge war.
Doch ehe er den verwahrlosten Junge zur Rede stellen konnte, bemerkte er Joe und flüchtete vor ihm.
“Das muß er sein, daß muß Shadow sein.”
Der Pirat nahm die Verfolgung auf. Er hatte mühe ihm zu folgen, weil Shadow zu schnell war.
An einem Abgrund hielt der Junge an. Keuchend hatte Joe ihn eingeholt. Das Kind saß in der Falle.
“Du bist ganz schön schnell, junger Mann.”, meinte er grinsend.
Auf Shadows Gesicht lag Bestürzung und Panik.
Jetzt erst fiel Joe das Schwert am Gürtel des Kindes auf. Er kam langsam auf den Jungen.
“Er sieht genauso aus wie sie, bis auf seine Haare.”, murmelte der Pirat.
Dann zog Shadow sein Schwert und fuchtelte wild damit herum.
“Laß mich in Ruhe! Sonst verletze ich dich!”, drohte er.
Shadow verwandelte sich in einen siebzehnjährigen Jungen. Vorsichtig lief Joe zu ihm. Mit der rechten Hand ergriff er die Klinge des Schwertes.
“Du mußt noch viel lernen.”, meinte er.
Shadow versuchte sich von Joes Klammer zu lösen, aber vergebens.
“Hör zu, ich lasse jetzt dein Schwert los. Du führst es zurück in die Scheide und verwandelst dich zurück. Dafür beantwortest du mir ein paar Fragen. Kapiert.”
Shadow verwandelte sich zurück und hielt den Kopf schräg.
“Scheide?”
“Na, die Hülle an deinem Gürtel.”
Joe ließ die Klinge los. Auf seiner Handfläche war eine Wunde zusehen, die sofort blutete.
Der Junge steckte sein Schwert in die Scheide.
“Wie heißt du? Ich bin Joe.”
“Shadow Shoned.”, sagte er mit gesenkten Kopf.
Joe hob die Brauen.
“Der Sohn von Julia Shoned, nicht wahr?”
Er nickte.
“Ich habe deine Mutter gekannt.”
Shadow hob den Kopf.
“Sie war mein Käpt’n. Deine Mutter war für mich da, als niemand anders für mich da war. Julia habe ich verehrt und geliebt. Ich war leider immer zu alt für sie. Doch nun ist sie Tod. Es ist ein Jammer, das ich sie so viel gesehen habe und du gar nicht. Sandro hat mir alles erzählt.”
Shadow zuckte bei dem Namen zusammen.
“Dein ehemaliger Freund muß dich sehr verletzt haben.”
Das Kind wich seinem Blick aus.
“Sandro war nie mein Freund! Warum hat er mich dann nicht die Prüfung machen lassen und mich verbannt? Ich... Ich habe mich bei ihm entschuldigt und habe ihm das Angebot gemacht, fünfundsechzig Milliarden Goldstücke für ihn zu suchen!”
Der Pirat legte seine rechte Hand auf seinen Kopf.
“Willst du mit mir kommen?”
“Ja. Mich wird hier sowieso niemand vermissen.”
Joe begann zu lächeln.
“Weißt du, die Leute hier sagen, du seist durchtrieben und böse. Aber das bist du nicht. Die Inselbewohner sind richtige Dummköpfe.”
Shadow blickte überrascht zu Joe und begann zu lachen.
“Du hast ein süßes Lachen.”
Das Kind wurde stocksteif. Vor Verlegenheit wurde er ganz rot.
“Du solltest öfter lachen.”, meinte Joe lächelnd.
Joe kehrte mit Shadow zum Hafen zurück. Die Bewohner blickten die beiden missmutig an.
“Da ist der Mistkerl.”, schrie einer aus der Menge.
Mit düsteren Blick starrte Sandro Shadow an. Der Junge zitterte am ganzen Leib und blickte zu Boden. Von allen Seiten wurde er angepöbelt.
Marco trat zu Joe.
“Hey Käpt’n, daß ist wohl dieser Bastard?”, fragte er.
Ohne Antwort zu geben, funkelte Joe ihn böse an.
“Oh! Ich habe wohl was falsches gesagt.”, entschuldigt sich Marco.
Die Menge hörte nicht auf, auf Shadow herum zu hacken.
“Na, du Fressmaschine. Jetzt haben wir dich endlich los!”, brüllte ein weitere aus der Menge.
Shadow war den Tränen nahe und wäre am liebsten davon gelaufen. Joe stoppte und drehte sich um.
“Haltet euere elende Klappe. Ihr Idioten!”, brüllte Joe die Menge mit wutverzerrten Gesicht an.
Alle blickten ihn überrascht an. Shadow schaute erstaunt zu dem Piratenkapitän. Es war eine Zeitlang still.
“Wenn ihr ihm nicht viel Glück wünscht, dann haltet euere Klappe! Habt ihr das kapiert! Es gibt nur einen Grund, warum ich dieses Kind mitnehme und das ist, weil ihr ihn so schlecht behandelt. Nur weil er das Heiligtum gegessen hat? Zum Teufel noch mal, er ist ein Kind von sieben Jahren und kein Erwachsener!”, schrie er die Menge weiter an.
“Er muß den Jungen gern haben.”, murmelte Marco kaum hörbar zu sich.
Joe stieg die Laufplanken seines Schiffes hoch. Shadow und dahinter Marco folgten ihm.
“Leinen los und setzt die Segel!”, brüllte er seine Crew an, ohne etwas zu erzählen, was passiert ist.
Die Crew wußte sofort, das Joe schlechte Laune hatte. Mit verwirrtem Blicken betrachteten sie das Kind.
Shadow blickte die ganze Zeit seiner Heimat nach.
Als die Red Force auf dem Meer war, trat der Navigator, Sebastian, zu Joe.
“Was will das Kind hier?”, fragte er, während er zu Shadow blickte.
“Das ist der Sohn von Julia Shoned und Gregor. Sie starben sehr früh. Er ist ein Waisenkind.”, erklärte Joe ihm gelassen.
“Aber Käpt’n! Es konnte sich doch dort ein anderer in Ohara um den Jungen kümmern.”, prostierte er.
“Hör zu, die Leute haben ihn sogar vor Fremden schlecht gemacht, so das er von jeden gemieden wurde. Der Junge hat das Heiligtum von Ohara verspeist. Es war verboten, daß zu tun. Nun verachten ihn alle. Deswegen bleibt er an Bord.”, fuhr er ihn an.
Sebastian seufzte nur nachdenklich.
Joe wandte sich von ihm ab und trat zu Shadow, der sich auf die Reling lehnte. Er legte seine Hand auf Shadows linke Schulter.
“Du willst Sandro also die fünfundsechzig Milliarden Goldstücke bringen?”
“Ja.”
“Nach allem was sie dir angetan haben?”
“Ja. Ich bin doch selber daran Schuld, daß sie mich so hassen! Deswegen will ich es wieder gutmachen, in dem ich diese Frucht bezahle. Vielleicht verzeihen sie mir dann.”
“Du kannst einfach niemanden böse sein, egal was sie mit dir machen. Mnh, du bist genauso sanftmütig, wie deine Mutter.”, meinte er seufztem, “Also gut. Wir werden dir helfen. Aber das wird Jahre dauern. Es würde etwas schneller gehen, wenn wir den stärksten Piraten Welt antreffen und besiegen. Sargon D. Teach.”
Shadow sah ihn hoffungsvoll an.
Der neue Kapitän
Joe seufzte. Die erste Nacht an Bord endete damit, daß Shadow sich einen ruhigen Platz an Deck des Schiffes suchte. Das Kind wollte nicht neben Marco schlafen, das Julias Platz gewesen war, sondern neben Joe, aber der Käpt’n wollte das nicht, weil kein Platz da war.
Ihm wurde bewußt, daß es dafür einen einzigen Grund gab. Shadow war menschenscheu.
Joe ging an Deck und begann den Jungen zu suchen. In einer geschützten Ecke fand er ihn schließlich. Er versuche den Jungen zu wecken, hatte aber keinen Erfolg. Dann erinnerte er sich wie er Marco, der ebenfalls einen festen Schlaf hatte, geweckt hatte. Joe holte einen nassen Lappen und legte ihn auf Shadows Gesicht. Doch der Junge legte sich zur Seite und schlief weiter.
“Das gibs doch nicht. Alle Methoden ihn wach zu bekommen sind gescheitert! So einer ist mir noch nie über den Weg gelaufen!”, murmetlte Joe verblüfft vor sich hin.
Er nahm den Jungen auf seinen Arm und führte ihn zu seiner Hängematte, neben Marco.
Ein Lächeln war auf Marcos Gesicht.
“Weißt du, er hat einen besteren Schlaf, als du.”
“Wirklich?”
“Oh ja.”
“Na das ist ja ein Ding.”
Verwundert wachte Shadow auf.
“Wie bin ich nur in die Schlafkabine gekommen?”
Er sah sich um, da alle Hängematten leer waren, mußte die ganze Crew an Deck sein.
Shadow stand auf und schlüpfte in seine abgetragenen Schuhe.
Mit größter Vorsicht trat er aus dem Raum. Ein Duft von gebratenen Hühnchen stieg ihm in die Nase. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen und ging dem Geruch nach. An der Tür zur Kombünse hielt er an. Vorsichtig öffnete er die Tür. Der Sumtje, Silvio, hatte ihm den Rücken zugekehrt. Silvio hatte das Kind im Spiegel eines hängenen Topfes gesehen, aber lies sich nichts an bemerken. Shadow versteckte sich, als er sich umdrehte. Silvo war achtunddreißig Jahre alt, graubraunhaarig, ein Meter sechsundfünfzig groß mit blauen Augen und voll schlank.
Seufzend schlich er zu dem Kind, der sich gerade anschickte einen Apfel zu klauen.
“Na Kleiner, gut geschlafen?”, rief er dem Jungen lächend zu.
Er starrte ihn aus angstvollen Augen an. Vor Schreck war er kreidebleich.
Silvio zeigte auf einen kleinen Tisch mit vier Stühlen.
“Gehe dorthin, setz dich und dann bringe ich dir etwas zu Essen. Den Apfel kannst du behalten.”, erklärte er sanft.
Der Junge nickte schüchtern.
Silvio bemerkte, daß Shadow es nicht gewöhnt war, so freundlich aufgenommen zu werden.
Die Augen des Jungen wurden größer, als er sein Frühstück brachte.
Es bestand aus einen Becher warmer Milch und Brot mit Honig, Käse und Marmelade.
Shadow nahm einen Schluck von der warmen Milch und verzog sein Gesicht.
Silvio wußte sofort Bescheid.
“Oh du magst wohl keine warme Milch? Na gut, ich hole dir eine kalte Milch. Mal sehen ob dir die schmeckt.”
Er trank die Milch aus. Nachdem er den Becher aus wusch, füllte er ihn mit kalter Milch.
“Das ist der letzte Rest, mehr habe ich nicht da. Ab morgen mußt du mit etwas anderes vorlieb nehmen.”
Das Kind zuckte nur mit den Schultern und machte sich ans Essen her. Über seine Tischmanieren war Silvio total überrascht. Shadow benahm sich so vornehm wie ein Adliger. Er konnte gar nicht glauben, das er aus der Gosse kam.
“Besser als Abfälle nicht?”, scherzte er.
Shadow nickte nur.
Silvio begann sich zu fragen, ob er überhaupt sprechen konnte? Da Shadow aufgegessen hatte, entschied er es auszutesten.
“Willst du noch etwas haben? Wenn ja, wieviel?”
Shadow nickte und streckte vier Finger in die Höhe.
“Verständlich!”, dachte er, “Er besteht ja nur aus Haut und Knochen.”
“Wie heißt du?”
Der Junge sah ihn ängstlich an. Silvio erkannte, daß er es nicht gewohnt war mit Menschen zu reden.
“Ein hübscher Junge, den Julia da geboren hat.”, dachte er weiter.
“Sh-shad-d-d-dow Sh-sh-shoon-n-ned.”, stotterte er nervös.
In seiner Stimmer lag Unbehagen.
“Angenehm. Ich bin Silvio, der Smutje, also der Koch dieses Schiffes.”, erklärte er, “Weißt du, da du so mager bist, darfst du soviel Essen, wie du willst. Aber nur solange bis du wie die anderen Kinder deines Alters aussiehst.”
Nachdem Essen begab sich Shadow auf die Suche nach Joe, aber immer darauf bedacht das ihn niemand sah.
Joe beobachtete diese Eigenschaft mit größter Sorge.
“Wenn er so weitermacht, wird er als Erwachsener große Probleme bekommen.”, murmelte er vorsich hin.
Marco, der seine Sorge bemerkt hatte, ging auf ihn zu.
“Shadow ist gerade Mal einen Tag hier. Er braucht Zeit.”
“Ich weiß, aber seine Angst vor den Menschen können wir bestimmt nicht ganz wegbekommen.”
“Aber irgendwann wird er uns vertrauen.”
Doch das war leichter gesagt, als getan.
Am nächsten Tag legten sie an einer Insel an. Joe wollte mit Shadow neue Kleider und Schuhe kaufen gehen. Da Joe ein Robin Hood der Meere war, überhäuften die Inselbewohner ihn mit Geld.
Dadurch das Shadow ein schönes Kind war, wurde Joe von allen Seiten über den Jungen ausgefragt. Shadow versteckte sich immer hinter Joe.
Bei der Schneiderin war es nicht viel anders. Als sie die Maße nehmen wollte, wäre er beinahe aus dem Haus gelaufen, wenn Joe ihn nicht am Handgelenk ergriffen hätte.
“Sehe ich so schrecklich aus, daß du weglaufen mußt?”, fragte die hübsche Frau verwundert.
Sie nickte Verständnisvoll, als Joe ihr alles erklärte.
Beim Schuster war es nicht anders.
Am Abend kamen sie zum Schiff zurück. Joe war total erschöpft.
“Seit ihr den ganzen Tag herumgelaufen?”, wollte Sebastian wissen.
“Nein! Ich mußte Shadow festhalten, sonst wäre er mir weggelaufen.”, erklärte er gelassen.
Eine Woche später begann Joe ihm den Schwertkampf beizubringen. Wobei sich Shadows angeborenes Talent, Dinge schnell zu verstehen, zugute kam.
Nach einem Jahr war Shadow besser als seine Mannschaft zusammen. Doch sie hatten mühe Shadows vertrauen zu gewinnen.
Seine Aufgaben erledigte er so gut, daß Joe ihn zu seinem Nachfolger ernannte.
Wenn sie von feindlichen Schiffen angegriffen wurden, war seine Verwandlungsfähigkeit vom großen Vorteil.
Im Laufe der Zeit gelang es Marco Shadows Vertrauen zugewinnen und sie wurden beste Freunde. Durch diesen Schritt begann sich Shadow langsam Joes Crew zu öffnen.
Joe hoffte, daß er irgendwann ein richtiger Mann und ein furchtloser Pirat werden würde. Trotzdem wußte er auch, daß Shadow zu ernst für sein Alter war. Er hatte den Jungen nur bei seiner ersten Begengnung Lachen hören und seitdem niewieder.
Eines Tages brach Joe an Deck zusammen. Chico, der schwarzhaarige hagere Schiffsarzt, stand zufällig daneben und untersuchte ihn.
“Er hat hohes Fieber. Vielleicht hat er Lungenentzündung.”, erklärte er.
Alle waren geschockt.
“Wird er überleben?”, fragte Shadow besorgt.
Chico legte seine Hand auf seine Schultern.
“Das weiß ich nicht.”
Shadow begann zu weinen.
“Er hängt sehr an unseren Käpt’n, Marco.”, meinte Sebastian zu Marco. Beide standen etwas abseits.
“Naja. Shadow ist ein Waisenkind. Joe hat wahrscheinlich als erster, seit dem Vorfall mit der Frucht, mit Shadow gesprochen und das will schon was heißen.”
“Vielleicht bringt der Junge Unglück.”
“Sebastian! Wie kannst du nur so etwas sagen! Das hat der Junge nicht verdient!”
“Tut mir Leid!”
Joe wurde ins Krankenlager des Schiffes gebracht. Seine Crew konnte weder schlafen noch essen. Sein Zustand besserte sich nicht. Der Kapitän hatte sogar angeordnet, Kurs auf seine Heimat zu nehmen. Nun waren sie noch eine Tagesreise von ihr entfernt.
Chico holte Shadow ans Krankenbett von Joe.
“Berühre ihn nicht, sonst wirst du auch krank.”, erklärte er besorgt.
Dann ließ er die Beiden allein.
“Shadow.”, begann er schwach, “Es sind drei Jahre vergangen, seit ich dich angeheuert habe. Du bist gewachsen und wirst mit jeden Tag schöner. Ich bin froh, das wir Freunde geworden sind. Meine Crew mag dich, daß haben sie mir immer gesagt. Wir haben für dich sechzig Millionen Goldstücke erbeutet, aber wir sind weit von dem Ziel entfernt.”
Er hustete.
“Shadow. Es ist für mich an der Zeit als Kapitän zurückzutreten. Ab den heutigen Tag bist du der neue Kapitän.”, meinte er lächelnd.
“Nein! Joe! Ich habe überhaupt keine Ahnung davon!”, widersprach er.
“Weißt du, mein Junge. In dir schlummern Fähigkeiten von den du gar nichts weißt. Ich habe es mehr als einmal in dir gesehen. Du nimmst sie nicht wahr, aber ich und bestimmt auch Sandro hat es gemerkt. Mir ist das schon von Anfang an aufgefallen.”
Er hielt kurz inne. Tränen rannen über Shadows Gesicht.
“Du hast Archäologie studiert und bist kein anerkannter Archäologe, weil du die Prüfung nicht absolviert hast. Trotzdem kannst du verbotene Schrift lesen, nicht wahr?”
Shadow nickte.
“Du darfst niemanden sagen, wo du herkommst oder das du verbotene Schrift lesen kannst. Wenn die Marine davon erfährt, wird sie versuchen dich zu töten. Ich wünsche dir alles Gute und das du dein Glück findest. Hoffentlich entschuldigen sich die Leute von Ohara.”, waren seine letzten Worte.
“Nein! Nein! Joe, bitte! Du kannst mich doch jetzt nicht alleine lassen!”, rief er verzweifelt.
Marco hatte sich unbemerkt ins Zimmer geschlichen. Er hatte Tränen in den Augen.
Seine Arme umschlangen Shadows zierlichen Körper.
“Du kannst nichts mehr für ihn tun. Er ist Tod.”, erklärte er traurig.
Es war ein milder Herbsttag. Ab und zu verdeckten dicke Wolken die Sonne. Orange war eine schöne Insel. Es gab dort zwei Dörfer. An der Westküste erstreckte sich ein großer Wald, während an der Ostküste eine große Weise lag.
Alexander Newgate kam freudestrahlend in den Garten vor dem Haus.
“Mutter! Vater ist wieder hier. Die Red Force ist in Sicht.”
Seine Mutter, Ilona Newgate, arbeitete auf dem Gemüsebeet. Sie blickte zu ihrem Sohn. Ilona war sechsunddreißig Jahre alt, ein Meter fünfundfünfzig groß, schlank, hellbraunäugig und hatte kastanienbraunes Haar, daß ihr bis zu den Schultern ging.
Seine Mutter lächelte. Sie betrachtete ihren Sohn. Er war fünfzehn Jahre alt, hatte rotblonde Haare und hellbraune Augen. Der junge Mann war schlank und war einen Kopf größer, als seine Mutter. Alexander trug ein graues Hemd mit roter Schärpe, braune Hose und braune Schuhe.
Beide begaben sich zum Hafen und begrüßten die drei Männer, die als erstes von Bord gegangen waren. Ilona fragte sich, wer das Kind zwischen Chico und Marco war. Alle drei hatten traurige Gesichter.
“Wo ist mein Mann?”, fragte sie.
“Naja. Unser Kapitän lebt nicht mehr. Wir haben ihn hierhergebracht, um ihn zu beerdigen zu lassen.”, erwiderte Marco bedrückt.
“Wie ist das passiert?”, fragte Alexander geschockt.
“Er starb gestern an schweren Lungenentzündung.”, erklärte Chico.
Ilona begann zu weinen. Alexander versuchte sie zu trösten.
“Dann bist du jetzt der Kapitän der Red Force, Marco.”, meinte Alexander.
Er schüttelte nur den Kopf.
“Nein!”
Marco zeigte auf Shadow, der sich hinter ihm versteckte.
“Er ist der Käpt’n.”, erklärte er.
Bestürzt starrten beide Shadow an.
“Aber... Aber das ist ja noch ein Kind! Wie das?”, stammelte Ilona.
“Shadow ist ein Wunderkind und ein Genie. Noch nie bin ich auf so jemanden gestoßen. Du kennst doch deinen Mann. Er würde nie jemanden ohne Grund auswählen.”, erklärte Marco streng.
Sie nickte zu stimmend.
Marco schob Shadow hinter sich vor.
“Er ist wohl schüchtern.”, schmunzelte Ilona.
Marco stöhnte.
“Der Junge hat Angst vor Menschen, weil er schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht hat.”
“Verstehe. Sagmal, wolltest du nicht nach Ohara fahren und Julia abholen?”, fragte Ilona.
Marco senkte seufzen den Kopf.
“Der Junge stammt aus Ohara, wo wir vor drei Jahren waren.”, erklärte er.
Ilona lief vor Wut rot an.
“Ich will nicht wissen, wo dieser Bengel herkommt!”, brüllte sie ihn zornig an.
Shadow versteckte sich ängstlich hinter Marco und war den Tränen nahe.
“Das soll wirklich euer Käpt’n sein? Shadow ist ja ein Angsthase.”, seufzte Alexander.
“Julia ist vor zehn Jahren kurz nach der Geburt ihres Kindes gestorben. Gregor starb drei Jahre später. Er war schwer krank.”
Ilonas Wut verflog. Sie war erschüttert über diese Nachrichten.
“Der heutige Tag besteht nur aus schlechten Nachrichten. Was ist mit ihrem Kind? Habt ihr es in Ohara zurückgelassen?”, wollte Alexander wissen.
Marco schob Shadow wieder vor sich.
“Wir konnten diesen Jungen unmöglich in Ohara lassen. Man hat nur auf ihn herumgehackt. Sogar vor Fremden haben sie ihn schlecht gemacht. Selbst ich bin Zeuge davon geworden. Nur weil er die Frucht des Lebens, den Schatz von Ohara, ausversehen gegessen hat. Joe hat ihn auf unseren Schiff als Schwertkämpfer angeheuert. Der scheue Junge hier ist Shadow Shoned. Julias Sohn.”, erklärte Marco.
Ilona hob die Brauen.
“Man hat ihn mit vier Jahren verstoßen. Drei Jahre später haben wir ihn da herrausgeholt.”, erklärte Marco.
Ilona hielt geschockt die Hand vor dem Mund. Dann kniete sie sich zu Shadow. Er wich ihrem Blick aus.
“Es tut mir sehr Leid, junger Mann. Doch ich glaube, du hast jetzt treue Freunde gefunden.”, meinte sie sanft.
Erstaunt sah er sie an.
“Ja. Sind sie. Ohne sie wäre ich immer noch einsam in Ohara. Ich hätte nie gedacht einmal solche Freunde zu bekommen.”, erwiderte er gedämpft.
Die ganze Mannschaft hatte gehört, was er gesagt hatte und strahlte übers ganze Gesicht.
Nach einer Stunde hatte man Joe beerdigt. Auf Shadows Wunsch durfte er der Beerdigung bei wohnen. Eigentlich wollte Marco das verhindern, doch schließlich gab er nach, weil er sich daran erinnert hatte, das er eine Beerdigung schon einmal erlebt hatte.
Eine Woche später segelten sie weiter.
Shadow stand am Bug und beobachtete wie die Insel immer kleiner wurde. Marco gesellte sich zu ihm.
“Nimmst du Joes Wunsch an?”, fragte er.
Der Junge blickte ihn entschlossen an.
“Es war sein Wunsch. Joe und ihr wart es die mich zu dem gemacht haben, was ich heute bin. Daher werde ich Käpt’n der Red Force! Aber es kann sein, das ich euch enttäusche.”, erklärte Shadow bedrückt.
Marco nahm ihn in die Arme.
“Das glaube ich nicht.”, flüsterte er ihm ins Ohr.
Der stärkste Pirat der Welt
Eine leichte Brise blähte die Segel der Red Force auf. Die Sonne hatte nur wenige Wolken zu befürchten. Es war ein heißer Julitag. Friedlich gleitet das Schiff durchs Wasser.
Shadow stand am Bug und beobachtete das Meer. Vielleicht hoffte er auch einen der Wale oder Delphine zu sehen, die er so liebte.
Er dachte zurück wie alles angefangen hatte. Inzwischen waren sechs Jahre vergangen. Drei Jahre davon war er Kapitän. Auch wenn der Tod von Joe immer noch schmerzte, tröstete er sich damit, daß er noch Marco hatte und eine wunderbare Crew hatte, die mit ihm durch Hölle fahren würde. Shadow hatte allmählich Spaß daran die Leute herumzukomantieren. Allerdings paßte er auf, daß er die Grenzen seiner Crew nicht überschritt.
Plötzlich bemerkte er am Horizont ein Schiff.
“Käpt’n! Wir haben Probleme!”, schrie Sebastian von Beobachtsposten aus.
“Was ist mit dem Schiff?”, fragte er verwirrt.
“Die Flagge hat drei Totenköpfe mit zwei gekreuzten Knochen. Das ist der Zeichen von Sargon D. Teach! Dem stärksten Piraten der Welt!”
“Dann flüchten wir! Er ist noch weit entfernt.”, erklärte Shadow.
“Das hättest du wohl gern! Er kommt genau in unsere Richtung, das heißt er hat uns schon längst gesehen.”, meinte Marco streng, der plötzlich hinter Shadow stand.
“Warum?”
“Merk dir einst Shadow, wenn Sargon einmal ein Schiff gesichtet hat, wird er nicht eher ruhen, bis er uns eingeholt hat und dann wird er uns mit seiner Mannschaft dem Garaus machen!”
“Bist du sicher?”
Er nickte.
“Sargon hat uns vor fünfzehn Jahren angegriffen, damals hat er gegen deine Mutter gekämpft. Wir konnten nur unser Schiff und ein viertel der Crew vor Sargon retten. Julia war ein erfahrender Kapitän und das kann man von dir nicht ganz sagen. Du bist noch unerfahren. Shadow, ich muß dich bitten, verwandle dich in einen siebzehnjährigen Jungen. Dann ist das Kräfteverhältnis wenigsten etwas ausgeglichen.”
Er nickte und verwandelte sich. Marco war über Shadows Erscheinung entzückt. Seine schwarzen Haare durchzog ein Mittelscheitel. Die Haare hatte er zu einem Pferdeschwanz gebunden und langte ihm bis zu den Schultern.
“Der Junge wird bestimmt bald stattlicher gutaussehender junger Mann, in vier Jahren.”, dachte er.
“Rico! Du weißt, genau was zu tun ist, stehle alle Schätze auf dem Schiff!”, befahl Shadow Rico.
Er blickte Shadow verwirrt an.
“War das gerade seine Stimme?”, fragte dieser sich.
“Anscheinend verwandelt er sich nicht nur äußerlich, sondern auch seine Stimme! Das ist also seine Stimme, wenn er in den Stimmbruch kommt. Ein herrlicher Klang, so rein wie Wasser.”, dachte Marco weiter, “Kein Wunder das mir das nie aufgefallen, während der Verwandlung hat er bis jetzt noch nicht gesprochen.”
Er bemerkte wie Rico Shadow merkwürdig anblickte.
“Rico! Steh nicht so faul herum! Du weißt, was der Käpt’n gerade befohlen hat!”, schrie Marco ihn an.
Der Mann zuckte zusammen.
“Jawohl!”, sagte er nur.
Die beiden Schiffe standen sich gegenüber.
“Schiff entern!”, befahlen die beiden Kapitäne.
Doch bevor Sargons Männer reagieren konnten, sprang Shadows Crew aufs Deck des Gegners.
Kurz darauf brach ein erbarmungsloser Kampf aus.
Marco kämpfte gegen Sargon. Er gab sein bestes, aber traf Sargon mit seinem Schwert einfach nicht. Sargon war unglaublich flink, trotz seiner vierundfünfzig Jahre. Er hatte schwarze schulterlange Haare, die zu einem Zopf gebunden hatte, grünäugig und war ein Hüne.
Marco gelang es ihm den Zopf abzuschneiden. Vor Wut schlug Sargon nach ihm. Er wich aus und er traf die Reling, so das drei sehr scharfe Kanten der Reling entstand.
Shadow hatte nur leichte Gegner und hatte Sargon immer im Auge.
Plötzlich stolperte Marco und Sargon verletzte ihn an der Halsschlagader. Er landete auf dem Bauch.
Sargon holte aus und stieß sein Schwert mit aller Gewalt in Marcos Rücken. Marco stieß ein Schmerzensschrei aus.
Er zog sein Schwert aus seinem leblosen Körper.
Shadow war kreidebleich.
“Nein! Neiiinnn!”, brüllte er.
Mit wutverzerrten Gesicht und ohne nachzudenken, stürmte er auf Sargon zu. Der Hüne nahm sein Schwert in die linke Hand und verpaßte Shadows Gesicht einen heftigen Schlag mit der Rechten.
Der junge Mann verlor darauf den Halt und fiel mit dem Gesicht auf die scharfe Kante der zertrümmerten Reling.
Siegessicher lächelte Sargon, als er ihn auf dem Boden liegen sah. Die Reling war blutverschmiert.
Inzwischen hatte sich Rico in die Schatzkammer des Schiffes geschlichen. Er trug ein Seil, einen großen Sack, Pfeile und Bogen mit sich.
“Hach, das sind mindesten zwanzig Milliarden Goldstücke. Sehr schön!”
Mit einem Dolch bohrte er an der Schiffswand ein kopfbereites Loch. Einer Meter unter ihm war das Wasser. Er machte das eine Ende des Seiles am Haken einer Stütze fest. Das andere Ende band er an einen Pfeil. Dann zielte er aus dem Loch auf den Mast der Red Force.
Er spannte den Bogen und schoß den Pfeil ab.
Sebastian, der Rico angeboten hatte ihm zu helfen, zog ihn aus dem Mast. Dann band er das Seil um einen Haken am Mast und schoß den Pfeil zurück.
Rico verknotete die beiden Enden miteinander und konnten sie nun den Schatz mit Hilfe von Säcken auf ihr Schiff laden.
Sargons Crew war mit dem Geschehen viel zu beschäftigt, als darauf zu achten.
Shadows Gesicht schmerzte. Noch nie hatte er solche Schmerzen in seinem kurzen Leben gehabt. Seine drei tiefen Kratzer am linken Auge blutete so stark, das er es zu halten mußte. Er stöhnte.
Ihm gelang es auf die Knie zu gehen. Der Hüne war überrascht.
Sargon nahm sein Schwert in die rechten Hand und holte zum entschiedenen Schlag aus. Doch Shadow reagierte schnell, in dem er seinem Schlag auswich.
“Na, du mit deinen siebzehn Jahren. Ich hätte nicht gedacht wie flink du bist. Junger Mann, du rastest schnell aus, wenn es um deinen Kapitän geht.”, meinte er hämisch grinsend.
“Er war mein Freund und der erste Maat meines Schiffes. Ich bin der Käpt’n!”, fuhr er ihn wütend an.
Der Pirat hob die Brauen.
“Mit vierzehn Jahren also? Ich weiß von Joes Tod. Doch du wirst ihm jetzt Gesellschaft leisten!”
Wieder griff Sargon an. Diesmal konterte Shadow.
“Nicht schlecht für einen Rotzlöffel!”
Die beiden Mannschaften hörten auf zu kämpfen. Sie beobachteten das Spektakel zwischen den beiden Kapitänen.
Dann gelang es ihm Sargons Bauch zu halbieren und schlug ihm den Kopf ab.
Beide Mannschaften starrte ihn mit offenen Mund an. Eine Zeitlang herrschte Stille.
Shadow führte sein Schwert in die Scheide. Mit seiner linken Hand hielt er sich seine Wunde.
“Will sich noch jemand mit mir anlegen?”
“Ähm, nein! Geht auf euer Schiff zurück. Wir halten euch nicht auf.”, erklärte einer von Sargons Männer ängstlich.
Shadows Crew kletterten auf ihr Schiff zurück.
Lange beobachteten sie das Schiff bis es schließlich Richtung Osten verschwand.
Ein dumpfes Geräusch war hinter ihnen zu hören. Sie drehten sich um.
Es war Shadow, der leblos am Boden lag.
Chico betrachtete ihn.
“Der hohe Blutverlust war zu viel für ihn.”, erklärte er.
“Kein Wunder, er ist noch ein Kind.”, beständige Sebastian, “Bringt ihn in sein Schlaflager. Chico du weißt, was zu tun ist.”
Er nickte.
Sebastian wartete eine ganze Stunde an Deck, bevor Chico wieder kam.
“Wie geht es ihm?”
“Er braucht jetzt viel Ruhe. Shadows linkes Auge ist zum Glück heil geblieben. Es könnte sogar sein, daß er heulen wird.”
“Warum?”
“Er ist dreizehn und nicht Zwanzig!”
“Stimmt, auch wieder. Sind die Wunden so schlimm, daß Narben entstehen?”
Chico senkte den Kopf.
“Ich glaube ja. Diese Narbe wird ihn immer an Sargon und Marco erinnern. Jetzt ist Shadow der stärkste Pirat der Welt.”
“Wieviel war Sargon Wert?”
“Ähm, ich glaube fünfhundert Millionen Goldstücke.”
“Bis jetzt ist Shadow der einzige von uns, auf dem kein Kopfgeld ausgesetzt war. Ab heute ist das bestimmt anders. Seit dem Tod von Joe (siebzig Millionen), Julia (hundertfünfzig Millionen) und Marco (65 Millionen), hast du das höchste Kopfgeld von uns mit zwanzig Millionen Goldstücke. Bestimmt wird ein Kopfgeld von sechshundert Millionen Goldstücke auf ihn ausgesetzt.”
“Mh! Irgendwie paßt er nicht zu unserer Bande.”
“Da hast du recht, aber wir können froh sein ihn zu haben.”
Zwei Wochen später nahm die königliche Marine Sargons Männer fest und erfuhren von Shadows Tat. Der Großadmiral der Marine brachte in Erfahrung, daß es sich um einen Gewissen Shadow Shoned, der Sohn von Julia Shoned, handelt. Doch sie wußten von seinem Aussehen sehr wenig. Einer von Sargons Männer hatte ihnen beschrieben, das er drei Wunden am linken Auge hätte und einen Pferdeschwanz hatte der ihm bis zu den Schultern reichte. Sein Haar war schwarz mit dunklen Augen.
Der Großadmiral setzte ein Kopfgeld von sechshundert Millionen Goldstücke auf ihn aus.
Für Shadows Crew gab ihm zu Ehren eine neue Flagge, ein grauer Totenkopf mit drei Wunden am linken Auge und gekreuzten Schwertern auf schwarzen Hintergrund.
Shadow war ihnen dankbar.
Die starken Schmerzen seiner drei Wunden waren so unerträglich, das seine Crew Mühe hatte, seine Launen zu ertragen.
Der Verlust
Es war ein wunderschöner, warmer Sommertag. Ein kühler, leichter Wind brachte Erholung auf der Insel Ohara. Die Insel hatte sich, seit Shadow sie verlassen hatte, nicht verändert.
Sandro beugte sich gerade über ein paar Schriften, als Kevin hektisch in sein Büro eintrat.
“Was ist?”
“Die Red Force! Käpt’n Joe kommt auf diese Insel.”
Er richtete den Blick auf den Siebenundvierzigjährigen mit den graumelierten Haar.
“Hoffentlich bliebt dieser Shadow auf den Schiff!”
Der alte Mann stand auf. Er stützte sich auf einen Stock und machte sich auf den Weg zum Hafen.
Am Hafen war eine Menschenmenge versammelt. Alle wollten sie wissen, was die Crew hier wollte.
Auf den Schiff gab Sebastian Shadow den schweren Sack.
“Soll ich dir wirklich nicht beim Tragen helfen?”, fragte er besorgt.
“Nur weil meine drei Narben immer noch so stark schmerzen, heißt das noch lange nicht, das ich das nicht schaffe. Das muß ich alleine durchziehen.”
“Na gut.”, stöhnte Sebastian.
Shadow schwand den Sack auf seinen Rücken und stieg die Laufplanke herunter. Die Menschen machten ihm Platz damit er ungehindert seinen Weg gehen konnte.
Viele erkannten ihn gar nicht mehr wieder und betrachteten den schönen jungen Mann aufmerksam.
Er war ein Meter dreiundneunzig groß, trug schwarze Stiefeln und Hose mit dunkelgrauer Schärpe und ein weißes Hemd. Die Haare hatte er vor nicht all so langer Zeit kurz geschnitten und reichten ihm bis zum Nacken. Sein Schwert hatte er an Bord seines Schiffes gelassen. Durch seinen Kleidungsstil hatte er bei seiner Crew den Beinamen Black Shadow bekommen.
“Hey, ist das nicht die Fressmaschine?”, fragte ein Mann seine Frau leise.
“Ich glaube ja.”
Der junge Mann war nervös und wollte am liebsten sich irgendwohin verstecken.
Bei einem weißhaarigen Mann blieb er stehen. Er hatte viele Falten im Gesicht mit Stirnglatze.
“Sandro.”, meinte Shadow gedämpft.
Der alte Mann hatte ihn sofort wiedererkannt.
“Shadow.”, brachte er nur heraus.
Er hatte eine Ahnung was Shadow in seinem Sack hatte. Mit einem scheppernden Geräusch ließ er den Sack vor Sandros Füße fallen.
“Fünfundsechzig Milliarden Goldstücke, wie versprochen.”, erklärte er schüchtern.
Shadow öffnete den Sack und zeigte ihm den Inhalt.
Sandro hob die Brauen.
“Für mich?”
“Ja.”, antwortete Shadow ängstlich.
Es verschlug den ganzen Bewohnern die Sprache. Ein Raunen war zu hören.
Fassungslos starrte Sandro den jungen Mann an. Beschämt senkte er den Kopf und trat zu Shadow. Er wich zurück. Dann umarmte der alte Mann ihn.
“Ich danke dir. Das Geld ersetzt zwar nicht die Frucht, aber das ist jetzt egal. Es tut mir Leid, was ich dir angetan habe. Bei mir wirst du, ab heute wieder Willkommen sein.”, erklärte er mit Tränen in den Augen.
“Ja. Uns tut es auch Leid.”, begannen die Bewohner der Insel nach einander.
Vor Rührung kamen Shadow die Tränen.
Der junge Mann stieg die Laufplanke hoch und sie legten ab.
“Und wie ist es gelaufen?”, wollte Chico wissen.
Shadow begann zu Lächeln.
“Ich bin wieder in Ohara Willkommen. Alle haben sich bei mir entschuldigt.”
Mit diesen Worten ging er unter Deck.
“Er hat noch nie wirklich gelacht. Nur gelächelt.”, gestand Chico Sebastian.
“Das ist mir auch schon aufgefallen. Joe hat mir vor langer Zeit gesagt, das er es kann, wenn er will. Ich denke in ein paar Jahren wird er soweit sein.”, meinte Sebastian.
Zwei Tage vergingen. Es war früh am Morgen. Die Sonne war schon seit zwei Stunden aufgegangen. Wenige Wolken waren am Himmel zu sehen. Ein warmer Wind blähte die Segel der Red Force auf. Das Schiff glitt durch kleine Wellen.
Sebastian war unverhofft eingeschlafen, obwohl er auf Beobachtungsposten war. Die ganze Crew schlief noch. Nur Shadow war schon seit Sonnenaufgang wach. Er war unter Deck und durchforschte die Landkarte.
Als Sebastian plötzlich aufschreckte, bemerkte er, das er mindestens drei Stunden geschlafen hatte. Er faßte sich an den Kopf.
“Zum Glück ist in der Zeit nichts passiert, wenn Shadow das herausfindet wird er mich ausschimpfen.”
Mit einem merkwürdigen Gefühl, als würde etwas näher kommen, drehte er seinen Kopf Richtung Osten.
Zehn Meter vor der Red Force segelten zehn Schiffe der Marine auf sie zu.
“Ach du meine Güte!”
Er stand auf und so schnell er konnte, rannte er unter Deck.
“Alle Mann an Deck! Die Marine!”, schrie er so lauf er konnte.
Sebastian suchte Shadow und sagte ihm das Gleiche.
Über ihnen war ein Kampf schon voll im Gange.
Shadow nahm sein Schwert und sie rannten an Deck.
Erschrocken sahen sie, das die Marine sie umzingelt hatte.
“Oh! Nein!”, durchfuhr es Shadow.
“Verwandle dich in ein fünfjähriges Kind!”
Shadow blickte ihn verwirrt an.
“Was? Warum?”
“Du bist der Letzte deiner Familie. Deine ganze Crew hat noch eine Familie: Geschwister, Onkels, Tanten, Kinder. Doch du nicht. Es wäre ein Jammer, wenn du stirbst. Die Marine läßt dich vielleicht am Leben, wenn du dich verwandelst!”, befahl er.
Shadow hatte Tränen in den Augen.
“Nein, ich will kämpfen!”, protestierte er weiter.
“Shadow! Bitte! Ich will nicht das du stirbst! Die Shoneds sind eine wunderbare Familie, wenn sie nun ausgerottet wird, nur weil du so stur bist, dann würde ich es dir mein Lebenlang nicht verzeihen!! Bitte verwandle dich!”
Mit diesen Worten verschwand er im Kampfgetümmel. Shadow verwandelte sich und war wie versteinert.
Vor seinen Augen sah er, wie seine Crew von der Marine getötet wurde. Unwillkürlich verdeckte er seine drei Narben mit seinen Haaren.
Plötzlich tauchte ein braunhaariger Mann mit grauen Augen vor Shadow auf. Er war sicher der Anführer dieser Flotte, ein Meter sechzig groß und schlank.
Ein weiterer Mann stand neben ihn. Er war etwas größer.
“Ein Kind. Leutnant Dularce, was sollen wir mit ihm machen?”
“Mh, schwierig.”
Der junge Mann war kreidebleich, auch er hätte kämpfen können, aber er war wie gelähmt.
“Wie alt bist du?”
“Fünf Jahre.”, log er.
“Der Sohn von Black Shadow, wahrscheinlich? Komisch ist, daß wir keinen gefunden haben, der wie dein Vater aussieht.”
“Weil mein Vater ja auch gestorben ist, als ich drei Jahre alt war!”, erklärte er.
“Wenigsten ist das nicht gelogen, macht Spaß, so etwas zu erzählen.”, dachte er ins Geheim.
“Und deine Mutter?”
“Starb kurz nach meiner Geburt.”
“OH! Davon wußte ich nichts. Den Tod von Joe haben wir ja auch erst drei Jahre später erfahren.”
Er wandte sich zu den Mann daneben.
“Zerstört das Schiff! Das Kind kommt mit mir. Wie heißt du?”
“Sha ... Shadow Shoned.”
“Ah, ja. Nach deinem Vater benannt.”
Die Soldaten steckten die Red Force in Brand. Shadow stand an der Reling des Marineschiffes. Tränen rannen über sein Gesicht.
“Lebewohl Red Force! Lebewohl meine Freunde! Ich werde euch nie vergessen. Was ihr für mich getan habt.”, murmelte er kaum hörbar.
Er seufzte.
“Ich war glücklich mit dir und deiner Mannschaft. Deine Freunde sind bei mir in guten Händen. Ich danke dir Shadow Shoned.”, ertönte plötzlich eine Stimme vom Schiff in Shadows Ohr.
Shadow fragte sich, ob er sich diese Stimme nur eingebildet hatte oder nicht.
“Es tut mir Leid. Ich bin Leutnant Steve Dularce. Einundvierzig Jahre alt. Meine Tochter ist zwanzig Jahre alt und mein Sohn ist vierzehn Jahre alt.”, ertönte hinter ihm Dularces Stimme.
Seine Worte ließen Shadow innerlich kochen. Am liebsten hätte er ihn getötet. Doch dann wäre seine Tarnung aufgeflogen. Sebastians letzte Worte hatten sich in ihn eingebrannt.
“John! Komm her!”, befahl er.
Der Mann von vorhin kam auf Dulacre zu.
“Ja!”
“Bring ihn in eine Kajüte.”
“Aber Leutnant, er ist ein Pirat.”
“Mein Lieber John, er ist ein Kind. Wir müssen ihn so erziehen, das er der Marine vertraut und dann wird er wie ich eines Tages Leutnant.”
“Die haben einen an der Klatsche. Niemals werde ich Befehle von der Marine entgegen nehmen! Ich gehorche niemanden!”, dachte er zornig.
In der kleinen Kajüte lehnte er sich weinend an einen Stützpfeiler. Wieder einmal hatte er alles verloren, was er geliebt hatte und nun sogar seine Freiheit. Ihm war ganz elendig zu mute.
Wie kam er nur wieder heil aus der Sache wieder heraus?
Die Wahl
Die Sonne thronte am wolkenlosen Himmel. Es war angenehm warm. Eine frische Brise sorgte für Abkühlung, am Hafen des Marinehauptquartieres.
Leutnant Dularce ging mit Shadow von Bord des Schiffes.
Der junge Mann konnte nur froh sein, das seine Tarnung bis jetzt nicht aufgeflogen war.
Das Hauptquartier war ein fünfstöckiges Haus und umfaßte eine Fläche von mindestens zweitausend Quadratmeter. Vier Türme ragten aus jeder Ecke des Gebäudes. Die Festung strahlte in blendenden weiß und ähnelte eher einem prunkvollen Schloß.
Viele von der Marine fragten sich, was Dularce mit dem Kind machen wollte?
Innen sah es nicht viel anders aus. Noch nie hatte Shadow so ein prachtvolles Gebäude gesehen.
Vor ihnen erstreckte sich eine schwarze große Marmortreppe mit weiße Geländer, so wie der Fußboden.
Sie bestiegen die Treppe. Jeder ihrer Schritte hallten im Gebäude. Im dritten Stock führte Dularce ihn durch eine riesige Tür.
Shadow konnte seine Verblüffung kaum verbergen.
Der Raum sah wie ein Tanzsaal aus und hatte große Fenster.
In der Mitte des Raumes war ein Schreibtisch, der auch ganz aus Marmor war und schön mit Meerestieren verziert war.
Ein alt Mann saß vor dem Schreibtisch. Er blickte die beiden an.
“Was will ein Kind hier? Leutnant Dulacre.”, fragte er.
“Der Junge ist der Sohn von Black Shadow. Sir.”
“Verstehe. Warum haben Sie ihn nicht getötet?”
“Ich habe da an mich gedacht und wie ich zur Marine gekommen bin. Sir, ich bitte um die Erlaubnis ihn zu einen Marineoffizier zu machen. Mit seinen fünf Jahren können wir ihn noch verändern.”, erklärte Dularce weiter.
“Mh, na gut. Aber zu erst wird er ein Spitzel, wenn er sich gut macht. Dann kann er Marineoffizier werden, wie bei Ihnen.”
Er wandte sich zu Shadow.
“Wie heißt du?”
“Shadow Shoned.”
“Das wird harte Arbeit. Einen Shoned ist schwer zu bändigen. Bis jetzt hatten wir noch keinen dieser Familie, in der Marine. Seit dreihundertvierzig Jahren waren sie durchgängig ohne Ausnahme Piraten.”, murmelte der Alte.
Dann läutete er eine Glocke und zehn Soldaten mit Pfeil und Bogen betraten den Raum. Sie umzingelten Shadow. Er bekam Angst.
Alle Soldaten zielten auf ihn.
“Willst du Spitzel der Marine werden? Du muß die Hälfte deines Gewinnes an uns übergeben. Oder willst du sterben?”
Demütigt senkte Shadow den Kopf und sank auf die Knie.
“Ich... Ich werde... Spitzel der Marine.”, sagte er gedämpft in seiner Kinderstimme.
Die Soldaten ließen ihre Waffen sinken.
“Gut. Leutnant Dularce ist dein Lehrmeister. Doch zu erst führe ihn in das Gästezimmer. Morgen früh beginnt seine Ausbildung.”
Ein Soldat gab ihm den Zimmerschlüssel.
Mit feuchten Augen folgte er Dulacre drei Stockwerke höher. An einer Tür machten sie Halt. Er schloß auf und ließ Shadow den Vortritt. Der junge Mann hatte allmählich mühe seine Tarnung bei zu behalten. Im Raum stand ein Bett an der linken Wand, ein kleiner runder Holztisch mit zwei Holzstühlen in der Mitte. An der rechten Wand stand ein kleiner Schrank. In der mittleren Wand war ein mittelgroßes Fenster von dem man das Meer sehen konnte und einen Sonnenuntergang sehen konnte.
Verlegen trat Shadow ins Zimmer. Am Bett blieb er stehen. Noch nie seit sechzehn Jahren hatte er in einen richtigen Bett geschlafen.
“Wenn du dich waschen willst. Gehe einfach nach links drei Türen weiter, da ist das Badezimmer mit Toilette. Ach ja, brauchst du dafür Hilfe?”
“Nein, ich bin Vollwaise. Das kriege ich schon seitdem Tod meiner Eltern hin!”, sagte er stolz.
Shadow schluckte. Beinahe hätte er sich verraten.
Ihm kamen die Tränen, als er dran dachte.
Damals hatte er keine Freunde und nun war es wieder so. Allein an einen unbekannten Ort.
“Wie? Na gut. Wenn du noch etwas brauchst, ich bin im Nachbarzimmer. Man wird dir auch gleich etwas zu Essen bringen.”
“Was du brauchst, ist einen Tritt in den Hintern. Du Mörder!”, sagte Shadow zu sich.
“Hast du beim Essen einen Wunsch?”
“Habe keinen Hunger! Mir ist der Appetit vergangen, als meine Freunde starben.”, fuhr Shadow ihn an.
“Kein Wunder. Es ist doch auch heute früh passiert. Willst du auch nichts zu trinken haben?”
Shadow seufzte. Er hatte seit gestern Abend nichts mehr getrunken und senkte den Kopf.
Nach all der Aufregung hatte er seinen Durst verdrängt. Doch nun war er wieder da.
“Also gut.”
“Ähm, zur Beruhigung wie wärs mit warmer Milch?”
“Kalte Milch! Ich kann warme Milch nicht ausstehen! Oder ein Krug warmer Kräutertee oder nur Wasser.”, gestand er ihm.
“Gut. Ich sage Bescheid. Ähm, ich lasse die Tür auf und wehe du haust ab! OK, dann bis morgen.”
Dularce machte die Tür zu.
Nach einer Weile entschloß sich Shadow ins Bad zu gehen. Die Badezimmertür hatte einen Schlüssel. Er schloß auf, nahm den Schlüssel aus dem Schloß, schlüpfte hinein, machte die Tür zu und schloß ab.
Shadow verwandelte sich zurück.
Das Zimmer war warm. Mitten im Raum stand eine Wanne, die zwei Meter lang und ungefähr einen halben Meter hoch war. Rechts neben der Wanne stand ein Ofen. Davor war ein Waschbecken, das so groß war, daß ein Zehnlitereimer darunter paßte. Unter dem Waschbecken entdeckte er zwei große Eimer. Diese füllte er mit kaltem Wasser und stellte sie auf den Ofen.
Dann schüttete das heiße Wasser in die Wanne. Danach goß er kaltes nach, bis es die richtige Temperatur hatte und voll war.
Er zog sich aus, wobei er sein Schwert im Gästezimmer zurückgelassen hatte und eine Nachricht, hinterlassen hatte das er Baden war.
“Hoffentlich können diese Dummköpfe lesen.”, murmelte er.
Mit diesen Worte stieg er in die Wanne.
Frisch gewaschen stieg er aus der Wanne. E nahm die Seife, die er benutzt hatte und wusch seine Kleider. Dann legte er sie auf den Ofen, ließ das Wasser aus der Wanne und wartete bis sie trocken war. Er zog sie wieder an, schloß die Tür auf und ging aus dem Badezimmer. Den Schlüssel steckte er wieder dorthin, wo er ihn gefunden hatte. Da Shadow sehr vorsichtig war, hatte er sich in ein Kind verwandelt.
Ohne Furcht, daß ihn jemand sieht, trat er in das Gästezimmer.
Sein Schwert stand noch wo er es zurückgelassen.
Auf dem Tisch stand ein Tonkrug mit Deckel und eine Tasse. Er ging hin und goß sich etwas ein.
In Nase drang der Duft von Minze. Durch die dampfende Tasse, bemerkte er, das es noch heiß war.
Wenn er sich so zurück erinnerte, hatte er bei seinem Vater zum ersten Mal solchen Tee getrunken.
Nachdem er den ganzen Krug geleert hatte, warf er sich weinend auf das Bett. Er sehnte sich nach seiner Crew.
Schließlich schlief er ein.
Kurz nach Mitternacht schlich Dulacre in Shadows Zimmer. Er stellte sich vor sein Bett und betrachtete ihn.
Shadow hatte sich gedreht, das man seine drei Narben sah.
“In seinem Alter hat er schon Narben, wie gemein die Menschen nur sein können.”, murmelte er.
Dularce erinnerte sich noch gut daran, wie er zur Marine gekommen ist.
Vor zwanzig Jahren war er selbst Käpt’n eines Piratenschiffes. Damals war er vierzig Million Goldstücke Wert. Als ihn die Marine auf die gleiche Weise, wie bei Shadows Fall, überfiel. Seine ganze Crew wurde vernichtet. Dulacre hatte sich aus seiner Not, der Marine ergeben und gesagt, er will der Marine dienen!
Doch er hatte die Marine nie dafür gehaßt. So kam es, daß er Spitzel der Marine wurde.
Zehn Jahre später hatte er solche gute Arbeit geleistet, daß sie ihn zum Leutnant befördert haben.
“Du wirst durch meine Hilfe ein guter Spitzel und ein irgendwann ein guter Leutnant. Dafür sorgte ich schon. Ihr Shoned seit schließlich zäh! Vielleicht wirst du sogar Admiral.”
Der Verrat
Seit drei Stunden schien die Sonne schon am Himmel. Keine Wolke störte ihr Licht. Ein leichter Wind war auf gekommen.
Einige Soldaten beladeten ein Gokstadschiff mit Getränke und Essen. Das Segel war eingezogen. Von weiten sah das Schiff einem kleinen Wikingerschiff aus.
Dulacre und Shadow standen vor dem Schiff.
“Ab heute beginnt für dich ein neues Leben.”, meinte der Leutnant zu ihm.
Shadow reagierte nicht darauf. Auch wenn er innerlich zerwühlt und durcheinander war, wußte er genau was er jetzt machen wollte.
Seine Wut auf die Marine kannte keine Grenzen. Als erstes würde er sich an Leutnant Dulacre rächen, der seine Freunde auf den Gewissen hatte. Dabei spielte es keine Rolle, wie freundlich er zu ihm war. Durch Dularces Tod würde er wenigsten mehr Freiraum haben, als jetzt und dann werden viele von der Marine seinen Zorn zu spüren bekommen.
Beide bestiegen das Schiff. Der Großadmiral hielt einen Sturmvogel am Arm.
“Somit halten wir Kontakt. Dulacre. Ab heute werden wir dich nach deinen Vater benennen. Black Shadow. Merk ihn dir gut!”
Alle salutierten vor ihnen. Dulacre war gerührt und seinem Schützling ließ es kalt. Seine Gedanken waren schon ganz woanders.
Der Leutnant freute sich das Kind auszubilden. Obwohl man ihn vor Shadows Blutlinie gewarnt hatte, schoß er alle Warnungen in den Wind. Schließlich hatte er es mit einem Kind zu tun. In zehn Jahren werden die sehen, was aus ihm geworden ist und werden Dularce befördern. Der Leutnant wird der Erste sein, der einen Shoned zähmt.
Das Marinehauptquartier war am Horizont verschwunden. Dularce bemerkte eine kleine Insel mit Sandstrand und mit ungefähr vierzehn Palmen.
“Wir gehen hier an Land.”, erklärte Dulacre.
“OK.”, sagte Shadow nur gelangweilt.
Der Leutnant setzte als erstes seinen Fuß an Land. Dann schob er das Schiff etwas an Land.
Ein hinterlistiges Grinsen umspielte Shadows Gesicht.
“Du kannst jetzt aussteigen. Ich werde dich jetzt auf die Gefahren der See und die eines Spitzels einweisen.”
“Einweisen?”
“Genau. Du muß gut vorbereitete werden!”
“Die kenne ich schon mehr, als mir lieb ist.”, spottete Shadow grinsend.
Mit Stirn runzeln, blickte Dulacre Shadow verwundert an. Seine Verblüffung wurde noch größer, als sich Shadow vor seinen Augen sich in sein wahres Alter verwandelte.
“Du... Du... Du bist Black Shadow! Auf den sechshundert Millionen Goldstücke ausgesetzt sind.”
“Genau!”
“Aber wie ist das möglich? Ich meine, wie alt bist?”
“Zwanzig. Vor sechzehn Jahren habe ich versehentlich die Frucht des Leben gegessen. Deswegen kann ich mich in jede Alters Gruppe verwandeln.”
“Dann kommst du also aus Ohara. Kannst du etwa die verbotene Schrift?”
“Ja!”
“Jetzt willst du Spitzel werden?”
“Nein!! Niemals! Deine Marinekollegen sollen sich bloß warm anziehen. Vor bewaffneten Männern die alle auf einen zielen, würdest du jeden anlügen, um ans Ziel zu kommen.”, erklärte Shadow zornig.
Sein Gesicht war wutverzerrt. Dulacre machte große Augen.
“Du Verräter! Das werde ich dem Hauptquartier sagen, nachdem ich mit dir abgerechnet habe.”
“Dazu wird es nicht kommen!”
“Was?”
“Du wirst der Erste sein, der meine Rache zu spüren bekommt. Deinetwegen habe ich alles verloren, was mir etwas bedeutet hat. Dulacre, du weißt gar wozu ein Mann fähig ist, der nichts zu verlieren hat! Wegen dir habe ich meine aller ersten Freunde verloren und jetzt stirbst du!!”, fauchte er ihn an.
Dulacre begriff nun, daß er Shadows Bande lieber in Ruhe gelassen hätte. Bevor der Leutnant sein Schwert zücken konnte, bohrte sich Shadows Schwert tief in seine Brust.
Er zog das Schwert heraus und köpfte ihn.
Dann ging er zum Wasser und wusch seine Waffe. Nach ein paar Minuten erspähte er einen riesigen Hai. Sicher war er von Dulacres Blut angelockt wurden.
“Du hast sicher Hunger.”, meinte er zum Hai.
Shadow griff nach dem Kopf des Leutnants.
“Hier ich habe etwas für deinen Hunger!”
Er warf ihn so weit wie möglich ins Wasser. Der Hai hinterher. Nach kurzer Zeit kam der Hai zurück. Shadow nahm den leblosen Körper und schmiß ihn mit aller Kraft ins Meer.
“Dafür läßt du mich unbeschadet ziehen!”, rief er und stieg ins Schiff.
Der junge Mann verließ die Insel und segelte Richtung Norden.
Insel mit Problemen
Es war ein warmer Herbsttag. Ein kühler Wind wehte von Meer an den Strand. Sie fuhr durch die Palmen. Die Wolken ließen kaum die Sonne durch.
Shadow befestigte gerade sein Schiff. Vor ihm lag ein kleines Dorf. Schon beim ersten Blick erkannte Shadow, das etwas nicht stimmte.
Er ging durch das ganze Dorf. Zufällig hörte er ein Gespräch zwischen einem Jungen und seiner Mutter.
“Wann kommt Papa wieder? Mama.”
“Schätzchen, dein Papa kommt wieder, wenn du siebenunddreißig bist.”
“Dreißig Jahre?”, murmelte Shadow.
Neugierig ging er zu ihnen hin.
“Was hat er getan?”
Überrascht blickte sie zu den hageren jungen Mann.
“Mein Mann hat drei Äpfel von Baum des Nachbarn geklaut und darauf hat er ihn der Marine in Kokos angeschwärzt.”
“Wieso dreißig Jahre und keine Geldstrafe?”, fragte Shadow verwundert.
“Junger Mann, man merkt, daß du nicht von hier bist. Der Chef der Marinebasis hier, Käpt’n Stone, hier hat dieses Gesetzt herausgegeben. Er herrscht über diese Insel, wie ein Tyrann.”
“Der Mann geht also über Leichen.”
“Ja. Seine Leute sind nicht viel anders. Ein Vater hat schon seine beiden Söhne an die verloren, weil Stone sie zu Marinesoldaten ausbilden will. Wir sind alle nicht von ihm begeistert! Solche brauchen wir hier nicht!”
“Verstehe. Tja, ich muß hier melden. Dann werde mich um euch kümmern und diesen Stone auf den Zahn fühlen.”
Mit diesen Worten ging er ins Zentrum der Insel. Er zog sein Hemd aus und zog das Marinehemd an, was er von Dulacre bekommen hatte. Dann verwandelte er sich in ein Kind.
Die Marinebasis hatte große ähnlich mit Oharas Bibliothek.
Zwei Wachen starrten ihn verwundert an.
“Was willst du hier, du Bengel?”
“Ich bin Black Shadow. Der neue Spitzel der Marine.”
“Ach so. Stone wollte dich schon länger einmal kennenlernen. Führe ihn zu Stone.”
“Wo ist Dulacre?”
“Tod! Er wurde von einem Piraten getötet.”, rief er und versuchte traurig zu wirken.
Johnny und sein Kumpel hielten sich die Hand vor dem Mund. Johnny hob die Brauen.
“Wann ist das passiert?”
Innerlich grinste Shadow hämisch.
“Nach zwei Stunden, als mich die Marine mit ihm los geschickt hat.”, erklärte er.
“Es ist kaum zu glauben, daß ein Kind es allein bis hier her geschafft hat. OK, ich führe dich zu Stone.”
Johnny machte die Eingangstür auf und führte ihn zwei Stockwerke hoch. Dann klopfte er an einer Tür.
“Ja.”, rief eine dunkle Männerstimme.
Johnny und Shadow traten ein. Vor ihnen stand ein hünenhafter Mann mit Schnauzer, grauschwarzen kurzgeschnittenen Haaren. Er hatte grünbraune Augen. Unzählige Falten bedeckten sein Gesicht.
Der junge Mann schätzte ihn auf mindestens fünfzig Jahre, obwohl er älter aussah.
“Was will der Bengel hier?”
Johnny verbeugte sich.
“Sir, daß ist der neue Spitzel der Marine. Black Shadow.”
Stone hob die Brauen.
“Was? Nun gut. Ich bin Richard Stone und Chef dieser Basis. Morgen werde ich dir deinen Auftrag geben. Wenn du jemanden zum Spielen haben möchtest, dann frag einen meiner Männer. Aber mach ja keinen Ärger.”
Shadow schwieg.
“Das Kind ist irgendwie seltsam. Er hat bestimmt keine Kindheit gehabt.”, sagte er zu sich.
Im genaueren betrachten viel ihm Shadows drei Narben auf.
“Wann hat er die eigentlich bekommen?”, fragte er sich.
Ihm keimte der Verdacht, daß das kein Kind mehr war. Wahrscheinlich hatte er eine der heiligen Zyklusfrüchte gegessen, wo es sechs Arten davon gab. Insgesamt gab es nur noch eine von jeder Art. Alle waren sie zwanzig Milliarden Goldstücke Wert, wobei die Frucht des Lebens die Königin der Früchte war, wer die aß, konnte sich in jede Altersgruppe verwandeln. Diese war fünfundsechzig Milliarden Goldstücke Wert. Die Zyklusfrüchte hatten einen Vorteil man konnte sein Leben verlängern, außer bei der Frucht der Greise. Sie war nur hundert Millionen Goldstücke Wert, weil man sein Leben nicht verlängern konnte.
“Natürlich die Frucht der Kinder. Sie kommt aus dem Norden und ist das Heiligtum von Lvneel. Er muß von dieser Frucht gegessen haben, daß er ist in Lvneel geboren. Dann ist er ja eine Trumphkarte der Marine.”, sagte er zu sich.
“Johnny, bring ihn ins Gästezimmer.”, befahl er.
Er nickte und führte Shadow aus dem Raum.
Stone blickte ihm nach. Mit finsterer Miene setzte er sich auf einen Stuhl.
“Einer von Sargons Leuten hat doch von einen siebzehnjährigen Jungen gesprochen, der drei Narben am linken Auge hat. Auf ihm ist ein Kopfgeld von sechshundert Millionen Goldstücke ausgesetzt. Er nannte sich auch Black Shadow. Dann könnte es doch sein, daß dieses vermeintliche Kind Dulacre umgebracht hat und der vierundzwanzigjährige Black Shadow ist.”, murmelte er grinsend, “Trotzdem frage ich mich, warum die Marine ihn nicht getötet hat, wenn er Dulacre wirklich auf dem Gewissen hat oder unterschätzt die Marine ihn?”
Der Teufel von Kokos
Shadow blickte aus dem Fenster. Er sah das Meer. Die Sonne spiegelte sich im Wasser.
“Die Konominsel ist wunderschön. Wenn dieser Tyrann von Stone nicht wäre.”, murmelte er.
Sein Plan war perfekt.
Mit leisen Quietschen öffnete er die Tür. Sein Schwert hatte er am Gürtel. Einige Marinesoldaten kamen ihm entgegen, aber sie übersahen ihn, weil er ein Kind war.
“Ein fataler Fehler.”, dachte er zu sich.
Der junge Mann schlich in die Kleiderkammer, verwandelte sich zurück und zog eine Leutnantuniform über seine Kleider an.
Mit breiten Grinsen betrachtete er sich im Spiegel, der neben der Tür war.
“Perfekt! Nun kann ich mit meiner Gerechtigkeit beginnen!”, flüsterte er zu sich.
Es klopfte heftig an der Tür von Stone.
Johnnys Freund trat ein. Er war hager, braunhaarig, ein Meter einundsechzig groß mit blauen Augen und war dreißig Jahre alt.
“Was ist Shire?”
Er wunderte sich über Shires entsetztes Gesicht.
“Chef, jemand hat alle Verbindungen nach außen gekappt! Wir sitzen hier fest.
Stone stand auf.
“Wie konnte das passieren?”
“Ein Fremder ist in diesem Moment auf den Weg hierher und hat die Gefangenen befreit. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen.”
Er blickte ihn zornig an.
Dann stürmte Johnny durch die Tür.
“Sir, Black Shadow ist weg! Soll ich ihn suchen?”, erklärte er.
Stone begann hämisch zu grinsend.
“Wie alt Schätzen Sie den Fremden?”
Shire überlegte kurz.
“Naja, darin war ich noch nie gut. Er könnte etwa zwanzig Jahre alt sein.”
“Zwanzig Jahre? Nein, Johnny. Du brauchst ihn nicht suchen.”, begann Stone.
“Ähm, Sir?”
“Dieser elend Wurm. Er ist klüger, als ich dachte und hat die Frucht der Kinder gegessen. Der Nachfolger von Joe Newgate, Black Shadow. Der Sohn der Piratin Julia Shoned und wahrscheinlich der Letzte der Shoned. Er ist für den Tod von Dulacre verantwortlich! Johnny! Shire! Black Shadow will sich an der Marine rächen. Verschwindet von hier. Den letzten seiner Familie mit meinen eigenen Händen zu töten, wird mir ein Vergnügen sein!”
Stone holte sein Schwert. Die Beiden gehorchten.
Als sie bei der Treppe waren, kam ihnen Shadow entgegen. Sein Schwert war blutverschmiert, genau wie sein Marinehemd.
Beide schlotterten vor Angst. Ein hämisches Grinsen umspielte Shadows Gesicht.
“Ihr beide wurdet gezwungen für Stone zu arbeiten. Nicht wahr?”
Johnny verschlug es die Sprache.
“Ja. Vor zehn Jahren. Woher weißt du das?”, fragte Shire Stirn runzelnd.
“Meine Lehrmeister haben mich, als den klügsten Menschen der ganzen Welt eingeschätzt.”
Beide waren kreidebleich.
“Macht sofort, das ihr hier aus dieser Festung verschwindet. Sonst werdet ihr lebendig begraben. Ihr beide seid ab sofort freie Menschen.”
Shire hob erstaunt die Brauen. Sein Freund brachte kein einziges Wort heraus.
“Wollt ihr beide sterben?”, brüllte er sie an.
Sie schüttelten nur den Kopf.
“Na dann steht nicht dumm herum! Verlaßt das Gebäude!”
Johnny schlug Shire, damit er sich von Shadows Anblick löste und zusammen stürmten sie die Treppe hinab.
Das ganze Treppenhaus war mit Blut und Toten übersät. Den beiden ging es im Magen herum.
Shadow betrat Stones Büro. Richard Stone saß vor dem Schreibtisch. In der linken Hand hielt er sein Schwert.
“Du bist ein Verräter, Shadow!”
“Auch du bist ein Verräter! Die Marine soll die Nichtpiraten beziehungsweise Nichtverbrecher schützen und nicht quälen! Meine Aufgabe in Kokos war euch zu bestrafen, wenn ihr euch wie ein Tyrann benehmt. Der Großadmiral hat gesagt, ich soll euch in Kokos besuchen. Dann ihm einen Bericht abstatten. Das bedeutet, ich habe die Erlaubnis Richard Stone umzubringen! Und die Marinebasis wird dein Grab!”, erklärte er grinsend.
“Du hast die Frucht der Kinder verspeist stimmst und du stammst von Lvneel?”
“Diesmal liegst du falsch, ich habe die Frucht des Lebens gegessen und das ist etwas von dem die Marine nie erfahren wird. Sie ist meine Geheimwaffe. Ich bin in Ohara geboren.”
“Sekunde! Kannst du etwa die verbotene Schrift lesen?”
“Dein Wissen wird dir nichts nützen, alle die davon wußten, haben mit dem Leben bezahlt. Außerdem vergißt du, ich habe Sargon besiegt.”
Stone stand auf.
“Wenn ich mit dir fertig, wünschst du dir niemals geboren wurden zu sein.”
Stone griff ihn an. Doch Shadow konterte. Beim Aufprall bemerkte Stone Shadows besonders mächtige Aura.
Johnny und Shire waren einen Kilometer der Marinebasis entfernt. Vor ihnen waren die Dorfbewohner von Kokos. Sie starrten den Himmel an.
“Was ist da so interessant?”, fragte sich Johnny.
“Ich glaub ich weiß, warum. Sieh nach oben.”, meinte Shire.
Er traute seinen Augen nicht, der Himmel war gespalten!
“Das ist der König der Dämonen!”, stammelte Shire.
“Nein, der König der Teufel!”
Im Büro von Stone wütete ein erbarmungsloser Kampf.
“Du wirst mich nie besiegen!”
“Das werden wir ja sehen, du Menschenschäder!”
Mit seiner ganzen Kraft gelang es Shadow schließlich Stone in die Knie zu zwingen.
“Das gibst doch nicht?”, rief der Marinechef verblüfft.
Der junge Mann verpaßte ihm eine tiefe Bauchwunde. Wütend schlug er nach Shadow. Doch der wich aus und köpfte ihn.
“Du verdammter Bastard!”, waren seine letzten Worte.
“Er ist jetzt in der Hölle, wo er hingehört!”, murmelte Shadow zu sich.
Erschöpft verließ er das Büro und stieg die Treppe herunter.
Die Bewohner bemerkten einen schwarzhaarigen Mann mit eiskalten Blick auf sie zu kommen. Er begann zu grinsen. Dann drehte er sich überrascht um. Sein Blick zur Marinebasis gerichtet. Die Menge spürte eine ungeheure Macht.
Shadow legte sein Schwert auf die linke Schulter. Dann schwang er es nach rechts, links, oben rechts, unten links, oben nach unten und quer herüber.
Zum Schluß führte er sein Schwert in die Scheide.
Die Menge blickte ihn verwundert an. Plötzlich fiel das Gebäude in sich zusammen. Shadow grinste sarkastisch.
“Das geschieht euch recht!”, murmelte er.
Dann wandte er sich an die Bevölkerung.
“Wenn ihr erzählt, daß es der neue Spitzel der Marine war. Dann bringe ich euch auch um.”
Johnny hob ängstlich die Brauen.
“Nein, wir sind dir zu Dank verpflichtet. Du hast uns vor diesem Sklaventreiber befreit. Wir werden immer in deiner Schuld stehen. Vielen Dank für alles.”, erklärte Johnny.
Shadow war sichtlich gerührt.
“Wir versprechen dir, es nie der Marine zu sagen.”, riefen sie alle im Chor.
Ein sanftes Lächeln umspielte Shadows Gesicht.
Dann kehrte er zu seinem Schiff zurück.
“Es ist unglaublich zu was Menschen fähig sein können.”, murmelte er bitter.
"Die „Sekunden der Tapferkeit“ die du mit Einsatz deines Lebens geschaffen hast... ob nun zum Guten oder Schlechten...
Haben in diesem Moment das Schicksal der Welt verändert!!"
Haben in diesem Moment das Schicksal der Welt verändert!!"
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