Lange ist es her, dass ich mich im FanFic-Bereich habe blicken lassen. Einige 'ältere' Leser werden sich vielleicht noch an mich erinnern, als ich vor zwei Jahren eine Filler-Geschichte zu One Piece hier in dieses Forum gestellt, diese allerdings nie beendet habe. An dieser Stelle möchte ich daher noch einmal sagen, wer sich noch dafür interessiert, dem schicke ich per PN eine Zusammenfassung des Endes zu.
Aber genug zur Vergangenheit, jetzt beginnt die Gegenwart! Und ich möchte mich dank des FanFic-Turniers 2010 wieder zurück im FanFic-Bereich melden und präsentiere euch daher mein neues Projekt, welches hiermit offiziell anläuft:
Wer mich kennt, der weiß, dass ich alle Kommentare, Meinungen und Kritiken dankbar annehme und auch selber kommentieren werde, also wer etwas schreiben möchte, dem werde ich auch sicher Antworten geben
Des weiteren schwebt mir ein spezieller Veröffentlichungsrhytmus vor, der eigentlich ganz simpel zu verstehen ist: Jeden Sonntag soll es ein neues Kapitel geben, die auch nicht zu lang sein werden
Genug geredet, jetzt geht es endlich los! Ich wünsche allen Interessenten viel Spaß beim Lesen!
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 - 15, Post Nr. 1
Kapitel 16 - ??, Post Nr. 83
Namensspecial #1: In Utero
1.01: A New Dawn
Dichter Nebel legte sich in der frühen Morgenstunde über die Insel Utero im West Blue. In der kleinen Stadt auf der Südseite waren noch nicht viele Menschen erwacht, sodass sich eine unheimliche Stille breit machte.
Utero war eine der größeren Inseln im gesamten West Blue. Allerdings bestand gut drei Viertel der Fläche aus einem Gebirge, welches sich aufgrund von jahrhundertelang anhaltenden Vulkanausbrüchen gebildet hatte. In den letzten hundert Jahren waren die Schlotberge unter den Insel jedoch zur Ruhe gekommen.
Dieses Gebirge war zu einem traumhaften Versteck für Piraten geworden, die entweder sich selbst oder ihre Schätze verschwinden lassen mussten. Denn von tiefreichenden Schluchten bis hin zu hohen Engpässe gab es alles an diesem Ort.
Dies war ein Grund für die meisten Bewohner Uteros, sich nicht auf solche Abenteuer einzulassen. Sie waren zufrieden mit ihrem Fischerhandel und brauchten die versteckten Schätze nicht. Eine gewisse Zeit lang hatten die jungen Männer versucht, die Schätze der Piraten zu bergen, doch waren die zu bewältigenden Wege riskant und lebensgefährlich, sodass die Gemeinschaft das Vorhaben schnell wieder aufgegeben hatte. Jedoch gab es immer Außenstehende, die es trotzdem versuchten.
In der Stadt versorgte man sich mit einer weitreichenden Handelsallianz. Aufgrund der früheren Vulkanaktivitäten war das Land äußerst fruchtbar, was sich auch auf das Wasser übertrug und dadurch lebten viele Fische um Utero herum.
Diesen Ort hatte man Fischerfluss genannt, zum Einen wegen des reichen Fischvorkommens und zum Anderen, weil es eine breite Hauptstraße gab, von der viele kleinere Wege abzweigten, was die Bewohner dazu veranlasste, die Stadt mit einem Flussdelta zu vergleichen. Irgendwann war der Name schließlich offiziell geworden.
[Utero, Fischerfluss, Hauptstraße]
Das Knarren einer alten Holztür unterbrach die Totenstille, die über Fischerfluss lag.
“Verschwinde endlich!”, forderte der glatzköpfige Wirt, als er einen Mann aus seinem Pub schmiss.
“Aber mir ist schlecht...”, murmelte der betrunkene Gast deprimiert, welcher sich über Nacht in das Wirtshaus einquartiert hatte.
“Wer hat denn hier die ganze Bar leergesoffen?!”, brüllte der aufgebrachte Glatzkopf lauthals.
“Aber... aber... mir ist schlecht”, wiederholte sich der am Boden liegende Mann lallend.
“Das ist doch nicht mein Problem!!”, fauchte der Nüchterne und schlug sich die Hand auf sein Gesicht. Sein Gast hatte derweil aufgegeben sich zu wehren und mit einem letzten protestierenden Zucken sackte er zusammen.
“Du lernst es nie”, meinte der Wirt verzweifelt und verschwand wieder in seinem Pub.
Die Zeit verging, während der betrunkene Mann am Boden der Hauptstraße lag. Er trug hohe Stiefel, eine schwarze Hose und ein schmutziges weißes Hemd. Ein weiter, roter Mantel bedeckte seinen Oberkörper und ein Schal säumte seinen Hals.
Langsam füllten sich die Straße mit Menschen, die zur Arbeit oder zum Einkaufen gingen und der Nebel wich dem hellen Sonnenschein eines neuen Tages. Keiner beachtete den Betrunkenen, denn sie hatten sich bereits daran gewöhnt. Ältere schüttelten missbilligend den Kopf, Jüngere liefen kichernd an ihm vorbei. Jeder kannte ihn und seine Eigenschaften.
Drei kleine Kinder entdeckten die traurige Gestalt von Mann und machten sich einen Spaß daraus, ihn mit Stöckern zu stechen.
“Meine Mama sagt immer, er ist eine Schande!”
“Mein Papa nennt ihn einen elenden Trinker!”
“Guckt mal, er wehrt sich überhaupt nicht!”
Die Kinder lachten vergnügt, während die Menschen um sie herum ein Lächeln nicht unterdrücken konnten.
“Hört auf damit...”, murmelte der Betrunkene niederträchtig.
“Er spricht! Er spricht!”, lachten die Kinder fröhlich und stocherten weiter auf den Mann ein.
“Wenn ihr das noch einmal macht, dann hau' ich euch weg...”
Es folgte ein einziger weiterer Stich, als der Mann plötzlich zum Leben erwachte, aufsprang und eines der Kinder mit einem Faustschlag auf die andere Straßenseite beförderte.
Lautes Entsetzen breitete sich augenblicklich aus, während der Betrunkene die zwei anderen Kinder am Kragen packte und sie auf Augenhöhe zu sich hochzog.
“Ich habe euch gewarnt”, grummelte er genervt.
“Cobain! Lass die Kinder los!”, schrie ein älterer Mann, der sich durch die Menge drängte, die sich um das Drama gebildet hatte.
Der Betrunkene schaute den dicken Alten an, der um mindestens drei Köpfe kleiner war als er selbst und schnaubte.
Er schmiss die Kinder zur Seite und rückte seine getönte, kleine Brille zurecht, die bei seiner rasanten Reaktion von seiner Nase gerutscht war.
“Ist angekommen”, meinte er und streckte sich. Seine Knochen und Gelenke knackten, nachdem er mehrere Stunden auf dem harten Boden gelegen hatte.
“Könnte sich diese grässliche Volksversammlung dann wieder auflösen? Ihr nervt und ich hab' Kopfweh”, gab er trocken von sich.
“Das ist ja wohl die Höhe!”
“Wie kann er sowas noch behaupten, obwohl er ein Kind geschlagen hat?!”
Die Stimmen der Proteste wurden lauter und der Betrunkene provozierte sie mit höhnischem Applaus.
“Lasst euren Ärger ruhig heraus. In jedem von uns schlummert ein Teufel, ihr könnt es nicht leugnen!”
“Es reicht, Cobain! Such dir einen anderen Platz zum Streiten!”, sagte der kleine Alte und schüttelte resignierend den Kopf. Dieser Mann war unbelehrbar, dass wusste er.
Die Menge löste sich langsam auf, nachdem man sich um die verletzten Kinder gekümmert hatte. Der Betrunkene setzte sich an den Straßenrand und stützte seinen Kopf mit den Händen.
“Rogue”, sprach der Alte ihn sorgenvoll an.
“Ja, der sitzt vor dir”, lautete die respektlose Antwort.
Die Leute schauten die Beiden wütend an. Keiner konnte den Menschen verstehen, der in Rogue Cobain steckte.
“Wieso?”, fragte der kleine Mann traurig.
“Was kümmert dich das, Kodomo?”, entgegnete sein Gegenüber desinteressiert.
“Ich bin Bürgermeister dieser Stadt. Ich kümmere mich um ihre Kinder”, sagte Kodomo sanftmütig.
Cobain schaute einen Moment zu ihm auf, strich sich nachdenklich über seinen Kinnbart und fing an zu lachen.
“Wo hast du den Bullshit denn her? Glaubst du, ich werd' jetzt sentimental?”
Der alte Bürgermeister schüttelte verbissen den Kopf.
“Ich weiß, dass in dir etwas besseres steckt, als du vorgibst. Warum tust du diese Dinge? Warum trinkst du jeden Tag? Warum pöbelst du deine Mitmenschen an?”
Der unbeliebte Mann blickte skeptisch über den Rand seiner Brille.
“Ich pöbel die Menge an, weil ich trinke und ich trinke, damit ich pöbeln kann”, antwortete Cobain und raffte sich auf. Er klopfte dem Bürgermeister provokant auf die Schulter und machte sich auf den Weg in den Pub, vor dem sich das ganze Szenario abgespielt hatte.
[Utero, Fischerfluss, Ratshaus des Bürgermeisters]
Bürgermeister Kodomo betrat sein Arbeitszimmer und ließ sich schnaufend hinter dem Schreibtisch nieder. Er war ein kleiner, pummeliger Mann mit schwarz gelockten Haaren. Sein Ratshaus lag im Zentrum von Utero und war das größte Gebäude der Stadt. Es glich einem Miniaturschloss, war jedoch von Innen recht spärlich ausgestattet.
Im Arbeitszimmer stand ein Schreibtisch und mehrere gepolsterte Stühle. An den Wänden standen Regale mit hunderten von Büchern und hinter dem Bürgermeister prangerte ein großes Gemälde von Utero, wie es in seinen Entstehungsjahren aussah.
Ein schlaksiger Mann in schwarzem Anzug, einem Hut und einer verspiegelten Sonnenbrille betrat kurz nach Kodomo den Raum und machte sofort durch lautes Husten auf sich aufmerksam.
“Kingen... Was gibt es denn?”, fragte der Bürgermeister seufzend.
“Sir, es ist das gleiche wie immer: dieser Cobain ist nicht mehr länger tragbar für unsere Gesellschaft!”, antwortete der Assistent des Oberhauptes der Stadt. Er war ein sehr strenger Mann, der unangenehme Vorfälle gerne ausmerzte, bis sie nie wieder vorkämen. Allerdings war Rogue Cobain kein Vorfall, der dies so einfach mit sich machen ließ. Daher war es nicht die erste Diskussion, sodass der Bürgermeister bereits wusste, was Kingen von ihm verlangen würde.
“Er ist etwas eigen”, verteidigte Kodomo den Unruhestifter.
Der Assistent setzte sich ungefragt in einen der Stühle vor dem Schreibtisch und beugte sich unzufrieden nach vorne.
“Die Vorfälle um diesen Organismus, der sich selbst einen Teufel nennt, häufen sich. Es sind bereits Menschen von dieser Insel ausgewandert wegen ihm. Wie können...”
“Wie können Sie ihn immernoch auf dieser Insel dulden? Nicht wahr?”, konterte Kodomo seinen Berater aus, bevor dieser zuende sprechen konnte.
Kingen lehnte sich abwartend auf seinem Stuhl zurück, gespannt, welche Entschuldigung der Bürgermeister dieses Mal parat hatte.
“Rogue hat uns geholfen, als wir in Not waren. Wir sind es ihm schuldig, dass er hier eine Heimat bekommt. Ich bin mir sicher...”
“Dass er sich zügeln wird, wenn wir ihn als einen Sohn unserer Stadt akzeptieren”, drehte Kingen den Spieß um.
“Wann glauben Sie, wird das sein? Wenn wir alle wegen ihm wahnsinnig geworden sind?”
“Mach dir keine Sorgen. Ich spüre, dass wir ihn wirklich berühren”, gab der Bürgermeister sich optimistisch. Er stand auf und machte eine einladende Geste.
“Wie wäre es mit einem Mittagessen, bei dem wir die kommende Marktmesse besprechen?”, fragte Kodomo freundlich.
“Die Marktmesse”, seufzte Kingen verzweifelt. “Ein weiterer Grund, diesen Organismus namens Cobain loszuwerden.”
Plötzlich klopfte es an der Türe und nach einem lauten Ruf des Bürgermeisters, stürzte eine aufgeregte Frau herein.
“Sir, es gab schon wieder einen Vorfall! Rogue Cobain hat einen Senioren in den Stadtbrunnen geschmissen!”
Kingen schaute genervt das Oberhaupt von Fischerfluss an.
“Wahrscheinlich hat er ihm die Luft weggeatmet. Aber halb so schlimm, er ist ja ein Sohn der Stadt, oder?”
Fortsetzung folgt...
1.02: Smells like teen Spirit
[Utero, außerhalb von Fischerfluss, einsame Waldhütte]
Rogue Cobain drückte mit Schwung das Holzbrett beiseite, welches sich trügerischerweise Tür nennen ließ. Die Waldhütte, in der er lebte, war kleiner als die Toilette in seinem Lieblingspub, doch mehr brauchte er nicht. Ein Bett ohne Decke und eine Komode, bei der zwei von drei Schubladen fehlten, waren die einzigen Möbel im Haus des in Ungnade gefallenen Mannes, den man einst als Held bezeichnet hatte.
Hinter seinem Bett stand eine Gitarre. Sein einziger Besitz, abgesehen von seiner Kleidung und einem Medaillon, welches er verdeckt unter dem Schal um seinen Hals trug.
Müde und angetrunken legte er schwankend seine ränderlose Brille auf die Komode und setzte sich auf sein Bett, die Gitarre am Hals packend. Vorsichtig strich er über die Saiten, die besser gepflegt waren, als seine langen, filzigen, braunen Haare, die ihm ständig ins Gesicht fielen.
“Smells like teen Spirit”, murmelte Cobain und dachte dabei an die Bewohner Uteros. Sie führten sich oft wie Kinder auf, die nicht das bekamen, was sie wollten.
“Undankbar und nervig. Das perfekte Bildnis des Menschen”, stellte er grinsend fest. Er hatte immer gewusst, dass es keine guten Menschen mehr auf dieser Welt gab, also wieso sollte er einer sein?
Vor einem halben Jahr war er nach Utero gekommen und hatte Fischerfluss vor einer Piratenbande gerettet, welche die Stadt plündern wollte, nachdem sie keine Schätze in den gefährlichen Bergen gefunden hatte. Damals war er noch ein Held...
Hektisches Klopfen unterbrach seine Gedanken und dröhnte in seinem Kopf. Die Tür hielt es kaum in den Angeln, obwohl die Schläge gegen das Holz kaum stärker als ein Windhauch war.
“Bean, nerv' nicht und verschwinde endlich!”, brüllte Cobain wütend. Einen Moment später gab die Tür jedoch nach und ein kleines, blondes Mädchen fiel aufgeregt in die Hütte.
Das kleine Mädchen stand schweigend auf, klopfte sich den Dreck von den Knien und lächelte.
“Hihi, hey du”, begrüßte sie ihn mit breitem Grinsen.
“Wann kapierst du endlich, dass ich dich hasse?”, raunzte Cobain sie an. Er legte seine Gitarre weg, stand von seinem Bett auf und zog das kleine Mädchen an ihrer Hand aus seinem Haus.
“Ich finde es toll, wie du spielst”, lobte die kleine Bean und zeigte durch die Tür auf die Gitarre, welche auf seinem Bett lag. Der Musiker schaute verdutzt auf das Mädchen, welches nicht einmal halb so groß war, wie er. Sie starrte zu ihm hinauf, grinste und klammerte sich um sein Bein.
“Lass mich sofort los, oder ich kicke dich ans Ende der Welt”, drohte Cobain ihr. Doch Bean schien das gar nicht gehört zu haben.
“Spielst du mir etwas vor?”, fragte sie stattdessen liebevoll.
Der angetrunkene Musiker schaute auf das unschuldige Kind zu seinen Füßen und seufzte.
“Danach verschwindest du aber und lässt mich in Ruhe”, antwortete er und nahm wankend seine Gitarre aus dem Haus. Er ließ sich auf den Waldboden fallen, Bean setzte sich aufmerksam neben ihn.
“Wieso kommst du eigentlich ständig zu mir? Du weißt genau, dass du dafür Ärger bekommst”, murmelte Cobain, wobei er die Gitarre stimmte.
Es war nicht das erste Mal, dass die Kleine bei ihm vor der Tür stand. Seit er vor vier Monaten in die Waldhütte gezogen war, kam sie beinahe jeden Tag, obwohl sie erst sieben Jahre alt war. Bean wohnte mit ihren Eltern am Rand von Fischerfluss, dem Haus, was seiner Hütte am nächsten war und welches für seinen weiten Garten bekannt war. Das kleine Mädchen war eines Tages wohl beim Spielen zu weit rausgelaufen, hatte schließlich vor seiner Tür gestanden und seitdem wurde er sie nicht mehr los.
“Du nervst, weißt du das?”, fragte er. Dieses Mädchen war fern von Gut und Böse, sie konnte nichts für die finstere Welt. Vielleicht war das ein Grund, warum er Bean noch nicht ernsthaft versucht hatte loszuwerden.
“Was soll ich denn spielen?”
“Bink's Sake”, antwortete das kleine Mädchen lächelnd. Cobain atmete tief ein.
“Ein außergewöhnlicher Wunsch für einen kleinen Wicht wie dich”, antwortete er und dachte über den Ursprung des Liedes nach. Ein Piratenlied.
“BEAN!”, schrie plötzlich eine schrille Stimme und zum zweiten Mal in wenigen Minuten wurde Cobain mit einem Donnern aus seinen Gedanken gerissen.
Einige Meter entfernt von seiner Waldhütte standen ein schwarzhaariger junger Mann und seine blond gelockte Begleiterin. Beans Eltern.
“Rouge, du dreckiger Landstreicher, lass deine Finger von meiner Tochter!”, rief der Vater wütend und richtete eine Pistole auf den Musiker.
“Kurt, nicht vor unserer Tochter!”, schrie die Mutter geschockt.
Cobain grummelte genervt und schob Bean mit einem Ruck beiseite.
“Hey, geht's noch?!”, schrie der Vater sofort, als seine Tochter beinahe auf den Boden fiel.
“Bleib ganz ruhig, Freundchen. Nimm deine verzogene Göre mit und mach'n Zaun um deinen Garten”, gab der Musiker trocken zurück.
“Verschwinde endlich von dieser Insel, du Abschaum!”
Ein Schatten huschte über Cobains Gesicht und als er aufsprang, zuckten die jungen Eltern ängstlich zusammen.
“Das hier ist mein... Haus. Ich glaube, ihr habt hier nichts zu suchen.”
Der Vater hielt immernoch zitternd die Waffe in der Hand, während Bean zu ihrer Mutter hinüberlief, die ihr sogleich einen weiten Sonnenhut aufsetzte.
“Hier, den hast du vorhin im Garten verloren. Lass uns wieder zurückgehen und spielen”, redete sie auf ihre Tochter ein.
“Aber Mami... Der Hut ist viel zu groß”, meckerte das kleine Mädchen und versuchte ihn abzusetzen, doch ihre Mutter drückte ihn immer wieder auf ihren Kopf.
“Gehen wir”, beschloss der Vater und wich vorsichtig ein paar Schritte zurück, bis sie sich umdrehten und schneller liefen.
“Nervensägen”, schimpfte Cobain und warf ihnen einen scharfen Blick hinterher.
Eine starke Windböe zog durch den Wald und der Musiker konnte den Freudenschrei von Bean hören, als ihr Hut davongeweht wurde.
”Yohoho... Dem guten alten Binks, bring ich seinen Rum”, trällerte der Musiker, bevor er lächelnd in seiner Hütte verschwand.
Fortsetzung folgt...
1.03: An important Day
[Gewässer des West Blue]
Eine kleine Karavelle glitt langsam durch das Felsenriff, welches sich mitten im Gewässer des West Blue gebildet hatte. An Deck des Segelschiffes standen drei Menschen, die auf das weite Meer hinaustarrten.
“Gahaha, bald ist es soweit! Dann kommen die ganzen Bonzen mit ihren Taschen voller Gold!”, lachte der Größte von ihnen. Er hatte einen bulligen Zwei-Meter-Körper, ein kantiges Gesicht und ein zahnloses Lächeln.
“Yeah, Gammon, du hast vollkommen recht! Wird Zeit, dass wir wieder einen großen Fang landen!”, stimmte einer seiner schmierigen Begleiter zu. Es waren glatzköpfige Zwillinge, die sich einzig darin unterschieden, dass einem das rechte und einem das linke Auge fehlte.
Derweil kletterte ein kleinerer Junge vom Mast herunter und stellte sich Arme verschränkend vor die drei Kraftprotze.
“Denkt nicht daran, euer eigenes Ding durchzuziehen! Wir müssen immernoch auf den Captain hören!”, mahnte er seine Kameraden.
“Egg, du Spielverderber. Wozu bist du Pirat geworden, wenn nicht um zu plündern?!”, motzte Gammon zurück.
Die drei großen Männer umstellten den Protestanten und begannen, ihn hin und her zu schubsen.
“Hey! Lasst das!”, rief Egg verzweifelt, der körperlich nicht in der Lage war, irgendetwas zu tun.
“Schaut euch den Kleinen an, du willst wirklich Pirat sein?”, fragte einer der Zwillinge höhnisch.
“Was geht hier vor?!”, brüllte plötzlich eine herrische Stimme und die Piraten wurden schlagartig still.
“Captain...”, murmelte der Zahnlose grimmig.
In der Tür zur Kajüte stand eine zierliche Frau, gekleidet in einer kurzen, eng anliegenden Hose, einem weißen Tshirt und einer schwarzen Weste. Um ihre Hüfte herum trug sie einen Gürtel mit Nieten und ihre dunklen Haare hielt sie mit einem feuerroten Kopftuch zusammen.
“Wer bin ich?!”, fragte sie wütend.
“Captain Venus leFleur!”, riefen die drei Kraftprotze eingeschüchtert.
“Ganz richtig! Was bedeutet das?!”
“Wir segeln unter deinem Kommando!”
“Sehr schön”, kommentierte die weibliche Piraten zufrieden die Untergebenheit, deutete mit einem Finger auf die Flagge, die am Mast prangerte und im Wind wehte. Darauf zu sehen war ein Totenkopf mit langen Haaren und jenem roten Kopftuch.
“Nur, weil ich kein Mann bin, heißt das nicht, dass ich nicht das Kommando übernehmen kann! Also passt auf, was ihr euch erlaubt!”, warnte sie ihre Crewmitglieder.
“Aye Captain!”
Die drei Unruhestifter zogen sich schließlich zurück und gingen an ihre eigentlichen Arbeiten an Bord. Sobald sie vom Deck verschwunden waren, wich der zornigen Grimasse ein erleichteres Lächeln.
“Puh...”, atmete sie erschöpft aus, als der Druck von ihr abfiel. Sie hatte es nicht einfach, sich als weiblicher Captain durchzusetzen, womit sie sich selbst ständig gefordert fühlte. Irgendwie musste sie den Respekt ihrer Mannschaft schließlich gewinnen.
“Danke, Captain”, murmelte Egg niedergeschlagen, seine Schürfwunden betrachtend.
“Kein Problem. Auf einem ordentlichen Piratenschiff sollte jeder Respekt voreinander haben”, antwortete Venus und beugte sich zu dem sitzenden Jungen herunter und warf einen Blick auf die ganzen Schrammen, die man ihm bereits zugefügt hatte.
“Es wird Zeit, diesen Schatz zu finden”, murmelte Venus und schaute auf den Horizont, wo die Insel Utero zu sehen war.
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub]
“Walch, servier' uns den Fisch des Tages”, orderte der Bürgermeister, als er sich zusammen mit Kingen in den beliebtesten Pub der Stadt zum Essen setzte.
Der glatzköpfige Wirt war für seine Sympathie bekannt und honorierte alle seine Gäste, egal wie schmierig sie aussahen. Auch Rogue Cobain, obwohl er diesen schon mehrere Male vor die Tür schmeißen musste.
Kingen rückte seine Brille zurecht und setzte sich auf einen Stuhl, nachdem er ihn mit einem Taschentuch gesäubert hatte.
“Was machst du da?”, fragte Kodomo verdutzt.
“Sauberkeit ist ein sehr wichtiger Faktor in einer reinen Gesellschaft! Wir dürfen uns bei der Marktmesse keine Fehler erlauben”, antwortete Kingen kleinlig.
“Wenn du das sagst...”, murmelte der Bürgermeister skeptisch.
“Sir, die Marktmesse ist das wichtigste Ereignis dieses Jahres! Sie sollten sich ein bisschen mehr dafür interessieren!”
Kodomo seufzte und schaute verzweifelt zum Wirt hinüber, denn Essen würde sicherlich vom Thema ablenken.
Das Oberhaupt von Utero wusste sehr genau, was die Marktmesse für eine Bedeutung hatte. Innerhalb der Handelsallianz wurde zweimal im Jahr eine solche Messe veranstaltet, bei der, nach einer festgelegten Reihenfolge, die einzelnen Inseln ihre Gesellschaft präsentieren konnten. Es war daher immer wichtig, so gut wie möglich darzustehen, denn je besser das Image einer Insel war, desto leichter kauften die Leute dort ein. Nun war Utero an der Reihe.
Dieses Mal war insofern besonders wichtig, da sich eine weitere Fischerinsel der Allianz angeschlossen und im vergangenen Jahr für großen, positiven Eindruck gesorgt hatte. Um also keine Kunden an die Konkurrenz zu verlieren, musste sie ein Erfolg werden.
“Können Sie sich vorstellen, wie wir darstehen, wenn Cobain wohlmöglich einem Vertreter der Allianz über den Weg läuft?”, fragte Kingen kopfschüttelnd.
Der Bürgermeister seufzte und grübelte, was er seinem Assistenten denn bloß sagen sollte. Plötzlich kam ihm aus heiterem Himmel ein einzigartiger Gedanke.
“Was machen wir denn, wenn wir während der Messe von Piraten angegriffen werden? So ein Ereignis ist ein schönes Ziel, um einige Wertgegenstände abzugreifen. Rogue Cobain könnte uns beschützen!”, täuschte Kodomo die Tatsache vor, den Musiker einzig als Schutzmittel in der Stadt zu behalten.
“Denken Sie jetzt, ich glaube ihnen wirklich, dass sie diesen Organismus danach rausschmeißen würden?”, murmelte Kingen genervt.
“Ich meine es ernst!”, verteidigte der Bürgermeister seine Idee. Obwohl die Piraterie rar geworden war, gab es dort draußen immernoch genug von ihnen. Cobain war ein starker Mann.
Quietschend öffnete sich die Tür zum Pub und Kingen schaute über Kodomos Schulter herüber, sogleich in sich zusammensackend.
“Wie soll uns DAS da helfen?”
Der Bürgermeister drehte sich um und beobachtete, wie der betrunkene Musiker durch die Tür torkelte, sich an den Thresen schmiss und Walch um neuen Rum anbettelte.
“Vertrau mir...”, antwortete Kodomo und machte sich auf den Weg, mit Cobain zu sprechen.
Fortsetzung folgt...
1.04: Preperations
[Hauptquartier der Weltregierung, einige Tage zuvor]
“Im West Blue findet in wenigen Wochen die Marktmesse statt”, verkündete der, hinter seinem Schreibtisch sitzende, Mann. Er trug eine weiße Uniform und eine Mütze über seinem aalglattem Haar.
In dem kleinen Raum, der noch reinlicher zu sein schien, als der fleckenlose Anzug des Mannes, standen noch zwei weitere Männer, die in weite weiße Mäntel mit dem Zeichen der Weltregierung eingehüllt waren. Kapuzen verdeckten ihre Gesichter.
“Hund und Ochse... seid ihr bereit, die Aufsicht zu übernehmen?”
“Jawoll, Sir!”, erhob einer von Beiden sofort den Arm, um zu salutieren. Er hatte ein breiteres Kreuz als sein Partner und sah daher um einiges kräftiger aus.
“Wenn ich einmal fragen darf... Denken Sie wirklich, dass wir zwei Leute dort brauchen?”, bedachte der Andere streng.
“Hund, wie sähe es denn aus, wenn es tatsächlich Piraten gibt, die dieses Ereignis infiltrieren? Unser Ruf im gesamten West Blue wäre erschüttert! Das können wir nicht zulassen!”, antwortete sein Vorgesetzter.
“Ich meinte eigentlich, dass es reicht, wenn wir nur einen von uns schicken! Gerechtigkeit ist überall auf der Welt nötig. Wir sollten uns nicht alle auf einen einzigen Punkt stürzen!”
“Guter Einwand. Wir müssen die Welt an allen Orten beschützen!” Es folgte eine kurze Pause.
“Einverstanden! Hund, Sie gehen alleine! Machen Sie der Weltregierung keine Schande!”, hatte der Vorgesetzte sich entschieden.
“Alles für die Gerechtigkeit!”, gab der Mann, den man Hund nannte, zurück und klopfte sich auf die Brust, woraufhin er schließlich den Raum verließ.
“Jutai, er ist der Jüngste von uns”, bemerkte der kräftige Mann, welcher zuvor Ochse genannt worden war.
“Ich weiß. Aber wir können ihm vertrauen. Er wird uns nicht enttäuschen”, antwortete der Commander und beendete damit das Gespräch.
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub, Gegenwart]
Bürgermeister Kodomo setzte sich auf den Hocker neben Cobain und schaute neugierig zu ihm herüber.
“Wie geht es dir, mein Junge?”, fragte er einfühlsam.
Der Musiker schaute ihn nichteinmal an, sondern murmelte unverständliche Sätze vor sich her.
“Sag mal, wieviel willst du heute noch trinken?”
“Ich würde sagen, soviel wie reinpasst”, antwortete der Betrunkene mit viel Mühe.
“Du weißt doch, dass wir bald unsere Marktmesse haben, oder?”, versuchte der Bürgermeister auf das Thema zu lenken.
“Das Bonzenfest? Denk' nicht daran mich in einen Anzug zu stecken. Ich hasse Anzüge. Ich werde nichts kaufen”, plapperte der Musiker wirr vor sich her. Er nahm seine Brille ab und rieb sich müde die Augen.
Kodomo lächelte nachdenklich und betrachtete Cobain, der einen verzweifelten Eindruck machte. Als er nach Utero gekommen war, hatte er ihnen allen geholfen
“Erinnerst du dich an deine Ankunft?”, fragte der Bürgermeister aus seinen Gedanken heraus.
“Ich wollte nur den Pub beschützen...”, grummelte der Gefragte, als hätte er in Kodomos Kopf hineingeschaut.
Trotz des ganzen Alkohols, den er inzwischen getrunken hatte, konnte der Musiker sich noch genau an den Tag zurück erinnern, als er die Vulkaninsel erreicht hatte...
[Utero, vor sechs Monaten]
Ein kleines Boot schipperte durch das Felsenriff, langsam in Richtung der großen Insel, die sich vor Jahrhunderten aus den Schlotbergen gebildet hatte.
“Bin ich immernoch nicht näher gekommen?”, murmelte ein nüchtern wirkender Rogue Cobain. Als ein Windzug über das Meer strich, rieb der Musiker sich fröstelnd den Körper, denn es herrschte ein kalter Winter.
“Lass das”, flüsterte er verärgert, obwohl außer ihm niemand auf dem Meer war.
Als wolle das Wetter ihm den letzten Rest geben, fing es nun auch noch an zu schneien und Cobain machte eine fluchende Geste gen Himmel. Er lehnte sich in seinem Boot zurück und kramte einen Flachmann aus seinem Mantel.
“Das erklärt wenigstens, warum ich so mies drauf bin”, bemerkte der Musiker, als er erkannte, dass sein Vorrat an Alkohol ausgegangen war.
Seufzend warf er den Flachmann in die hintere Ecke seines Bootes. Erneut rauschte eine eisige Böe über das Meer und wehte Schneeflocken in Cobains Gesicht.
“Man sollte meinen, dass ich es besser könnte”, murmelte er wütend, während das Wetter um ihn herum immer schlechter und die Sicht enorm getrübt wurde. Es dauerte nicht lange, bis der Musiker nur noch das Felsenriff sehen konnte.
Ein ächzender Laut ertönte auf See und Cobain schreckte aus seiner Müdigkeit auf. Ein unheimliches Knarren wurde immer lauter, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein großes Schiff auf dem Meer erschien und durch das Riff hinter ihm hindurchsegelte - und zwar genau auf seinem Kurs.
“Das ist aber gar nicht gut”, murmelte Cobain, schaute genervt über den Rand seiner Brille und strich über seinen Kinnbart.
“Hey!”, brüllte er schließlich und versuchte durch Winken auf sich aufmerksam zu machen, doch wer auch immer auf dem Schiff war, konnte oder wollte ihn nicht sehen.
“Ist echt nicht mein Tag...”, grummelte der Musiker resignierend, als die schnell aufholende Fregatte weiter auf ihn zuhielt und ihm bewusst wurde, dass ein Ausweichmanöver zu spät kam...
Fortsetzung folgt...
1.05: Six Months ago...
[West Blue, Felsenriff vor Utero, vor sechs Monaten]
“Captain Nova, da ist etwas im Meer!”, rief ein alter Mann aus dem Krähennest heraus. Er trug eine bunte Hose und ein offenes Hemd, wodurch man seinen untrainierten Körper sehen konnte. Ein mit Ködern bestickter Fischerhut kröhnte seinen faltigen Kopf.
“Sekai, du alter Knochen, was interessiert mich das?”, fragte ein Jahrzente jüngerer Mann, der am Steuerrad stand.
“Niemand wird sich mir in den Weg stellen!”, rief der Jungspund triumphierend. An Deck befanden sich noch zwei dutzend anderer Männer, von denen die Meisten damit beschäftigt waren, sich in Decken einzuwickeln und warm zu halten.
Der junge Captain, mit den giftgrünen, hochgestellten Haaren, drehte sich wütend um. Ihm schien die Kälte nichts auszumachen, denn er kleidete sich bloß mit einer gelben Hose und einem schwarzen, kurzärmeligem Hemd.
“Was seid ihr eigentlich für Männer?!”, brüllte der Grünhaarige erschüttert.
Die Crew der Nova-Piratenbande war ein unmoralischer Haufen von Gesindel, doch das machte dem Captain nichts aus. Solange sie stark waren und eifrig plünderten, war es kein Problem.
“Captain, da ist immernoch ein Boot im Meer!”, rief der alte Sekai von oben herunter.
“Ist mir immernoch egal...”, prollte der Grünhaarige zurück. Kurze Zeit später hörte man das Bersten von Holz und ein dumpfes Klatschen.
“Jetzt ist nichts mehr im Weg!”
Der Captain klopfte sich selbstverliebt auf die Schulter. Hier stand er, der neue Piratenkönig! Nach eigener Ansicht gab es daran überhaupt keine Zweifel, denn nach Gold Roger und Monkey D. Ruffy war nun Varu Nova an der Reihe!
“Mein Gott, du bist ja noch nerviger als ein Rudel junger Hunde”, bemerkte eine niederträchtige Stimme. Ein Mann mit rotem Umhang kletterte über das Geländer und betrat das Deck. Alle Blicke waren mit einem Mal auf ihn gerichtet.
“Wer zur Hölle bist du?!”, fragte der Captain wütend und ließ das Steuerrad los. Einer der Crewmitglieder übernahm, während Sekai stöhnend begann, aus dem Mast zu klettern.
“Rogue Cobain. Angenehm”, antwortete der Musiker, die Schnalle um seine Gitarre lösend, mit der er sie auf seinem Rücken festgeschnürt hatte. Beinahe hätte er sie in seinem Boot verloren, als es von der Fregatte überfahren worden war.
“Wo kann ich mich hinsetzen?”
Nova starrte ihn überrascht an.
“Willst du mich verarschen? Was machst du hier?!”, fauchte er gereizt.
“Ich will zur nächsten Insel, du hast mein Boot zerstört. Also quatsch nicht soviel mit mir, sondern steuer das nächste Festland an”, forderte Cobain ihn auf und ließ sich auf dem Boden nieder.
Der Grünhaarige machte einige Schritte auf ihn zu, bis er vor ihm stand und ballte seine Hände zu Fäusten.
“Was glaubst du eigentlich, wen du vor dir hast?”, fragte er, wütend über die Dreistigkeit des Fremden.
“Jemanden, der mich zum nächsten Hafen bringt?”, konterte Cobain gleichgültig und begann an den Saiten seiner Gitarre zu zupfen. Die letzte Sicherung brannte durch, als der Captain zum Schlag ausholte und zielte auf den provokanten Musiker.
“Pass auf deinen Standpunkt auf”, meinte der Sitzende und zog dem Jungspund die Füße mit seinen eigenen Beinen weg. Nova knallte mit dem Gesicht auf den Holzboden.
Gemurmel machte sich auf dem Schiff breit, denn jeder begann über das lausige Verhalten ihres Kapitäns zu tratschen. Sekai hatte das Deck inzwischen erreicht.
“Das wirst du bereuen...”, grummelte der junge Mann finster und Cobain bemerkte, wie sein Körper sich veränderte. Es folgte ein weiterer Hieb, auf den der Musiker nicht vorbereitet war und den er nicht abwehren konnte.
Die Faust des Piraten streckte ihn nieder und schickte ihn augenblicklich in die Bewusstlosigkeit...
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub, Gegenwart]
Der betrunkene Musiker stürzte von seinem Stuhl und musste sich übergeben. Kodomo verdrehte peinlich berührt die Augen, denn er wusste, dass Kingen im Hintergrund saß und alles genauestens beobachtete.
Walch stapfte wütend zu Cobain herüber und packte ihn an seinem Schal.
“Du elender Landstreicher! Mach' deinen Dreck wenigstens wieder weg!”, schrie der Wirt ihn an und drückte ihn zu Boden. Er warf ihm einen Lappen vor die Füße. Doch der Musiker hatte bereits zu viel getrunken, sodass er lediglich umkippte und auf der Seite liegen blieb.
“Ich bringe dich nach Hause”, beschloss der Bürgermeister und versuchte, Cobain wieder auf die Beine zu helfen.
“Die Marktmesse wird eine Katastrophe” murmelte der Betrunkene und ließ sich von Kodomo stützen.
“Wenn du so weitermachst, dann sehr wahrscheinlich”, antwortete dieser, unsicher ob sein Weg wirklich der Richtige war.
Rogue Cobain zu vertrauen, fiel ihm zur Zeit sehr schwer...
[West Blue, Felsenriff vor Utero, Gegenwart]
Ein kleines Boot segelte über den West Blue, einsam und alleine. Nur zwei Männer saßen darin.
“Es wird Zeit, dass wir dieser Insel den Rest geben”, murmelte ein junger Mann mit finstere Miene.
Gegenüber von Varu saß der alte Sekai, die Ruder als zusätzliche Verstärkung zur Fortbewegung in der Hand.
Der Captain der Nova-Piratenbande strich sich mit den Fingern über eine Narbe, die seit einem halben Jahr sein Gezicht zierte. Die Zeit für Rache war gekommen.
“Rogue Cobain, diesmal schlägst du mich nicht!”, rief er und streckte seine Faust aus, auf die Insel Utero gerichtet.
“Captain, bist du dir sicher, dass du nochmal gegen diesen Teufel antreten willst?”, fragte der alte Mann keuchend in die Euphorie hinein.
“Erinnere mich nicht an den letzten Kampf! Das war unfair!”, brüllte Nova wütend zurück.
“Aber Captain... er hat alleine unsere ganze Crew besiegt...”, widersprach Sekai ehrfürchtig.
“Das ist mir doch egal! Ich bin in diesem halben Jahr viel stärker geworden! Ich werde Rogue Cobain vernichten!”, prophezeite Nova siegessicher.
“Wenn du meinst...”, murmelte der Ruderer ungewiss.
Fortsetzung folgt...
1.06: Two Sides of a Man
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub]
Kingen verschränkte die Arme nachdenklich, als er beobachtete, wie Kodomo und Cobain das Lokal verließen. Inzwischen servierte Walch das Essen für den Assistenten und musterte ihn.
“Ist nicht leicht, über diesen Säufer hinwegzusehen”, bemerkte der Wirt angesäuert.
“Wir müssen ihn loswerden. Es hat keinen Sinn, eine Marktmesse mit diesem Organismus zu starten. Wir werden nie wieder einen einzigen Fisch verkaufen, wenn der auftaucht”, antwortete Kingen verzweifelt.
“Er wird Probleme bereiten, darauf können Sie vertrauen”, sagte Walch und setzte sich an den Tisch.
“Ich weiß, deswegen müssen wir ihn wegschaffen.”
Die Eingangstür knarrte, als ein Mann in weißem Umhang eintrat. Der mysteriöse Gast zog sofort alle Blicke auf sich, zumal man sein Gesicht unter der weiten Kapuze nicht erkennen konnte.
Kingen schwang sich augenblicklich von seinem Stuhl, stellte sich vor den neuen Gast und reichte ihm die Hand.
“Was für eine Ehre! Ich hätte nie~mals gedacht, dass die Weltregierung einen von Ihnen schicken würde! Sie kommen gerade richtig!”, sprudelte es unaufhörlich aus dem Assistenten heraus.
“Was man nicht alles für die Gerechtigkeit tut”, antwortete sein Gegenüber und nahm die Kapuze ab. Zum Vorschein kam ein struppiger Weißschopf, der ein Stirnband mit dem Zeichen der Weltregierung trug. Sein linkes Auge wurde von einer Narbe durchzogen.
“Ich bin der Weiße Fang. Mein Name ist Shunki Hayate!”
“Es ist unglaublich, einer der zwölf Junishis in unserem Dorf! Sind Sie wegen Cobain gekommen?”, fragte Kingen beeindruckt. Der weiß gekleidete Mann schaute den Assistenten überrascht an.
“Ich bin für die Sicherheit der Marktmesse hierher entsandt worden. Aber verraten Sie mir doch bitte... von welchem Cobain reden Sie?”, fragte er neugierig.
“Oh Herr im Himmel, gibt es etwa mehrere von der Sorte? Ich rede natürlich von Rogue Cobain, dem Nichtsnutz!”, begann Kingen zu fluchen. Er hielt noch einige Minuten lang eine Rede über die Nutzlosigkeit des Musikers, doch der Weiße Fang hörte ihm nicht mehr zu.
“Was für ein Zufall... Rogue Cobain! Die Welt ist klein”, dachte Shunki und lächelte vergnügt.
“Ähm... was war nochmal Ihr Problem mit ihm?”
Kingen rutschte die Brille von der Nase, als er abrupt in seinem Anfall der Verachtung stoppte.
“Haben Sie mir nicht zugehört?”, fragte er verdutzt.
Der Weißschopf grinste über beide Ohren und klopfte dem Assistenten auf die Schulter.
“Die Gerechtigkeit wird siegen, machen Sie sich keine Sorgen!”, appellierte Shunki, zog seine Kapuze wieder über und verließ den Pub kurzerhand.
“Und das soll einer der berühmten Junishis sein?”, fragte sich der Wirt irritiert, der das Gespräch verfolgt hatte.
“Die Welt ist ein seltsamer Ort”, pflichtete Kingen ihm bei, nicht wissend, was er nun von Shunki Hayate halten sollte.
[Utero, einsame Waldhütte]
Kodomo half Cobain durch die Türe seiner Hütte. Der Musiker schmiss sich erschöpft auf das knarrende Bett und rüttelte an der einzigen Schublade seines Nachttisches.
“Ist nicht dein ernst, oder?”, fragte der Bürgermeister wütend, als sein Gegenüber eine Rumflasche herauszog.
“Meins”, protestierte der betrunkene Mann und hielt die Flasche beschützend an seinen Körper.
“Du warst einmal ein Held! Wieso hast du dich so gehen lassen?”, fragte der ältere Mann enttäuscht.
“Das geht dich 'n Scheißdreck an”, gab Cobain zurück und ließ sich in sein Bett fallen. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er eingeschlafen war und Kodomo stand ratlos in der Waldhütte, wenige Tage vor der wichtigsten Marktmesse in der Geschichte von Utero.
“Reiß dich zusammen”, murmelte er verzweifelt, ahnungslos, wie er seinen Schützling vor sich selbst beschützen konnte.
Plötzlich klopfte es an der Tür und einen Moment später stürzte die kleine Bean in die Waldhütte.
“Großvater!”, rief das Mädchen erfreut, als sie erkannte, wer außer dem Musiker noch in der Hütte war.
“Was machst du denn hier, Süße?”, fragte der Bürgermeister überrascht und nahm seine Enkelin in den Arm. Sie krabbelte schnell auf seine Schulter und knuddelte die schwarzgrauen Locken ihres Großvaters.
“Bean... du nervst”, grummelte Cobain aus dem Halbschlaf heraus.
Kodomo grinste und nahm dem schlafenden Mann die Rumflasche aus der Hand.
“Opa? Der Mann spielt wunderbar Gitarre. Er ist mein bester Freund!”, sagte das kleine Mädchen voller Freude.
“Sieht so aus, als wäre ich nicht der Einzige in der Familie, der sich um dein Schicksal kümmert”, murmelte der Bürgermeister, wobei ihm eine Träne kam. Beans Großvater kitzelte ihre Nase und die Kleine lachte.
“Aber sag mal, Schätzchen, wie kommst du eigentlich hierher? Sollen wir dich mal zu deinem Papa zurückbringen?”
“Aber ich möchte ein Lied hören...”, gab das Mädchen weniger erfreut zurück.
“Onkel Rogue muss sich jetzt aber erst einmal ausschlafen. Wir kommen später wieder”, versprach Kodomo seiner Enkelin und verließ die Waldhütte mit einem letzten, hoffnungsvollen Blick auf die traurige Gestalt im Bett.
Kaum war die Türe geschlossen, öffnete der Musiker seine Augen und starrte an die Decke. Heftiger Wind ließ die Waldhütte erzittern, als Cobain mit den Händen sein Gesicht verdeckte.
“Ihr seid doch alle nervig...”, flüsterte er leise.
Forsetzung folgt...
1.07: Westwind
[Utero, einsame Waldhütte]
Kodomo und Bean verließen die abgelegene Hütte und machten sich auf den Weg in Richtung Stadt. Auf den Ästen eines Baumes über den Beiden saß Shunki und beobachtete den Bürgermeister.
Als der ältere Mann und seine Enkelin verschwunden waren, sprang er herunter. Einige Meter von der Hütte entfernt stand er, als der Wind die Bäume zum rascheln brachte.
“Hier bist du also”, murmelte Shunki und rieb sich das Kinn.
Sekundenlang starrte er die morsche Holzhütte an. Sie sah nicht so aus, als würde sie noch einen Sturm überstehen. Nichteinmal einen Regenschauer.
“Rogue, was treibt jemanden wie dich dich an diesen Ort? Suchst du die Schätze der Piraten? Oder suchst du Nirvana?”, spekulierte der Weiße Fang neugierig.
Plötzlich öffnete sich Cobains verhasste Holztür und der Musiker kam mit seiner Gitarre heraus, doch Shunki Hayate war verschwunden. Der Musiker prüfte kurz den Wind und dachte einen Moment nach.
“Hmm Westwind... also beißen dort die Fische heute am Besten”, murmelte er und machte sich auf den Weg.
[Utero, Weststrand]
Die kleine Karavelle der leFleur-Piratenbande ankerte versteckt auf der Westseite der Insel Utero. Mit einem kleinen Rettungsboot näherten sich Venus, Gammon und die einäugigen Zwillinge dem Strand.
“Guter Plan, die Stadt von hinten anzugreifen”, polterte der zahnlose Pirat zufrieden.
“Wir greifen die Stadt immernoch nicht an! Wir wollen nur den Schatz aus den Bergen!”, stellte Venus sofort klar. Sie sprang auf, legte die Hände an ihre Hüfte und schaute finster auf ihre Kameraden herab.
“Habt ihr das verstanden?!”
“Aye Captain...”, murmelten die Zwillinge eingeschüchtert und deprimiert. Gammon grummelte leise etwas vor sich her, bevor auch er zustimmte.
Weitere Gespräche fanden während der Überfahrt nicht statt. Die weibliche Piratin beobachtete ihre Gefolgsleute herrisch, als diese ruderten und überlegte sich, wie sie deren Respekt gewinnen würde, wenn sie endlich das Versteck der diebischen Katze gefunden hätten. Der Legende zufolge sollte es der größte Schatz sein, den eine Frau jemals angehäuft hatte. Mit diesem Erfolg würde sie endlich von den Männern akzeptiert werden!
“Nie wieder schwach sein...”, murmelte sie traurig vor sich her.
“Was sagst du da, Captain?”, grunzte Gammon unfreundlich.
“Das geht euch überhaupt nichts an!”, keifte die Piratin zurück, entsetzt darüber, dass sie ihre Fassung verloren hatte.
Der Weststrand war nur ein paar Minuten von Cobains Hütte entfernt. Es war ein halbmondförmiger Sandstrand, welcher von dem dichten Wald des Hinterlands umgeben wurde. Einige graue Felsen ragten vereinzelnd aus dem feinen Sand. Auf dem weichen Boden hatte Cobaine seine Schuhe ausgezogen, seine Gitarre an einen Felsen gelehnt und sich einen Stock gesucht.
Nun saß er auf jenem Steinbrocken und versuchte eine mitgebrachte Schnur um seine Möchtegernangel zu binden.
“Captain, da sitzt ein Mann!”, schrieen die Zwillinge gleichzeitig, als das Boot der Piraten den Strand erreichte. Der Musiker schaute auf und musterte kurz die Leute, die am anderen Ende des Strandes an Land gingen. Die Frau erwiderte seinen Blick scharf.
Cobain zuckte schließlich mit der Schulter und interessierte sich wieder mehr für seine Angelschnur. Die drei bulligen Kerle stapften schäbig lachend durch den Sand auf ihn zu, die Piratin hinter sich.
“Wer bist du, kleiner Fischer?!”, fragte Gammon, der tief hinabschauen musste.
“Ein bisschen mehr Sonnenlicht”, antwortete der Musiker mit gleichgültiger Stimme.
“Oh versperren wir dir etwa die Sonne? Gahaha”, lachte der Zahnlose und hielt sich den Bauch fest.
“Ja, genau das wollte ich damit sagen.”
Die drei Piraten unterbrachen ihr Gelächter und schnitten verärgete Grimassen.
“Wir haben hier ja einen von der ganz harten Sorte!”, schimpfte Gammon und knackte mit den Fingerknöcheln.
“Ist mir doch egal, was du von mir denkst. Aber wenn ich nichts sehe, kann ich die Angel nicht fertig machen”, antwortete Cobain und schaute über den Rand seiner Brille.
“Auch noch frech werden, was?!”, rief der Pirat wütend. Er wandte sich kopfschüttelnd ab und gab den Zwillingen ein Zeichen.
“Ham und Bacon, macht den fertig!”
Die Einäugigen glucksten erfreut, als sie endlich die Chance bekamen, ihre Kräfte wieder auszuleben. Schließlich schien ihr Captain kein Einwand zu haben.
Beide grinsten sich ein letztes Mal an, bevor sie ihre Fäuste erhoben. Plötzlich stand Cobain auf, lief an den beiden Piraten vorbei und watete ins Meer hinein, um seine Angel auszuwerfen.
“Hey, seht ihr? Ich hab's doch geschafft!”, rief er provozierend, seinen Arm triumphierend in die Höhe streckend.
“Was macht er da?”, fragte sich Venus überrascht.
“Wollt ihr euch vielleicht endlich mal in Bewegung setzen?!”, brüllte Gammon wütend an die Zwillinge gerichtet, dass der Mann immernoch auf seinen Beinen stand. Die Einäugigen schauten sich verdutzt an und preschten anschließend auf Cobain zu.
“Wartet!”, rief der Musiker und hob abwehrend die Hand. In Erwartung einer Verteidigung hielten die Zwillinge in ihrer Bewegung inne. Sie standen inzwischen bei Cobain im Meer.
“Ich habe den Köder vergessen”, murmelte der Musiker und lief zurück zu dem Felsen.
“Hat der sie noch alle? Lasst euch nicht verarschen, ihr Holzköpfe!”, schrie Gammon außer sich.
Venus beobachtete den Mann mit seiner Gitarre verdutzt und bemerkte, dass dieser lächelte. Mit einem Mal rauschte eine riesige Welle aus dem Meer heran und begrub die Zwillinge unter sich. Das Wasser spülte um Venus' und Gammons Beine. Letzterer starrte entsetzt auf die beiden geschlagenen Piraten, die Wasser hustend im Sand lagen.
“Woher wusste er...?”, fragte die weibliche Piratin beeindruckt.
“Augen auf! So eine Welle ist eigentlich nicht zu übersehen. Aber bei nur halber Sehkraft kann ich das verstehen”, antwortete Cobain, der ihnen den Rücken zuwandte.
“Der verarscht uns auf ganzer Linie!”, erkannte der Zahnlose, das Gesicht in einer zornigen Grimasse verzerrt.
“Warte, Gammon”, befahl sein Captain und hielt die Hand vor ihn.
“Da war vorher keine Welle... Wie hat er das gemacht?”, dachte die Piratin irritiert. Sie knirschte mit den Zähnen und beobachtete den harmlos wirkenden Mann, der wieder munter ins Wasser zurückging.
“Westwind kommt hier auf Utero sehr schnell und unerwartet auf. Macht große, schnelle Wellen”, antwortete Cobain, als habe er ihre Gedanken gelesen.
“Du elender Angeber, gleich bist du tot!”, rief Gammon, riss sich von Venus los und stürzte auf den Musiker zu.
Fortsetzung folgt...
1.08: Loud-Mouth
[Utero, Weststrand]
Gammon stürmte in einem Tempo auf den Musiker zu, welches er ihm niemals zugetraut hätte. Cobain duckte sich schnell, sodass der erste Schlag über ihn hinwegrauschte.
Eigentlich hatte er nicht viel Lust, mit dem prolligen Piraten zu kämpfen, denn eine Chance auf den Sieg hatte sein Gegenüber trotz der überraschenden Schnelligkeit nicht. Doch Rogue war unaufmerksamer, als er dachte, denn plötzlich packte der Zahnlose seine Schultern mit festem Griff und hob ihn zu sich hoch.
“Junge, du hast Mundgeruch!”, fluchte Cobain, als der Pirat ihn belächelte. Eine Sekunde später schmetterte Gammon ihm seine Glatze ins Gesicht und wiederholte dies zwei weitere Male, bevor er ihn losließ. Der wehrlose Mann taumelte benommen zurück, als sein Gegner mit seine mächtigen Pranke ausholte und Cobains Brustkorb mit voller Wucht traf, sodass ihm die Luft entwich. Er flog einige Meter nach hinten und prallte unsanft gegen einen der herausragenden Steine. Doch der Musiker bekam keine Pause, denn Gammon rauschte bereits auf ihn zu und rammte ihn mit seiner Schulter in den Fels hinein.
Rogue sackte in sich zusammen und der Zahnlose klopfte sich zufrieden den Staub von seiner Schulter.
“Das ist die Stärke eines Piraten! Denk beim nächsten Mal früher darüber nach, mit wem du dich anlegst, du elender Schwätzer!”, spottete Gammon und schaute auf den im Sand liegenden Mann hinab.
Die Zwillinge hatten sich inzwischen wieder aufgerappelt und warteten verlegen bei ihrer Anführerin. Venus hatte das Spektakel ohne einen Kommentar beobachtet.
“Captain, können wir jetzt die Stadt ausrauben? Das bringt uns viel mehr Gold ein, als in den Bergen irgendwelche Schätze zu suchen!”, forderte der erste Maat genervt. Nach seinem Kampf hatte er Blut geleckt und wollte mehr.
“Vergiss es. Ich habe das Kommando”, antwortete die Piratin und stapfte durch den Sand zu Cobain.
Der Musiker blutete an seiner Stirn und schien bewusstlos zu sein.
“Nach deinem Auftritt eben dachte ich eigentlich, da käme mehr.”
Obwohl er so stark getan hatte, war hinter seiner Fassade nicht mehr als Worte gewesen. Venus machte eine abwertende Geste und ging fort.
Ihre bulligen Kameraden folgten ihr zögerlich in den Wald hinein.
Der geschlagene Mann wartete noch einen Augenblick, bis er vorsichtig die Augen öffnete, um sich zu vergewissern, dass seine Gegner den Strand verlassen hatten. Schließlich rappelte er sich auf, schüttelte seinen Kopf kurz und klopfte den Sand von seiner Kleidung.
“Was für ein nerviges Pack”, schimpfte er und wischte sich dabei sein Blut aus dem Gesicht.
Als wäre nie etwas geschehen, lief Cobain zu seiner Gitarre und der Angel, die er sich selbst gebaut hatte, herüber.
“Darauf muss ich mir erstmal einen trinken!”, beschloss er, packte seine Sachen zusammen und verließ den Strand in Richtung seiner Hütte.
[Utero, Fischerfluss, Ratshaus des Bürgermeisters]
Kodomo verschränkte die Arme auf seinem Rücken und schaute aus dem Fenster heraus. Fünf Tage waren es noch, bis die große Marktmesse beginnen sollte. Auf den Straßen begannen die Menschen ihre Stände aufzubauen, die Häuser zu schmücken und die Stadt zu säubern.
Viele Händler aus anderen Regionen erreichten derzeit die Insel, um in eigener Sache Werbung für ihre Waren zu machen und sich selbst einen Stand aufzubauen.
“Utero verwandelt sich in einen wirklich bunten Markt”, murmelte er zufrieden, doch in seinen Hintergedanken schwirrte immer wieder der Name Cobain. Kingen hatte ihm berichtet, dass einer der zwölf Junishis auf der Insel war und der Bürgermeister hoffte sehr, dass es zwischen den Beiden keinen Ärger geben würde. Cobain war seines Wissens nach noch nie sonderlich gut mit einer Autoritätsperson ausgekommen...
[Utero, Waldhütte]
“Was für ein Loch!”, fluchte Gammon wütend, als er die kleine Waldhütte nach wenigen Minuten durchsucht hatte. Das Holzbrett von Tür lag aus den Angeln gerissen im Wald, die Zwillinge waren verschwunden und Venus hatte sich auf das Dach gesetzt.
“Hier gibt es ja gar nichts! Welcher Waldläufer wohnt denn in so einer Bruchbude?”, fragte der Zahnlose enttäuscht darüber, dass er keine Schätze gefunden hatte.
“Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier überhaupt jemand wohnt”, gab die Piratin skeptisch zurück. Eigentlich interessierte es sie auch gar nicht, denn ihre Gedanken schweiften immer wieder zwischen dem Schatz in den Bergen und dem merkwürdigen Kerl vom Strand hin und her.
“Irgendwie war er ja schon beeindruckend”, dachte sie verlegen und grinste.
“Captain! Captain!”, riefen plötzlich die Zwillinge, die zwischen den Bäumen hervorgestürmt kamen und wild mit den Armen wedelten.
“Dahinten ist eine Villa! Sie ist ganz am Rand der Stadt und sie sieht sehr schön aus! Sehr wertvoll!”, berichteten sie aufgeregt.
Gammon kam lachend aus der Hütte heraus und knackte mit den Fingerknöcheln.
“Nach dem Kampf eben bin ich richtig heiß gelaufen! Komm schon Captain, eine einzige Villa! Lass uns auch ein wenig Spaß!”, forderte er hitzig.
Venus dachte einen Moment darüber nach, bevor sie schließlich seufzend nachgab.
“Geht ruhig, ich warte hier. Aber danach suchen wir den Schatz und verschwinden wieder ohne weiteren Ärger!”, antwortete die Piratin, als ihre Kameraden in Freudenschreie ausbrachen.
“Aye Captain!”, stimmte Gammon zufrieden zu und die drei Männer machten sich auf den Weg zur Villa des Bürgermeisters...
[Utero, Rand von Fischerfluss, Villa des Bürgermeisters]
Kodomo und Kingen betraten den Hof der Villa und wurden dort von Kurt und seiner Frau empfangen.
“Hallo, Vater”, begrüßte er ihn rau. Zwischen dem Bürgermeister und seinem Sohn herrschte seit einiger Zeit ein starker Konflikt, welcher von Cobain ausgelöst wurde. Kurt, der die Nachfolge von Kodomo in einigen Jahren anstrebte, war der gleichen Ansicht wie dessen Assistent: Der Trunkenbold musste umgehend aus der Stadt entfernt werden.
Die zähe Begrüßung wurde jäh unterbrochen, als Bean aus dem Haus gerannt kam, verfolgt von einer überforderten Haushälterin.
“Opi! Opi!”, rief sie vergnügt und sprang ihrem Großvater in die Arme.
“Bean zuliebe würde ich sagen, wir kümmern uns erst einmal um das Essen”, antwortete Kodomo an seinen Sohn gerichtet. Dieser nickte zustimmend, woraufhin sie alle in die Villa gingen, um sich ein schönes Essen zu machen.
Fortsetzung folgt...
1.09: Who are you?
[Utero, Waldhütte]
Venus hatte sich inzwischen auf das Dach der morschen Waldhütte gelegt und döste vor sich her. Er war schwierig, das Kommando über einen blutrünstigen Haufen wie Gammon und die Zwillinge zu behalten, ohne dabei den Kürzeren zu ziehen. Sie war zwar gegen sinnlose Zerstörung und Plünderung, aber anscheinend hatte sie keine andere Wahl. Vielleicht war sie einfach zu rechtschaffend, um als Piratin ein gutes Bild abzuliefern...
“Red' dir nicht so einen Unsinn ein!”, schimpfte sie und gab sich selbst eine Backpfeife. Sie musste stark sein! Dass sie eine Frau war, galt nicht als Ausrede für Schwäche!
“Ist das normal, dass du dich schlägst?”, fragte eine genervte Stimme und Venus fiel vor Schreck beinahe vom Dach. Als sie herunter schaute, stand dort der merkwürdige Fischer, den sie am Strand getroffen hatten. Seine Stirn hatte eine blutige Wunde aus dem Kampf davongetragen, doch scheinbar machte ihm das nichts aus.
“Was guckst du denn so blöd?”, entgegnete der Mann, bevor die Piratin irgendwas sagen konnte. Ohne sich weiter um die junge Frau zu kümmern, verschwand er in der Hütte.
Venus war sprachlos. Wie konnte der Typ immernoch so kühn sein, obwohl er am Strand von Gammon besiegt worden war? Oder war er überhaupt nicht besiegt worden?
In ihr kam ein unbehagliches Gefühl auf. Dieser Kerl war äußerst merkwürdig und vielleicht sollte sie am besten einfach gehen...
Stattdessen sprang sie neugierig von dem Dach herunter, um anschließend den Kopf durch die Eingangstür zu strecken.
“Was willst du?”, fragte Cobain abweisend, als er seine Gitarre in eine Ecke stellte und seine Komode nach einer Rumflasche absuchte. Doch die hatte man ihm ebenso genommen, wie seine Haustür.
“Kann mir mal jemand sagen, wieso ihr gerade mich so nerven müsst?”
Wütend stapfte er an der Frau vorbei und packte sein Holzbrett von Tür, um es an seinen Platz zurückzubringen.
“Kann ich dir ... helfen?”, fragte die Piratin schüchtern. Im nächsten Moment schreckte sie schockiert zurück und gab sich wieder eine Backpfeife. Wie konnte sie denn nur soetwas zu einem wildfremden Mann sagen? Sie war Piratin! Böse!
Cobain schien sich eine ähnliche Frage zu stellen, denn er schaute sie total entgeistert an. Schließlich fing er an zu lachen und ignorierte die braunhaarige Frau einfach. Peinlich berührt zog sie sich ein wenig zurück und beobachtete den Musiker von Außen.
“Sag mal...”, begann Cobain und Venus' Miene erhellte sich ein wenig, als der Musiker Interesse an ihr zeigte.
“... willst du da Wurzeln schlagen? Hau' endlich ab und kontrollier' deine Brüllaffen”, sagte Cobain trocken.
Die Piratin ließ enttäuscht den Kopf hängen. Wie konnte sie denn auch Interesse von dem Mann erwarten, den sie am Strand noch fertig gemacht hatten. Und wieso wollte sie überhaupt sein Interesse?
“Aaaaah!”, schrie sie wütend und gab sich daraufhin gleich drei Backpfeifen.
Cobain schaute sie skeptisch an.
“Schonmal überlegt, damit zum Arzt zu gehen?”, fragte er, denn langsam wurde die Frau ihm unheimlich.
Von den Worten sichtlich verletzt, setzte Venus sich schmollend in die kleinste Ecke seiner Hütte. Irritiert blieb Cobain in der Tür stehen und hielt sie mit einer Hand offen.
“Möchtest du vielleicht endlich verschwinden?”, fragte er genervt, eine Geste zur Türe machend.
“Ist ja schon gut...”, antwortete Venus beleidigt und stapfte an dem Musiker vorbei. Dieser wollte die Tür bereits hinter ihr schließen, als die Piratin sich scheinbar umentschieden hatte.
“Wieso stehst du eigentlich schon wieder? Gammon hat dich doch ziemlich zugerichtet”, bemerkte sie, während sie in der Tür stand und versuchte diese aufzuhalten.
“Das geht dich nichts an!”, antwortete Cobain trocken und wollte seinerseits die Tür zuzuziehen.
“Aber ich möchte es wissen!”, protestierte Venus trotzig.
“Das ist mir doch egal!”, kreifte der Musiker zurück.
“Warum sagst du es mir nicht einfach?”, quängelte die Frau wie ein kleines Mädchen.
“Warum sollte ich das tun?! Was willst du von mir?” , fauchte der Mann.
“Mit dir reden!”
“Hast du sonst nichts zu tun?”
“Was bist du denn so verbohrt?”
“Geht's noch?! Ich will nicht mit dir reden!”
Schließlich gewann der Musiker mit einem Ruck den Zweikampf und die Tür krachte in ihren Rahmen. Schnaufend warf er sich auf das Bett, als seine Hütte ächzte und die Tür quietschend aus ihren Angeln fiel - schon stand Venus wieder vor ihm.
“Und ich dachte immer, Bean wäre der nervigste Mensch auf der Welt”, bemerkte Cobain und schlug sich die Hand verzweifelt auf sein Gesicht.
Die Frau betrat die Waldhütte und schaute sich kurz um. Gammon hatte nicht gelogen, als er behauptet hatte, es sei ein Loch.
“Das Leben hier muss hart sein”, sagte sie einfühlsam und lehnte sich an die Komode. Diese hielt keine Sekunde länger stand und klappte in sich zusammen, woraufhin sich Venus reuevoll die Hand an den Kopf hielt.
“Super gemacht. Mit so einem Gewicht setzt man sich nicht auf Komoden!”, schimpfte Cobain, doch er hatte bereits aufgegeben, sich über die Piratin aufzuregen.
“Er hat gesagt, ich bin fett...”, dachte Venus betroffen und ließ den Kopf hängen. Erneut zog sie sich schmollend in eine Ecke der Hütte zurück.
“Wieso hab' ich dich jetzt eigentlich am Hals? Wo sind deine Prolle geblieben?”, fragte der liegende Mann, obwohl ihm das eigentlich gleichgültig war.
“Wieso sollte ich dir das verraten?”, konterte die Braunhaarige trotzig. Wenn der Musiker ihr nicht antwortete, brauchte sie das auch nicht tun.
“Dann halt nicht”, murmelte Cobain und stand von seinem Bett auf.
“Warte! Nicht gehen!”, rief Venus, die Hand nach dem Musiker ausstreckend. Rogue zog irritiert eine Augenbraue hoch.
“Sie sind in eine Villa, hier in der Nähe gegangen, um sie auszuplündern...”, gestand die Frau reumütig.
Plötzlich veränderte sich Cobains Blick, er wurde schärfer und wacher.
“In die Villa des Bürgermeisters?”, fragte er und versuchte immernoch gleichgültig zu klingen. Die Piratin nickte, ohne ihn anzuschauen.
“Bean...”, dachte der Musiker mit einer dunklen Vorahnung.
Fortsetzung folgt...
1.10: Misgiving
[Utero, Waldhütte]
Cobain sprang energisch von seinem Bett auf und packte Venus an ihrem Handgelenk. Die Piratin verzog das Gesicht schmerzhaft aufgrund der groben Behandlung und versuchte sich loszureißen, doch sie hatte keine Chance.
“Wir gehen jetzt sofort zu der Villa und du rufst deine Leute zurück!”, befahl er ihr wütend.
“Lass mich sofort los!”, rief Venus verzweifelt und riss an der Kleidung des Musikers. Sie ergriff seinen Schal und zog so feste daran, wie sie konnte, woraufhin ihm die Luft abgedrückt wurde. Röchelnd wirbelte er herum und stieß die Frau unsanft zu Boden. Sie rappelte sich schnell wieder auf und griff an ihre Gesäßtasche. Mit einem Mal löste sich der Nietengürtel um ihre Hüfte, schnellte hervor und umwickelte Cobains Körper.
Die spitzen Nieten rammten sich in das Fleisch des Musikers, während der Mann versuchte sich aus der Falle zu befreien. Venus stand keuchend vor ihm und Rogue erkannte, dass es sich bei dem Gürtel in Wirklichkeit um eine Dornenpeitsche handelte.
“Du brauchst gar nicht denken, dass sich Black Rose Venus von einem Stümper wie dir besiegen lässt!”, rief sie erzürnt und Cobain hatte das Gefühl, dass sich die Peitsche noch enger um seinen Körper schlang, um ihm ihre Dornen möglichst tief in seinen Körper zu pressen.
Der Musiker entspannte sich und atmete tief durch.
“Ist ja schon gut, ich gebe auf!”, rief er gequält. Die Piratin starrte ihn skeptisch an, lockerte den Griff der Peitsche, aber befreite ihren Gegner nicht.
“Wieso gibst du auf? Ich weiß, dass du viel mehr kannst, als du vorgibst!”, konterte sie vorsichtig.
“Ich will mich nicht mit kleinen Mädchen prügeln”, antwortete Cobain gehässig.
Venus ließ die Worte mit offenem Mund auf sich wirken, bis sie schließlich enttäuscht den Kopf senkte und den Musiker seine Freiheit zurückgab.
“Ich bin kein kleines Mädchen...”, murmelte sie deprimiert, hockte sich dabei schmollend auf den Boden.
“Kann es sein, dass du ein gewaltiges Selbstwertproblem hast?”, fragte der Musiker genervt, während er seinen Körper abklopfte, um die Auswirkungen der Verletzungen zu prüfen. Anscheinend war alles in Ordnung.
“Können wir jetzt endlich deine Gorillas einsammeln gehen? Ich habe keine Lust, dass es laut auf dieser Insel wird. Davon krieg' ich Kopfweh.”
Die Piratin zog eine trotzige Grimasse.
“Wieso sollte ich dir helfen? Worum geht es dir?”, fragte sie.
Ein Schatten schlich über Cobains Gesicht. Er schwieg einige Sekunden, bevor sich ein Grinsen breitmachte.
“Hilf' nicht mir, sondern dir selbst! Auf dieser Insel gibt es einen riesigen Schatz und ich kenne den Weg”, antwortete er und machte sich auf den Weg. Venus schaute ihm überrascht hinterher, bevor sie erfreut in die Luft hüpfte und Cobain um den Hals sprang.
“Du weißt wo der Schatz ist? Mein zukünftiger Schatz? Bitte zeig' mir den Weg!”, rief die Piratin überglücklich. Schnell ließ Venus ihn wieder los, als sie merkte, dass der Mann sich nicht mehr bewegte, fast so, als wäre er versteinert.
“Mach' das nie wieder und halt endlich den Mund...”, grummelte der Musiker verärgert.
[Utero, Stadtrand von Fischerfluss, Villa des Bürgermeisters]
Die Villa des Bürgermeisters war kleiner als das Ratshaus, doch dafür umso familiärer eingerichtet. Es gab einen weiten, offenen Garten, dessen einzige Grenze ein rosa Blumenmeer darstellte. Der Grundriss des Hauses bestand aus einem Rechteck, wodrauf drei Stockwerke aus feinstem Holz und Stein gebaut worden waren. Ein kleiner Hof vor der Türe war durch ein Eisenzaun umringt.
Die Tore zum Hof waren geschlossen, da das Familienessen stattfand und man ungerne gestört wurde. Der Bürgermeister, sein Assistent und seine Familie saßen beisammen, um das Mahl zu sich zu nehmen. Der Butler und die Hausmädchen kümmerten sich darum, dass alle Wünsche erfüllt wurden. Bisher herrschte Stille im Esszimmer, denn keiner wollte der Erste sein, der den familiären Konflikt zum Gesprächsthema machte. Schließlich schien sich Kingen doch noch einen Ruck geben zu wollen.
“Bürgermeister...”, begann er, woraufhin eine andere Stimme ihn unterbrach.
“Vater, wir wissen alle, dass Rogue Cobain ein großes Risiko für die Gesellschaft darstellt! Er hat uns einmal geholfen und sechs Monate danach nur für Ärger gesorgt! Du musst doch auch langsam erkennen, dass dieser Mann sich niemals ändern wird!”, erhob Kurt das Wort. Beans Vater saß am Tischkopf und blickte geradeaus auf das andere Tischende, wo sein eigener Vater saß. Dieser legte seelenruhig das Besteck beiseite, während Kingen vor sich hermurmelte, er hätte das gleiche sagen wollen.
“Wer ist Rogue Cobain?”, fragte der Bürgermeister einfach. Die Runde schaute ihn verdutzt an, als er seine Hände faltete und nachdachte.
“Ihr kennt seinen wahren Charakter nicht und verurteilt ihn trotzdem.”
“Und du kennst ihn?”, entgegnete sein Sohn angewiedert.
“Nein...”, murmelte der Bürgermeister leise.
“Was versprichst du dir dann von ihm?”
“Er hat uns zwar nur ein einziges Mal geholfen, aber er hat es getan. Das heißt doch, er ist nicht herzlos. Das habe nicht nur ich in dieser Familie erkannt!”
Kingen rückte seine Brille zurecht und faltete seine Serviette nach dem Benutzen, als eine kleine Pause zwischen den erhitzen Gemütern aufkam.
“Sir, es ist doch völlig unwichtig, ob dieser Organismus einen guten Kern hat. Sein aktuelles Verhalten ist eine Bedrohung für die Marktmesse! Wir können nicht davon ausgehen, dass es sich in den nächsten Tagen derartig verbessert, um ihn als ungefährlich einzustufen!”
Kodomo sackte in sich zusammen und stützte seinen Kopf auf die Hände. Er schüttelte sich betroffen, schien nach Worten zu suchen, fand aber scheinbar keine.
“Was würdet ihr denn an seiner Stelle tun?”, fragte er traurig.
Kurt stutzte, während Kingen sich vom Tisch erhob und seinen Stuhl zurechtrückte.
“Sir, ich bitte um die Erlaubnis, den Junishi Hayate auf Rogue Cobain anzusetzen. Er wird ihn mit Sicherheit beseitigen... obwohl er auch einen seltsamen Eindruck macht”, forderte der Assistent herzlos, wobei er den letzten Teil nur flüsterte.
“Niemals”, antwortete der Bürgermeister entschlossen.
“Vater, du bist alt geworden. Deine Ideale verderben dich”, spottete dessen Sohn herablassend.
Kodomo schwieg, während Kingen sich von seinem Stuhl erhob, ihn zurecht rückte und sich räusperte.
“Sir, im Sinne der Insel und Bewohner Uteros werde ich mich hiermit ihren Worten widersetzen. Es wird Zeit, dass Cobain verschwindet.”
Fortsetzung folgt...
1.11: Unwelcome Visitors
[Utero, Villa des Bürgermeisters]
Kingen verließ mit energischen Schritten die Villa, gefolgt von Kurt.
“Sie tun das Richtige”, sagte Kodomos Sohn, als sie in der Eingangshalle standen. Der Assistent nickte zustimmend. Es bedurfte keiner weiteren Worte mehr. Es gab nur noch die Entscheidung, Cobain von Utero verschwinden zu lassen.
“Wer kann es besser, als einer der Junishis?”, stellte Kingen die rhetorische Frage. Kurt schloss die Augen und atmete tief durch, nachdem der Assistent durch die Tür schritt. Seine Frau kam mit ihrer Tochter an der Hand von hinten auf Kurt zu.
“Ich habe Angst, dass dieser Verrückte noch einmal ausrastet”, gestand sie ängstlich.
Der Familienvater packte das kleine Mädchen unter den Armen und hob sie auf seine Schulter.
“Cobain wird Bean nie wieder zu nahe kommen”, versicherte er ihr zuversichtlich.
Der Assistent stapfte eilig über den Hof der Villa und machte sich bereits Gedanken, wie ihm die Leute für Cobains Beseitigung danken würden. Es würde ihm bestimmt genug Sympathie einbringen, doch egal was passierte, das Wohl der Bürger war die wichtigste Priorität.
“Hey Brillenschlange!”, polterte plötzlich eine Stimme.
Als Kingen aufschaute, entdeckte er die drei bulligen Männer, die aus den Schatten der Bäumen hervorgekrochen kamen.
“Die Absperrung gilt für jegliche Besucher, solange es keine Erlaubnis gibt!”, rief der Assistent nervös, als die Kraftprotze den Eisenzaun erreichten. Zwei von ihnen hatten jeweils nur ein Auge, einer hatte kaum Zähne. Letzterer schien ihr Anführer zu sein, welcher doppelt so hoch wie der Zaun war. Er packte die dünnen Eisenstäbe, rüttelte kurz an ihnen, bevor er mit einem Ruck das Tor aus den Angeln riss und es hinter sich schleuderte.
“Ich sehe keine Absperrung”, kommentierte der Zahnlose schmierig grinsend.
“Sir, ich habe meine Zweifel, dass Sie die Befugnis zum Betreten dieses Grundstücks haben!”, verteidigte Kingen sich, während er schlotternd zurückwich.
“Ham und Bacon, ihr geht von hinten rein”, gab der Anführer bereits die ersten Kommandos von sich.
“Herr Eindringling, das ist meine letzte Warnung!”, schrie der Assistent panisch. Er stand inzwischen wieder vor der Tür der Villa, der fremde Mann stand nur wenige Schritte von ihm entfernt, während seine Kumpanen bereits um das Haus schlichen.
“Bleiben Sie bitte...!”, begann Kingen als der Zahnlose nach vorne schnellte.
“BUH!”, rief er, als sein Gesicht bis auf wenige Zentimeter vor dem des Brillenträgers war. Ob es der Schock oder der scheußliche Atem war, der Assistent fiel nach einem schrillen Aufschrei augenblicklich in Ohnmacht.
“Wie langweilig”, schimpfte Gammon enttäuscht. Behutsam klopfte er gegen die Haustür und wartete. Und wartete. Und wartete...
“Das raubt mir eindeutig die Geduld!”, polterte er, holte zum Schlag aus und durchbrach die Tür, wobei er den dahinter ankommenden Butler zu Boden riss. Er betrachtete einen Moment lang die Empfangshalle, von der aus zwei Treppen in höhere Stockwerke und ein Korridor tiefer ins Innere des Erdgeschosses führte
“Was ist das denn für eine langweilige Bude?”, fragte der Pirat, woraufhin er sich langsam auf den Speisesaal zubewegte.
“Was war das für ein Krachen?”, fragte Kurt überrascht, Bean auf seinem Schoß sitzend. Die Hausmädchen räumten den Tisch ab, Kodomo stand mit verschränkten Armen vor den Fenstern des Speisesaals.
“Vielleicht solltest du mal nachschauen”, schlug seine Ehefrau vor und nahm Bean zu sich.
“Es ist bestimmt Cobain. War ja klar, dass er uns bei einem Familienessen stört. Wahrscheinlich sucht er Alkohol oder Zuneigung von meinem Vater”, spottete Kurt laut, sodass auch Kodomo ihn hören musste.
Der Bürgermeister wandte sich seinem Sohn zu, als plötzlich Scherben zerbrachen und zwei Kolosse durch die untypischen Eingänge in den Speisesaal sprangen. Die Frauen im Raum schrieen panisch auf, Kurt stellte sich schützend vor Bean und Kodomo wurde von einem der Männer zu Boden geworfen.
“Zittert vor uns!”, rief einer der Einäugigen, während sein Partner die Stühle vom Esstisch packte und durch den Saal schmiss. Holz berstete, als sie an den Wänden zersprangen.
“Wer zur Hölle seid ihr?!”, schrie Kurt verzweifelt. Bean brach in Tränen aus und der Bürgermeister hielt stöhnend seinen Arm.
Die Zugangstür zum Speisesaal flog aus ihren Angeln und traf einen der Zwillinge, der auf sein Gesäß plumpste. Der Andere von Beiden kicherte belustigt vor sich her.
“Hier ist Gammon!”, rief der Eindringling blutrünstig.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Innenhof]
Cobain und leFleur standen um das herausgerissene Eisentor, welches einige Meter hinter seinem ursprünglichen Platz lag und der Musiker schnaubte angewidert.
“Das Kaputtmachen von Gegenständen scheint in eurer Bande zu liegen”, bemerkte der Trunkenbold in Erinnerung an sein einziges Möbelstück.
“Ich lass' dir was von meinem Schatz da, dann kannst du dir vielleicht eine neue kaufen”, meinte die Piratin verwegen.
Cobain kramte in seiner Manteltasche und holte einen Flachmann, nahm einen Schluck heraus und seufzte im Angesicht der drohenden Arbeit.
“Auch einen Schluck?”, fragte er seine Begleiterin nebenbei.
“Ich trinke nicht während der Arbeit”, konterte sie lächelnd.
“Selber Schuld”, gab Cobain zurück und setzte noch einmal an.
“Willst du jetzt vielleicht aufhören zu saufen?”
Der Musiker schaute sie skeptisch an, änderte jedoch nichts an seiner Haltung.
Schreie ertönten aus dem Inneren der Villa, was ihn schließlich doch dazu bewegte, den Flachmann wegzustecken.
“Können wir dann endlich? Ich hasse Frauenschreie”, sagte Venus verbittert.
“Denk' dran, wenn deine Affen nicht freiwillig Ruhe geben, werd' ich euch wehtun müssen”, bemerkte Cobain, als die Beiden durch den Eingang im Eisenzaun hindurch schritten, die Villa vor ihnen fest im Blick.
Fortsetzung folgt...
1.12: You're not better!
[Utero, Weststrand, auf dem Meer]
Egg schleppte sich gelangweilt über das Deck der leFleur-Karavelle. Irgendwer musste ja auf das Schiff aufpassen, was meistens auf ihn zurückfiel. Aufgrund seiner schmächtigen Figur war er einfach nicht der furchteinflößende, starke, plündernde Pirat.
Das Einzige, was ihn immernoch auf dem Schiff hielt, war sein Captain. Wenn Venus ihm nicht immer zureden würde, hätte er schon längst aufgegeben, sich gegen seine Kameraden durchsetzen zu wollen.
“Ich werde allen beweisen, dass ich auch stark sein kann!”, machte er sich selber laut Mut.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Innenhof]
Kingen schreckte aus seiner Ohnmacht auf und versuchte schnellstens seine Gedanken über die Eindringlinge zu sortieren.
“Konntest du nicht zwei Sekunden mit dem Aufstehen warten?”, fragte Cobain gehässig, der zusammen mit Venus die Tür erreichte.
Ein schriller Schrei entwich dem Assistenten, als er erkannte wer vor ihm stand. Der Himmel über ihnen zog sich langsam mit dunklen Wolken zusammen, die ein Unwetter prophezeiten.
“Was machst du hier, dreckiger Organismus?!”, fragte er geschockt. Er musterte die Piratin und bastelte sich in wenigen Sekunden seine eigene Antwort.
“Du hast die Eindringlinge angeschleppt! Ich wusste immer, dass du uns eines Tages verraten wirst! Der Bürgermeister ist zu gutherzig!”
Venus schaute Cobain an, nicht sicher was sie über den Mann denken sollte. Er lebte also nicht ohne Grund in dieser morschen Waldhütte.
“Scheint so, als wärst du nicht beliebt”, flüsterte sie über Kingens Ansprache hinweg.
“Ist mir doch egal”, antwortete Cobain und wollte das Haus betreten, doch der Assistent stellte sich ihm in den Weg.
“Du wirst den Menschen in diesem Haus nichts antun! Das werde ich nicht zulassen! Pfeif dein Gesindel zurück!”, forderte er, wütend die Arme von sich gestreckt.
“Was meinst du, warum ich hier bin?”, gab der Musiker genervt zurück, packte den Assistenten an der Schulter und schob ihn beiseite.
Venus beachtete den Brillenträger nicht weiter und folgte Cobain in das Haus.
“Ja so ist es richtig! Diese Ungeheuer passen wirklich zu dir!”, rief der Assistent den Beiden verzweifelt hinterher.
Die Piratin beobachtete den Musiker und fragte sich, wieso er bloß auf dieser Insel lebte, wenn die Leute ihn doch hassten. Doch was dann passierte, hatte sie nicht erwartet.
“Cobain, du bist ein Monster! Geh wieder dahin, wo du hergekommen bist! Hier mag dich keiner! DU wurdest doch noch nie geliebt!”, gab Kingen seiner gesamten Wut über den Trunkenbold freien Lauf.
Schneller als der erste Blitz am Himmel war Cobain zurück gesprungen und stand vor dem Assistenten. Venus hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund, Kingen war starr vor Angst.
“Ich bin ein Teufel, ich muss nicht geliebt werden”, sagte der Musiker grinsend und wandte dem Mann seinen Rücken zu. Gerade als der Assistent erleichtert ausatmete, rauschte Venus an Cobain vorbei und schmetterte ihre zierliche Faust in Kingens Gesicht. Der Brillenträger stolperte benommen zurück und hielt sich schreiend das Gesicht fest. Im selben Moment öffnete der Himmel seine Schleusen und der Regen durchnässte den Assistenten innerhalb weniger Sekunden.
“Das war es nicht wert”, bemerkte ihr Begleiter trocken. Venus konnte sein Gesicht nicht sehen, doch sie konnte es spüren. Eine Aura, kälter als die stark abgekühlte Luft, umgab den Mann vor ihr.
“Ich verstehe”, antwortete die Piratin vorsichtig. Was auch immer der Musiker sich im Kampf mit Gammon gedacht hatte, er schien einiges mehr zu können, als er von sich preisgab.
[Utero, auf dem Meer]
“Captain... warum greifen wir die Insel nicht direkt an?”, fragte der alte Sekai. Das Boot von Varu Nova hatte Utero bereits vor einigen Stunden erreicht, doch der Grünhaarige machte keine Anzeichen, die Insel betreten zu wollen.
“Alter Mann, ich will nicht einfach Rache! Ich will Cobain vernichten!”, erläuterte Nova sein Vorhaben.
“Aber... wie willst du das machen?”, stöhnte das letzte Crewmitglied, welches dem Captain geblieben war.
“Warte ab und stell meine Pläne nicht infrage! Ich weiß, was ich tue!”, gab der Grünhaarige bissig zurück. Er schaute voraus auf die kleine Karavelle, die am westlichen Strand der Insel geankert hatte.
“Phase Eins”, flüsterte der Captain finster.
“Ohje...”, kommentierte Sekai die Spielchen von Nova kopfschüttelnd.
“Lass das mit deinem ständigen Nörgeln”, forderte der Grünhaarige genervt nach einer kurzen Pause.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
“Wo ist euer Geld?!”, brüllte Gammon wütend, den Sohn des Bürgermeisters an seinem Kragen gepackt. Kurt hatte sich versucht gegen die Piraten zu wehren, doch das Ergebnis waren nur blutige Wunden. Die rote Flüssigkeit rann sein Gesicht herab und befleckte seine Kleidung.
Bacon verfolgte die Hausmädchen, welche sich in der Küche eingeschlossen hatten und Ham schubste den Bürgermeister herum. Kurts Frau und Bean saßen schreiend in eine Ecke des Speisesaals.
“Wir haben kein Geld!”, rief der Blutende angestrengt. Sein Kiefer schien gebrochen zu sein, denn die Worte kamen nur undeutlich und von Blut gefolgt aus seinem Mund.
“Erzähl mir keine Märchen, du Sesselfurzer! Ich will Diamanten sehen!”, forderte der Zahnlose aggressiv.
Ein stumpfes, sich wiederholenes Klopfen unterbrach die Szenerie, woraufhin alle Blicke zur Quelle des Geräusches wanderte. Im Eingang zum Speisesaal standen Venus leFleur und Rogue Cobain, welcher in konstanten Abständen mit der Faust gegen die Wand schlug.
“Können wir uns der kleinen Party anschließen?”, fragte er in humorvollem Ton.
Fortsetzung folgt...
1.13: Devil's Face
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
“Wenn das nicht unser Angelkönig ist”, schnaubte der erste Maat der leFleur-Bande überrascht und belustigt. Er lockerte seinen Griff und warf Kurt schließlich beiseite. Der Familienvater krachte gegen den Esstisch und sackte darunter zusammen.
“Und unsere Miss Captain”, stellte er heimtückisch grinsend fest.
“Gammon, lass die Frauen und Kinder in Ruhe”, forderte Venus herrisch.
“Ich dachte immer, wir stehen auf einer Seite”, antwortete der Zahnlose ironisch. Er betrachtete die Beiden skeptisch, während die Zwillinge sich an seiner Seite positionierten.
“Du hast deine Leute ja total unter Kontrolle”, flüsterte Cobain zynisch.
“Du kennst meine Regeln, Gammon!”, schrie Venus, die ebenfalls Zweifel an ihrer Autorität gegenüber den Piraten bekam. Es war jedes Mal das gleiche: immer wurde sie in entscheidenen Situationen nervös.
“Captain”, spuckte der Eindringling das Wort regelrecht aus.
“Du hast uns doch erlaubt zu plündern!”
“Ihr plündert aber nicht, ihr verletzt Bürger”, antwortete leFleur angespannt.
Der Zahnlose wog seinen Kopf von rechts nach links und ballte die Hände zu Fäusten.
“Irgendwie tut es mir überhaupt nicht Leid, die Regeln gebrochen zu haben”, erläuterte er stolz grinsend.
Für die Zwillinge schien es ein Kommando für den Angriff gewesen zu sein, denn die beiden Einäugigen stürmten mit einem Satz auf Venus und Cobain zu. Während der Musiker zurück in den Flur wich, sprang die Piratin beiseite und zog gleichzeitig ihre Waffe. Die dornengespickte Peitsche wickelte sich blitzschnell um den rechten Arm von Bacon. Dieser packte mit seiner linken Pranke die Waffe, um sich davon loszureißen. Venus jedoch hatte bereits darauf spekuliert, sodass sie mit einer geschickten Armbewegung einen Schwung erzeugte, woraufhin sich die Peitsche auch um das zweite Handgelenk drehte.
Während sich der Zwilling mit aller Kraft gegen die Fesseln wehrte, sprang die Piratin mit einem hohen Satz über den Einäugigen hinweg, was zur Folge hatte, dass dessen Arme über den Kopf und anschließend Richtung Boden gerissen wurden. Dadurch verlor er das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
Venus setze sich auf den Bauch des Geschlagenen, um durchzuatmen und zog dabei die Schlinge um Bacons Arme fester. Gammon beobachtete sie zähneknirschend.
“Du weißt, dass ich stärker bin als ihr”, kommentierte der weibliche Captain die Meuterei.
Mit einem Mal krachte es im Hausflur und Ham schoss durch den Eingang in den Speisesaal. Er flog ungebremst in den harten Holztisch, welcher unter ihm zusammenbrach. Kurt wurde von dieser Attacke ebenfalls getroffen.
“Du solltest vorsichtig sein, was du dir anschaust. Du siehst schließlich nur noch die Hälfte”, warnte Rogue Cobain ihn, der wieder zurück in den Speisesaal kam.
Der Musiker schritt durch den Raum hindurch und kniete sich vor Kurts Frau und Bean nieder. Er musterte kurz das kleine Mädchen, welches seit seinem Eintreten aufgehört hatte zu weinen, obwohl ihre Mutter sie ängstlich in ihre Arme schloss.
“So wie es aussieht, steht es jetzt zwei gegen einen”, bemerkte Cobain provozierend und stellte sich vor die beiden Damen.
Gammons Augen funkelten vor Zorn. Ob er erkennen würde, dass er chancenlos war, bezweifelte der Musiker.
“Gib auf, dann werde ich dir verzeihen. Dieser Mann wird uns zu unserem Schatz führen, wenn wir die Villa in Ruhe lassen”, redete Venus auf ihren ersten Maat ein.
“Was interessiert mich dieser Schatz?! Deine Zeit ist abgelaufen! Und die deines Angelprinzen auch!”, schrie Gammon blind vor Zorn.
“Er ist nicht mein Prinz!”, keifte Venus augenblicklich und wurde dabei rot im Gesicht. Cobain ließ genervt seine Anspannung fallen und schlug sich die Hand auf die Stirn.
“Können wir das vielleicht ein wenig abkürzen?”, fragte er miesepetrig.
“Wer bist du, dass du glaubst, dich hier einmischen zu können?!”, brüllte Gammon und stürzte sich mit beiden Fäusten voraus auf den Musiker. Dieser hatte bereits damit gerechnet und war vorbereitet. Er kreuzte die Arme, ließ sich von dem Zahnlosen am Kragen packen und riss seine Hände auseinander, um Gammons Angriff entgegenzuwirken.
Plötzlich stand der bullige Pirat ohne jegliche Deckung vor ihm, die Pranken durch den Schwung weit auseinandergerissen.
Cobain schien plötzlich seinen Geist zu fokussieren und Venus hatte das Gefühl, dass die Atmosphäre um ihn herum zu zittern begann. Als der Musiker zum Schlag ausholten, schien sich aus dem Nichts heraus irgendetwas in seiner Hand zu bilden.
Seine Faust rauschte schließlich in Gammons Magen, woraufhin der erste Maat Blut spuckte und ein heftiger Windstoß sich von dem Trefferpunkt ausbreitete. Der Pirat wurde eine Sekunde später an das andere Ende des Raums katapultiert, wo er unsanft gegen die Hauswand krachte.
Der Aufprall ließ die gesamte Villa erzittern, woraufhin einer der zwei mächtigen Kronleuchtern von der Decke fiel und auf dem Boden zerschellte.
“Ich bin Rogue Cobain, der Sturmteufel!”, verkündete der Musiker mit einem teuflischen Grinsen, woraufhin ein Blitz das Szenario erleuchtete.
Forsetzung folgt...
1.14: Consequence
[Utero, Hauptstraße vor dem Wirtshaus]
Shunki Hayate stapfte munter vor sich her, die Blicke aller Leute auf sich ziehend. Nach seinem Besuch an Cobains alter Waldhütte hatte er das Ratshaus des Bürgermeisters besucht, um mit jenem über die Sicherheitsregeln der Marktmesse zu sprechen. Doch er wurde darüber informiert, dass sich Kodomo bei einem privaten Treffen befand. Familienangelegenheiten waren nicht sein Aufgabenbereich.
“Immernoch hier, Junishi?”, fragte der Wirt mit seiner rauen Stimme, als er aus seinem Lokal auf die sonnige Straße trat.
“Wo sollte ich sonst hingehen? Alles nimmt seinen friedlichen Lauf”, antwortete Shunki munter.
“Mit einem Junishi in unserem Dorf kann doch gar nichts schiefgehen, oder?”, versuchte Walch sich einzuschleimen. Wenn tatsächlich mal etwas kritisch verlief, würde der Weiße Fang vielleicht den Pub zuerst beschützen. Obwohl da immernoch Cobain war, der, wenn er nicht selber der Auslöser des Ärgers ist, sicherlich auch den Alkohol im Gebäude beschützen würde.
Doch der Junishi schien ihm gar nicht richtig zuzuhören, denn sein Blick war konzentriert und ging ins Inselzentrum. Shunki machte einen besorgten Eindruck. Sobald Walch dem Blick gefolgt war, entdeckte er die großen Gewitterwolken, die sich über Utero zusammenzogen.
“Sieht so aus, als wäre es bald vorbei mit der Sonne. Schade”, sagte Walch, schaute den ignoranten Junishi noch einmal an, bevor er schließlich seufzte und damit begann, die Schirme und Stühle vor seinem Pub einzusammeln, die er für sonniges Wetter herausgestellt hatte.
“Wo ist die Villa des Bürgermeisters?”, fragte Shunki plötzlich. Irgendwie wirkte er unheimlich auf den Wirt, regelrecht geistesabwesend.
“Ich befürchte, der gute Kodomo sitzt gerade mitten im Gewitter”, antwortete Walch vorsichtig.
“Dankeschön”, antwortete der Junishi, als ein breites Grinsen über sein Gesicht huschte. “Machen Sie sich keine Sorgen, wer Gutes tut, dem wird auch Gutes geschehen!”
Mit diesen letzten Worten verabschiedete er sich von dem Wirt und setzte seinen Weg in Richtung der Villa fort.
“Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie ist der genauso sonderbar wie Cobain”, murmelte der Wirt ratlos.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
Der Assistent des Bürgermeisters betrat den Ort des Geschehens, sich immernoch die blutige Nase festhaltend.
“Was ist hier denn passiert?”, fragte er geschockt. Zwei der Piraten waren ohnmächtig, der dritte wurde von Kurt mit einer Pistole bewacht.
Kodomo kümmerte sich um seine Enkelin, während seine Schwiegertochter an ihm vorbei huschte, um nach den Hausangestellten zu sehen und Hilfe zu holen.
“Dieses Monster hat uns gerettet”, antwortete der Sohn des Bürgermeisters verächtlich.
Kingen betrachtete den Ausmaß des Schadens, den der Trunkenbold im Speisesaal angerichtet hatte. Regen fiel durch die zersplitterten Fenster hindurch und nässte den Boden. Der große Holztisch war in der Mitte gebrochen, in seinen Trümmern lag immernoch einer der Piraten. Einer von zwei Kronleuchtern war auf dem Boden zerschellt, sodass Einzelteile überall im Raum verstreut lagen, die Zugangstür war aus ihren Angeln gerissen worden und der Körperabdruck des Anführers zierte eine Wand.
Trotz ihrer Rettung hatte Cobain wieder einmal alles um sich herum zerstört.
“Wie soll das nur weitergehen mit diesem Organismus...?”, fragte sich der Assistent kopfschüttelnd, was sogleich Kodomos Zorn weckte.
“Rogue Cobain hat uns alle gerettet! Wie könnt ihr immernoch so verächtlich von ihm reden?”, platzte es aus ihm heraus. Bean plusterte angesäuert ihre Wangen auf und stämmte ihre Hände in die Hüfte, um ihre Einstellung zu dem Thema zu bekräftigen.
“Man stelle sich vor, auf der Marktmesse erscheinen Piraten und dieser Organismus rettet uns! Danach können wir Utero wahrscheinlich alle wegen Unbewohnbarkeit verlassen!”, schimpfte Kingen wütend.
Stürmischer Wind durchzog den Raum und Gewitterblitze erleuchteten die Umgebung. Das darauffolgende Donnergrollen ließ Bean zusammenzucken, sodass Kodomo sich behutsam zu ihr herunterbeugte.
“Ihr sagt, ich sei der Verblendete. Schaut euch doch mal an. Ohne Cobain hätten wir vielleicht mehr verloren, als nur unsere Wohneinrichtung”, antwortete er enttäuscht. Obwohl Kurt seinem Vater aufmerksam zuhörte, zeigte er keine Regung. Kingen dagegen schüttelte sofort den Kopf.
“Der Junishi wäre rechtzeitig gekommen”, antwortete er selbstsicher.
“Wenn das so ist...”, gestand der Bürgermeister sich letztlich resignierend ein.
“Kingen, ich übertrage dir die Verantwortung für die Marktmesse. Handle für das Wohl der Insel.”
“Heißt das, du räumst deinen Posten?”, fragte Kurt überrascht. Doch Kodomo lächelte nur.
“So einfach werdet ihr mich nicht los. Sagt einfach, ich bin von dem Angriff zu sehr mitgenommen worden. Oder denkt euch was eigenes aus, ihr wisst sowieso alles besser”, gab der Bürgermeister sich trotzig.
“Sir, ich danke für Ihr Vertrauen”, antwortete der Assistent überwältigt, der sein Glück kaum fassen konnte. Endlich hatte er die Verantwortung!
Nun konnte er endlich gegen Cobain vorgehen...
[Utero, Waldhütte]
Es dauerte nicht lang, bis der Musiker und seine Begleiterin zurück zur Waldhütte fanden, die im Gewitter einen erbärmlichen Eindruck erweckte.
“Wollen wir nicht beim Bürgermeister bleiben? Er ist sicherlich dankbar! Und er hat ein Haus, was uns nicht über dem Kopf zusammenfällt! Und hör endlich auf zu trinken!”, fluchte die Piratin wütend. Seit sie die Villa verlassen hatten, hing Cobain ständig an seinem Flachmann, in dem mehr Flüssigkeit steckte als Venus es jemals vermutet hätte. Der Musiker versuchte inzwischen seine kaputte Tür wieder einmal in die Angeln zu setzen, was einige mühsame Versuche brauchte.
“Ich habe dich sicherlich nicht gezwungen mitzukommen”, raunzte Cobain zurück und betrat seine Hütte. Er schmetterte die Tür hinter sich zu und ließ die Frau im Regen stehen.
“Geht's noch?”, fragte sie aufgebracht und verschränkte trotzig die Arme. Sie war doch nicht auf diesen Typen angewiesen! Sie war eine tapfere Frau, der ein bisschen Regen nichts ausmachen würde.
Doch mit einem Mal wurde aus dem feinen Regen ein Hagelschauer und das Eis prallte ihr auf den Kopf, wobei Venus mit aller Macht versuchte ihre Wut zu unterdrücken. Ihr Gesicht wurde angespannter, je größer die Hagelkörner wurden.
“Verdammt!”, platzte ihr schließlich der Kragen, bevor sie ihm doch in die Hütte folgte, in der Hoffnung der Hagel würde nicht durch die Decke brechen. Doch ihre Wünsche wurden schnell zerschlagen, als sie sah wie Cobain auf seinem Bett lag und die Löcher in der Decke zählte, während er sich Hagelkörner von der Brust schob.
“Was habe ich bloß falsch gemacht?”, murmelte sie gequält und schmollte in ihrer Ecke der Hütte.
Fortsetzung folgt...
1.15: Letdown
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
“Ehrenwerter Junishi, erkennen Sie das Problem?”, fragte Kingen zögerlich.
Shunki schaute sich den zerstörten Raum an, nachdem er von der Schwiegertochter des Bürgermeisters auf dem Weg zur Villa abgefangen und an Ort und Stelle gebracht worden war. Er zog sich die Kapuze vom Kopf und strich sich durch die strohhigen Haare, betrachtete skeptisch den Holztisch und die Fenster.
“Das war fremde Einwirkung, nicht wahr?”, schlussfolgerte er nachdenklich. Der Assistent runzelte skeptisch die Stirn.
Schließlich stapfte Shunki zu dem einäugigen Piraten herüber, der immernoch von Kurt bewacht wurde und musterte diesen ausführlich.
“Das hier ist der Täter.”
Kingen schlug sich die Hand auf den Kopf, räusperte sich anschließend respektvoll und stellte sich an die Seite des Junishis.
“Ich möchte ja nicht in Ihre Vorgehensweise pfuschen, aber das sind bloß die Eindringlinge. Der waher Zerstörer ist Cobain”, erläuterte er kurz.
“Weiß ich doch schon”, antwortete Shunki und kratzte sich am Kopf.
“Ich habe noch gar kein Wort von Cobain gesagt! Sie sind wahrlich ein Meister Ihres Fachs!”, rief Kingen, dahinschmelzend vor Bewunderung.
“Nichts kann den wachen Augen der Gerechtigkeit entgehen”, antwortete der Weiße Fang und schaute sich weiter in dem Raum um. Die Aura des Musikers war für den Junishi im ganzen Haus zu spüren... aber vielleicht war es auch nur der beißende Geruch, der zurückgeblieben war.
Schließlich kam Kurts Frau mit Bean zurück in den Saal, ihrem Mann stolz zeigend, dass das kleine Mädchen tapfer war und sich umgezogen hatte. Shunki betrachtete die kleine Blonde, ging zu ihr und beugte sich vor sie.
“Hey”, begrüßte er sie breit grinsend. Das Mädchen klammerte sich fester an die Hand ihrer Mutter und betrachtete den Junishi ängstlich. Er strich ihr liebevoll über die Haare und stand wieder auf, die Mutter anschauend.
“Wie alt ist ihre Tochter?”, fragte er freundlich.
“Ähm... ist das wichtig? Sie ist sieben Jahre alt”, antwortete die Frau aufgeregt. Sie war noch nervöser als ihre Tochter, stellte Shunki fest. Das Grinsen verging von seinem Gesicht und er dachte angestrengt nach. Es musste eine schreckliche Situation für die Kleine gewesen sein.
“Stimmt etwas nicht?”, fragte Kurt unsicher.
“Nein, alles in Ordnung! Sie haben ein süßes Mädchen”, antwortete er und das Lächeln kehrte zurück.
“Entschuldigen Sie...”, mischte Kingen sich ungeduldig wieder ein.
“Können wir vielleicht mit den Piraten und Cobain fortfahren?”
[Utero, Waldhütte]
Der Regen schien nachzulassen, das Unwetter beruhigte sich langsam. Venus saß auf dem dreckigen Holzboden, die Arme fröstelnd um die Beine geschlungen.
“Worauf wartest du eigentlich?”, fragte Cobain genervt. Seit sie in der Hütte war, hatte er sich auf seinem Bett nicht bewegt.
“Gute Frage...”, nuschelte sie zu leise für seine Ohren.
“Genau! Ich verlange, dass du mich zu meinem Schatz führst, wie du es versprochen hast!”
Cobain verdrehte die Augen und seufzte, woraufhin er seinen Körper in Bewegung brachte, um sich auf die Bettkante zu setzen. Er faltete die Hände zusammen und schaute zweifelnd über den Rand seiner getönten Brille. In Erwartung wichtiger Informationen setzte sie sich aufmerksam vor ihn.
“Wie heißt du eigentlich?”
Das Strahlen in Venus' Augen verschwand und sie ließ enttäuscht den Kopf hängen. Irgendetwas war in diesem Kerl absolut nicht in Ordnung...
“Ich bin Captain Venus leFleur, die neue Piratenfürstin der Meere! Ich bin die stärkste Frau auf der Welt und ich werde alles daran setzen, die größten Schätze der Piratengeschichte zu finden!”, rief sie euphorisiert, als sie vor dem Musiker aufsprang und die Faust in die Höhe streckte.
“Ich hab nur nach deinem Namen gefragt”, antwortete Cobain trocken und bedeutete ihr, sich wieder hinzusetzen.
“Ist das alles? Schätze und Reichtum?”, wobei er die Nachfrage direkt bereute. Er hatte eigentlich keine Lust, sich die Lebensgeschichte der Frau anzuhören.
Doch Venus schaute bloß unsicher auf den Boden und für einen Moment wünschte Cobain sich tatsächlich, in ihren Kopf hineinschauen zu können.
“Ich glaube, das geht dich wohl kaum etwas an”, antwortete sie schließlich.
“Endlich sind wir einmal einer Meinung”, fand der Musiker zu seiner Einstellung zurück. Er seufzte, zog seine Brille vom Gesicht und rieb sich müde die Augen.
“Hör zu, ich hab keine Ahnung, wo dein Schatz ist. Ich weiß nicht einmal, ob es wirklich einen auf dieser Insel gibt. Es war bloß ein Bluff, damit wir deine Prolle einsammeln können”, gestand er gehässig. Als er aufschaute, blickte der Trunkenbold in das traurige Gesicht der Frau, welche fassungslos zu ihm heraufschaute. Es folgten einige Sekunden, in denen selbst Cobain die Sprache wegblieb. Lange hatte er nicht mehr in ein solch enttäuschtes Gesicht geschaut.
Plötzlich stand Venus auf und wandte sich von dem Musiker ab.
“Ich hab dir vertraut”, wisperte sie leise und wenn Cobain es richtig hörte, zitterte ihre Stimme dabei, als würde sie weinen.
Zur gleichen Zeit schaute sie ihm jedoch noch einmal direkt ins Gesicht, und der Musiker vernahm, dass dort keine Spur von einer Träne in ihren Augen zu sehen war. Es war bloß ein hilfloser Blick, der ihm ohne Worte genügend sagte. Venus hatte verstanden, warum Cobain gehasst wurde.
Schließlich verließ sie seine Hütte und der Mann blieb alleine auf dem Bett sitzen. Seufzend lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.
“Endlich wieder Stille”, murmelte er. Was interessierten ihn die Probleme einer Piratin?
[Utero, Weststrand]
Venus stapfte enttäuscht aus dem Wald heraus in den Sand. Ihr kleines Boot stand noch dort, wo sie es zurückgelassen hatte und das Schiff war ebenfalls auf dem Meer zu sehen. Immerhin hatte Egg seine Arbeit gut gemacht.
Wegen Rogue Cobain hatte sie nicht nur die Möglichkeit verloren ihren Schatz zu finden, sondern auch ihre Crew. Gammon und die Zwillinge waren zwar schon immer grob und unfreundlich gewesen, doch sie hatten wenigstens Kraft und eine gewisse Ausdrucksstärke. Ohne die Kraftprotze würde sie als Frau doch auf dem Meer gar nicht ernst genommen werden – und mit Egg an ihrer Seite würde sie erst recht nicht gefährlich wirken.
“Mama...”, murmelte sie traurig, bevor sie sich mit ihrem Boot zurück auf das Meer begab. Einige Sekunden später gab sie sich selbst eine Backpfeife.
Forsetzung folgt...
Aber genug zur Vergangenheit, jetzt beginnt die Gegenwart! Und ich möchte mich dank des FanFic-Turniers 2010 wieder zurück im FanFic-Bereich melden und präsentiere euch daher mein neues Projekt, welches hiermit offiziell anläuft:
Sheppard's One Piece: Nirvana
Wer mich kennt, der weiß, dass ich alle Kommentare, Meinungen und Kritiken dankbar annehme und auch selber kommentieren werde, also wer etwas schreiben möchte, dem werde ich auch sicher Antworten geben
Des weiteren schwebt mir ein spezieller Veröffentlichungsrhytmus vor, der eigentlich ganz simpel zu verstehen ist: Jeden Sonntag soll es ein neues Kapitel geben, die auch nicht zu lang sein werden
Genug geredet, jetzt geht es endlich los! Ich wünsche allen Interessenten viel Spaß beim Lesen!
Erster Teil: In Utero
Kapitel 1 - 15, Post Nr. 1
- Opening
- 1.01: A New Dawn
- 1.02: Smells like teen Spirit
- 1.03: An important Day
- 1.04: Preperations
- 1.05: Six Months ago...
- 1.06: Two Sides of a Man
- 1.07: Westwind
- 1.08: Loud-Mouth!
- 1.09: Who are you?
- 1.10: Misgiving
- 1.11: Unwelcome Visitors
- 1.12: You're not better!
- 1.13: Devil's Face
- 1.14: Consequence
- 1.15: Letdown
- Ending
Kapitel 16 - ??, Post Nr. 83
- Opening
- 1.16: Disappear
- 1.17: Exposition
- 1.18: Imminent Threat
- 1.19: The Destroyer
- 1.20: Pirates VS. Justice
- 1.21: Hot, Angry, Nova
- 1.22: I know what I do!
- 1.23: A Devil is coming
- 1.24: Don't touch!
- 1.25: Devil VS. Destroyer
- 1.26: This is the End!
- 1.27: Kill me!
- 1.28: The Secret
- 1.29: A Puzzle without Solution
- 1.30: In Utero
- Ending
Namensspecial #1: In Utero
Freiheit. So nennt ihr es, wenn ihr Menschen wegsperrt.
Frieden. So nennt ihr es, wenn alles nach euren Regeln geht.
Gerechtigkeit. So nennt ihr es, wenn ihr Menschen beseitigt.
Ihr müsst eines verstehen...
Piraten werden niemals aufgeben!
Wir werden immer da sein, ob ihr es wollt oder nicht.
Findet, was ich gefunden habe und geht euren Weg.
Das ist unser Vermächtnis!
Das Erbe der Strohhut-Piratenbande!
Das One Piece, der größte Schatz der Weltgeschichte!
Frieden. So nennt ihr es, wenn alles nach euren Regeln geht.
Gerechtigkeit. So nennt ihr es, wenn ihr Menschen beseitigt.
Ihr müsst eines verstehen...
Piraten werden niemals aufgeben!
Wir werden immer da sein, ob ihr es wollt oder nicht.
Findet, was ich gefunden habe und geht euren Weg.
Das ist unser Vermächtnis!
Das Erbe der Strohhut-Piratenbande!
Das One Piece, der größte Schatz der Weltgeschichte!
Piratenkönig “Strohhut” Ruffy,
vor seiner Hinrichtung, 1527
vor seiner Hinrichtung, 1527
1.01: A new Dawn
Ein neuer Sonnenaufgang
Ein neuer Sonnenaufgang
[1547]
Dichter Nebel legte sich in der frühen Morgenstunde über die Insel Utero im West Blue. In der kleinen Stadt auf der Südseite waren noch nicht viele Menschen erwacht, sodass sich eine unheimliche Stille breit machte.
Utero war eine der größeren Inseln im gesamten West Blue. Allerdings bestand gut drei Viertel der Fläche aus einem Gebirge, welches sich aufgrund von jahrhundertelang anhaltenden Vulkanausbrüchen gebildet hatte. In den letzten hundert Jahren waren die Schlotberge unter den Insel jedoch zur Ruhe gekommen.
Dieses Gebirge war zu einem traumhaften Versteck für Piraten geworden, die entweder sich selbst oder ihre Schätze verschwinden lassen mussten. Denn von tiefreichenden Schluchten bis hin zu hohen Engpässe gab es alles an diesem Ort.
Dies war ein Grund für die meisten Bewohner Uteros, sich nicht auf solche Abenteuer einzulassen. Sie waren zufrieden mit ihrem Fischerhandel und brauchten die versteckten Schätze nicht. Eine gewisse Zeit lang hatten die jungen Männer versucht, die Schätze der Piraten zu bergen, doch waren die zu bewältigenden Wege riskant und lebensgefährlich, sodass die Gemeinschaft das Vorhaben schnell wieder aufgegeben hatte. Jedoch gab es immer Außenstehende, die es trotzdem versuchten.
In der Stadt versorgte man sich mit einer weitreichenden Handelsallianz. Aufgrund der früheren Vulkanaktivitäten war das Land äußerst fruchtbar, was sich auch auf das Wasser übertrug und dadurch lebten viele Fische um Utero herum.
Diesen Ort hatte man Fischerfluss genannt, zum Einen wegen des reichen Fischvorkommens und zum Anderen, weil es eine breite Hauptstraße gab, von der viele kleinere Wege abzweigten, was die Bewohner dazu veranlasste, die Stadt mit einem Flussdelta zu vergleichen. Irgendwann war der Name schließlich offiziell geworden.
[Utero, Fischerfluss, Hauptstraße]
Das Knarren einer alten Holztür unterbrach die Totenstille, die über Fischerfluss lag.
“Verschwinde endlich!”, forderte der glatzköpfige Wirt, als er einen Mann aus seinem Pub schmiss.
“Aber mir ist schlecht...”, murmelte der betrunkene Gast deprimiert, welcher sich über Nacht in das Wirtshaus einquartiert hatte.
“Wer hat denn hier die ganze Bar leergesoffen?!”, brüllte der aufgebrachte Glatzkopf lauthals.
“Aber... aber... mir ist schlecht”, wiederholte sich der am Boden liegende Mann lallend.
“Das ist doch nicht mein Problem!!”, fauchte der Nüchterne und schlug sich die Hand auf sein Gesicht. Sein Gast hatte derweil aufgegeben sich zu wehren und mit einem letzten protestierenden Zucken sackte er zusammen.
“Du lernst es nie”, meinte der Wirt verzweifelt und verschwand wieder in seinem Pub.
Die Zeit verging, während der betrunkene Mann am Boden der Hauptstraße lag. Er trug hohe Stiefel, eine schwarze Hose und ein schmutziges weißes Hemd. Ein weiter, roter Mantel bedeckte seinen Oberkörper und ein Schal säumte seinen Hals.
Langsam füllten sich die Straße mit Menschen, die zur Arbeit oder zum Einkaufen gingen und der Nebel wich dem hellen Sonnenschein eines neuen Tages. Keiner beachtete den Betrunkenen, denn sie hatten sich bereits daran gewöhnt. Ältere schüttelten missbilligend den Kopf, Jüngere liefen kichernd an ihm vorbei. Jeder kannte ihn und seine Eigenschaften.
Drei kleine Kinder entdeckten die traurige Gestalt von Mann und machten sich einen Spaß daraus, ihn mit Stöckern zu stechen.
“Meine Mama sagt immer, er ist eine Schande!”
“Mein Papa nennt ihn einen elenden Trinker!”
“Guckt mal, er wehrt sich überhaupt nicht!”
Die Kinder lachten vergnügt, während die Menschen um sie herum ein Lächeln nicht unterdrücken konnten.
“Hört auf damit...”, murmelte der Betrunkene niederträchtig.
“Er spricht! Er spricht!”, lachten die Kinder fröhlich und stocherten weiter auf den Mann ein.
“Wenn ihr das noch einmal macht, dann hau' ich euch weg...”
Es folgte ein einziger weiterer Stich, als der Mann plötzlich zum Leben erwachte, aufsprang und eines der Kinder mit einem Faustschlag auf die andere Straßenseite beförderte.
Lautes Entsetzen breitete sich augenblicklich aus, während der Betrunkene die zwei anderen Kinder am Kragen packte und sie auf Augenhöhe zu sich hochzog.
“Ich habe euch gewarnt”, grummelte er genervt.
“Cobain! Lass die Kinder los!”, schrie ein älterer Mann, der sich durch die Menge drängte, die sich um das Drama gebildet hatte.
Der Betrunkene schaute den dicken Alten an, der um mindestens drei Köpfe kleiner war als er selbst und schnaubte.
Er schmiss die Kinder zur Seite und rückte seine getönte, kleine Brille zurecht, die bei seiner rasanten Reaktion von seiner Nase gerutscht war.
“Ist angekommen”, meinte er und streckte sich. Seine Knochen und Gelenke knackten, nachdem er mehrere Stunden auf dem harten Boden gelegen hatte.
“Könnte sich diese grässliche Volksversammlung dann wieder auflösen? Ihr nervt und ich hab' Kopfweh”, gab er trocken von sich.
“Das ist ja wohl die Höhe!”
“Wie kann er sowas noch behaupten, obwohl er ein Kind geschlagen hat?!”
Die Stimmen der Proteste wurden lauter und der Betrunkene provozierte sie mit höhnischem Applaus.
“Lasst euren Ärger ruhig heraus. In jedem von uns schlummert ein Teufel, ihr könnt es nicht leugnen!”
“Es reicht, Cobain! Such dir einen anderen Platz zum Streiten!”, sagte der kleine Alte und schüttelte resignierend den Kopf. Dieser Mann war unbelehrbar, dass wusste er.
Die Menge löste sich langsam auf, nachdem man sich um die verletzten Kinder gekümmert hatte. Der Betrunkene setzte sich an den Straßenrand und stützte seinen Kopf mit den Händen.
“Rogue”, sprach der Alte ihn sorgenvoll an.
“Ja, der sitzt vor dir”, lautete die respektlose Antwort.
Die Leute schauten die Beiden wütend an. Keiner konnte den Menschen verstehen, der in Rogue Cobain steckte.
“Wieso?”, fragte der kleine Mann traurig.
“Was kümmert dich das, Kodomo?”, entgegnete sein Gegenüber desinteressiert.
“Ich bin Bürgermeister dieser Stadt. Ich kümmere mich um ihre Kinder”, sagte Kodomo sanftmütig.
Cobain schaute einen Moment zu ihm auf, strich sich nachdenklich über seinen Kinnbart und fing an zu lachen.
“Wo hast du den Bullshit denn her? Glaubst du, ich werd' jetzt sentimental?”
Der alte Bürgermeister schüttelte verbissen den Kopf.
“Ich weiß, dass in dir etwas besseres steckt, als du vorgibst. Warum tust du diese Dinge? Warum trinkst du jeden Tag? Warum pöbelst du deine Mitmenschen an?”
Der unbeliebte Mann blickte skeptisch über den Rand seiner Brille.
“Ich pöbel die Menge an, weil ich trinke und ich trinke, damit ich pöbeln kann”, antwortete Cobain und raffte sich auf. Er klopfte dem Bürgermeister provokant auf die Schulter und machte sich auf den Weg in den Pub, vor dem sich das ganze Szenario abgespielt hatte.
[Utero, Fischerfluss, Ratshaus des Bürgermeisters]
Bürgermeister Kodomo betrat sein Arbeitszimmer und ließ sich schnaufend hinter dem Schreibtisch nieder. Er war ein kleiner, pummeliger Mann mit schwarz gelockten Haaren. Sein Ratshaus lag im Zentrum von Utero und war das größte Gebäude der Stadt. Es glich einem Miniaturschloss, war jedoch von Innen recht spärlich ausgestattet.
Im Arbeitszimmer stand ein Schreibtisch und mehrere gepolsterte Stühle. An den Wänden standen Regale mit hunderten von Büchern und hinter dem Bürgermeister prangerte ein großes Gemälde von Utero, wie es in seinen Entstehungsjahren aussah.
Ein schlaksiger Mann in schwarzem Anzug, einem Hut und einer verspiegelten Sonnenbrille betrat kurz nach Kodomo den Raum und machte sofort durch lautes Husten auf sich aufmerksam.
“Kingen... Was gibt es denn?”, fragte der Bürgermeister seufzend.
“Sir, es ist das gleiche wie immer: dieser Cobain ist nicht mehr länger tragbar für unsere Gesellschaft!”, antwortete der Assistent des Oberhauptes der Stadt. Er war ein sehr strenger Mann, der unangenehme Vorfälle gerne ausmerzte, bis sie nie wieder vorkämen. Allerdings war Rogue Cobain kein Vorfall, der dies so einfach mit sich machen ließ. Daher war es nicht die erste Diskussion, sodass der Bürgermeister bereits wusste, was Kingen von ihm verlangen würde.
“Er ist etwas eigen”, verteidigte Kodomo den Unruhestifter.
Der Assistent setzte sich ungefragt in einen der Stühle vor dem Schreibtisch und beugte sich unzufrieden nach vorne.
“Die Vorfälle um diesen Organismus, der sich selbst einen Teufel nennt, häufen sich. Es sind bereits Menschen von dieser Insel ausgewandert wegen ihm. Wie können...”
“Wie können Sie ihn immernoch auf dieser Insel dulden? Nicht wahr?”, konterte Kodomo seinen Berater aus, bevor dieser zuende sprechen konnte.
Kingen lehnte sich abwartend auf seinem Stuhl zurück, gespannt, welche Entschuldigung der Bürgermeister dieses Mal parat hatte.
“Rogue hat uns geholfen, als wir in Not waren. Wir sind es ihm schuldig, dass er hier eine Heimat bekommt. Ich bin mir sicher...”
“Dass er sich zügeln wird, wenn wir ihn als einen Sohn unserer Stadt akzeptieren”, drehte Kingen den Spieß um.
“Wann glauben Sie, wird das sein? Wenn wir alle wegen ihm wahnsinnig geworden sind?”
“Mach dir keine Sorgen. Ich spüre, dass wir ihn wirklich berühren”, gab der Bürgermeister sich optimistisch. Er stand auf und machte eine einladende Geste.
“Wie wäre es mit einem Mittagessen, bei dem wir die kommende Marktmesse besprechen?”, fragte Kodomo freundlich.
“Die Marktmesse”, seufzte Kingen verzweifelt. “Ein weiterer Grund, diesen Organismus namens Cobain loszuwerden.”
Plötzlich klopfte es an der Türe und nach einem lauten Ruf des Bürgermeisters, stürzte eine aufgeregte Frau herein.
“Sir, es gab schon wieder einen Vorfall! Rogue Cobain hat einen Senioren in den Stadtbrunnen geschmissen!”
Kingen schaute genervt das Oberhaupt von Fischerfluss an.
“Wahrscheinlich hat er ihm die Luft weggeatmet. Aber halb so schlimm, er ist ja ein Sohn der Stadt, oder?”
Fortsetzung folgt...
1.02: Smells like teen Spirit
Das kleine Mädchen
Das kleine Mädchen
[Utero, außerhalb von Fischerfluss, einsame Waldhütte]
Rogue Cobain drückte mit Schwung das Holzbrett beiseite, welches sich trügerischerweise Tür nennen ließ. Die Waldhütte, in der er lebte, war kleiner als die Toilette in seinem Lieblingspub, doch mehr brauchte er nicht. Ein Bett ohne Decke und eine Komode, bei der zwei von drei Schubladen fehlten, waren die einzigen Möbel im Haus des in Ungnade gefallenen Mannes, den man einst als Held bezeichnet hatte.
Hinter seinem Bett stand eine Gitarre. Sein einziger Besitz, abgesehen von seiner Kleidung und einem Medaillon, welches er verdeckt unter dem Schal um seinen Hals trug.
Müde und angetrunken legte er schwankend seine ränderlose Brille auf die Komode und setzte sich auf sein Bett, die Gitarre am Hals packend. Vorsichtig strich er über die Saiten, die besser gepflegt waren, als seine langen, filzigen, braunen Haare, die ihm ständig ins Gesicht fielen.
“Smells like teen Spirit”, murmelte Cobain und dachte dabei an die Bewohner Uteros. Sie führten sich oft wie Kinder auf, die nicht das bekamen, was sie wollten.
“Undankbar und nervig. Das perfekte Bildnis des Menschen”, stellte er grinsend fest. Er hatte immer gewusst, dass es keine guten Menschen mehr auf dieser Welt gab, also wieso sollte er einer sein?
Vor einem halben Jahr war er nach Utero gekommen und hatte Fischerfluss vor einer Piratenbande gerettet, welche die Stadt plündern wollte, nachdem sie keine Schätze in den gefährlichen Bergen gefunden hatte. Damals war er noch ein Held...
Hektisches Klopfen unterbrach seine Gedanken und dröhnte in seinem Kopf. Die Tür hielt es kaum in den Angeln, obwohl die Schläge gegen das Holz kaum stärker als ein Windhauch war.
“Bean, nerv' nicht und verschwinde endlich!”, brüllte Cobain wütend. Einen Moment später gab die Tür jedoch nach und ein kleines, blondes Mädchen fiel aufgeregt in die Hütte.
Das kleine Mädchen stand schweigend auf, klopfte sich den Dreck von den Knien und lächelte.
“Hihi, hey du”, begrüßte sie ihn mit breitem Grinsen.
“Wann kapierst du endlich, dass ich dich hasse?”, raunzte Cobain sie an. Er legte seine Gitarre weg, stand von seinem Bett auf und zog das kleine Mädchen an ihrer Hand aus seinem Haus.
“Ich finde es toll, wie du spielst”, lobte die kleine Bean und zeigte durch die Tür auf die Gitarre, welche auf seinem Bett lag. Der Musiker schaute verdutzt auf das Mädchen, welches nicht einmal halb so groß war, wie er. Sie starrte zu ihm hinauf, grinste und klammerte sich um sein Bein.
“Lass mich sofort los, oder ich kicke dich ans Ende der Welt”, drohte Cobain ihr. Doch Bean schien das gar nicht gehört zu haben.
“Spielst du mir etwas vor?”, fragte sie stattdessen liebevoll.
Der angetrunkene Musiker schaute auf das unschuldige Kind zu seinen Füßen und seufzte.
“Danach verschwindest du aber und lässt mich in Ruhe”, antwortete er und nahm wankend seine Gitarre aus dem Haus. Er ließ sich auf den Waldboden fallen, Bean setzte sich aufmerksam neben ihn.
“Wieso kommst du eigentlich ständig zu mir? Du weißt genau, dass du dafür Ärger bekommst”, murmelte Cobain, wobei er die Gitarre stimmte.
Es war nicht das erste Mal, dass die Kleine bei ihm vor der Tür stand. Seit er vor vier Monaten in die Waldhütte gezogen war, kam sie beinahe jeden Tag, obwohl sie erst sieben Jahre alt war. Bean wohnte mit ihren Eltern am Rand von Fischerfluss, dem Haus, was seiner Hütte am nächsten war und welches für seinen weiten Garten bekannt war. Das kleine Mädchen war eines Tages wohl beim Spielen zu weit rausgelaufen, hatte schließlich vor seiner Tür gestanden und seitdem wurde er sie nicht mehr los.
“Du nervst, weißt du das?”, fragte er. Dieses Mädchen war fern von Gut und Böse, sie konnte nichts für die finstere Welt. Vielleicht war das ein Grund, warum er Bean noch nicht ernsthaft versucht hatte loszuwerden.
“Was soll ich denn spielen?”
“Bink's Sake”, antwortete das kleine Mädchen lächelnd. Cobain atmete tief ein.
“Ein außergewöhnlicher Wunsch für einen kleinen Wicht wie dich”, antwortete er und dachte über den Ursprung des Liedes nach. Ein Piratenlied.
“BEAN!”, schrie plötzlich eine schrille Stimme und zum zweiten Mal in wenigen Minuten wurde Cobain mit einem Donnern aus seinen Gedanken gerissen.
Einige Meter entfernt von seiner Waldhütte standen ein schwarzhaariger junger Mann und seine blond gelockte Begleiterin. Beans Eltern.
“Rouge, du dreckiger Landstreicher, lass deine Finger von meiner Tochter!”, rief der Vater wütend und richtete eine Pistole auf den Musiker.
“Kurt, nicht vor unserer Tochter!”, schrie die Mutter geschockt.
Cobain grummelte genervt und schob Bean mit einem Ruck beiseite.
“Hey, geht's noch?!”, schrie der Vater sofort, als seine Tochter beinahe auf den Boden fiel.
“Bleib ganz ruhig, Freundchen. Nimm deine verzogene Göre mit und mach'n Zaun um deinen Garten”, gab der Musiker trocken zurück.
“Verschwinde endlich von dieser Insel, du Abschaum!”
Ein Schatten huschte über Cobains Gesicht und als er aufsprang, zuckten die jungen Eltern ängstlich zusammen.
“Das hier ist mein... Haus. Ich glaube, ihr habt hier nichts zu suchen.”
Der Vater hielt immernoch zitternd die Waffe in der Hand, während Bean zu ihrer Mutter hinüberlief, die ihr sogleich einen weiten Sonnenhut aufsetzte.
“Hier, den hast du vorhin im Garten verloren. Lass uns wieder zurückgehen und spielen”, redete sie auf ihre Tochter ein.
“Aber Mami... Der Hut ist viel zu groß”, meckerte das kleine Mädchen und versuchte ihn abzusetzen, doch ihre Mutter drückte ihn immer wieder auf ihren Kopf.
“Gehen wir”, beschloss der Vater und wich vorsichtig ein paar Schritte zurück, bis sie sich umdrehten und schneller liefen.
“Nervensägen”, schimpfte Cobain und warf ihnen einen scharfen Blick hinterher.
Eine starke Windböe zog durch den Wald und der Musiker konnte den Freudenschrei von Bean hören, als ihr Hut davongeweht wurde.
”Yohoho... Dem guten alten Binks, bring ich seinen Rum”, trällerte der Musiker, bevor er lächelnd in seiner Hütte verschwand.
Fortsetzung folgt...
1.03: An important Day
Vorboten
Vorboten
[Gewässer des West Blue]
Eine kleine Karavelle glitt langsam durch das Felsenriff, welches sich mitten im Gewässer des West Blue gebildet hatte. An Deck des Segelschiffes standen drei Menschen, die auf das weite Meer hinaustarrten.
“Gahaha, bald ist es soweit! Dann kommen die ganzen Bonzen mit ihren Taschen voller Gold!”, lachte der Größte von ihnen. Er hatte einen bulligen Zwei-Meter-Körper, ein kantiges Gesicht und ein zahnloses Lächeln.
“Yeah, Gammon, du hast vollkommen recht! Wird Zeit, dass wir wieder einen großen Fang landen!”, stimmte einer seiner schmierigen Begleiter zu. Es waren glatzköpfige Zwillinge, die sich einzig darin unterschieden, dass einem das rechte und einem das linke Auge fehlte.
Derweil kletterte ein kleinerer Junge vom Mast herunter und stellte sich Arme verschränkend vor die drei Kraftprotze.
“Denkt nicht daran, euer eigenes Ding durchzuziehen! Wir müssen immernoch auf den Captain hören!”, mahnte er seine Kameraden.
“Egg, du Spielverderber. Wozu bist du Pirat geworden, wenn nicht um zu plündern?!”, motzte Gammon zurück.
Die drei großen Männer umstellten den Protestanten und begannen, ihn hin und her zu schubsen.
“Hey! Lasst das!”, rief Egg verzweifelt, der körperlich nicht in der Lage war, irgendetwas zu tun.
“Schaut euch den Kleinen an, du willst wirklich Pirat sein?”, fragte einer der Zwillinge höhnisch.
“Was geht hier vor?!”, brüllte plötzlich eine herrische Stimme und die Piraten wurden schlagartig still.
“Captain...”, murmelte der Zahnlose grimmig.
In der Tür zur Kajüte stand eine zierliche Frau, gekleidet in einer kurzen, eng anliegenden Hose, einem weißen Tshirt und einer schwarzen Weste. Um ihre Hüfte herum trug sie einen Gürtel mit Nieten und ihre dunklen Haare hielt sie mit einem feuerroten Kopftuch zusammen.
“Wer bin ich?!”, fragte sie wütend.
“Captain Venus leFleur!”, riefen die drei Kraftprotze eingeschüchtert.
“Ganz richtig! Was bedeutet das?!”
“Wir segeln unter deinem Kommando!”
“Sehr schön”, kommentierte die weibliche Piraten zufrieden die Untergebenheit, deutete mit einem Finger auf die Flagge, die am Mast prangerte und im Wind wehte. Darauf zu sehen war ein Totenkopf mit langen Haaren und jenem roten Kopftuch.
“Nur, weil ich kein Mann bin, heißt das nicht, dass ich nicht das Kommando übernehmen kann! Also passt auf, was ihr euch erlaubt!”, warnte sie ihre Crewmitglieder.
“Aye Captain!”
Die drei Unruhestifter zogen sich schließlich zurück und gingen an ihre eigentlichen Arbeiten an Bord. Sobald sie vom Deck verschwunden waren, wich der zornigen Grimasse ein erleichteres Lächeln.
“Puh...”, atmete sie erschöpft aus, als der Druck von ihr abfiel. Sie hatte es nicht einfach, sich als weiblicher Captain durchzusetzen, womit sie sich selbst ständig gefordert fühlte. Irgendwie musste sie den Respekt ihrer Mannschaft schließlich gewinnen.
“Danke, Captain”, murmelte Egg niedergeschlagen, seine Schürfwunden betrachtend.
“Kein Problem. Auf einem ordentlichen Piratenschiff sollte jeder Respekt voreinander haben”, antwortete Venus und beugte sich zu dem sitzenden Jungen herunter und warf einen Blick auf die ganzen Schrammen, die man ihm bereits zugefügt hatte.
“Es wird Zeit, diesen Schatz zu finden”, murmelte Venus und schaute auf den Horizont, wo die Insel Utero zu sehen war.
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub]
“Walch, servier' uns den Fisch des Tages”, orderte der Bürgermeister, als er sich zusammen mit Kingen in den beliebtesten Pub der Stadt zum Essen setzte.
Der glatzköpfige Wirt war für seine Sympathie bekannt und honorierte alle seine Gäste, egal wie schmierig sie aussahen. Auch Rogue Cobain, obwohl er diesen schon mehrere Male vor die Tür schmeißen musste.
Kingen rückte seine Brille zurecht und setzte sich auf einen Stuhl, nachdem er ihn mit einem Taschentuch gesäubert hatte.
“Was machst du da?”, fragte Kodomo verdutzt.
“Sauberkeit ist ein sehr wichtiger Faktor in einer reinen Gesellschaft! Wir dürfen uns bei der Marktmesse keine Fehler erlauben”, antwortete Kingen kleinlig.
“Wenn du das sagst...”, murmelte der Bürgermeister skeptisch.
“Sir, die Marktmesse ist das wichtigste Ereignis dieses Jahres! Sie sollten sich ein bisschen mehr dafür interessieren!”
Kodomo seufzte und schaute verzweifelt zum Wirt hinüber, denn Essen würde sicherlich vom Thema ablenken.
Das Oberhaupt von Utero wusste sehr genau, was die Marktmesse für eine Bedeutung hatte. Innerhalb der Handelsallianz wurde zweimal im Jahr eine solche Messe veranstaltet, bei der, nach einer festgelegten Reihenfolge, die einzelnen Inseln ihre Gesellschaft präsentieren konnten. Es war daher immer wichtig, so gut wie möglich darzustehen, denn je besser das Image einer Insel war, desto leichter kauften die Leute dort ein. Nun war Utero an der Reihe.
Dieses Mal war insofern besonders wichtig, da sich eine weitere Fischerinsel der Allianz angeschlossen und im vergangenen Jahr für großen, positiven Eindruck gesorgt hatte. Um also keine Kunden an die Konkurrenz zu verlieren, musste sie ein Erfolg werden.
“Können Sie sich vorstellen, wie wir darstehen, wenn Cobain wohlmöglich einem Vertreter der Allianz über den Weg läuft?”, fragte Kingen kopfschüttelnd.
Der Bürgermeister seufzte und grübelte, was er seinem Assistenten denn bloß sagen sollte. Plötzlich kam ihm aus heiterem Himmel ein einzigartiger Gedanke.
“Was machen wir denn, wenn wir während der Messe von Piraten angegriffen werden? So ein Ereignis ist ein schönes Ziel, um einige Wertgegenstände abzugreifen. Rogue Cobain könnte uns beschützen!”, täuschte Kodomo die Tatsache vor, den Musiker einzig als Schutzmittel in der Stadt zu behalten.
“Denken Sie jetzt, ich glaube ihnen wirklich, dass sie diesen Organismus danach rausschmeißen würden?”, murmelte Kingen genervt.
“Ich meine es ernst!”, verteidigte der Bürgermeister seine Idee. Obwohl die Piraterie rar geworden war, gab es dort draußen immernoch genug von ihnen. Cobain war ein starker Mann.
Quietschend öffnete sich die Tür zum Pub und Kingen schaute über Kodomos Schulter herüber, sogleich in sich zusammensackend.
“Wie soll uns DAS da helfen?”
Der Bürgermeister drehte sich um und beobachtete, wie der betrunkene Musiker durch die Tür torkelte, sich an den Thresen schmiss und Walch um neuen Rum anbettelte.
“Vertrau mir...”, antwortete Kodomo und machte sich auf den Weg, mit Cobain zu sprechen.
Fortsetzung folgt...
1.04: Preperations
Ein Fest wird vorbereitet
Ein Fest wird vorbereitet
[Hauptquartier der Weltregierung, einige Tage zuvor]
“Im West Blue findet in wenigen Wochen die Marktmesse statt”, verkündete der, hinter seinem Schreibtisch sitzende, Mann. Er trug eine weiße Uniform und eine Mütze über seinem aalglattem Haar.
In dem kleinen Raum, der noch reinlicher zu sein schien, als der fleckenlose Anzug des Mannes, standen noch zwei weitere Männer, die in weite weiße Mäntel mit dem Zeichen der Weltregierung eingehüllt waren. Kapuzen verdeckten ihre Gesichter.
“Hund und Ochse... seid ihr bereit, die Aufsicht zu übernehmen?”
“Jawoll, Sir!”, erhob einer von Beiden sofort den Arm, um zu salutieren. Er hatte ein breiteres Kreuz als sein Partner und sah daher um einiges kräftiger aus.
“Wenn ich einmal fragen darf... Denken Sie wirklich, dass wir zwei Leute dort brauchen?”, bedachte der Andere streng.
“Hund, wie sähe es denn aus, wenn es tatsächlich Piraten gibt, die dieses Ereignis infiltrieren? Unser Ruf im gesamten West Blue wäre erschüttert! Das können wir nicht zulassen!”, antwortete sein Vorgesetzter.
“Ich meinte eigentlich, dass es reicht, wenn wir nur einen von uns schicken! Gerechtigkeit ist überall auf der Welt nötig. Wir sollten uns nicht alle auf einen einzigen Punkt stürzen!”
“Guter Einwand. Wir müssen die Welt an allen Orten beschützen!” Es folgte eine kurze Pause.
“Einverstanden! Hund, Sie gehen alleine! Machen Sie der Weltregierung keine Schande!”, hatte der Vorgesetzte sich entschieden.
“Alles für die Gerechtigkeit!”, gab der Mann, den man Hund nannte, zurück und klopfte sich auf die Brust, woraufhin er schließlich den Raum verließ.
“Jutai, er ist der Jüngste von uns”, bemerkte der kräftige Mann, welcher zuvor Ochse genannt worden war.
“Ich weiß. Aber wir können ihm vertrauen. Er wird uns nicht enttäuschen”, antwortete der Commander und beendete damit das Gespräch.
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub, Gegenwart]
Bürgermeister Kodomo setzte sich auf den Hocker neben Cobain und schaute neugierig zu ihm herüber.
“Wie geht es dir, mein Junge?”, fragte er einfühlsam.
Der Musiker schaute ihn nichteinmal an, sondern murmelte unverständliche Sätze vor sich her.
“Sag mal, wieviel willst du heute noch trinken?”
“Ich würde sagen, soviel wie reinpasst”, antwortete der Betrunkene mit viel Mühe.
“Du weißt doch, dass wir bald unsere Marktmesse haben, oder?”, versuchte der Bürgermeister auf das Thema zu lenken.
“Das Bonzenfest? Denk' nicht daran mich in einen Anzug zu stecken. Ich hasse Anzüge. Ich werde nichts kaufen”, plapperte der Musiker wirr vor sich her. Er nahm seine Brille ab und rieb sich müde die Augen.
Kodomo lächelte nachdenklich und betrachtete Cobain, der einen verzweifelten Eindruck machte. Als er nach Utero gekommen war, hatte er ihnen allen geholfen
“Erinnerst du dich an deine Ankunft?”, fragte der Bürgermeister aus seinen Gedanken heraus.
“Ich wollte nur den Pub beschützen...”, grummelte der Gefragte, als hätte er in Kodomos Kopf hineingeschaut.
Trotz des ganzen Alkohols, den er inzwischen getrunken hatte, konnte der Musiker sich noch genau an den Tag zurück erinnern, als er die Vulkaninsel erreicht hatte...
[Utero, vor sechs Monaten]
Ein kleines Boot schipperte durch das Felsenriff, langsam in Richtung der großen Insel, die sich vor Jahrhunderten aus den Schlotbergen gebildet hatte.
“Bin ich immernoch nicht näher gekommen?”, murmelte ein nüchtern wirkender Rogue Cobain. Als ein Windzug über das Meer strich, rieb der Musiker sich fröstelnd den Körper, denn es herrschte ein kalter Winter.
“Lass das”, flüsterte er verärgert, obwohl außer ihm niemand auf dem Meer war.
Als wolle das Wetter ihm den letzten Rest geben, fing es nun auch noch an zu schneien und Cobain machte eine fluchende Geste gen Himmel. Er lehnte sich in seinem Boot zurück und kramte einen Flachmann aus seinem Mantel.
“Das erklärt wenigstens, warum ich so mies drauf bin”, bemerkte der Musiker, als er erkannte, dass sein Vorrat an Alkohol ausgegangen war.
Seufzend warf er den Flachmann in die hintere Ecke seines Bootes. Erneut rauschte eine eisige Böe über das Meer und wehte Schneeflocken in Cobains Gesicht.
“Man sollte meinen, dass ich es besser könnte”, murmelte er wütend, während das Wetter um ihn herum immer schlechter und die Sicht enorm getrübt wurde. Es dauerte nicht lange, bis der Musiker nur noch das Felsenriff sehen konnte.
Ein ächzender Laut ertönte auf See und Cobain schreckte aus seiner Müdigkeit auf. Ein unheimliches Knarren wurde immer lauter, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein großes Schiff auf dem Meer erschien und durch das Riff hinter ihm hindurchsegelte - und zwar genau auf seinem Kurs.
“Das ist aber gar nicht gut”, murmelte Cobain, schaute genervt über den Rand seiner Brille und strich über seinen Kinnbart.
“Hey!”, brüllte er schließlich und versuchte durch Winken auf sich aufmerksam zu machen, doch wer auch immer auf dem Schiff war, konnte oder wollte ihn nicht sehen.
“Ist echt nicht mein Tag...”, grummelte der Musiker resignierend, als die schnell aufholende Fregatte weiter auf ihn zuhielt und ihm bewusst wurde, dass ein Ausweichmanöver zu spät kam...
Fortsetzung folgt...
1.05: Six Months ago...
Begegnung auf dem Meer
Begegnung auf dem Meer
[West Blue, Felsenriff vor Utero, vor sechs Monaten]
“Captain Nova, da ist etwas im Meer!”, rief ein alter Mann aus dem Krähennest heraus. Er trug eine bunte Hose und ein offenes Hemd, wodurch man seinen untrainierten Körper sehen konnte. Ein mit Ködern bestickter Fischerhut kröhnte seinen faltigen Kopf.
“Sekai, du alter Knochen, was interessiert mich das?”, fragte ein Jahrzente jüngerer Mann, der am Steuerrad stand.
“Niemand wird sich mir in den Weg stellen!”, rief der Jungspund triumphierend. An Deck befanden sich noch zwei dutzend anderer Männer, von denen die Meisten damit beschäftigt waren, sich in Decken einzuwickeln und warm zu halten.
Der junge Captain, mit den giftgrünen, hochgestellten Haaren, drehte sich wütend um. Ihm schien die Kälte nichts auszumachen, denn er kleidete sich bloß mit einer gelben Hose und einem schwarzen, kurzärmeligem Hemd.
“Was seid ihr eigentlich für Männer?!”, brüllte der Grünhaarige erschüttert.
Die Crew der Nova-Piratenbande war ein unmoralischer Haufen von Gesindel, doch das machte dem Captain nichts aus. Solange sie stark waren und eifrig plünderten, war es kein Problem.
“Captain, da ist immernoch ein Boot im Meer!”, rief der alte Sekai von oben herunter.
“Ist mir immernoch egal...”, prollte der Grünhaarige zurück. Kurze Zeit später hörte man das Bersten von Holz und ein dumpfes Klatschen.
“Jetzt ist nichts mehr im Weg!”
Der Captain klopfte sich selbstverliebt auf die Schulter. Hier stand er, der neue Piratenkönig! Nach eigener Ansicht gab es daran überhaupt keine Zweifel, denn nach Gold Roger und Monkey D. Ruffy war nun Varu Nova an der Reihe!
“Mein Gott, du bist ja noch nerviger als ein Rudel junger Hunde”, bemerkte eine niederträchtige Stimme. Ein Mann mit rotem Umhang kletterte über das Geländer und betrat das Deck. Alle Blicke waren mit einem Mal auf ihn gerichtet.
“Wer zur Hölle bist du?!”, fragte der Captain wütend und ließ das Steuerrad los. Einer der Crewmitglieder übernahm, während Sekai stöhnend begann, aus dem Mast zu klettern.
“Rogue Cobain. Angenehm”, antwortete der Musiker, die Schnalle um seine Gitarre lösend, mit der er sie auf seinem Rücken festgeschnürt hatte. Beinahe hätte er sie in seinem Boot verloren, als es von der Fregatte überfahren worden war.
“Wo kann ich mich hinsetzen?”
Nova starrte ihn überrascht an.
“Willst du mich verarschen? Was machst du hier?!”, fauchte er gereizt.
“Ich will zur nächsten Insel, du hast mein Boot zerstört. Also quatsch nicht soviel mit mir, sondern steuer das nächste Festland an”, forderte Cobain ihn auf und ließ sich auf dem Boden nieder.
Der Grünhaarige machte einige Schritte auf ihn zu, bis er vor ihm stand und ballte seine Hände zu Fäusten.
“Was glaubst du eigentlich, wen du vor dir hast?”, fragte er, wütend über die Dreistigkeit des Fremden.
“Jemanden, der mich zum nächsten Hafen bringt?”, konterte Cobain gleichgültig und begann an den Saiten seiner Gitarre zu zupfen. Die letzte Sicherung brannte durch, als der Captain zum Schlag ausholte und zielte auf den provokanten Musiker.
“Pass auf deinen Standpunkt auf”, meinte der Sitzende und zog dem Jungspund die Füße mit seinen eigenen Beinen weg. Nova knallte mit dem Gesicht auf den Holzboden.
Gemurmel machte sich auf dem Schiff breit, denn jeder begann über das lausige Verhalten ihres Kapitäns zu tratschen. Sekai hatte das Deck inzwischen erreicht.
“Das wirst du bereuen...”, grummelte der junge Mann finster und Cobain bemerkte, wie sein Körper sich veränderte. Es folgte ein weiterer Hieb, auf den der Musiker nicht vorbereitet war und den er nicht abwehren konnte.
Die Faust des Piraten streckte ihn nieder und schickte ihn augenblicklich in die Bewusstlosigkeit...
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub, Gegenwart]
Der betrunkene Musiker stürzte von seinem Stuhl und musste sich übergeben. Kodomo verdrehte peinlich berührt die Augen, denn er wusste, dass Kingen im Hintergrund saß und alles genauestens beobachtete.
Walch stapfte wütend zu Cobain herüber und packte ihn an seinem Schal.
“Du elender Landstreicher! Mach' deinen Dreck wenigstens wieder weg!”, schrie der Wirt ihn an und drückte ihn zu Boden. Er warf ihm einen Lappen vor die Füße. Doch der Musiker hatte bereits zu viel getrunken, sodass er lediglich umkippte und auf der Seite liegen blieb.
“Ich bringe dich nach Hause”, beschloss der Bürgermeister und versuchte, Cobain wieder auf die Beine zu helfen.
“Die Marktmesse wird eine Katastrophe” murmelte der Betrunkene und ließ sich von Kodomo stützen.
“Wenn du so weitermachst, dann sehr wahrscheinlich”, antwortete dieser, unsicher ob sein Weg wirklich der Richtige war.
Rogue Cobain zu vertrauen, fiel ihm zur Zeit sehr schwer...
[West Blue, Felsenriff vor Utero, Gegenwart]
Ein kleines Boot segelte über den West Blue, einsam und alleine. Nur zwei Männer saßen darin.
“Es wird Zeit, dass wir dieser Insel den Rest geben”, murmelte ein junger Mann mit finstere Miene.
Gegenüber von Varu saß der alte Sekai, die Ruder als zusätzliche Verstärkung zur Fortbewegung in der Hand.
Der Captain der Nova-Piratenbande strich sich mit den Fingern über eine Narbe, die seit einem halben Jahr sein Gezicht zierte. Die Zeit für Rache war gekommen.
“Rogue Cobain, diesmal schlägst du mich nicht!”, rief er und streckte seine Faust aus, auf die Insel Utero gerichtet.
“Captain, bist du dir sicher, dass du nochmal gegen diesen Teufel antreten willst?”, fragte der alte Mann keuchend in die Euphorie hinein.
“Erinnere mich nicht an den letzten Kampf! Das war unfair!”, brüllte Nova wütend zurück.
“Aber Captain... er hat alleine unsere ganze Crew besiegt...”, widersprach Sekai ehrfürchtig.
“Das ist mir doch egal! Ich bin in diesem halben Jahr viel stärker geworden! Ich werde Rogue Cobain vernichten!”, prophezeite Nova siegessicher.
“Wenn du meinst...”, murmelte der Ruderer ungewiss.
Fortsetzung folgt...
1.06: Two Sides of a Man
Zwei Seiten
Zwei Seiten
[Utero, Fischerfluss, städtischer Pub]
Kingen verschränkte die Arme nachdenklich, als er beobachtete, wie Kodomo und Cobain das Lokal verließen. Inzwischen servierte Walch das Essen für den Assistenten und musterte ihn.
“Ist nicht leicht, über diesen Säufer hinwegzusehen”, bemerkte der Wirt angesäuert.
“Wir müssen ihn loswerden. Es hat keinen Sinn, eine Marktmesse mit diesem Organismus zu starten. Wir werden nie wieder einen einzigen Fisch verkaufen, wenn der auftaucht”, antwortete Kingen verzweifelt.
“Er wird Probleme bereiten, darauf können Sie vertrauen”, sagte Walch und setzte sich an den Tisch.
“Ich weiß, deswegen müssen wir ihn wegschaffen.”
Die Eingangstür knarrte, als ein Mann in weißem Umhang eintrat. Der mysteriöse Gast zog sofort alle Blicke auf sich, zumal man sein Gesicht unter der weiten Kapuze nicht erkennen konnte.
Kingen schwang sich augenblicklich von seinem Stuhl, stellte sich vor den neuen Gast und reichte ihm die Hand.
“Was für eine Ehre! Ich hätte nie~mals gedacht, dass die Weltregierung einen von Ihnen schicken würde! Sie kommen gerade richtig!”, sprudelte es unaufhörlich aus dem Assistenten heraus.
“Was man nicht alles für die Gerechtigkeit tut”, antwortete sein Gegenüber und nahm die Kapuze ab. Zum Vorschein kam ein struppiger Weißschopf, der ein Stirnband mit dem Zeichen der Weltregierung trug. Sein linkes Auge wurde von einer Narbe durchzogen.
“Ich bin der Weiße Fang. Mein Name ist Shunki Hayate!”
“Es ist unglaublich, einer der zwölf Junishis in unserem Dorf! Sind Sie wegen Cobain gekommen?”, fragte Kingen beeindruckt. Der weiß gekleidete Mann schaute den Assistenten überrascht an.
“Ich bin für die Sicherheit der Marktmesse hierher entsandt worden. Aber verraten Sie mir doch bitte... von welchem Cobain reden Sie?”, fragte er neugierig.
“Oh Herr im Himmel, gibt es etwa mehrere von der Sorte? Ich rede natürlich von Rogue Cobain, dem Nichtsnutz!”, begann Kingen zu fluchen. Er hielt noch einige Minuten lang eine Rede über die Nutzlosigkeit des Musikers, doch der Weiße Fang hörte ihm nicht mehr zu.
“Was für ein Zufall... Rogue Cobain! Die Welt ist klein”, dachte Shunki und lächelte vergnügt.
“Ähm... was war nochmal Ihr Problem mit ihm?”
Kingen rutschte die Brille von der Nase, als er abrupt in seinem Anfall der Verachtung stoppte.
“Haben Sie mir nicht zugehört?”, fragte er verdutzt.
Der Weißschopf grinste über beide Ohren und klopfte dem Assistenten auf die Schulter.
“Die Gerechtigkeit wird siegen, machen Sie sich keine Sorgen!”, appellierte Shunki, zog seine Kapuze wieder über und verließ den Pub kurzerhand.
“Und das soll einer der berühmten Junishis sein?”, fragte sich der Wirt irritiert, der das Gespräch verfolgt hatte.
“Die Welt ist ein seltsamer Ort”, pflichtete Kingen ihm bei, nicht wissend, was er nun von Shunki Hayate halten sollte.
[Utero, einsame Waldhütte]
Kodomo half Cobain durch die Türe seiner Hütte. Der Musiker schmiss sich erschöpft auf das knarrende Bett und rüttelte an der einzigen Schublade seines Nachttisches.
“Ist nicht dein ernst, oder?”, fragte der Bürgermeister wütend, als sein Gegenüber eine Rumflasche herauszog.
“Meins”, protestierte der betrunkene Mann und hielt die Flasche beschützend an seinen Körper.
“Du warst einmal ein Held! Wieso hast du dich so gehen lassen?”, fragte der ältere Mann enttäuscht.
“Das geht dich 'n Scheißdreck an”, gab Cobain zurück und ließ sich in sein Bett fallen. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis er eingeschlafen war und Kodomo stand ratlos in der Waldhütte, wenige Tage vor der wichtigsten Marktmesse in der Geschichte von Utero.
“Reiß dich zusammen”, murmelte er verzweifelt, ahnungslos, wie er seinen Schützling vor sich selbst beschützen konnte.
Plötzlich klopfte es an der Tür und einen Moment später stürzte die kleine Bean in die Waldhütte.
“Großvater!”, rief das Mädchen erfreut, als sie erkannte, wer außer dem Musiker noch in der Hütte war.
“Was machst du denn hier, Süße?”, fragte der Bürgermeister überrascht und nahm seine Enkelin in den Arm. Sie krabbelte schnell auf seine Schulter und knuddelte die schwarzgrauen Locken ihres Großvaters.
“Bean... du nervst”, grummelte Cobain aus dem Halbschlaf heraus.
Kodomo grinste und nahm dem schlafenden Mann die Rumflasche aus der Hand.
“Opa? Der Mann spielt wunderbar Gitarre. Er ist mein bester Freund!”, sagte das kleine Mädchen voller Freude.
“Sieht so aus, als wäre ich nicht der Einzige in der Familie, der sich um dein Schicksal kümmert”, murmelte der Bürgermeister, wobei ihm eine Träne kam. Beans Großvater kitzelte ihre Nase und die Kleine lachte.
“Aber sag mal, Schätzchen, wie kommst du eigentlich hierher? Sollen wir dich mal zu deinem Papa zurückbringen?”
“Aber ich möchte ein Lied hören...”, gab das Mädchen weniger erfreut zurück.
“Onkel Rogue muss sich jetzt aber erst einmal ausschlafen. Wir kommen später wieder”, versprach Kodomo seiner Enkelin und verließ die Waldhütte mit einem letzten, hoffnungsvollen Blick auf die traurige Gestalt im Bett.
Kaum war die Türe geschlossen, öffnete der Musiker seine Augen und starrte an die Decke. Heftiger Wind ließ die Waldhütte erzittern, als Cobain mit den Händen sein Gesicht verdeckte.
“Ihr seid doch alle nervig...”, flüsterte er leise.
Forsetzung folgt...
1.07: Westwind
Von wo der Wind weht
Von wo der Wind weht
[Utero, einsame Waldhütte]
Kodomo und Bean verließen die abgelegene Hütte und machten sich auf den Weg in Richtung Stadt. Auf den Ästen eines Baumes über den Beiden saß Shunki und beobachtete den Bürgermeister.
Als der ältere Mann und seine Enkelin verschwunden waren, sprang er herunter. Einige Meter von der Hütte entfernt stand er, als der Wind die Bäume zum rascheln brachte.
“Hier bist du also”, murmelte Shunki und rieb sich das Kinn.
Sekundenlang starrte er die morsche Holzhütte an. Sie sah nicht so aus, als würde sie noch einen Sturm überstehen. Nichteinmal einen Regenschauer.
“Rogue, was treibt jemanden wie dich dich an diesen Ort? Suchst du die Schätze der Piraten? Oder suchst du Nirvana?”, spekulierte der Weiße Fang neugierig.
Plötzlich öffnete sich Cobains verhasste Holztür und der Musiker kam mit seiner Gitarre heraus, doch Shunki Hayate war verschwunden. Der Musiker prüfte kurz den Wind und dachte einen Moment nach.
“Hmm Westwind... also beißen dort die Fische heute am Besten”, murmelte er und machte sich auf den Weg.
[Utero, Weststrand]
Die kleine Karavelle der leFleur-Piratenbande ankerte versteckt auf der Westseite der Insel Utero. Mit einem kleinen Rettungsboot näherten sich Venus, Gammon und die einäugigen Zwillinge dem Strand.
“Guter Plan, die Stadt von hinten anzugreifen”, polterte der zahnlose Pirat zufrieden.
“Wir greifen die Stadt immernoch nicht an! Wir wollen nur den Schatz aus den Bergen!”, stellte Venus sofort klar. Sie sprang auf, legte die Hände an ihre Hüfte und schaute finster auf ihre Kameraden herab.
“Habt ihr das verstanden?!”
“Aye Captain...”, murmelten die Zwillinge eingeschüchtert und deprimiert. Gammon grummelte leise etwas vor sich her, bevor auch er zustimmte.
Weitere Gespräche fanden während der Überfahrt nicht statt. Die weibliche Piratin beobachtete ihre Gefolgsleute herrisch, als diese ruderten und überlegte sich, wie sie deren Respekt gewinnen würde, wenn sie endlich das Versteck der diebischen Katze gefunden hätten. Der Legende zufolge sollte es der größte Schatz sein, den eine Frau jemals angehäuft hatte. Mit diesem Erfolg würde sie endlich von den Männern akzeptiert werden!
“Nie wieder schwach sein...”, murmelte sie traurig vor sich her.
“Was sagst du da, Captain?”, grunzte Gammon unfreundlich.
“Das geht euch überhaupt nichts an!”, keifte die Piratin zurück, entsetzt darüber, dass sie ihre Fassung verloren hatte.
Der Weststrand war nur ein paar Minuten von Cobains Hütte entfernt. Es war ein halbmondförmiger Sandstrand, welcher von dem dichten Wald des Hinterlands umgeben wurde. Einige graue Felsen ragten vereinzelnd aus dem feinen Sand. Auf dem weichen Boden hatte Cobaine seine Schuhe ausgezogen, seine Gitarre an einen Felsen gelehnt und sich einen Stock gesucht.
Nun saß er auf jenem Steinbrocken und versuchte eine mitgebrachte Schnur um seine Möchtegernangel zu binden.
“Captain, da sitzt ein Mann!”, schrieen die Zwillinge gleichzeitig, als das Boot der Piraten den Strand erreichte. Der Musiker schaute auf und musterte kurz die Leute, die am anderen Ende des Strandes an Land gingen. Die Frau erwiderte seinen Blick scharf.
Cobain zuckte schließlich mit der Schulter und interessierte sich wieder mehr für seine Angelschnur. Die drei bulligen Kerle stapften schäbig lachend durch den Sand auf ihn zu, die Piratin hinter sich.
“Wer bist du, kleiner Fischer?!”, fragte Gammon, der tief hinabschauen musste.
“Ein bisschen mehr Sonnenlicht”, antwortete der Musiker mit gleichgültiger Stimme.
“Oh versperren wir dir etwa die Sonne? Gahaha”, lachte der Zahnlose und hielt sich den Bauch fest.
“Ja, genau das wollte ich damit sagen.”
Die drei Piraten unterbrachen ihr Gelächter und schnitten verärgete Grimassen.
“Wir haben hier ja einen von der ganz harten Sorte!”, schimpfte Gammon und knackte mit den Fingerknöcheln.
“Ist mir doch egal, was du von mir denkst. Aber wenn ich nichts sehe, kann ich die Angel nicht fertig machen”, antwortete Cobain und schaute über den Rand seiner Brille.
“Auch noch frech werden, was?!”, rief der Pirat wütend. Er wandte sich kopfschüttelnd ab und gab den Zwillingen ein Zeichen.
“Ham und Bacon, macht den fertig!”
Die Einäugigen glucksten erfreut, als sie endlich die Chance bekamen, ihre Kräfte wieder auszuleben. Schließlich schien ihr Captain kein Einwand zu haben.
Beide grinsten sich ein letztes Mal an, bevor sie ihre Fäuste erhoben. Plötzlich stand Cobain auf, lief an den beiden Piraten vorbei und watete ins Meer hinein, um seine Angel auszuwerfen.
“Hey, seht ihr? Ich hab's doch geschafft!”, rief er provozierend, seinen Arm triumphierend in die Höhe streckend.
“Was macht er da?”, fragte sich Venus überrascht.
“Wollt ihr euch vielleicht endlich mal in Bewegung setzen?!”, brüllte Gammon wütend an die Zwillinge gerichtet, dass der Mann immernoch auf seinen Beinen stand. Die Einäugigen schauten sich verdutzt an und preschten anschließend auf Cobain zu.
“Wartet!”, rief der Musiker und hob abwehrend die Hand. In Erwartung einer Verteidigung hielten die Zwillinge in ihrer Bewegung inne. Sie standen inzwischen bei Cobain im Meer.
“Ich habe den Köder vergessen”, murmelte der Musiker und lief zurück zu dem Felsen.
“Hat der sie noch alle? Lasst euch nicht verarschen, ihr Holzköpfe!”, schrie Gammon außer sich.
Venus beobachtete den Mann mit seiner Gitarre verdutzt und bemerkte, dass dieser lächelte. Mit einem Mal rauschte eine riesige Welle aus dem Meer heran und begrub die Zwillinge unter sich. Das Wasser spülte um Venus' und Gammons Beine. Letzterer starrte entsetzt auf die beiden geschlagenen Piraten, die Wasser hustend im Sand lagen.
“Woher wusste er...?”, fragte die weibliche Piratin beeindruckt.
“Augen auf! So eine Welle ist eigentlich nicht zu übersehen. Aber bei nur halber Sehkraft kann ich das verstehen”, antwortete Cobain, der ihnen den Rücken zuwandte.
“Der verarscht uns auf ganzer Linie!”, erkannte der Zahnlose, das Gesicht in einer zornigen Grimasse verzerrt.
“Warte, Gammon”, befahl sein Captain und hielt die Hand vor ihn.
“Da war vorher keine Welle... Wie hat er das gemacht?”, dachte die Piratin irritiert. Sie knirschte mit den Zähnen und beobachtete den harmlos wirkenden Mann, der wieder munter ins Wasser zurückging.
“Westwind kommt hier auf Utero sehr schnell und unerwartet auf. Macht große, schnelle Wellen”, antwortete Cobain, als habe er ihre Gedanken gelesen.
“Du elender Angeber, gleich bist du tot!”, rief Gammon, riss sich von Venus los und stürzte auf den Musiker zu.
Fortsetzung folgt...
1.08: Loud-Mouth
Große Klappe, nichts dahinter?
Große Klappe, nichts dahinter?
[Utero, Weststrand]
Gammon stürmte in einem Tempo auf den Musiker zu, welches er ihm niemals zugetraut hätte. Cobain duckte sich schnell, sodass der erste Schlag über ihn hinwegrauschte.
Eigentlich hatte er nicht viel Lust, mit dem prolligen Piraten zu kämpfen, denn eine Chance auf den Sieg hatte sein Gegenüber trotz der überraschenden Schnelligkeit nicht. Doch Rogue war unaufmerksamer, als er dachte, denn plötzlich packte der Zahnlose seine Schultern mit festem Griff und hob ihn zu sich hoch.
“Junge, du hast Mundgeruch!”, fluchte Cobain, als der Pirat ihn belächelte. Eine Sekunde später schmetterte Gammon ihm seine Glatze ins Gesicht und wiederholte dies zwei weitere Male, bevor er ihn losließ. Der wehrlose Mann taumelte benommen zurück, als sein Gegner mit seine mächtigen Pranke ausholte und Cobains Brustkorb mit voller Wucht traf, sodass ihm die Luft entwich. Er flog einige Meter nach hinten und prallte unsanft gegen einen der herausragenden Steine. Doch der Musiker bekam keine Pause, denn Gammon rauschte bereits auf ihn zu und rammte ihn mit seiner Schulter in den Fels hinein.
Rogue sackte in sich zusammen und der Zahnlose klopfte sich zufrieden den Staub von seiner Schulter.
“Das ist die Stärke eines Piraten! Denk beim nächsten Mal früher darüber nach, mit wem du dich anlegst, du elender Schwätzer!”, spottete Gammon und schaute auf den im Sand liegenden Mann hinab.
Die Zwillinge hatten sich inzwischen wieder aufgerappelt und warteten verlegen bei ihrer Anführerin. Venus hatte das Spektakel ohne einen Kommentar beobachtet.
“Captain, können wir jetzt die Stadt ausrauben? Das bringt uns viel mehr Gold ein, als in den Bergen irgendwelche Schätze zu suchen!”, forderte der erste Maat genervt. Nach seinem Kampf hatte er Blut geleckt und wollte mehr.
“Vergiss es. Ich habe das Kommando”, antwortete die Piratin und stapfte durch den Sand zu Cobain.
Der Musiker blutete an seiner Stirn und schien bewusstlos zu sein.
“Nach deinem Auftritt eben dachte ich eigentlich, da käme mehr.”
Obwohl er so stark getan hatte, war hinter seiner Fassade nicht mehr als Worte gewesen. Venus machte eine abwertende Geste und ging fort.
Ihre bulligen Kameraden folgten ihr zögerlich in den Wald hinein.
Der geschlagene Mann wartete noch einen Augenblick, bis er vorsichtig die Augen öffnete, um sich zu vergewissern, dass seine Gegner den Strand verlassen hatten. Schließlich rappelte er sich auf, schüttelte seinen Kopf kurz und klopfte den Sand von seiner Kleidung.
“Was für ein nerviges Pack”, schimpfte er und wischte sich dabei sein Blut aus dem Gesicht.
Als wäre nie etwas geschehen, lief Cobain zu seiner Gitarre und der Angel, die er sich selbst gebaut hatte, herüber.
“Darauf muss ich mir erstmal einen trinken!”, beschloss er, packte seine Sachen zusammen und verließ den Strand in Richtung seiner Hütte.
[Utero, Fischerfluss, Ratshaus des Bürgermeisters]
Kodomo verschränkte die Arme auf seinem Rücken und schaute aus dem Fenster heraus. Fünf Tage waren es noch, bis die große Marktmesse beginnen sollte. Auf den Straßen begannen die Menschen ihre Stände aufzubauen, die Häuser zu schmücken und die Stadt zu säubern.
Viele Händler aus anderen Regionen erreichten derzeit die Insel, um in eigener Sache Werbung für ihre Waren zu machen und sich selbst einen Stand aufzubauen.
“Utero verwandelt sich in einen wirklich bunten Markt”, murmelte er zufrieden, doch in seinen Hintergedanken schwirrte immer wieder der Name Cobain. Kingen hatte ihm berichtet, dass einer der zwölf Junishis auf der Insel war und der Bürgermeister hoffte sehr, dass es zwischen den Beiden keinen Ärger geben würde. Cobain war seines Wissens nach noch nie sonderlich gut mit einer Autoritätsperson ausgekommen...
[Utero, Waldhütte]
“Was für ein Loch!”, fluchte Gammon wütend, als er die kleine Waldhütte nach wenigen Minuten durchsucht hatte. Das Holzbrett von Tür lag aus den Angeln gerissen im Wald, die Zwillinge waren verschwunden und Venus hatte sich auf das Dach gesetzt.
“Hier gibt es ja gar nichts! Welcher Waldläufer wohnt denn in so einer Bruchbude?”, fragte der Zahnlose enttäuscht darüber, dass er keine Schätze gefunden hatte.
“Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier überhaupt jemand wohnt”, gab die Piratin skeptisch zurück. Eigentlich interessierte es sie auch gar nicht, denn ihre Gedanken schweiften immer wieder zwischen dem Schatz in den Bergen und dem merkwürdigen Kerl vom Strand hin und her.
“Irgendwie war er ja schon beeindruckend”, dachte sie verlegen und grinste.
“Captain! Captain!”, riefen plötzlich die Zwillinge, die zwischen den Bäumen hervorgestürmt kamen und wild mit den Armen wedelten.
“Dahinten ist eine Villa! Sie ist ganz am Rand der Stadt und sie sieht sehr schön aus! Sehr wertvoll!”, berichteten sie aufgeregt.
Gammon kam lachend aus der Hütte heraus und knackte mit den Fingerknöcheln.
“Nach dem Kampf eben bin ich richtig heiß gelaufen! Komm schon Captain, eine einzige Villa! Lass uns auch ein wenig Spaß!”, forderte er hitzig.
Venus dachte einen Moment darüber nach, bevor sie schließlich seufzend nachgab.
“Geht ruhig, ich warte hier. Aber danach suchen wir den Schatz und verschwinden wieder ohne weiteren Ärger!”, antwortete die Piratin, als ihre Kameraden in Freudenschreie ausbrachen.
“Aye Captain!”, stimmte Gammon zufrieden zu und die drei Männer machten sich auf den Weg zur Villa des Bürgermeisters...
[Utero, Rand von Fischerfluss, Villa des Bürgermeisters]
Kodomo und Kingen betraten den Hof der Villa und wurden dort von Kurt und seiner Frau empfangen.
“Hallo, Vater”, begrüßte er ihn rau. Zwischen dem Bürgermeister und seinem Sohn herrschte seit einiger Zeit ein starker Konflikt, welcher von Cobain ausgelöst wurde. Kurt, der die Nachfolge von Kodomo in einigen Jahren anstrebte, war der gleichen Ansicht wie dessen Assistent: Der Trunkenbold musste umgehend aus der Stadt entfernt werden.
Die zähe Begrüßung wurde jäh unterbrochen, als Bean aus dem Haus gerannt kam, verfolgt von einer überforderten Haushälterin.
“Opi! Opi!”, rief sie vergnügt und sprang ihrem Großvater in die Arme.
“Bean zuliebe würde ich sagen, wir kümmern uns erst einmal um das Essen”, antwortete Kodomo an seinen Sohn gerichtet. Dieser nickte zustimmend, woraufhin sie alle in die Villa gingen, um sich ein schönes Essen zu machen.
Fortsetzung folgt...
1.09: Who are you?
Die Piratin
Die Piratin
[Utero, Waldhütte]
Venus hatte sich inzwischen auf das Dach der morschen Waldhütte gelegt und döste vor sich her. Er war schwierig, das Kommando über einen blutrünstigen Haufen wie Gammon und die Zwillinge zu behalten, ohne dabei den Kürzeren zu ziehen. Sie war zwar gegen sinnlose Zerstörung und Plünderung, aber anscheinend hatte sie keine andere Wahl. Vielleicht war sie einfach zu rechtschaffend, um als Piratin ein gutes Bild abzuliefern...
“Red' dir nicht so einen Unsinn ein!”, schimpfte sie und gab sich selbst eine Backpfeife. Sie musste stark sein! Dass sie eine Frau war, galt nicht als Ausrede für Schwäche!
“Ist das normal, dass du dich schlägst?”, fragte eine genervte Stimme und Venus fiel vor Schreck beinahe vom Dach. Als sie herunter schaute, stand dort der merkwürdige Fischer, den sie am Strand getroffen hatten. Seine Stirn hatte eine blutige Wunde aus dem Kampf davongetragen, doch scheinbar machte ihm das nichts aus.
“Was guckst du denn so blöd?”, entgegnete der Mann, bevor die Piratin irgendwas sagen konnte. Ohne sich weiter um die junge Frau zu kümmern, verschwand er in der Hütte.
Venus war sprachlos. Wie konnte der Typ immernoch so kühn sein, obwohl er am Strand von Gammon besiegt worden war? Oder war er überhaupt nicht besiegt worden?
In ihr kam ein unbehagliches Gefühl auf. Dieser Kerl war äußerst merkwürdig und vielleicht sollte sie am besten einfach gehen...
Stattdessen sprang sie neugierig von dem Dach herunter, um anschließend den Kopf durch die Eingangstür zu strecken.
“Was willst du?”, fragte Cobain abweisend, als er seine Gitarre in eine Ecke stellte und seine Komode nach einer Rumflasche absuchte. Doch die hatte man ihm ebenso genommen, wie seine Haustür.
“Kann mir mal jemand sagen, wieso ihr gerade mich so nerven müsst?”
Wütend stapfte er an der Frau vorbei und packte sein Holzbrett von Tür, um es an seinen Platz zurückzubringen.
“Kann ich dir ... helfen?”, fragte die Piratin schüchtern. Im nächsten Moment schreckte sie schockiert zurück und gab sich wieder eine Backpfeife. Wie konnte sie denn nur soetwas zu einem wildfremden Mann sagen? Sie war Piratin! Böse!
Cobain schien sich eine ähnliche Frage zu stellen, denn er schaute sie total entgeistert an. Schließlich fing er an zu lachen und ignorierte die braunhaarige Frau einfach. Peinlich berührt zog sie sich ein wenig zurück und beobachtete den Musiker von Außen.
“Sag mal...”, begann Cobain und Venus' Miene erhellte sich ein wenig, als der Musiker Interesse an ihr zeigte.
“... willst du da Wurzeln schlagen? Hau' endlich ab und kontrollier' deine Brüllaffen”, sagte Cobain trocken.
Die Piratin ließ enttäuscht den Kopf hängen. Wie konnte sie denn auch Interesse von dem Mann erwarten, den sie am Strand noch fertig gemacht hatten. Und wieso wollte sie überhaupt sein Interesse?
“Aaaaah!”, schrie sie wütend und gab sich daraufhin gleich drei Backpfeifen.
Cobain schaute sie skeptisch an.
“Schonmal überlegt, damit zum Arzt zu gehen?”, fragte er, denn langsam wurde die Frau ihm unheimlich.
Von den Worten sichtlich verletzt, setzte Venus sich schmollend in die kleinste Ecke seiner Hütte. Irritiert blieb Cobain in der Tür stehen und hielt sie mit einer Hand offen.
“Möchtest du vielleicht endlich verschwinden?”, fragte er genervt, eine Geste zur Türe machend.
“Ist ja schon gut...”, antwortete Venus beleidigt und stapfte an dem Musiker vorbei. Dieser wollte die Tür bereits hinter ihr schließen, als die Piratin sich scheinbar umentschieden hatte.
“Wieso stehst du eigentlich schon wieder? Gammon hat dich doch ziemlich zugerichtet”, bemerkte sie, während sie in der Tür stand und versuchte diese aufzuhalten.
“Das geht dich nichts an!”, antwortete Cobain trocken und wollte seinerseits die Tür zuzuziehen.
“Aber ich möchte es wissen!”, protestierte Venus trotzig.
“Das ist mir doch egal!”, kreifte der Musiker zurück.
“Warum sagst du es mir nicht einfach?”, quängelte die Frau wie ein kleines Mädchen.
“Warum sollte ich das tun?! Was willst du von mir?” , fauchte der Mann.
“Mit dir reden!”
“Hast du sonst nichts zu tun?”
“Was bist du denn so verbohrt?”
“Geht's noch?! Ich will nicht mit dir reden!”
Schließlich gewann der Musiker mit einem Ruck den Zweikampf und die Tür krachte in ihren Rahmen. Schnaufend warf er sich auf das Bett, als seine Hütte ächzte und die Tür quietschend aus ihren Angeln fiel - schon stand Venus wieder vor ihm.
“Und ich dachte immer, Bean wäre der nervigste Mensch auf der Welt”, bemerkte Cobain und schlug sich die Hand verzweifelt auf sein Gesicht.
Die Frau betrat die Waldhütte und schaute sich kurz um. Gammon hatte nicht gelogen, als er behauptet hatte, es sei ein Loch.
“Das Leben hier muss hart sein”, sagte sie einfühlsam und lehnte sich an die Komode. Diese hielt keine Sekunde länger stand und klappte in sich zusammen, woraufhin sich Venus reuevoll die Hand an den Kopf hielt.
“Super gemacht. Mit so einem Gewicht setzt man sich nicht auf Komoden!”, schimpfte Cobain, doch er hatte bereits aufgegeben, sich über die Piratin aufzuregen.
“Er hat gesagt, ich bin fett...”, dachte Venus betroffen und ließ den Kopf hängen. Erneut zog sie sich schmollend in eine Ecke der Hütte zurück.
“Wieso hab' ich dich jetzt eigentlich am Hals? Wo sind deine Prolle geblieben?”, fragte der liegende Mann, obwohl ihm das eigentlich gleichgültig war.
“Wieso sollte ich dir das verraten?”, konterte die Braunhaarige trotzig. Wenn der Musiker ihr nicht antwortete, brauchte sie das auch nicht tun.
“Dann halt nicht”, murmelte Cobain und stand von seinem Bett auf.
“Warte! Nicht gehen!”, rief Venus, die Hand nach dem Musiker ausstreckend. Rogue zog irritiert eine Augenbraue hoch.
“Sie sind in eine Villa, hier in der Nähe gegangen, um sie auszuplündern...”, gestand die Frau reumütig.
Plötzlich veränderte sich Cobains Blick, er wurde schärfer und wacher.
“In die Villa des Bürgermeisters?”, fragte er und versuchte immernoch gleichgültig zu klingen. Die Piratin nickte, ohne ihn anzuschauen.
“Bean...”, dachte der Musiker mit einer dunklen Vorahnung.
Fortsetzung folgt...
1.10: Misgiving
Zum Wohl der Insel
Zum Wohl der Insel
[Utero, Waldhütte]
Cobain sprang energisch von seinem Bett auf und packte Venus an ihrem Handgelenk. Die Piratin verzog das Gesicht schmerzhaft aufgrund der groben Behandlung und versuchte sich loszureißen, doch sie hatte keine Chance.
“Wir gehen jetzt sofort zu der Villa und du rufst deine Leute zurück!”, befahl er ihr wütend.
“Lass mich sofort los!”, rief Venus verzweifelt und riss an der Kleidung des Musikers. Sie ergriff seinen Schal und zog so feste daran, wie sie konnte, woraufhin ihm die Luft abgedrückt wurde. Röchelnd wirbelte er herum und stieß die Frau unsanft zu Boden. Sie rappelte sich schnell wieder auf und griff an ihre Gesäßtasche. Mit einem Mal löste sich der Nietengürtel um ihre Hüfte, schnellte hervor und umwickelte Cobains Körper.
Die spitzen Nieten rammten sich in das Fleisch des Musikers, während der Mann versuchte sich aus der Falle zu befreien. Venus stand keuchend vor ihm und Rogue erkannte, dass es sich bei dem Gürtel in Wirklichkeit um eine Dornenpeitsche handelte.
“Du brauchst gar nicht denken, dass sich Black Rose Venus von einem Stümper wie dir besiegen lässt!”, rief sie erzürnt und Cobain hatte das Gefühl, dass sich die Peitsche noch enger um seinen Körper schlang, um ihm ihre Dornen möglichst tief in seinen Körper zu pressen.
Der Musiker entspannte sich und atmete tief durch.
“Ist ja schon gut, ich gebe auf!”, rief er gequält. Die Piratin starrte ihn skeptisch an, lockerte den Griff der Peitsche, aber befreite ihren Gegner nicht.
“Wieso gibst du auf? Ich weiß, dass du viel mehr kannst, als du vorgibst!”, konterte sie vorsichtig.
“Ich will mich nicht mit kleinen Mädchen prügeln”, antwortete Cobain gehässig.
Venus ließ die Worte mit offenem Mund auf sich wirken, bis sie schließlich enttäuscht den Kopf senkte und den Musiker seine Freiheit zurückgab.
“Ich bin kein kleines Mädchen...”, murmelte sie deprimiert, hockte sich dabei schmollend auf den Boden.
“Kann es sein, dass du ein gewaltiges Selbstwertproblem hast?”, fragte der Musiker genervt, während er seinen Körper abklopfte, um die Auswirkungen der Verletzungen zu prüfen. Anscheinend war alles in Ordnung.
“Können wir jetzt endlich deine Gorillas einsammeln gehen? Ich habe keine Lust, dass es laut auf dieser Insel wird. Davon krieg' ich Kopfweh.”
Die Piratin zog eine trotzige Grimasse.
“Wieso sollte ich dir helfen? Worum geht es dir?”, fragte sie.
Ein Schatten schlich über Cobains Gesicht. Er schwieg einige Sekunden, bevor sich ein Grinsen breitmachte.
“Hilf' nicht mir, sondern dir selbst! Auf dieser Insel gibt es einen riesigen Schatz und ich kenne den Weg”, antwortete er und machte sich auf den Weg. Venus schaute ihm überrascht hinterher, bevor sie erfreut in die Luft hüpfte und Cobain um den Hals sprang.
“Du weißt wo der Schatz ist? Mein zukünftiger Schatz? Bitte zeig' mir den Weg!”, rief die Piratin überglücklich. Schnell ließ Venus ihn wieder los, als sie merkte, dass der Mann sich nicht mehr bewegte, fast so, als wäre er versteinert.
“Mach' das nie wieder und halt endlich den Mund...”, grummelte der Musiker verärgert.
[Utero, Stadtrand von Fischerfluss, Villa des Bürgermeisters]
Die Villa des Bürgermeisters war kleiner als das Ratshaus, doch dafür umso familiärer eingerichtet. Es gab einen weiten, offenen Garten, dessen einzige Grenze ein rosa Blumenmeer darstellte. Der Grundriss des Hauses bestand aus einem Rechteck, wodrauf drei Stockwerke aus feinstem Holz und Stein gebaut worden waren. Ein kleiner Hof vor der Türe war durch ein Eisenzaun umringt.
Die Tore zum Hof waren geschlossen, da das Familienessen stattfand und man ungerne gestört wurde. Der Bürgermeister, sein Assistent und seine Familie saßen beisammen, um das Mahl zu sich zu nehmen. Der Butler und die Hausmädchen kümmerten sich darum, dass alle Wünsche erfüllt wurden. Bisher herrschte Stille im Esszimmer, denn keiner wollte der Erste sein, der den familiären Konflikt zum Gesprächsthema machte. Schließlich schien sich Kingen doch noch einen Ruck geben zu wollen.
“Bürgermeister...”, begann er, woraufhin eine andere Stimme ihn unterbrach.
“Vater, wir wissen alle, dass Rogue Cobain ein großes Risiko für die Gesellschaft darstellt! Er hat uns einmal geholfen und sechs Monate danach nur für Ärger gesorgt! Du musst doch auch langsam erkennen, dass dieser Mann sich niemals ändern wird!”, erhob Kurt das Wort. Beans Vater saß am Tischkopf und blickte geradeaus auf das andere Tischende, wo sein eigener Vater saß. Dieser legte seelenruhig das Besteck beiseite, während Kingen vor sich hermurmelte, er hätte das gleiche sagen wollen.
“Wer ist Rogue Cobain?”, fragte der Bürgermeister einfach. Die Runde schaute ihn verdutzt an, als er seine Hände faltete und nachdachte.
“Ihr kennt seinen wahren Charakter nicht und verurteilt ihn trotzdem.”
“Und du kennst ihn?”, entgegnete sein Sohn angewiedert.
“Nein...”, murmelte der Bürgermeister leise.
“Was versprichst du dir dann von ihm?”
“Er hat uns zwar nur ein einziges Mal geholfen, aber er hat es getan. Das heißt doch, er ist nicht herzlos. Das habe nicht nur ich in dieser Familie erkannt!”
Kingen rückte seine Brille zurecht und faltete seine Serviette nach dem Benutzen, als eine kleine Pause zwischen den erhitzen Gemütern aufkam.
“Sir, es ist doch völlig unwichtig, ob dieser Organismus einen guten Kern hat. Sein aktuelles Verhalten ist eine Bedrohung für die Marktmesse! Wir können nicht davon ausgehen, dass es sich in den nächsten Tagen derartig verbessert, um ihn als ungefährlich einzustufen!”
Kodomo sackte in sich zusammen und stützte seinen Kopf auf die Hände. Er schüttelte sich betroffen, schien nach Worten zu suchen, fand aber scheinbar keine.
“Was würdet ihr denn an seiner Stelle tun?”, fragte er traurig.
Kurt stutzte, während Kingen sich vom Tisch erhob und seinen Stuhl zurechtrückte.
“Sir, ich bitte um die Erlaubnis, den Junishi Hayate auf Rogue Cobain anzusetzen. Er wird ihn mit Sicherheit beseitigen... obwohl er auch einen seltsamen Eindruck macht”, forderte der Assistent herzlos, wobei er den letzten Teil nur flüsterte.
“Niemals”, antwortete der Bürgermeister entschlossen.
“Vater, du bist alt geworden. Deine Ideale verderben dich”, spottete dessen Sohn herablassend.
Kodomo schwieg, während Kingen sich von seinem Stuhl erhob, ihn zurecht rückte und sich räusperte.
“Sir, im Sinne der Insel und Bewohner Uteros werde ich mich hiermit ihren Worten widersetzen. Es wird Zeit, dass Cobain verschwindet.”
Fortsetzung folgt...
1.11: Unwelcome Visitors
Ihr dürft hier nicht rein!
Ihr dürft hier nicht rein!
[Utero, Villa des Bürgermeisters]
Kingen verließ mit energischen Schritten die Villa, gefolgt von Kurt.
“Sie tun das Richtige”, sagte Kodomos Sohn, als sie in der Eingangshalle standen. Der Assistent nickte zustimmend. Es bedurfte keiner weiteren Worte mehr. Es gab nur noch die Entscheidung, Cobain von Utero verschwinden zu lassen.
“Wer kann es besser, als einer der Junishis?”, stellte Kingen die rhetorische Frage. Kurt schloss die Augen und atmete tief durch, nachdem der Assistent durch die Tür schritt. Seine Frau kam mit ihrer Tochter an der Hand von hinten auf Kurt zu.
“Ich habe Angst, dass dieser Verrückte noch einmal ausrastet”, gestand sie ängstlich.
Der Familienvater packte das kleine Mädchen unter den Armen und hob sie auf seine Schulter.
“Cobain wird Bean nie wieder zu nahe kommen”, versicherte er ihr zuversichtlich.
Der Assistent stapfte eilig über den Hof der Villa und machte sich bereits Gedanken, wie ihm die Leute für Cobains Beseitigung danken würden. Es würde ihm bestimmt genug Sympathie einbringen, doch egal was passierte, das Wohl der Bürger war die wichtigste Priorität.
“Hey Brillenschlange!”, polterte plötzlich eine Stimme.
Als Kingen aufschaute, entdeckte er die drei bulligen Männer, die aus den Schatten der Bäumen hervorgekrochen kamen.
“Die Absperrung gilt für jegliche Besucher, solange es keine Erlaubnis gibt!”, rief der Assistent nervös, als die Kraftprotze den Eisenzaun erreichten. Zwei von ihnen hatten jeweils nur ein Auge, einer hatte kaum Zähne. Letzterer schien ihr Anführer zu sein, welcher doppelt so hoch wie der Zaun war. Er packte die dünnen Eisenstäbe, rüttelte kurz an ihnen, bevor er mit einem Ruck das Tor aus den Angeln riss und es hinter sich schleuderte.
“Ich sehe keine Absperrung”, kommentierte der Zahnlose schmierig grinsend.
“Sir, ich habe meine Zweifel, dass Sie die Befugnis zum Betreten dieses Grundstücks haben!”, verteidigte Kingen sich, während er schlotternd zurückwich.
“Ham und Bacon, ihr geht von hinten rein”, gab der Anführer bereits die ersten Kommandos von sich.
“Herr Eindringling, das ist meine letzte Warnung!”, schrie der Assistent panisch. Er stand inzwischen wieder vor der Tür der Villa, der fremde Mann stand nur wenige Schritte von ihm entfernt, während seine Kumpanen bereits um das Haus schlichen.
“Bleiben Sie bitte...!”, begann Kingen als der Zahnlose nach vorne schnellte.
“BUH!”, rief er, als sein Gesicht bis auf wenige Zentimeter vor dem des Brillenträgers war. Ob es der Schock oder der scheußliche Atem war, der Assistent fiel nach einem schrillen Aufschrei augenblicklich in Ohnmacht.
“Wie langweilig”, schimpfte Gammon enttäuscht. Behutsam klopfte er gegen die Haustür und wartete. Und wartete. Und wartete...
“Das raubt mir eindeutig die Geduld!”, polterte er, holte zum Schlag aus und durchbrach die Tür, wobei er den dahinter ankommenden Butler zu Boden riss. Er betrachtete einen Moment lang die Empfangshalle, von der aus zwei Treppen in höhere Stockwerke und ein Korridor tiefer ins Innere des Erdgeschosses führte
“Was ist das denn für eine langweilige Bude?”, fragte der Pirat, woraufhin er sich langsam auf den Speisesaal zubewegte.
“Was war das für ein Krachen?”, fragte Kurt überrascht, Bean auf seinem Schoß sitzend. Die Hausmädchen räumten den Tisch ab, Kodomo stand mit verschränkten Armen vor den Fenstern des Speisesaals.
“Vielleicht solltest du mal nachschauen”, schlug seine Ehefrau vor und nahm Bean zu sich.
“Es ist bestimmt Cobain. War ja klar, dass er uns bei einem Familienessen stört. Wahrscheinlich sucht er Alkohol oder Zuneigung von meinem Vater”, spottete Kurt laut, sodass auch Kodomo ihn hören musste.
Der Bürgermeister wandte sich seinem Sohn zu, als plötzlich Scherben zerbrachen und zwei Kolosse durch die untypischen Eingänge in den Speisesaal sprangen. Die Frauen im Raum schrieen panisch auf, Kurt stellte sich schützend vor Bean und Kodomo wurde von einem der Männer zu Boden geworfen.
“Zittert vor uns!”, rief einer der Einäugigen, während sein Partner die Stühle vom Esstisch packte und durch den Saal schmiss. Holz berstete, als sie an den Wänden zersprangen.
“Wer zur Hölle seid ihr?!”, schrie Kurt verzweifelt. Bean brach in Tränen aus und der Bürgermeister hielt stöhnend seinen Arm.
Die Zugangstür zum Speisesaal flog aus ihren Angeln und traf einen der Zwillinge, der auf sein Gesäß plumpste. Der Andere von Beiden kicherte belustigt vor sich her.
“Hier ist Gammon!”, rief der Eindringling blutrünstig.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Innenhof]
Cobain und leFleur standen um das herausgerissene Eisentor, welches einige Meter hinter seinem ursprünglichen Platz lag und der Musiker schnaubte angewidert.
“Das Kaputtmachen von Gegenständen scheint in eurer Bande zu liegen”, bemerkte der Trunkenbold in Erinnerung an sein einziges Möbelstück.
“Ich lass' dir was von meinem Schatz da, dann kannst du dir vielleicht eine neue kaufen”, meinte die Piratin verwegen.
Cobain kramte in seiner Manteltasche und holte einen Flachmann, nahm einen Schluck heraus und seufzte im Angesicht der drohenden Arbeit.
“Auch einen Schluck?”, fragte er seine Begleiterin nebenbei.
“Ich trinke nicht während der Arbeit”, konterte sie lächelnd.
“Selber Schuld”, gab Cobain zurück und setzte noch einmal an.
“Willst du jetzt vielleicht aufhören zu saufen?”
Der Musiker schaute sie skeptisch an, änderte jedoch nichts an seiner Haltung.
Schreie ertönten aus dem Inneren der Villa, was ihn schließlich doch dazu bewegte, den Flachmann wegzustecken.
“Können wir dann endlich? Ich hasse Frauenschreie”, sagte Venus verbittert.
“Denk' dran, wenn deine Affen nicht freiwillig Ruhe geben, werd' ich euch wehtun müssen”, bemerkte Cobain, als die Beiden durch den Eingang im Eisenzaun hindurch schritten, die Villa vor ihnen fest im Blick.
Fortsetzung folgt...
1.12: You're not better!
Du bist Schuld!
Du bist Schuld!
[Utero, Weststrand, auf dem Meer]
Egg schleppte sich gelangweilt über das Deck der leFleur-Karavelle. Irgendwer musste ja auf das Schiff aufpassen, was meistens auf ihn zurückfiel. Aufgrund seiner schmächtigen Figur war er einfach nicht der furchteinflößende, starke, plündernde Pirat.
Das Einzige, was ihn immernoch auf dem Schiff hielt, war sein Captain. Wenn Venus ihm nicht immer zureden würde, hätte er schon längst aufgegeben, sich gegen seine Kameraden durchsetzen zu wollen.
“Ich werde allen beweisen, dass ich auch stark sein kann!”, machte er sich selber laut Mut.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Innenhof]
Kingen schreckte aus seiner Ohnmacht auf und versuchte schnellstens seine Gedanken über die Eindringlinge zu sortieren.
“Konntest du nicht zwei Sekunden mit dem Aufstehen warten?”, fragte Cobain gehässig, der zusammen mit Venus die Tür erreichte.
Ein schriller Schrei entwich dem Assistenten, als er erkannte wer vor ihm stand. Der Himmel über ihnen zog sich langsam mit dunklen Wolken zusammen, die ein Unwetter prophezeiten.
“Was machst du hier, dreckiger Organismus?!”, fragte er geschockt. Er musterte die Piratin und bastelte sich in wenigen Sekunden seine eigene Antwort.
“Du hast die Eindringlinge angeschleppt! Ich wusste immer, dass du uns eines Tages verraten wirst! Der Bürgermeister ist zu gutherzig!”
Venus schaute Cobain an, nicht sicher was sie über den Mann denken sollte. Er lebte also nicht ohne Grund in dieser morschen Waldhütte.
“Scheint so, als wärst du nicht beliebt”, flüsterte sie über Kingens Ansprache hinweg.
“Ist mir doch egal”, antwortete Cobain und wollte das Haus betreten, doch der Assistent stellte sich ihm in den Weg.
“Du wirst den Menschen in diesem Haus nichts antun! Das werde ich nicht zulassen! Pfeif dein Gesindel zurück!”, forderte er, wütend die Arme von sich gestreckt.
“Was meinst du, warum ich hier bin?”, gab der Musiker genervt zurück, packte den Assistenten an der Schulter und schob ihn beiseite.
Venus beachtete den Brillenträger nicht weiter und folgte Cobain in das Haus.
“Ja so ist es richtig! Diese Ungeheuer passen wirklich zu dir!”, rief der Assistent den Beiden verzweifelt hinterher.
Die Piratin beobachtete den Musiker und fragte sich, wieso er bloß auf dieser Insel lebte, wenn die Leute ihn doch hassten. Doch was dann passierte, hatte sie nicht erwartet.
“Cobain, du bist ein Monster! Geh wieder dahin, wo du hergekommen bist! Hier mag dich keiner! DU wurdest doch noch nie geliebt!”, gab Kingen seiner gesamten Wut über den Trunkenbold freien Lauf.
Schneller als der erste Blitz am Himmel war Cobain zurück gesprungen und stand vor dem Assistenten. Venus hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund, Kingen war starr vor Angst.
“Ich bin ein Teufel, ich muss nicht geliebt werden”, sagte der Musiker grinsend und wandte dem Mann seinen Rücken zu. Gerade als der Assistent erleichtert ausatmete, rauschte Venus an Cobain vorbei und schmetterte ihre zierliche Faust in Kingens Gesicht. Der Brillenträger stolperte benommen zurück und hielt sich schreiend das Gesicht fest. Im selben Moment öffnete der Himmel seine Schleusen und der Regen durchnässte den Assistenten innerhalb weniger Sekunden.
“Das war es nicht wert”, bemerkte ihr Begleiter trocken. Venus konnte sein Gesicht nicht sehen, doch sie konnte es spüren. Eine Aura, kälter als die stark abgekühlte Luft, umgab den Mann vor ihr.
“Ich verstehe”, antwortete die Piratin vorsichtig. Was auch immer der Musiker sich im Kampf mit Gammon gedacht hatte, er schien einiges mehr zu können, als er von sich preisgab.
[Utero, auf dem Meer]
“Captain... warum greifen wir die Insel nicht direkt an?”, fragte der alte Sekai. Das Boot von Varu Nova hatte Utero bereits vor einigen Stunden erreicht, doch der Grünhaarige machte keine Anzeichen, die Insel betreten zu wollen.
“Alter Mann, ich will nicht einfach Rache! Ich will Cobain vernichten!”, erläuterte Nova sein Vorhaben.
“Aber... wie willst du das machen?”, stöhnte das letzte Crewmitglied, welches dem Captain geblieben war.
“Warte ab und stell meine Pläne nicht infrage! Ich weiß, was ich tue!”, gab der Grünhaarige bissig zurück. Er schaute voraus auf die kleine Karavelle, die am westlichen Strand der Insel geankert hatte.
“Phase Eins”, flüsterte der Captain finster.
“Ohje...”, kommentierte Sekai die Spielchen von Nova kopfschüttelnd.
“Lass das mit deinem ständigen Nörgeln”, forderte der Grünhaarige genervt nach einer kurzen Pause.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
“Wo ist euer Geld?!”, brüllte Gammon wütend, den Sohn des Bürgermeisters an seinem Kragen gepackt. Kurt hatte sich versucht gegen die Piraten zu wehren, doch das Ergebnis waren nur blutige Wunden. Die rote Flüssigkeit rann sein Gesicht herab und befleckte seine Kleidung.
Bacon verfolgte die Hausmädchen, welche sich in der Küche eingeschlossen hatten und Ham schubste den Bürgermeister herum. Kurts Frau und Bean saßen schreiend in eine Ecke des Speisesaals.
“Wir haben kein Geld!”, rief der Blutende angestrengt. Sein Kiefer schien gebrochen zu sein, denn die Worte kamen nur undeutlich und von Blut gefolgt aus seinem Mund.
“Erzähl mir keine Märchen, du Sesselfurzer! Ich will Diamanten sehen!”, forderte der Zahnlose aggressiv.
Ein stumpfes, sich wiederholenes Klopfen unterbrach die Szenerie, woraufhin alle Blicke zur Quelle des Geräusches wanderte. Im Eingang zum Speisesaal standen Venus leFleur und Rogue Cobain, welcher in konstanten Abständen mit der Faust gegen die Wand schlug.
“Können wir uns der kleinen Party anschließen?”, fragte er in humorvollem Ton.
Fortsetzung folgt...
1.13: Devil's Face
Das Gesicht des Teufels
Das Gesicht des Teufels
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
“Wenn das nicht unser Angelkönig ist”, schnaubte der erste Maat der leFleur-Bande überrascht und belustigt. Er lockerte seinen Griff und warf Kurt schließlich beiseite. Der Familienvater krachte gegen den Esstisch und sackte darunter zusammen.
“Und unsere Miss Captain”, stellte er heimtückisch grinsend fest.
“Gammon, lass die Frauen und Kinder in Ruhe”, forderte Venus herrisch.
“Ich dachte immer, wir stehen auf einer Seite”, antwortete der Zahnlose ironisch. Er betrachtete die Beiden skeptisch, während die Zwillinge sich an seiner Seite positionierten.
“Du hast deine Leute ja total unter Kontrolle”, flüsterte Cobain zynisch.
“Du kennst meine Regeln, Gammon!”, schrie Venus, die ebenfalls Zweifel an ihrer Autorität gegenüber den Piraten bekam. Es war jedes Mal das gleiche: immer wurde sie in entscheidenen Situationen nervös.
“Captain”, spuckte der Eindringling das Wort regelrecht aus.
“Du hast uns doch erlaubt zu plündern!”
“Ihr plündert aber nicht, ihr verletzt Bürger”, antwortete leFleur angespannt.
Der Zahnlose wog seinen Kopf von rechts nach links und ballte die Hände zu Fäusten.
“Irgendwie tut es mir überhaupt nicht Leid, die Regeln gebrochen zu haben”, erläuterte er stolz grinsend.
Für die Zwillinge schien es ein Kommando für den Angriff gewesen zu sein, denn die beiden Einäugigen stürmten mit einem Satz auf Venus und Cobain zu. Während der Musiker zurück in den Flur wich, sprang die Piratin beiseite und zog gleichzeitig ihre Waffe. Die dornengespickte Peitsche wickelte sich blitzschnell um den rechten Arm von Bacon. Dieser packte mit seiner linken Pranke die Waffe, um sich davon loszureißen. Venus jedoch hatte bereits darauf spekuliert, sodass sie mit einer geschickten Armbewegung einen Schwung erzeugte, woraufhin sich die Peitsche auch um das zweite Handgelenk drehte.
Während sich der Zwilling mit aller Kraft gegen die Fesseln wehrte, sprang die Piratin mit einem hohen Satz über den Einäugigen hinweg, was zur Folge hatte, dass dessen Arme über den Kopf und anschließend Richtung Boden gerissen wurden. Dadurch verlor er das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
Venus setze sich auf den Bauch des Geschlagenen, um durchzuatmen und zog dabei die Schlinge um Bacons Arme fester. Gammon beobachtete sie zähneknirschend.
“Du weißt, dass ich stärker bin als ihr”, kommentierte der weibliche Captain die Meuterei.
Mit einem Mal krachte es im Hausflur und Ham schoss durch den Eingang in den Speisesaal. Er flog ungebremst in den harten Holztisch, welcher unter ihm zusammenbrach. Kurt wurde von dieser Attacke ebenfalls getroffen.
“Du solltest vorsichtig sein, was du dir anschaust. Du siehst schließlich nur noch die Hälfte”, warnte Rogue Cobain ihn, der wieder zurück in den Speisesaal kam.
Der Musiker schritt durch den Raum hindurch und kniete sich vor Kurts Frau und Bean nieder. Er musterte kurz das kleine Mädchen, welches seit seinem Eintreten aufgehört hatte zu weinen, obwohl ihre Mutter sie ängstlich in ihre Arme schloss.
“So wie es aussieht, steht es jetzt zwei gegen einen”, bemerkte Cobain provozierend und stellte sich vor die beiden Damen.
Gammons Augen funkelten vor Zorn. Ob er erkennen würde, dass er chancenlos war, bezweifelte der Musiker.
“Gib auf, dann werde ich dir verzeihen. Dieser Mann wird uns zu unserem Schatz führen, wenn wir die Villa in Ruhe lassen”, redete Venus auf ihren ersten Maat ein.
“Was interessiert mich dieser Schatz?! Deine Zeit ist abgelaufen! Und die deines Angelprinzen auch!”, schrie Gammon blind vor Zorn.
“Er ist nicht mein Prinz!”, keifte Venus augenblicklich und wurde dabei rot im Gesicht. Cobain ließ genervt seine Anspannung fallen und schlug sich die Hand auf die Stirn.
“Können wir das vielleicht ein wenig abkürzen?”, fragte er miesepetrig.
“Wer bist du, dass du glaubst, dich hier einmischen zu können?!”, brüllte Gammon und stürzte sich mit beiden Fäusten voraus auf den Musiker. Dieser hatte bereits damit gerechnet und war vorbereitet. Er kreuzte die Arme, ließ sich von dem Zahnlosen am Kragen packen und riss seine Hände auseinander, um Gammons Angriff entgegenzuwirken.
Plötzlich stand der bullige Pirat ohne jegliche Deckung vor ihm, die Pranken durch den Schwung weit auseinandergerissen.
Cobain schien plötzlich seinen Geist zu fokussieren und Venus hatte das Gefühl, dass die Atmosphäre um ihn herum zu zittern begann. Als der Musiker zum Schlag ausholten, schien sich aus dem Nichts heraus irgendetwas in seiner Hand zu bilden.
Seine Faust rauschte schließlich in Gammons Magen, woraufhin der erste Maat Blut spuckte und ein heftiger Windstoß sich von dem Trefferpunkt ausbreitete. Der Pirat wurde eine Sekunde später an das andere Ende des Raums katapultiert, wo er unsanft gegen die Hauswand krachte.
Der Aufprall ließ die gesamte Villa erzittern, woraufhin einer der zwei mächtigen Kronleuchtern von der Decke fiel und auf dem Boden zerschellte.
“Ich bin Rogue Cobain, der Sturmteufel!”, verkündete der Musiker mit einem teuflischen Grinsen, woraufhin ein Blitz das Szenario erleuchtete.
Forsetzung folgt...
1.14: Consequence
Des Retters Lohn
Des Retters Lohn
[Utero, Hauptstraße vor dem Wirtshaus]
Shunki Hayate stapfte munter vor sich her, die Blicke aller Leute auf sich ziehend. Nach seinem Besuch an Cobains alter Waldhütte hatte er das Ratshaus des Bürgermeisters besucht, um mit jenem über die Sicherheitsregeln der Marktmesse zu sprechen. Doch er wurde darüber informiert, dass sich Kodomo bei einem privaten Treffen befand. Familienangelegenheiten waren nicht sein Aufgabenbereich.
“Immernoch hier, Junishi?”, fragte der Wirt mit seiner rauen Stimme, als er aus seinem Lokal auf die sonnige Straße trat.
“Wo sollte ich sonst hingehen? Alles nimmt seinen friedlichen Lauf”, antwortete Shunki munter.
“Mit einem Junishi in unserem Dorf kann doch gar nichts schiefgehen, oder?”, versuchte Walch sich einzuschleimen. Wenn tatsächlich mal etwas kritisch verlief, würde der Weiße Fang vielleicht den Pub zuerst beschützen. Obwohl da immernoch Cobain war, der, wenn er nicht selber der Auslöser des Ärgers ist, sicherlich auch den Alkohol im Gebäude beschützen würde.
Doch der Junishi schien ihm gar nicht richtig zuzuhören, denn sein Blick war konzentriert und ging ins Inselzentrum. Shunki machte einen besorgten Eindruck. Sobald Walch dem Blick gefolgt war, entdeckte er die großen Gewitterwolken, die sich über Utero zusammenzogen.
“Sieht so aus, als wäre es bald vorbei mit der Sonne. Schade”, sagte Walch, schaute den ignoranten Junishi noch einmal an, bevor er schließlich seufzte und damit begann, die Schirme und Stühle vor seinem Pub einzusammeln, die er für sonniges Wetter herausgestellt hatte.
“Wo ist die Villa des Bürgermeisters?”, fragte Shunki plötzlich. Irgendwie wirkte er unheimlich auf den Wirt, regelrecht geistesabwesend.
“Ich befürchte, der gute Kodomo sitzt gerade mitten im Gewitter”, antwortete Walch vorsichtig.
“Dankeschön”, antwortete der Junishi, als ein breites Grinsen über sein Gesicht huschte. “Machen Sie sich keine Sorgen, wer Gutes tut, dem wird auch Gutes geschehen!”
Mit diesen letzten Worten verabschiedete er sich von dem Wirt und setzte seinen Weg in Richtung der Villa fort.
“Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie ist der genauso sonderbar wie Cobain”, murmelte der Wirt ratlos.
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
Der Assistent des Bürgermeisters betrat den Ort des Geschehens, sich immernoch die blutige Nase festhaltend.
“Was ist hier denn passiert?”, fragte er geschockt. Zwei der Piraten waren ohnmächtig, der dritte wurde von Kurt mit einer Pistole bewacht.
Kodomo kümmerte sich um seine Enkelin, während seine Schwiegertochter an ihm vorbei huschte, um nach den Hausangestellten zu sehen und Hilfe zu holen.
“Dieses Monster hat uns gerettet”, antwortete der Sohn des Bürgermeisters verächtlich.
Kingen betrachtete den Ausmaß des Schadens, den der Trunkenbold im Speisesaal angerichtet hatte. Regen fiel durch die zersplitterten Fenster hindurch und nässte den Boden. Der große Holztisch war in der Mitte gebrochen, in seinen Trümmern lag immernoch einer der Piraten. Einer von zwei Kronleuchtern war auf dem Boden zerschellt, sodass Einzelteile überall im Raum verstreut lagen, die Zugangstür war aus ihren Angeln gerissen worden und der Körperabdruck des Anführers zierte eine Wand.
Trotz ihrer Rettung hatte Cobain wieder einmal alles um sich herum zerstört.
“Wie soll das nur weitergehen mit diesem Organismus...?”, fragte sich der Assistent kopfschüttelnd, was sogleich Kodomos Zorn weckte.
“Rogue Cobain hat uns alle gerettet! Wie könnt ihr immernoch so verächtlich von ihm reden?”, platzte es aus ihm heraus. Bean plusterte angesäuert ihre Wangen auf und stämmte ihre Hände in die Hüfte, um ihre Einstellung zu dem Thema zu bekräftigen.
“Man stelle sich vor, auf der Marktmesse erscheinen Piraten und dieser Organismus rettet uns! Danach können wir Utero wahrscheinlich alle wegen Unbewohnbarkeit verlassen!”, schimpfte Kingen wütend.
Stürmischer Wind durchzog den Raum und Gewitterblitze erleuchteten die Umgebung. Das darauffolgende Donnergrollen ließ Bean zusammenzucken, sodass Kodomo sich behutsam zu ihr herunterbeugte.
“Ihr sagt, ich sei der Verblendete. Schaut euch doch mal an. Ohne Cobain hätten wir vielleicht mehr verloren, als nur unsere Wohneinrichtung”, antwortete er enttäuscht. Obwohl Kurt seinem Vater aufmerksam zuhörte, zeigte er keine Regung. Kingen dagegen schüttelte sofort den Kopf.
“Der Junishi wäre rechtzeitig gekommen”, antwortete er selbstsicher.
“Wenn das so ist...”, gestand der Bürgermeister sich letztlich resignierend ein.
“Kingen, ich übertrage dir die Verantwortung für die Marktmesse. Handle für das Wohl der Insel.”
“Heißt das, du räumst deinen Posten?”, fragte Kurt überrascht. Doch Kodomo lächelte nur.
“So einfach werdet ihr mich nicht los. Sagt einfach, ich bin von dem Angriff zu sehr mitgenommen worden. Oder denkt euch was eigenes aus, ihr wisst sowieso alles besser”, gab der Bürgermeister sich trotzig.
“Sir, ich danke für Ihr Vertrauen”, antwortete der Assistent überwältigt, der sein Glück kaum fassen konnte. Endlich hatte er die Verantwortung!
Nun konnte er endlich gegen Cobain vorgehen...
[Utero, Waldhütte]
Es dauerte nicht lang, bis der Musiker und seine Begleiterin zurück zur Waldhütte fanden, die im Gewitter einen erbärmlichen Eindruck erweckte.
“Wollen wir nicht beim Bürgermeister bleiben? Er ist sicherlich dankbar! Und er hat ein Haus, was uns nicht über dem Kopf zusammenfällt! Und hör endlich auf zu trinken!”, fluchte die Piratin wütend. Seit sie die Villa verlassen hatten, hing Cobain ständig an seinem Flachmann, in dem mehr Flüssigkeit steckte als Venus es jemals vermutet hätte. Der Musiker versuchte inzwischen seine kaputte Tür wieder einmal in die Angeln zu setzen, was einige mühsame Versuche brauchte.
“Ich habe dich sicherlich nicht gezwungen mitzukommen”, raunzte Cobain zurück und betrat seine Hütte. Er schmetterte die Tür hinter sich zu und ließ die Frau im Regen stehen.
“Geht's noch?”, fragte sie aufgebracht und verschränkte trotzig die Arme. Sie war doch nicht auf diesen Typen angewiesen! Sie war eine tapfere Frau, der ein bisschen Regen nichts ausmachen würde.
Doch mit einem Mal wurde aus dem feinen Regen ein Hagelschauer und das Eis prallte ihr auf den Kopf, wobei Venus mit aller Macht versuchte ihre Wut zu unterdrücken. Ihr Gesicht wurde angespannter, je größer die Hagelkörner wurden.
“Verdammt!”, platzte ihr schließlich der Kragen, bevor sie ihm doch in die Hütte folgte, in der Hoffnung der Hagel würde nicht durch die Decke brechen. Doch ihre Wünsche wurden schnell zerschlagen, als sie sah wie Cobain auf seinem Bett lag und die Löcher in der Decke zählte, während er sich Hagelkörner von der Brust schob.
“Was habe ich bloß falsch gemacht?”, murmelte sie gequält und schmollte in ihrer Ecke der Hütte.
Fortsetzung folgt...
1.15: Letdown
Enttäuschung
Enttäuschung
[Utero, Villa des Bürgermeisters, Speisesaal]
“Ehrenwerter Junishi, erkennen Sie das Problem?”, fragte Kingen zögerlich.
Shunki schaute sich den zerstörten Raum an, nachdem er von der Schwiegertochter des Bürgermeisters auf dem Weg zur Villa abgefangen und an Ort und Stelle gebracht worden war. Er zog sich die Kapuze vom Kopf und strich sich durch die strohhigen Haare, betrachtete skeptisch den Holztisch und die Fenster.
“Das war fremde Einwirkung, nicht wahr?”, schlussfolgerte er nachdenklich. Der Assistent runzelte skeptisch die Stirn.
Schließlich stapfte Shunki zu dem einäugigen Piraten herüber, der immernoch von Kurt bewacht wurde und musterte diesen ausführlich.
“Das hier ist der Täter.”
Kingen schlug sich die Hand auf den Kopf, räusperte sich anschließend respektvoll und stellte sich an die Seite des Junishis.
“Ich möchte ja nicht in Ihre Vorgehensweise pfuschen, aber das sind bloß die Eindringlinge. Der waher Zerstörer ist Cobain”, erläuterte er kurz.
“Weiß ich doch schon”, antwortete Shunki und kratzte sich am Kopf.
“Ich habe noch gar kein Wort von Cobain gesagt! Sie sind wahrlich ein Meister Ihres Fachs!”, rief Kingen, dahinschmelzend vor Bewunderung.
“Nichts kann den wachen Augen der Gerechtigkeit entgehen”, antwortete der Weiße Fang und schaute sich weiter in dem Raum um. Die Aura des Musikers war für den Junishi im ganzen Haus zu spüren... aber vielleicht war es auch nur der beißende Geruch, der zurückgeblieben war.
Schließlich kam Kurts Frau mit Bean zurück in den Saal, ihrem Mann stolz zeigend, dass das kleine Mädchen tapfer war und sich umgezogen hatte. Shunki betrachtete die kleine Blonde, ging zu ihr und beugte sich vor sie.
“Hey”, begrüßte er sie breit grinsend. Das Mädchen klammerte sich fester an die Hand ihrer Mutter und betrachtete den Junishi ängstlich. Er strich ihr liebevoll über die Haare und stand wieder auf, die Mutter anschauend.
“Wie alt ist ihre Tochter?”, fragte er freundlich.
“Ähm... ist das wichtig? Sie ist sieben Jahre alt”, antwortete die Frau aufgeregt. Sie war noch nervöser als ihre Tochter, stellte Shunki fest. Das Grinsen verging von seinem Gesicht und er dachte angestrengt nach. Es musste eine schreckliche Situation für die Kleine gewesen sein.
“Stimmt etwas nicht?”, fragte Kurt unsicher.
“Nein, alles in Ordnung! Sie haben ein süßes Mädchen”, antwortete er und das Lächeln kehrte zurück.
“Entschuldigen Sie...”, mischte Kingen sich ungeduldig wieder ein.
“Können wir vielleicht mit den Piraten und Cobain fortfahren?”
[Utero, Waldhütte]
Der Regen schien nachzulassen, das Unwetter beruhigte sich langsam. Venus saß auf dem dreckigen Holzboden, die Arme fröstelnd um die Beine geschlungen.
“Worauf wartest du eigentlich?”, fragte Cobain genervt. Seit sie in der Hütte war, hatte er sich auf seinem Bett nicht bewegt.
“Gute Frage...”, nuschelte sie zu leise für seine Ohren.
“Genau! Ich verlange, dass du mich zu meinem Schatz führst, wie du es versprochen hast!”
Cobain verdrehte die Augen und seufzte, woraufhin er seinen Körper in Bewegung brachte, um sich auf die Bettkante zu setzen. Er faltete die Hände zusammen und schaute zweifelnd über den Rand seiner getönten Brille. In Erwartung wichtiger Informationen setzte sie sich aufmerksam vor ihn.
“Wie heißt du eigentlich?”
Das Strahlen in Venus' Augen verschwand und sie ließ enttäuscht den Kopf hängen. Irgendetwas war in diesem Kerl absolut nicht in Ordnung...
“Ich bin Captain Venus leFleur, die neue Piratenfürstin der Meere! Ich bin die stärkste Frau auf der Welt und ich werde alles daran setzen, die größten Schätze der Piratengeschichte zu finden!”, rief sie euphorisiert, als sie vor dem Musiker aufsprang und die Faust in die Höhe streckte.
“Ich hab nur nach deinem Namen gefragt”, antwortete Cobain trocken und bedeutete ihr, sich wieder hinzusetzen.
“Ist das alles? Schätze und Reichtum?”, wobei er die Nachfrage direkt bereute. Er hatte eigentlich keine Lust, sich die Lebensgeschichte der Frau anzuhören.
Doch Venus schaute bloß unsicher auf den Boden und für einen Moment wünschte Cobain sich tatsächlich, in ihren Kopf hineinschauen zu können.
“Ich glaube, das geht dich wohl kaum etwas an”, antwortete sie schließlich.
“Endlich sind wir einmal einer Meinung”, fand der Musiker zu seiner Einstellung zurück. Er seufzte, zog seine Brille vom Gesicht und rieb sich müde die Augen.
“Hör zu, ich hab keine Ahnung, wo dein Schatz ist. Ich weiß nicht einmal, ob es wirklich einen auf dieser Insel gibt. Es war bloß ein Bluff, damit wir deine Prolle einsammeln können”, gestand er gehässig. Als er aufschaute, blickte der Trunkenbold in das traurige Gesicht der Frau, welche fassungslos zu ihm heraufschaute. Es folgten einige Sekunden, in denen selbst Cobain die Sprache wegblieb. Lange hatte er nicht mehr in ein solch enttäuschtes Gesicht geschaut.
Plötzlich stand Venus auf und wandte sich von dem Musiker ab.
“Ich hab dir vertraut”, wisperte sie leise und wenn Cobain es richtig hörte, zitterte ihre Stimme dabei, als würde sie weinen.
Zur gleichen Zeit schaute sie ihm jedoch noch einmal direkt ins Gesicht, und der Musiker vernahm, dass dort keine Spur von einer Träne in ihren Augen zu sehen war. Es war bloß ein hilfloser Blick, der ihm ohne Worte genügend sagte. Venus hatte verstanden, warum Cobain gehasst wurde.
Schließlich verließ sie seine Hütte und der Mann blieb alleine auf dem Bett sitzen. Seufzend lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.
“Endlich wieder Stille”, murmelte er. Was interessierten ihn die Probleme einer Piratin?
[Utero, Weststrand]
Venus stapfte enttäuscht aus dem Wald heraus in den Sand. Ihr kleines Boot stand noch dort, wo sie es zurückgelassen hatte und das Schiff war ebenfalls auf dem Meer zu sehen. Immerhin hatte Egg seine Arbeit gut gemacht.
Wegen Rogue Cobain hatte sie nicht nur die Möglichkeit verloren ihren Schatz zu finden, sondern auch ihre Crew. Gammon und die Zwillinge waren zwar schon immer grob und unfreundlich gewesen, doch sie hatten wenigstens Kraft und eine gewisse Ausdrucksstärke. Ohne die Kraftprotze würde sie als Frau doch auf dem Meer gar nicht ernst genommen werden – und mit Egg an ihrer Seite würde sie erst recht nicht gefährlich wirken.
“Mama...”, murmelte sie traurig, bevor sie sich mit ihrem Boot zurück auf das Meer begab. Einige Sekunden später gab sie sich selbst eine Backpfeife.
Forsetzung folgt...
Dieser Beitrag wurde bereits 28 mal editiert, zuletzt von Sheppard () aus folgendem Grund: Kapitel 28, 29 und 30