Der Prinz hat vor einigen Tagen einen Thread zum Sammeln von Ideen eröffnet. Jetzt bereits macht sich dieser bezahlt, indem ein vorgeschlagenes Thema in ausformulierter Form für das zweite Duell verwendet wird. Ein Hoch auf zongo67, dessen es Thematik es nun zu behandeln gilt:
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Thema: Das unbekannte Kapitel der Vergangenheit
Ort: Frei wählbar
Aufgabe: Wähle einen OP Charakter, dessen Wesenszüge bekannt sind, und beschreibe eine Szene aus der Vergangenheit in der er zu seinem heute bekannten Verhalten [mit-]bewegt wurde. Die handelnde Figur in der Vergangenheit sollte daher möglichst abweichende Eigenschaften von den uns bekannten aufweisen. Der Ton sollte ein ernster sein. Eine Parodie, sowie gezielter Humor ist tabu.
Grenzen: 950 Wörter (+/- 5%)
Punkteschlüssel: 15 - 25 - 25 - 35
Kategorien:
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Wurde die Ernsthaftigkeit und die Situation des Charakters betont? Kann man seinem Schicksal folgen und die Stimmung miterleben?
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Ist es nachvollziehbar / glaubhaft, wie der Charakter sich durch sein Erlebnis verändert hatte, oder ist das Motiv nicht überzeugend genug, um einen Wandel zu rechtfertigen / begründen?
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Thema: Das unbekannte Kapitel der Vergangenheit
Ort: Frei wählbar
Aufgabe: Wähle einen OP Charakter, dessen Wesenszüge bekannt sind, und beschreibe eine Szene aus der Vergangenheit in der er zu seinem heute bekannten Verhalten [mit-]bewegt wurde. Die handelnde Figur in der Vergangenheit sollte daher möglichst abweichende Eigenschaften von den uns bekannten aufweisen. Der Ton sollte ein ernster sein. Eine Parodie, sowie gezielter Humor ist tabu.
Grenzen: 950 Wörter (+/- 5%)
Punkteschlüssel: 15 - 25 - 25 - 35
Kategorien:
- Lesefluss
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- Kreativität
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- Stimmung / Gefühle
Wurde die Ernsthaftigkeit und die Situation des Charakters betont? Kann man seinem Schicksal folgen und die Stimmung miterleben?
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- Beweggrund
Ist es nachvollziehbar / glaubhaft, wie der Charakter sich durch sein Erlebnis verändert hatte, oder ist das Motiv nicht überzeugend genug, um einen Wandel zu rechtfertigen / begründen?
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Die Abgabe erfolgt am Montag, 21. Juni. ✔
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Der frühe Vogel ist heute durch mein offenes Fenster geflogen und pickte solange an mir herum, bis ich aufwachte. Da heute Mittag vielleicht ein neues - tolles - Flashbackkapitel kommen könnte, wollte ich euch schon einmal eine Kostprobe geben.
Es galt, einen Flashback zu schreiben, der Einblicke in einen bisher bekannten, aber jedoch auch blassen Charakter ermöglichten. Die SHB kennen wir von vorne und hinten. Wie steht es aber mit anderen Charakteren? Tiefe, Gefühle und ein Schicksal sollten beschrieben werden, wobei die bisher längste Wörtergrenze gegeben wurde. Jedoch denke ich, dass es in Anbetracht der Aufgabenstellung durchaus gerechtfertigt war. Da zongo67 das Thema vorgeschlagen hatte, sollte er sich auch hier blicken lassen. :D Die Umfragen werden wieder etwas länger drinnen behalten, da die Texte auch etwas länger sind. Nehmt euch die Zeit. : )
Es folgen die zwei eingegangenen Texte:
Wirklich niemand kann sich vorstellen wie es ist durch eine tobende See zu fahren und von den Elementen beherrscht zu werden. Grelle Blitze bahnten sich im Himmel ihre Wege und erhellten für kurze Zeit die Nacht. Der Sturm peitschte die dunkle See auf und warf die Wellen auf das winzig kleine Schiff, das es gefährlich in die Seitenlage geriet und zu kentern drohte. Die meisten Segel waren vom starken Wind zerfetzt worden und flogen davon.
„Rauf auf die Wanten ihr verdammtes Gesindel. Ihr unfähiges Pack könnt wenigstens das Hauptsegel retten“, schrie der Captain von unten hinauf zu denen, die er raufgeschickt hatte. Captain Haggard war überall bekannt als übelster Schlächter und Sklaventreiber. Neben dem Saufen schien es seine Lieblingsbeschäftigung zu sein die Seeleute dieses Schiffes zu schikanieren und zum Tode zu verurteilen. Niemand wagte auch nur diesem Captain entgegen zu treten und schwiegen aus Angst selber getötet zu werden. Und dieses Wetter war wie für diesen Schinder wie geschaffen um seinen Sadismus auszuleben. Er liebte es geradezu die Stürme zu vergleichen indem er die Todesopfer zählte, die ihm der Sturm bescherte.
Der schwarzhaarige Junge hielt sich verzweifelt an den Wanten fest, um der nächsten Sturmböe etwas besser entgegenzutreten. Er hatte schon viele auf diesem Schiff sterben sehen und in dieser Stunde waren es bereits vier, die in die Fluten gestürzt waren. Ein höhnisches Gelächter und wüste Beschimpfungen vom Captain hallten den Todgeweihten nach. Dem Jungen schauderte bei dem bösen Lachen des Captains und wünschte, er würde bei der nächsten Welle über Bord gespült werden
„Geh nicht weiter Junge. Der Mast wird gleich brechen“, hauchte ein alter Mann ihm zu, der aber weiter nach oben kletterte in Richtung des Ausgucks. Er war trotz seines Alters ein sehr starker und wendiger Mann, doch diesem Sturm musste selbst er Tribut zahlen. Der Junge kletterte ihm trotz der Warnung nach. Der Wind wurde stärker je höher er kletterte und die nassen glitschigen Seile boten nicht mehr viel Halt.
„Wieso gehst du dann hoch, wenn es so gefährlich ist?“, schrie der Junge um das Heulen des Sturmes zu übertreffen. Der alte Mann antwortete nicht und kletterte weiter hinauf. Vielleicht hat er mich nicht gehört dachte der Junge, aber er traute sich nicht noch lauter zu fragen. Wieder ein angstvoller Schrei - der Fünfte hämmerte es in seinem Herzen. Er sah einen schwarzen Schatten an sich vorbeifliegen hinunter ins schwarze Meer. Eine tiefe Verzweiflung überkam ihn und merkte dabei nicht das er Gefahr lief abzustürzen. Eine erneute riesige Welle ergriff das Schiff und der Junge verlor den Halt. Seine Finger waren zu kalt und zu klamm um sich richtig halten zu können. Er drohte ins Meer zu fallen und das sechste Opfer zu werden, den der Captain verhöhnen konnte. Er schrie vor Angst als er den Halt verlor.
„Habe ich dich, komm hierher und binde dich fest“, sagte der Alte von vorhin. Der Junge brachte tatsächlich ein kleines Lächeln zustande und nahm das angebotene Seil um sich zu sichern.
„Wer bist du? Warum gehst du weiter, wenn du mich zurückschickst?“, fragte der Junge. Er kletterte ihm erneut nach so lang es das Seil halt zuließ.
„Ich bin Hawkins Junge. Es ist meine Aufgabe dieses Schiff und seine Männer zu schützen. Genau wie deine“. Der Junge riss die Augen auf und erkannte den ersten Offizier des Schiffes erst jetzt. Wie hatte er ihn nicht erkennen können? Hawkins wäre schon weitergeklettert, wenn es möglich gewesen, doch der Sturm schien noch stärker zu werden.
„Mister Hawkins. Verzeihung. Ich habe sie nicht erkannt. Warum bleiben sie nicht in der Kabine?“ Für den Jungen war es neu das sich ein Offizier mitten im Sturm auf die Wanten begab.
„Du bist Roger, nicht wahr? Der Kabinenjunge des Captains. Ich habe viele Kameraden auf diesem Schiff und es ist meine Pflicht diese zu schützen, egal ob es mich das Leben kostet. Ganz egal wie schlimm der Captain da unten auch immer ist, die Männer auf diesem Schiff sind auch deine Kameraden“. Hawkins lächelte freundlich und Roger blickte ihn verwirrt an. Nie war ihm der Gedanke gekommen das es auf diesem verfluchten Schiff jemand gab, der solch ein Herz hatte und für seine Kameraden einstand.
Es knarrte gefährlich auf dem Schiff und Hawkins blickte erschrocken auf den Hauptmast. Roger sah es ebenfalls, die nächsten Wellen würden den Hauptmast in seine Einzelteile zerlegen.
„Geh nach unten und fang das Segel mit den anderen auf. Wir werden es brauchen, wenn der Sturm vorbei ist. Ich werde das Segel kappen“, schrie Hawkins. Roger und die anderen kletterten hinunter und machten sich bereit das Segel zu bergen. Der Captain schien sie zu bemerken und blitzte Roger böse an.
„Wieder rauf mit dir du Nichtsnutz, sonst knalle ich dich und deine Kameraden ab wie räudige Hunde“. Der Captain zog zur Bekräftigung seine Pistole und grinste süffisant. Roger wurde kreidebleich und war wie gelähmt als der Captain den Hahn spannte. Eine erneute Welle ließ das Schiff erbeben und der Captain verlor den Halt und seine Pistole flog ihm aus der Hand. Ein lauter Knall war auf dem Schiff zu hören und Roger blickte erschrocken an sich herunter. Doch er war nicht verletzt, offenbar war die Kugel ins Leere gegangen.
„Captain, wir haben das Hauptsegel gleich los, geht beiseite“, schrie Hawkins von oben. Der Captain machte ein verächtliches Gesicht und schaute dann wieder zu Roger. Die Pistole lag zwischen ihnen und Roger hechtete als Erster zu dieser und drückte ab. Noch nie hatte er geschossen, geschweige dann jemanden erschossen. Der Captain war tot. Doch niemand schien das zu kümmern, denn mit dem Segel fiel auch Hawkins hinunter.
Am nächsten Morgen wurde die erste Beerdigungsfeier an Bord abgehalten. Für Hawkins, der sein Leben geopfert hatte um seine Kameraden zu retten. Er starb mit einem Lächeln auf den Lippen als er Roger ansah.
Sie atmete tief ein und schloss die Augen. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie den betörenden Duft ihrer eigenen Schöpfung spürte. Die Rosenzüchterin Mary war zufrieden mit ihrer Arbeit. Ihre Ruhe wurde jedoch von einem Aufschrei gestört. Sie wandte sich an ihren kleinen Sohn.
„Dein Vater ist wieder äußerst aufgebracht...“, murmelte sie nun. Der Schwarzhaarige folgte ihr ins Haus.
„Piraten übernehmen die Insel Goidoux“, schrie der Alte aufgebracht und knallte das Zeitungspapier auf den Tisch. In seinem faltigen Gesicht zeichnete sich eine bedrohliche Fratze ab, die Mutter und Sohn sehr beunruhigte. Unpassender hätte der Moment nicht sein können, dennoch ergriff der Kleine das Wort.
„Segeln Piraten nicht über die Meere und erleben Abenteuer?“
Die zuerst geballte Faust lockerte sich und ein tiefer Seufzer wurde vom Vater ausgestoßen.
„Junge, wenn Piraten ein Klischee erfüllen, dann, dass sie sich die Freiheit nehmen, zu tun und zu lassen, was ihnen beliebt.“ Diesen Teil sprach er mit großer Verachtung aus, setzte dafür mit lobendem Ton fort: „Es gibt Gesetze und Statuten. Es gibt aber auch Personen, die sich höchstselbst für die Sicherheit engagieren, die Marine!“
Er stoppte.
Sie verbeugte sich nun, um mit ihrem Sohn auf einer Augenhöhe zu stehen. „Ich bin mir sicher, dass die Marine bereits in Goidoux ist und die Ordnung wieder herstellt.“ Mit einer Hand streichelte sie ihm durch das kurze Haar und er begann zu lächeln.
„Deine Mutter strahlt eine Ruhe aus... wunderbar!“ Sie grinste. „Tja, Rosen stehen auch für Freude und Frische.“ Der Junge genoss diesen Moment zutiefst. Seine liebevolle Mutter. Sein gerechter Vater.
Es war einfach ein Moment, den man festhalten musste. Für immer.
Es war nämlich der Augenblick, in der die Sekunden des Glücks spürbar waren. Der Duft der Rosen kam mit einer leichten Brise in den Raum. Der Junge sah, wie die Mutter ihn anlächelte und wieder im Garten der Düfte verschwand.
Es war aber leider auch der Bruchteil eines Augenschlags, der alles zu verändern vermochte.
Das Heulen von Kanonen erklang und die Explosionen, so laut und plötzlich sie kamen, so zerstörerisch und unvorhersehbar sie wüteten, so sehr versetzten sie das Dorf in Panik.
„PIRATEEEN!!“, schrie ein Mann und floh ins Innere der Insel. Die Naturgeräusche wurden durch ein unaufhörliches Bombardement ersetzt.
„Komm her zu mir!“, rief Mary ihrem Jungen zu, der inzwischen von diesem Wandel wie gelähmt auf dem Straßenweg stand.
'Vor Sekunden war alles ruhig... und jetzt...'
Sein Blick war glasig, seine Gliedmaßen erstarrt. Die panische Meute kam auf ihn zugerannt, blindlings liefen sie um ihr Leben, gar nicht darauf achtend, dass ein Hindernis ihre Flucht behindern könnte.
Er wurde direkt ins Beet gezogen. „Bleib ganz ruhig“, sagte Mutter Mary fürsorglich. Der Junge spürte ihre Wärme, die unbeschreiblich beruhigend war. Um ihn herum fielen Menschen zu Boden, wurden totgetrampelt.
Nun konnte er auch zum ersten Mal einen leibhaftigen Piraten zu Gesicht bekommen. Es war, wie Vater sagte. Kein tollkühner Held, der die Meere bereist und Abenteuer erlebt... nein. Einzig und allein die Willkür einer Handlung war seine Motivation.
Er wollte einschreiten, konnte es aber nicht.
„Lass es bitte“, flüsterte sie. „Es ist furchtbar, was geschieht, aber man kann uns die Idylle niemals kaputt machen... Wir wahren sie, stellen sie wieder her, verlasse dich darauf, S...“
„Soso“, kam es hinter den Pflanzen hervor und ein groß gewachsener Mann schnitt sich mit einem Säbel durch die hohen Büsche.
„Ihr meint wohl, dass ihr euch im Kräutergarten vor mir verstecken könnt, wie?“
Der süße Duft wurde von einer widerlichen Alkoholfahne überdeckt.
„Heut' wird gefeiert, wie! Die Marine ist auf Goidoux und niemand hier, jaharr!“
„Lassen sie meine Familie in...“, wollte Pa' rufen, doch er wurde von einem zweiten Mann, mit gelben Zähnen, angeschossen.
„Halt's Maul“, brüllte dieser und nahm einen großen Schluck Rum.
Es war für die Betroffenen ein reines Grauen.
„Sanders!“, schrie sie nun aufgelöst. Tränen flossen unentwegt. Wo vorher eine Starre war, setzte eine komplette Lähmung ein. Der Schrecken durchfuhr den Jungen vom Scheitel bis zur Zehenspitze.
'Piraten...'
Seine Mutter sammelte ihre letzte Kraft. „Bitte, tun Sie meinem Sohn nichts!“
Die Sicherheit, sie war verschwunden.
Das Leben lag in den Händen von Piraten. Ihre Entscheidung würde ausmachen, ob der Mensch etwas wert ist, oder er aus Vergnügen getötet werden könnte...
„Bitte... tun Sie ihm... nichts... bitte!“, flehte sie wiederholt.
Der trinkende Pirat schaute die Frau an und öffnete den Mund. Statt einer Antwort rülpste er ihr einfach ins Gesicht.
Der Andere zog einen Dolch und rammte ihn in die linke Schulter des Jungen. Er landete daraufhin in den Pflanzen.
Nichts konnte er jetzt dagegen tun, als er die Schreie seiner Mutter zwangsläufig mitkriegen musste. Dreizehn Mal hörte er, wie eine Klinge sich in einen Körper bohrte. Dreizehn Mal hörte er, wie dieselbe Waffe mit einem ekelhaften Geräusch aus dem Leib gezogen wurde.
„Was machen wir mit ihr?“, grinste der Rumtrinker schließlich.
„Pack den Alten dazu, dann gibt es ein typisches Seebegräbnis, nur eben an Land, jaharr!“
Vater Sanders wurde, noch lebend, auf die Leiche seiner Frau geworfen und die beiden entzündet.
Es war der schlimmste Tag in seinem Leben. Es dauerte Jahrzehnte, bis er ihn im entfernten Sinne verarbeitete.
Wie er überleben konnte, wusste er nicht. Vor genau 40 Jahren zeigte ihm jener Tag die Wahrheit. Der überlebende Sohn zog an einer Schublade und nahm eine Tüte hervor. Als er damals umfiel, landete sein Körper auf einer Rose, die er so vor den Flammen bewahrte. Sie war zwar alt und verwelkt, zeigte ihm aber, dass eine Form der Idylle immer bei ihm sein würde.
Er schuf nämlich diesen Zustand. Daher war es seine Berufung die Wurzel allen Übels zu beseitigen: Piraterie.
Jeden Tag heftete er sich eine frische Rose an seinen Anzug. Ein Blumentatoo überdeckte die Stelle, an welcher er damals schwer verwundet wurde. Das Andenken an seine Mutter, die Disziplin seines Vaters. Das machte ihn aus.
Eine Rose für Sakazuki. Eine Rose für Blut. Für Hoffnung. Für die Sicherheit.
Für ein Gefühl, welches man in ihr festhalten will. Für immer!
„Dein Vater ist wieder äußerst aufgebracht...“, murmelte sie nun. Der Schwarzhaarige folgte ihr ins Haus.
„Piraten übernehmen die Insel Goidoux“, schrie der Alte aufgebracht und knallte das Zeitungspapier auf den Tisch. In seinem faltigen Gesicht zeichnete sich eine bedrohliche Fratze ab, die Mutter und Sohn sehr beunruhigte. Unpassender hätte der Moment nicht sein können, dennoch ergriff der Kleine das Wort.
„Segeln Piraten nicht über die Meere und erleben Abenteuer?“
Die zuerst geballte Faust lockerte sich und ein tiefer Seufzer wurde vom Vater ausgestoßen.
„Junge, wenn Piraten ein Klischee erfüllen, dann, dass sie sich die Freiheit nehmen, zu tun und zu lassen, was ihnen beliebt.“ Diesen Teil sprach er mit großer Verachtung aus, setzte dafür mit lobendem Ton fort: „Es gibt Gesetze und Statuten. Es gibt aber auch Personen, die sich höchstselbst für die Sicherheit engagieren, die Marine!“
Er stoppte.
Sie verbeugte sich nun, um mit ihrem Sohn auf einer Augenhöhe zu stehen. „Ich bin mir sicher, dass die Marine bereits in Goidoux ist und die Ordnung wieder herstellt.“ Mit einer Hand streichelte sie ihm durch das kurze Haar und er begann zu lächeln.
„Deine Mutter strahlt eine Ruhe aus... wunderbar!“ Sie grinste. „Tja, Rosen stehen auch für Freude und Frische.“ Der Junge genoss diesen Moment zutiefst. Seine liebevolle Mutter. Sein gerechter Vater.
Es war einfach ein Moment, den man festhalten musste. Für immer.
Es war nämlich der Augenblick, in der die Sekunden des Glücks spürbar waren. Der Duft der Rosen kam mit einer leichten Brise in den Raum. Der Junge sah, wie die Mutter ihn anlächelte und wieder im Garten der Düfte verschwand.
Es war aber leider auch der Bruchteil eines Augenschlags, der alles zu verändern vermochte.
Das Heulen von Kanonen erklang und die Explosionen, so laut und plötzlich sie kamen, so zerstörerisch und unvorhersehbar sie wüteten, so sehr versetzten sie das Dorf in Panik.
„PIRATEEEN!!“, schrie ein Mann und floh ins Innere der Insel. Die Naturgeräusche wurden durch ein unaufhörliches Bombardement ersetzt.
„Komm her zu mir!“, rief Mary ihrem Jungen zu, der inzwischen von diesem Wandel wie gelähmt auf dem Straßenweg stand.
'Vor Sekunden war alles ruhig... und jetzt...'
Sein Blick war glasig, seine Gliedmaßen erstarrt. Die panische Meute kam auf ihn zugerannt, blindlings liefen sie um ihr Leben, gar nicht darauf achtend, dass ein Hindernis ihre Flucht behindern könnte.
Er wurde direkt ins Beet gezogen. „Bleib ganz ruhig“, sagte Mutter Mary fürsorglich. Der Junge spürte ihre Wärme, die unbeschreiblich beruhigend war. Um ihn herum fielen Menschen zu Boden, wurden totgetrampelt.
Nun konnte er auch zum ersten Mal einen leibhaftigen Piraten zu Gesicht bekommen. Es war, wie Vater sagte. Kein tollkühner Held, der die Meere bereist und Abenteuer erlebt... nein. Einzig und allein die Willkür einer Handlung war seine Motivation.
Er wollte einschreiten, konnte es aber nicht.
„Lass es bitte“, flüsterte sie. „Es ist furchtbar, was geschieht, aber man kann uns die Idylle niemals kaputt machen... Wir wahren sie, stellen sie wieder her, verlasse dich darauf, S...“
„Soso“, kam es hinter den Pflanzen hervor und ein groß gewachsener Mann schnitt sich mit einem Säbel durch die hohen Büsche.
„Ihr meint wohl, dass ihr euch im Kräutergarten vor mir verstecken könnt, wie?“
Der süße Duft wurde von einer widerlichen Alkoholfahne überdeckt.
„Heut' wird gefeiert, wie! Die Marine ist auf Goidoux und niemand hier, jaharr!“
„Lassen sie meine Familie in...“, wollte Pa' rufen, doch er wurde von einem zweiten Mann, mit gelben Zähnen, angeschossen.
„Halt's Maul“, brüllte dieser und nahm einen großen Schluck Rum.
Es war für die Betroffenen ein reines Grauen.
„Sanders!“, schrie sie nun aufgelöst. Tränen flossen unentwegt. Wo vorher eine Starre war, setzte eine komplette Lähmung ein. Der Schrecken durchfuhr den Jungen vom Scheitel bis zur Zehenspitze.
'Piraten...'
Seine Mutter sammelte ihre letzte Kraft. „Bitte, tun Sie meinem Sohn nichts!“
Die Sicherheit, sie war verschwunden.
Das Leben lag in den Händen von Piraten. Ihre Entscheidung würde ausmachen, ob der Mensch etwas wert ist, oder er aus Vergnügen getötet werden könnte...
„Bitte... tun Sie ihm... nichts... bitte!“, flehte sie wiederholt.
Der trinkende Pirat schaute die Frau an und öffnete den Mund. Statt einer Antwort rülpste er ihr einfach ins Gesicht.
Der Andere zog einen Dolch und rammte ihn in die linke Schulter des Jungen. Er landete daraufhin in den Pflanzen.
Nichts konnte er jetzt dagegen tun, als er die Schreie seiner Mutter zwangsläufig mitkriegen musste. Dreizehn Mal hörte er, wie eine Klinge sich in einen Körper bohrte. Dreizehn Mal hörte er, wie dieselbe Waffe mit einem ekelhaften Geräusch aus dem Leib gezogen wurde.
„Was machen wir mit ihr?“, grinste der Rumtrinker schließlich.
„Pack den Alten dazu, dann gibt es ein typisches Seebegräbnis, nur eben an Land, jaharr!“
Vater Sanders wurde, noch lebend, auf die Leiche seiner Frau geworfen und die beiden entzündet.
Es war der schlimmste Tag in seinem Leben. Es dauerte Jahrzehnte, bis er ihn im entfernten Sinne verarbeitete.
Wie er überleben konnte, wusste er nicht. Vor genau 40 Jahren zeigte ihm jener Tag die Wahrheit. Der überlebende Sohn zog an einer Schublade und nahm eine Tüte hervor. Als er damals umfiel, landete sein Körper auf einer Rose, die er so vor den Flammen bewahrte. Sie war zwar alt und verwelkt, zeigte ihm aber, dass eine Form der Idylle immer bei ihm sein würde.
Er schuf nämlich diesen Zustand. Daher war es seine Berufung die Wurzel allen Übels zu beseitigen: Piraterie.
Jeden Tag heftete er sich eine frische Rose an seinen Anzug. Ein Blumentatoo überdeckte die Stelle, an welcher er damals schwer verwundet wurde. Das Andenken an seine Mutter, die Disziplin seines Vaters. Das machte ihn aus.
Eine Rose für Sakazuki. Eine Rose für Blut. Für Hoffnung. Für die Sicherheit.
Für ein Gefühl, welches man in ihr festhalten will. Für immer!