Ultra Heaven

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    • Ultra Heaven


      Es gibt einen Ort, noch realer als die Realität selbst. Das reinste Paradies. – Wir nennen diesen Ort Ultra Heaven!

      Schon der Header und das leicht modifizierte Zitat eines Charakters aus dem Manga geben hier einen klitzekleinen Vorgeschmack auf das, was den Leser in diesem Werk erwartet. Ultra Heaven zählt – das kann ich ohne Vorbehalte sagen – definitiv zu meinen Lieblingsserien und es gibt wirklich wenig Manga, die so anspruchsvoll und brillant sind wie dieser.

      Über den Autor
      Der Mann hinter der Serie nennt sich Koike Keiichi, ein 1960 in Tokyo geborener Mangaka mit einer nicht uninteressanten Biographie. 1976 nahm er im Alter von 16 Jahren am 12. halbjährlich stattfindenden Tezuka-Preis für Nachwuchskünstler von Shueisha teil, bei dem sein Beitrag Urashima von der Jury mit der höchstmöglichen Auszeichnung prämiert wurde. (Damit ist Koike der jüngste Teilnehmer, dem dies je gelang!) Zwischen 1981 und 1984 verbrachte er einige Jahre in den USA und war dort als Illustrator in Werbung und Fernsehen tätig. Im Jahr 1983 veröffentlichte er einen Comic im Magazin Epic Illustrated von Marvel. 1984 kehrte Koike in seine Heimat zurück und begann seine Karriere als Mangaka. Im Jahr 1986 wurde zum ersten Mal eine seiner Serien (SPINOZA) als Taschenbuch publiziert. Seit 2002 erscheint seine Serie Ultra Heaven.

      Obwohl Koike kein besonders produktiver Zeichner ist und vornehmlich Kurzgeschichten geschaffen hat, ist sein Renommee sehr weitreichend. Er besitzt eine große Zahl von treuen und begeisterten Fans und genießt insbesondere in Fachkreisen höchstes Ansehen. Seine bevorzugten Sujets sind das Bewusstsein und Bewusstseinszustände, dies reicht von Träumen und Halluzinationen [oft durch Drogenkonsum] bis hin zur Erleuchtung und anderweitigen meditativen Zuständen. Auch die transpersonale Psychologie begeistert ihn.
      Sein Zeichenstil ist von den Großmeistern des frankobelgischen Comics, allen voran Jean Giraud (Möbius), beeinflusst und ähnelt diesen sehr. Seine Werke zeichnen sich durch äußerst hohes künstlerisches Handwerk aus. Koikes Strichführung erweist sich als sehr fein und genau und seine Bilder besitzen große Ausdruckskraft, die sich oft im Skurrilen und Eigenartigen (Stichwort: Traumwelten) niederschlägt. Aus diesem Grund werden Koikes Werke auch als sog. „Art Comics“ charakterisiert.

      Allgemeine Informationen
      • Serie: Ultra Heaven
      • Macher: Koike Keiichi
      • Genre: Science Fiction, Psychologie, Dystopie, Mystery
      • Magazin: Comic Beam (2002-jetzt)
      • Status: 3 Bände in Japan erschienen; Scanlations 100%
      • Anmerkung: Erscheinungsrhythmus äußerst unregelmäßig (i.d.R. alle 3-4 Jahre ein neuer Band)
      Story
      Wir befinden uns in der Zukunft, in einer Zeit, in der ein Großteil von Drogen, Medikamenten und anderen Substanzen, die das Bewusstsein verändern, legalisiert und amtlich zum Konsum zugelassen wurden. Diese Substanzen, die einst verboten waren und als äußerst gefährlich galten, werden heutzutage sogar im Fernsehen in Werbespots angepriesen. Auch zum Konsum muss man sich nicht mehr in der eigenen Bude verbarrikadieren oder siffige Spelunken aufsuchen, nein, hierfür wurden spezielle Etablissements errichtet, in denen man von ausgebildeten Spezial-Barmännern bedient wird, und sich in geselliger Runde und bezauberndem Ambiente die abenteuerlichsten Drogencocktails genehmigen kann.
      Was zunächst als großer Erfolg und Trittstein zur Verbesserung der Welt und des Lebens galt, sollte sich schon bald als eine gewaltige Illusion erweisen. Die Menschen sind gefangen in einer künstlichen Welt und einer Gesellschaft von Süchtigen, angeführt von und kontrolliert durch die staatlichen Hygienebehören, die sich besonders schwerer Suchtfälle „annehmen“.

      Einer dieser Suchtfälle ist der Hauptcharakter Kabu, ein kleinerer Dealer für besonders harte (=verbotene) Drogen. Er lebt von einem Tripp zum nächsten und hat bereits unzählige Drogen probiert, was erst jüngst zu einer Überdosis führte, hervorgerufen durch das Mischen zweier unverträglicher Substanzen. Eines Tages trifft Kabu auf seiner Sucher nach Aufputschmitteln auf einen äußerst komischen Mann, der ihm eine brandneue Droge anbietet: Ultra Heaven!
      Nach dem Konsum beginnt Kabus unglaublicher und verstörender Trip, in dem Traum und Realität verschmelzen und ein neues, gleichermaßen befriedigendes wie zerfressendes Konzept des Bewusstseins ergeben.

      Zusammen mit einer Freundin wagt Kabu einige Zeit später mithilfe eines speziellen Schaltverstärker-Helms eine Reise in die Tiefen seines Bewusstseins, um die Wahrheit zu ergründen. Doch taucht er damit in einen Albtraum, den niemand - er selbst am wenigsten - erwartet hätte…

      Artwork – 10/10 Punkte:
      Soll ich es bei einer Kurzversion belassen oder doch mehr ins Detail gehen? Kurzum: das Artwork passt einfach perfekt zur Geschichte! Ich glaube, es gibt nur ganz wenige Zeichner, die eine ähnlich überzeugende gestalterische Aufmachung hinbekommen hätten. Ganz, ganz großes Lob an Koike für die Zeit, die er in seine Zeichnungen investiert. Man merkt es deutlich und – noch viel wichtiger – es ist den Aufwand auch wirklich wert.
      Besonders hervorzuheben gilt es Koikes Geschick für Layout und Panelanordnung. Diese vermitteln die Halluzinationen und Trips dermaßen gelungen, dass man selbst als nüchterner Leser leichtes Schwindelgefühl oder ähnliches beim Lesen empfindet. Einfach nur klasse! Daneben kommt dem Ganzen natürlich der wunderbar skurrile Touch zum Guten. Koikes feingliedrige und detailverliebten Illustrationen sind echtes Eyecandy und der Leser kann in ihnen regelrecht versinken. (So gibt es phasenweise Seitenabfolgen mit wenig bis kaum Text, aber trotz allem sollte man sich für diese mehrere Minuten Zeit nehmen, um sie auf sich wirken zu lassen und sie in ihrer Gänze erfassen zu können!)
      Dem geneigten Mangakenner wird in Ultra Heaven auch eine große Ähnlichkeit zur Optik von Ōtomo Katsuhiros Klassiker AKIRA auffallen. Diese ist äußerst augenfällig. Trotzallem steigert der gute Koike die zeichnerische Finesse des Großmeisters Ōtomo noch einmal. – Schwer zu glauben, ich weiß, aber die nachfolgenden Bilder dürften einen ganz guten Eindruck vermitteln…



      Plot – 10/10 Punkte:
      Ich war lange am überlegen, ob ich in dieser Kategorie zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon eine Wertung vergeben sollte. Primärer Grund ist, dass Koike das große Ziel zum aktuellen Stand noch geschickt unter so manchem Schleier verbirgt. Der Leser ist noch im Unklaren, was ihn da noch genau erwartet, er weiß lediglich, DASS da etwas im Argen liegt.
      Trotzdem habe ich mich dann zu einer Wertung durchgerungen, weil mir die Art, in der Koike die Geschichte auffädelt, sehr gut gefällt. – Genau so muss das in einem Manga wie diesem geschehen. Dem Leser werden die Infos fragment- und stückweise gegeben, nicht in großen Portionen oder wie ein Stück Fleisch, das einem zugeworfen wird. Man muss sich durch ein Gewirr an Handlungsebenen und Flashbacks wühlen und es ist sehr schwer den Überblick zu behalten. Zu jedem Zeitpunkt ist genug Spielraum für eigene Theorien und Überlegungen gegeben (z.B. welche verschiedenen Machtfraktionen gibt es im Manga aktuell? Wer zählt zu welcher Fraktion? Was sind die Ziele der jeweiligen Gruppierung?) und regt dabei dann auch zu solch philosophischen Fragestellungen an wie Was ist Realität?, Wo liegt die Grenze zwischen Realität und Traum?, Wer oder was zieht diese Grenze und wie lässt sie sich verschieben?, etc. etc. etc.

      Charaktere – 9/10 Punkte:
      Auch zu diesem Punkt kann ich keine große Kritik äußern. Die Charaktere in Ultra Heaven sind quasi ausnahmslos äußerst gelungen. Das fängt bei Kabu, dem Protagonisten an: Ein albgehalfterter Junkie und Kleinkrimineller, der von seiner Sucht kontrolliert wird und sich selbst als Opfer der Gesellschaft sieht. Solche Charaktere sind mir 10-mal lieber als diese Saubermänner und Dumpfbacken, denen man in viel zu vielen Manga begegnet.
      Aber auch viele andere Figuren wissen wirklich zu gefallen. Ganz gleich, ob man jetzt „Sally“ mit ihren zwei Gesichtern (Gelegenheits-Suchti im normalen Leben <-> Halbgöttin und Retterin in der anderen Welt), den Mob um „Image“, „Arthur“ und „Andy“ oder den Ultra-Heaven-Dealer nimmt, der im übrigen eines der abgefucktesten und krankesten aussehenden Charakterdesigns verpasst bekommen hat, die man so zu sehen kriegt.

      Man merkt anhand der Figuren eigentlich nicht, dass man einen Manga liest. Es könnte sich genauso gut um Charaktere aus einem Roman halten. Also auch in diesem Punkt beweist Koike hohe literarische Fähigkeiten.

      Themen und Motive – 10/10 Punkte:
      Zum Abschluss heißt es noch ein paar Worte zu den Themen und Motiven zu verlieren. Das einzig schwierige ist bei Ultra Heaven eigentlich nur, welche man sich hier rauspicken möchte, ganz einfach weil es sich – wie angefügt – um ein solch unglaublich gehaltvolles Werk handelt.
      Zentralster Gegenstand ist zweifelsohne das von Koike so intensiv behandelte Sujet der Traumwelt und der Bewusstseinszustände. Es handelt sich ja nicht um einen bloßen „Acid Comic“, der den Drogenabusus ins Zentrum stellt oder gar stilisiert. Jede Szene ist reich an Dramatik und den antagonistischen Gefühlsschüben, die den Junkie beim Konsum überkommen (Wohlgefühl und Glück vs. Panik und Angstzustände). Kabu verliert sich über weite Strecken der Geschichten in einem Netz aus Halluzinationen, Wahn und Illusion und weiß überhaupt nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Und wenn dann auch noch Sätze fallen wie „Die Droge hat für sich keine Wirkung; sie setzt lediglich frei, was sich ohnehin bereits im Kopf des Konsumenten verbarg!“ werden auch die Funktionsweisen des menschlichen Gehirns sowie die schiere Grenzenlosigkeit dieser Sphären ergründet. (Und damit fängt der Spaß dann eigentlich erst richtig an, wenn Koike sich nämlich an die transpersonale Psychologie macht und die richtig harten Geschütze auffährt! :D)

      Ich bin mir sicher, dass eigentlich niemand, der das Werk halbwegs aufmerksam liest, am Ende nicht irgendetwas für sich mitgenommen oder sich in irgendeiner Weise zu Überlegungen angeregt gefühlt hat! Aus diesem Grund würde ich mich doch sehr freuen, wenn eine nicht kleine Zahl von Leuten in diese exquisite Lektüre reinschnuppert und ihre Leseerfahrungen mit der Allgemeinheit teilen würde! Genug Gesprächsstoff ist definitiv da. – Ähnlich wie beim Zitat über die Droge: es ist alles vorhanden, es muss lediglich freigesetzt werden!


      Damit komme ich dann fürs Erste zum Ende. Ich hoffe doch sehr, dass ich manchem PBler diesen Titel schmackhaft machen konnte. Besonders mancher Kollege aus dem „Sinn des Lebens“-Thread dürfte hier definitiv auf seine Kosten kommen…
      Zwar kein einfacher Manga und vielleicht nicht jedermanns Geschmack, aber wer die „Herausforderung“ nicht scheut, der wird hier auf seine Kosten kommen, soviel kann ich versprechen!
    • Welch ein schöner Start in die Ferien, nicht nur immer lange ausschlafen können, das Leben wieder etwas ruhiger angehen zu lassen und die 6 Grundfeiler des Seins auszuleben, sondern nun auch eine Fure an drei neuen Manga miterleben zu dürfen. Reingeschnuppert habe ich mittlerweile in alle drei, gelesen bisher aber nur Ultra Heaven und das möchte ich nicht einfach so im Raum stehen lassen, sondern mit einem Post würdigen. Nicht, dass der Thread wie so viele andere in den Tiefen des Seinenbereiches verschwinden...

      Und erneut stehe ich vor dem Problem, dass ich nicht weiß wie ich richtig anfangen soll, vor allem bei so einem eigensinnigen, aber schlicht genialen Werk ist es schwierig. Wirklich schwierig. Handlungstechnisch passiert kaum etwas, entweder sitzt der Protagonist auf seinem Sofa zu Hause und verpasst sich dort die Dröhnung, spaziert durch den Park, verpasst sie sich dort, oder hängt in einer Bar rum und wiederholt dort das Spielchen. Sein ganzes Leben besteht nur aus der Suche nach neueren, härteren, besseren Zeugs, um high zu werden. Dafür passiert in der – ich nenne sie einfachshalber mal so – Zwischenwelt unglaublich viel, verteilt auf den verschiedensten Zeit und Raumebenen. Wenn Kabu mal wieder einen seiner Trips hat wird es schwer mitzukommen, dem Leser werden Fetzen seiner Vergangenheit, seiner Gegenward und vielleicht sogar seiner Zukunft zugeworfen durcheinander gewürfelt, gemixt mit einer Portion Wahn und einem nicht zu unterschätzenden Anteil an Philosophie. Für mich eine wunderbare Giftmixtur, an der Kabu mit der Zeit zu Grunde geht.

      Anfangs noch, mehr oder weniger, mit beiden Füßen im Leben, verliert er mit zunehmendem Voranschreiten des Manga auch immer mehr den Bezug zur Realität. Er vergisst was er gemacht hat, was ist und was nicht, Wahrheit und blühende Ausgeburt der Phantasie werden eins, ebenso Realität und Traum. Dieser Prozess wird packend erzählt, man fühlt mit ihm mit, ist aber auch fasziniert von dem Wandel der in ihm vonstattengeht. Nicht selten kam es vor, dass selbst ich, als Leser, der doch eigentlich objektiv, von oben herab, die Sachlage beurteilen kann, hinters Licht geführt wurde. So fiel ich zum Beispiel glatt auf den Scherz von Kabus Freundin rein.

      Als erster Schnittpunkt im Manga kann man zweifelsohne die Begegnung mit dem alten Mann benennen, der einen maßgebenden Teil der Schuld für Kabus Zustand auf den Schultern trägt. Ab diesem Zeitpunkt an – dem ersten Einnehmen der Ultra Heaven Droge – verliert man sich in der Phantasie seines Rausches. Es wird von einem Ort zum nächsten gesprungen, es gibt plötzliche Einschnitte in der Zeit und die Handlungsebenen spielen, wie schon weiter oben erwähnt, völlig durcheinander. Man verliert sich in der Geschichte, ein wirklich faszinierendes Gefühl von Zeit-, Ortverlust. So etwas durfte ich das erste Mal in einem Manga erleben und ich bin mir sicher, dass es nicht nur mir so erging, oder anderen ergehen wird.

      Somit spring ich dann auch einmal etwas unbeholfen zum nächsten Punkt über und zwar den Charakteren. Hierbei kann man deutlich „Klasse statt Masse“ sagen, namentlich sind die wenigsten bekannt, einige hatten bisher nur einen kleinen Auftritt und Kabu und seine Freundin bekommen etwas mehr Screentime. Besonders begeistern konnte mich die realistische Gestaltung, was sowohl ihr Charakterdesign, als auch ihr Verhalten betrifft. Es gibt keine hübschen, guten, zuvorkommende Menschen, sondern allen – besonders dem Hauptcharakter – haftet ein gewisser Dreck, Schmutz an. Sie wirken unsauber, schielen häufig mit den Augen nach Außen und versprühen Unfreundlichkeit. Ähnlich sieht es mit der Kommunikation unter einander aus. Es wird nicht viel geredet, kaum ein Charakter hat etwas zu sagen, der größte Teil der Zeit verbringen sie im Rausch, nebeneinander sitzend, aber dennoch geistig so weit von einander getrennt. Ihre Reaktionen auf die verschiedensten Situationen werden gekonnt dargestellt und man kauft ihnen ihr Handeln ab. So, oder so ähnlich, könnte ich es mir auch in der realen Welt vorstellen.

      Wo ich schon einmal bei dem Wörtchen „real“ bin, mache ich gleich einmal einen Abstecher weg von der Handlung, zum Artwork hin. Anfangs war ich ehrlich gesagt etwas enttäuscht, nicht, dass es schlecht wäre, aber ich konnte und wollte es nicht als eine 10/10 Punkte Bewertung einordnen. Es passte zwar alles, die Hintergründe wurden gut gezeichnet, der Mangaka weist ein Auge fürs Detail auf und auch das Charakterdesign, das Design der Orte und die Bewegungen der Menschen wussten zu gefallen. Trotzdem fehlte der letzte Hauch an Perfektion, deshalb hätte ich nur eine 8/10, vielleicht eine 9/10 gegeben, nie aber die Höchstwertung. Das änderte sich aber schlagartig mit dem ersten Rausch, der nicht nur Kabu aus den Sochen hob, sondern mich gleich mit.
      Die Vielfalt der Motive und ihre Arten quollen förmlich aus jeder einzelnen Seite empor, man wird mitgerissen in den Sog aus Kreativität und Genialität hinein, aus dem es kein schnelles Entkommen gibt. Motive, Augen, Finger, Hände werden ins Undendliche gezeichnet und widerholen sich in etwa auch so oft, überlappen sich dabei, verschwinden hinter einem anderen Detail, verändern, wandeln, verformen sich zu etwas neuem.
      Der Aufbau der Seiten, die Anordnung der Panel spielt völlig verrückt. Man verliert den Überblick und weiß bald nicht mehr wo oben und wo unten ist, wo es weiter und wo wieder zurück geht. Dabei kann man sich als Leser wunderbar in die Situation des Charakters reinversetzen und einem wird gut das Chaos in seinem Kopf dargestellt. [Mir selbst kam es hin und wieder sogar so vor, als hätte ich selbst etwas von der Droge zu mir genommen :D]

      Wirklich, ein rundum gelungener, einfach nur geiler Manga. Das Spiel mit der Perspektive, die Anordnung der Panels und auch das super Artwork waren für mich neuer, noch unbekannter Boden, den ich im Nachhinein gerne betreten habe. Außerdem sind wir richtige Glückskinder, da der Manga ca. alle 3 Jahre erscheint und der letzte Band, wie ich gestern erfahren durfte, 2008 erschienen ist.

      Abschließend möchte ich noch zwei Dinge los werden. Erstens: Ich habe keinerlei Erfahrung mit harten Drogen, möchte die Situation auch unter keinen Umständen ändern, trinke zwar hin und wieder einen über den Durst und bin sehr-seltener-Party-Raucher, der sich nur etwas andrehen lässt wenn der Alkohol schon gut geflossen ist, würde mich also eher als konservativ gegenüber Drogen bezeichnen, aber so wie der Konsum im Manga beschrieben wurde, stelle ich mir auch gerne die Realität vor. Ich lasse mich aber gerne von einem Experten eines Besseren belehren. :D

      Zweitens und das richtet sich an all jene, die den Manga nicht lesen möchten, da er sowieso erst in ach-so-vielen Jahren abgeschlossen wird, wenn überhaupt: Glaubt mir, es lohnt sich. Alleine schon wegen der Aufteilung der Seiten würde ich jedem einen Griff zu dem Manga raten. Auch kann man imo mit dem Ende von Band 3, wenn man die letzten paar Seiten streicht, problemlos leben.
    • Gestern Vorgestern abend habe ich mir auch endlich mal Ultra heaven zu Gemüte geführt, die drei Bände am Stück, ich glaube anders hat es gar keinen Sinn.

      Was soll ich sagen, ein tolles Artwork, recht old schoolig, aber vollkommen positiv gemeint: alles feinste, kleinteilige Handarbeit, ganz wie bei AKIRA oder "Das Selbstmordparadies" (zu letzterem gibts noch mehr Parallelen). Und als Sahnehäubchen diese unheimlich genialen Panellayouts. Ein tolles Artwork also, mit einer konfusen Story und jeder Menge Fragen meinerseits. Deswegen versuche ich mal ein bisschen zu Rekonstruieren und hoffe auf Hilfe von anderen Lesern.
      Bevor ich anfange (denn das folgende versteht sowieso niemand, der den Manga nicht gelesen hat^^) kann auch ich ganz klar eine Empfehlung aussprechen. Neben dem Artwork passt auch die Erzählweise sehr zur Story selbst und es gibt ungelogen einen ganzen LKW voll zum noch drüber nachdenken und zum eventuelle Zusammenhänge verknüpfen. Denn ich glaube schon, dass hier nicht nur sinnlose Aneinanderreihungen von coolen Exzessen stattfinden, sondern dass da ein Programm dahintersteckt, bloß welches?

      Jetzt wirds zwar chronologisch nach den Bänden, aber trotzdem durcheinander in den Gedanken (ich wills abschicken und nicht nochmal alles überarbeiten).
      Also, die Frage aller Fragen ist für mich: Was ist nun eigentlich die Basisrealität? Dass der Manga damit spielt, wird schon auf den ersten paar Seiten am Anfang deutlich. Die Handlung im Weltall entpuppt sich als Werbespot, als plötzlich das Set gezeigt wird. Auf dem Korridor bemerkt der Schauspieler-Astronaut seine Konzentrationsschwäche und pumpt sich erstmal einen 24h-Onsen - als man plötzlich merkt, dass diese Szene auch nur im Fernsehen als Werbung läuft. Nun sind wir vermutlich in der "echten Welt" angekommen. Dann die Szene in der Bar, man bemerke die beiden Typen an der Bar, von denen der eine einen Peguila bekommt. Sie wollen ihn für irgendein Experiment (wollen sie Ultra Heaven testen?) und machen ein Foto von ihm. Dieses Foto faxen sie an eine sehr dubiose Drogenkochküche – die Wohnung vom schielenden Dealer? Danach geht alles einigermaßen geregelte Drogen-Bahnen mit ein paar heftigen Trips, einem Manga-flashback (ich unterteile hier mal in Manga- und Drogen-flashback), bis Sally auf Level 4 seine Aura sieht und plötzlich sagt, sie habe das Gefühl, er werde an einen Ort ganz weit weg gehen. Kabu hatte, als er seinem Punk-Kumpel von der Flatline nach dem Doppel-P (Peter Pan und Peguila) erzählte, auch von einem (so etwa) "Ort, abartig weit weg" gesprochen und eine Eiswelt vor Augen gehabt.
      Dann wird zum schielenden Mann umgeblendet, der anscheinend auch mindestens auf Level 4 ist (denn er sieht auch Auren) und anscheinend beherrscht er, was die Meister in Band 3 im Dome können, das Überspringen auf ein anderes Bewusstsein. Er "transportiert" sein Opfer in eben diese Eiswelt, die auch Kabu nach dem Doppel-P gesehn hatte. Kabu assoziiert mit Tod vielleicht die Kälte der Haut seiner toten Mutter. Aber wieso sollten dann auch der schielender Dealer (quasi der "Schealer") und sein Opfer diese Assoziation mit der Eiswelt haben? Hm.
      Es folgt die Szene im Spiral Tower. Leider, muss man sagen, hat der Tankoubon anscheinend die Kapitelopener weggenommen zugunsten einer flüssigen Story, aber so wird es auch nicht übersichtlicher. Ich vermute mal, hier geht ein neues Kapitel los. Kabu (er hat die Mütze auf, wie er beim schielenden Dealer vorbeilief, also wird es der gleiche Abend sein) bekommt die Geschichte erzählt von dem Typen der glaubt, alles schon zu kennen, weil es nur ein Drogen-flashback ist. Einerseits treffen seine Voraussagen zu, andererseits hat Kabus Freund wirklich eine Schnittwunde an der Hand. Dieser Freund erzählt von einer Droge, um ein vielfaches stärker als Peter Pan (Ulra Heaven?). Danach stürzt sich Kabu völlig uninspiriert ebenfalls hinab - und erwacht. Wenn er nur geträumt hat, wann ist er eingeschlafen, bald nachdem Sally gegangen ist? Auf jeden Fall wird hier deutlich, dass Tod im Traum ein Aufwachen zur Folge hat.
      Dann die Szene im Park, der Kontakt mit Ultra Heaven. Anscheinend geht er wirklich halb um den Teich und schwimmt quer rüber zurück. Er geht zurück zu Sally, die auf der Bank wartet - oder ist das schon ein Drogen-flashback und die daneben immer wieder aufblitzenden Szenen in den belebten Straßen sind real? Dann wären also seit dem Trip schon mehrere Tage vergangen.
      Oder: alles insgesamt, sowohl die Szene auf der Straße als auch die "Drogen-flashbacks" zurück in den Park sind nur Teil eines Traums (man erinnere sich an den Werbespot im Werbespot am Anfang), denn in dem Moment, in dem er auf der Brücke vom Polizisten erschossen wird, tauchen die Wissenschaftler aus dem Nichts auf und verkünden "Er wacht auf!". Wie im Spiral Tower: Tod im Traum=Aufwachen.
      Die Wissenschaftler sind die Typen aus der Bar vom Anfang, die ihn für irgendein Experiment wollten - vielleicht, um Ultra Heaven zu testen. Das Labor sieht aber sauber aus, nichts mit Drogenkochküche. Jetzt wirds haarig, denn meine nicht vorhandenen Kenntnisse zum Gehirn helfen mir nicht weiter, aber dafür gibts ja die tolle Bildsprache. Ich habe es so verstanden, dass Kabus Gehirnzellen, im Angesicht des Todes, sich im tiefsten Innern des Gehirns konzentrieren. Dort schaffen sie für Kabu vielleicht so eine Art Ersatz-Realität. Wie auch immer, er landet wieder in der Eiswelt (Nahtod?) und über diese Szene hinaus steigt er aus dem Tümpel, in der - vielleicht - "Gegenwart".

      Eine Theorie von mir ist eine "Vanilla Sky"-Theorie: Kabu ist in Wirklichkeit tödlich verunglückt. Ob er nun beim Versuch, über den See zu schwimmen schwere Gehirnschäden durch Ertrinken und Sauerstoffmangel erlitt oder auf der Brücke eine Kugel ins Gehirn bekam, er wurde halbtot in dieses Labor zu den Wissenschaftlern geschleift, wo sein Körper nun langsam den Geist aufgibt. In seinen letzten Sekunden Gehirnaktivität schafft sein Bewusstsein ihm eine Art von alternativer Welt (man sagt ja, dass Träume blitzschnell sind und unglaublich viel Handlung umfassen, aber auch konfus und unlogisch sind). Sein Bewusstsein wählt den Punkt, an dem alles auch genausogut hätte gut gehen können. In dieser alternativen Realität hat er es über den Tümpel rüber geschafft und läuft auch später nicht durch die Stadt und wird von Polizisten aufgegriffen. Er erlebt jetzt eine Vanilla-Sky-Traumwelt, wie es hätte weitergehen können.
      In den folgenden Bänden wird ab und zu auf die Kraft der Imagination hingewiesen. Auch das Symbol von Ultra Heaven ist die Spirale, die theoretisch unendlich nach innen läuft. Vielleicht soll genau das an Kabu getestet werden, die Kraft der Imagination und die richtige Dosis, um aus dieser Imagination so viel wie möglich herauszukitzeln. Der Nahtod ist dabei natürlich willkommen, da das "verzweifelte" Gehirn hier nochmal extra viel Imaginationsarbeit leistet. Am Ende der Entwicklung wissen sie vielleicht mehr über die zuständigen und enstprechend zu stimulierenden Gehirnareale und können ein noch realistischeres 48h-Dampfbad entwickeln, inklusive Affen.

      Denn danach in Band 2 wird alles immer konfuser. Zu den schon "normalen" Drogen-flashbacks kommen jetzt mehrere out-of-body-Erfahrungen, sogar mit Interaktion zwishen "beiden" Körpern. Auch in Band zwei wird er einmal in einer Vision erschossen, worauf die Szene wieder ins Labor wechselt und er flatlined (das heißt, der Tod im Traum würde wieder in Aufwachen resultieren, aber sein wirklicher Körper ist praktisch schon hinüber, er kann nicht mehr wirklich aufwachen.) Und der Scherz von Sally... ist es vielleicht eine Art unbewusste Erkenntnis?
      Es folgen die grafisch wieder unheimlich toll dargestellten Tiefen der Cyberchakra-Module. Was Sally dann erlebt, während Kabu mit dem Gerät auf dem Kopf flatlined, keine Ahnung.

      In Band 3 schließlich kippt die ganze Story so ein bisschen, denn statt Drogen steht plötzlich dieser Dome im Mittelpunkt. Aber auch hier ist merkwürdig, dass Sally, die es in Band 1 gerade mal auf Chakrastufe 4 geschafft hat, nun plötzlich die lang vermisste Halbgöttin im Dome ist und dass Kabus zuvor beängstigende Drogenvisionen zu einer Tetsuo-artigen Superheldenkraft werden. In diesem Band ist mir auch vieles völlig unklar, weil mir das Setting auch nicht so gefiel wie das davor, muss ich zugeben. Zum Ende hin habe ich es so verstanden, dass Ultra Man wohl das Kind in Kabu repräsentiert und das Spaghettimonster vielleicht den erwachsenen, drogensüchtigen Teil (aus Sicht des Kindes den bösen Teil, den es zu vernichten gilt). Vielleicht ist das ein Symbol, dass Kabus echtes Gehirn immer schwächer (und entsprechend dümmer) wird und sich am Schluss nur noch auf dem Level eines Kindes bewegt. Das alles steht und fällt aber natürlich mit dieser Vanilly-Sky-Theorie - und wer überhaupt der Lebende Gott ist und wieso das ganze Monster-Spektakel wöchentlich ablaufen soll, und was das Ende zu bedeuten hat, verstehe ich nicht.

      Zum Abschluss kann übrigens nur bestätigen, dass das Layout manchmal eine wahre Achterbahnfahrt ist und die Visionen, Blackouts und Zeitsprünge mehr als jeder erhobene Zeigefinger, sogar mehr als jeder Tauchgang in Kloschüsseln dafür sorgen, dass man auf solche Drogen eher keinen Bock hat. Ich hoffe, dass der neue Band dann bald rauskommt, vielleicht schließt er die ganze Sache ja schon ab? Zu sehr wird die Story hoffentlich nicht gedehnt, denn es fehlt nicht viel und ich verstehe kein Wort mehr - und dann macht auch das bestgezeichnetste Artwork keinen Spaß mehr.
      Aber bis dahin kann noch einige Zeit ins Land gehen, jetzt hoffe ich erstmal auf andere Meinungen. Im Ernst, ich will etwas mehr durchblicken hier. ;)
      Ein Klavier, ein Klavier!

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Cailon ()