Tetsuo Hara (jap. 原哲夫, am 2. September 1961 in Tokio geboren) ist einer der prägendsten Mangaka der 80er-Jahre und die zentralste Stütze von Shueishas Weekly Shōnen JUMP im selben Zeitintervall. Der langjährige und gute Freund von Tsukasa Hōjō hat sich vor allem um die Wiederbelebung des Gekiga-Genres verdient gemacht und zählt nicht zuletzt aufgrund seiner Lebensgeschichte zu meinen liebsten Mangazeichnern aller Zeiten. Ich ziehe schon vorweg meinen Hut vor einem Mann, der das Zeichnen mit jeder Faser seines Körpers leibt und lebt…
Die Anfänge – Waschechte Ausbildung zum Mangaka und erstes Stelldichein bei WSJ
Hara war schon als kleiner Junge begeisterter Mangaleser. Als er die zweite Klasse der Grundschule besuchte (mit sieben Jahren) war er ein großer Fan von Ikki Kajiwaras Tiger Mask, wurde von diesem Werk beeinflusst und hat versucht, den Zeichnungen nachzueifern. In der 4. oder 5. Klasse entdeckter er Fujio Akatsukas Tensai Bakabon für sich. Das war der Zeitpunkt, zu dem er zum ersten Mal dachte, dass es doch interessant wäre, selbst Manga zu zeichnen.
Den Entschluss aktiv eine Karriere als Mangaka anzustreben fasste Hara erst viele Jahre später, etwa zu seiner Zeit als Mittelschüler. Als er die Mittelschule abgeschlossen hatte, wechselte er an die tokioter Hongō Mittel- und Oberschule und schrieb sich dort an der Design-Fakultät ein, die einen speziellen Lehrstuhl für Manga besaß. Hara nahm an zahlreichen Wettbewerben verschiedener Manga-Verlage teil und in seinem zweiten Jahr als Oberschüler, mit 17 Jahren, bekam er erste positive Reaktionen von Seiten der Redaktion der Weekly Shōnen JUMP. Er traf sich daraufhin mit Kazuo Nakanō, dem damals stellvertretenden Chefredakteur der JUMP, der sich auch als Entdecker vieler großer Mangatalente der damaligen Zeit (u.a. Yoshinori Kobayashi [Gōmanism Sengen] und Yudetamago [Kinnikuman]) einen Namen gemacht hatte. Das für mich wohl Unvorstellbarste an dieser Station in Haras Biographie, ist die Tatsache, dass er zu dieser Zeit Gag-Manga zeichnete. (Darum wohl auch das Treffen mit dem Gag-Manga-Spezialisten Nakanō) Hara nahm zu diesem Treffen das Manuskript eines neuen Manga, den er gezeichnet hatte, gleich mit. Nakanōs Kritik war jedoch mehr als nur ernüchternd: er verglich Hara mit dem etwa gleichaltrigen Yudetamago-Duo, die als Oberschüler ihr Mangaka-Debüt gaben und bereits eine Serie in JUMP veröffentlichten. Das niederschmetternde Urteil: „Dir fehlt noch das Zeug, vergiss es!“

Aokiji, bist du das? Ein Bild von Yūsaku Matsuda, einer von Haras liebsten Schauspielern und das reale Vorbild von Admiral Aokiji aus One Piece. Dieses Bild hat Hara als Mittelschüler gezeichnet, war also etwa 13-15 Jahre alt als es entstand. Dass man in dem Alter schon soviel Manliness aufs Bild bringt...?
Die ersten Schritte – Hinwendung zum Gekiga und Assistenzzeit
Als Reaktion auf dieses Intermezzo orientierte Hara sich um und wandte sich dem Gekiga-Manga zu, ein Genre, das er ohnehin sehr viel lieber zeichnen wollte. Diese Spezialisierung ging soweit, dass er sich mit 18, als er seinen Abschluss an der High School macht, auf der Gekiga Sonjuku einschreibt. Bei dieser berühmten Schule handelt es sich um eine Ausbildungsstätte für angehende Mangaka, Manga- sowie Drehbuchautoren. Gegründet wurde sie von keinem geringeren als Koike Kazuo (Lone Wolf & Cub, Crying Freeman und Lady Snowblood), einer Lichtgestalten des japanischen Manga und einer der Urväter des Gekiga-Manga.
Parallel entschließt sich Hara, praktische Erfahrung als Mangaka zu sammeln und macht sich auf die Suche nach einer Stelle als Assistent. Im Zuge dessen kommt es zur bedeutungsreichen Begegnung des jungen Hara und eines aufstrebenden Redakteurs der Shōnen JUMP, der auf den Namen Nobohiko Horie hört. (Wer den vergangenen MOTM-Thread zu Tsukasa Hōjō aufmerksam gelesen hat, der wird sich vielleicht noch an diesen Mann erinnern.) Hara weckte Hories Interesse, er sah in dem Teenager eine Menge Potential und nahm ihn unter seine Fittiche. Zunächst versuchte der Redakteur Hara bei Buichi Terasawa (u.a. Goku Midnight Eye und Space Adventure Cobra) unterzukriegen, dessen Stil am ehesten in die Richtung ging, die Hara einschlagen wollte. Doch Terasawa benötigte zu dieser Zeit keinen Assistenten. Also vermittelte Horie den jungen Hara schließlich an Yoshihiro Takahashi (u.a. Shiroi Senshi Yamato, das Ginga-Franchise, etc.), den Meister des Hunde-Manga. Was zunächst wenig bis kaum kompatibel wirkt, war von Horie genauestens kalkuliert. Er dachte, wenn Hara mit seinen testosterongeladenen Manga der beinharten Edelmänner am emotionalen und gefühlsbetonten Schaffen Takahashis Anstoß nähme, würde das Ganze eine interessante Mischung ergeben.
Insgesamt assistierte Hara Takahashi anderthalb Jahre. In dieser Zeit erlernte er eine Menge praktische Techniken, wie beispielsweise freihändiges Zeichnen. Während Hara zuvor noch stets spezielle Lineale benutzte (z.B. ein Lineals in Wolkenform zum zeichnen für Hintergründe), meinte Takahashi als Hara ihn fragte, wo er solch ein Lineal im Studio des Mangaka finden könnte: „Sowas gibt’s hier nicht, zeichne freihändig!“ und der Youngster merkte wie viel mehr Dynamik und Ausdrucksstärke freihändige Zeichnungen besaßen.
Auf dem Weg zum Debüt – Der Love Comedy die Stirn zeigend: I LOVE GEKIGA!
Nach seiner Zeit als Assistent macht sich Hara daran, wieder aktiver eine eigene Profikarriere anzustreben. Anfang der 80er Jahre kommt es in Japan zum sog. Love Comedy Boom, einer Zeit, in der das gleichnamige Genre der humoristischen Romanzen aufblüht und Shōnen JUMP in Bedrängnis kommt, was die Vorherrschaft im Manga-Business angeht. Insbesondere die Weekly Shōnen Sunday droht unter der Führung von Mitsuru Adachi (Touch, H2, etc.) und Rumiko Takahashi (Urusei Yatsura, Ranma ½) ordentlich Boden gut zu machen. Im Gegenzug verhielt es sich so, dass es um die Gekiga-Manga nicht sonderlich gut bestellt war und sich das Genre eher auf dem absteigenden Ast befand. (Dies war im übrigen auch der Grund, warum Koike seine Gekiga-Schule gründete.) Der Zeitpunkt für einen Nachwuchszeichner von Haras Schlag war also vergleichsweise ungünstig. Trotz allem war für ihn klar, dass er sich diesem Strom nicht anschließen, sondern seinem Stil treu bleiben würde, dafür war seine Liebe zum Gekiga viel zu groß. Und er sollte auch belohnt werden:
Im April 1982 gewinnt Hara den 33. Fresh JUMP Award (ein monatlicher Mangapreis für Nachwuchsautoren, der zwischen den Jahren 1979 und 1982 verliehen wurde. Ist von seiner Bedeutung mit dem Hop☆Step Award vergleichbar, den z.B. Oda damals gewonnen hat, oder dem JUMP Trasure Newcomer Award, der seit 2007 vergeben wird.) mit seiner Kurzgeschichte Super Challenger. Damit kam der Stein ins Rollen. Vier Monate später gibt Hara sein Debüt als Profi als seine Boxgeschichte Mad Fighter als Oneshot in einer Sonderausgabe von JUMP abgedruckt wurde.
In dieser Zeit kam Horie auf seinen Schützling zu und meinte, es wäre an der Zeit, eine Serie zu starten. In einem ausführlichen Fernsehinterview haben die beiden aus dem Nähkästchen geplaudert und die Situation rekapituliert, besitzt sie doch eine dermaßene Ironie, dass man nicht anders kann als zu schmunzeln: Horie selbst war begeisterter Motorrad-Fahrer, Motocross um genau zu sein. Ob es blanker Egoismus war oder eine absolute Falscheinschätzung von Seiten Hories, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, aber dieser dachte, es sei eine vortreffliche Idee einen Motocross-Manga zu zeichnen. Haras Reaktion darauf (gemäß zuvor erwähntem Interview): „…o…kay?“ Er selbst konnte mit der Thematik nämlich reichlich wenig anfangen (und damit war er nicht allein wie sich rausstellen würde), aber ihm war alles recht, solange er endlich seine Karriere starten konnte.

So macht man das! Tetsuo Haras Widmung zum 30.-jährigen Jubiläums von Rumiko Takahashis Urusei Yatsura. So würde die gute Lum aussehen, wenn Gekiga-Meister Hara die Geschichte illustriert hätte.
Der Durchbruch – Das Don-Quijote-Debakel und der leuchtende Nordstern!
Das Ergebnis des Ganzen war der Oneshot Crash Hero, der im Herbst 1982 in Ausgabe #43/82 der Weekly Shōnen JUMP abgedruckt wurde. Da man in einem Redaktionsmeeting, das zur selben etwa stattfand, händegringend nach Kandidaten für neue Serien suchte, entschied man sich kurzerhand Crash Hero als Serie umzusetzen – und das, ohne jegliches Feedback seitens der Leser abzuwarten. Genau 14 Tage später (in Ausgabe #45) startet Tetsuo Haras erste Serie: Tetsu no Don Quijote (dt. Der eiserne Don Quijote)
Ein reichlich kurzes Intermezzo, das bereits nach 10 Wochen sein Ende fand. Auch diese Tatsache besitzt dank Hories durchaus eigener Arbeit als Redakteur wieder eine ironische Note… Hara hatte bis zur sechsten Woche der Veröffentlichung keine Ahnung, wie es um seine Serie stand. (Bereits die Leserreaktionen auf den Oneshot fielen bescheiden aus.) Nach sechs Wochen kam Horie also zu seinem Schützling und meinte unverblümt: „Okay, wird Zeit, dass wir über deine nächste Serie nachdenken…“ – Unglaublich, aber wahr! Hara fiel natürlich aus allen Wolken, akzeptierte die Entscheidung aber natürlich kleinlaut. Ein großer Dämpfer für ihn, der bis dahin unentwegt von der Redaktion (allen voran Horie) ausschließlich Lob erfahren hatte. Fakt ist, dass die Ergebnisse von Tetsu no Don Quijote gegen Ende zwar besser wurden und es daher durchaus möglich gewesen wäre, die Serie noch fortzuführen, aber Horie hatte ein schlechtes Gewissen, weil er Hara einfach die Motocross-Thematik aufs Auge gedrückt hatte.
So machten sich die beiden daran, das Konzept für einen epischen Kampf-Manga zu entwerfen, etwas, das Hara ohnehin viel lieber gezeichnet hätte. Über den Zeitrahmen von einem Jahr schusterten die beiden im Akkord an dem Manga, der Hara den Durchbruch ermöglichen sollte und zu einem der größten und berühmtesten Mangaka der Geschichte machen würde: Hokuto no Ken (Titel der meisten internationalen Adaptationen: Fist of the North Star).
Obwohl der Prototyp-Oneshot der Serie, welcher in zwei Ausführungen im Magazin Fresh JUMP veröffentlicht wurde, sich beide Male großer Beliebtheit erfreute, bekam Hara – gebrandmarkt durch das Don-Quijote-Debakel – auf halbem Wege Zweifel, dass er die Geschichte mit guten Ergebnissen als Serie umsetzen könnte. Aus diesem Grund holte man sich tatkräftige Unterstützung in Form des Autors Buronson, einer der bekanntesten und besten Manga-Autoren und unlängst einer der ganz großen Namen – nicht zuletzt dank Hokuto no Ken!
Das Epos um Kenshiro, den durch das Ödland schreitenden, stoischen Helden mit dem Herz am rechten Fleck, sollte sich als ganz großer Wurf erweisen. Im ersten halben Jahr, in dem die Serie in JUMP lief, konnte das Magazin seine Verkaufszahlen mal eben verdoppeln! (Soviel zum Love Comedy Boom und Shogakukans großer Aufholjagd…) Die Reaktion von Fanseiten war überwältigend und Hokuto no Ken sollte sich – ähnlich wie es One Piece gelang – als absolute Nummer 1 der Weekly JUMP sowie DER prägende Manga der 80er etablieren. Als die Serie nach drei Jahren ihr Ende anpeilte, bat man Hara und Buronson quasi auf Knien, noch ein paar Jahre dranzuhängen. Mit über 60 Mio. verkauften Exemplaren in Japan allein und weiteren 40 Mio. weltweit zählt die Serie mit ihren 27 Bänden zu den bestverkauften Manga aller Zeiten und auch über 20 Jahre nach dem Ende von Hokuto no Ken ist das Interesse an Ken und Co. nach wie vor ungebrochen groß.
Post-HnK – Die Sengoku-Titel, die Loslösung von Shueisha und der Businessmann Hara!
Als Hokuto no Ken 1988 schließlich sein Ende fand, möchte manch einer vielleicht glauben, dass Tetsuo Hara die Gelegenheit genutzt hat, um sich nach 5 anstrengenden Jahren wöchentlicher Veröffentlichungen zu entspannen und für längere Zeit den Pinsel liegen zu lassen. Aber da denkt man falsch, Hara gehört zu jenen Zeichnern, die eigentlich immer an irgendeiner Serie arbeiten oder sonstige Eisen im Feuer haben. So erschien beispielsweise noch 1988 sein Manga CYBER Blue in der Shōnen JUMP.
Ab dem Jahr 1990 macht sich Hara daran Manga nach Vorlage der Romane von Keiichirō Ryū zu schaffen, die von historischen Figuren und Helden der Sengoku-Periode handeln, darunter Hana no Keiji – Kumo no kanata ni – (18 Bände), Kagemusha Tokugawa Ieyasu (6 Bände) und SAKON – Sengoku Fūunroku – (ebenfalls 6 Bände). In diesen Werken kommt Haras Gekiga-Stil perfekt zum Tragen und es ist wahrlich ein Ärgernis, dass viele dieser Manga bis heute noch nicht komplett (oder überhaupt gar nicht) in übersetzter Fassung erschienen sind. Sakon war zugleich auch Haras letzter Manga, den er für Shueisha und Shōnen JUMP gezeichnet hat.
Es kommt im Jahr 2000 also zur Loslösung vom Magazin, welches für knapp 20 Jahre seine Spielwiese war und welches er maßgeblich in den 80er-Jahren getragen hatte. Zusammen mit seinen langjährigen Freunden Tsukasa Hōjō und Nobuhiko Horie gründet er das Unternehmen Coamix. [Die etwas ausführlichere Version kann man -> hier <- nachlesen] Es ist der Beginn einer Phase, in der Hara ein zweites Gesicht dazu bekommen wird: neben den berühmten und erfolgreichen Mangaka Hara tritt nun auch ein nicht minder ambitionierter und erfolgreicher Businessman Hara.
Knapp 13 Jahre nach dem das letzte Kapitel von Hokuto no Ken erschien und die letzte Episode des TV-Anime über die Bildschirme flimmerte, lässt Hara das Franchise wieder aufleben als er 2001 Sōten no Ken (Fist of the Blue Sky) beginnt. Der neueste Manga aus seiner Feder trägt den Namen Ikusa no ko – Oda Saburō Nobunaga-den – und behandelt erneut das Leben einer der prägendsten und schillerndsten Figuren der Sengoku-Zeit.
Im Jahr 2005 zeigte Hara eine weitere Facette, die man so noch nicht von ihm kannte. Der Mann, der durch seine testosterongeladenen Gekiga-Epen berühmt wurde, schlug gänzlich andere, sanftere Töne an. Da er inzwischen Vater geworden war, keimte in ihm der Wunsch auf, einen Titel zu schaffen, mit dem er kleine Kinder (auch seine eigenen) erreichen könnte – und das war mit Hokuto und Co. ganz einfach nicht möglich. Somit war er maßgeblich an der Produktion eines Bilderbuchs für Kinder beteiligt, welches den Titel Mori no senshi Bonolon trägt.
In Japan werden jedes Jahr gut 78.000 neue Buchtitel publiziert, davon sind gerade einmal 3% (etwa 2.300) Bilderbücher. Wenn ein solches Werk 10.000 Exemplare verkaufen kann, gilt es bereits als ein großer Hit. Bonolon erscheint in einem kostenlosen Journal, von dem jede Ausgabe über 1.000.000 Exemplare vertreibt! Alle zwei Monate erscheint eine neue Geschichte, 27 Seiten lang und komplett in Farbe. 2007 wurde Bonolon sogar als TV-Anime umgesetzt, seit 2008 erscheinen die Geschichten gesammelt als Bilderbücher.

Screenshot aus dem Bonolon-Anime von 2007. (Neben seiner Tätigkeit als Mangaka, Vorstandsmitglied von COAMIX sowie Produzent von Bonolon ist Hara weiterhin auch als Illustrator und Character Designer [u.a. für Romane, Videospiele, Glücksspielautomaten und sogar den Flyer der K1 World Tour 2007], Komponist [Melodien für Pachinko-Automaten] sowie Designer [Schmuck] tätig.)
Mangaka for Life – Bis zum wortwörtlich letzten Augenblick
Das alles würde aber noch nicht erklären, weswegen ich Tetsuo Hara – wie eingangs erwähnt – solch einen unglaublichen Respekt entgegen bringe und ihn für einen der großartigsten Mangaka aller Zeiten halte. – Natürlich, er ist ein äußerst produktiver Manga-Macher und zudem der Schöpfer von einem der größten Manga-Epen der Geschichte des Shōnen-Manga, doch gewinnt all dies noch an soviel mehr Gewicht, wenn man den Hintergrund bedenkt, vor dem Hara seit nun mehr 30 Jahren Manga schafft:
Seit er etwa 23-24 Jahre alt ist (also quasi seit Anbeginn seiner Karriere, im ersten Jahr von Hokuto no Ken), leidet Hara an sog. Keratokonus, einer zunehmenden Verdünnung der Hornhaut, bei der es zu einer kegelartigen Verformung derselbigen kommt. Durch die hohe Belastung der Haras Augen über die Jahrzehnte hinweg ausgesetzt waren, hat sich seit Gesundheitszustand stetig verschlechtert. Zwar versuchte Hara über lange Zeit sein rechtes Auge beim Zeichnen zu schonen, in dem er es schloss und einäugig zeichnete, doch musste er den Preis für all die Anstrengung unlängst zahlen. Auf seinem rechten Auge ist er quasi blind, seit vielen Jahren bereits. – Doch trotz allem würde Hara nie daran denken, den Stift aus der Hand zu legen. Dafür liebt er seine Arbeit viel zu sehr. Er ist definitiv das, was man als Mangaka auf Lebzeit bezeichnet, jemand der Manga wirklich liebt und lebt!
Durch die Krankheit ist es Hara nicht mehr möglich vereinzelte Arbeitsschritte selbst durchzuführen, insbesondere beim Tuschen feinster Linien sowie natürlich beim räumlichen und perspektivischen Zeichnen ist er auf Hilfe und (Nach-)Kontrolle angewiesen. Er selbst sagte dazu so trefflich:
Niemand kann genau sagen wie lange es Hara noch möglich sein wird weiter zu zeichnen, wie lange sein Körper das Ganze noch mitmacht. Die Medizin ist gegenwärtig leider immer noch nicht auf einem Stand, bei dem eine Operation 100%igen Erfolg und eine Heilung garantieren könnte. Aber bei einem kann man sich sicher sein: der Mann wird weitermachen bis es nicht mehr geht. – Zollt ihm den Respekt, den er sich verdient hat, lest seine Werke und genießt seine atemberaubenden Bilder und Illustrationen!
Die wichtigsten Daten auf einen Blick:
Die Anfänge – Waschechte Ausbildung zum Mangaka und erstes Stelldichein bei WSJ
Hara war schon als kleiner Junge begeisterter Mangaleser. Als er die zweite Klasse der Grundschule besuchte (mit sieben Jahren) war er ein großer Fan von Ikki Kajiwaras Tiger Mask, wurde von diesem Werk beeinflusst und hat versucht, den Zeichnungen nachzueifern. In der 4. oder 5. Klasse entdeckter er Fujio Akatsukas Tensai Bakabon für sich. Das war der Zeitpunkt, zu dem er zum ersten Mal dachte, dass es doch interessant wäre, selbst Manga zu zeichnen.
Den Entschluss aktiv eine Karriere als Mangaka anzustreben fasste Hara erst viele Jahre später, etwa zu seiner Zeit als Mittelschüler. Als er die Mittelschule abgeschlossen hatte, wechselte er an die tokioter Hongō Mittel- und Oberschule und schrieb sich dort an der Design-Fakultät ein, die einen speziellen Lehrstuhl für Manga besaß. Hara nahm an zahlreichen Wettbewerben verschiedener Manga-Verlage teil und in seinem zweiten Jahr als Oberschüler, mit 17 Jahren, bekam er erste positive Reaktionen von Seiten der Redaktion der Weekly Shōnen JUMP. Er traf sich daraufhin mit Kazuo Nakanō, dem damals stellvertretenden Chefredakteur der JUMP, der sich auch als Entdecker vieler großer Mangatalente der damaligen Zeit (u.a. Yoshinori Kobayashi [Gōmanism Sengen] und Yudetamago [Kinnikuman]) einen Namen gemacht hatte. Das für mich wohl Unvorstellbarste an dieser Station in Haras Biographie, ist die Tatsache, dass er zu dieser Zeit Gag-Manga zeichnete. (Darum wohl auch das Treffen mit dem Gag-Manga-Spezialisten Nakanō) Hara nahm zu diesem Treffen das Manuskript eines neuen Manga, den er gezeichnet hatte, gleich mit. Nakanōs Kritik war jedoch mehr als nur ernüchternd: er verglich Hara mit dem etwa gleichaltrigen Yudetamago-Duo, die als Oberschüler ihr Mangaka-Debüt gaben und bereits eine Serie in JUMP veröffentlichten. Das niederschmetternde Urteil: „Dir fehlt noch das Zeug, vergiss es!“
Aokiji, bist du das? Ein Bild von Yūsaku Matsuda, einer von Haras liebsten Schauspielern und das reale Vorbild von Admiral Aokiji aus One Piece. Dieses Bild hat Hara als Mittelschüler gezeichnet, war also etwa 13-15 Jahre alt als es entstand. Dass man in dem Alter schon soviel Manliness aufs Bild bringt...?
Die ersten Schritte – Hinwendung zum Gekiga und Assistenzzeit
Als Reaktion auf dieses Intermezzo orientierte Hara sich um und wandte sich dem Gekiga-Manga zu, ein Genre, das er ohnehin sehr viel lieber zeichnen wollte. Diese Spezialisierung ging soweit, dass er sich mit 18, als er seinen Abschluss an der High School macht, auf der Gekiga Sonjuku einschreibt. Bei dieser berühmten Schule handelt es sich um eine Ausbildungsstätte für angehende Mangaka, Manga- sowie Drehbuchautoren. Gegründet wurde sie von keinem geringeren als Koike Kazuo (Lone Wolf & Cub, Crying Freeman und Lady Snowblood), einer Lichtgestalten des japanischen Manga und einer der Urväter des Gekiga-Manga.
Parallel entschließt sich Hara, praktische Erfahrung als Mangaka zu sammeln und macht sich auf die Suche nach einer Stelle als Assistent. Im Zuge dessen kommt es zur bedeutungsreichen Begegnung des jungen Hara und eines aufstrebenden Redakteurs der Shōnen JUMP, der auf den Namen Nobohiko Horie hört. (Wer den vergangenen MOTM-Thread zu Tsukasa Hōjō aufmerksam gelesen hat, der wird sich vielleicht noch an diesen Mann erinnern.) Hara weckte Hories Interesse, er sah in dem Teenager eine Menge Potential und nahm ihn unter seine Fittiche. Zunächst versuchte der Redakteur Hara bei Buichi Terasawa (u.a. Goku Midnight Eye und Space Adventure Cobra) unterzukriegen, dessen Stil am ehesten in die Richtung ging, die Hara einschlagen wollte. Doch Terasawa benötigte zu dieser Zeit keinen Assistenten. Also vermittelte Horie den jungen Hara schließlich an Yoshihiro Takahashi (u.a. Shiroi Senshi Yamato, das Ginga-Franchise, etc.), den Meister des Hunde-Manga. Was zunächst wenig bis kaum kompatibel wirkt, war von Horie genauestens kalkuliert. Er dachte, wenn Hara mit seinen testosterongeladenen Manga der beinharten Edelmänner am emotionalen und gefühlsbetonten Schaffen Takahashis Anstoß nähme, würde das Ganze eine interessante Mischung ergeben.
Insgesamt assistierte Hara Takahashi anderthalb Jahre. In dieser Zeit erlernte er eine Menge praktische Techniken, wie beispielsweise freihändiges Zeichnen. Während Hara zuvor noch stets spezielle Lineale benutzte (z.B. ein Lineals in Wolkenform zum zeichnen für Hintergründe), meinte Takahashi als Hara ihn fragte, wo er solch ein Lineal im Studio des Mangaka finden könnte: „Sowas gibt’s hier nicht, zeichne freihändig!“ und der Youngster merkte wie viel mehr Dynamik und Ausdrucksstärke freihändige Zeichnungen besaßen.
Auf dem Weg zum Debüt – Der Love Comedy die Stirn zeigend: I LOVE GEKIGA!
Nach seiner Zeit als Assistent macht sich Hara daran, wieder aktiver eine eigene Profikarriere anzustreben. Anfang der 80er Jahre kommt es in Japan zum sog. Love Comedy Boom, einer Zeit, in der das gleichnamige Genre der humoristischen Romanzen aufblüht und Shōnen JUMP in Bedrängnis kommt, was die Vorherrschaft im Manga-Business angeht. Insbesondere die Weekly Shōnen Sunday droht unter der Führung von Mitsuru Adachi (Touch, H2, etc.) und Rumiko Takahashi (Urusei Yatsura, Ranma ½) ordentlich Boden gut zu machen. Im Gegenzug verhielt es sich so, dass es um die Gekiga-Manga nicht sonderlich gut bestellt war und sich das Genre eher auf dem absteigenden Ast befand. (Dies war im übrigen auch der Grund, warum Koike seine Gekiga-Schule gründete.) Der Zeitpunkt für einen Nachwuchszeichner von Haras Schlag war also vergleichsweise ungünstig. Trotz allem war für ihn klar, dass er sich diesem Strom nicht anschließen, sondern seinem Stil treu bleiben würde, dafür war seine Liebe zum Gekiga viel zu groß. Und er sollte auch belohnt werden:
Im April 1982 gewinnt Hara den 33. Fresh JUMP Award (ein monatlicher Mangapreis für Nachwuchsautoren, der zwischen den Jahren 1979 und 1982 verliehen wurde. Ist von seiner Bedeutung mit dem Hop☆Step Award vergleichbar, den z.B. Oda damals gewonnen hat, oder dem JUMP Trasure Newcomer Award, der seit 2007 vergeben wird.) mit seiner Kurzgeschichte Super Challenger. Damit kam der Stein ins Rollen. Vier Monate später gibt Hara sein Debüt als Profi als seine Boxgeschichte Mad Fighter als Oneshot in einer Sonderausgabe von JUMP abgedruckt wurde.
In dieser Zeit kam Horie auf seinen Schützling zu und meinte, es wäre an der Zeit, eine Serie zu starten. In einem ausführlichen Fernsehinterview haben die beiden aus dem Nähkästchen geplaudert und die Situation rekapituliert, besitzt sie doch eine dermaßene Ironie, dass man nicht anders kann als zu schmunzeln: Horie selbst war begeisterter Motorrad-Fahrer, Motocross um genau zu sein. Ob es blanker Egoismus war oder eine absolute Falscheinschätzung von Seiten Hories, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, aber dieser dachte, es sei eine vortreffliche Idee einen Motocross-Manga zu zeichnen. Haras Reaktion darauf (gemäß zuvor erwähntem Interview): „…o…kay?“ Er selbst konnte mit der Thematik nämlich reichlich wenig anfangen (und damit war er nicht allein wie sich rausstellen würde), aber ihm war alles recht, solange er endlich seine Karriere starten konnte.
So macht man das! Tetsuo Haras Widmung zum 30.-jährigen Jubiläums von Rumiko Takahashis Urusei Yatsura. So würde die gute Lum aussehen, wenn Gekiga-Meister Hara die Geschichte illustriert hätte.
Der Durchbruch – Das Don-Quijote-Debakel und der leuchtende Nordstern!
Das Ergebnis des Ganzen war der Oneshot Crash Hero, der im Herbst 1982 in Ausgabe #43/82 der Weekly Shōnen JUMP abgedruckt wurde. Da man in einem Redaktionsmeeting, das zur selben etwa stattfand, händegringend nach Kandidaten für neue Serien suchte, entschied man sich kurzerhand Crash Hero als Serie umzusetzen – und das, ohne jegliches Feedback seitens der Leser abzuwarten. Genau 14 Tage später (in Ausgabe #45) startet Tetsuo Haras erste Serie: Tetsu no Don Quijote (dt. Der eiserne Don Quijote)
Ein reichlich kurzes Intermezzo, das bereits nach 10 Wochen sein Ende fand. Auch diese Tatsache besitzt dank Hories durchaus eigener Arbeit als Redakteur wieder eine ironische Note… Hara hatte bis zur sechsten Woche der Veröffentlichung keine Ahnung, wie es um seine Serie stand. (Bereits die Leserreaktionen auf den Oneshot fielen bescheiden aus.) Nach sechs Wochen kam Horie also zu seinem Schützling und meinte unverblümt: „Okay, wird Zeit, dass wir über deine nächste Serie nachdenken…“ – Unglaublich, aber wahr! Hara fiel natürlich aus allen Wolken, akzeptierte die Entscheidung aber natürlich kleinlaut. Ein großer Dämpfer für ihn, der bis dahin unentwegt von der Redaktion (allen voran Horie) ausschließlich Lob erfahren hatte. Fakt ist, dass die Ergebnisse von Tetsu no Don Quijote gegen Ende zwar besser wurden und es daher durchaus möglich gewesen wäre, die Serie noch fortzuführen, aber Horie hatte ein schlechtes Gewissen, weil er Hara einfach die Motocross-Thematik aufs Auge gedrückt hatte.
So machten sich die beiden daran, das Konzept für einen epischen Kampf-Manga zu entwerfen, etwas, das Hara ohnehin viel lieber gezeichnet hätte. Über den Zeitrahmen von einem Jahr schusterten die beiden im Akkord an dem Manga, der Hara den Durchbruch ermöglichen sollte und zu einem der größten und berühmtesten Mangaka der Geschichte machen würde: Hokuto no Ken (Titel der meisten internationalen Adaptationen: Fist of the North Star).
Obwohl der Prototyp-Oneshot der Serie, welcher in zwei Ausführungen im Magazin Fresh JUMP veröffentlicht wurde, sich beide Male großer Beliebtheit erfreute, bekam Hara – gebrandmarkt durch das Don-Quijote-Debakel – auf halbem Wege Zweifel, dass er die Geschichte mit guten Ergebnissen als Serie umsetzen könnte. Aus diesem Grund holte man sich tatkräftige Unterstützung in Form des Autors Buronson, einer der bekanntesten und besten Manga-Autoren und unlängst einer der ganz großen Namen – nicht zuletzt dank Hokuto no Ken!
Das Epos um Kenshiro, den durch das Ödland schreitenden, stoischen Helden mit dem Herz am rechten Fleck, sollte sich als ganz großer Wurf erweisen. Im ersten halben Jahr, in dem die Serie in JUMP lief, konnte das Magazin seine Verkaufszahlen mal eben verdoppeln! (Soviel zum Love Comedy Boom und Shogakukans großer Aufholjagd…) Die Reaktion von Fanseiten war überwältigend und Hokuto no Ken sollte sich – ähnlich wie es One Piece gelang – als absolute Nummer 1 der Weekly JUMP sowie DER prägende Manga der 80er etablieren. Als die Serie nach drei Jahren ihr Ende anpeilte, bat man Hara und Buronson quasi auf Knien, noch ein paar Jahre dranzuhängen. Mit über 60 Mio. verkauften Exemplaren in Japan allein und weiteren 40 Mio. weltweit zählt die Serie mit ihren 27 Bänden zu den bestverkauften Manga aller Zeiten und auch über 20 Jahre nach dem Ende von Hokuto no Ken ist das Interesse an Ken und Co. nach wie vor ungebrochen groß.
Post-HnK – Die Sengoku-Titel, die Loslösung von Shueisha und der Businessmann Hara!
Als Hokuto no Ken 1988 schließlich sein Ende fand, möchte manch einer vielleicht glauben, dass Tetsuo Hara die Gelegenheit genutzt hat, um sich nach 5 anstrengenden Jahren wöchentlicher Veröffentlichungen zu entspannen und für längere Zeit den Pinsel liegen zu lassen. Aber da denkt man falsch, Hara gehört zu jenen Zeichnern, die eigentlich immer an irgendeiner Serie arbeiten oder sonstige Eisen im Feuer haben. So erschien beispielsweise noch 1988 sein Manga CYBER Blue in der Shōnen JUMP.
Ab dem Jahr 1990 macht sich Hara daran Manga nach Vorlage der Romane von Keiichirō Ryū zu schaffen, die von historischen Figuren und Helden der Sengoku-Periode handeln, darunter Hana no Keiji – Kumo no kanata ni – (18 Bände), Kagemusha Tokugawa Ieyasu (6 Bände) und SAKON – Sengoku Fūunroku – (ebenfalls 6 Bände). In diesen Werken kommt Haras Gekiga-Stil perfekt zum Tragen und es ist wahrlich ein Ärgernis, dass viele dieser Manga bis heute noch nicht komplett (oder überhaupt gar nicht) in übersetzter Fassung erschienen sind. Sakon war zugleich auch Haras letzter Manga, den er für Shueisha und Shōnen JUMP gezeichnet hat.
Es kommt im Jahr 2000 also zur Loslösung vom Magazin, welches für knapp 20 Jahre seine Spielwiese war und welches er maßgeblich in den 80er-Jahren getragen hatte. Zusammen mit seinen langjährigen Freunden Tsukasa Hōjō und Nobuhiko Horie gründet er das Unternehmen Coamix. [Die etwas ausführlichere Version kann man -> hier <- nachlesen] Es ist der Beginn einer Phase, in der Hara ein zweites Gesicht dazu bekommen wird: neben den berühmten und erfolgreichen Mangaka Hara tritt nun auch ein nicht minder ambitionierter und erfolgreicher Businessman Hara.
Knapp 13 Jahre nach dem das letzte Kapitel von Hokuto no Ken erschien und die letzte Episode des TV-Anime über die Bildschirme flimmerte, lässt Hara das Franchise wieder aufleben als er 2001 Sōten no Ken (Fist of the Blue Sky) beginnt. Der neueste Manga aus seiner Feder trägt den Namen Ikusa no ko – Oda Saburō Nobunaga-den – und behandelt erneut das Leben einer der prägendsten und schillerndsten Figuren der Sengoku-Zeit.
Im Jahr 2005 zeigte Hara eine weitere Facette, die man so noch nicht von ihm kannte. Der Mann, der durch seine testosterongeladenen Gekiga-Epen berühmt wurde, schlug gänzlich andere, sanftere Töne an. Da er inzwischen Vater geworden war, keimte in ihm der Wunsch auf, einen Titel zu schaffen, mit dem er kleine Kinder (auch seine eigenen) erreichen könnte – und das war mit Hokuto und Co. ganz einfach nicht möglich. Somit war er maßgeblich an der Produktion eines Bilderbuchs für Kinder beteiligt, welches den Titel Mori no senshi Bonolon trägt.
In Japan werden jedes Jahr gut 78.000 neue Buchtitel publiziert, davon sind gerade einmal 3% (etwa 2.300) Bilderbücher. Wenn ein solches Werk 10.000 Exemplare verkaufen kann, gilt es bereits als ein großer Hit. Bonolon erscheint in einem kostenlosen Journal, von dem jede Ausgabe über 1.000.000 Exemplare vertreibt! Alle zwei Monate erscheint eine neue Geschichte, 27 Seiten lang und komplett in Farbe. 2007 wurde Bonolon sogar als TV-Anime umgesetzt, seit 2008 erscheinen die Geschichten gesammelt als Bilderbücher.
Screenshot aus dem Bonolon-Anime von 2007. (Neben seiner Tätigkeit als Mangaka, Vorstandsmitglied von COAMIX sowie Produzent von Bonolon ist Hara weiterhin auch als Illustrator und Character Designer [u.a. für Romane, Videospiele, Glücksspielautomaten und sogar den Flyer der K1 World Tour 2007], Komponist [Melodien für Pachinko-Automaten] sowie Designer [Schmuck] tätig.)
Mangaka for Life – Bis zum wortwörtlich letzten Augenblick
Das alles würde aber noch nicht erklären, weswegen ich Tetsuo Hara – wie eingangs erwähnt – solch einen unglaublichen Respekt entgegen bringe und ihn für einen der großartigsten Mangaka aller Zeiten halte. – Natürlich, er ist ein äußerst produktiver Manga-Macher und zudem der Schöpfer von einem der größten Manga-Epen der Geschichte des Shōnen-Manga, doch gewinnt all dies noch an soviel mehr Gewicht, wenn man den Hintergrund bedenkt, vor dem Hara seit nun mehr 30 Jahren Manga schafft:
Seit er etwa 23-24 Jahre alt ist (also quasi seit Anbeginn seiner Karriere, im ersten Jahr von Hokuto no Ken), leidet Hara an sog. Keratokonus, einer zunehmenden Verdünnung der Hornhaut, bei der es zu einer kegelartigen Verformung derselbigen kommt. Durch die hohe Belastung der Haras Augen über die Jahrzehnte hinweg ausgesetzt waren, hat sich seit Gesundheitszustand stetig verschlechtert. Zwar versuchte Hara über lange Zeit sein rechtes Auge beim Zeichnen zu schonen, in dem er es schloss und einäugig zeichnete, doch musste er den Preis für all die Anstrengung unlängst zahlen. Auf seinem rechten Auge ist er quasi blind, seit vielen Jahren bereits. – Doch trotz allem würde Hara nie daran denken, den Stift aus der Hand zu legen. Dafür liebt er seine Arbeit viel zu sehr. Er ist definitiv das, was man als Mangaka auf Lebzeit bezeichnet, jemand der Manga wirklich liebt und lebt!
Durch die Krankheit ist es Hara nicht mehr möglich vereinzelte Arbeitsschritte selbst durchzuführen, insbesondere beim Tuschen feinster Linien sowie natürlich beim räumlichen und perspektivischen Zeichnen ist er auf Hilfe und (Nach-)Kontrolle angewiesen. Er selbst sagte dazu so trefflich:
„Es gibt Arbeitsschritte, die ich nicht mehr selbst erledigen kann, doch ich werde nicht aufgeben. Ich zeichne heute mit meinem "inneren Auge", meiner Leidenschaft und Willensstärke!“
Solch einer Einstellung gebührt mein uneingeschränkter Respekt und ich ziehe meinen Hut vor diesem Mann in Ehrfurcht. Noch mehr überrascht es gleichwohl, auf welch unglaublichem Niveau Tetsuo Hara zeichnet, welch feine und kunstvolle Zeichnungen und stimmige Kompositionen er hervorbringt. Das alles ist selbstverständlich nur durch ein ungeheures Maß an Einsatz und Zeit zu bewerkstelligen, so weiß ich, dass Hara für die Rohskizze einer Seite etwa eine ganze Stunde benötigt. (Insgesamt schaffen er und sein Team es, etwa 2 Seiten pro Tag fertig zu stellen.) Und es schmerzte mich umso mehr, als bekannt wurde, dass auch Haras linkes Auge inzwischen von der Krankheit betroffen ist…Niemand kann genau sagen wie lange es Hara noch möglich sein wird weiter zu zeichnen, wie lange sein Körper das Ganze noch mitmacht. Die Medizin ist gegenwärtig leider immer noch nicht auf einem Stand, bei dem eine Operation 100%igen Erfolg und eine Heilung garantieren könnte. Aber bei einem kann man sich sicher sein: der Mann wird weitermachen bis es nicht mehr geht. – Zollt ihm den Respekt, den er sich verdient hat, lest seine Werke und genießt seine atemberaubenden Bilder und Illustrationen!
Die wichtigsten Daten auf einen Blick:
- ab 1977 – Beginnt Beiträge an Verlage zu schicken, 1978 erste positive Reaktionen, schließlich: stilistische Umorientierung
- 1979 – Schreibt sich auf Gekiga Sonjuku ein (Abschluss: 1981)
– Assistenzzeit bei Yoshihiro Takahashi - 1982 – Super Challenger gewinnt 33. Fresh JUMP Award
– Debüt als Profi mit Kurzgeschichte Mad Fighter
– WSJ #43/82 Crash Hero erscheint -> WSJ #45/82 Tetsu no Don Quixote startet (erste Serie, jedoch nach 10 Wochen vorbei) - 1983 – Hokuto no Ken erscheint nach einem Jahr Vorbereitungszeit und zwei Prototypen-Oneshots
- etwa 1984 – Krankheit macht sich bemerkbar
- 1988 – Hokuto no Ken endet nach 5 Jahren; Beginn CYBER Blue
- 1990 - 2000 – Manga-Umsetzungen der Romane Ryū (Hana no Keiji [90-93], Kagemusha Tokugawa Ieyasu [94-95], SAKON [97-00])
- 1995 – Takeki Ryūsei erscheint
- 1997 – Hydra erscheint
- 1998 – Hydra endet; Kōkenryoku Ōryō Sōsakan Nakabō Rintarō startet
- 2000 – Ende von Kōkenryoku Ōryō Sōsakan Nakabō Rintarō
– Aterui II-sei startet
– Loslösung von Shūeisha! -> Gemeinsam mit Hōjō, Horie und Co. wird Coamix gegründet - 2001 – Start für Weekly Comic Bunch; Serienstart Sōten no Ken
- 2005 – Beginn der Veröffentlichung von Bonolon
- 2010 – Ende von Weekly Comic Bunch und Sōten no Ken; Start Monthly Comic Zenon und Ikusa no Ko