Wünsch dir was! (moondoggie)

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    • Wünsch dir was! (moondoggie)

      Hallo PB – Community,

      Nachdem ich schon einige FanFiction in diesem Forum gelesen habe, will ich mich auch mal daran versuchen.
      Die Geschichte handelt in der Welt von One Piece, beginnt ungefähr zum Zeitpunkt des großen Ereignisses und spielt sich hauptsächlich zur Zeit des Zeitsprunges ab. Sollte jemand mit dem Gedanken spielen, einen Blick auf meine FanFiction zu werfen, könnt ihr euch in dem nachfolgenden Spoilerfeld einen kurzen Überblick über das verschaffen, was euch erwarten wird.

      Kurzzusammenfassung
      Spoiler anzeigen
      Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt. Ein Gegenstand. Eine Person. Einen innigen Wunsch. Mit der richtigen Motivation kann jeder über seine Grenzen hinausgehen.
      Sly Mortou, ein einfacher Dieb aus dem South Blue, musste die schmerzliche Erfahrung machen, dass Motivation auch aus Schmerz geboren werden kann. Nicht viel war ihm im Leben geblieben und nun sah er sich dem Verlust des Einzigen gegenüber, das ihm wirklich etwas bedeutete. Allein einen schmerzlichen Hinweis hatte man ihm hinterlassen.
      Getrieben von dem unbändigen Wunsch, das Verlorene wiederzuholen, beginnt er eine Suche, auf der er auf Menschen trifft, die sein Schicksal teilen, und muss bald feststellen, dass sie alle in etwas hineingezogen wurden, das ihren Lebensweg fortan für immer verändern wird.

      Über Kommentare und Kritik freue ich mich immer riesig. Scheut euch also bitte nicht, ein paar Zeilen zu schreiben, wenn euch meine Arbeit gefällt oder eben nicht (Keine Angst, ich kann Kritik vertragen :D ).

      Viel Spaß bei meiner FanFiction „Wünsch dir was!“.

      Prolog
      Spoiler anzeigen
      Wie lang er da am Hafen gelegen hatte, konnte der junge Mann beim besten Willen nicht sagen. Man hatte ihn schon das ein oder andere Mal beim Stehlen erwischt. Und in diesen Zeiten war es nicht unüblich, dass man einen Kleinkriminellen nicht an die Marine übergab. Stattdessen nahmen die Menschen in solchen Fällen das Gesetz in ihre eigenen Hände.
      Doch so etwas hatte er noch nie durchstehen müssen. Denn selbst in solchen Zeiten würde kein normaler Bürger einen Dieb so behandeln, wie es die Piraten mit ihm getan hatten. Er hatte zahlreiche Prellungen, Blutergüsse, Schnittwunden und Knochenbrüche davongetragen. Das Atmen fiel ihm schwer und er hatte Schwierigkeiten sich überhaupt auf den Beinen zu halten. Am liebsten wäre er einfach dort am Hafen in dem Haufen von Fischabfällen liegen geblieben, in dem ihn die Piraten abgelegt hatten, doch er konnte nicht. Es war die Sorge, die ihn antrieb. Die Sorge um den einzigen Menschen, der ihm in seinem Leben geblieben war und den er unbedingt beschützen musste.
      Unter höllischen Schmerzen schleppte er sich durch die engen Gassen der Hafenstadt. Sein Ziel war das verlassene Wohnhaus mit den eingeworfenen Fensterscheiben und dem undichten Dach, in dem sie Unterschlupf für die Nacht gesucht hatten.
      Als er die Bruchbude betrat, stieg ihm sofort ein stechender Gestank aus verwesenden Tieren, den Exkrementen ihrer lebenden Verwandten, menschlichem Erbrochenem und Urin in die Nase. Für einen Moment musste er stehen bleiben und mit dem Brechreiz kämpfen, bevor er sich zwang weiterzugehen. Sie hatten ihr Lager in der oberen Etage aufgeschlagen. Er machte sich unendlich viele Vorwürfe, während er sich die Treppe der Bruchbude nach Oben quälte.
      Hätte er dieses Ding doch nie gestohlen!
      Hätte er es doch mitgenommen, statt zu versuchen den Lockvogel zu spielen!
      Hätten sie es ihnen doch einfach überlassen und wären geflüchtet!
      Als er schließlich die unendlich lang wirkende Treppe hinter sich gebracht hatte, ging er in ihren Lagerraum. Zwar klaffte hier ein großes Loch in der Decke, aber immerhin stank es nicht ganz so übel wie im Rest des Hauses, und in einer Ecke fand man sogar einigermaßen Schutz vor Regen.
      Sly hoffte inständig seinen Bruder hier vorzufinden, doch er war nicht zu sehen. In der Hoffnung, dass er seine Anweisung missachtet und sich aus dem Staub gemacht hatte, sah sich Sly noch ein wenig in dem Raum um.
      Alles war verwüstet. Das Wenige, das sie besaßen, war völlig zerstört worden. Die Piraten waren hier gewesen und hatten danach gesucht, das war ihm klar.
      Doch was er als nächstes entdeckte, ließ ihm den Atem stocken. In der Ecke, in der sie ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten, lag die verdammte Frucht, wegen der alles erst soweit gekommen war.
      Er ging auf die bläulich schimmernde Frucht zu, und verfluchte sie für all das Unheil, das sie mit sich gebracht hatte. Er ließ seinen Blick über die kläglichen Überreste seines gesamten Besitzes schweifen, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte. In all dem Chaos stach ihm etwas Weißes ins Auge. Dort lag ein Zettel.
      Er nahm ihn auf und las die, eindeutig für ihn bestimmte, Nachricht:
      „Herzlich willkommen beim Schatzrennen. Wir akzeptieren deinen Bruder als Startgeld, Nummer 42!“


      Kapitel 1: Informationsbeschaffung
      Spoiler anzeigen
      Eine dreckige kleine Stadt auf einer dreckigen kleinen Insel. Die Insel Corel war wirklich das erbärmlichste Stück Dreck, das ihm im gesamten South Blue jemals untergekommen war.
      Als reichte es nicht, dass sich die Bewohner dieses dünn besiedelten Ländchens permanent in sämtliche Berge fraßen, um die dortigen Kohlen ans Tageslicht zu holen, war dieser elende, schwarze Kohlestaub einfach überall. Die Straßen, die Häuser und sogar die Menschen hier waren ständig mit einer Schicht davon bedeckt. Dafür war die Kohle von hervorragender Qualität. Sie war der einzige Grund, warum überhaupt jemand in diesem vertrockneten Ödland eine Stadt errichten, und darin leben sollte.
      Die Weltregierung kümmerte sich nur wenig um diesen Teil der Welt. Um genau zu sein, kümmerte sich niemand wirklich darum, was hier vor sich ging. Nicht einmal Piraten sahen einen Grund dafür, diese Insel zu überfallen. Schließlich gab es hier nichts zu holen. Ab und an landete zwar ein Schiff der Seeräuber im Hafen von Nordcorel, der größeren von zwei Städten auf der Insel, doch machten sie fast nie Ärger.
      Die Einwohner von Südcorel, der kleineren Stadt weiter im Inneren der Insel, sahen nur selten einen Fremden, und erst recht keine Piraten. Die Stadt war bekannt für die harten Sitten und die raue Art, mit der Störenfriede behandelt wurden. Man blieb hier lieber unter sich.
      Umso mehr wunderte man sich, als eines Morgens ein neugieriger, junger Mann in der Stadt auftauchte. Man kannte sich untereinander auf der Insel, und deshalb wusste man auch, dass dieser nicht aus Nordcorel stammen konnte.
      Dementsprechend distanziert gingen die Einwohner des Städtchens mit ihm um. Der Fremde suchte immer wieder das Gespräch mit den Einheimischen und stellte viele Fragen. Zu viele Fragen für deren Geschmack.
      So wie jeder Fremde, war auch der Mann den Menschen in Südcorel nicht geheuer, doch niemand sah ihn als eine Bedrohung an. Würde er Ärger machen, so würden sich die Männer des Ortes schon um ihn kümmern.
      Der Mann ging, seinen Gedanken nachhängend, über die Hauptstrasse des Ortes. Er war etwa 1.80 Meter groß, hatte graue Augen sowie kurz geschorene, dunkelblonde Haare. Eigentlich hatte er diesen gottverlassenen Ort mit der Absicht aufgesucht, ein paar Informationen über jene mysteriöse Narben auf seinem Arm zu erhalten. Doch keiner hatte großes Interesse daran gehabt, sich mit ihm zu unterhalten.
      Am Ende dieses Tages musste er resignierend einsehen, dass es ihm wohl nicht gelingen würde, an einem Ort wie hier irgendwelche Informationen zu erhalten.
      Selbst wenn die Leute hier irgendetwas Nützliches zu erzählen hätten, würde es ihm unter normalen Umständen nicht gelingen, sie zum Sprechen zu bewegen.
      Doch noch hatte er eine Hoffnung: Den Alkohol. Schon oft war es ihm gelungen, Menschen mit Hilfe von etwas hochprozentiger Überredungskunst aus der Reserve zu locken.
      Einen Moment lang überlegte er, ob es sich überhaupt lohnen würde einen Versuch zu starten. Schließlich war er knapp bei Kasse und solch ein Umtrunk verschlang einige Berry. Doch seine Intuition sagte ihm, dass es hier irgendetwas zu holen gab.
      Er würde es versuchen.
      So steuerte der Fremde die einzige Kneipe des Ortes an, um seinen Plan in die Tat umzusetzen. Vor der Tür blieb er noch einmal stehen und sah zu beiden Seiten die Straße hinab. Die, hinter den Kohlebergen versinkende, Sonne tauchte dieses trostlose Stück Land in ein warmes Rot. Irgendetwas an diesem Ort bereitete ihm Unbehagen, obwohl er nicht sagen konnte woran es genau lag.
      Er schob den Gedanken beiseite und betrat die Kneipe. Das Innere war nur spärlich von einigen Petroleumlampen erleuchtet, und auch hier hing der allgegenwärtige Kohlestaub in der Luft. Die anwesenden Männer, dem Aussehen nach wahrscheinlich alle Bergarbeiter, musterten ihn abschätzig.
      Er konnte förmlich spüren was ihnen durch den Kopf ging: Verschwinde, Fremdling!
      Nichtsdestotrotz schloss er die Tür hinter sich, wünschte allen Anwesenden einen schönen guten Abend, und suchte sich einen Platz direkt an der Bar. Auch jetzt noch spürte er die Blicke der Männer auf sich, die ih förmlich durchbohrten.
      Der Wirt, ein gebückt gehender alter Mann mit Halbglatze, fragte den Fremden nach seinem Wunsch.
      „Ich hätte gerne ein Bier“, antwortete der mit einem Grinsen im Gesicht.
      „Nur Stollenfeuer!“, gab der Alte ruppig zurück.
      Der Fremde zog die Augenbrauen nach Oben.
      „Wie, ‚Nur Stollenfeuer’?“, erkundigte er sich verwirt.
      Der Wirt drehte sich auf die Frage hin um, und goss den Inhalt einer Flasche, die er aus dem Regal hinter der Bar genommen hatte, in einen tönernen Becher.
      „Es gibt hier nur Stollenfeuerrum“, sagte er, und stellte den Becher vor den Fremden auf den Tresen.
      Dieser zuckte mit den Schultern und nahm einen kräftigen Schluck aus dem Becher. Der Rum war stark.
      Sehr stark.
      Zu stark für den Fremden, als dass er sich hätte erlauben können, so viel auf einmal davon zu trinken. Er verschluckte sich an dem Getränk und musste heftig husten.
      Augenblicklich brachen die Männer in lautes Gelächter aus.
      Dem Fremden passte es gar nicht, dass man ihn auslachte. Doch er ließ die Männer für den Moment gewähren. Im Grunde kam ihm dieses unfreiwillige Missgeschick ganz Recht. Damit war das Eis schon mal gebrochen. Daran konnte er anknüpfen.
      Als sie sich endlich wieder einigermaßen beruhigt hatten, meldete er sich wieder zu Wort.
      „Hey Wirt!“, rief er dem alten Mann zu, der gerade damit beschäftigt war einigen Gästen aus derselben Flasche einzuschenken.
      „Ich habe ein ernstes Problem mit dem was du eben abgezogen hast.“
      Die ausgelassene Stimmung schwang sofort um. Alle starrten auf den Fremden, der sich auf seinem Barhocker gedreht hatte. Sie waren darauf vorbereitet, den Fremden im Notfall in die Mangel zu nehmen, sollte dieser irgendetwas Komisches planen.
      Doch zur Überraschung aller, begann dieser zu lachen.
      „Du solltest die Flasche mit der Flüssigkeit, mit der du deine Lampen befeuerst, nicht neben den Schnapsflaschen aufbewahren! Das ist echt gefährlich, weißt du?“, lachte er.
      Die Männer sahen ihn einen Moment mit einer Mischung aus Überraschung und Ungläubigkeit an, bis einer schließlich in das Lachen einstimmte.
      „Da hat der Junge nicht ganz Unrecht, Julius!“, rief er dem Wirt zu.
      Daraufhin begannen auch die Anderen herzhaft zu lachen.
      „Der Junge hat Humor!“, rief ein Anderer.
      Die Männer lachten und scherzten eine Zeit lang. Er blieb so lang ruhig sitzen und wartete ab, wie sich die Situation nun weiter entwickeln würde.
      „Komm setzt dich zu uns!“, rief schließlich einer der Männer zu ihm hinüber.
      Darauf hatte er gewartet. Alles hatte so funktioniert, wie er es sich ausgemalt hatte. Zufrieden mit sich selbst, nahm er das Angebot an und suchte sich einen freien Platz am Tisch der Bergleute.


      Kapitel
      2: Seltsame Nummern
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      Der Fremde stellte sich den Bergleuten als Sly Mortou vor. Er gab vor, Schriftsteller zu sein und herumzureisen, um ein Buch über den South Blue schreiben zu können.
      Die Männer hörten sich die Geschichte an und durchschauten sofort, dass er sie anlog. Doch das war ihnen im Grunde auch herzlich egal. Was für sie zählte, war die Tatsache, dass Sly eine Runde nach der anderen für die Männer ausgab.
      Schon bald war aus der trostlosen Stille in der Kneipe ein heiteres Durcheinander verschiedener Stimmen geworden. Selbst Julius, der alte Wirt, hatte sich zu der spontanen Feier gesellt.
      Es wurden allerlei Themen besprochen, wobei keines davon für Sly von wirklichem Interesse war. Die Männer sprachen meist von den vielen Kleinigkeiten, die einem Menschen auf dieser Insel tagtäglich beschäftigen konnten. Das Wetter, die Arbeit im Bergwerk, die Steuern. Alles uninteressante Themen.
      Doch irgendwann sprach einer der Männer ein Thema an, dass jeden Anwesenden schon seit dem Zeitpunkt interessierte, in dem Sly die Kneipe betreten hatte. Unter den Ärmeln seines Hemdes schimmerte auf Höhe des Handgelenkes immer wieder eine seltsame Narbe hervor. Sie schien die Form einer Zahl zu haben.
      Mit Narben kannten sich die Bergleute aus. Jeder von ihnen trug wenigstens eine. Doch eine Narbe in Form einer Zahl hatte keiner von ihnen jemals gesehen.
      „Sag mir mal eins, Junge“, begann einer der Männer an Sly gewandt.
      „Es gibt da etwas, dass ich gerne wissen möchte. Was hat es eigentlich mit dieser Narbe auf deinem Arm auf sich? Wieso hast du eine Narbe, die wie eine Zahl aussieht? Das ist doch nicht normal.“
      Plötzlich war Ruhe eingetreten. Jeder wollte die Antwort auf diese Frage hören.
      Sly wandte sich an den Fragesteller. Doch statt ihm in die Augen zu sehen, starrte er auf den Becher mit Stollenfeuerrum vor sich.
      „Piraten“, sagte er nach einiger Zeit des Schweigens. Daraufhin zog er den rechten Ärmel seines Hemdes zurück, und enthüllte den Anwesenden seinen ganzen Arm. Zum Erstaunen aller Anwesenden besaß er nicht nur die eine Narbe. Über seinen ganzen Arm verteilt waren eine ganze Reihe von Nummern, alle fein säuberlich nebeneinander ausgerichtet.
      „Piraten haben mir das hier angetan. Ich weiß nicht, ob ihr hier viel mit Piraten zu tun habt, aber sie sind ein echtes Problem. Piraten plündern, morden, rauben und brandschatzen. Auf mancher Insel verfallen die Leute schon in Panik, wenn sie am Horizont ein Piratenschiff sehen.
      Und das auch völlig zu Recht, das habe ich am eigenen Leib lernen müssen.
      Ich war damals zur falschen Zeit am falschen Ort. Die Hafenstadt, in der ich mich damals aufhielt, wurde angegriffen. Die Piraten machten kurzen Prozess. Es ging alles extrem schnell. Sie nahmen mich gefangen und folterten mich. Es war echt übel. Ich dachte, mein Leben hätte sein Ende erreicht.“
      Sly machte eine Pause in der Erzählung, um seine Worte wirken zu lassen.
      „Doch das Schlimmste, das sie mir antaten, waren die Verbrennungen. Immer wieder pressten sie ein glühendes Stück Metall auf meinen Arm. Sie nannten es 'die Brandmarkung'.
      Tja, und das Ergebnis seht ihr hier“, sagte Sly, und hob seinen Arm noch einmal nach oben, sodass jeder die Narben, die durch die Verbrennungen entstanden waren, sehen konnte.
      „Irgendwann hatten sie dann wohl genug von mir, und haben mich wie ein Stück Abfall auf einen stinkenden Haufen Fischabfälle am Hafen geworfen. Ich verstehe bis heut nicht warum, aber kurz darauf waren sie verschwunden. Warum sie mir diese Nummern eingebrannt haben, kann ich euch nicht sagen. Ich weiß es selbst nicht.“
      Damit beendete er seine Geschichte.
      Die Männer sahen ihn, zum Teil mit offenen Mündern, geschockt an. Selbst so hartgesottene Bergarbeiter benötigten ein wenig Zeit, um eine solche Geschichte zu verarbeiten.
      „Das ist ja schrecklich, Junge“, durchbrach der Wirt letztlich die bedrückende Stille, die seit dem Ende von Slys Geschichte in der Kneipe herrschte, und füllte dabei noch einmal Slys Becher mit dem Stollenfeuerrum.
      „Ach, kommt schon Leute. Jetzt lasst euch doch nicht die schöne Stimmung von meiner Geschichte versauen. Immerhin bin doch noch am Leben, oder?“, meinte Sly und erhob seinen Becher.
      Die Anderen taten es ihm gleich.
      „Auf das Leben!“, war der Trinkspruch, den einer der Bergarbeiter ausbrachte und der im Laufe des Abends immer wieder wiederholt werden sollte.
      Schon bald waren sie wieder zu der ausgelassenen Stimmung zurückgekehrt, die vor Slys Erzählung geherrscht hatte. Niemand wollte weiter auf die Geschehnisse seiner Geschichte eingehen, obwohl jedem eine ganze Menge Fragen auf der Zunge brannten.
      Die Rücksichtnahme der Bergarbeiter hatte Sly ein wenig überrascht. Ihnen schien es fast schon unangenehm zu sein, dass sie ihn überhaupt auf die Narben angesprochen hatten. Sly war jedoch sehr froh, dass es geschehen war. Schließlich waren es diese Nummern, die ihn erst dazu bewegt hatten in diese abgelegene Region zu reisen. Sollte es hier Informationen geben, die für ihn von Belang waren, dann waren seine Chancen diese zu erlangen nun definitiv besser geworden.
      Schon während seiner Erzählung hatte er die Reaktionen aller Anwesenden genau beobachtet. Alle waren wieder mit ihren Witzen und Erzählungen aus ihrem jeweiligen Alltag beschäftigt. Nur einer nicht.
      Der Mann war Sly schon vorher aufgefallen. Er war, im Gegensatz zu allen anderen, trotz des Alkohols nicht sehr redselig. Genauer gesagt hatte er am ganzen Abend kaum ein Wort gesprochen.
      Dieser Mann war der Einzige, der nicht damit aufhören konnte, auf Slys Arm zu starren. Sein Verhalten erregte dessen Aufmerksamkeit. Es war ein Kerl, wie ein Schrank. Sein schwarzes Haar stand in alle Richtungen ab, wodurch er einen ziemlich ungepflegten und erschöpften Eindruck auf Sly machte. Allein der durchdringende Ausdruck seiner blauen Augen brachte Sly zu der Erkenntnis, dass es sich bei diesem Mann nicht um einen einfachen Säufer handeln musste. Dieser Mann war es wert, dass man sich ein wenig mit ihm unterhielt.
      Er setzte sich neben ihn, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Schon fast provokativ hielt er ihm den Arm mit den Narben vor das Gesicht.
      „Was soll der Mist?“, fragte der Mann genervt.
      Sly zuckte mit den Schultern.
      „Du scheinst ziemlich an den Nummern interessiert zu sein. Deshalb dachte ich, dass ich sie dir mal aus der Nähe zeige.“
      Der Mann wandte sich von Sly ab. Der Mann wandte sich von Sly ab.
      „Sei nicht unhöflich Clay!“, ermahnte der Wirt den Mann.
      „Jeder von uns versteht, dass es dir nach der Geschichte mit Karin nicht gut geht. Aber es ist trotzdem unhöflich einen Anderen so anzustarren und ihm anschließend die kalte Schulter zu zeigen.“
      Diese Ermahnung war mehr für Sly als für Clay selbst eine Überraschung. Er hätte niemals erwartet dass man in dieser Stadt solchen Wert auf gute Umgangsformen legte. Nicht nachdem er so viel Ablehnung seitens der Bewohner erfahren hatte.
      Clay jedoch zeigte keinerlei Reaktion auf die Worte des Wirts. Ihm war es sichtlich unangenehm, von dem Alten so ermahnt zu werden. Deshalb sah er von Sly weg und versuchte dabei möglichst gleichgültig drein zu blicken.
      Doch gerade diese gespielte Gleichgültigkeit machte Sly nur noch neugieriger. Irgendetwas stimmte mit diesem Clay nicht. Und die Art, wie er die Nummern ansah ließ in Sly den Verdacht erwachsen, dass auch er irgendwie mit dem Vorfall verknüpft war, der sein eigenes Leben so einschneidend verändert hatte.
      Seine Intuition hatte ihn nur selten getäuscht.
      Es galt nun wenigstens ein paar Informationen aus Clay heraus zu kitzeln. Doch dieser zeigte sich nicht sehr gesprächig. Egal wie oft Sly versuchte mit ihm ins Gespräch zu kommen, Clay ließ ihn immer links liegen.
      Frustriert von seinen Misserfolgen versuchte es Sly auf einer persönlicheren Ebene.
      „Was hat es eigentlich mit dieser Karin auf sich? Hat sie sich abgeschossen, oder was?“, wollte er wissen.


      Kapitel 3: So macht das ein Meisterdieb

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      „Was sagst du da über Karin?“
      Damit hatte Sly einen Nerv getroffen. Und auch wenn Clay jetzt sehr gereizt wirkte, sprach er nun wenigstens mit ihm.
      „Ich habe vorhin deinen Namen mitbekommen. Und da du so niedergeschlagen bist, dachte ich eben, dass sie dich abserviert hat.“
      Ein Blick in Clays Gesicht genügte um Sly klar zu machen, dass er eben etwas Falsches gesagt hatte. Clay kochte jetzt bereits vor Wut, und würde bei auch nur einem weiteren falschen Wort auf ihn losgehen.
      Doch trotzdem bohrte er in der Hoffnung weiter, doch noch ein paar Informationen zu erhalten.
      „Jetzt nimm es nicht so schwer, Alter! Schon viele Typen wurden von ihren Freundinnen abserviert. Also was soll’s!?“, sagte Sly noch, bevor er eine Faust auf sich zufliegen sah.
      Der Schlag von Clay traf ihn mit voller Wucht auf die Nase, die dabei ein deutlich hörbares Knacken von sich gab. In diesem Schlag steckte eine ungeheure Kraft. Die Wucht des Schlages auf seinem Gesicht beförderte Sly von seinem Stuhl zu Boden. Für einen kurzen Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen.
      Als er sich wieder gefangen hatte, sah er Clay über sich stehen, beide Hände zu Fäusten geballt.
      „Wag es nie wieder, so über sie zu sprechen, FREMDER!“, schrie Clay den am Boden liegenden an.
      „Solltest du es wagen, auch nur einmal ihren Namen in den Mund zu nehmen, werde ich dir das Licht ausknipsen!“, drohte er mit zitternder Stimme.
      Ein paar der Männer kamen herbei und zogen Clay von Sly weg. Sie brachte ihn aus der Kneipe um ihn zu beruhigen.
      Der Wirt kam zu Sly, der immer noch am Boden lag, und hielt ihm einen dreckigen Lappen entgegen, damit dieser sein Nasenbluten stoppen konnte. Dieser war von dem schmutzigen Stück Stoff ein wenig angewidert, doch nahm das Angebot dankend an. Er stand wieder auf.
      Das Stimmengewirr innerhalb der Kneipe war wieder einmal erstorben. Sly setzte sich wieder auf den Platz, auf dem er bereits gesessen hatte, bevor er mit Clay in Konflikt geraten war. Nach einiger Zeit des Schweigens kamen auch die Männer, die Clay vor der Tür beruhigt hatten, zurück in die Kneipe. Sie verkündeten, dass er sich auf den Heimweg gemacht hätte.
      „Es tut mir leid, dass ihr meinetwegen so viel Ärger hattet. Ich habe mich wohl etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt“, meinte Sly in die Runde, nachdem sich die Männer wieder gesetzt hatten.
      „Da hast du schon Recht, Junge. Für einen Fremden war dein Gerede zu dreist“, meinte einer der Männer, die gerade wieder herein gekommen waren.
      „Aber auf der anderen Seite kann man dir nicht viele Vorwürfe machen. Schließlich bist du nicht von hier. Folglich konntest du nicht wissen, was mit Clay passiert ist“, warf der Wirt ein.
      Sly tröpfelte ein wenig des Stollenfeuerrums auf die Wunden an seiner Nase, um diese zu desinfizieren. Der Schnaps brannte auf der Haut sogar noch mehr, als beim Trinken.
      „Mir ist natürlich bewusst, dass es mich nichts angeht, aber könntet ihr mir erklären, warum er so ausgetickt ist?“, fragte Sly schließlich.
      Keiner der Männer schien vor dem Fremden so recht über die Ereignisse sprechen zu wollen, die vor Kurzem in Clays Leben stattgefunden hatten.
      Doch letztlich lenkten sie doch ein und erzählten Sly die Geschichte.
      Es hatte sich vor ziemlich genau einem Monat zugetragen. Clay hatte heiraten wollen. Der Name seiner Verlobten war Karin.
      Die Männer beteuerten, dass sich die Beiden über alle Maßen geliebt hatten. Ihre Liebe ging sogar soweit, dass sie den eigentlichen Tag ihrer Hochzeit um ein Jahr verschoben hatten, da Clay für seine geliebte Karin ein großes Fest ausrichten wollte. Keiner der Beiden hatte besonders viel Geld gehabt, weshalb sie innerhalb des letzten Jahres sehr viel gearbeitet hatten. Clay im Bergwerk und Karin als Schneiderin. Mancher vermutete, dass ihre Liebe darunter gelitten habe, dass sie sich nur so wenig gesehen hatten.
      Doch wie der Wirt versicherte, war das Gegenteil der Fall gewesen. Er habe in seinem ganzen Leben niemals zwei Menschen gesehen, die so viel füreinander empfunden hatten, wie Clay und Karin.
      Doch als dann der Tag gekommen war, an dem die Beiden vor den Altar treten wollten, geschah es. Clay hatte allen berichtet, dass Karin verschwunden sei. Man hatte nach ihr gesucht, aber nirgendwo auf der ganzen Insel war eine Spur von ihr zu finden gewesen. Es war, als wäre sie plötzlich vom Erdboden verschwunden.
      Sly hatte während der ganzen Zeit, in der die Männer abwechselnd die Geschichte erzählt hatten, nicht ein Wort gesagt.
      „Und das ist der Grund, warum Clay so ausgerastet ist als du über Karin gesprochen hast, Junge“, wurde die Geschichte von einem der Männer beendet.
      Zwar war dieser Bericht ziemlich heftig gewesen, doch für Sly enthielten die Worte mehr Informationen, als es den Männern bewusst sein konnte.
      Die Geschichte hatte zu viele Ungereimtheiten. Sly konnte und wollte nicht glauben, dass es keinerlei Verbindung zwischen den Ereignissen in Clays, und in seiner eigenen Vergangenheit geben sollte. Er war nun schon so lang unterwegs. Es war schon viel zu viel Zeit vergangen, seitdem er die letzte heiße Spur gefunden hatte. Doch endlich gab es eine Chance an Informationen zu kommen. Und der Name dieser Chance war Clay Barton. Es stand außer Frage, dass er sich noch einmal mit dem Bergarbeiter unterhalten musste, egal wie er das anstellte.
      Er entschuldigte sich noch einmal bei allen Anwesenden, für den Ärger, den er verursacht hatte. Außerdem gab er an, dass er sich auch gerne bei Clay entschuldigen würde. Allerdings hielt er es für keine gute Idee noch am selben Abend mit ihm zu sprechen. Deshalb bat er den Wirt, ihm den Weg zu Clays Haus zu erklären, und ihm außerdem ein Zimmer für die Nacht zu überlassen. Natürlich würde er auch dafür bezahlen.
      Der Alte überlegte noch einen Moment bevor er Sly eröffnete, dass es in seiner Kneipe keine Zimmer zu vermieten gab. Aber wenn er im Voraus zahlen würde, wäre er bereit ihn im Schankraum schlafen zu lassen. Sly nahm das Angebot dankend an.
      Es dauerte nicht mehr lange, und die Kneipe leerte sich. Viele der Männer waren aufgrund der Aufregung müde geworden. Einer nach dem Anderen verabschiedete sich.
      Als auch der letzte Gast gegangen war, holte der Wirt eine Decke für Sly. Er meinte noch, bevor er selbst zu Bett ging, dass sich Sly ein nettes Plätzchen für die Nacht suchen und dass er die Finger von den Schnapsflaschen lassen sollte. Lachend versicherte dieser, dass sich der Wirt keine Sorgen zu machen bräuchte. Von diesem Höllenzeug hatte er mehr als genug gehabt. Lachend verabschiedete sich der Wirt und wünschte ihm eine gute Nacht.
      Doch Schlaf war das Letzte, an das Sly jetzt dachte. Die Aufregung hielt ihn wach und ließ seine Gedanken rasen.
      Clay war seit langem der erste wirkliche Hinweis, die erste Chance etwas über den Verbleib seines Bruders herauszufinden.
      Sly musste sich zur Ruhe zwingen. Das Letzte was er jetzt brauchte war, dass sein so mühsam aufgebautes Alibi aufgrund von unnötiger Hast zunichte gemacht wurde.
      Er wartete ab, bis er von Oben keine Geräusche mehr hören konnte. Danach ließ er noch einige Zeit vergehen, um sicherzugehen, dass alle Bewohner des Hauses wirklich schliefen.
      Erst als er sich dessen sicher war, verließ er die Kneipe, und begab sich zu Clays Haus. Die Vordertür stellte keine Herausforderung für ihn da. Mit Hilfe eines Dietrichs hatte er sich schnell Zugang verschafft. Er schloss die Tür hinter sich und sah sich in dem Haus um.
      „Sehr gut gemacht, Sly!“, gratulierte er sich selbst flüsternd.
      „So macht das ein Meisterdieb!“


      Kapitel 4: Ungebetener Besuch
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      Clay erwachte ungewöhnlich spät an diesem Morgen. Er schrieb dies den großen Mengen an Stollenfeuerrum zu, die er am Abend zuvor in sich hinein geschüttet hatte. Zudem hatte einen üblen Kater und brauchte erst einmal einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen.
      Es war nicht die Kneipe gewesen, in der so viel getrunken hatte. Aber es lag an den Ereignissen dort, weshalb er zu Hause noch zwei Flaschen Rum geleert hatte.
      Die Erinnerungen an Karin hatten ihn wach gehalten. Er hatte getrunken, um seinen Schmerz zu betäuben.
      Für seinen Kater wiederrum machte er den Fremden verantwortlich, der ihn in der Kneipe nicht in Ruhe lassen wollte. Es war seine Schuld gewesen, dass seine alten Wunden wieder aufgerissen waren.
      Doch er konnte an der Situation nichts ändern. Karin war weg, und so auch hoffentlich der Fremde.
      Clay stand auf um sich in der Küche ein Glas mit Wasser zu holen. Er ging, immer noch seinen Gedanken nachhängend, nach unten.
      Als er seine Küche betrat, sah er jemanden am Tisch sitzen. Er schob es im ersten Moment auf seinen immer noch durch den Rum vernebelten Geist, aber ein zweiter Blick machte ihm klar, dass er sich nicht täuschte.
      An dem Tisch in seiner Küche saß ein Mann. Und dieser Mann, war niemand anderer als der Fremdling der ihn letzte Nacht die ganze Zeit genervt hatte.
      „Einen schönen guten Morgen!“, begrüßte er Clay mit einem Lachen.
      Eine Antwort bekam er auf seinen Gruß sllerdings nicht. Clay stürmte auf den Eindringling zu.
      Sly sprang sofort von seinem Stuhl auf, sodass ihn Clays erster Schlag verfehlte und stattdessen die Rückenlehne des Stuhles zertrümmerte.
      Ihm war völlig klar, dass es nicht viele Schläge seitens Clay brauchte, um ihn schwer zu verletzen. Das hatte er am Abend zuvor bereits einmal schmerzlich erfahren. Die vielen Jahre als Bergarbeiter hatten ihm eine unglaubliche Kraft verliehen. Wenn möglich, wollte Sly es vermeiden einen weiteren dieser Dampfhämmer einstecken zu müssen.
      Erschwerend hinzu kam die Tatsache, dass sein Gegner nicht nur blind um sich schlug. Clay ging bei seinen Angriffen taktisch vor. Kein Schlag, ohne dass er nicht sicher wäre danach einen sicheren Stand zu haben. Keine unnötigen Bewegungen. Er ließ seinen Gegner nicht einen Moment aus den Augen.
      Sein Kampfstil war nicht der eines Mannes, der sich in Kneipen prügelte. Clay hatte das Kämpfen irgendwo erlernt.
      Doch auch Sly war nicht so wehrlos, wie es Clay vielleicht vermutet hatte.
      Zwar stürmte er immer wieder auf den Fremden in seinem Haus zu, doch wollte es ihm einfach nicht gelingen einen Treffer zu landen. Seine Hiebe verfehlten Sly immer wieder um Haaresbreite. Unter Clays Schlägen ging ein großer Teil seiner Hauseinrichtung zu Bruch. Doch das kümmerte ihn im Moment nicht. Für ihn zählte nur, den Fremden zu besiegen.
      Wäre Clay nicht so in Rage gewesen, hätte Sly wahrscheinlich einige Wunden davon getragen. Doch seine Wut machte ihn blind, und das machte sich Sly zu Nutze.
      Clay hatte gerade wieder vergeblich versucht Sly einen Schlag zu verpassen, und damit ein Loch in der Wand hinterlassen, als er spürte, dass er unter seinem rechten Fuß den Halt verlor. Während Clay noch im Fallen begriffen war, nutzte Sly den günstigen Augenblick um seinem Gegner seinerseits einen Haken in den Magen zu verpassen. Zwar konnte seine Kraft bei Weitem nicht mit der des Bergarbeiters mithalten, doch reichte es aus um Clay für einen Moment auf die Bretter zu schicken.
      „Du hast ja eine unnachahmlich nette Art mit Gästen umzugehen“, sagte Sly zu dem am Boden liegenden Clay.
      „Du verdammter Bastard!“, presste Clay wutentbrannt hervor, während er versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Doch es sollte ihm nicht gelingen. Beim Versuch aufzustehen verlor er wieder unversehens sein Gleichgewicht.
      „Du wirst dich jetzt beruhigen. Ich bin hier um dir zu sprechen“, sagte Sly in einem, für ihn ungewöhnlich gebieterischen Ton.
      „Halts Maul!“, schrie Clay zurück, und versuchte erneut aufzustehen um den Fremden anzugreifen. Doch auch dieses Mal rutschte er weg und landete wieder auf dem Boden.
      „Was zum …?“
      Clay verstand nicht, was hier vor sich ging. Der Boden war nicht rutschig. Wieso verlor er immer wieder den Halt?
      „Du wirst mir jetzt zuhören, Clay Barton!“
      Sly zog ein Messer unter seinem Hemd hervor und blickte auf ihn herab. Clay konnte nicht sagen, woran es lag, doch in diesem Moment ging eine Aura von Sly aus, die ihn in Angst und Schrecken versetzte.
      „Überlege dir genau, was du als Nächstes tun wirst. Ich möchte, dass du dir eine Sache klar machst. Statt meiner Faust hätte auch dieses Messer in deinem Magen landen können. Du weißt, dass ich die Fähigkeiten dazu habe“, sagte Sly, und hielt dabei die Klinge auf Clay gerichtet.
      Er musste ihn fürs Erste beruhigen, das war wichtig. Sly wollte, dass Clay ihm zuhörte. Und dazu musste dieser zur Ruhe kommen.
      „Mir ist bewusst, dass du nicht davon begeistert bist, mich in deinem Haus vorzufinden. Aber du solltest noch eine zweite Sache bedenken. Wenn ich dich hätte ausrauben oder töten wollen, dann hätte ich das längst getan.“
      Mit diesen Worten kramte Sly etwas aus seiner Tasche heraus, und warf es Clay zu.
      Dieser konnte nicht glauben, was er da sah.
      „Was? Aber wie hast du...?“, stammelte er, als er den goldenen Verlobungsring von Karin vor sich auf dem Boden liegen sah.
      „Aber wie kann das sein? Ich habe diesen Ring doch…“
      „...in der Schublade der Kommode neben deinem Bett aufbewahrt“, vollendete Sly seinen Satz.
      In Clays Kopf begann sich alles zu drehen. Wenn der Fremde den Ring hatte stehlen können, dann musste er logischerweise in dieser Nacht in seinem Schlafzimmer gewesen sein. Ein Blick auf das Messer in Slys Hand machte ihm klar, dass er wirklich hätte tot sein können, wenn es der Fremde nur gewollt hätte.
      „Und jetzt wirst du dir etwas ansehen, und mir sagen, ob du so etwas schon einmal gesehen hast!“, befahl Sly dem immer noch perplexen Clay. Daraufhin kramte er wieder in seiner Tasche. Diesmal holte er einen vergilbten Zettel hervor, den er Clay übergab.
      Dieser nahm, ziemlich verwirrt und auch ein wenig misstrauisch, das Stück Papier, und las den Text darauf:
      „Herzlich willkommen beim Schatzrennen. Wir akzeptieren deinen Bruder als Startgeld, Nummer 42.“
      Die Augen von Clay weiteten sich merklich, als er die Worte las. Und auch Slys Herz begann schneller zu schlagen, als er seine Reaktion sah.
      „Du kennst diese Worte, hab ich Recht, Clay? Auch du besitzt einen solchen Zettel. Und auch du trägst die Nummern auf deinem Arm!“, schlussfolgerte Sly.
      Der Schock saß tief in Clay, als er diese Worte hörte.
      Ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen, zog er den Ärmel seines Hemdes zurück und enthüllte seinen rechten Arm. Wie Sly es vermutet hatte, befanden sich auch darauf die seltsamen Narben in Form von Zahlen.


      Kapitel 5: Die wahre Geschichte
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      Sly steckte das Messer wieder ein. Er gab dem völlig verwirrten Clay, als Zeichen des Friedens, die Hand um ihm aufzuhelfen.
      In dessen Kopf schwirrten tausende von Fragen herum. Er benötigte erst einmal etwas Zeit, um seine Gedanken zu ordnen.
      „Wieso hast du gestern Abend nichts gesagt? Wieso musste ich erst zu solchen Mitteln greifen um herauszufinden, dass auch du Nummern trägst?“, fragte Sly schließlich, als er der Meinung war, dass Clay nun in der Lage war einen klaren Gedanken zu fassen.
      „Ich… Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, als ich gestern bei dir die Nummern gesehen habe. Ich meine, du und ich, wir haben doch rein gar nichts miteinander zu tun. Wie kann es da sein, dass du solche Nummern hast? Wie groß sind da die Chancen?“, stammelte Clay als er sich aufhelfen ließ.
      Über so viel Naivität bei einem erwachsenen Mann konnte Sly nur lachen.
      „Das ist doch nicht dein Ernst! Hast du jemals irgendwo, irgendjemanden mit solchen Narben gesehen? Spar dir deine Antwort! Natürlich hast du das nicht. Das hat keiner von uns, bevor wir unsere Nummern erhalten haben.“
      Die Beiden gingen in die Küche wo sie mit einigen Mühen wenigsten wieder die Stühle, die Clay zuvor zertrümmert hatte, herrichteten, sodass man auf ihnen sitzen konnte.
      Sly ließ ihm nochmals etwas Zeit um seine Gedanken zu ordnen. Er hatte Verständnis für Clays Verwirrung.
      „Was meinst du mit ‚wir’?“, fragte Clay irgendwann.
      Sly war gerade damit beschäftigt alles Notwendige zusammenzusuchen, um eine Kanne mit Kaffe aufsetzten zu können.
      „Glaubst du denn wirklich, dass wir die einzigen Menschen mit diesen Nummern sind? Nein, mein Freund, das sind wir sicher nicht. Ich kann dir nicht sagen, wie viele es insgesamt sind. Aber es gibt mehr Menschen wie uns“, sagte er, ohne dabei einmal zu Clay zu sehen.
      „Und woher willst du das wissen?“
      Sly seufzte resignierend als er Clay eine Tasse mit frisch gebrühtem Kaffe reichte. Es half alles nichts. Clay wollte die Zusammenhänge wahrscheinlich nicht erkennen. Aber vielleicht verlangte er auch zu viel von ihm. Schließlich erhielt er gerade die Informationen, die er selbst innerhalb eines halben Jahres zusammen getragen hatte.
      Also entschloss er sich, etwas Aussagekräftigeres anzuführen, um den Zweifler neben sich zu überzeugen. Er kramte in seiner Hosentasche nach etwas, und holte schließlich eine Teleschnecke hervor.
      Verwirrt sah Clay zu, wie Sly eine Nummer wählte. Es klingelte genau drei Mal, bevor sich am anderen Ende jemand meldete.
      „Ja, hallo?“, ertönte eine Frauenstimme.
      „Hällööööchen, mein Schatz!“, rief Sly überschwänglich in die Teleschnecke.
      „Sly, du Vollidiot! Was glaubst du, wozu ich dir diese Teleschnecke gegeben habe? Sicherlich nicht, damit du dich nicht meldest, wenn du eine Nacht weg bleibst!“
      Die Frau schien ziemlich aufgebracht zu sein.
      „Aber Saja, du hattest doch nicht etwa Sorge um mich. Oder etwa doch?“, neckte Sly seine Freundin weiter.
      „Du bist ein Idiot, Sly Mortou!“, gab sie beleidigt zurück.
      „Aber jetzt sei doch nicht schon wieder so. Ich hab doch nur Spaß gemacht.“
      Schweigen.
      „Oh Mann! Ich glaube, ich habe eben etwas Falsches gesagt“, murmelte Sly sich selbst zu.
      „Hör mal, Saja. Ich habe etwas Wichtiges zu sagen. Ist Helios in der Nähe? Hört er mit?“
      Wieder herrschte eine Zeit lang Stille, bis Saja endlich mit einem „Ja“ antwortete.
      „Sehr gut. Ich möchte, dass ihr Beide nach Südcorel kommt. Ich habe hier einen sehr interessanten Kerl kennengelernt, der darauf brennt eure Verschönerungen zu sehen.“
      „Du sollst diese grässlichen Dinger nicht immer Verschönerungen nennen!“, schrie ihn Saja noch wutentbrannt an, bevor sie auflegte.
      „So, jetzt sind die Beiden erst mal auf dem Weg hierher.“
      Sly packte die Telschnecke weg und lehnte sich zufrieden zurück.
      „Ich verstehe immer noch nicht…“, begann Clay schließlich.
      „Bist du immer so schwer von Begriff, mein Freund? Ich bin natürlich kein Schriftsteller. Das war gelogen. In Wirklichkeit reise ich nur umher, um irgendwelche Hinweise darauf zu finden, was es mit diesen Nummern auf sich hat. Und die nette Dame, eben an der Teleschnecke, war meine Saja. Wir reisen gemeinsam mit unserem Freund Helios. Jeder von uns trägt diese Nummern, verstehst du?“
      Clay nickte langsam. Man konnte förmlich sehen, wie die Gedanken in seinem Kopf rasten.
      „Die Geschichte über dich und die Piraten. Sie war auch gelogen, oder?“, wollte er schließlich wissen.
      Plötzlich schlug Slys Stimmung um. Er war nun nicht mehr fröhlich und ausgelassen, sondern todernst. Sly sprach nicht gern über seine Vergangenheit und es kostete ihn viel Überwindung es doch zu tun. Jedoch wollte er Clay beweisen, dass er nicht sein Feind war. Also rang er sich dazu durch, sich noch einmal an den schrecklichsten Tag in seinem Leben zu erinnern.
      „Nicht ganz. Es stimmt schon, dass ich die Nummern von den Piraten bekommen habe. Nur das Warum, da habe ich euch angelogen.“
      Er machte eine Pause. Clay konnte sehen, dass es Sly viel Überwindung kostete weiterzusprechen.
      „Denke jetzt nicht schlecht von mir, aber bis vor Kurzem habe ich mich als Dieb über Wasser gehalten. Mich und meinen Bruder Hamrio. Die Piraten waren nicht zufällig in jener Stadt gewesen. Und sie hatten es nicht zufällig auf mich abgesehen. Ich hatte sie ein paar Wochen zuvor um etwas sehr Wertvolles erleichtert. Und das wollten sie natürlich wiederhaben.
      Also haben sie nach uns gesucht und dann schließlich auch gefunden. Wir hatten keine Chance zu fliehen. Dafür hatten wir ihr Schiff zu spät bemerkt. Deshalb habe ich mich gefangen nehmen lassen. Tja, und der nächste Teil der Geschichte stimmt wieder. Sie haben mich gefoltert und mir die Nummern verpasst.“
      „Und dann?“
      Sly atmete tief durch, bevor er weiter sprach.
      „Als ich wieder zu mir kam, sah ich nach, ob die Piraten das Ding mitgenommen hatten und ob es Hamrio gut ging. Doch leider….. Lass es mich so sagen: Ich verstehe den Schmerz, den das Verschwinden deiner Verlobten in dir ausgelöst hat. Hamrio war verschwunden. Und die einzigen Anhaltpunkte, die ich hatte, waren dieser Zettel, die Nummern auf meinen Arm und das verdammte Ding.“
      Zwischen den Beiden herrschte eine Zeit lang Stille.
      „Was war das denn für ein wertvolles Ding, von dem du die ganze Zeit sprichst?“, wollte Clay wissen.
      Nun war wieder ein Grinsen in Slys Gesicht zu sehen. Ein verschlagenes Grinsen.


      Kapitel 6: Ich nenne sie Vektoren
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      Das Grinsen auf Slys Gesicht machte Clay ein wenig nervös. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, was es zu bedeuten hatte.
      Sly erhob seine Hand und richtete die Handfläche auf Clay. Dieser schaute ziemlich verwirrt drein als sich der Stuhl unter ihm plötzlich zu bewegen begann. Mitsamt seines Stuhls wurde Clay quer durch die Küche befördert, während Sly die ganze Zeit mit seiner Handfläche auf ihn zeigte. Die Wand kam dabei immer schneller auf ihn zu. Clay riss seine Arme zum Schutz vor sein Gesicht, allerdings kam er kurz vor der Wand zum Stehen. „Was zum Teufel war das eben?“, fragte er erschrocken. Er war vorsichtshalber von dem Stuhl aufgestanden, um nicht noch einmal so etwas mitmachen zu müssen.
      Doch Sly grinste nur, anstatt ihm zu antworten.
      Plötzlich spürte Clay wieder das Ungleichgewicht, das ihn bereits während seines Kampfes mit Sly immer wieder überkommen hatte. Und auch dieses Mal verlor er das Gleichgewicht und landete am Boden.
      Langsam reichte es Clay. Er wollte nun endlich wissen, was hier gespielt wurde. Und als ob Sly seine Gedanken gelesen hätte deutet er mit einem Blick auf die Wand hinter Clay.
      Dieser wandte sich ein wenig skeptisch um und wich sofort erschrocken zurück, als er erkannte, was Sly ihm hatte zeigen wollen.
      Auf der Wand befand sich plötzlich ein schwarzer, nach unten zeigender Pfeil.
      „Was zum Teufel?“, war das Einzige, dass Clay hervorbrachte. Diesen Anblick konnte er sich beim besten Willen nicht erklären. Er ging die wunderlichsten Theorien in seinem Kopf durch. Vom Einsatz von optischen Täuschungen, über einen Streich, den ihm sein immer noch verkaterter Geist spielte bis hin zur Annahme, dass er in Wirklichkeit noch träumte. Doch so sehr er sich auch anstrengte, keine seiner Erklärungsversuche schien wirklich sinnvoll zu sein.
      Sly hingegen genoss für einen Moment die Verwirrung seines Gesprächspartners. Er mochte es, wenn man seine Fähigkeiten nicht sofort durchschauen konnte. Es verhalf einem sowohl im Kampf als auch bei Diebstählen zum Erfolg, wenn der Gegner seine Fähigkeiten nicht verstehen oder zumindest einschätzen konnte. Und gerade Clay schien das Offensichtlichste zu übersehen.
      Dieser wandte sich schließlich mit einem verwirrten Gesichtsausdruck von dem Pfeil ab und blickte zu Sly.
      „Das ist die Kraft der Vektor – Frucht“, lüftete er schließlich das Geheimnis.
      „Ich habe seinerzeit eine Teufelsfrucht von den Piraten gestohlen. Eigentlich hatte ich vorgehabt sie zu verkaufen. Aber nachdem die Sache mit meinem Bruder und den Nummer geschah, habe ich beschlossen sie doch lieber zu verspeisen.
      Das Ding hat grässlich geschmeckt, das kann ich dir sagen.“
      Es schüttelte Sly heute noch bei dem Gedanken an den Geschmack der Frucht. Er hatte in seinem Leben schon viele Dinge gegessen, die Andere verschmäht hatten. Doch so etwas Ekelhaftes war ihm bis zu jenem Tag und auch seitdem nicht wieder untergekommen.
      „Aber wie dem auch sei, die Frucht hat mir Teufelskräfte verliehen. Ich kann auf jedem festen Untergrund diese Pfeile erscheinen lassen. Sie befördern alles, was sich auf ihnen befindet mit der Geschwindigkeit, die ich will, in die Richtung, die ich will. So zum Beispiel.“
      Wieder spürte Clay das Ungleichgewicht unter seinen Füßen. Nur war es diesmal nicht ganz so heftig wie die vorangegangenen Male. Er konnte sich auf den Beinen halten. Ein Blick auf seine Füße zeigte ihm einen der schwarzen Pfeile, den er eben schon auf der Wand gesehen hatte. Der Pfeil zeigte auf Sly und tatsächlich bewegte sich Clay langsam auf ihn zu, obwohl er nicht einen Schritt tat.
      Langsam dämmerte es ihm auch, wie es Sly gelungen war ihn zu besiegen.
      „Das hast du vorhin auch schon gemacht. Während unseres Kampfes meine ich“, schlussfolgerte er.
      Sly bejahte mit einem Nicken.
      „Du musst also nur mit der Hand irgendwohin zeigen und dann kannst du diese Dinger erzeugen?“, fragte Clay weiter.
      „Vektoren. Ich nenne sie Vektoren. Und nein. Das mit der Hand eben war nur Show. Das ist eine Angewohnheit von mir. Es hilft den Gegner zu verwirren und über meine eigentliche Fähigkeit im Unklaren zu lassen. Jedenfalls eine Zeit lang“, antwortete Sly und nahm die Hand herunter. Clay bewegte sich trotzdem weiter auf ihn zu, bis er schließlich vor dem Tisch zum Stehen kam.
      Er war äußerst beeindruckt von der Geschicklichkeit, mit der Sly seine Kräfte einsetzte. Während des Kampfes war ihm nicht einmal der Gedanke gekommen, dass sein Gegner Teufelskräfte besitzen könnte. Zwar hatte er bis heute niemals solche Kräfte in Aktion gesehen, aber er hatte von Julius, dem Alten Wirt der Kneipe, oft Geschichten über diese Früchte gehört.
      Er ärgerte sich über seine eigene Wut und Unbeholfenheit, mit der er in den Kampf gegangen war. Hätte er nur einen kühlen Kopf bewahrt, dann hätte er die Vektoren mit Sicherheit bemerkt und hätte darauf reagieren können. Doch nun war es zu spät und Clay war sogar ein Stück weit froh über seine Niederlage.
      Sie hatte ihm zumindest eine Möglichkeit gegeben etwas über das Verschwinden seiner Verlobten herauszufinden. Der Fremde, den er vor Kurzem noch am liebsten zu einem Haufen Brei geschlagen hätte, gab ihm nun wieder Hoffnung. Die Hoffnung, Karin wiederzusehen.
      „Eine recht nützliche Fähigkeit für einen Dieb“, sagte Clay schließlich und begann zu lachen.
      „Da hast du nicht ganz Unrecht, mein Freund!“, antwortete Sly und stimmte in das Lachen ein.
      Es war der erste Augenblick, seit sich die Beiden das erste Mal gesehen hatten, in dem sie gemeinsam lachten. Für diesen kurzen Moment waren alle ihre Sorgen wie ausgelöscht.
      Doch bald hatte sie ihr Schicksal wieder eingeholt und sie erinnerten sich wieder an den eigentlichen Grund, warum sie sich kennengelernt hatten.
      Clay begann Sly mit unendlich vielen Fragen zu löchern. Manche waren sinnvoll und wohl überlegt, andere sinnlos und trivial.
      Doch Sly weigerte sich irgendwann weitere Fragen zu beantworten. Er sagte, dass sich Clay gedulden müsse, bis die Anderen angekommen würden. Fürs Erste hätte er genug gefragt. So ließ er ihn mit dem Rat, sich erst einmal zu beruhigen und über alle nachzudenken, allein.
      Sly würde am Stadtrand auf seine Freunde warten. Sie würden hierher zurückkehren, sobald die Beiden angekommen waren. Bis dahin sollte Clay über alles nachdenken, was er heute erfahren hatte. Das wäre im Moment das Wichtigste.
      Mit diesen Worten ließ Sly den, immer noch ziemlich verwirrten, Clay in seinem Haus zurück und begab sich an den Stadtrand.
      Sly ließ die vergangenen Ereignisse innerlich noch einmal an sich vorbeiziehen. Es war nun erst einen Tag her, doch es war viel geschehen. Er war sehr zufrieden mit sich und seinen Taten.
      Die Sonne ging bereits unter und tauchte die Stadt wieder in das wunderschöne Rot, dass Sly bereits am Vorabend gesehen hatte, als es an der Tür des Hauses des Bergarbeiters Clay Barton klopfte.


      Kapitel 7: Durch das Schicksal verbunden
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      „Sieh an! Du scheinst ja sogar in der Lage zu sein, ein Haus durch die Tür zu betreten“, waren Clays Begrüßungsworte als er seine Gäste an der Haustür empfing.
      Augenblicklich fing sich Sly einen bösen Blick von der schlanken Frau mit den kurzen, schwarzen Haaren neben sich ein.
      Sie schien von Slys eigentlichem „Beruf“ zu wissen, und es offensichtlich nicht gutzuheißen, dass er solche Dinge tat. Mit ihren blauen Augen sah sie ihn so lange vorwurfsvoll an, bis er resignierend zugab am Vorabend in Clays Haus eingestiegen zu sein. Sie brachte ihn dazu, sich dafür bei Clay zu entschuldigen. Erst danach begrüßte sie Clay mit einem Lächeln, bei dem man nicht auf die Idee kommen konnte, dass sie einen Mann wie Sly so unter Kontrolle hatte.
      „Hallo, mein Name ist Saja. Freut mich, dich kennen zu lernen.“
      Das gesamte Bild empfand dieser schon fast als witzig, doch er verkniff sich ein Lachen. Dass sie einen Mann wie Sly so unter Kontrolle hatte stand im krassen Gegensatz zu dem Bild, dass Clay von dem Dieb hatte.
      Die andere Person an Slys Seite war ein groß gewachsener Mann mit Glatze und schon fast unnatürlich großen, grünen Augen. Bei sich trug er einen hölzernen Wanderstab, an dessen Ende einige Löcher mit silbernen Ringen eingelassen waren. Er stellte sich nicht selbst vor, sondern erhob nur die Hand zum Gruß.
      „Der Lange hier ist Helios“, sagte Sly mit einem Nicken in Richtung seines Freundes.
      Clay war zwar ein wenig verwirrt darüber, dass sich Helios nicht selbst vorgestellt hatte, doch schob er seine Verwunderung erst einmal beiseite, und bat die Drei in sein Haus.
      Im Inneren fing sich Sly erneut einen verärgerten Blick seiner Freundin ein. Zwar hatte Clay die gröbsten Schäden bereits repariert und ein wenig Ordnung geschaffen, doch sah man dem Wohnraum immer noch an, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte. Saja schien schnell begriffen zu haben, was hier vorgefallen war und wollte erneut eine Entschuldigung von Sly hören. Doch diesmal beschwichtigte Clay, dass es seine Schuld wäre, dass so viel zu Bruch gegangen sei, und Sly sich nicht zu entschuldigen bräuchte.
      Er führte seine Gäste in sein Wohnzimmer, beziehungsweise dem, was sie davon übrig gelassen hatten. Während sich Saja, Sly und Clay setzten blieb Helios stehen und sah sich um. Er ließ seinen Blick quer durch den Raum wandern, bis er mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht bei Sly stoppte.
      „Woher soll ich denn wissen, ob er was da hat?“, fuhr er Helios verärgert an.
      Etwas in Helios Blick änderte sich. Er und Sly starrten einander einige Momente lang an.
      „Ist ja gut Mann, jetzt reg dich ab. Ich werde ihn ja fragen.“
      Sly wandte sich an Clay.
      „Eine Frage Clay, du hast nicht zufällig eine Flasche von diesem Stollenfeuerrum hier, oder?“
      Ziemlich verwirrt über das, was da eben vor sich gegangen war, holte Clay eine der Flaschen aus seiner Speisekammer.
      „Mach dir keine Gedanken. Das ziehen die Beiden ständig ab“, sagte Saja als sie Clays verwirrten Gesichtsausdruck bemerkte, während er Helios die Flasche gab.
      „Aber, was soll das? Wieso reden die Beiden nicht wie normale Menschen miteinander?“, wollte er wissen. Doch Saja meinte nur mir einem Kopfschütteln, dass sie es auch nicht wüsste. Die Beiden wären schon so, seit sie sie kennen würde.
      Helios hatte sich inzwischen in eine Ecke zurückgezogen um sich der Flasche Stollenfeuerrum zu widmen. Clay war zwar immer noch ziemlich verwirrt über das Verhalten der Beiden, doch beschloss er es fürs Erste auf sich beruhen zu lassen. Es gab im Moment wichtigere Themen zu besprechen.
      „Was hat es nun mit den Nummern auf sich? Was soll das Ganze?“, platzte Clay heraus.
      Sly beugte sich nach vorn und verschränkte seine Hände vor seinem Gesicht.
      „Das, mein Freund, ist die große Frage auf die wir eine Antwort suchen.“
      Mit dieser Aussage war Clay alles andere als zufrieden. Was sollte die ganze Aktion, wenn Sly und seine Freunde selbst keine Ahnung hatten, was es mit den Nummern auf sich hat?
      „Jedoch“ fuhr Sly fort, als Clay gerade das Wort ergreifen wollte um seinem Unmut Luft zu machen.
      „Jedoch bin ich sehr froh, dass wir uns getroffen haben. Du bist der Beweis für meine Theorie!“, verkündete Sly stolz an Saja gewandt.
      „Ach wirklich?“, sagten sie und Clay, wie aus einem Mund, während sich Sly selbstzufrieden zurücklehnte.
      „Wirklich!“, sagte er, und forderte Clay auf seinen Arm mit den Nummern zu zeigen. Dieser wusste zwar nicht, was daran so besonders sein sollte, schließlich trugen sie wohl alle diese Zahlen, jedoch zog er seinen Hemdärmel zurück und zeigte seinen Arm in die Runde.
      Der Schreck war Saja ins Gesicht geschrieben, als sie auf seinen Arm blickte.
      „Das kann doch nicht wahr sein“, murmelte sie mehr zu sich selbst als zu irgendjemandem im Raum. Diese Reaktion verwirrte Clay nur noch mehr.
      „Was ist denn? Ist irgendwas komisch an mir? Deine Narben sehen doch fast gleich aus“, sagte er an Sly gewandt.
      „Es sind auch nicht meine Nummern, die hier nicht ins Bild passen. Es sind ihre“, sagte er und blickte abwechselnd zu Helios und Saja.
      „Wie meinst du das? Was ist denn bei ihnen anders, als bei uns?“
      Während Saja zu hadern schien, was sie als nächstes tun sollte, hatte Helios weniger Hemmungen. Als er seinen Arm präsentierte fiel Clay sofort auf, worauf sich Sly die ganze Zeit bezogen hatte.
      Auch Helios trug die Nummern. Aber anders als bei Sly und Clay waren es bei ihm fein säuberlich tätowierte Ziffern anstatt der Narben infolge von Verbrennungen. Auch Saja hatte sich inzwischen dazu durchgerungen ihren Arm zu zeigen. Es war genauso wie bei Helios.
      „Was hat das Ganze zu bedeuten? Wieso sind eure Nummern tätowiert?“, wollte Clay von den Beiden wissen, doch keiner schien Interesse daran zu haben, auf seine Frage zu antworten. Stattdessen meldete sich Sly zu Wort.
      „Clay, mein Freund, nimm es ihnen nicht übel, wenn sie nicht darüber sprechen wollen. Wie genau die Beiden zu ihren Nummern kamen, ist für uns im Moment auch nicht von Interesse. Es sei nur eines gesagt: Sie haben ihre Nummern freiwillig erhalten. Wir nicht.“
      Clay war völlig perplex, als er diese Worte hörte. Wieso sollte sich jemand so etwas freiwillig antun? Doch Sly schüttelte nur seinen Kopf um zu zeigen, dass er im Moment nicht bereit war, darüber zu sprechen.
      „Fakt ist Eines. Seitdem ich dich kenne, bin ich mir sicher, dass es mindestens zwei verschiedene Arten von Menschen gibt, die solche Nummern tragen. Nämlich diejenigen, die sie freiwillig bekommen haben, und diejenigen, denen sie aufgezwungen wurden.
      Doch wir alle haben etwas gemeinsam. Jeder hat etwas oder jemanden verloren. Und offenbar sollen uns nur die Nummern den Weg zeigen, wie wir es wiedererlangen können. Verstehst du, Clay? Deine Verlobte ist nicht abgehauen. Sie wurde entführt! Genau wie mein Bruder!“
      Mit diesen Worten hatte Sly bei ihm einen Nerv getroffen.
      „Woher willst du das wissen? Wie sollte jemand sie entführen? Wir haben in der Nacht, bevor sie verschwand, im selben Bett geschlafen! Sie lag in meinen Armen! Und du willst mir weismachen, dass man sie entführt hat? Wie soll das gehen, ohne dass ich etwas davon bemerkt habe?“, stellte Clay die Frage, die er sich selbst schon so oft gestellt und niemals eine Antwort gefunden hatte, seitdem er von Sly die Geschichte über die Nummern gehört hatte. Er hatte sich so in Rage geredet, dass Sly es für besser hielt ihm erst einmal ein wenig Zeit zum abkühlen zu geben.
      Als er der Meinung war, dass sich Clay genug beruhigt hatte, sprach er weiter.
      „Auf dieselbe Art, wie man es geschafft hat, dir glühende Eisen auf die Haut zu pressen, ohne dass du etwas davon gemerkt hast.“


      Kapitel 8: Aufbruch
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      Die Aussage traf Clay wie ein Schlag in die Magengrube. Natürlich hatte er sich schon oft die Frage gestellt, wie es möglich gewesen sei, dass über Nacht diese seltsamen Nummern auf seiner Haut erschienen waren. Doch nie war es ihm gelungen eine Antwort auf diese Frage zu finden.
      Letztlich war er zu der einzigen, in seinen Augen logischen, Schlussfolgerung gelangt. Karin hatte ihn verlassen und er hatte sich diese Nummern wegen des Frusts darüber im Rausch selbst zugefügt. Obwohl er wusste, dass es nicht stimmen konnte, war es für Clay einfacher sich selbst zu belügen als sich der unangenehmen Wahrheit zu stellen. Schließlich hatte er erst nach Karins Verschwinden mit dem Trinken angefangen und die Nummern bereits davor entdeckt.
      Doch nun konnte er die Augen nicht mehr vor den Fakten verschließen. Das Auftauchen von Sly und seinen Freunden machte ihm deutlich, dass viel mehr hinter dem Verschwinden seiner Verlobten stecken musste, als er auch nur im Ansatz erahnen konnte.
      „Und wie soll es nun weiter gehen?“, fragte er die Erstbeste, von hunderten Fragen, die ihm durch den Kopf gingen.
      „Das, mein Freund, liegt an dir. Wir werden bald weiterziehen und versuchen, dem Geheimnis hinter den Nummern auf den Grund zu gehen. Du hast die Wahl: Entweder du begleitest uns, du ziehst allein los, oder du bleibst hier und verprügelst den Nächsten, der über deine Verlobte spricht. Es ist deine Entscheidung“, sagte Sly und nahm dabei die Hand von Saja. Auch Helios hatte sich aus seiner Ecke erhoben und sich hinter den Beiden aufgestellt.
      Clay starrte vor sich auf den Boden und versuchte die Situation zu begreifen. Es war ihm im Moment alles zu viel. Er erklärte den Anderen, dass er eine solche Entscheidung nicht so einfach aus dem Bauch heraus treffen könne und Bedenkzeit bräuchte.
      Es war Saja die sich, im Gegensatz zu den beiden Männern, verständnisvoll zeigte. Sie versicherte Clay, dass sie ihm ein wenig Zeit geben würden um über alles nachzudenken. Jedoch würden sie nicht ewig warten. Er hätte bis zum nächsten Tag am späten Nachmittag Zeit, um sich zu entscheiden. Danach wären sie weg. Wenn er sie begleiten wollte, dann müsste er sich morgen am Hafen in Nordcorel einfinden. Sie würden dort auf ihn warten.
      Die Drei verabschiedeten sich ohne auch nur ein weiters Wort über die Angelegenheit zu verlieren. Wieder verließ Sly, diesmal in Begeleitung seiner Freunde, das Haus des Bergarbeiters Clay Barton. Er hatte viele Fragen beantwortet und fast genauso viele aufgeworfen.
      Sie verließen Südcorel, nachdem Sly und Helios noch ein paar Flaschen des Stollenfeuerrums in der Bar des alten Julius gekauft hatten.
      „Glaubst du, dass er kommen wird?“, wollte Saja wissen, während sie sich außerhalb der Stadt, weit genug von neugierigen Augen entfernt, für ihre etwas ungewöhnliche Art zu reisen bereit machten.
      „Das kann ich nicht sagen. Clay ist ein seltsamer Kerl. Auf der einen Seite vermisst er seine Verlobte so sehr, dass er mir gestern Abend eine verpasst hat, als ich ihn darauf ansprach, aber auf der anderen Seite scheint er mit aller Kraft die Augen vor der Wahrheit verschließen zu wollen. Wir müssen wohl abwarten“, gab er ein wenig gekränkt zu. Normalerweise konnte Sly das Verhalten von Anderen recht gut vorhersagen. Doch bei Clay wollte es ihm nicht gelingen.
      Helios und Saja hatten sich inzwischen so aufgestellt, dass sie einen festen Stand hatten. Auch Sly begab sich in eine solche Position und ließ sich von seinen Freunden durch ein Nicken bestätigen, dass sie bereit waren.
      „Vektorgleiten!“
      Unter den Füßen der Dreien bildeten sich Vektoren, die sie, zunächst langsam und dann immer schneller, in Richtung Nordcorel beförderten. Anfangs hatte Sly massive Schwierigkeiten die Geschwindigkeit eines einzelnen Vektors für sich selbst zu kontrollieren. Doch nun konnte er sie alle drei ohne größere Mühen mithilfe seiner Teufelskraft schnell von einem Ort zum Anderen bringen.
      Auf diese Weise brauchten sie für die Strecke, die man zu Fuß an einem halben Tag zurücklegte, weniger als eine Stunde.
      In der Stadt angekommen gingen sie sofort an Bord ihres Schiffes um sich auszuruhen.
      Der folgende Tag verlief für die Drei recht ruhig. Sly war lange damit beschäftigt seiner Freundin zu erklären, was alles zwischen Clay und ihm vorgefallen war. Und noch länger brauchte er, um sie danach wieder zu besänftigen. Von Helios sahen die Beiden an diesem Tag nicht viel. Er verbrachte seine Zeit in einer Meditationspose unter Deck, wobei sich Sly nicht sicher war, ob er wirklich meditierte oder mal wieder bei dem Versuch eingeschlafen war.
      Es wurde Nachmittag und von Clay war keine Spur zu sehen. In Sly machte sich langsam der Verdacht breit, dass er nicht kommen würde, doch sie würden warten.
      Letztlich wusste er, dass Saja nur geblufft hatte. Selbst wenn Clay erst im letzten Moment auftauchen würde, wäre er nicht zu spät. Sie würden auf keinen Fall noch vor Anbruch der Nacht in See stechen, sondern bis zum nächsten Tag warten.
      Doch als die Nacht einbrach und Clay immer noch nicht beim Schiff angekommen war, begruben sie ihre Hoffnung, dass er sie auf ihrer Reise begleiten würde.
      Ein wenig enttäuscht gingen alle, mit Ausnahme von Helios, der immer noch „meditierend” in der Ecke unter Deck saß, zu Bett.
      Am nächsten Morgen wurden Sly und Saja unsanft von einem lauten Hämmern geweckt. Ziemlich schlecht gelaunt stand Sly auf, um nachzusehen, was da los war.
      „Was treibt dieser irre Mönch jetzt schon wieder?“, murmelte er ärgerlich vor sich hin, als er die Tür der Kabine öffnete. Beim Herausgehen erwartete er Helios bei irgendeiner Arbeit vorzufinden.
      Als ihm jedoch jemand einen wunderschönen guten Morgen wünschte, war für Sly klar, dass es sich nicht um Helios handeln konnte, der da mit dem Hammer hantierte.
      An Deck stand Clay mit einem Grinsen im Gesicht und verkündete, dass er mitkommen würde, wenn es keine Umstände machte.
      Es war an jenem kühlen Morgen, an dem Clay Barton seine Heimat verließ um seine Verlobte zu suchen. Keiner der Vier an Bord des kleinen Schiffes konnte zu diesem Zeitpunkt wissen, dass ihr wahres Abenteuer damit erst beginnen sollte.


      Kapitel 9: Seltsame Entwicklungen
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      [Wir verlassen an dieser Stelle Sly und seine Freunde um einen Blick auf Ereignisse zu werfen, die sich einige Wochen vor deren Ankunft auf der Insel Corel, an völlig anderen Orten der Welt zutrugen.]

      [Im Marine Hauptquartier]

      Großadmiral Sengoku brütete gerade über den morgendlichen Lagemeldungen aus aller Welt. In letzter Zeit hatten sich die Ereignisse überschlagen und es gab berechtigten Grund zur Annahme, dass ihnen ein Krieg mit einem der vier Kaiser, Whitebeard, unmittelbar bevorstand. Vor einer Woche hatte die Marine offiziell bekannt machen lassen, dass Feuerfaust Ace in Namen der Gerechtigkeit exekutiert werden sollte. Seit diesem Zeitpunkt hatte er nur wenig Zeit für seine normalen Pflichten gefunden.
      Doch im Moment galten seine Sorgen ausnahmsweise nicht dem bevorstehenden Krieg, sondern der Meldung über die neuesten Kopfgelder. Dem Großadmiral war zum wiederholten Male ein Detail aufgefallen, dem er nun nachgehen wollte. Nur um auf Nummer sicher zu gehen.
      Er ließ einen Verbindungsoffizier zu sich kommen. Es dauert nicht lang und der Soldat stand salutierend vor ihm.
      „Wo befindet sich Brandnew im Moment?“, wollte er von dem Mann wissen. Der Soldat überlegt kurz, bevor er antwortete.
      „Nach meinen Informationen müsste er sich auf den Weg hierher, nach Marineford befinden um im bevorstehenden Krieg zu kämpfen, Sir.“
      Sengoku lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verfütterte die Meldung über die Entwicklung der Kopfgelder an seine Ziege. Er fragte sich, warum Brandnew gerade zu solch einem Zeitpunkt das Hauptquartier verlassen hatte.
      „Gibt es eine Möglichkeit, ihn zu kontaktieren?“
      „Natürlich Sir. Einen Moment bitte“, gab der Soldat zur Antwort.
      Er verschwand für einen Moment und kehrte bald darauf mit einem Stück Papier zurück. Er übergab dem Großadmiral die Nummer der Teleschnecke, unter der Brandnew aktuell zu erreichen war. Danach salutierte er und verließ auf Weisung Sengokus den Raum.
      Es dauerte nicht lang und Brandnew meldete sich an seiner Teleschnecke.
      „Großadmiral Sengoku. Womit kann ich dienen, Sir?“
      Dem Buddha war nicht nach belanglosem Geplänkel zumute. Deshalb kam er direkt zur Sache.
      „Es geht um die Entwicklung der Kopfgelder, Brandnew. Mir ist da eine Unregelmäßigkeit aufgefallen.“
      „Eine Unregelmäßigkeit, Sir?“, fragte Brandnew, der seine Aufgabe immer mit viel Sorgfalt erledigte, erstaunt.
      „Ja, eine Unregelmäßigkeit“, gab Sengoku ein wenig verärgert über die Gegenfrage zurück.
      „In letzter Zeit werden ungewöhnlich viele Kopfgelder in gleicher Höhe vergeben. Mir liegen Berichte aus allen vier Blues sowie der Grand Line vor, laut deren überall Kopfgelder in Höhe von 10 Millionen Berry auf bisher unbekannte Personen ausgestellt wurden. Was hat es damit auf sich?“
      Eine Zeit lang war vom anderen Ende der Leitung nichts zu hören, bis sich Brandnew wieder zu Wort meldete.
      „Ich fürchte, dass ich Ihnen darüber keine Auskunft geben kann. Wie sie sicher noch wissen, habe ich meine Aufgabe für die Zeit meines Einsatzes im Marinehauptquartier abgegeben. Folglich bin ich im Moment nicht darüber im Bilde, auf welche Verbrecher Kopfgelder ausgestellt werden.“
      Diese Aussage gefiel dem Großadmiral gar nicht.
      „An wen wurde das Kommando für die Kopfgeldbefundabteilung übergeben?“, wollte er nach einigem Grübeln wissen.
      „An Kapitän Shin Maguro, Sir. Ein fähiger Mann, der der Marine mit vollem Herzen ergeben ist. Er ging mir bisher bei vielen kleineren Verbrechern zur Hand. Ich nehme an, es liegt an seiner mangelnden Erfahrung, dass er immer wieder das gleiche Kopfgeld vergeben hat.“
      Wieder herrschte einen Moment lang Ruhe. Brandnew wartete seelenruhig darauf, dass sein Vorgesetzter wieder das Wort ergriff.
      „Ist dieser Mann vertrauenswürdig?“
      „Natürlich, Sir. Ich habe ihn selbst für diesen Posten ausgewählt. Um sicher zu gehen, dass er all seine Aufgaben pflichtbewusst wahrnimmt, habe ich mich auf den weg zu ihm gemacht. Ich befinde mich im Moment auf dem Rückweg“
      „Na gut. Sehen sie zu, dass sie bald wieder hier sind. Das wäre alles Brandnew. Auf Bald.“
      „Sir!“
      Der Großadmiral ließ sich Brandnews Worte noch einmal durch den Kopf gehen, während er zum Fenster ging und nach draußen blickte. Überall waren die Vorbereitungen für den Krieg mit Whitebeard in vollem Gange.
      „Shin Maguro also. Ich sollte diese Sache im Auge behalten“, sagte er zu sich selbst.


      Kapitel 10: Du darfst sie nicht ansehen
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      [An einem unbekannten Ort]

      Zwei Männer schleppten den Jungen quer durch den Bedienstetenbereich. Sie wussten, was mit dem Neuen passiert war. Er teilte das Schicksal von Vielen die das Pech hatten, sich nach ihrer Ankunft nicht zuerst mit einigen Leuten unterhalten zu können, die schon länger hier waren.
      Es geschah immer wieder das Gleiche, wenn jemand den Herrschaften unerfahren gegenüberstand. Es gab zwei elementare Verhaltensregeln, die man zu beachten hatte, wenn man sich in ihrer Gegenwart aufhielt. Nur leider hatte Niemand die Gelegenheit gehabt, dem Jungen diese Regeln zu erklären.
      Als sie die Bedienstetenunterkünfte betraten, kamen augenblicklich zwei junge Frauen herbeigeeilt, um ihnen den Jungen abzunehmen. Die beiden Männer bedankten sich dafür und machten sich sogleich auf um den nächsten armen Teufel abzuholen, der gegen die Grundregeln verstoßen hatte.
      Die Frauen legten den Jungen auf einer Liege ab.
      Er war völlig verängstigt und hatte höllische Schmerzen. Im Dunkeln taste er nach irgendetwas, das ihm Halt geben konnte. Eine Hand ergriff die Seine. Es war eine der Frauen, die ihn zur Liege gebracht hatten.
      „Mach dir keine Sorgen. Wir werden uns um dich kümmern“, versuchte sie ihn zu beruhigen.
      „Was ist passiert? Meine Augen… ich kann nichts sehen“, stammelte er verängstigt.
      Die Frau drückte seine Hand ein wenig fester.
      „Du musst jetzt stark sein. Sie haben dir das Augenlicht genommen. Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, könnte sich Wunde entzünden und du könntest sterben. Aber die Behandlung wird ziemlich schmerzhaft sein“, erklärte sie ihm.
      Ihre Worte ließen seinen, vom Schock und Schmerz umnebelten Geist, plötzlich wieder klar werden. Er hatte diesen Mann angesehen und danach hatte man ihn weggeschleift. Man hatte ihn in einen abgelegenen Raum gebracht. Von überall waren Schreie zu hören gewesen. Im Raum hatte man ihn auf einen Stuhl gesetzt und Arme sowie Beine daran festgebunden.
      Und dann war da die Nadel. Es war das letzte Bild, das er in seinem Leben sehen sollte. Eine rot glühende Nadel, die sich seinem Augapfel unaufhörlich näherte. Alles, woran er sich ab diesem Zeitpunkt erinnern konnte, war Schmerz.
      „Warum?“, fragte er in die Richtung gewandt, in der er die Frau vermutete.
      „Du darfst sie nicht ansehen. Und auch nicht unaufgefordert ansprechen“, antwortete sie.
      „Sie?“
      „Die Herrschaften. Wer sie unaufgefordert anspricht, dem wird die Zunge herausgeschnitten. Wer sie ansieht, dem wird das Augenlicht genommen.“
      Ein weiterer Bediensteter, der vor seinem Leben hier als Arzt gearbeitet hatte, setzte sich an die Liege.
      „Ist er auch einer von den Neuen? Der arme Kerl ist noch so jung“, sagte er zu der Frau.
      Im Anschluss beugte er sich zu dem Jungen herunter.
      „Ich werde deine Wunden jetzt desinfizieren. Sei stark, denn das wird dir einige Schmerzen bereiten.“
      Während der Doktor seiner Arbeit nach ging, gab der Junge nicht einen Mucks von sich. Er lag nur still da und hielt die Hand der Frau fest.
      Seine Gedanken wurden nur von einer Frage beherrscht: Wann kommst du mich hohlen, großer Bruder?

      [Im Zimmer der Herrschaften]

      Ein älterer Bediensteter stand schon seit einer guten Stunde in der Tür, den Blick starr zu Boden gerichtet und wartete darauf, dass man ihn ansprach.
      Er kannte die Regeln und wusste auch was mit Einem geschah, wenn man sich nicht daran hielt.
      „Was gibt es denn?“
      Die herrische Stimme eines Mannes hatte sich an ihn gerichtet.
      „Pater Anderson ist hier und bittet in aller Bescheidenheit um einen kurzen Augenblick eurer kostbaren Zeit, Herr.“
      Der Bedienstet hörte Schritte auf sich zukommen. Er hütete sich davor seinen Blick zu heben um sehen, was vor sich ging.
      „Pater Anderson also. Lass ihn kommen.“
      Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verbeugte sich der ältere Bedienstete tief und verließ das Zimmer. Eigentlich war ihm auch um einiges lieber, wenn er nicht in der Nähe der Herrschaften sein musste. Doch dieser Anderson war ihm fast genauso unheimlich.
      Er hatte eine unheimliche Aura an sich. Seine Augen zeigten niemals auch nur die kleinste Emotion. In früheren Tagen war Pater Anderson nur selten hierhergekommen. Doch in letzter Zeit hatte sich das geändert. Seit dem Tag, an dem die erste von vielen Fuhren mit neuen Bediensteten ankam, waren auch die Besuche von Pater Anderson häufiger geworden. Dem Alten war klar, dass zwischen diesen Ereignissen irgendein Zusammenhang bestehen musste. Doch wie dieser aussah konnte er nicht erkennen. Und eigentlich war es ihm auch lieber, wenn er nicht zu tief in die Belange der Herrschaften verwickelt wurde.
      Im Warteraum stand Pater Anderson am Fenster und blickte hinaus auf das weitläufige Grundstück der Herrschaften. Er war es gewohnt lange warten zu müssen, wenn er hier war um eine der Herrschaften zu sehen.
      „Pater Anderson, ihr werdet nun empfangen“, sagte der Bedienstete ohne diesmal zu warten, bis er angesprochen wurde.
      Anderson wandte sich um. Seine gefühllosen Augen durchbohrten den Bediensteten und ließen ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren ging er auf den Alten zu. Mit ihm hatte der Priester noch nie gesprochen. Er redete nur mit den Herrschaften. Die Beiden gingen wortlos den Gang zum Aufenthaltszimmer der Herrschaften entlang.
      Auch diesmal blieben sie in der Tür stehen. Dem Bediensteten schoss jedes Mal der kalte Angstschweiß auf die Stirn, wenn er darauf wartete, dass man sich an ihn wandte. Denn man konnte niemals wissen was geschehen würde, wenn man den Herrschaften gegenüber stand.
      Doch dieses Mal sollte ihm nichts geschehen. Der Herr bat Pater Anderson schon nach kurzer Zeit hinein und der Alte durfte gehen. Erleichtert tat dieser, was ihm befohlen wurde.
      Als der Bedienstete außerhalb der Hörweite war begann der Herr zu sprechen.
      „Und Anderson, wie laufen die Vorbereitungen?“
      „Fast abgeschlossen, euer Gnaden.“
      Der Herr grinste als er diese Nachrichten hörte.
      „Dann können wir bald mit dem Spiel beginnen.“


      Kapitel 11: Clays erster Tag
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      Clay stand am Abend des ersten Tages seiner Reise an Deck des Schiffes. Er fragte sich, ob er wirklich die richtige Wahl getroffen hatte, als er sich diesen Leuten anschloss. Vor seinem inneren Auge ließ er den Tag noch einmal an sich vorbeiziehen.
      Im Gegensatz zu den beiden anderen Männern an Bord des Schiffes war er bereits früh wach gewesen. Er hatte sich daran versucht einige der Schäden am Schiff zu reparieren. In den Mienen hatte er oft kaputte Maschinen und Werkzeuge wieder in Gang gebracht. Also dachte er sich, dass sein handwerkliches Geschick auch hier ganz gut zum Einsatz kommen könnte.
      Außer ihm war zu diesem Zeitpunkt nur Saja auf den Beinen. Sie machte sich gerade in der Kombüse zu schaffen, als er zu ihr kam um nach Material und Werkzeug zu fragen. Sie begrüßte ihn fröhlich und lud ihn zunächst auf eine Tasse Kaffee ein.
      Auf die Frage, ob sie an Bord fürs Kochen zuständig wäre, erhielt er nur ein herzhaftes Lachen.
      „Wenn ich es schaffe Sly aus der Küche fernzuhalten, dann schon“, sagte sie immer noch lachend.
      Clay wunderte sich ein wenig darüber, dass ein Mann wie Sly auf dem Schiff fürs Kochen verantwortlich war. Und beim Mittagessen sollte er auch herausfinden, warum Saja versuchte ihn aus der Kombüse fern zu halten. Sly hatte zu seiner Zeit als Dieb immer für sich und seinen Bruder gekocht. Nur leider war er nicht besonders gut darin. Jedoch ließ er es sich nicht nehmen, immer wieder das Essen zuzubereiten. Sehr zum Leidwesen seiner Kameraden.
      Saja drückte ihr Bedauern darüber aus, dass es ihr nicht gelungen war ihn vom Kochen abzuhalten. Doch an Bord eines Schiffes musste alles verzehrt werden, egal ob wohlschmeckend oder nicht.
      Doch diese Kochangewohnheit war bei Weitem noch nicht das Seltsamste, dass Clay am heutigen Tag an Sly beobachten konnte. Es wirkte schon fast unheimlich, wenn man beobachtete wie er sich mit Helios ‚unterhielt’. Den ganzen Tag hatte er Helios nicht ein Wort sagen gehört, doch trotzdem unterhielt sich Sly ganz normal mit ihm. Es war am frühen Nachmittag gewesen, als er die Beiden dabei beobachtete, wie sie sich über den neuen Kurs stritten.
      „Wir kommen doch gerade erst aus Norden. Dort haben wir auch nichts gefunden. Wieso sollten wir wieder dort hinfahren?“, fuhr Sly seinen Freund an.
      Helios erwiderte mit wildem Gestikulieren.
      „Ich weiß, dass du hier der Navigator bist. Das ist aber kein Grund dafür, dass wir sinnlose Umwege machen, nur weil du dir irgendeinen Schnaps besorgen willst!“
      Diesmal sprang Helios auf und fuchtelte eine ganze Zeit lang mit den Armen. Sly saß nur da und wurde immer ruhiger.
      „Ist ja gut. Woher sollte ich denn wissen, dass südlich von Corel ein riesiges Riff liegt? Das kann ich doch nicht wissen“, gab Sly resignierend zu, während sich Helios mit einem selbstzufriedenen Grinsen über eine weitere Flasche Stollenfeuerrum hermachte, nebenbei bemerkt die Fünfte an diesem Tag.
      Wieder war es Saja, die die Situation aufklärte. Sie erklärte Clay, dass Helios Mönch und Angehöriger des sogenannten Kishin – Ordens wäre. Auf die Frage, warum er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ein Wort gesagt hatte, erfuhr er von Helios’ Schweigegelübde. Jeder junge Mönch verlebte eine zehnjährige Zeit des absoluten Schweigens, bevor man ihn in die Geheimnisse des Ordens einwies. Man würde auf diese Art den Glauben und die Opferbereitschaft prüfen.
      Als Clay jedoch fragte, warum sich Sly dann doch mit ihm zu unterhalten schien, konnte auch Saja keine Antwort liefern. Die Beiden wären schon so gewesen, als sie sie kennenlernte. Und immer wenn Saja Sly danach fragte, wieso er den Mönch trotzdem verstehen konnte, gab dieser immer dieselbe Antwort:
      „Ich verstehe ihn eben, keine Ahnung warum.“
      Clay konnte sich nur über die beiden Männer an Bord des Schiffes wundern. Doch wenigstens schien Saja ein normaler Mensch zu sein. So dachte er jedenfalls bis zum Abend.
      Clay machte gerade eine Pause, als er am Horizont ein Schiff entdeckte, dass sie zu verfolgen schien. Bei genauerem Hinsehen stellte er fest, dass das fremde Schiff eine Totenkopfflagge am Mast hatte und bedrohlich schnell näher kam. Er versuchte die Anderen zu warnen, doch schien keiner so recht an seiner Warnung interessiert zu sein. Sly und Helios studierten gerade eine Seekarte und führten wieder eine ihrer seltsamen Unterhaltungen. Auf Clays Warnung reagierten sie nur gelangweilt. „Jemand wird sich schon darum kümmern“, waren Slys Worte.
      Ärgerlich, dass er wohl dieser Jemand sein müsste, ließ er die Beiden wieder allein. Als Clay gerade alle Räume des Schiffes nach einer Kanone absuchte, traf er auf Saja, die ihn verwundert fragte, was denn los sein. Als Clay ihr aufgeregt erzählte, wie ernst die Lage seiner Ansicht nach sei, verfinsterte sich ihr Blick.
      „Und Sly wollte sich nicht darum kümmern?“, wollte sie wissen.
      Clay verneinte ein wenig misstrauisch diese Frage. Er hatte den Eindruck, dass es Saja mehr störte, das sie sich um die Piraten kümmern musste als deren Anwesenheit selbst. Verärgert suchte sie die Dinge zusammen, die sie angeblich brauchte, um das Problem zu lösen. Sie holte sich ein Fernglas sowie die letzte Flasche Stollenfeuerrum, was Helios nicht gerade zu gefallen schien. Darauf schien es Saja angelegt zu haben, als Strafe für die Tatsache, dass sich keiner der Männer um das Problem kümmern wollte.
      Wieder an Deck steckte sie ein paar Stofffetzen in die Flasche und zündete diese an. Clay verstand, dass sie eine Brandbombe gebaut hatte. Doch er fragte sich, was diese nutzen sollte, da das feindliche Schiff noch recht weit entfernt war.
      Saja hingegen ließ sich nicht beirren. Sie stand am Heck des Schiffes mit der Brandbombe in der einen, und dem Fernglas in der anderen Hand.
      Einen Moment lang stand sie nur so da und beobachtete den Feind durch das Fernglas, bevor sie die Brandbombe einfach über Bord warf. Clay war bestürzt über diese Tat. Auch wenn die Bombe im Moment nicht viel Nutzen hatte, so wäre sie doch später mit Sicherheit recht nützlich gewesen.
      Auf die Frage, warum sie das getan hatte, antwortete Saja nur mit einem Nicken in Richtung des Piratenschiffes. Clay verstand zwar nicht, was sie ihm sagen wollte, doch sah er hin. Es dauerte einen Moment, bevor Clay erkannte, dass das Hauptsegel des feindlichen Schiffes lichterloh in Flammen stand.
      „Was ist da passiert? Warst du das? Was hast du getan?“, wollte er an Saja gewandt wissen. Doch diese zwinkerte ihm nur zu und ging wieder unter Deck.
      Nach diesem Ereignis blieb Clay noch eine ganze Zeit lang am Heck des Schiffes stehen, und dachte nach. Er fragte sich, ob es wirklich eine gute Idee von ihm gewesen war, mit diesen Leuten in See zu stechen. Und außerdem brannte in ihm die Frage, ob wirklich eine Chance bestand, dass er seine Verlobte jemals wieder sehen würde. Und ob diese Leute ihm dabei helfen konnten.
      „Keine Angst mein Freund. Wir werden sie finden.“
      Clay war so tief in Gedanken versunken, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie Sly neben ihn getreten war. Er erklärte Clay, dass man ihm seine Gedanken an der Nase hätte ablesen können.
      „Ich weiß, wie du dich fühlst. Das Gefühl nichts tun zu können um einen Menschen, den man liebt, retten zu können. Die fast schon überwältigende Ohnmacht. Mir ist klar, dass es dir schwer fällt weiterzumachen.
      Ich selbst kenne dieses Gefühl auch nur zu gut. Nachdem mein Bruder entführt wurde, bin ich recht lange durch die Gegend gezogen und hab mich besoffen und geprügelt. Eigentlich war ich auch nicht viel anders als du.“
      Beim letzten Satz musste Sly lachen.
      „Doch als ich auf Helios und dann später auf Saja traf, wurde mir klar, dass ich nicht so allein war, wie es sich anfangs anfühlte. Wir alle teilen ein Schicksal. Und dieser Gedanke hatte irgendwas Beruhigendes. Es war ein gutes Gefühl zu erfahren, dass auch Andere da waren, die denselben Schmerz kannten.“
      Sly klopfte ihm noch einmal auf die Schulter und ging dann wieder in die Kombüse. Clay sollte nachkommen, da das Abendessen fertig war. Sie hatten ein kleines Fest zur Begrüßung ihres neuen Kameraden vorbereitet. Sly hatte sogar freiwillig auf das Kochen verzichtet.
      Als Clay in der Tür stand und von den Dreien im Inneren freudig begrüßt wurde, begann er zu verstehen was Sly ihm zuvor gesagt hatte.
      Er hatte die richtige Entscheidung getroffen.


      Hier gehts zu den Specials!


      Und hier zu Arc 3 !

      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
      Meine FanFiction: Wünsch dir was!

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    • Weiter gehts mit Arc 2!

      Viel Spaß mit den neuen Kapiteln :)


      Arc 2: Fenin

      Kapitel 12: Die Gemeinsamkeiten
      Spoiler anzeigen
      Clay lebte sich langsam an Bord des Schiffes ein, und begann sich nach und nach als ein Teil der Gruppe zu fühlen. Um ein wenig mehr über seine Mitstreiter zu erfahren, schlug er eines Abends vor, dass alle Anwesenden die Geschichte erzählen sollten, wie sie zu ihren Nummern gekommen waren. Schließlich müsse es doch einen Grund geben, warum jeder von ihnen diese Nummern erhalten hatte.
      Der Vorschlag fand nur wenig Zustimmung. Keiner der Drei sprach gerne über die eigene Vergangenheit. Es war Sly der, als Zeichen seines guten Willens, mit seiner Geschichte begann.
      „Im Grunde gibt es bei mir nicht viel zu sagen. Ich habe mich und meinen Bruder früher als Dieb mehr oder weniger über Wasser gehalten. Auch wenn ich nicht gerade der talentierteste Dieb im ganzen Land war, konnte ich mir doch in den entsprechenden Kreisen einen gewissen Namen erarbeiten. So mancher kleine Gauner nannte mich sogar einen Meisterdieb, worauf ich zugegebenermaßen auch ein wenig stolz war. Rückblickend war ich wohl zu überzeugt von meinen Fähigkeiten.
      So kam es eines Tages, dass mir ein Kollege von einer wirklich lohnenswerten Beute berichtete. Er sprach von einer Piratenbande, die in einer Stadt nicht weit von meinem aktuellen Standort vor Anker gegangen war. Sie hatten eine Teufelsfrucht erbeutet. Ich sah darin die Chance meines Lebens. Eine solche Frucht zu stehlen und dann zu verkaufen wäre die Lösung aller unserer Probleme gewesen.
      Also machte ich mich auf den Weg und hab den Piraten das Teil abgenommen. Danach machten wir uns natürlich sofort vom Acker. Ich wollte mich ja nicht mit einer Piratenbande anlegen. Als wir eine Zeit lang unterwegs gewesen waren dachte ich, wir hätten sie abgehängt und wären in Sicherheit. Doch da hatte ich mich geirrt.
      In einer Hafenstadt versuchte ich das Ding zu verkaufen, doch da war es schon zu spät. Die Piraten hatten mich gefunden. Ich versuchte noch sie in die Irre zu führen, jedoch ohne Erfolg. Sie erwischten mich und zahlten es mir heim, dass ich sie bestohlen hatte. Dabei verpassten sie mir die Nummer. Ich weiß nicht warum, aber sie ließen mich am Leben. Und noch seltsamer war die Tatsache, dass sie statt der Teufelsfrucht meinen Bruder mitgenommen haben.
      Das ist meine Geschichte. Ich bin auf dieser Reise, um meinen Bruder wiederzufinden.“
      Seine Worte hallten noch einen Moment lang in den Gedanken aller nach. Als nächstes entschloss sich Helios zu erzählen. Er deutete mit einer Handbewegung an, nun sprechen zu wollen. Wie immer diente Sly als Übersetzer.
      „Also bei Helios trug es sich ein wenig anders zu als bei mir“, begann Sly die Geschichte, nachdem sie sich eine ganze Zeit lang wortlos angestarrt hatten.
      „Innerhalb seines Ordens gibt es eine heilige Schrift, die von ihrem Gründer verfasst wurde.
      Das Problem mit dieser Schrift liegt darin, dass sie schon vor vielen Jahren verschwunden ist. Das Schiff, das sie transportierte sank auf der Reise zu einem ihrer Klöster. Das Buch konnte nicht gefunden werden, obwohl sie lange danach suchten. Letztlich fand man sich irgendwann damit ab, dass die Schrift als verschollen angesehen werden musste und gab die Suche auf.
      Die ganze Sache änderte sich allerdings, als eines Tages ein Mann in ihrem Kloster auftauchte. Im Gepäck hatte er ein Blatt Papier. Hierbei handelte es sich wohl um eine Seite des besagten Buches. Die hohen Mönche prüften die Seite tagelang um herauszufinden, ob sie echt war oder ob es sich um eine Fälschung handelte. Jedoch hatten sie eine keiner der Richtungen Erfolg. Man konnte nicht sagen, ob die Seite eine Fälschung war oder nicht.
      Da man aber nicht viel Hoffnung hatte das Buch nach all den Jahren wirklich noch zu finden, wurde nur ein Mönch mit der Aufgabe betraut, sich der ganzen Sache anzunehmen. Und dieser Mönch ist unser Helios.
      Als man dem Fremden, der mit der Seite aufgetaucht war, von der Entscheidung berichtete, stellte dieser einer Bedingung. Man müsste nach dem Buch suchen. Die Nummern wären eine Vorsaussetzung.“
      Erschrocken wandte sich Sly an den Mönch.
      „Willst du mich verarschen? Du nervst uns immer wieder mit deiner Theorie, dass die Nummern ein Hinweis sein sollen, und erzählst uns nichts von den Worten dieses Fremden?“, fuhr er ihn an.
      Diese Tatsache schockierte auch die Anderen. Sie warteten gespannt darauf, dass Sly die Antwort übersetzte. Doch statt etwas zu sagen schlug dieser nur mit seinem Kopf auf den Tisch.
      „Was ist denn los? Was hat er denn gesagt?“, wollte Saja wissen.
      „Er meint, wir hätten niemals danach gefragt.“
      Weiterhin gab er zu verstehen, dass er den Mann selbst nie gesehen habe. Die höheren Mönche hätten sich mit ihm unterhalten. Da er noch unter dem Schweigegelübde stand hätte es sowieso keinen Sinn gehabt sich mit dem Fremden zu treffen. Schließlich konnten sie nicht miteinander reden.
      Resignierend schüttelten alle ihre Köpfe. Es hatte wohl keinen Sinn sich über diese Tatsache zu ärgern.
      „Jedenfalls gab der Mann einem der Ordensbrüder einen Zettel mit der Nummer. Er solle dafür sorgen, dass Helios die Zahl auf den Arm tätowiert bekam, sonst hätte er keine Chance das Buch jemals zu erlangen. Danach verschwand er spurlos ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren.“
      Als nächstes meldete sich Clay zu Wort.
      „Ich bin auf dieses Schiff gekommen um meine Verlobte zu finden. Sie wurde mir genommen. Jedenfalls glaube ich das, seitdem Sly bei mir aufgetaucht ist.
      Sie und ich waren ein Jahr verlobt und wollten am Tag nach ihrem Verschwinden heiraten.
      Ich kann euch nicht sagen, wie es passiert ist, doch sie verschwand über Nacht. Am Tag unserer Hochzeit war sie spurlos verschwunden und ich hatte diese Brandwunden am Arm.
      Es fällt mir schwer das zuzugeben, doch ich habe die Augen bisher vor der Wahrheit verschlossen. Ich habe mir eingeredet, dass sie mich einfach verlassen hat. Solche Sachen kommen vor, haben die Leute in der Stadt gesagt. Ich glaubte ihnen und ignorierte die Nummer auf meinem Arm. Das war das Einfachste für mich.
      Erst das Auftauchen eines Fremden und dessen Hartnäckigkeit öffnete mir die Augen.“
      Er sah Sly mit einer Mischung aus Vorwurf und Dankbarkeit an, worüber dieser herzlich lachte.
      „Es bleibt die Frage, wie es möglich sein konnte, dass man mir meine Verlobte nahm und mir diese Nummern auf die Haut brannte, ohne dass ich etwas davon bemerkte“, schloss er seine Geschichte ab.
      Als Letzte blieb nur noch Saja übrig. Clay war bereits gespannt darauf zu erfahren, wieso sie sich dieser Gruppe angeschlossen hatte. Jedoch machte sie keinerlei Anstalten mit der Erzählung zu beginnen.
      „Ist schon gut. Wenn du nichts dazu sagen willst, dann musst du das nicht“, sagte Sly, der schon seit dem Ende von Clays Geschichte nervös wirkte.
      Er wusste, dass Saja nicht gern über ihre Vergangenheit sprach. Selbst er wusste nicht allzu viel über die Ereignisse, bevor sich die Beiden kennenlernten. Deshalb versuchte er das Gespräch hastig auf ein anderes Thema zu lenken.
      „Es geht um Geld“, unterbrach sie seinen vergeblichen Versuch.
      „Ich brauche schon seit längerem eine Menge Geld. Eines Tages kam eine Frau auf mich zu und bot mir an, an einem Spiel teilzunehmen. Wenn ich erfolgreich wäre könnte ich eine Menge Geld gewinnen. Die Regeln wären einfach. Ich müsste mich nur tätowieren lassen.
      Ich überlegte nicht lang und ging auf das Angebot ein. Doch als ich mich am folgenden Tag mit ihr in einer Kneipe treffen wollte um die Details zu erfahren, war sie weg. Sie hatte lediglich einen Zettel mit der Nummer und der Anweisung, dass ich sie mir auf den Arm tätowieren lassen sollte, beim Wirt hinterlassen.“
      Sly war überrascht, dass sie so bereitwillig ihre Geschichte erzählt hatte. Solang die beiden ein Paar waren, hatte er auch nicht mehr von ihr erfahren.
      Alle waren nach der letzten Geschichte sehr ruhig. Jeder grübelte über das Gesagte, stellte seine eigenen Schlussfolgerungen an und machte sich Gedanken über die Menschen, die auf diesen Schiff waren und den Gründen, warum sie die Nummern trugen.
      „Dann lasst uns einmal zusammen fassen“, begann Sly schließlich die Erzählungen auszuwerten.
      „Wir haben hier vier Leute mit vier Geschichten. Es scheint offensichtlich so zu sein, dass es zwei Arten gibt, wie man an die Nummern gelangen kann.
      Zum Einen lockt der Drahtzieher die Leute mit etwas, dass sie begehren. So geschehen im Fall von Saja und Helios. Irgendjemand taucht bei ihnen auf und verspricht ihnen, dass sie das bekommen, was sie wollen. In einem Fall war dies ein Mann und im Anderen eine Frau. Wir können also davon ausgehen, dass mindestens zwei Personen in die ganze Sache verstrickt sind. Wahrscheinlich sind es noch mehr.
      Davon abgesehen scheinen diese Leute ein gleiches Vorgehensmuster zu verfolgen. Sobald sie jemanden finden, der bereit ist ihren Bedingungen zu folgen, verschwinden sie und hinterlassen einen Zettel mit der jeweiligen Nummer und der Anweisung, sich dieses auf den Arm tätowieren zu lassen.“
      Er machte eine Pause um allen die Möglichkeit zu geben, das Gesagte zu verarbeiten, bevor er weiter sprach.
      „Und dann gibt es da die Leute, denen die Nummern aufgezwungen wurden, wie bei Clay und mir. Leider findet man hier fast keine Gemeinsamkeiten. Clay erhielt seine Nummern fast schon unbewusst. Irgendwie schaffte man es seine Verlobte zu entführen und ihm die Nummern einzubrennen während er tief und fest schlief. Vielleicht hat man ihn betäubt oder Drogen eingeflösst. Ich für meinen Teil kenne die Leute, die mir die Nummern verpassten. Es waren Piraten, die ich zuvor bestohlen hatte.
      Die einzige Gemeinsamkeit zwischen unser Schicksalen ist die Tatsache, dass uns jemand Wichtiges genommen wurde.“
      Als Sly mit seinen Ausführungen fertig war herrschte lange Zeit Stille.
      „Eines ist klar. Wir sind hier in etwas hinein geraten, dass größere Kreise zieht, als wir uns Moment noch vorstellen können“, sagte Clay schließlich.


      Kapitel 13: Man muss auch mal Glück haben
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      Für Sly und seine Freunde änderte sich in den folgenden Wochen nicht besonders viel. Wie auch schon vor der Zeit, bevor Clay der Gruppe beigetreten war, steuerten sie eine Insel nach der anderen an, um nach Informationen über ihre Nummern zu suchen.
      Während der Tage an Land sprachen sie mit Einheimischen, fahrenden Händlern, und ab und an auch mit Piraten. Sly legte viel Wert darauf, jede mögliche Informationsquelle zu untersuchen. Er hatte ihnen allen eingeschärft, die Ohren nach ungewöhnlichen Ereignissen, plötzlichem Verschwinden von Menschen, gewalttätigen Übergriffen oder sonst jeglicher Art von Auffälligkeiten offen zu halten.
      Früher wurde er von Saja und Helios häufig als übergenau und ein wenig paranoid beschrieben, wenn er jeder noch so kleinen Spur nachging.
      Es war Clays Geschichte, die seinem Vorgehen Recht gab. Zum Einem bewies sie, dass es neben ihm auch noch andere Menschen gab, denen die Nummern aufgezwungen wurden. Und zum Anderen hatte es sich in Südcorel als absolut richtig erwiesen einem kleinen Hinweis nachzugehen.
      Und tatsächlich hörte man auf einigen, wenigen Inseln seltsame Geschichten von Personen, die aus unerfindlichen Gründen verschwunden waren. Das Verschwinden schien sich in letzter Zeit zu häufen. Leider konnten sie oft nicht mehr Informationen sammeln, da die Einheimischen schnell misstrauisch wurden, wenn sie nach den Verschwundenen befragt wurden.
      Saja sagte am Abend eines erfolglosen Tages, dass dies auch kein Wunder sei. Wenn ehrbare Bürger, die bis zum Zeitpunkt ihres Verschwindens mehr oder weniger in der Mitte der Gesellschaft gelebt hatten, plötzlich wie vom Erdboden verschluckt waren, wurden die Leute bereits misstrauisch. Und wenn dann auch noch wildfremde Menschen auftauchten und nach diesen Leuten fragten, dann begannen die Leute ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen.
      „Wahrscheinlich halten sie uns für Kopfgeldjäger oder Piraten. Schließlich gehören wir weder zur Marine noch zur Weltregierung. Ich kann verstehen, dass man da misstrauisch wird und lieber nichts mit Leuten wie uns zu tun haben will“, sagte sie resigniert.
      Es gab noch einen weiteren Grund für das Misstrauen der Menschen jedem Fremden gegenüber. Seit dem Ende des Krieges zwischen Whitebeard und der Marine hatten die Leute mehr Angst als zuvor. Der Tod des Kaisers und dessen Aussage, dass das One Piece existierte, hatte auch im South Blue zur Folge gehabt, dass viele Piraten schon fast Amok liefen und alles, was sich in ihrem Weg befand, in Schutt und Asche legten.
      Als sich die Entscheidungsschlacht der Weltmächte zutrug, befanden sich Sly und seine Freunde gerade in Südcorel. Jedoch war die Insel so weit vom Rest der Zivilisation entfernt, dass sich die Nachrichten über den Krieg zu diesem Zeitpunkt noch nicht bis dahin herumgesprochen hatten. Clay meinte, dass man auf Corel eben lieber unter sich bleiben würde und sich nicht viel um die Belange der restlichen Welt kümmerte. So erfuhren sie erst einige Wochen später, beim Besuch der ersten Insel nach Corel, von den Ereignissen in Marineford.
      Letztlich blieb ihnen meist nichts Anderes übrig, als weiter zu ziehen und zu hoffen, dass sie auf der nächsten Insel mehr Erfolg haben würden.
      Sly bestand regelmäßig nach dem Verlassen einer Insel darauf, jede noch so kleine Information schriftlich festzuhalten. Er hoffte, dass sie ihnen später noch nützlich sein würden. Deshalb saßen die Vier an vielen Abenden zusammen und diskutierten über ihre Erlebnisse, das weitere Vorgehen, sowie über die Bedeutung der Nummern, während die Informationen niedergeschrieben wurden. Meist führten diese Diskussionen jedoch zu keinerlei verwertbaren Ergebnissen.
      Auf Clays Vorschlag hin hatten sie in der Kombüse einen Zettel mit den jeweiligen Nummern aufgehängt, damit diese jeder sehen konnte. Er erhoffte sich einen Geistesblitz von irgendjemand, wenn sie die Nummern jeden Tag sehen würden. Der Zettel zeigte die folgenden Ziffern:

      Sly : 3114542
      Helios : 3114517
      Saja : 3114530
      Clay : 3114589

      Doch obwohl sich die Nummern offensichtlich nur in den letzten beiden Stellen unterschieden, konnte sich niemand einen Reim darauf machen, was die übereinstimmenden Ziffern ausdrücken sollten.
      Letztlich blieb ihnen nichts weiter übrig als ihre Reise durch den South Blue fortzusetzen und zu hoffen, dass sie wieder einen Glücksgriff wie bei Clay auf Corel machen würden.
      Doch bis dahin galt es durchzuhalten.
      Die mangelnden Erfolge sorgten jedoch nach einigen Wochen für gespannte Stimmung an Bord. Fast jeden Abend saßen Clay und Sly zusammen, und diskutierten hitzig über ihr weiteres Vorgehen. Clay wollte ein Archiv aufsuchen um zu sehen, ob die Nummern dort aufgelistet waren. Sly hingegen wollte weitermachen wie bisher. An keinem der Abende konnte sich einer der Beiden so recht durchsetzten.
      Letztlich war es die See selbst, die der Diskussion ein Ende bereiten sollte.
      An jenem Abend war das Meer ungewöhnlich rau für diesen Teil des South Blues.
      Helios saß über eine Karte gebeugt um den Kurs zu überprüfen, neben sich eine Flasche Rum von der er ab und an trank, während Saja in damit beschäftigt war das Abendessen zuzubereiten. Sie hatte die Chance dazu, weil Sly und Clay wieder einmal in eine Diskussion über ihr „Lieblingsthema“ verstrickt waren.
      „Wie lang willst du denn noch ziellos irgendwelche Inseln ansteuern? Ich sage dir, dass wird uns nicht weiter bringen!“, sagte Clay. Er war wütend über die Starrköpfigkeit seines Kameraden.
      „Weil es uns die besten Chancen bietet, etwas herauszufinden. Hätten wir nicht zufällig Corel angesteuert würdest du heute noch dort rum hängen und Trübsal blasen“, gab Sly wütend zurück.
      Der Streit schaukelte sich seit einiger Zeit immer weiter hoch, sodass sich die Beiden inzwischen gegenüber standen, die Hände zu Fäusten geballt. Jeder hatte die Nase von der Einstellung des Anderen gestrichen voll. Die Situation drohte zu eskalieren.
      „Jetzt hört endlich mit diesem Schwachsinn auf, ihr Beiden! Das führt doch zu nichts.“
      Saja versuchte sie voneinander zu abzubringen, jedoch erfolglos. Die Beiden waren zu wütend, als dass sie sich von ihr etwas hätten sagen lassen.
      „Sly, jetzt hör doch auf. Ich bitte dich!“, flehte sie ihren Freund an. Sie kannte die Geschichte vom Kampf der Beiden in Clays Haus und hatte die Schäden dort mit eigenen Augen gesehen. Deshalb war sie ernsthaft besorgt, dass sich die beiden Männer gegenseitig schwer verletzten könnten, wenn sie aufeinander losgehen würden. Doch Sly hörte nicht auf sie. Mit Tränen in den Augen wandte sich Saja an den Einzigen, der noch einigermaßen bei klarem Verstand war.
      „Jetzt tu doch etwas, Helios!“, rief sie an den Mönch gewand, der gerade wieder einen Schluck Rum zu sich genommen hatte.
      Er stellte die Flasche auf dem Tisch ab und wollte sich gerade erheben, um etwas zu unternehmen, als eine große Welle das Schiff mit voller Wucht traf.
      Die Kraft des Meeres holte alle von den Beinen.
      Froh über dieses Ereignis und in der Hoffnung, dass dadurch sich die Gemüter der Streithähne wieder etwas abgekühlt hätten wandte sich der Mönch wieder der Karte zu. Erschrocken musste er feststellen, dass der Rum bei der Erschütterung ungefallen und auf die Karte gelaufen war. Hastig, aber dennoch mit der nötigen Vorsicht, versuchte er das Papier noch zu retten, bevor sie völlig zerstört werden würde.
      Doch die Welle hatte die Situation in keiner Weise beruhigt. Sly und Clay standen schon wieder und stritten.
      „Wenn du der Meinung bist, dass meine Art der Informationssuche nichts bringt, dann kannst du ja gerne von hier verschwinden und in dein Städtchen zurückkehren und in Selbstmitleid baden, Clay Barton!“
      Das war zu viel für Saja. Solche Worte wollte und konnte sie nicht durchgehen lassen. Sie holte aus, um Sly eine Ohrfeige zu verpassen, doch sie kam nicht zur Ausführung.
      Anstatt Clays Faust oder die flachen Hand seiner Freundin auf sich zufliegen zu sehen war es ein hölzerner Stab, der ihn im Gesicht traf. Helios hatte zuerst zugeschlagen und wirbelte nun herum um auch Clay mit einen Hieb seines Wanderstabes auf die Bretter zu schicken.
      „Was soll die Scheiße?“, fuhr Sly den Mönch an, während er sich sie blutende Nase hielt. Doch als er in die Augen seines Freundes sah, verging sämtliche Wut in ihm.
      Die Anderen sahen gebannt zu, wie sich die Beiden anstarrten. Jeder hatte einen Ausdruck im Gesicht, den man bei ihnen noch nie gesehen hatte.
      Es brauchte einige Augenblicke, bis sich der Ausdruck auf Slys Gesicht in eine seltsame Mischung aus Überraschung, Freude und auch Angst veränderte.
      „Wie meinst du das? ‚Du hast herausgefunden, was die Nummern bedeuten’?“


      Kapitel 14: Du sollst uns führen
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      Helios stand immer noch seelenruhig, mit einem selbstzufriedenen Ausdruck im Gesicht vor den Anderen. Seine Worte hatten völlige Verwirrung unter seinen Kameraden gestiftet.
      „Aber das kann doch nicht wahr sein. Woher willst du denn plötzlich wissen, was die Nummern bedeuten?“
      Sly raffte sich auf um seinen Freund zur Rede zu stellen. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Helios so plötzlich die Bedeutung der Nummern erkannt haben sollte. Schließlich waren sie alle schon lange unterwegs, und hatten unzählige Stunden diskutiert, um dieses Rätsel zu lösen.
      Er vermutete viel eher, dass es sich hierbei um eine Ablenkung handelte, damit er und Clay sich nicht gegenseitig an die Gurgel gingen.
      „Ich hab' schon verstanden. Keiner von euch Beiden möchte, dass es zu einem Kampf kommt. Doch über so etwas macht man keine Witze“, sagte Sly an Helios gewandt, während er, zum Zeichen seines guten Willens, Clay wieder auf die Beine half.
      Doch der Mönch behielt den Ausdruck auf seinem Gesicht. Er beharrte auch nach einigem Nachfragen aller Anwesenden, ob es wirklich sein Ernst wäre, auf seiner Aussage.
      „Na, dann sag uns doch, was du deiner Meinung nach herausgefunden haben willst“, verlangte Clay schließlich mit einigem Nachdruck in der Stimme. Im Gegensatz zu Sly war sein Ärger noch lange nicht verschwunden.
      Helios stimmte der Aufforderung durch ein Nicken zu und zeigte auf die Karte, mit der er sich bis vor einigen Augenblicken noch beschäftigt hatte. Die Anderen gingen an den Tisch und betrachteten das Stück Papier. Es war eine ganz gewöhnliche Karte des South Blue, wie sie überall zu kaufen war. Jeder hatte eine solche Karte schon oft gesehen und keiner konnte auf den ersten Blick erkennen, was Helios darauf entdeckt hatte. Nur ein winziges, scheinbar unbedeutendes Detail unterschied diese Karte von jeder anderen. An einer Stelle befand sich ein Fleck, der entstanden war, als Helios’ Schnapsflasche durch eine Welle umgefallen war.
      Dieser Fleck erregte Slys Aufmerksamkeit. Er beugte sich über die Karte um die entsprechende Stelle genauer zu betrachten. Die Anderen taten es ihm gleich.
      Sie starrten eine ganze Zeit lang auf das Papier, als sich Slys Augen plötzlich vor Überraschung weiteten.
      „Aber das kann doch gar nicht sein. Das muss ein Zufall sein“, sagte er an Helios gewandt. Doch dieser blieb nur mit einem dicken Grinsen im Gesicht stehen.
      „Was meinst du? Was hast du entdeckt?“, wollte Saja wissen.
      Sly ging zur Wand des Raumes, riss den Zettel, auf dem ihre jeweiligen Nummern aufgeschrieben waren, herunter und legte ihn auf die Karte.
      „Jede der Nummern stimmt zu einem Großteil überein. Die übereinstimmenden Ziffern sind genau 31145. Erst danach unterscheiden sie sich“, begann Sly die Erklärung während sich inzwischen alle rings um den Tisch aufstellten um einen guten Blick auf die Karte zu haben.
      Als Nächstes zeigte Sly auf eine der Koordinaten am oberen Rand der Karte, mit der die genaue Position bestimmt werden konnte. Helios tat es ihm gleich, indem er auf den linken Rand der Karte zeigte.
      „Es mag nur Zufall sein, aber seht euch die beiden Koordinaten einmal genauer an“, sagte er an Saja und Clay gewand.
      „45 Grad“, las Clay die Koordinate von Helios ab.
      „Und 11 Grad bei dir“, sagte Saja zu Slys Koordinate.
      „Ganz genau. Und nun lasst uns doch einmal herausfinden, was sich bei diesen Koordinaten befindet.“
      Daraufhin fuhren sowohl Helios als auch er mit den Fingern auf der Karte entlang, bis sie sich in einem Punkt trafen. Dieser Punkt befand sich genau dort, wo sich der Fleck auf der Karte befand.
      Plötzlich erstarrten die beiden Anderen. Sie hatten erkannt, was ihre Kameraden ihnen zeigen wollten.
      „Ganz genau. Die Ziffern 11 und 45 zeigen genau auf diese Insel“, schlussfolgerte Sly mit dem Finger auf de Zeichnung einer Insel verharrend.
      „Aber das kann doch wirklich nur ein Zufall sein. Also einmal angenommen, die Theorie mit den versteckten Koordinaten in den Nummern würde stimmen. Woher wollt ihr wissen, dass es genau diese Insel ist. Schließlich stimmen insgesamt fünf Ziffern überein. Dann gibt es immer noch andere, mögliche Koordinaten“, warf Clay ein.
      „Theoretisch ja. Aber sieh dir die Karte einmal genau an. Was befindet sich an diesen Positionen?“
      Clay beugte sich, ein wenig misstrauisch über die Sicherheit in den Schlussfolgerungen seiner Kameraden, über die Karte. Er suchte die Orte, die von den anderen Koordinaten, die sich aus den Ziffern ergeben könnten, beschrieben wurden. Überall befand sich nur Meer.
      „Kann es denn wirklich sein, dass man uns auf diese Insel lenken will?“, fragte er schließlich resignieret. Damit hatte Clay die Worte ausgesprochen, die allen durch den Kopf gingen.
      „Es ist natürlich möglich, dass wir uns irren. Schließlich bleiben einige Fragen offen.
      Was haben die restlichen Nummern zu bedeuten? Wieso sind die Ersten gleich und wieso unterscheiden sich die Letzten? Wieso sollte uns jemand auf diese Insel lenken wollen? Wieso hat man sich dieses seltsame Rätsel ausgedacht?
      Ich habe keine Antwort darauf. Doch ich weiß eine Sache. Wir sind hier auf einen Hinweis gestoßen. Und die wichtigste aller Fragen ist im Moment: Können wir es uns leisten diesen Hinweis zu ignorieren?“
      Slys Worte wirkten noch einige Zeit nach. Jeder war in sich gegangen um über die Ereignisse nachzudenken.
      „Wie heißt die Insel eigentlich?“, wollte Saja letztlich wissen.
      „Fenin“, antwortete Clay nach einem Blick auf die Karte.
      „Und wo sind wir jetzt?“, wollte sie von Helios wissen.
      Er beantwortete die Frage, indem er auf einen Punkt auf der Karte zeigte.
      „Das ist ja gar nicht mal so weit entfernt“, stellte sie fest.
      „Also dann ist es beschlossen. Unser nächstes Ziel ist die Insel Fenin“, sagte Sly schließlich in einem entschlossen Ton.
      „Ihr habt unseren Kapitän gehört!“, sagte Saja mit einem Lachen. Die Anderen stimmten ihr zu und machten sich sofort daran, alle Vorbereitungen zu treffen, um die Segel in Richtung Fenin zu setzten.
      Sly für seinen Teil verließ in Begleitung von Saja die Kombüse um an Deck ein wenig frische Luft zu schnappen.
      „Wieso eigentlich Kapitän?“, wollte er von ihr wissen als sie außerhalb der Hörweite der Anderen waren.
      Saja stellte sich vor ihn und legte ihre Arme um seinen Hals.
      „Weil du uns anführst. Alle verlassen sich darauf, dass du uns heil durch dieses Abenteuer führst. Du bist unser Kapitän“, gab sie zur Antwort und küsste ihn zärtlich.
      So sehr Sly diesen kurzen Moment der Zweisamkeit auch genoss, seine Gedanken hörten nicht auf zu arbeiten.
      Er der Kapitän, der alle führen sollte? Letztlich war er doch nur ein kleiner Dieb. Diesmal hatten sie Glück gehabt. Es war eine zufällig umgestoßene Flasche Schnaps, die sie auf diese Spur geführt hatte. Er hatte nichts getan. Gar nichts.


      Kapitel 15: Die geweihte Insel
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      Die Reise zur Insel Fenin nahm insgesamt zehn Tage in Anspruch. Während dieser Zeit herrschte eine seltsame Stimmung aus Hoffnung, Vorfreude aber auch Angst an Bord des Schiffes. Es wurde viel darüber gesprochen, was sich wohl auf der Insel befinden würde. Sowohl in Clay als auch in Sly keimte die Hoffnung, dass sie dort die Menschen, die ihnen genommen wurden, wieder treffen würden.
      Doch alles in allem verlief die Reise ruhig. Jeder behielt seine Wünsche und Hoffnungen im Großen und Ganzen lieber für sich, jedoch konnte man deutlich spüren, dass alle immer aufgeregter und angespannter wurden, je näher sie der Insel kamen. Und als Clay am Morgen des zehnten Tages von Deck rief, dass Land in Sicht sei, konnte keiner mehr an sich halten.
      Alle stürmten an Deck des Schiffes um die Insel zu sehen, die da vor ihnen lag.
      Vor ihnen erhob sich eine Insel, wie sie noch keiner von ihnen jemals gesehen hatte. Obwohl der Himmel mit dunklen Wolken bedeckt war, ging von der Insel ein seltsames Strahlen aus. Grund hierfür war ein riesiges Gebäude aus weißem Stein, welches sich genau im Zentrum der ansonsten recht kleinen Insel zu befinden schien.
      Selbst aus der Entfernung vom Schiff aus konnte man bereits erahnen, wie mächtig und prunkvoll dieses Bauwerk mit seinem riesigen Haupthaus und den vier Türmen an jeder Ecke sein musste.
      Die Insel schien eine einzige Stadt zu sein. Wohin man auch immer sah, an jedem Meter des Küstenstreifens standen Häuser. Die Meisten davon machten, im Gegensatz zu dem prachtvollen Gebäude im Zentrum, einen recht heruntergekommenen Eindruck. Dadurch erschien die gesamte Insel seltsam gespalten.
      Je näher sie der Insel kamen, umso mehr verstärkte sich dieser Kontrast. Clay äußerte die Vermutung, dass es sich bei dem großen Haus wohl um den Landsitz irgendeines Adligen oder reichen Geschäftsmannes handeln würde.
      Sie steuerten den einzigen Hafen der Insel an. Dieser hatte, für eine solch kleine Insel, eine beachtliche Größe mit vielen Schiffen, die dort ankerten.
      Auch die Vier gingen in dem Hafen vor Anker. Augenblicklich stand ein komplett in Weiß gekleideter Mann am Pier um sie in Empfang zu nehmen.
      Sly reagierte nicht sehr erfreut auf den Anblick des Fremden mit dem schütteren Haar. Er vermutete, dass sich jemand eingefunden hatte, um ihnen eine beträchtliche Summe für den Hafenstellplatz abzunehmen.
      Jedoch fand er sich schnell mit dem Gedanken ab. Schließlich boten solche Häfen den Vorteil, dass das Schiff bewacht wurde und somit alle an Land gehen konnten ohne sich sorgen zu müssen.
      So gingen die Vier von Bord, um mit dem Mann zu sprechen.
      „Seid gegrüßt, meine Kinder. Willkommen auf Fenin, der geweihten Insel“, begrüßte er sie überschwänglich, während er Sajas Hand küsste und die Hände der Männer schüttelte.
      „Geweihte Insel?“, wollte Sly wissen, als die Begrüßungszeremonie endlich beendet zu sein schien.
      „Oh ja, mein Kind. Ich bin Pater Clemens. Und ihr befindet euch auf der einzigen Insel im gesamten South Blue, die der Kirche der aufsteigenden Drachen geweiht wurde“, gab der Pater freundlich zur Antwort.
      „Die Kirche der aufsteigenden Drachen?“, bohrte Sly weiter. Er fing sich bereits einen tadelnden Blick von Saja ein, weil er so viele Fragen stellte. Doch der Pater hob nur beschwichtigend die Hände.
      „Ich sehe, dass du ein sehr wissbegieriger, junger Mensch bist. Und das ist auch gut so. Viele kommen auf der Suche nach Antworten hierher. Doch bevor ich euch weitere Fragen beantworte, möchte ich euch eine Frage stellen. Auch wenn ihr unsere Kirche und deren Lehre nicht zu kennen scheint, seid ihr dem Glauben offen?“
      „Natürlich!“, gab Sly sofort zur Antwort bevor einer seiner Kameraden antworten konnte.
      „Das ist wunderbar, meine Kinder. Dann möchte ich euch unsere Kathedrale zeigen, wenn ihr nichts dagegen habt. Ihr Glanz wird eure Seelen mit ihrem heiligen Licht reinigen. Folgt mir bitte“, sagte Pater Clemens und ging voraus.
      Die Vier folgten ihm ein wenig skeptisch, wobei Sly sichtlich genervt die Augen verdrehte.
      Ihr Weg führte sie über eine breite Straße mit allerlei Verkaufsständen an jeder Seite direkt zu dem prachtvollen Gebäude, welches das gesamte Bild der Stadt dominierte.
      Als sie einige Meter weit gegangen waren nahm Saja Sly zur Seite.
      „Was soll das? Wieso hast du gesagt, dass wir irgendeinem Glauben offen wären?“
      „Dieser Pater ist mir sehr suspekt, Saja. Ich habe das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Daher dachte ich, dass eine kleine Lüge nicht schaden kann, damit wir an weitere Inforationen kommen.“
      Auch wenn er erkannte, dass Saja seiner Logik nichts entgegenzusetzen hatte, sah Sly doch, dass ihr sein Vorgehen nicht passte.
      „Und außerdem habe ich doch nicht wirklich gelogen. Immerhin ist Helios doch ein Mönch“, meinte er mit einem Zwinkern während sie weiter auf die Kathedrale zugingen.
      Allerdings merkte er schnell, dass dieses Argument bei ihr nicht viel ausrichtete. Doch auch wenn Saja im Moment sauer auf ihn war, so musste Sly doch erst einmal mit der Informationsbeschaffung weitermachen. Deshalb legte er einen Schritt zu um zu Pater Clemens aufzuschließen.
      „Pater, ich möchte euch eine Frage stellen, wenn ich darf“, meinte er gespielt lässig als er den Mann erreichte.
      „Aber gerne, mein Junge. Ich spüre, dass deine Wissbegierde groß ist. Und ich möchte dir gerne bei der Lösung deiner Unsicherheiten behilflich sein um dich auf den rechten Weg zu führen.“
      Sly musste sehr mit sich kämpfen um bei diesen Worten nicht wieder die Augen zu verdrehen oder gar etwas Schnippisches zu antworten.
      „Vielen Dank, dass sie so viel Geduld mit mir haben, Pater. Mich plagt schon seit meiner Ankunft eine Frage. Diese Insel hat eine solch besondere Aura an sich. Ich spüre, dass hier etwas Großartiges vor sich geht. Ich habe das Gefühl, dass es eine höhere Kraft war, die meine Freunde und mich hierher geleitet hat. Bitte Pater, erzählen sie mir doch ein wenig mehr über ihre Kirche. Ich möchte unbedingt mehr wissen“, log er dem Pater ins Gesicht. Auch wenn er inzwischen ein anderes Leben führte, in seinem Herzen war Sly immer noch ein Dieb, der log, betrog und alles tat, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.
      Er spürte fast schon die vorwurfsvollen Blicke seiner Freundin in seinem Rücken. Doch er musste das Schauspiel fürs Erste aufrechterhalten.
      „Ich bin sehr froh, dass du mich danach fragst, mein Junge. Wir von der ehrwürdigen Kirche der aufsteigenden Drachen ehren und dienen den Gesandten der Götter auf dieser, unserer Welt. Und bevor du in deiner schier unendlichen Wissensgier danach fragst, will ich dir sagen, von wem ich spreche. Die Heiligen sind die Tenryuobito.“
      „Die Wer?“, meldete sich Clay von Hinten zu Wort. Sly hatte nicht bemerkt, dass alle Anderen die ganze Zeit seinem Gespräch mit dem Pater gelauscht hatten.
      „Die Tenryuobito. Die Bewohner der heiligen Stadt Marie Joa. Sie sollen die Nachfahren der Gründer der Weltregierung sein“, erklärte Saja.
      „Ganz genau, mein Kind. Doch sie sind noch weitaus mehr, als nur die Nachfahren der Gründer. Jeder Einzelne von ihnen ist ein Gesandter, der dazu bestimmt ist, unsere Welt in eine bessere Zukunft zu führen“, meinte Pater Clemens, während er die Gruppe die letzten Meter vor den prunkvollen Eingang der Kathedrale führte.
      Das Tor bestand aus massivem, dunklem Holz. Darüber thronte das Symbol der Kirche. Es handelt sich um einen Kreis, auf dessen Oberseite drei und der Unterseite ein Dreieck zu sehen waren. Umschlossen wurde das Symbol von vier Linien in Form einer Raute.
      Die Vier waren überrascht, dass es wirklich Menschen gab, die lebendige Personen wie Heilige anbeteten. Doch wollte in diesem Augenblick niemand etwas Verbindliches zu diesem Thema sagen. Schließlich hatte keiner von ihnen einen dieser Himmelsdrachenmenschen jemals gesehen.
      Pater Clemens öffnete eine normale Tür, die in das gigantische Tor der Kathedrale eingelassen war, und spähte hinein. Erschrocken wandte er sich an die Vier.
      „Es tut mit Leid, meine Kinder, aber ihr könnt die Kathedrale im Moment leider nicht betreten“, sagte er, während er sich mit dem Rücken gegen die Tür stemmte.
      „Wieso nicht?“, wollte Sly wissen.
      Der Pater sah ihm mit einem Ausdruck, der bei Sly für einen kurzen Augenblick blanke Panik auslöste, in die Augen.
      „Weil hier im Moment die Hinrichtung eines Sünders stattfindet“, sagte der Pater kalt.


      Kapitel 16: Meine Gerechtigkeit
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      Es waren weniger die Worte des Paters selbst, die die Vier zutiefst schockierten. Vielmehr widerte es jeden Einzelnen von ihnen an, mit welcher Selbstverständlichkeit und Gleichgültigkeit er von der Hinrichtung eines Menschen sprach.
      Sowohl Saja als auch Clay wollten bereits ihre Stimme zum Protest erheben, als sich Sly zu ihnen umdrehte und mit einem durchdringenden Blick zu verstehen gab, dass sie sich fürs Erste zurückhalten sollten.
      Zwar konnte er ihre Entrüstung sehr gut verstehen, denn auch an ihm gingen solche Worte nicht spurlos vorüber. Doch Sly zwang sich für den Moment einen klaren Kopf zu bewahren. Jedes unbedacht ausgesprochene Wort könnte ihnen im schlimmsten Fall jede Möglichkeit zunichte machen, auf dieser Insel etwas über die Nummern in Erfahrung zu bringen.
      „Ich habe eine weiter Frage, Pater“, begann Sly nachdem er seine Gedanken geordnet hatte.
      „Ich verstehe nicht ganz, warum ein Gesetzesbrecher in einer Kathedrale hingerichtet wird.“
      Der Pater trat einen Schritt von der Tür weg und entspannte sich wieder ein wenig. Jedoch war er immer noch peinlich genau darauf bedacht, den Vieren den Weg in die Kathedrale zu versperren.
      „Mein lieber Junge. Auch wenn deine schier unendliche Wissbegierde ein wahrer Segen für einen solch jungen Geist wie den Deinen ist, so musst du doch lernen besser zuzuhören. Ich sagte nicht, dass ein Verbrecher hingerichtet wird. Der Mann im Inneren der heiligen Hallen hat etwas viel Schlimmeres getan, als nur die Gesetzte der Weltregierung zu brechen. Er hat sich gegen die Heiligen versündigt und keinerlei Reue für seine Taten gezeigt.“
      „Was soll das heißen, schlimmer als nur die Gesetzte der Weltregierung zu brechen?“, fuhr Saja den Pater an, außer sich vor Wut.
      Sly konnte sie nur mit einiger Mühe daran hindern, gleich auf ihn loszugehen.
      „Entschuldigen sie uns bitte für einen Moment, Pater Clemens“, sagte er, und zerrte sie ein Stück von den Anderen weg. Immer noch hatte er einige Mühe damit sie einigermaßen im Zaum zu halten.
      „Was soll das, Sly? Hast du nicht gehört, was da durinnen vor sich geht? Diese Leute bringen einen Unschuldigen um!“
      Diesmal bekam er ihren Zorn zu spüren. Er ergriff ihre Oberarme und sah ihr in die Augen. Sly befürchtete, dass ihm in diesem Moment die gesamte Situation entgleiten könnte. Deshalb wollte er alles daran setzten, wieder ein wenig Ruhe in die Gruppe zu bringen.
      „Jetzt beruhige dich erst einmal. Wir wissen gar nicht, ob die Person wirklich unschuldig ist. Vielleicht hat der alte Sack von einem Pater nur eine etwas seltsame Art sich auszudrücken. Vielleicht geht hier doch alles mit rechten Dingen zu. Wir können es nicht wissen“, versuchte er sie zu beruhigen.
      „’Der Erlass der Todesstrafe ist einzig und allein dem ehrenwerten Gericht auf Enies Lobby vorbehalten. Erst das unumstößliche Urteil der Weltregierung legitimiert zur Ausübung der Exekution eines schuldig gesprochenen Verbrechers’ “, zitierte Saja aus den Marinestatuten.
      Sly war überrascht, diese Worte von ihr zu hören. Zwar kannte er diese Art an ihr, doch war es noch nicht oft vorgekommen, dass er sie so erlebt hatte.
      „Auch die Weltregierung macht Fehler. Du solltest das wissen.“
      Daraufhin fing er sich eine Ohrfeige von seiner Freundin ein. Natürlich wusste er, dass er so etwas nicht zu ihr hätte sagen sollen. Dafür kannte er sie zu gut. Doch im Moment schien es ihm das Beste zu sein, wenn er ihren Zorn auf sich lenken würde.
      Im ersten Moment war Saja noch erschrocken über ihre Tat und trat ein paar Schritte von ihm zurück. Doch dann besann sie sich wieder darauf, warum sie es getan hatte und Sly fing sich eine weitere Ohrfeige ein. So ging es noch einige Male und jedes Mal schlug sie ein wenig härter zu. Sie steigerte sich immer weiter in ihre Wut hinein, doch Sly steckte alles ohne ein einziges Wort ein.
      Erst ein schon lautes Schmettern ließ sie einhalten.
      Erschrocken wandten sich die Beiden der Quelle des Lärms zu. Es war nicht sehr schwer zu erraten, was während ihres Streits geschehen war.
      Clay stand im Rahmen der Tür zur Kathedrale, die Hände zu Fäusten geballt. Die Tür lag vor ihm und dort, wo die Scharniere der Tür im Rahmen verankert gewesen waren, klafften zwei Löcher. Er hatte die Tür eingetreten, so viel stand fest.
      Sly war aufs Neue beeindruckt von der Kraft, die Clay entwickeln konnte.
      Helios trat gerade neben Clay, als Pater Clemens, an den Beiden vorbei, in die Kathedrale stürmte und sich mit ausgebreiteten Armen vor ihnen aufbaute.
      Als auch Sly und Saja neben ihre Kameraden traten, schossen dem Pater dicke Schweißperlen auf die Stirn.
      „Ich muss euch noch einmal eindringlich bitten, das Gotteshaus zu verlassen. Ihr seit hier im Moment nicht willkommen. Es wird schlimme Folgen haben, wenn ihr meinen Rat nicht befolgt“, sagte Pater Clemens, wohl wissend, dass inzwischen alle Augen im Inneren der Kathedrale auf ihn gerichtet waren.
      Doch keiner der Vier rührte sich vom Fleck.
      „Also Kapitän, was werden wir jetzt tun?“, wollte Clay an Sly gewandt wissen.
      Dieser schüttelte nur mit dem Kopf und ging an den Anderen vorbei, als Erster in die Kathedrale. Dabei ließ er sich kaum von Pater Clemens, den er einfach bei Seite schob, stören.
      „Als ob wir noch eine Wahl hätten“, meinte Sly mit einem Lachen an die Anderen gewandt, bevor er vorwärts rannte.
      Jetzt hatte es sowieso keinen Sinn mehr zu diskutieren. Die Situation hatte sich anders entwickelt, als er es gehofft hatte. Und nun mussten sie reagieren. Und vor allem musste es schnell gehen, damit sie die allgemeine Verwirrung ausnutzen konnten.
      Sowohl Saja, Clay als auch Helios hatten den Wink ihres Kapitäns verstanden und rannten los ,um zu Sly aufzuschließen.
      Vor ihnen befand sich jedoch eine dichte Mauer aus Menschen. Jeder trug weiße Kleidung, genau wie Pater Clemens, und wirke entschlossen, die vier Fremden nicht einfach gewähren zu lassen. Doch alle Entschlossenheit nutzte nicht viel, wenn man einem Teufelskraftnutzer gegenüberstand.
      „Vektor – Allee!“
      Sly ließ vor und neben ihnen Vektoren erscheinen, die die Menschen zur Seite beförderten und somit einen Weg für sie frei machten. So gelang es ihnen schnell nach vorn durchzudringen.
      Dort angekommen bot sich ihnen ein Bild des Schreckens. Inmitten der Kathedrale stand ein junger, schwer verletzter Mann an einen Pranger. Sowohl seine Arme als auch der Kopf wurden von zwei Holzbalken fixiert. Ein Schloss zwischen den Balken hinderte den Verurteilten daran, sich zu befreien. Unter ihm befand sich bereits eine Lache Blut. Aber er atmete noch, wenn auch nur sehr flach und unregelmäßig. Rings um ihn herum lagen überall kleinere und größere Steine auf dem Boden verteilt.
      „Sie… Sie wollten ihn steinigen“, brachte Saja nur mit einiger Mühe hervor.
      Sly spürte Übelkeit in sich aufsteigen und wusste, dass es seinen Freunden nicht anders ging. Doch sie alle mussten sich jetzt zusammenreißen.
      „Konzentriert euch! Ich kümmere mich um das Schloss und ihr haltet mir solang den Rücken frei!“, befahl er.
      Die Anderen nickten zustimmend und brachten sich zwischen dem Verurteilten und der Meute in Position, während Sly sich daran machte, das Schloss am Pranger zu knacken. Es war kein besonders raffiniertes Schloss und hätte ihm, unter normalen Umständen, keinerlei Probleme bereitet. Doch im Moment fiel es ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Zu oft schweifte seine Konzentration zu seinen Freunden ab.
      Diese hatten inzwischen den Zorn der Anwesenden auf sich gezogen und mussten die Steine, die eigentlich für den Verurteilten gedacht waren, abwehren. Clay bemerkte einen Unruheherd in der Menge, der sich langsam, aber stetig, auf sie zubewegte.
      Vorn angekommen konnten sie einen völlig aufgelösten Pater Clemens erkennen, dem inzwischen der Schweiß aus allen Poren tropfte. Doch es war nicht die Anstrengung, die ihn so forderte.
      Es war Angstschweiß.
      Anstatt auf die Vier vor sich zu achten, blickte der Pater, scheinbar von Schock wie gelähmt, an ihnen vorbei zur Kanzel auf der rechten Seite. Augenblicklich sank er auf die Knie und alle anderen taten es ihm kurz darauf gleich.
      „Erzpriester Uriel, diese vier Fremden haben euer Urteil in Frage gestellt. Dafür müssen sie sterben“, wimmerte der Pater vor Verzweiflung.


      Kapitel 17: Das Gesetz der Kirche
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      Ein groß gewachsener Mann mit langen, pechschwarzen Haaren stand auf der Kanzel und blickte die Vier mit einem eiskalten, scheinbar völlig gefühllosen Blick an.
      Er trug, im Gegensatz zu allen anderen Gläubigen, einen langen, schwarzen Mantel. Damit hob sich seine Erscheinung stark von dem einheitlichen Weiß, dass den gesamten Raum zu beherrschen schien, ab.
      „Mein Name ist Uriel, Erzpriester der heiligen Kirche der aufsteigenden Drachen. Die Heiligen persönlich haben mich mit der Aufgabe betraut, in ihren Namen Recht zu sprechen. Mein Urteil ist über jeden Zweifel eines jeden Menschen, ob gläubig oder heidnisch, erhaben.
      Wer seid ihr, dass ihr es wagt, diesen heiligen Ort mit eurer Anwesenheit zu entweihen und euch der Vollstreckung eines meiner Urteile in den Weg zu stellen?“
      Die Worte des Mannes auf der Kanzel hallten wie Donner von den Wänden der Kathedrale wieder, sodass selbst die Vier für einen Moment zusammenzuckten. Doch bei allen Anderen verursachte die Stimme blankes Entsetzen. Sie begannen augenblicklich eine Mischung aus Gesang und Gebet vor sich hin zu murmeln.
      Plötzlich schien sich keiner mehr um die vier Fremden innerhalb ihrer heiligen Hallen zu kümmern.
      Doch ein ohrenbetäubender Knall durchbrach das monotone Gemurmel. Es war das Geräusch einer abgefeuerten Waffe und der einschlagenden Kugel, das von allen Wänden der Kathedrale widerhallte. Die Kugel hatte Uriel nur um ein Haar verfehlt und hinterließ eine feine Wunde an dessen Wange. Alle Augen waren auf die Person gerichtet, die es gewagt hatte, einen Schuß auf den Erzpriester abzugeben.
      Saja stand mit ausgestrecktem Arm da und zielte immer noch in Richtung der Kanzel.
      „Was fällt dir ein so mit dem Leben eines Mensche umzugehen?“, schrie sie dem Priester, der seit dem Schuss keinen Muskel gerührt hatte, entgegen.
      „Der Mann hat gesündigt und soll dafür gesteinigt werden. So lautet mein Urteil und das ist unumstößlich.“
      Ein zweiter Schuss schnellte durch den Raum. Diesmal erwischte es Uriels andere Wange. Saja begann vor Wut zu zittern. Die Worte des Erzpriesters trieben sie zur Weißglut.
      Sie begann gerade wieder damit den Abzug ihrer Pistole nach hinten zu ziehen, als ein Scheppern zu hören war. Der Verursacher war diesmal Sly. Er hatte das Schloss des Prangers geknackt und den oberen Teil der Konstruktion beiseite geschafft.
      Nun trat er neben Saja, die während der gesamten Aktion für keinen Augblick den Erzpriester aus den Augen gelassen hatte.
      „Verehrter Erzpriester, ich fürchte, dass hier ein Missverständnis vorliegt“, sagte er während der langsam, aber mit Nachdruck, Sajas Arm nach unten drückte.
      Diese konnte gar nicht fassen, was ihr Freund da sagte und wollte bereits zum Protest ansetzten, als Sly weitersprach.
      „Eure Regeln und Gesetzte sind uns herzlich egal. Und wir sind auch nicht hier, um darüber zu diskutieren. Wir werden diesen jungen Mann hier mit uns nehmen. Und ich würde euch nicht empfehlen zu versuchen uns aufzuhalten. Das würde euch nicht gut bekommen“, sagte er an den Erzpriester gewandt und zog dabei eines der Messer, die er immer mit sich trug.
      Doch Slys Worte der Drohung gegen den Erzpriester hatten bei Saja ihre Wirkung verfehlt. Ohne auch nur einen weitern Moment abzuwarten riss sie ihre Pistole nach oben und feuerte einen Schuss ab. Die beiden Male zuvor hatte sie absichtlich keinen tödlichen Schuss abgegeben. Doch nun hatte sie genug von dem selbstgefälligen Geschwätz und der unmenschlichen Moralvorstellungen, die dieser sogenannte Priester propagierte.
      Die Kugel raste auf Uriel zu und Saja war sich absolut sicher, einen tödlichen Schuss abgegeben zu haben. Jedoch knallte die Kugel genau dort, wo eben noch Uriels Kopf gewesen war, in die Wand dahinter. Es schien, als ob die Kugel direkt durch seinen Kopf hindurch gegangen wäre, ohne dabei auch nur den geringsten Schaden anzurichten.
      Saja und Sly wichen erschrocken zurück. Beide waren sich der Schießkünste Sajas bewusst und konnten sich nicht vorstellen, warum sie nicht getroffen hatte. Sie sahen erschrocken zu dem Erzpriester auf der Kanzel, der sie immer noch mit seinen eisigen Augen von Oben herab ansah.
      Die Stimmung innerhalb der Kathedrale war geladen. Jeder wartete auf die Reaktion des Erzpriesters. Doch anstatt auf Slys Worte oder Sajas Taten etwas zu sagen, verschwand Uriel urplötzlich von der Kanzel.
      Erst ein Schrei zeigte ihnen, wohin sich der Erzpriester so unglaublich schnell bewegt hatte. Uriel stand mit über dem blutenden Körper von Pater Clemens. Er hielt eine Sense, deren Sensenblatt auf beiden Seiten geschärft war, über dem röchelnden Pater. Offensichtlich hatte er ihn damit verwundet. Am Hals des Paters klaffte eine tiefe Wunde.
      Unter den Vieren herrschte blankes Entsetzten über diese Tat.
      „Warum… Erzpriester?“, brachte der sterbende Pater Clemens mit letzter Kraft hervor, während er zu seinem Mörder aufsah.
      „Du hast unsere Kirche entweiht, indem du diese Ungläubigen hierher gebracht hast. Du kennst die Gesetzte, Clemens. Auf eine solche Tat folgt nur der Tod“, gab Uriel kalt zurück.
      „Aber er war doch einer von euch“, stammelte Saja während sie sich in Richtung des Priesters drehte. Sie wollte ihre Waffe erneut auf ihn richten, doch brachte sie es im Moment nicht fertig. Der Schock über das eben Geschehene saß zu tief. Und auch bei den Anderen hatte Uriels Tat Spuren hinterlassen.
      „Und nun zu euch“, sagte Uriel an die Vier gewandt, nachdem er mit gesenktem Kopf ein Gebet für den verstorbenen Pater Clemens gesprochen hatte. Und wie vorher verschwand er von der Stelle, an der er eben noch gestanden hatte.
      In Sly machte sich schlagartig Panik breit. Er hatte eben mit angesehen, wie erbahmungslos der Erzpriester einen seiner eigenen Leute hingerichtet hatte. Und außerdem war da diese irrsinnige Geschwindigkeit, mit der er sich zu bewegen schien. Niemals zuvor hatte er so etwas gesehen.
      Sly zwang sich zur Ruhe. Er musste sich konzentrieren und ruhig atmen um die Situation mit all seinen Sinnen erfassen zu können.
      Doch von Uriel war immer noch nichts zu sehen.


      Kapitel 18: Traumtänzer und Erzpriester
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      Plötzlich meinte Sly einen Schatten vor Saja zu erkennen, obwohl er sich nicht sicher war, ob ihn seine Augen da nicht getäuschte hatten. Doch für den Moment musste er sich von seinem Instinkt leiten lassen. Er ließ unter Saja einen Vektor erscheinen, der sie, gerade noch rechtzeitig, nach hinten warf.
      Uriel verfehlte ihr Gesicht nur um Haaresbreite.
      Daraufhin sprang Sly auf den Erzpriester zu und versuchte ihm sein Messer in die Brust zu rammen. Doch auch sein Angriff ging ins Leere. Uriel hatte sich, wieder mit dieser unglaublichen Geschwindigkeit, nach Hinten bewegt und war im Anschluss wieder verschwunden.
      Obwohl Sly wusste, dass es in diesem Augenblick so ziemlich das Dümmste war, das er tun konnte, wandte er sich an Saja.
      „Bist du verletzt?“, fragte er während er sich an ihre Seite kniete um ihr wieder auf die Beine helfen zu können.
      „Rasur. Das muss Rasur sein. Aber so eine Geschwindigkeit ist selbst dafür unnormal“, stammelte sie während sie sich von Sly wieder auf die Beine helfen ließ.
      „Was meinst du mit ‚Rasur’?“, wollte Clay aus Richtung des Prangers wissen. Er hatte inzwischen den Verurteilten befreit und stützte diesen nun auf seiner Schulter ab.
      „Eine Technik, wie sie von den Agenten der Weltregierung eingesetzt wir. Die Formel 6. Das sind Techniken, die diejenigen, die sie beherrschen, wie Übermenschen erscheinen lassen. Die Rasur ist eine davon. Sie erlaubt den Anwender sich unglaublich schnell zu bewegen. Doch das hier ist anders als alles, was ich jemals gesehen habe. Er ist schneller als jeder, den ich jemals diese Technik einsetzten sah.“
      „Sehr gut erkannt, junge Dame. Doch auch das wird euch nicht mehr retten können. Macht euch bereit, den Heiligen gegenüber zu treten. Mögen sie euch eure Sünden verzeihen.“
      Uriel war hinter ihnen aufgetaucht und holte weit mit seiner Sense aus. Es war für Sly zu spät um sie beide wieder mit seiner Teufelskraft in Sicherheit zu bringen, das war ihm klar. Alles was er in diesem Moment noch tun konnte, war sie in mit seinem eigenen Körper vor einem Angriff zu schützen. Deshalb zog er sie zu sich heran und wandte dem Erzpriester seinen Rücken zu.
      Doch anstatt des erwarteten Schmerzen vernahm Sly nur ein dumpfes Pochen, gefolgt von dem Geräusch eines, auf den Boden auftreffenden, Körpers.
      Als er sich umdrehte um zu sehen, was geschehen war, sah er Helios mit einer Körperhaltung da stehen, wie er sie bei ihm schon lang nicht mehr gesehen hatte.
      Sly kannte den Kampfstil von Helios. Und plötzlich wurde ihm klar, dass nur der Mönch in der Lage war, gegen den Erzpriester etwas anzukommen.
      Nun wusste er, was zu tun war. Er wandte sich an seine Kameraden.
      „Clay! Du und Saja schafft den Verletzten hier raus. Helios und ich belieben hier und geben euch Rückendeckung“, befahl er in einem ungewöhnlich gebieterischem Ton.
      „Das werden wir nicht tun!“, protestierte Saja lautstark.
      „Du siehst doch, wie unglaublich stark dieser Erzpriester ist! Wir müssen zusammen kämpfen, wenn wir ihn besiegen wollen!“
      Sie sorgte sich um Sly und Helios und wollte noch weiter gegen den Befehl ihres Kapitäns protestieren, als Clay seine Hand auf ihre Schulter legte.
      „Du hast seinen Befehl gehört. Wir müssen tun, was er sagt.“
      Saja blickte einen Moment lang abwechselnd zu Clay und zu Sly und haderte mit sich. Erst als Sly seinen ernsten Gesichtsausdruck für einen Moment fallen ließ und sie anlächelte, stimmte sie schweren Herzens zu. Sie eilte zu Clay um ihm dabei zu helfen, den Verletzten auf seinen Rücken zu hieven, damit er ihn besser tragen konnte. Dann nahm sie ihre Pistole in die Hand und die Beiden machten sich auf den Weg nach Draußen.
      Doch kamen die Beiden nicht weit. Die Gläubigen hatten sich vor ihnen wie eine Wand aufgebaut. Der Leichnam von Pater Clemens störte sie dabei recht wenig, weshalb Einige ihre weise Kleidung mit dem Blut des Verstorbenen befleckten. Einer schien sogar auf den sterblichen Überresten des Paters selbst zu stehen. Sie erkannten dies daran, dass plötzlich ein Kopf ungewöhnlich weit über denen der Anderen zu sehen war, obwohl sich vorher Niemand aus der Masse hervorgetan hatte. Allein der Gedanke daran ließ Übelkeit in den Beiden aufsteigen.
      „Lasst die Ungläubigen nicht entkommen!“, brüllte einer der fanatischen Jünger aus der Menge und viele stimmten in sein Rufen ein.
      Saja drohte mit ihrer Waffe und gab sogar einen Warnschuss ab. Doch die Menge blieb unbeeindruckt. Sie wirkte ein wenig verzweifelt, aufgrund dieser Situation. Die Rettung des Verletzten hatte im Moment oberste Priorität. Aber wenn sie dafür Menschen erschießen müsste, wäre ihr das nicht Recht gewesen.
      Erst als Sly neben sie trat, löste sich ihr Dilemma. Wie vorher schon ließ er eine Vektor – Allee erscheinen, um ihnen den Weg frei zu machen. Er küsste Saja und sagte ihr, dass sie jetzt gehen sollten. Schweren Herzens tat sie, was er sagte.
      Die Menge kämpfte heftig gegen die Vektoren an und es kostete Sly viel Kraft so viele und so starke Vektoren aufrecht zu erhalten.
      Umso mehr war er erleichtert, als er sah, wie die Beiden aus der Kathedrale verschwanden. Kurz bevor sie nach Draußen ging drehte sich Saja, immer noch durch Vektoren vom Rest der Meute getrennt, noch einmal zu ihm um und sagte etwas. Doch aufgrund des Stimmengewirrs aus wüsten Beschimpfungen durch die Gläubigen, konnte er nicht verstehen, was es war.
      Er erhielt die Vektoren noch einen Moment lang aufrecht, bis er sich sicher war, dass die Beiden genügend Vorsprung hatten. Er war nur erleichtert, dass sie es heraus geschafft hatten.
      Doch seine Erleichterung währte nur einen Augenblick, denn in dem Moment, in dem er die Vektoren verschwinden ließ, erschien der Erzpriester vor Sly. Mehr als diesen kurzen Moment der Unachtsamkeit benötigte er nicht.
      Uriel holte mit seiner Sense aus und schlug zu. Zwar versuchte Sly noch, mit Hilfe seiner Teufelskraft nach hinten auszuweichen, doch es war zu spät. Er erlitt einen tiefen Schnitt quer über die Brust. Sein Ausweichen hatte lediglich verhindert, dass er einen tödlichen Angriff abbekommen hätte.
      Verärgert darüber fuhr Uriel herum und verpasste Sly einen heftigen Tritt gegen die Wunde auf seiner Brust, der diesen die Luft aus der Lunge trieb und mit dem Rücken gegen den leeren Pranger krachen ließ. Dies löste unter den Anwesenden tosenden Jubel aus.
      Sly brauchte einen Moment um sich zu sammeln und wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Er hielt sich die Wunde und stemmte sich mit aller Kraft mit dem Rücken gegen den Pranger, sodass er schließlich aufrecht saß.
      Uriel kam zu ihm, diesmal in ganz normalen Gang.
      „Irgendwelche letzte Worte?“, wollte er von dem Dieb wissen.
      Doch Sly begann nur leicht zu lachen, obwohl es ihm höllische Schmerzen bereitete.
      „Dumme Wahl, Erzpriester. Ich bin nicht der gefährlichste Gegner für dich. Unser Traumtänzer ist derjenige, vor dem du dich fürchten solltest!“, sagte er und blickte grinsend zu Helios.


      Kapitel 19: Trügerische Gastfreundschaft
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      Clay stand an Deck des Schiffes und blickte in die Nacht hinaus. Die Stadt war um diese Zeit des Tages noch überall hell erleuchtet. Die letzten Händler packten ihre Waren zusammen, während sich mehr und mehr Menschen in eines der zahlreichen Wirtshäuser begaben, um dort ihren Feierabend zu begießen.
      Dieses Bild vermittelte ihm den Eindruck einer ganz normalen Stadt, wie sie auf jeder anderen Insel im South Blue zu finden war. Wäre Clay nicht selbst Zeuge der Grausamkeiten innerhalb der Kathedrale gewesen, hätte er diese Stadt bestimmt sehr gemocht.
      Doch jetzt bereite ihm jeder Augenblick, in dem ihr Schiff in diesem Hafen lag, Unbehagen. Er rechnete jederzeit damit, dass es zu einer Eskalation kommen könnte, wenn sie die Insel nicht möglichste bald verlassen würden.
      Unter Deck waren ein paar Geräusche zu hören. Der Arzt war, wie jeden Abend seit sieben Tagen, bei Sonnenuntergang vorbeigekommen, um nach den Verletzten zu sehen. Saja beaufsichtigte ihn bei der Behandlung.
      „Sicher ist sicher“, hatte sie zu Clay gesagt, als der Doktor zum ersten Mal bei ihnen aufgetaucht war. Und auch wenn sie ihm nicht wirklich vertrauten, so waren die Beiden doch froh, dass sich ein Fachmann um die Behandlung ihrer Freunde kümmerte.
      Keiner der Beiden konnte sich erklären, warum der Arzt freiwillig zu ihnen kam. Schließlich hatten sie Niemanden um die Hilfe eines Mediziners ersucht. Als sie ihn darauf ansprachen, gab dieser nur zur Antwort, dass es nun mal seine Aufgabe sei Menschen zu helfen.
      Zwar war diese Antwort alles Andere als befriedigend, doch mussten sie sich damit abfinden, dass der Doktor nicht mehr sagen würde. Letztlich musste sich Clay eingestehen, dass das Verhalten des Arztes gut zum Verhalten der restlichen Inselbewohner passte.
      Er konnte nicht sagen warum, aber seit sieben Tagen bekamen sie täglich etwas Nahrung und Wasser von den Einheimischen geschenkt. Meistens stellte man die Dinge einfach vor ihrem Schiff ab, ohne auch nur ein Wort an sie zu richten.
      Mit ein wenig mehr Naivität hätte Clay diese Gesten als einen Akt der Freundlichkeit aufgefasst. Doch er hatte die Gesichter von einigen Spendern schon in der Kathedrale gesehen. Also mussten sie wissen, was seiner Zeit geschehen war.
      Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, so viel war klar. Deshalb hatten sie beschlossen abwechselnd Wache zu halten. Nur für den Fall, dass etwas geschehen würde, solange sie drei Verletzte an Board hatten.
      Clay wandte seinen Blick für einen Moment von der Stadt ab und starrte aufs Meer hinaus. Er wünschte sich inständig zu erfahren, was in der Kathedrale geschehen war, nachdem sie gegangen waren. Die Ungewissheit machte ihm sehr zu schaffen.
      Seine Gedanken schweiften für einen Moment zu jenem Tag, an dem sie auf Fenin angekommen waren.

      [Außerhalb der Kathedrale]

      Clay stand bereits auf der Straße vor der Kathedrale, als sich Saja, in der Tür stehend, noch einmal umdrehte. Ihr Blick suchte den von Sly, der mit seiner Teufelskraft immer noch dafür sorgte, dass sie entkommen konnten.
      „Ich liebe dich Sly. Und wag es nicht, mich allein zu lassen“, rief sie in den Lärm der Kathedrale, bevor sie sich umwandte um zu gehen.
      Sie lief mit gesenktem Blick an Clay vorbei, doch der konnte deutlich die Tränen auf ihrem Gesicht erkennen. Fürs Erste war es wahrscheinlich das Beste, wenn er sie nicht ansprach. Also setzte auch er sich in Bewegung.
      Er brauchte ein wenig, bis er zu Saja, die einen sehr schnellen Schritt eingeschlagen hatte, aufgeschlossen hatte. Schnell fiel beiden auf, dass Niemand sie verfolgte. Ihnen war klar, dass sie das ihren Freunden in der Kathedrale zu verdanken hatten.
      Um nicht unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und den Verletzten zu schonen, vermieden sie es fürs Erste zu rennen. Schließlich zogen sie bereits jetzt genügend Aufmerksamkeit auf sich und wollten keinen der Einheimischen gegen sich aufbringen.
      Während sie wortlos den Hügel in Richtung Hafen nach unten gingen, behielten sie die Umgebung genau im Auge. Man sah sie an und tuschelte miteinander, sobald sie vorbei gegangen waren.
      Doch niemand unternahm etwas, worüber die Beiden auch recht froh waren. So konnten sie unbehelligt ihr Schiff erreichen. Sie brachten den Verletzten zunächst unter Deck und Saja begann damit, seine Wunden notdürftig zu versorgen. Clay war währenddessen draußen in Stellung gegangen um die Situation zu beobachten.
      Er traute dem Frieden in der Stadt ganz und gar nicht. Doch alles blieb fürs Erste ruhig.
      Nur aus Richtung der Kathedrale war ein, immer lauter werdendes, Getöse zu hören.
      Clay hätte alles gegeben, um zu wissen, was dort vor sich ging. Doch er bekämpfte mit aller Kraft den Drang, wieder zur Kathedrale zu gehen. Ihm war klar, dass es im Moment das Klügste wäre hier zu warten, damit sie im Notfall eine schnelle Flucht antreten könnten.
      Jedoch fiel im das Warten nicht leicht. Er starrte fast unaufhörlich in Richtung der Kathedrale, bis er sie schließlich entdeckte.
      Sly und Helios kamen langsam, sich gegenseitig stützend, den Weg zu Hafen hinunter. Clay machte sich sofort auf, um ihnen zu helfen und rannte ihnen entgegen.
      Als er bei ihnen ankam musste er erschrocken feststellen, dass die Beiden eine lange Blutspur hinter sich her zogen. Sie wirkten mehr tot als lebendig.
      Weshalb sie überhaupt noch gehen konnten, war für Clay ein Rätsel. Doch er schob diesen Gedanken vorerst bei Seite. Nun galt es erst einmal die Beiden aufs Schiff zu bringen. Deshalb stellte er sich zwischen Sly und Helios, sodass sich jeder von ihnen auf eine seiner Schultern abstützen konnte.
      Während des Weges zum Schiff hatte Clay mehrfach den Eindruck, dass weder Sly noch Helios bewusst war, wer sie hier abstützte. Beiden wirkten geistesabwesend. Es war fast so, als ob sich ihre Körper nur aufgrund ihrer Instinkte bewegten und sie sich selbst gar nicht aktiv dafür entschieden hätten. Es wirkte wie ein letztes, verzweifeltes Aufbäumen gegen ein schon fast unausweichliches Ende.
      Als Clay die Beiden auf Schiff brachte, war Saja immer noch mit der Behandlung des Geretteten beschäftigt. Als sie den Zustand der Beiden sah, verschlug es ihr die Sprache. Glücklicherweise behielt sie in diesem Moment die Nerven und begann sofort mit der Behandlung von Slys Wunden, während Clay Helios versorgte.
      Als sie damit fertig waren, verließ Clay das Zimmer mit den Verletzten, um weiter an Deck Wache zu halten. Er hielt es zwar für das Beste, wenn man den Dreien im Moment Ruhe gönnen würde. Jedoch hatte er auch Verständnis dafür, dass sich in Saja nun, da die Erstversorgung der Wunden abgeschlossen war, die Sorge durchsetzte. Deshalb ließ er sie allein.
      Es war in seinen Augen das Beste, das er im Moment tun konnte. Also blieb er an Deck und beobachtete die Stadt, solang bis am Abend der Doktor zum ersten Mal auftauchte. Sie waren zwar ziemlich misstrauisch über diesen Besuch, doch war die Sorge um ihre Freunde größer. Deshalb gestatten sie dem Doktor an Board zu kommen. Obwohl Saja während der ersten Behandlung ohne Unterlass mit ihrer Pistole auf ihn zielte, damit er keine Dummheiten machte, behandelte der Arzt die Verletzten ohne auch nur ein Wort über die Geschehnisse in der Kathedrale zu verlieren.

      [zurück bei Clay]

      Das Gemurmel unter Deck wurde ungewöhnlich laut, sodass Clay aus seinen Gedanken gerissen wurde. Er fragte sich, ob es wohl Probleme gab. Doch er beschloss seinen Posten nicht zu verlassen. Saja könnte sich schon sehr gut selbst helfen, wenn es etwas nicht in Ordnung war. Sie brauchte seine Hilfe wirklich nicht.
      „Jetzt hör doch darauf, was der Arzt sagt, und bleib liegen!“, drang ihre Stimme plötzlich an Clays Ohren. Diese Worte machten ihn misstrauisch und aufgeregt zugleich. Er beschloss nachzusehen, was da los war.
      Die Verletzten waren in dem Zimmer untergebracht, in dem sonst Sly und Saja schliefen. Als er sich dem Raum näherte wurden die Stimmen lauter.
      „Du solltest ihn nicht noch ermutigen! Alkohol ist das Letzte, was er im Moment braucht!“, drang erneut Sajas Stimme nach draußen. In ihren Worten klang eine seltsame Mischung aus Wut, Sorge und Erleichterung mit.
      Als Clay die Tür öffnete, verstummten alle Anwesenden. Sowohl Sly als auch Helios saßen aufrecht in ihren Betten.
      „Jetzt schaut nicht so verdutzt. Ein Meisterdieb lässt sich von niemandem erwischen. Nicht einmal vom Tod! “, sagte Sly mit einen dicken Grinsen im Gesicht, als ob niemals etwas geschehen wäre.


      Kapitel 20: Nur ein wenig mehr Zeit
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      Trotz seines schlechten Zustandes fing sich Sly für diese Worte eine Ohrfeige von seiner Freundin ein. Er wollte sich gerade an sie wenden, um gegen diese Behandlung zu protestieren, als er die Tränen in ihrem Gesicht sah. Daraufhin senkte er nur beschämt den Blick.
      „Ich wollte nicht, dass du dir meinetwegen so viele Sorgen machen musst. Entschuldige bitte“, sagte er mit dem Blick auf den Boden gerichtet.
      „Du bist ein Idiot, Sly“, sagte sie bevor sie ihm um den Hals fiel.
      Der Doktor sah sich das Geschehen einen Augenblick lang an, bevor er allen mit einem Räuspern ins Gedächtnis rief, dass er auch noch anwesend war.
      „Die Patienten sind soweit in guter Verfassung. Ich werde morgen ein letztes Mal auf dieses Schiff kommen, um abschließende Untersuchungen durchzuführen. Danach möchte ich sie nie wieder sehen müssen“, sagte er während er seine Untersuchungsgeräte wieder in seiner Tasche verstaute. Daraufhin verließ er, in Begleitung von Clay, das Schiff ohne auch nur ein einziges, weiteres Wort zu verlieren.
      „Netter Kerl“, sagte Sly mit einem sarkastischen Unterton, als Clay wieder kam.
      Saja fuhr ihn daraufhin an, dass er sich glücklich schätzen könnte, dass es diesen Arzt gab. Ohne ihn wären er und Helios wahrscheinlich gar nicht mehr am Leben.
      Doch es gab im Moment eine dringendere Frage, die sowohl Saja als auch Clay auf dem Herzen brannte.
      „Was ist in der Kathedrale mit euch geschehen, nachdem wir weg waren?“, sprach es Clay, nach einigem Zögern, dann schlussendlich doch aus.
      Wieder senkte Sly seinen Blick und atmete tief durch. Die Beiden sahen gespannt auf ihn, während Helios schon wieder, immer noch an der Wand der Kabine lehnend, eingeschlafen war.
      „Dieser Mann, Erzpriester Uriel, besitzt eine unglaubliche Kraft. Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass wir da lebend raus gekommen sind“, begann Sly seine Erzählung.

      [vor sieben Tagen, innerhalb der Kathedrale]

      Sly blickte, mit einem verschlagenen Lächeln auf den Lippen, zu dem ungläubig dreinblickenden Erzpriester auf. Die Wunde auf seiner Brust schmerzte höllisch und er hatte Schwierigkeiten damit, überhaupt bei Bewusstsein zu bleiben.
      Die Menschen innerhalb der Kathedrale waren in tosenden Jubel ausgebrochen, nachdem der Erzpriester kurz davor stand, den Sünder für seine Taten büßen zu lassen. Daher konnte auch nur Uriel hören, was der Dieb zu ihm gesagt hatte.
      „Glaubst du wirklich, dass eine solch profane Lüge dein Leben jetzt noch retten kann? Sag mir deinen Namen, bevor ich über dich richte!“, befahl Uriel in einem Ton, der erahnen ließ, dass er solche Worte des Öfteren sprach.
      Doch was Uriel in diesem Moment gar nicht zu realisieren schien, war die Tatsache, dass ihn Slys Worte zum Nachdenken gebracht hatten. Doch dem Dieb war sich dieser Tatsache völlig bewusst. Denn schließlich hatte es ihm schon oft das Leben gerettet, wenn er seinen Gegner aus dem Konzept bringen konnte. Noch vor einigen Augenblicken hatte Uriel nach seinen letzten Worten gefragt. Und nun sprach er davon, dass er seinen Namen verraten sollte und dass er über ihn richten wolle.
      Das war schon einmal ein guter Anfang. Doch er musste noch ein wenig mehr Zeit für Helios schinden, so viel stand fest. Die Kampftechnik des Mönches brauchte Vorbereitungszeit, wenn sie ihr volles Potential zeigen sollte. Und nicht weniger als all sein Können musste Helios aufbringen, wenn er den Erzpriester etwas entgegensetzen wollte.
      „Mein Name ist Sly Mortou“, sagte er nach einigem Zögern. Im Moment war es das Wichtigste den Erzpriester so lang von Helios abzuhalten, bis dieser endlich soweit war und richtig kämpfen konnte. Sly zwang sich dazu, bloß nicht zu seinem Freund hinüber zu sehen, um diesen nicht zu verraten.
      „Dann sprich, Sly Mortou. Warum haben du und deine Leute einen Sünder geholfen, der gerade im Begriff war seine gerechte Strafe zu erhalten?“
      „Ich bin Dieb, von Beruf. Ich nehme mir, was ich will“, sagte er mit einem verschlagenen Grinsen an Uriel gewandt.
      „Du bist ein verdammter Narr, Sly Mortou“, antwortete Uriel und begann sich von ihm weg zu bewegen. In Sly machte sich sofort Panik breit. Er hatte die ganze Zeit befürchtet, dass sein Gegenüber das Vorhaben durchschauen würde.
      Natürlich war er in seinem Zustand kein Gegner für den Erzpriester, das wusste er ganz genau. Er hatte sich selbst als Ablenkung angeboten und schon fast offensichtlich seine Deckung fallen lassen, damit Uriel nicht auf Helios achten würde. Doch nun hatte sein Ablenkungsversuch ein Ende gefunden.
      Sly versuchte noch, sich in Richtung des Erzpriesters zu drehen, um ihn mit seinen Teufelskräften ein wenig länger in Schach zu halten. Doch die Wunde in seiner Brust schmerzte zu sehr, als das er sich hätte bewegen können. Schmerzlich kam er zu der Erkenntnis, dass er nun nichts mehr tun konnte und abwarten müsste, wie sich die Dinge entwickeln würden.
      Also bleib er, gegen den Pranger gelehnt, sitzen und versuchte wenigstens durch sein Gehör zu erfahren, was um ihn herum geschah. Er konzentrierte sich und versuchte dabei die immer lauter werdenden Rufe der Menschen in der Kathedrale auszublenden, was ihm jedoch kaum gelang.
      Doch lange musste er dies auch nicht versuchen. Schon kurz nachdem Sly den Erzpriester aus den Augen verloren hatte, tauchte dieser wie schon zuvor aus dem Nichts vor ihm auf. Er sagte kein Wort, doch in seinen Augen erkannte Sly den Ausdruck, den jeder hatte, wenn er Helios zum ersten Mal kämpfen sah: Verwunderung.
      Sly sank erleichtert zusammen, als er den Erzpriester so sah. Ihm war in diesem Augenblick völlig klar, dass er seinem Freund genügend Zeit verschafft hatte. In diesem Moment sprang Helios, so als hätte er Slys Gedanken gehört, leichtfüßig auf Uriel zu und holte weit mit seinem Stab aus. Wieder verschwand Uriel um einen Augenblick später hinter seinem Gegner aufzutauchen.
      Doch sein Hieb ging ins Leere. Bereits in dem Moment, in dem der Erzpriester verschwunden war, hatte Helios sich in die Richtung gelehnt, in die er der anstehenden Attacke ausweichen konnte. Und genauso plötzlich wie seine Reaktion auf den Angriff erfolgte, setzte der Mönch zum Kontern an und verpasste seinem Gegner mit seinem Stab einen Hieb in den Magen.
      Ein Keuchen entfleuchte dem Erzpriester. Jedoch rührte dieses weniger von der Attacke, die er soeben hatte einstecken müssen, als mehr von dem Blick ins Gesicht seines Gegners.
      Die Augen des Mönches waren geschlossen.


      Kapitel 21: Eine kleine Geste
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      Sly lächelte zufrieden, als auch er diesen Anblick machte. Die geschlossen Augen und die federleichten Bewegungen waren ein untrügerisches Zeichen für den Kampfstil von Helios Orden. Er lächelte bei der Erkenntnis, dass nun jemand auf den Plan getreten war, der dem Erzpriester ernsthaft etwas entgegensetzten konnte. Und doch machte sich im gleichen Atemzug ein unglaublich schlechtes Gewissen in ihm breit. Er hatte die Flucht von Saja und Clay ausgenutzt und Beide in Gefahr gebracht, um den Erzpriester von Helios abzulenken, der sofort nach seiner ersten, erfolgreichen Attacke auf den Boden sank um sich auf seine Technik zu konzentrieren.
      Helios hatte ihm vor langer Zeit ein einziges Mal und nach langem Drängen erklärt, was es mit dieser Technik auf sich hatte.
      Es handelte sich um eine spezielle Form der Meditation, bei der sich der Anwender so tief in sich selbst zurück zog, dass er letztlich eine höhere Form der Wahrnehmung erlangen konnte. Man sah nicht mehr mit seinen Augen oder hörte mit seinen Ohren. Angeblich nahm der Anwender in diesem Zustand seine Umgebung in Form von Energie wahr. Jedes Lebewesen strahlte bei jeder Bewegung, jedem Gedanken und sogar beim Einsatz von Teufelskräften irgendeine Form der Energie aus und Helios konnte diese nun spüren. Auf diese Weise konnte der Anwender vorausahnen, was der Gegner als nächstes tun würde. Die Meister seines Ordens wüssten angeblich bereits in dem Moment, in dem sich der Gedanke im Kopf des Gegners formte, was dieser als nächstes tun würde.
      Es war dieses Wissen um die nächsten Züge des Anderen, welches es Helios erlaubte, sich mit einer scheinbaren Leichtigkeit zu bewegen und auf die Aktionen des Gegners zu reagieren.
      Helios meinte damals, dass er es in diesem Zustand sogar spüren könnte, wo Sly den nächsten seiner Vektoren erscheinen lassen würde. Schon allein deshalb war dieser sehr froh darüber, dass Helios nicht zu seinen Feinden zählte. Allein der Gedanke daran, dass ein Gegner wissen konnte was man als nächstes tat, machte diese Technik in seinen Augen sehr gefährlich.
      Sly musste immer wieder lächeln wenn er daran dachte, dass eine solch mächtige Technik für einen Unbeteiligten ein wenig so aussah, als würde ein Schlafwandler ein Tänzchen aufführen. Aufgrund dieser Tatsache hatte er Helios eines Tages den Spitznamen Traumtänzer verpasst, was dieser nur sehr widerwillig akzeptierte.
      Was jedoch im Moment am Meisten zählte war die Tatsache, dass diese Technik mit der Geschwindigkeit des Erzpriesters etwas entgegensetzten konnte. Sly gestand sich dies nur sehr ungern ein, aber er selbst konnte nichts gegen Uriel ausrichten. Also musste er den Kampf seinem Freund überlassen und auf dessen Kraft und Fähigkeiten vertrauen.
      Der Kampf zwischen Helios und Uriel wurde unterdessen in voller Härte weiter geführt. Immer wieder verschwand der Erzpriester urplötzlich, um dann aus einer völlig willkürlichen Richtung anzugreifen. Doch keine einzige seiner Attacken fügte dem Mönch auch nur einen Kratzer zu. Doch konnte Helios im Gegenzug selbst auch keinen Treffer landen. Die Beiden schienen fürs Erste nur testen zu wollen, wie gefährlich ihr Gegner in Wirklichkeit war.
      Aus den Reihen der Gläubigen wurde die Anfeuerungsrufe für den Erzpriester immer lauter, doch keiner der Beiden schien davon auch nur im Geringsten beeinflusst zu werden. Ein letzter Schlagabtausch wurde ausgeführt, bevor sie fürs Erste voneinander abließen.
      Helios stand vor dem Pranger und somit zwischen Sly und dem Erzpriester. Dieser sah noch für einen Moment zu seinem Gegner, bevor sich sein, ohnehin schon düsterer, Blick noch weiter verfinsterte.
      „Ich muss euch meinen Respekt aussprechen. Es ist lange her, dass mich ein Gegner dazu gezwungen hat, mit voller Kraft zu kämpfen“, sagte der Erzpriester zu Helios bevor er erneut verschwand. Doch diesmal war es anders als zuvor. Uriel schien sich plötzlich noch viel schneller zu bewegen, was Sly daran erkannte, dass Helios große Mühe damit hatte der folgenden Attacke auszuweichen.
      Doch dann musste er erschrocken feststellen, dass der Angriff zwar ursprünglich Helios gegolten hatte, nun jedoch auch auf ihn zusteuerte. Sly sah die Sensenklinge zu spät auf sich zukommen und hatte bei Weitem nicht mehr die Kraft, als das er hätte ausweichen können. Es blieb ihm nichts weiter übrig, als seine Arme zum Schutz zu erheben. Und obwohl Uriel offensichtlich nicht darauf aus gewesen war ihn anzugreifen, erlitt Sly auf beiden Oberarmen einen tiefen Schnitt. Trotzdem war ihm in diesem Moment sofort klar, dass er wahnsinniges Glück gehabt hatte. Hätte die Attacke ihm gegolten, so hätte er mit Sicherheit seine Arme bei dieser Aktion eingebüßt. Er fluchte leise über dieses Ereignis, da er eine Wunde davongetragen hatte, obwohl er eigentlich gar nicht in den eigentlichen Kampf verwickelt war. Jede Verletzung machte ihn zu einer größeren Belastung für Helios, das war ihm völlig klar.
      Davon unbeeindruckt setzte der Erzpriester seinen Kampf mit dem Mönch fort. Der Kampf hatte seit Uriels Ankündigung massiv an Geschwindigkeit zugenommen, sodass es selbst für Helios schwierig wurde den Attacken auszuweichen. An einen Angriff seinerseits war in dieser Situation nicht zu denken.
      Sly beobachtete die Verlagerung des Kräfteverhältnisses mit Besorgnis. Jedoch musste er sich im Moment erst einmal um seine Wunden kümmern und die Blutung stoppen, damit er nicht verbluten würde. Daher riss er die Ärmel seines Hemdes ab und verband die Wunden recht notdürftig damit. Danach wandte er sich wieder dem Kampf zu.
      Wie er es schon befürchtet hatte, standen die Chancen eines Sieges von Helios denkbar schlecht. Er hatte offensichtlich massive Schwierigkeiten mit dem Erzpriester mitzuhalten. An den inzwischen zahlreichen Schnitten in seiner Kleidung und an seinem Körper konnte man erkennen, wie oft er nur knapp einer ernsten Verletzung entkommen war.
      Und nun schien Uriel das Tempo ein weiteres Mal anzuziehen, sodass Sly Schwierigkeiten damit hatte überhaupt noch zu erkennen, wann Uriel anhielt um anzugreifen. In den meisten Fällen erkannte er die Attacke nur daran, dass irgendwo auf Helios Körper eine neue Wunde auftauchte.
      Und plötzlich schien Uriel die entscheidende Öffnung in der Verteidigung seines Gegners zu entdeckt zu haben. Ein letztes Mal erschien er vor dem Mönch und schlug mit seiner Sense zu. Die Attacke traf Helios Schulter und hinterließ einen tiefen Schnitt, der bis auf den Knochen ging. Der Schmerz genügte um ihn aus seiner tiefen Meditation zu reißen und wieder zu Sinnen kommen zu lassen. Er knallte hart auf den Boden der Kathedrale auf und blieb für einen Moment bewegungslos liegen.
      „Verdammt Helios. Jetzt mach keinen Scheiß. Wenn dich so eine Kleinigkeit umhaut, dann schwöre ich dir Eines. Ich werde dich auf der anderen Seite finden und dir so sehr die Fresse polieren, dass dich nach dem Erzpriester zurück sehnen wirst!“, rief Sly verzweifelt zu Helios hinüber, während Uriel langsam seine Sense senkte.
      Sie hatten gemeinsam schon so viel durch gestanden, dass Sly den Gedanken nicht ertragen konnte nun hier allein sterben zu müssen. Wenn es schon zu Ende gehen sollte, dann würden sie den letzten Weg gemeinsam antreten. Das waren sie einander schuldig.
      Und tatsächlich schienen Slys Worte ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben, denn Helios raffte sich wieder auf und kroch zu seinem Freund hinüber um sich ebenfalls neben ihn an den Pranger zu lehnen. Währenddessen brachte sich Uriel vor den Beiden in Position um sein Urteil zu vollstrecken.
      „Üble Sache, mein Freund. Sieht ganz so aus, als hätten wir uns diesmal überschätzt. Dieser Kerl war eine Nummer zu groß für uns“, sagte Sly an Helios gewand. Dieser erwiderte seine Worte mit einem Grinsen, das sich sogleich auch auf Slys Gesicht breit machte. Die Beiden lachten noch einmal herzlich zusammen, wobei Helios bis zum Letzten nicht einen Ton von sich gab, bevor sie sich wieder an den Uriel wandten.
      „Hey Erzpriester. Ich habe hier noch etwas für dich“, sagte Sly, während Uriel vor ihnen seine Sense erhob.
      Das letzte, dass Sly in diesem Moment tat, war seinen rechten Arm zu erheben und dem Erzpriester den Mittelfinger zu zeigen. Dann legte er ein letztes Grinsen auf und sah die Sense herunter fahren.
      Doch anstatt einen der Beiden zu treffen, versenkte sich die Klinge der Sense im Boden neben Sly. Völlig verwirrte sahen sie zu Uriel auf, der mit weit aufgerissenen Augen und einem ungläubigen Ausdruck im Gesicht auf Slys Arm starrte.


      Kapitel 22: „Dankbarkeit“
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      [zurück in der Gegenwart]Sly starrte immer noch auf den Boden, wie er es schon die ganze Zeit getan hatte, während er von den Geschehnissen in der Kathedrale berichtet hatte.
      „Und was war dann? Was geschah als Nächstes?“, wollte Saja aufgeregt wissen.
      Sly atmete ein paar Mal tief durch, bevor er weiter sprechen konnte. Allein die Erinnerung an die Geschehnisse jenes Tages bereiteten ihm Kopfschmerzen.
      „Um ehrlich zu sein, kann ich euch das auch nicht genau sagen. Vermutlich lag es an dem Blutverlust und dem Schock darüber, dass Uriel uns nicht erledigt hatte. Ich erinnere mich nur noch ein wildes Gewirr aus Stimmen. Und daran, dass der Erzpriester irgendetwas zu mir sagte. Aber ich habe keine Ahnung was. Ich bin mir nicht einmal ganz sicher, ob sich seine Lippen wirklich bewegten, oder ob ich mir das nur eingebildet habe.“
      Wieder machte Sly eine Pause und versuchte seine Gedanken zu ordnen. In seinen Kopf rasten die unterschiedlichsten Bilder umher, sodass er sich im Moment nicht im Klaren darüber war, ob er diese Dinge wirklich erlebt hatte. Es kostete ihn einige Mühe seinen Gedanken wieder soweit in die richtigen Bahnen zu lenken, um weiter sprechen zu können. Glücklicherweise schienen seine Freunde Verständnis für seine Situation aufzubringen. Sie ließen ihm alle Zeit, die er brauchte, um seinen Geist wieder zu ordnen.
      „Was auch immer Uriel zu uns sagte, als nächstes geschah etwas, mit dem ich niemals gerechnet hatte. Er wandte sich von uns ab und schien den Anwesenden zu befehlen, dass sie für uns Platz machen sollen.“
      „Woher willst du das denn so genau wissen, wenn du doch Probleme damit hattest
      überhaupt etwas zu hören?“, wollte Clay wissen.
      „Ganz einfach, mein Freund. Er muss irgendetwas in der Richtung gesagt haben, weil die Leute in der Kathedrale genau das im Anschluss taten. Uriel verschwand kurz darauf aus meinem Sichtfeld. Und wenn ich ehrlich sein soll, in diesem Augenblick interessierte es mich auch nicht im Geringsten, wohin er gegangen war. Ich war nur froh, dass er weg war. Doch letztlich war es für uns egal, wohin auch immer er gegangen war. Der Weg durch die Menschenmasse war da und schien nur auf uns zu warten.
      Wir zögerten noch eine ganze Weile. Ich traute den Leuten in der Kathedrale nicht zu, dass sie uns so einfach ziehen lassen würden. Doch da sich im Anschluss an Uriels Verschwinden kein Einziger der Anwesenden auch nur eine Winzigkeit vom Fleck rührte beschlossen wir, dass wir es doch riskieren würden die Kathedrale zu verlassen. Also schleppten wir uns, vorbei an unzähligen, teilweise hasserfüllten Augen, in Richtung des Schiffs. Und den Rest solltet ihr ja kennen.“
      Es herrschte eine ganze Zeit lang Stille, nachdem Sly seine Geschichte beendet hatte. Allein ein leises Schnarchen von Helios war ab und zu hören.
      „Es sind die Nummern auf deinem Arm, die euch das Leben gerettet haben. Allein dem unumstößlichen Urteil der Heiligen habt ihr es zu verdanken, dass ihr noch am Leben seid. Ohne sie hätte euch Erzpriester Uriel gnadenlos hingerichtet“, zerriss plötzlich eine Stimme, die man auf diesem Schiff noch nie gehört hatte, die Ruhe.
      Erschrocken wandten sich alle in Richtung des Bettes, in dem der junge Mann lag, wegen dem sie all diese Verletzungen auf sich genommen hatten.
      Er schien noch nicht die Kraft zu haben, um sich allein aufrichten zu können, doch seine Augen starrten weit aufgerissen zur Decke.
      „Sieh an, wer aufgewacht ist!“, rief Sly schon fast überschwänglich, während Clay dem Gast auf ihrem Schiff half, sich aufrecht aufsetzten zu können. Seine schon fast übertrieben wirkende Freude, über das Erwachen des Geretteten, war Slys Art seine Erleichterung zu darüber zu zeigen, dass ihre Taten nicht völlig umsonst gewesen waren. Seit dem Moment, in dem sie die Kathedrale betreten hatten, plagten ihn Zweifel über die Richtigkeit seiner Entscheidungen. Doch allein die Tatsache, dass sie den Verurteilten erfolgreich gerettet hatten, verschaffte ihm Erleichterung. Für einen Moment fühlte er eine enorme Last von seinem Herzen abfallen, während er zu allen Anwesenden blickte.
      Saja sah nicht zu dem Verletzten, sondern auf Sly. Sie schien zu spüren, was gerade in ihm vorging und es schien auch ihr so zu gehen. Sie sah ihn zum ersten Mal, seit sie diese Insel betreten hatten, nicht mit einem besorgten Blick an. Es war eine Mischung aus Erleichterung und Freude, die Sly in ihren Augen sehen konnte. Clay war immer noch damit beschäftigt, dem Fremden soweit zu helfen, dass dieser allein sitzen konnte. In seinem Blick erkannte Sly eine aufrichtige Sorge um einen Verletzten, wie er selbst sie wahrscheinlich niemals aufbringen könnte. Trotz seiner harten Schale war Clay im Grunde ein führsorglicher Mensch. Und Helios tat das, was er fast immer tat, wenn etwas Wichtiges geschah: Er schlief.
      Für einen schon fast unglaublich kurzen Moment fühlte sich Sly unendlich erleichtert. Trotz all der Probleme, mit denen sie auf dieser Insel hatten auskommen müssen, schien sich nun alles wieder im Lot zu befinden.
      So dachte er jedenfalls, bis er in das vorwurfsvolle und schon beinahe hasserfüllte Gesicht des Fremden blickte. Allein in dem Augenblick, in dem sich ihre Blicke zum ersten Mal trafen, spürte Sly einen Hass gegen seine Seele branden, wie er es noch nie zuvor in seinem Leben erlebt hatte.
      Noch während die Anderen dieselbe Erleichterung verspürten, wie sie in Sly vor noch kurz zuvor beherrscht hatte, entlud sich die eine Welle der Verachtung gegen den Kapitän des Schiffes.
      „Ihr seit nicht die Ersten, die durch den Hinweis der Heiligen auf diese Insel geführt wurden. Aber mit Sicherheit, seid ihr die Dümmsten“, sagte der Fremde immer noch Sly gewand.
      Es war weniger die Art, wie es der Mann aussprach, als die Wort selbst, die unter den Anderen Entsetzten auslösten.
      „Soll das heißen, dass du etwas über die Bedeutung der Nummern weist?“, stieß Clay in einer Art hervor, wie sie nur bisher Sly erlebt hatte, als er ihn damals in der Kneipe auf Corel auf seine Verlobte angesprochen hatte. Und noch heute erinnerte er sich genau an die schmerzhafte Reaktion, die er damit bei Clay hervorgerufen hatte.
      „Natürlich weiß ich das“, gab der Fremde zur Antwort und wandte seinen Blick zum ersten Mal von Sly ab.
      „Dann sag mir, was du darüber weist!“, brüllte Clay dem Mann augenblicklich entgegen.
      „Halt dich zurück Clay!“, rief Sly seinem Kameraden in einem, von ihm nur selten benutztem, befehlendem Ton zu.
      Er hatte bereits jetzt bemerkt, dass Clays gesamte Haltung dem Zeitpunkt, als sie in dessen Haus gegeneinander gekämpft hatten, sehr ähnlich war. Im Gegensatz zu der Kneipe, hatte Clay in jenem Kampf seine gesamte Kraft eingesetzt und dabei einiges zu Bruch gehen lassen. Ihm wurde sofort klar, dass sein Kamerad einen Mann im Zustand des Fremden mit nur einem Schlag ins Jenseits befördern könnte, würde man ihn weiter provozieren. Einen Moment lang herrschte eine gespannt Stimmung, in der alle Blicke auf Clay gerichtet waren.
      Sly befürchtete schon fast, dass es wieder mit Clay durchgehen könnte. Wenn es um Informationen über den Verbleib seiner Verlobten ging, neigte Clay zu unbedachten Reaktionen. Das hatte Sly auf Corel am eigenen Leib schmerzhaft lernen müssen. Und im Moment war er körperlich nicht in der Lage seinen Freund von jeglicher Kurzschlussreaktion abzuhalten.
      Doch Clay begab sich, nach einigem Zögern, schließlich doch neben seine Freunde. Fürs Erste schien er sich unter Kontrolle zu haben.
      „Warum sollte ich Leute wie euch von den Plänen der Heilige erzählen? Ihr seit euch der unfassbaren Ehre nicht einmal bewusst, die diese Nummern eurem Leben verliehen haben“, sagte der Fremde schließlich in einem Ton, der in Sly jeden Zweifel über sein vorheriges Empfinden verschwinden lies.
      Er hatte sich nicht getäuscht. Dieser Mann verachtete sie, für ihre Taten und Ansichten. Neben sich sah er Clay die Hände zu Fäusten ballen, weshalb er dessen Arm ergriff um ihn zurück zu halten.
      „Warum du uns das sagen solltest?“, wollte Sly von dem Fremden wissen, während er einige Mühe damit hatte, Clay im Zaum zu halten.
      „Weil wir dein verdammtes Leben gerettet haben!“, vollendete Saja die Gedanken des Diebes, obwohl solche Worte für sie nicht gerade typisch waren.
      Doch statt des, von allen erwarteten, resignierenden Ausdrucks im Gesicht des Fremden, warf er ihnen denselben feindseligen Blick zu, wie ihn Sly bereits vorher bemerkt hatte.
      „Ich habe euch niemals darum gebeten, mein Leben zu retten!“


      Kapitel 23: Zweifel
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      Noch immer hallten die Worte des Fremden in den Ohren der Drei wieder. Der Schock darüber saß tief. Nicht einer von ihnen hätte nach allem, was sie für den Fremden durchgemacht hatten, eine solche Aussage erwartet.
      Clay begann sich heftiger gegen Slys Versuch, ihn zurück zu halten, zu wehren.
      „Was soll das heißen, du verdammter Bastard? Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was wir für sich riskiert haben?“, schrie er dem Fremden entgegen.
      Er antwortete nicht auf die Frage, sondern starrte an ihnen vorbei auf den Boden.
      „Ich habe diese Strafe erhalten, weil es das Urteil des Erzpriesters war. Weder mir noch euch steht es zu, diese Entscheidung in Frage zu stellen.“
      Geschockt durch die Worte des Fremden, ließ Sly für einen Moment den Arm seines Kameraden los. Mehr braucht Clay auch nicht, um den Fremden mit einem Schlag in den Magen wieder außer Gefecht zu setzten. Er konnte einfach nicht mehr an sich halten. Die, in seinen Augen schon fast unverschämte, Undankbarkeit des Fremden trieb ihn zur Weißglut.
      „Lass dir Eines gesagt sein. Meine Freunde wurden deinetwegen von diesem verdammten Erzpriester fast getötet. Wenn du es noch einmal wagen solltest, ihnen dafür nicht dankbar zu sein, dann werde ich mich nicht mehr zurück halten“, sagte Clay zu dem Fremden, obwohl dieser inzwischen nicht mehr bei Bewusstsein war.
      Nach dem gut gezielten Schlag verließ Clay die Kabine. Er meinte, dass er fürs Erste ein wenig allein sein müsse. Sly verstand, was ihm sein Kamerad damit sagen wollte und nickte dessen Entscheidung ab. Natürlich wollte Clay, wie jeder andere auch, über die Geschehnisse sprechen und die nächsten Schritte diskutieren. Doch er schien sich in diesem Moment bewusst zu sein, dass er sich erst einmal beruhigen musste, bevor er wieder eine vernünftige Entscheidung treffen könnte. Auch wenn Clays leidenschaftliche Art das eine oder andere Mal mit ihm durchging, so schien er inzwischen doch gelernt zu haben, dass impulsive Handlungen nicht immer zum Erfolg führten.
      Sly starrte noch einen Moment auf die immer noch offen stehende Tür, durch die Clay soeben verschwunden war.
      „Seine Freunde, also“, murmelte er zu sich selbst und ließ dabei seinen gedankenverlorenen Blick durch den Raum wandern. Zuerst sah er auf den Fremden, der bewusstlos an der Wand lehnte. Sly fand auch bei allem Nachdenken keine logische Erklärung für dessen Vorwürfe. Es wollte ihm einfach nicht gelingen zu verstehen, warum er sich freiwillig töten lassen wollte.
      Dann wanderte sein Blick zu Helios, der immer noch schlafend an der Wand der Kabine lehnte. Das war typisch, für diesen irren Mönch. Helios machte sich nie große Sorgen um die Konsequenzen seines Handelns. Seitdem sich die Beiden kannten, hatte er immer den Weg eingeschlagen, den Sly vorgeschlagen hatte und immer wieder gesagt, dass Sly schon wüsste, was er tat. Doch dieses Mal hätten seine Entscheidungen beinahe das Ende ihres gemeinsamen Weges eingeleitet. Sly fragte sich, woher Helios nur dieses unerschütterliche Vertrauen in die Entscheidungen eines einfachen Diebes nahm.
      Zuletzt wandte er seinen Blick zu Saja. Ihm war klar, dass es ihr am Schwersten gefallen sein musste, ihn und Helios in der Kathedrale zurückzulassen. Allein der Gedanke daran, dass sie sich während der letzten Tage um ihn gesorgt hatte, ließ die Schuld in seinem Herzen auf ein fast unerträgliches Maß anschwellen.
      Doch ein Blick in ihre blauen Augen genügte, um seine Schuldgefühle von seiner Seele abfallen zu lassen. Er sah in ihrem Blick weder Vorwurf noch Angst, sondern nur Erleichterung.
      Sie nahm ihn für einen Moment in die Arme. Er ließ sich fallen und genoss ihre Nähe. Als die Anspannung der vergangenen Tage nachließ, begannen seine Gedanken langsam damit, das Geschehene zu verarbeiten. Erst jetzt wurde Sly das volle Ausmaß seiner Taten und Entscheidungen bewusst.
      All die Eindrücke, Ängste und Zweifel, die sich im Laufe den vergangenen Monaten in seinem Inneren angesammelt hatten, brachen in diesem Augenblick mit aller Kraft aus seinem Inneren hervor. Er hatte sich niemals mit der Rolle des Kapitäns, in die er mehr oder weniger gezwungen wurde, abgefunden. Seit jenem Tag, an dem er seinen Bruder verloren hatte, plagten ihn Selbstzweifel darüber, ob er wirklich dazu in der Lage war, wichtige Entscheidungen für Andere treffen zu können. Noch heute gab er sich die Schuld an den Ereignissen jenes Tages. Schon unzählige Male hatte er die Situation in seinem Geist an sich vorbei ziehen lassen. Und jedes Mal, wenn seine Gedanken zum schlimmsten Tag in seinem gesamten Leben abschweiften, sah er all die Fehler, die er begangen hatte.
      „Von allen Dingen, die ich hätte tun können, habe ich mich stets für die schlechteste Alternative entschieden. Ich hätte euch niemals auf diese Insel führen dürfen“, sagte er leise mehr zu sich selbst, als zu Saja. Doch sie kannte ihn und wusste sofort, worauf er anspielte. Sly weigerte sich in der Regel vehement dagegen, etwas aus seiner eigenen Vergangenheit preiszugeben. Zwar hatte er vor bereits vor allen Mitgliedern der Crew über die Umstände gesprochen, wie er zu den Nummern auf seinen Arm gekommen war, doch wusste nur Saja von den Vorwürfen, die er sich deswegen machte.
      „Es tut mir so leid, Sly. Ich war es, die dich als Kapitän vorgeschlagen hat. Nur meinetwegen wurdest du gezwungen, so viele schwere Entscheidungen zu treffen.“
      Sie kannte ihn sehr gut. Und schon allein deshalb hatte sie im Moment ein schreckliches Gewissen. Ein paar heiße Tränen liefen über ihr Gesicht und tropften auf Slys Brust.
      Für einen Moment lagen sich die Beiden in den Armen. Jeden plagten Zweifel und Ängste, doch es gab ihnen Halt zu wissen, dass sie nicht allein waren. Sie waren füreinander da, ein Gefühl, das Sly in seinem Leben nur selten erlebt hatte.
      „Wir werden sie finden. Meinen Bruder, Clays Verlobte, Helios’ heiliges Buch und einen Weg, deine Schuld zu begleichen“, sagte er schließlich.
      „Glaubst du das wirklich?“, wollte Saja wissen. Ihr Kopf lehnte noch immer an Slys Brust und ab und an fiel immer noch eine Träne von ihrem Gesicht.
      Sly ließ sich Zeit zu antworten. Er selbst musste die Antwort auf diese Frage erst für sich selbst finden. Bei fast jedem anderen Menschen hätte er sofort auf die Frage geantwortet und gesagt, was sein Gegenüber hören wollte. Er machte sich nicht viel daraus jemanden anzulügen, wenn es zu seinem eigenen Vorteil gereichte. Doch bei Saja war es anders. Sie war eine der wenigen Personen, die er niemals anlügen würde. Deshalb nahm er sich Zeit, seine Antwort zu überdenken.
      „Ja. Solange du bei mir bist. Und solange die Anderen hier sind werden wir weiter machen. Kein Erzpriester und keine undankbaren Lebensmüden werden uns aufhalten, solang wir alle zusammen halten.“
      Saja sah zu ihm auf und Sly konnte sich mit einem Blick in ihre Augen davon überzeugen, dass er diesmal die richtige Entscheidung getroffen hatte.
      Danach küssten sich die Beiden, zuerst langsam und zärtlich, dann immer leidenschaftlicher.
      Nachdem Sly dem Tod so knapp entronnen war, stand ihnen der Sinn danach, etwas Lebensbejahendes zu tun. Also zogen sie sich zu zweit in die Kabine zurück, in der sonst Clay und Helios schliefen und verriegelten die Tür hinter sich. Um keinen ungebetenen Besuch zu bekommen, hing Sly einen Zettel mit der Aufschrift ‚Stört uns und ich schmeiß euch über Board!’ an die Tür.
      Dann kehrte er in die Arme seiner Liebsten zurück. Er sah ihr noch einmal tief in die Augen, bevor er sie erneut küsste. Sly hauchte ein leises ‚Ich liebe dich’, bevor sie sich einander hingaben. Sie vergaßen alle Sorgen und Schmerzen, wenigstens für eine Nacht.


      Kapitel 24: Erneutes Treffen
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      All die Zärtlichkeiten der vergangen Nacht wurde am nächsten Morgen jäh hinweggefegt und erschien angesichts der Nachricht, die Clay von der anderen Seite der Tür verkündete, wie ein lange zurückliegender Traum.
      „Sly! Der Erzpriester ist vor dem Schiff. Er verlangt mit dir und unserem Gast zu reden!“
      Sly fuhr blitzartig auf, als er diese Nachricht hörte. Das Auftauchen des Erzpriesters war in dieser Situation so ziemlich das Schlimmste, das hätte geschehen können.
      „Verdammte Scheiße“, murmelte Sly, während er sich anzog um nach Draußen zu gehen. Saja versuchte noch ihn aufzuhalten. Sie meinte, dass er in seinem jetzigen Zustand ein leichtes Opfer für den Erzpriester wäre. Natürlich wusste Sly, dass sie damit Recht hatte. Doch im Moment schien es ihm das Beste zu sein, auf die Aufforderung Uriels zu reagieren und zu tun, was er verlangte. Einen Angriff dieses Mannes auf sie konnte und wollte er auf keinen Fall riskieren.
      Sly befahl Clay den Fremden zu hohlen und ging dann an Deck, um mit dem Erzpriester zu sprechen. Das Laufen bereitete ihm immer noch Schwierigkeiten, doch vor einem so gefährlichen Feind konnte er sich kein Zeichen von Schwäche erlauben.
      Uriel stand, umringt von einer Vielzahl Menschen, am Hafen. Er sah mit dem gleichen emotionslosen Blick, den er auch in der Kathedrale, als er kurz davor stand sie zu töten inne hatte, zu dem Dieb auf dem Schiff herauf. Der Anblick des Erzpriesters und all der Menschen sorgte augenblicklich dafür, dass Slys Wunde schmerzhaft zu brennen begann.
      Sein Herz begann heftig gegen seinen Brustkorb zu schlagen, als er den Mann erblickte, der ihn beinahe in die andere Welt geschickt hatte. Auch die Tatsache, dass er keine Waffe bei Uriel entdecken konnte, ließ seine Anspannung nicht sonderlich schwinden.
      Die gesamte Ausgangssituation dieser unfreiwilligen Begegnung bereitete ihm große Sorge. Allein die schiere Anzahl von Menschen am Hafen stellte nun, da nur Clay und Saja in der Lage waren zu kämpfen, eine ernsthafte Bedrohung für sie da. Es brauchte wahrscheinlich nur ein Wort des Erzpriesters und die Masse würde auf das Schiff stürmen und ihnen den Rest geben. Uriel selbst müsste nicht einen Finger rühren, um sie auszulöschen, obgleich er mit Sicherheit dazu in der Lage wäre, das auch selbst in die Hand zu nehmen.
      Unter höllischen Schmerzen zwang sich Sly, aufrecht die Planke vom Schiff zur Hafenmauer hinunter zu gehen. Er wollte sich nicht anmerken lassen, wie kraftlos er im Moment war, obwohl er befürchten musste, dass selbst ein Laie seinen lausigen Bluff durchschauen würde.
      Alle Anwesenden schienen für einen Moment den Atem anzuhalten, als sich der Erzpriester und der Dieb gegenüberstanden. Nur das leise Branden der Wellen an der Hafenmauer war zu hören. Eine leichte Brise vom Meer ließ Uriels langes, schwarzes Haar im Wind tänzeln.
      „Ihr seid ein verdammter Narr, Sly Mortou“, waren die Begrüßungsworte des Erzpriesters.
      Sly legte ein falsches Grinsen auf. In seinem Kopf rasten alle möglichen Antworten und Reaktionen umher, mit denen er in seine Haut in heiklen Situationen des Öfteren schon gerettet hatte. Im Laufe der Jahre hatte er genug Erfahrung darin gesammelt, wie er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen konnte. Doch es wollte ihm im Moment nicht gelingen, die sinnvollste Methode auszuwählen. Er war nicht dazu in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen um die Situation analysieren zu können.
      „Du scheinst eine Schwäche für Narren zu haben. Sonst stände ich heute wohl nicht vor dir.“, sagte er, gespielt lässig, zu seinem Gegenüber. Sly ging er auf Konfrontationskurs, obwohl er sich bewusst war, dass er einen sehr gefährlichen Weg einschlug.
      Ein erschrockenes Aufatmen ging durch die Menge, nachdem Sly die Worte ausgesprochen hatte.
      „Wie kann er es wagen?“, hörte er einen paar Leute tuscheln.
      Doch Uriel befahl ihnen mit einer Handbewegung Ruhe zu geben.
      „Ich nehme an, dass ihr euch bewusst seid, wodurch euer Leben gerettet wurde?“
      Der kalte Blick des Erzpriesters durchbohrte Sly, während er sprach.
      „Du meinst das hier?“, gab dieser zur Antwort und zeigte seinen Arm mit den Nummern.
      Ein Nicken Uriels bestätigte die Aussage, die der Fremde auf ihrem Schiff bereits am Vorabend geäußert hatte. Ungeachtet der Situation, in der er sich gerade befand, schnellte Sly ein Gedanke durch den Kopf. Sie hatten die Nachricht hinter den Nummern also richtig gedeutet. Der Erzpriester und scheinbar auch alle Bewohner der Insel schienen deren Bedeutung zu kennen. Man hatte sie hier her führen wollen. Slys Herz begann noch heftiger zu schlagen, sodass jedes Pochen in seinen Ohren widerhallte. Seine Gedanken begannen zu rasen und plötzlich meldete sich der Dieb in ihm lautstark zu Wort.
      Der Fremde hatte sie also nicht belogen, als er vorgab etwas über die Nummern zu wissen. Vielleicht könnte er doch noch von Nutzen sein, wenn Sly ihn durch ein paar Tricks dazu bringen könnte, noch mehr Informationen preiszugeben.
      Zeitgleich zu dieser Erkenntnis wuchs sein Ärger darüber, dass er nicht mehr Informationen gesammelt hatte, bevor sie sich mit der gesamten Insel anlegten. Ihr Handeln in der Kathedrale war, im Nachhinein betrachtet, mit Abstand das Dümmste, das sie hätten tun können.
      Wenn er nun einen Fehler beging, währe all ihre Arbeit umsonst gewesen. Er musste seine nächsten Worte gut überlegen, wenn er das Ruder noch irgendwie herumreißen und einen Hinweis auf den Verbleib seines Bruders finden wollte.
      Noch während er überlegte, was er sagen sollte, trat Clay neben ihn. Er hatte den Fremden auf seine Schulter gestützt. Sly bedankte sich für die Hilfe und bat ihn im Anschluss, auf das Schiff zurückzukehren. Clay sah mit besorgtem Blick zum Erzpriester und anschließend zu seinem Kapitän. Offensichtlich konnte er sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, Sly mit diesem Mann allein zu lassen.
      Erst nach einer erneuten Aufforderung seitens Sly, konnte er sich dazu durchringen zu gehen. Er ließ den Fremden, der noch weitaus mehr Mühe mit dem aufrechten Stehen als Sly hatte, den Erzpriester und seinen Freund zurück und ging aufs Schiff. Sly sah sich kurz um und konnte im Moment nicht genau sagen, wen die Menge mehr zu verachten schien, denn sowohl er als auch der Fremde ernteten unzählige hasserfüllte Blicke.
      „Ihr auch! Lasst uns allein!“, sagte Uriel plötzlich, ohne sich dabei an die Menge zu wenden. Sein Blick war weiterhin auf Sly gerichtet, so als ob er befürchtete, dass sich dieser aus dem Staub machen würde, sobald er seine Augen abwandte.
      Und tatsächlich taten die Menschen, was Uriel ihnen befohlen hatte und zerstreuten sich zügig in alle Richtungen. Erst als er sich sicher war, dass Niemand mehr ihre Worte hören würde, begann der Erzpriester zu sprechen.


      Kapitel 25: Deine Wahl
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      „Sly Mortou. Ihr seid der Kapitän dieser Gruppe, nicht wahr?“, wollte er an den Dieb gewandt wissen. Dieser bestätigte mit einem Nicken.
      „Es gibt zwei Dinge, die wir miteinander zu klären haben. Ihr werdet mir zuhören und nur etwas sagen, wenn ihr vorher gefragt wurdet“, sagte er schroff
      „Ich lass mir den Mund von niemanden verbieten“, gab Sly zur Antwort. Uriels Worte hatten bei ihm einen Nerv getroffen. Er konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn man ihm das Wort entziehen wollte.
      Uriel sah einen Moment lang mit einem Blick, in dem sich eine Mischung aus Überraschung und Ärger gelegt hatte, zu ihm hinüber, bevor er schließlich weiter sprach.
      „Die Nummern auf euren Armen sind ein Zeichen der Heiligen. Ihr solltet euch glücklich schätzen, von ihnen auserwählt worden zu sein. Nun sagt mir, wie viele Mitglieder eurer Mannschaft dieses Geschenk erhalten haben?“
      Sly zögerte einen Augenblick. Er war sich nicht sicher, wohin diese Fragen führen würden und ob er sie weiterhin beantworten sollte. Uriel schien offensichtlich einige Informationen über die Nummern zu besitzen und Sly war begierig darauf, diese zu erlangen. Allerdings wollte er möglichst wenig über ihre Crew preisgeben.
      Nach einem kurzen Moment des Nachdenkens entschloss er sich schließlich, fürs Erste seinem Instinkt zu vertrauen.
      „Alle Vier von uns tragen diese Nummern. Sag mir, was es damit auf sich hat“, gab er schließlich wahrheitsgemäß zur Antwort.
      Uriels Augen weiteten sich vor Entsetzten. Er war es offensichtlich nicht gewohnt, dass jemand so mit ihm sprach oder ihm gar Befehle erteilte.
      „Ihr bekommt von mir die Informationen, die jeder bekommt, wenn er mit den Nummern auf diese Insel kommt“, sagte Uriel und zum ersten Mal hörte Sly, dass sich in seiner Stimme etwas geändert hatte. Sly konnte beinahe spüren, wie sehr es den Erzpriester anwiderte, dass er einem einfachen, vorlauten Dieb mit Respekt behandeln musste.
      „Bevor ihr von mir die Nachricht der Heiligen erhaltet, gibt es noch etwas, dass geklärt werden muss“, sagte Uriel und wandte sich zum ersten Mal an den Fremden, der die ganze Zeit stillschweigend darauf gewartet hatte, dass man ihn ansprach.
      „Sasaki. Du weist, dass du gesündigt hast und das du dafür eine Strafe verdienst.“
      „Ja, Erzpriester“, sagte der junge Mann, den Blick beständig zu Boden gesenkt.
      „Die Taten dieses Mannes haben verhindert, dass du deine Strafe vollständig empfangen konntest“, sagte Uriel und zeigte dabei auf Sly.
      Dieser war schockiert über das Gespräch, dass die Beiden führten. Uriel sprach von der Bestrafung, wie von einem kleinen Bußgeld. Doch immerhin hatte man versucht den jungen Mann namens Sasaki zu Tode zu steinigen.
      Die Unterhaltung zwischen den Beiden wirkte auf Sly schon fast irreal. Es war, als ob er zwei unglaublich untalentierte Schausteller beobachten würde, die das schlechteste Theaterstück aller Zeiten aufführten.
      Doch es war den Beiden todernst.
      „Es tut mir unendlich Leid, Erzpriester. Bitte richtet jetzt über mich. Ich bin bereit meine Strafe zu empfangen“, sagte Sasaki reumütig und sank auf die Knie. Doch für Sly sah es nicht so aus, als ob es an der mangelnden Kraft aufgrund seiner Verletzung liegen würde. Er tat es aus freien Stücken.
      „Bist du denn völlig wahnsinnig geworden? Der Kerl wird dich umbringen“, warf Sly, außer sich vor Entsetzten, ein.
      „Natürlich wird er das tun. Es wäre schon längst geschehen, hätten sich deine Leute nicht eingemischt!“, sagte Sasaki und warf Sly dabei vorwurfsvollen Blick zu.
      Das Verhalten des jungen Mannes wollte für Sly einfach keinen Sinn ergeben. Egal was auch immer er in der Vergangenheit getan haben mochte, wieso wollte er unbedingt sterben? Auch Sly hatte in seinem Leben schon einige, teilweise recht abscheuliche, Verbrechen, die ihn manchmal in seinen Träumen verfolgten, begangen. Doch niemals hatte er sich gewünscht zu sterben. Er hatte immer leben wollen. Wenn schon nicht für sich, dann für seinen Bruder.
      „Das werde ich nicht tun. Dein Leben liegt nicht mehr in der Hand unserer Gemeinschaft. Da du von einem der Auserwählten gerettet wurdest, habe ich entschieden, dass dein Leben vom heutigen Tag an in seiner Obhut verweilen wird.“
      „Was?“, stießen sowohl Sly als auch Sasaki gleichzeitig hervor.
      „Mein Leben in den Händen dieses Mannes? Nein Erzpriester, bitte tut das nicht!“, flehte Sasaki an Uriel gewandt und zog dabei verzweifelt an dessen Mantel.
      Deutlich gestört davon richtete der Erzpriester das Wort wieder an Sly.
      „Sein Leben liegt nun in eurer Hand. Ihr werdet über ihn entscheiden“, sagte er.
      In Sasakis Gesicht machte sich eine Mischung aus Entsetzen und Angst breit und er begann noch heftiger am Mantel des Erzpriesters zu zerren, doch Uriel schenkte dem verzweifelten Mann zu seinen Füßen keinerlei Beachtung. Sein eiskalter Blick war weiterhin auf Sly gerichtet.
      „Bitte Erzpriester. Führt die Bestrafung jetzt zu Ende. Ich bitte euch, tötet mich!“, sagte Sasaki und senkte dabei seinen Kopf vor Uriels Füßen auf den Boden.
      In Erwartung des Todes lag er vor Uriel.
      Plötzlich spürte er einen dumpfen Schmerz im Gesicht. Doch war es nicht der Erzpriester, der den Streich gegen ihn ausführte. Sly hatte die Beherrschung verloren und Sasaki einen Tritt ins Gesicht verpasst, sodass dieser auf die Seite kippte und nun, auf dem Rücken liegend, zu ihm aufsah.
      „Du verdammter Bastard“, sagte Sly während er näher an den völlig verwirrten Sasaki heran trat.
      „Auf dem Schiff dort befinden sich Menschen, die für dich, einen völlig Fremden, ihr Leben auf Spiel gesetzt haben. Und du bettelst hier wie ein jämmerlicher Köter um den Tod? Du bist nicht weiter, als ein elender Feigling! Du spukst damit auf die Mühen, die Sorgen und die Verletzungen, die wir deinetwegen davongetragen haben. Wenn du wirklich so unheimlich gerne sterben willst, kann ich dir gerne dabei behilflich sein.“
      Mit diesen Worten zog Sly sein Messer und warf es in Sasakis Richtung, sodass es neben dessen Kopf im Boden stecken blieb.
      „Was soll das heißen?“, wollte dieser, von Slys Auftreten sichtlich geschockt, wissen.
      Sly zitterte am ganzen Körper, während er schwer atmend zu Sasaki hinab sah. Doch war es weder Angst noch Erschöpfung, die ihn zittern ließen. In diesem Augenblick musste er all seine Kraft aufbringen, um Sasaki nicht selbst auf die andere Seite zu schicken.
      „Der Erzpriester wird dich nicht töten. Stattdessen sollst du meinen Befehlen Folge leisten. Du hast meiner Crew gegenüber eine Schuld abzutragen. Daher werden wir dich nicht eher umbringen, bis du diese getilgt hast. Aber du willst unbedingt sterben.
      Ich habe die Lösung für dein Problem. Nimm das Messer und bringe es selbst zu Ende, wenn du das unbedingt willst. Leben oder Sterben. Es ist deine Wahl.“


      Kapitel 26: Nur eine Regel
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      Wie konnte es nur soweit kommen? Eigentlich hatte Sly diese Insel mit der Absicht betreten, endlich brauchbare Informationen über den Verbleib seines Bruders zu finden.
      Im Grunde war die Insel Fenin ein wunderschönes Fleckchen Erde im South Blue. An Wen oder Was die Menschen hier glaubten, war ihm herzlich egal. Unter Anderen Umständen hätte er sich den Glauben der Leute hier sogar zu Nutze gemacht, um seine eigenen Interessen zu verfolgen und so viel wie möglich über die Bedeutung der Nummern auf seinem Arm in Erfahrung zu bringen.
      Doch zu seinem Leidwesen hatten sich die Ereignisse ganz und gar nicht in die Richtung entwickelt, die er sich erhofft hatte. Anstatt mit den Bewohnern der Insel zu sprechen, um ihnen, wie es sich für einen Dieb gehörte, mit allen Mitteln zu entlocken, was es hier zu hohlen gab, hatten sie die gesamte Bevölkerung der Insel gegen sich aufgebracht.
      Und so war es gekommen, dass er nun am Hafen stand und auf das zitternde Häufchen Elend zu seinen Füßen starrte, welches sich die Spitze seines Messers an den Hals hielt und seine Blicke nervös zwischen ihm und dem Erzpriester hin und her wandern ließ.
      Auch wenn Sly vehement versuchte den Gedanken bei Seite zu schieben, musste er sich doch etwas eingestehen. Eigentlich wollte er gar nicht, dass Sasaki seiner Forderung nachgab. In früheren Tagen hatten seine Taten dazu geführt, dass jemand sein Leben verlor. Doch hatte er stets nur so gehandelt, um sein oder das Leben seines Bruders zu schützen. Niemals hatte er den Tod eines Menschen aus selbstsüchtigen Gründen wie Wut oder Rache herbeigeführt.
      Hin – und her gerissen zwischen der Wut über die schon beinahe unverschämte Undankbarkeit Sasakis und der Angst, dass er sich doch noch selbst das Leben nehmen würde, sah sich Sly im Moment außer Stande, eine vernünftige Entscheidung zu treffen, um die Situation in seinem Sinne zu wenden.
      So sah er also auf den knienden Sasaki hinab, in dessen Händen das Messer aufgrund seines Zitterns zu tanzen schien. Die Messerspitze hatte sich bereits einige Male in die Haut geritzt.
      „Schluss jetzt mit diesem jämmerlichen Schauspiel Sasaki!“
      Uriels markdurchdringender Schrei hallte durch sämtliche Straßen und Gassen des Ortes und ließ selbst in der Kathedrale die Menschen vor Schreck zusammenfahren. Seine Stimme hatte jeden Einzelnen auf der Insel erreicht und auch auf dem Schiff stand blankes Entsetzen in den Gesichtern von Saja, Clay und Helios geschrieben. Sie waren die Einzigen auf der gesamten Insel, die es auch jetzt noch wagten, die Ereignisse am Hafen weiter zu beobachten.
      Uriels Schrei hatte auch die letzten neugierigen Blicke der Inselbewohner, die sich in den Häusern am Hafen im Dunkeln hinter den Fenstern verbargen, um die Geschehnisse zu beobachten, vertrieben.
      Sasaki ließ augenblicklich das Messer fallen und starrte mit entsetztem Blick zu Uriel.
      „Du bringst mit deinem Verhalten noch mehr Schande über unsere Gemeinschaft, als du es ohnehin schon getan hast. Ich gab dir die Möglichkeit, von deinen Sünden befreit zu werden und als gereinigte Seele in unsere Mitte zurückzukehren. Sly Mortou gab die Möglichkeit, deine Lebensschuld an ihm selbst zu sühnen.
      Doch beschmutzt mit deiner Feigheit die Reinheit der Kirche des aufsteigenden Drachen und all meine Brüder und Schwestern. Ich werde es nicht dulden, dass du unsere Gemeinde weiterhin entehrst.“
      Mit diesen Worten griff Uriel nach Slys Messer auf dem Boden und holte aus, um Sasakis Leben selbst ein Ende zu setzten.
      Doch gerade, als er die Klinge herab fahren lassen wollte, um den Hals des jungen Mannes zu durchtrennen, spürte er einen Widerstand. Zornig wandte er sich um und blickte in Slys Gesicht, dessen Ausdruck selbst ihn stocken ließ.
      „Du wirst den Mann nicht töten Uriel. Habe ich mich klar ausgedrückt?“, sagte Sly und festigte dabei seinen Griff um Uriels Unterarm so sehr, dass die Knochen des Erzpriesters bereits ein bedrohliches Knacken von sich gaben.
      Allein die Tatsache, dass ihn der Dieb zum ersten Mal bei seinem Namen angesprochen hatte, zeigte dem Erzpriester, dass sich urplötzlich irgendetwas an Sly verändert hatte.
      Doch war es nicht der Schmerz oder die Überraschung, die Uriel zögern ließen. Es war die Aura, die von dem Dieb ausging. Selbst in seinem früheren Leben und auch innerhalb seiner Gemeinschaft war er nur Wenigen begegnet, die eine solche Aura an sich hatten.
      „Beeindruckend, Sly Mortou“, sagte Uriel schließlich anerkennend und ließ das Messer fallen.
      Sly lockerte seinen Griff ein wenig und hob seine Waffe auf, jedoch ohne dabei den Arm des Erzpriesters frei zu geben. Erst als er das Messer wieder sicher an seinem Körper verstaut hatte, ließ Sly von Uriel ab.
      „Und nun zu dir“, sagte Sly plötzlich an Saski gewandt.
      „Ich habe keine Ahnung, was auf dieser Insel wirklich vor sich geht und warum man dich hinrichten wollte. Genauso wenig verstehe ich, warum du deinerseits unbedingt sterben willst. Und es ist mir auch völlig egal.“
      Dieses Mal hallte Slys Stimme durch die Gassen der Insel. Sie schien bei den Bewohnern den gegenteiligen Effekt als der Schrei des Erzpriesters zu erzielen. Überall sah man Vorhänge in den Fenstern wackeln. Die Menschen hatten Interesse an den Worten des Diebes gefunden.
      „Doch du“, fuhr Sly, der von alle dem nichts bemerkte, fort „ bist für mich nichts weiter als ein Haufen Seekönigsscheiße.
      Es reicht mir mit dir. Auf dem Schiff hinter mir befinden sich Menschen, denen in ihrem Leben Schlimmes widerfahren ist. Doch sie nehmen nicht den Ausweg in den Tod. Sie kämpfen jeden Tag aufs Neue, sogar für einen völlig Fremden wie dich. Jeder von ihnen beweist zu jeder Stunde des Tages mehr Größe, als du es jemals tun könntest.
      Ich bin fertig mit dir. Einen Penner wie dich, will ich nicht auf unserem Schiff haben. Geh doch und verkrieche dich in irgendeinem stinkenden Loch, wenn du nicht den Mut hast, dich deinem Leben entgegen zu stellen.“
      Daraufhin wandte sich Sly um und ging in Richtung des Schiffes. Er atmete sehr schwer, was zum größten Teil von seiner Erschöpfung her rührte. Sein verletzter Körper würde diese Tortur nicht mehr lange durchhalten. Sly musste die Sache hier so schnell wie möglich zu Ende bringen.
      „Warte!“, rief ihm Saski nach als er schon den halben Weg zum Schiff zurückgelegt hatte.
      Er blieb zwar stehen, wandte sich jedoch nicht um.
      „Ich hasse euch alle für das, was ihr mir angetan habt! Nur eure Taten sind daran schuld, dass ich an dich gebunden bin. Ich kann nicht so einfach sterben, wie du dir das denkst. Selbstmord ist eine Todsünde! Ich kann mich nicht selbst umbringen. Aber ich kann auch nicht auf dieser Insel bleiben.
      Warum glaubst du, hat sich der ehrwürdige Erzpriester diese Lösung für meine Lage einfallen lassen?“
      Nun wandte sich Sly um und ging einige Schritte auf Sasaki zu.
      „Wenn das so ist, habe ich dir ein Angebot zu machen. Komm auf mein Schiff und kämpfe für mich, bis deine Schuld abgetragen ist. Danach werde ich gegen dich antreten. Entweder ich töte dich im Kampf, oder du besiegst mich und bist von deiner Lebensschuld mir gegenüber frei“, sagte er ohne dabei eine Miene zu verziehen.
      „Das klingt nach einem guten Angebot“, sagte Sasaki ohne zu zögern.
      Ein kurzes Grinsen huschte übers Slys Gesicht.
      Seine List hatte funktioniert. Natürlich hatte er niemals daran gedacht, Sasaki bei diesem irren Erzpriester zurückzulassen. Dafür waren die Informationen, die er ihnen geben konnte, einfach zu wertvoll. Und außerdem hätten es ihm die Anderen niemals verziehen, wenn er den Mann, für den sie alle so viel auf sich genommen hatten, einfach zum Sterben auf dieser Insel zurückgelassen hätte. Also musste er sich etwas einfallen lassen, um ihn dazu zu bewegen, von sich aus mit ihnen kommen zu wollen. Und das hatte er geschafft.
      „Beeindruckend, Sly Mortou“, sagte Uriel, der Slys List offensichtlich von ersten Augenblick an durchschaut hatte, erneut.
      „Bevor du jedoch auf mein Schiff kommen darfst, gibt es eine Regel, die du immer beachten musst“, sagte Sly zu Sasaki, in dessen Blick sich eine Mischung aus Erleichterung und Misstrauen gelegt hatte.
      „Und die wäre?“, wollte er mit hoch gezogener Augenbraue wissen.
      Sly begab sich auf die Knie, sodass er mit seinem Gegenüber auf Augenhöhe war, bevor er zu sprechen begann.
      „Solltest du es noch einmal wagen, einen Hass gegen meine Freunde zu entwickeln, dann werde ich dir wahre Qualen zeigen, die sich die braven Schäfchen in eurer Kirche nicht einmal in ihren dunkelsten Albträumen ausmalen“, flüsterte er ihm zu.
      Noch bevor Sasaki etwas antworten konnte, sprang Sly auf und rammte dabei sein Knie in dessen Gesicht, wobei seine Nase ein deutlich hörbares Knacken von sich gab und er nach hinten befördert wurde.
      Als Sasaki fluchend zu Sly aufsah, bleiben ihm alle Worte im Halse stecken. Auch er bemerkte nun die Furcht erregende Aura, die den Dieb umgab und die selbst den Erzpriester aus dem Konzept brachte.
      „Wenn du jemanden hassen musst, dann hasse mich“, sagte Sly kalt.


      Kapitel 27: Gegen Einen - Gegen Alle
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      Sasaki fluchte immer noch lautstark über die Behandlung, die ihm Sly soeben hatte zukommen lassen. So sehr er sich auch bemühte, er konnte sich keinerlei Reim auf die Taten des Diebes machen.
      „Du verdammtes Schwein! Spar dir die dämlichen Sprüche! Ich hasse dich auch ohne eine Aufforderung aus tiefstem Herzen, du ehrloser Bastard!“, rief der junge Mann mit den schulterlangen, pechschwarzen Haar, das er hinter seinem Kopf zusammen gebunden hatte wutentbrannt. Seine, in Folge von Slys Attacke, gebrochenen Nase, verstärkte in den Augen des Diebes den kraftlosen und gequälten Eindruck, den der hagere Mann aufgrund seiner zahlreichen Verletzungen am ganzen Körper ohnehin schon machte.
      Als sich Sly bewusst wurde, dass er soeben einen Mann angegriffen hatte, der sich in einen so miserablen Zustand befand, machte sich in ihm ein schlechtes Gewissen breit. Für einen sehr kurzen Moment empfand er ein wenig Mitleid für Sasaki. Anhand des körperlichen Zustandes des jungen Mannes konnte Sly erahnen, welche Torturen er in den letzten Wochen durch gestanden haben musste.
      Sly musste an den Tag zurück denken, an dem er seine Nummern erhalten hatte und an dem ihn die Piraten beinahe in die andere Welt geschickt hatten. Damals hatte es auch einige Augenblicke gegeben, in denen er sich gewünscht hatte, dass ihn endlich jemand von diesen Qualen erlösen würde.
      Jedoch hielt sein kurz aufflammendes Verständnis nur einen kurzen Moment an. Als Sasaki auf Slys Schuhe spuckte und ihn im Anschluss von unten herauf mit einem hasserfüllten und scheinbar von dem Wunsch, Sly an Ort und Stelle zu töten, beseelten Blick ansah verflogen die Zweifel des Diebes.
      Mit einem resignierenden Lächeln musste er sich eingestehen, dass er mit diesem undankbaren Kerl wohl doch mehr gemeinsam hatte, als es ihm lieb war. Er erkannte in Sasakis Blick dieselbe Entschlossenheit, die auch ihm damals die Kraft gegeben hatte, weiter zu machen und sich auf die Suche nach seinem Bruder zu begeben.
      Entschlossenheit war in Slys Augen eine sehr gute Eigenschaft, selbst wenn sie bei Sasaki nur darauf zielte, das Leben des Diebes zu beenden. Allein diese Erkenntnis, dass es in Saskis Leben nun einen Grund zu geben schien, der ihm zu weiterleben motivierte, reichte für Sly im Moment aus.
      Er kniete sich noch einmal vor Sasaki, woraufhin dieser augenblicklich zurück wich. Offensichtlich erwartete er einen weiteren Angriff von Sly.
      „Du hasst mich also? Damit kann ich leben. Du bist mit Sicherheit nicht der Erste und nicht der Letzte, der meine Existenz verflucht. Es gibt eine ganze Reihe Menschen, die mich liebend gern hinter Gittern oder gar Tod sehen würden.“
      Sly sah kurz zu Uriel hinüber, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Er war sich sicher, dass auch der Erzpriester zu jenen zählte, die sein Ende begrüßen würden.
      „Wenn meine Freunde und ich den Weg, der uns auf diese Insel führte, weiter gehen kann es sehr gut sein, dass wir auf einige von diesen Leuten treffen. Ich würde dir also empfehlen gut darauf zu achten, dass weder dir noch mir irgendetwas geschieht, solange unser Kampf nicht stattgefunden hat. Sonst holt sich am Ende noch ein Anderer meinen Kopf und du gehst leer aus.“
      Die Blicke von Sasaki und Sly trafen sich für einen Moment, bevor sich der junge Mann verärgert von dem Dieb abwendete.
      „Bilde dir nicht ein, dass ich so etwas zulassen werde. Du gehörst mir, Bastard.“
      Das waren, mehr oder weniger jedenfalls, die Worte gewesen, die Sly hören wollte.
      Er wandte sich um und gab mit einem Handzeichen zu verstehen, dass die Anderen Sasaki wieder aufs Schiff bringen sollten. Zu seiner Überraschung kam diesmal nicht nur Clay, um seine Befehle auszuführen. Er wurde von Saja und Helios begleitet.
      „Eine Sache noch. Saja kann es nicht ausstehen, wenn man in ihrer Gegenwart flucht. Also lass dein ’Bastard’ in Zukunft lieber stecken. Mein Name ist Sly“, sagte der Dieb an Sasaki gewandt, so lange die Anderen noch außer Hörweite waren.
      „Fahr doch zur Hölle, du Bastard!“, sagte Sasaki, wohl wissend, dass er dem Dieb damit wenigstens ein wenig Ärger bereiten konnte, mit einem diebischen Grinsen, das Sly selbst nicht besser hinbekommen hätte.
      Dieser wandte sich schnaubend um, damit er seinen Freuden ein Stück entgegen gehen konnte. Er sah ein, dass es sowieso keinen Sinn hatte, wenn gerade er eine Bitte an den Neuen richten würde.
      „Eigentlich hätte Clay ausgereicht, um ihn aufs Schiff zu bringen. So schwer ist der Kerl nicht, als das ihr alle hättet kommen müssen“, sagte Sly mit einem Nicken in Richtung Sasakis als die Drei bei ihnen ankamen.
      „Du hast genug für uns alle getan Sly. Es gibt keinen Grund mehr, dass du das hier allein durchstehen musst. Wir werden an deiner Seite bleiben, egal was du uns befiehlst“, sagte Saja mit einem Lächeln und stellte sich neben Sly. Dieser suchte, zwischen Protest und Dank schwankend, nach den richtigen Worten, als sich Clay mit Sasaki auf den Arm gestützt, an Slys anderer Seite aufstellte.
      „Außerdem denke ich, dass es besser ist, wenn wir dich nicht mit ihm hier allein lassen“, sagte er und nickte dabei in Richtung Sasakis.
      „Jemand muss auf dich achten. Sonst machst du ihn noch völlig zur Schnecke.“
      Slys Blick schweifte über das blutüberströmte Gesicht Sasakis zu Clay, der ihm zuversichtlich zunickte.
      Dann fiel sein Blick auf Helios, der sich neben Clay in Position gebracht hatte. Die Anderen sahen, in Erwartung seiner Worte, gespannt zu Sly, während dieser sich mit dem Mönch ‚unterhielt’.
      „Was soll das heißen? Jemand muss mich doch vor dem Erzpriester beschützen?! Du bist doch selbst kaum mehr als eine wandelnde Leiche und willst mir erzählen, dass du den Erzpriester bekämpfen willst, wenn es notwendig ist?“
      Doch gerade als Sly kurz davor war, wieder einmal in eine seiner scheinbar endlosen Diskussionen mit Helios zu verfallen, wurde ihm eine Tatsache bewusst.
      Erschrocken sah er vor sich und stellte fest, dass sich alle gegenüber dem Erzpriester in Position gebracht hatten. Es war ein Zeichen der Einigkeit seiner Crew, die nun gemeinsam diesem übermächtigen Gegner gegenüber traten.
      Uriel hatte sich das gesamte Schauspiel unbeteiligt angesehen. Erst jetzt wanderte sein eiskalter Blick zu jeden von ihnen, bevor er sich an Sly wandte.
      „Nachdem nun die Sache mit Sasaki geklärt ist, habe ich euch etwas zu sagen.“
      Slys Atem stockte für einen Moment. Ihm war sofort klar, dass sich Uriel nur auf eine Sache beziehen konnte.
      Er sprach von dem Grund, der sie auf diese Insel geführt und in der Kathedrale das Leben von Sly und Helios gerettet hatte, die Nummern auf den Armen der Vier.


      Kapitel 28: Der Beginn von etwas Großem
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      „Herzlichen Glückwunsch, Teilnehmer. Euer besonnenes und vorausschauendes Handeln hat euch auf den Pfad, zur Erfüllung eures Schicksals geführt. Mit eurer Ankunft auf dieser Insel habt ihr euch als würdig erwiesen. Ihr habt nun den ersten Schritt auf einem Weg gewagt, an dessen Ende die Erfüllung aller eurer Träume steht. Doch seid gewarnt. Von nun an werden vielfältige Gefahren vor euch liegen.
      Nur diejenigen, deren unbändiger Wille jeder Gefahr trotzen kann, sollen den Weg weiter gehen. Alle anderen erwartet der sichere Tod.
      Euer sehnlichster Wunsch oder das Ende eurer Tage, alles kann euch am Ende der vor euch liegenden Reise erwarten. Solltet ihr willens sein, dann möchte ich euch ein paar Worte mit auf den Weg geben, die euch leiten und in dunklen Stunden ein Leuchtfeuer der Hoffnung sein sollen: Willkommen beim Schatzrennen!“
      Noch während die Vier, die sich vor einigen Tagen mutig gegen den Erzpriester gestellt hatten, über die Bedeutung der Worte Uriels nachgrübelten, wandte sich dieser um und ging wortlos in Richtung der Kathedrale davon.
      „Warte mal, Erzpriester! Was soll der Blödsinn? Willst du dich über uns lustig machen? ’Willkommen beim Schatzrennen’. Was hat das zu bedeuten?“, rief Clay Uriel, der sich davon jedoch nicht im Geringsten beeindrucken ließ und einfach seelenruhig weiter ging, hinterher.
      „’Willkommen beim Schatzrennen’ “, stammelte Sly mit einem geistesabwesenden Blick vor sich hin, während Clays hektische Blicke zwischen ihm und Uriel hin und her wanderte.
      „Es sind dieselben Worte, wie auf dem Zettel“, sagte Sly schließlich, ohne auch nur bemerkt zu haben, dass sich der Erzpriester inzwischen entfernt hatte.
      In den Gesichtern von Clay, Helios und Saja machte sich schlagartig die Überraschung über den Zusammenhang, den Sly soeben erkannt hatte, breit. Sie verstanden sofort, worauf er anspielte.
      Einzig Sasaki konnte mit den Worten des Diebes nichts anfangen. Er konnte nichts von dem Zettel mit der mysteriösen Botschaft wissen, den sowohl Clay als auch Sly vorgefunden hatten, nachdem ihre Lieben verschwunden waren.
      Clay wollte noch einmal das Wort an den Erzpriester richten, als er von Sasaki einen Hieb mit dem Ellebogen in den Magen bekam.
      „Halt deinen Mund, du Idiot. Wag es nicht den verehrten Erzpriester noch einmal so respektlos anzusprechen. Wir werden jetzt auf das Schiff gehen.“
      Die ungewöhnlich harschen Worte des Neuen strapazierten die ohnehin geringe Geduld von Clay nach dem Schlag noch weiter. Doch bevor er etwas unternehmen konnte, wandte sich Sly um.
      „Wir werden tun, was er sagt und diese Insel heute noch verlassen“, sagte er und ging in Richtung des Schiffes davon.
      Die Anderen folgten ihm, wenn auch nur sehr widerwillig und verwirrt. An Board angekommen befahl Sly zunächst, dass Sasaki unter Deck gebracht werden sollte, damit er sich ausruhen könne. Danach bat er die vier Verbliebenen in die Kombüse. Während sich Saja daran machte etwas zu Essen für alle zu bereiten, rief sich Sly noch einmal die Ereignisse der vergangenen Tage ins Gedächtnis.
      Er durchbrach irgendwann die Stille, indem er zunächst berichtete, was zwischen ihm, dem Erzpriester und Sasaki vorgefallen war und zu welchen Ergebnissen sie gekommen waren. Dabei verschwieg er bewusst den Handel, den er mit Sasaki eingegangen war. Es würde im Moment Niemanden helfen, wenn seine Freunde wüssten, dass es irgendwann zu einem Kampf, den voraussichtlich nur Einer überleben würde, zwischen den Beiden kommen würde. Das war eine Entscheidung, die Sly allein tragen musste.
      „Na gut, wenn das deine Entscheidung ist, dann werden wir sie respektieren. Dieser Sasaki wird also bis auf Weiteres bei uns bleiben“, schlussfolgerte Clay schließlich aus Slys Bericht.
      „Bis auf Weiteres, ja“, bestätigte Sly mit einem Nicken.
      Die Entscheidung löste unter den Vieren geteilte Reaktionen hervor. Während Saja und Helios recht froh darüber waren, dass es ihnen gelungen war, das Leben ihres neuen Crewmitgliedes zu retten, wollte in Clay wollte das Gefühl des Misstrauens gegenüber Sasaki nicht verschwinden. Doch beschloss er fürs Erste die Entscheidung seines Kapitäns und Freundes zu respektieren.
      Außerdem gab es im Moment in seinen Augen wichtigere Themen, die besprochen werden mussten. Clay wollte wissen, wie es nun weiter gehen sollte.
      „Wir werden uns ausruhen und die Vorbereitungen für die Abreise treffen, um Fenin am Abend zu verlassen. Ich möchte zuerst möglichst weit von diesem Ort weg kommen, bevor wir unsere weiteren Schritte besprechen“, sagte Sly und die Anderen kamen seinem Befehl, wenn auch teilweise ein wenig widerwillig, nach.
      Sie brauchten alle ein wenig Zeit um zu verstehen, warum Sly die Insel so schnell wie möglich verlassen wollte. Doch im Laufe des Tages wurde jedem Einzelnen von ihnen bewusst, warum er diesen Befehl gegeben hatte.
      Nun da die Aufregung, die das Auftauchen des Erzpriesters vor ihrem Schiff ausgelöst hatte, langsam nachließ, spürten alle die Müdigkeit und Erschöpfung, die sich in ihnen angesammelt hatte. Außerdem wurden sie sich erst während des Tages des bedrückenden Gefühls bewusst, dass sie alle umgab. Jeder spürte die Anspannung, die die Anwesenheit des Erzpriesters auf der Insel auslöste.
      Auf die Frage, wohin sie Segeln setzen sollten meinte Sly, dass er nur schleunigst von dieser Insel weg wollte, egal wohin. Über den weiteren Weg könnten sie später noch entscheiden, schließlich hätten sie alles, was sie bräuchten auf Fenin erhalten. Zwar konnte niemand nachvollziehen, was er damit hatte sagen wollen, doch entschloss man sich dem Urteil des Kapitäns zu vertrauen.
      So ging jeder seinen Aufgaben nach und tat alles, um die Abreise vorzubreiten.
      Es war am späten Nachmittag, als Saja von Deck rief, dass der Arzt, wie am Vortag angekündigt, gekommen sei, um sich die Verletzen anzusehen. Ohne ein Wort zu sagen führte er die Behandlungen durch. Auch wenn er sehr gewissenhaft und gründlich vorging, so konnte doch jeder Einzelne die tief sitzende Abneigung spüren, die der Doktor ihnen gegenüber zu hegen schien. Sein Verhalten war ein untrügerisches Zeichen dafür, dass niemand auf der Insel wollte, dass sie noch länger hier blieben. Einzig das Wort des Erzpriesters schien ihnen einen gewissen Schutz zu gewähren.
      Der Arzt ging so schnell wieder von Board, wie er gekommen war. Doch bevor er sie endgültig verlassen würde, sollten sie noch kurz auf ihn warten. Er habe noch ein wenig Medizin, die sie haben sollten. Während die Besatzung des Schiffes damit begann, die letzten Vorbereitungen für die Abreise zu treffen, kehrte er mit einigen Medikamenten zurück. Außerdem trug er einen länglichen, in Leinentücher eingewickelten Gegenstand bei sich. Keiner konnte sich einen Reim darauf machen, was für Medikamente sich in einem solch seltsamen Packet befinden konnten, doch niemand wollte den Arzt darauf ansprechen.
      Sly ging von Board und nahm die Arznei dankend entgegen, obwohl im ziemlich klar war, dass sie diese Gaben wohl kaum aus reiner Freundlichkeit erhalten hatten. Doch das war dem Dieb im Moment auch ziemlich egal. Er wollte nut noch von dieser Insel verschwinden und sich nicht auf sinnlose Diskussionen einlassen.
      „Einen Moment noch“, sagte der Arzte, als Sly bereits im Begriff war, sich umzudrehen und wieder auf Schiff zu gehen. „Der verehrte Erzpriester möchte, dass ihr das hier nehmt.“
      Mit diesen Worten übergab der Arzt neben den länglichen Päckchen auch einen, ebenfalls in Leinentücher eingewickelten, kleinen Gegenstand. Ein wenig verwundert nahm der Dieb diese Geschenke an sich und ging zurück auf das Schiff. Sofort nachdem er zurück war befahl Sly die Segel zu setzte. Sein Unbehangen über diesen Ort überschattete sogar die Neugierde, was ihm der Erzpriester da hatte zukommen lassen.
      Und so machte sich die Gruppe um den Dieb Sly Mortou wieder auf die Reise und ließ die Insel des Erzpriesters Uriel hinter sich. Nachdem sie den Hafen verlassen hatten sah Sly noch einmal zurück auf die Kathedrale der Insel Fenin, die im Licht der untergehenden Sonne majestätisch über alles zu wachen schien.
      Im obersten Zimmer der Kathedrale stand Uriel und betrachtete nachdenklich das immer kleiner werdende Schiff der Crew, die ihm in den letzten Tagen so viel Ärger bereitet hatte.
      „Wir werden uns wieder sehen, Sly Mortou. Wenn du die Stärke aufbringst, dich gegen die Widersacher auf deinem Weg durchzusetzen, wirst du zu einem sehr gefährlichen Mann werden. Da bin ich sicher“, sagte er während ein leichtes Lächeln über seine Lippen huschte.
      Endlich hatte sich auch im South Blue ein würdiger Kandidat gezeigt.
      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
      Meine FanFiction: Wünsch dir was!

      Dieser Beitrag wurde bereits 19 mal editiert, zuletzt von moondoggie ()

    • Hallo moondoggie,

      Ich bin eher zufällig auf deine FF gestoßen. Aber dein tolles Avatar^^ und etwas langeweile trieben mich dazu ein Blick auf deine FF zu werfen. Ich war so begeistert, dass ich den ersten Arc verschlungen habe. Es wundert mich daher schon ein wenig, warum du noch keine Kommis hast. Vielleicht liegt es daran, dass du kaum - bzw garnicht im Forum auffällst oder die 15 Chaps Lesestoff schrecken potenzielle Leser ab. Wie dem auch sei, ich bin begeistert von deiner FF. Ein toller Schreibstil, die Caraktere wissen sehr zu überzeugen. Du füllst sie mit soviel Leben ein, das habe ich in einer FF selten gelesen. Die Story ist auch sehr interessant und bietet viel Potenzial. Zu gefallen weiß auch die Vektoren-Teufelsfrucht; kreativ. Was mir jedoch am besten gefällt, ist Sly (woher kenne ich den Namen?) der so ein bisschen Arschloch ist aber ansonsten ein lieber Kerl. Mal sehen ob ich den 2.Arc heute oder die Tage über lese, ich editiere dann meine Meinung zum Arc ein.

      Eine Frage die mich bei jeder OP-FF interessiert. Wird es irgendwelche kleine Nebeninfos geben, was sich in der OP-Welt derzeit abspielt? Ich mag Anspielungen zur SHB, Weltregierungen usw. ;) - Hat sich mit Kapitel 9 erledigt.

      Zu Kapitel 10: Wirklich, wie Brutal das Piratenleben sein kann, hast du erneut bewiesen!!! Geile Sch*** xD
      zu Kapitel 11: Bisher mein Lieblings-Chap! (Aber es kommen ja noch ein paar) Die angedeutete Kraft von Saja erzeugt Spannung. Die Beziehung zwischen Sly und Helios ist einfach nur geil. Allgemein ist dieser Mönch sehr gut ausgearbeitet. Und das Sly ihn versteht ist ein schöner Running-Gag
      Kapitel 11 bis 14 dienen dazu, das Leben der Vier noch ein wenig mehr zu beleuchten und andere Nebensachen, wie die Kapitäns-Frage usw zu klären. Das Tempo gefällt mir ganz gut. Etwas weniger ist meistens mehr. Musste ich bei meiner FF feststellen.^^
      Mit dem neusten Chap scheint der Grundstein für die Hauptstory gelegt zu sein. Der Dialog mit dem Pater wurde sehr überzeugend gelöst.

      Auch wenn er inzwischen ein anderes Leben führte, in seinem Herzen war Sly immer noch ein Dieb, der log, betrog und alles tat, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.
      Nix anderes erwarte ich auch von Sly! :D


      Anmerkung: Als verbesserung würde ich dir vielleicht ein Liste vorschlagen. Ich merke, dass du nur einmal eine Beschreibung zum Aussehen der Haupt-Chars gegeben hat. Einiges bleibt haften anderes nicht. Eine kleine Liste zum schnellen nachgucken wäre vorteilhafter, aber ist nur so eine Idee ;)


      Sei weiterhin fleißig. Ist eine Topleistung die du da lieferst.

      Greetz zoot


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    • So, auch ich möchte meine Meinung zu dieser FF abliefern.
      Zoot hat mich auf deine FF aufmerksam gemacht und ich bin sehr froh darüber ^^ Ich habe die ganze FF jetzt in einem Rutsch regelrecht verschlungen und muss sagen, dass dies die beste FF ist, die ich bisher gelesen habe. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, die Story scheint sehr gut durchdacht zu sein und das ganze Mysterium um die geheimnisvollen Zahlen und das "Spiel" macht Lust auf mehr. Dass die Entwickler dieses grausamen Spiels scheinbar die Weltaristokraten sind, oder zumindest mit Hilfe des "Paters" dieses Spiel aufgezogen zu haben scheinen, ist äußerst interessant (vielleicht interpretiere ich da jetzt aber auch zu viel hinein^^). Auf jeden Fall scheinen sie grausam genug zu sein, wie man an den Strafen des Augenausstechens oder Zungenausreißens sehen kann, um so etwas als Zeitvertreib aufzuziehen.
      Die Teufelskraft Slys ist ebenfalls ein netter Gedanke ^^
      Einziger Kritikpunkt den ich bisher anzumerken habe, sind doch einige Rsf. Die meisten würdest du bestimmt tilgen können, wenn du nur noch einmal deinen Text gegenliest ^^
      Ich bin auf jedenfall sehr gespannt wie deine Geschichte weitergeht!
      Mfg
      GG :)
    • Jungen, Junge… eigentlich wollte ich heute nur ein neues Kapitel posten, da stelle ich doch fest, dass es inzwischen sogar Kommis zu meiner FF gibt!

      Dafür erst einmal ein dickes THX.

      Freut mich, dass meine Geschichte um Sly und seine Freunde ein wenig Anklang findet. Obwohl ich zugeben muss, dass ich selbst meine FF für nicht ganz so toll halte. Ich habe hier im Forum schon FF’s gelesen, die mir besser gefallen haben als meine eigene.
      Aber letztlich kann man wohl nur dann gute Ergebnisse abliefern, wenn man niemals mit seiner Arbeit 100 % - ig zufrieden ist und immer etwas verbessern will. :D

      Zum Thema Rechtschreibfehler möchte ich Eines sagen:

      Wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten! :D

      Scherz bei Seite. Ich versuche zwar durch gegenlesen die Fehler zu eliminieren, aber beim erneuten Lesen der Kapitel stellt sich bei mir oft eine Art von „Betriebsblindheit“ ein, sodass ich die Worte gar nicht mehr aufmerksam lese. Schließlich weis ich, was da steht und was als nächstes geschieht.
      Aber ich werde ich Zukunft (versuchen) ein wenig mehr darauf achten.


      Allerdings möchte ich an dieser Stelle gleich mal etwas klarstellen:
      Ganz so kreativ, wie es vielleicht beim Lesen der FF den Anschein hat, bin ich nicht. Gerade die Charaktere oder auch deren TF bzw. Kampftechniken sind häufig an Figuren aus anderen Romanen / Mangas / Animes angelehnt. Ich will nicht die Lorbeeren für die kreative Leistungen Anderen einheimsen.
      An welchen Figuren ich mich jeweils orientiert habe, werde ich irgendwann in Form eines kleinen Specials bekannt geben. (geplant ist dieses für das Ende des aktuellen Arcs)

      Bis dahin hoffe ich, dass die Leserschaft noch viel Freude an meiner FF hat

      moondoggie
      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
      Meine FanFiction: Wünsch dir was!
    • Toll, die Action ist nun entbrannt und die Situation spitzt sich zu. Ein paar Fragen wurden beanwortet aber viele neue Fragen wurden aufgeworfen.
      • Welche Kraft hat Uriel?

      • Welche Fähigkeiten hat Helios bisher verborgen und warum der Name Traumtänzer?

      • Woher kennt Saja die Rasur und dessen Benutzer?

      • Wird der Gerettete sich den vier Freunden anschließen?

      • Wie kommen sie heil aus dieser Situation heraus?

      • Ist der Autor religiös? Fragen über Fragen :D


      Ich muss sagen die neusten Kapitel gefallen mir sehr gut. Doch wir wissen noch garnichts über diesen Ort und es deutet alles auf eine Flucht hin. Informationen können sie von den Geretteten bekommen. Doch irgendwie glaube ich nicht an eine schnelle Flucht. Der entschlüsselte Code hat diese Insel ausgewählt. Also ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht. Eine letzte Frage habe ich allerdings noch. Ist der Autor der FF ein Mann oder eine Frau? Oftmals kann man es von der Schreibart her ableiten. Doch hier fällt es mir schwer. Ich tendiere zum Mann, aber die "romantischen" kurzen Szenen zwischen Sly und Saja bringen mich immer wieder ins grübeln. xD

      Greetz zoot!


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    • Hallo zoot,

      Dann will ich mir an dieser Stelle mal die Zeit nehmen, um auf die gestellten Fragen einzugehen.

      Zunächst möchte ich etwas zu den inhaltlichen Fragen sagen.
      Um ehrlich zu sein, bin ich über diese Fragen recht froh ^^. Sie scheinen sich nur auf Dinge zu beziehen, die ich in der Planung der Geschichte bereits berücksichtigt habe.
      Folglich werden alle Fragen zu gegebener Zeit noch beantwortet. Ich habe mir zu jedem „Mysterium“ etwas gedacht und sie eingeplant um die Spannung aufrecht zu erhalten.

      Letztlich kann ich nur um Geduld bitten. Alle Geheimnisse werden irgendwann aufgelöst.

      Nun noch etwas zu den persönlichen Fragen zu meiner Person.
      Mir ist schon klar, dass man aus meinem Profil nicht viele Infos entnehmen kann. Das ist auch so beabsichtigt. Ich bin kein Freund davon, sein gesamtes Privatleben in Netz offen zu legen. Sei es nun in sozialen Netzwerken, Twitter oder eben auch in meinem Profil hier.
      Aber ich will an dieser Stelle mal nicht so sein und ein wenig Information zu mir preis geben:

      Eine letzte Frage habe ich allerdings noch. Ist der Autor der FF ein Mann oder eine Frau? Oftmals kann man es von der Schreibart her ableiten. Doch hier fällt es mir schwer. Ich tendiere zum Mann, aber die "romantischen" kurzen Szenen zwischen Sly und Saja bringen mich immer wieder ins grübeln.

      Interessant. Ich selbst habe mir noch nie Gedanken gemacht, ob man aus dem Schreibstil auf das Geschlecht des Autors schließen kann. Keine Ahnung, ob man das bei mir auch zutrifft. Wie dem auch sein: Ich bin männlich.

      So nun zum Thema Religion.

      zoot1000 schrieb:

      Ist der Autor religiös? Fragen über Fragen :D

      Ich war zunächst überrascht über diese Frage. Doch nach ein wenig nachdenken habe ich festgestellt, dass sich gerade die letzten Kapitel doch recht stark mit diesem Thema beschäftigen. Daher kann ich durchaus nachvollziehen, dass Religion plötzlich eine verstärkte Präsenz zu haben scheint.
      Aber ich kann mit ruhigem Gewissen sagen, dass ich nicht vor habe, in meiner FF irgendeinen Standpunkt zum Thema Religion zu beziehen. Der Grund, warum ich eine Kirche gewählt habe, ist denkbar einfach.
      Ich benötigte für die Geschichte nur „irgendeine“ Institution, die ich in das Mysterium um die Nummern einigermaßen glaubwürdig einbinden konnte. Und eine Kirche, die die Weltaristokraten anbetet, schien mir ein geeigneter Kandidat zu sein. Dabei habe ich mich weniger an „realen“ Glaubensgemeinschaften orientiert, sondern mehr an der Kirche, wie sie im Hellsing – Manga dargestellt wurde.

      Abschließend möchte ich um Verständnis bitten, wenn ich zu diesem Zeitpunkt nicht noch mehr zur Rolle der Kirche in der Geschichte sagen möchte. Das liegt daran, dass ich ihr in meiner FF noch andere Bedeutungen zugedacht habe. Und ich will an dieser Stelle keine Geheimnisse verraten. (sonst würde ich ja die ganze Spannung kaputt machen)

      Ich hoffe, dass ich die wichtigsten Fragen beantworten konnte.

      Bis dann moondoggie
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    • Festhalten! Jetzt kommt zoot. :D

      Zuerst zu deiner Post:

      moon schrieb:

      zoot schrieb:

      Ist der Autor religiös? Fragen über Fragen

      Ich war zunächst überrascht über diese Frage. Doch nach ein wenig nachdenken habe ich festgestellt, dass sich gerade die letzten Kapitel doch recht stark mit diesem Thema beschäftigen.

      Das war eher eine ironische Frage, weil es soviel Verbindungspunkte mit der Kirche in den letzten Kapitel gab. Das war eher eine Anmerkung die mir auffiel, ohne dass ich eine Antwort haben wollte. Zu den anderen Fragen: sobald du spoilern müsstest, sage natürlich nichts. Manchmal jedoch habe ich meine Neugier schwer unter Kontrolle. Aber das zeigt dann, dass du einen guten Job gemacht hast.

      Kapitel 19: Um es in wenigen Worten zu fassen: Sehr gelungen & du Schuft! ^^ Also mir gefällt der Weg den du da eingeschlagen bist sehr gut. Wir wissen nicht mehr, als das was Clay weiß. Das baut die Bindung von Clay zum Leser weiter auf und er stellt sich dieselben Fragen wie ich. Top Umsetzung. Natürlich war ich etwas enttäuscht, als ich fesstellen musste, dass ich den Kampf nicht präsentiert bekommen habe. (daher auch Schuft ^^) Du hast am Anfang soviel Spannung aufgebaut, das war ja schon unnormal. Doch ich war im Nachhinein nicht traurig darüber. Das Kapitel ist durch den Nicht-Kampf erst wirklich zu einen meiner Favoriten in deiner FF geworden. Warum? Kaum Action und Informationen werden geboten. Und trotzdem ist man wie selten so Verbunden mit der Geschichte und Clay. Das ist einfach nur erste Sahne. :) Dazu wirst du deine Gründe haben, um uns den Kampf vor zuenthalten. Und eine Nachlieferung wird es bestimmt noch geben.

      Jedenfalls wirft das wieder neue Fragen auf. Warum scheinen alle so nett zu unseren Helden zu sein? BTW: toller Titel. Was ist mit den Priester geschehen? Ich kann Kapitel 20 garnicht mehr abwarten. :)

      Das Ende gefällt mir auch super und lässt mich wissen, warum ich deine FF so mag.
      „Jetzt schaut nicht so verdutzt. Ein Meisterdieb lässt sich von niemandem erwischen. Nicht einmal vom Tod! “, sagte Sly mit einen dicken Grinsen im Gesicht, als ob niemals etwas geschehen wäre.


      Ah, da fällt mir noch etwas ein. Eine Sache wo ich schmunzeln musste:

      Kapitel 18 schrieb:

      Kurz bevor sie nach Draußen ging drehte sich Saja, immer noch durch Vektoren vom Rest der Meute getrennt, noch einmal zu ihm um und sagte etwas. Doch aufgrund des Stimmengewirrs aus wüsten Beschimpfungen durch die Gläubigen, konnte er nicht verstehen, was es war.

      Kapitel 19 schrieb:

      „Ich liebe dich Sly. Und wag es nicht, mich allein zu lassen“, rief sie in den Lärm der Kathedrale, bevor sie sich umwandte um zu gehen.

      Eine eher nebensächliche Randnotiz, aber schön dass du in Kapitel 19 die unverständlichen Worte noch aufgelöst hast. Durch diese Szene war ich als Leser, der das Kapitel 18 vor ca. 2Wochen gelesen hatte, wieder schnell im Geschehen gewesen.

      Kapitel 20, 21
      Puh... erstmal durchatmen =) Also nach Kapitel 21 war ich wieder soweit in der Geschichte drinne, gleich das nächste Kapitel verschlingen zu müssen. Doch dann wurde mir klar: Ich muss warten x/. Also du machst da weiter wo du aufgehört hast. Selbst solch eine kleine Nebenrolle wie der Arzt brachte mich zum schmunzeln. Der Kampf war sehr gut umgesetzt und die Technik von Helios ist verdammt gut.
      Eine Art Haki 2.0. Noch intensiver, schneller und besser benutzbar. Nachdem nun Sly und Helios ihre Kampftechniken gezeigt haben, denke ich werden auch Saja und Clay ihre Screentime bekommen. Und achja, was kann eigentlich Clay? Er scheint ein recht starker Mann zu sein. Doch ob das im weiteren Verlauf der Handlung ausreicht? - Hier bietet sich natürlich eine Weiterentwicklung/Upgrade an. Eine Teufelsfrucht vielleicht sogar? Ich bezweifle das aber man sollte nie etwas ausschließen. Doch da ich denke, das Saja eine TK besitzt, wird Clay eine andere Rolle einnehmen, um das Team zu helfen. Im übrigen vermute ich auch hinter Uriels mysteriöse Kampftechnik eine Teufelskraft. Wir werden sehen...

      So, nun zum Cliffhanger des Kapitel 21. Als Leser habe ich mir natürlich gefragt, wie schaffen es Helios und Sly da lebend raus. Ich muss auch sagen, ich finde diese "Niederlage" sehr gut. Helden die alles und jeden wegklatschen muss nicht sein. Jedenfalls knüpft hier die Hauptstory wieder an. Der Erz-Priester sieht die Zahlen auf dem Ärmel. Er wird sie also verschonen. Meine Vermutung: Er gehört zu der Gruppierung, die das Spiel ins Rollen gebracht haben, ist aber dafür nicht verantwortlich. Im sogenannten Spiel oder Rätsel werden die Beiden eh draufgehen, so lese ich Mal die Gedanken des Erz-Priester. Es wird ihm vermutlich sogar verboten sein, ihnen etwas anzutun.
      Nun kommt noch hinzu, dass Uriel eine neue Informationsquelle ist. Ich hoffe, wir erfahren hier noch einiges. Das könnte auch den Arztbesuch etc. erklären. Dennoch hoffe ich auch, noch etwas über die Kirche zu erfahren. Aber das wird der Gerettete wohl erklären. Alles in allen sehr spannende Kapitel derzeit. Weiter so. :)

      Kapitel 22 - Öhm ... ich fass mich kurz. Informationen waren in sofern nur vorhanden, wie sich die Chars "langsam" weiter entwickeln -> Clay. Und wie Sly mit Saja mit solch ein Situation umgehen. Alles in allen ein gutes Kapitel. Ich warte sehnsüchtig auf weitere Chaps. *__*


      Sei weiter fleißig, damit Guitar God und ich bald wieder deine FF suchten können. :)
      Greetz zoot :)


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    • Soeben habe ich die letzten 3 Kapitel verschlungen. Ich habe ja gehofft, dass sich irgendjemand findet, einen Kommentar zu hinterlassen, zwecks Doppelpost, aber das war ein Satz mit "x". Joa, es sieht so aus, als ob die Reise bald weiter geht. Was genau sagt denn Uriel zu allen Personen die Nummern tragen(?) Das sollte nicht untergehen.^^ Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie sich Sasaki in Crew eingewöhnen wird. Ich denke, am Ende der FF, will er nicht mehr sterben und hat am Leben gefallen gefunden und Freunde. Sasaki wird zurück kehren und Uriel aufmischen. So in der Art stelle ich mir das vor. Mir ist das äußerliche Erscheinungsbild von Sasaki abhanden gekommen. Könntest du bei Gelegenheit Sasaki nochmals beschreiben oder einen Anhang der Figuren machen?
      Du kannst das Niveau deiner FF halten. Inhaltich und schreiberisch - auch wenn ab und zu ein Wörtchen fehlt.^^

      „Ihr seit ein verdammter Narr, Sly Mortou“, waren die Begrüßungsworte des Erzpriesters. [...]
      Das "seit" mit "t" ist falsch. Das "seit" mit "t" wird bei Zeitangaben genommen. Seit gestern ... seit wann ... usw. und für alles andere kommt das "seid" mit "d" ind Spiel.

      Weißt du ungefähr, wieviele Kapitel deine FF ungefähr betragen wird?

      Greetz Zoot =)


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    • Antwort auf einen Kommentar von zoot
      Spoiler anzeigen
      Hallo zoot,

      Nachdem ich mit Kapitel 28 den zweiten Arc abgeschlossen habe, will ich natürlich auch deinen letzten Kommentar nicht unbeantwortet lassen.
      Dann will ich mal:

      Was genau sagt denn Uriel zu allen Personen die Nummern tragen(?) Das sollte nicht untergehen.^^

      So etwas Elementares würde ich natürlich niemals vergessen. Allerdings habe ich die Nachricht des Erzpriesters bewusst noch ein wenig nach hinten verschoben. Ich wollte zuerst die Situation um Sasaki darstellen und mich im Anschluss um die eigentliche Nachricht des Erzpriesters kümmern. Sieh dir Kapitel 28 an, wenn du erfahren willst, was Uriel zu sagen hat ^^.

      Mir ist das äußerliche Erscheinungsbild von Sasaki abhanden gekommen.

      Hoppla. Eine Beschreibung des Aussehens von Sasaki habe ich wirklich vergessen. Peinlich....Peinlich.... Peinlich! :D
      Danke für den Hinweis. Ich habe diesen Punkt in die neuen Kapitel mit einfließen lassen.

      Weißt du ungefähr, wieviele Kapitel deine FF ungefähr betragen wird?

      Puh... jetzt wirds schwierig. Darüber habe ich mir noch keine wirklichen Gedanken gemacht. Ich habe den Verlauf der Geschichte natürlich schon im Kopf, jedoch fällt es mir recht schwer abzuschätzen, wie viele Kapitel es insgesamt geben wird.
      Grund: Es passiert mir recht häufig, dass mir beim Schreiben eines Kapitels plötzlich eine neue Idee kommt, die ich dann in die Geschichte mit einfließen lasse. (Als Beispiel kann ich hier Pater Clemens nennen. Eigentlich hatte ich diese Figur gar nicht eingeplant. Jedoch ergab es sich beim Schreiben, dass ich mir den Pater eher spontan ausgedacht habe.)
      So etwas passiert mit regelmäßig. Deshalb fällt es mir schwer die Gesamtzahl der Kapitel abzuschätzen.
      Aber dennoch möchte ich mal einen ungefähren Versuch starten: Die ersten beiden Arcs haben zusammen etwa 30 Kapitel. Geplant sind noch 4 - 5 Arcs. Das könnte also eine Zahl von etwa 180 Kapiteln ergeben. Aber das ist nur eine grobe Schätzung!

      Das "seit" mit "t" ist falsch. Das "seit" mit "t" wird bei Zeitangaben genommen. Seit gestern ... seit wann ... usw. und für alles andere kommt
      das "seid" mit "d" ind Spiel.

      Da hast du mich auf etwas aufmerksam gemacht, dass mir an meiner eigenen FF so gar nicht gefallen mag. Ich habe, nachdem ich deinen letzten Kommentar gelesen habe, mal ein Paar zufällige Kapitel gelesen. Und was soll ich sagen: Mir standen die Haare zu Berge!
      An so mancher Stelle sind mir einige Fehler aufgefallen. Daher habe ich beschlossen in der nächsten Zeit keine neuen Kapitel zu posten und stattdessen alle bisher veröffentlichten Kapitel noch einmal zu lesen. Zum Einen möchte ich damit die Fehler beseitigen und zum Anderen wieder ein wenig mehr Gefühl für den Flow meiner FF entwickeln.
      Ich hoffe auf Verständnis für diese Entscheidung. Schließlich möchte ich den Fans meiner Geschichte (auch wenn sie im Moment nur aus dir und Guitar God zu bestehen scheint :D ) weiterhin eine gute Arbeit bieten.

      Damit die Wartezeit bis zu den neuen Kapiteln nicht zu lang wird, möchte ich an dieser Stelle ein paar Extras ankündigen:

      Könntest du bei Gelegenheit Sasaki nochmals beschreiben oder einen Anhang der Figuren machen?

      Genau das werde ich mir in nächster Zeit vornehmen. Es wird neben einer Beschreibung der Figuren und der bisher besuchten Insel auch ein paar Hintergrundinfos, über die Herkunft der Namen sowie der Inspiration, die ích für die jeweilige Figur und deren Kampftechniken bzw. Teufelskräfte hatte, geben.
      Und außerdem möchte ich auch noch ein paar Extras ankündigen. Ich werde im Laufe der Zeit eine Reihe von Kurzgeschichten und/ oder One - Shots veröffentlichen. Diese haben mit der eigentlichen Story nichts zu tun, werden euch als Lesern jedoch einen tieferen Einblick auf die Personen und Orte meiner FF ermöglichen.
      Ich denke, dass ich den Inhalt des ersten Extras mit ruhigem Gewissen ankündigen kann, ohne dabei zu spoilern:
      Es wird sich um die Geschichte handeln, wie sich Sly und Helios kennengelernt haben.

      Bis dahin wünsche ich noch viel Freude an den neuen Kapiteln

      mfg moondoggie

      Specials


      Hier ein paar Specials zu meiner FF. Sie beinhalten eine Charakterübersicht, ein paar Infos über die Herkunft der Namen sowie die Vorlagen / Inspirationen für die Protagonisten und deren Kampftechniken / TF und einige Sidestorys, die mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun haben, aber einen tieferen Einblick in die Geschichte meiner FF geben sollen.

      Ich werde versuchen die Infos hier regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen, sobald in der Hauptstory neue Fakten auftauchen. Daher warne ich vor möglichen Spoilern!

      Charakterübersicht
      Spoiler anzeigen
      Übersicht der bisher aufgetauchten Personen:

      Bekannte Personen aus den OP – Universum:
      Spoiler anzeigen
      Marine: Seghogku, Brandnew
      Piraten: Whitebeard (genannt), Feuerfaust Ace (gennant), Krokus, Gold Roger (genannt), Shiki (genannt)

      Hauptpersonen:

      Sly Mortou:
      Spoiler anzeigen
      Herkunft: South Blue, Insel unbekannt
      Zugehörigkeit: Gruppe um Sly
      Position: Kapitän, gelegentlich Koch (teilt sich die Position mit Saja)
      Beruf: Dieb
      Aussehen: Etwa 1.80 Meter groß, graue Augen sowie kurz geschorene, dunkelblonde Haare
      Status: lebendig
      Fähigkeit: Kraft der Vektor – Frucht
      Hintergrund: Bekam die Nummern von einer Piratenbande in den Arm gebrannt, nachdem er diesen eine Teufelsfrucht stahl. Seither ist er auf der Suche nach seinem Bruder Hamrio, der von den Piraten entführt wurde.
      Besonderheiten: Er kann als Einziger verstehen, was Helios von sich gibt.

      Clay Barton:
      Spoiler anzeigen
      Herkunft: South Blue, Insel Corel
      Zugehörigkeit: Gruppe um Sly
      Position: Zimmermann
      Beruf: Bergarbeiter
      Aussehen: "Es war ein Kerl, wie ein Schrank, schwarzes in alle Richtungen abstehendes Haar."
      Status: lebendig
      Fähigkeit: bisher unbekannt
      Hintergrund: Clays Verlobtes Karin verschwand am Tag vor ihrer Hochzeit spurlos. Lange Zeit verdrängte er die Tatsache, dass sie ihn nicht wirklich verlassen hatte. Erst das Auftauchen von Sly führte ihm vor Augen, dass sie wahrscheinlich entführt wurde. Daraufhin schloss er sich der Gruppe um Sly an, um sie wieder zu finden.
      Besonderheiten: bisher keine

      Saja Minasuki:
      Spoiler anzeigen
      Herkunft: bisher unbekannt
      Zugehörigkeit: Gruppe um Sly
      Position: Kanonier, gelegentlich Köchin (teilt sich die Position mit Sly)
      Aussehen: schlank, kurze, schwarze Haaren, blaue Augen
      Beruf: bisher unbekannt
      Status: lebendig
      Fähigkeit: Kraft der Durchgangs- Frucht.
      Hintergrund: Über Sajas Vergangenheit ist bisher noch nicht viel bekannt. Zu einem unbekannten Zeitpunkt vor Beginn der Geschichte traf sie auf Sly und verliebte sich später in ihn. Sie ließ sich ihre Nummern freiwillig tätowieren. Als Grund dafür gab sie bisher nur an, dass es etwas mit Geld zu tun habe.
      Besonderheiten: Sie besitzt Kenntnis über verschiedene Statuten der Marine und Techniken der Formel 6.

      Helios:
      Spoiler anzeigen
      Herkunft: South Blue, Insel unbekannt
      Zugehörigkeit: Gruppe um Sly
      Position: Navigator
      Aussehen: groß gewachsen, Glatze, schon fast unnatürlich große, grüne Augen
      Beruf: Mönch
      Status: lebendig
      Fähigkeit: „Traumtänzer“; kann sich nach intensiver Meditation in einen Zustand versetzen, in dem er in der Lage ist die Energien anderer Menschen zu spüren. Auf diese Weise kann er Bewegungen und sogar den Einsatz von Teufelskräften voraussehen.
      Hintergrund: Helios verbrachte sein gesamtes Leben als Novize in einem Kloster der Kishin – Sekte. Diese waren seit langem auf der Suche nach einem Buch mit den Statuten ihres Ordensgründers. Als eines Tages ein Mann mit einer Seite dieses Buches auftauchte wurde Helios ausgewählt, um sich auf die Suche nach dem Buch zu begeben. Das Tätowieren der Nummern wurde als Voraussetzung für die Möglichkeit zum Finden des Buches festgelegt.
      Besonderheiten: Hat eine Schweigegelübde abgelegt. Dennoch ist Sly in der Lage zu verstehen, was er sagt. Wie die Beiden das bewerkstelligen ist bisher unbekannt. Weiterhin ist Helios dafür bekannt, zu jeder Tages- oder Nachtzeit etwas Hochprozentiges bei sich zu haben.

      Sasaki Kojiro:
      Spoiler anzeigen
      Herkunft: South Blue, Insel Feinin
      Zugehörigkeit: Gruppe um Sly
      Position: bisher unbekannt
      Aussehen: hagerer Mann, schulterlangen, pechschwarzen Haar, hinter seinem Kopf zusammen gebunden,
      Beruf: bisher unbekannt
      Status: lebendig
      Fähigkeit: bisher unbekannt
      Hintergrund: Über Sasakis Vergangenheit ist bisher wenig bekannt. Sly und seine Freunde trafen das erste Mal auf ihn, als er von einer Gruppe Gläubiger in einer Kathedrale der Kirche der aufsteigenden Drachen hingerichtet werden sollte. Nach einer Verkettung verschiedener Ereignissen schloss er sich, wenn auch mehr unfreiwillig, der Gruppe um Sly an.
      Besonderheiten: Sasaki besitzt einen tiefen Glauben an die Grundsätze der Kirche. Welche Sünde er beging, in deren Folge er hingerichtet werden sollte, ist im Moment unbekannt.

      Uriel:
      Spoiler anzeigen
      Herkunft: unbekannt
      Zugehörigkeit: Kirche der aufsteigenden Drachen
      Position: Erzpriester
      Aussehen: groß gewachsener Mann mit langen, pechschwarzen Haaren, eiskalter, scheinbar völlig gefühlloser Blick.
      Er trug, im Gegensatz zu allen anderen Gläubigen, einen langen, schwarzen Mantel.
      Beruf: unbekannt
      Status: lebendig
      Fähigkeit: Uriel kämpft mit einer Sense. Diese setzt er effektiv ein, indem er sich mit einer enormen Geschwindigkeit bewegt.
      Hintergrund: bisher unbekannt
      Besonderheiten: Sein hohes Bewegungstempo soll, laut Saja, eine abgewandelte Form der Formal 6 Technik Rasur zu sein.

      Weitere Figuren:
      Spoiler anzeigen
      Julius: Wirt der einzigen Bar in Clays Heimatstadt Südcorel.
      Pater Clemens: Priester auf Fenin. Er wurde von Uriel getötet, weil er Sly und seine Freunde in die Kathedrale der Insel führte und somit eine Todsünde beging.
      Die Herrschaften: Bisher keine Details bekannt.
      Pater Anderson: Steht im ständigen Kontakt zu den Herrschaften. Details bisher unbekannt.
      Karin: Clays Verlobte.
      Hamrio: Slys Bruder.
      Shin Maguro: Kapitän der Marine. Hat für die Zeit von Brandnews Abwesenheit wegen des Krieges gegen Whitebeard die Leitung der Kopfgeldabteilung übernommen.
      Ademar von Hofzell: Kapitän einer großen Flotte aus dem North- Blue.
      Palmer: Kapitän einer Piratenbande. Bisher keine weitere Informationen bekannt.
      Cloe Redfox: Führendes Mitglied der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora.
      Shakyor Redfox: Führendes Mitglied der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora.
      Gura Manderson : Mitglied der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora.

      Figuren aus Specials:
      Spoiler anzeigen
      Ed: Obdachloser Säufer aus dem "Rattennest".
      West: Schläger und Auftragskiller im Dienste Ramons. Wurde von Sly im Zweikampf getötet.
      Ramon: Mächtigster Mann innerhalb des Elendsviertels "Rattennest".



      Inspirationen für die Charaktere & Kampftechniken / Teufelskräfte
      Spoiler anzeigen
      An dieser Stelle möchte ich euch einen Überblick über die Inspirationen, die ich bei der Erstellung der Figuren, deren Namen und Kampftechniken / Teufelskräfte hatte.
      Sollte an irgendeiner Stelle der Kommentar „folgt“ auftauchen so liegt das daran, dass der entsprechende Aspekt in der Geschichte noch nicht behandelt wurde und ich nicht spoilern möchte.
      Ich werde die jeweiligen Punkte zu gegebener Zeit nachtragen.

      Los geht’s:
      Sly Mortou:
      Spoiler anzeigen
      Name:
      Den Namen Sly habe ich aus einem meiner absoluten Lieblingsgames entnommen: Gothic (I). Der Sly dort war ein Schatten im alten Lager und eigentlich eine unbedeutende Nebenfigur.
      Jedoch gefiel mir schon damals der Name sehr gut. Daher sollte auch der Protagonist meiner FF diesen Namen tragen. Weiterhin gefiel es mir ganz gut, dass „sly“ aus dem englischen kommt und so viel wie gerissen oder schlitzohrig bedeutet. Ich fand diesen Zusammenhang mit der Tatsache, dass sich mein Sly als gerissener Dieb durchschlägt, ganz witzig.
      Mit dem Nachnamen ist es so eine Sache. Ich meine mich zu erinnern, dass ich den Namen Mortou als Anagram irgendeines Wortes erstellt habe. Allerdings will mir beim besten Willen nicht einfallen, welches Wort hier als Grundlage diente. Naja, ist im Grunde auch egal, würde ich sagen ;)
      Charakter:
      Als Inspiration für den Protagonisten dienten zwei Figuren aus anderen Werken: Zum Einen gibt es da Train Heartnet aus dem Manga Black Cat. Auch wenn diese im Original ein Kopfgeldjäger und kein Dieb ist, so gefiel mir doch seine lockere, teilweise auch unbeholfene Art, mit der er durch sein Leben ging. Auch Trains Eigenschaft, dass er für seine Freunde alles gibt und dann auch sehr ernst und konzentriert sein kann, habe ich bei Sly einfließen lassen.
      Die zweite Figur, dich ich als Inspiration nutzte, war Kamui aus X – 1999 (Anime). Von ihm hat Sly seine bekümmerte Seite, die sich ständig Sorgen macht, sich für alles Schlechte verantwortlich fühlt und manchmal unter dem Druck auf seinen Schulter zusammen zu brechen droht.
      Teufelskraft:
      Die Fähigkeit der Vektor – Frucht habe ich mir bei Medusa aus Soul Eater abgeschaut. Allerdings habe ich die Fähigkeit ein wenig abgeschwächt. Sly kann die Vektoren nur auf festem Untergrund erzeugen und diese nicht wie Medusa frei manipulieren und zur direkten Attacke nutzen.

      Hier noch die Links zu den Seiten der beschriebenen Charaktere auf den Fan Wikis (solltet ihr die Personen nicht kennen und etwas mehr darüber erfahren wollen):

      Medusa: de.souleater.wikia.com/wiki/Medusa_Gorgon
      Train: http://blackcat.wikia.com/wiki/Train_Heartnet
      Kamui: x1999.wikia.com/wiki/Kamui_Shiro


      Clay Barton:
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      Name: Den Namen Clay habe ich aus dem Namen das Mangas Claymore entnommen. Eine Bedeutung habe ich dem Vornamen nicht weiter beigemessen. Weiterhin habe ich mich bei Clays Namen an einer Figur aus dem Roman Black Monday inspirieren lassen. Es handelt sich hierbei um den Antagonisten der Geschichte, der sich falsche Namen gab und sich unter Anderem Clayton Kox nannte. Der Name gefiel mir vom ersten Moment an und erinnerte mich an die Idee für den Namen des Bergarbeiters meiner FF. Der Nachname stammt von Trowa Barton aus dem Anime Gundam Wing.

      Charakter:
      Für Clay habe ich mich an River aus Black Cat orientiert. Zugegeben, im Anime kam diese Figur ein wenig zu kurz. Das mag allerdings daran liegen, dass der Anime recht stark von der Mangavorlage abweicht. Im Manga spielte River eine wichtigere Rolle. Ich habe mich daher eher an dessen Rolle im Black Cat Manga orientiert.

      Kampfstil: folgt

      River: blackcat.wikia.com/wiki/River_Zastory


      Saja Minasuki
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      Name:
      Auch hier diente eine Figur aus Black Cat als Vorlage. Ich muss gestehen, dass ich bei der Namensvergabe war nicht sehr kreativ war, denn als Namensvorlage diente die Figur Saya Minatsuki des Mangas. Ich habe lediglich die Schreibweise des Namens ein wenig verändert.

      Charakter:
      Bei Saja habe ich mich an keinem Vorbild orientiert. Sie ist einfach als ein Gegenpart zu Sly zu sehen. Um an dieser Stelle etwas für das Phrasenschwein zu liefen: Bei Sly und Saja gilt „Gegensätze ziehen sich an“

      Kampftechnik: folgt

      Saya: http://blackcat.wikia.com/wiki/Saya_Minatsuki


      Helios
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      Name:
      Hier wird es wirklich witzig. Ich war lang auf der Suche nach dem Namen für den Mönch, der gerne mal etwas Hochprozentiges zu sich nimmt. Die Erleuchtung kam mir eines Abends auf einer Party, als ich eine Flasche Schnaps mit dem Namen Helios auf dem Tisch stehen sah. Das gefiel mir so gut, dass ich den Namen übernommen habe.

      Charakter:
      Hierbei diente mir eine Figur aus dem Manga Vagabond als Vorlage, nämlich der Mönch Inshun. Obwohl dieser mehr für das Aussehen und den Hintergrund von Helios Pate stand. Der Charakter kommt von mir.

      Kampftechnik:
      In der Grundlage fühlte ich mich beim Entwurf von Helios’ Kampftechnik an Sian aus dem Manga Rave Master erinnert. Jedoch habe ich mir die Technik so ausgedacht, dass sie in die OP – Welt passt. Dazu später mehr.

      Inshun: http://en.wikipedia.org/wiki/Vagabond_%28manga%29
      Shian: http://ravemaster.wikia.com/wiki/Blue_Guardians


      Sasaki Koujiro
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      Name: Hier war ich sogar noch bequemer als bei Saja, denn seinen Namen habe ich fast direkt von der gleichnamigen Person aus dem Vagabond Manga übernommen.

      Charakter:
      Sasaki ähnelt am meisten Kyuuzou aus dem Anime Samurai 7. Viel mehr gibt es zu jetztigen Zeitpunkt nicht zu sagen.

      Kampftechnik: folgt

      Sasaki Kojiro (Vagabond Manga):http://en.wikipedia.org/wiki/Vagabond_%28manga%29
      Kyuuzou: http://samurai-seven.wikia.com/wiki/Kyuuzou


      Uriel
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      Name: Uriel ist der Name eines der Erzengel aus dem Manga Angel Sanctuary (und natürlich auch der Bibel).

      Charakter:
      Das grundlegende Handeln entspricht dem Uriel aus der Mangavorlage. Jedoch habe ich ihm einige weitere Aspekte hinzugefügt, damit er in die OP – Welt und in die Rahmengeschichte meiner FF passt.

      Kampftechnik:
      Der Kampf mit einer Sense entspricht dem Original Uriel aus dem Angel Sanctuary Manga. Auch hier habe ich ein paar Anpassungen an die OP – Welt gemacht.

      Uriel: http://angelsanctuary.wikia.com/wiki/Archangel_Uriel




      Special Chapter: Sly und Helios – Der Beginn einer einmaligen Freundschaft
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      Teil 1: Eine schwere Entscheidung
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      Man sollte niemals die Wut und Verzweiflung scheinbar einfacher Menschen unterschätzen. Auch wenn sich ein Großteil der Bewohner der Hafenstadt Allegro im Angesicht der drohenden Gefahren durch die ankommenden Piraten lieber versteckte und sich nicht Einer gegen die bevorstehende Bedrohung auflehnen wollte, so konnten sie selbst ziemlich grausam sein, wenn es die Situation verlangte. Natürlich wagten sie es nicht gegen die Freibeuter selbst vorzugehen.
      Stattdessen richtete sich ihre blinde Wut auf den Schuldigen für das Unheil, das über sie gekommen war. Ihr fanatischer Eifer, gepaart mit schierer Angst, konnte sie zu Monstern machen, deren Taten durchaus mit denen jener Piraten zu vergleichen waren, wegen derer sie sich zuvor noch in den hintersten Ecken verkrochen hatten.
      Das war die Lektion, die Sly aus seinen Erlebnissen in der kleinen und gewöhnlich recht beschaulichen Hafenstadt, gelernt hatte.
      Sly konnte sich noch sehr genau an den Moment erinnern, in dem er den Mob aus aufgebrachten Menschen auf das verfallene Gebäude, in dem er seinen Bruder zurückgelassen und später die Teufelsfrucht und die seltsame Nachricht gefunden hatte, bemerkte.
      Ein Dutzend Männer und Frauen, zum Teil mit Messer, die am Ende von lange Stöcken befestigt waren, schwartige Schwerter, die wohl schon vor langer Zeit ihren letzten Kampf erlebt hatten, und sogar einige Pistolen, hielten auf ihn zu.
      Ihm war schnell klar geworden, dass für sein Leben keine wirkliche Gefahr bestand. Die Leute hier wollten wissen, warum die Piraten auf in ihrer Stadt aufgetaucht waren. Es war ein, in Slys Augen, durchaus nachvollziehbares Anliegen.
      Jedoch konnte und wollte er ihnen nicht von dem Diebstahl der Teufelsfrucht und der Entführung seines Bruders berichten. Zum Einen würde man ihm die Geschichte wahrscheinlich sowieso nicht abkaufen und zum Anderen wollte er nicht riskieren, dass man die Frucht fand.
      Man erzählte sich in gewissen Kreisen, die sich für gewöhnlich außerhalb der neugierigen Blicke der Öffentlichkeit trafen und in denen Sly des Öfteren ein wenig Zeit verbracht hatte, dass eine Teufelsfrucht auf dem Schwarzmarkt ein beachtliches Sümmchen in die Taschen des Verkäufers spülen konnte, wenn sich diese nur geschickt genug anstellte.
      Für Sly stand fest, dass er diese Frucht unter keinen Umständen wieder verlieren durfte. Er musste mit allen Mitteln verhindern, dass einer der Einheimischen ihn oder die Frucht finden würde.
      Auch wenn es ihm, aufgrund seines Zustandes, sehr schwer fiel packte er die noch brauchbaren Reste seiner Habseeligkeiten zusammen. Die Teufelsfrucht wickelte er in ein Stück Stoff und legte sie mit dem kläglichen Rest seines persönlichen Besitzes, in ein großes, vergilbtes und verschmutztes Tuch, welches er sich auf den Rücken schwang und vor seiner Brust verknotete. Danach verließ er, so schnell es ihm möglich war, die Hafenstadt Allegro um sich weiter ins Landesinnere durchzuschlagen.
      Vom Wind getragen hörte Sly die wutentbrannten Rufe der Einheischen, die wahrscheinlich gerade dabei waren das Haus, in dem er sich bis vor wenigen Stunden noch befunden hatte, in seine Bestandteile zu zerlegten. Wenn sie ihre Wut schon nicht an dem Dieb auslassen konnten, so musste nun das Gebäude, das ihm Unterschlupf gewährt hatte, für ihren kleinen Rachefeldzug herhalten.
      Doch als sich diese Ereignisse in der Hafenstadt zutrugen befand sich Sly bereits außer Gefahr.
      Die Insel, auf die es ihn auf der Flucht vor den Piraten verschlagen hatte, entpuppte sich als weitaus größer, als es im ersten Moment den Anschein hatte. Die Hafenstadt Allegro war nur das Tor zu einem weitläufigen Landstrich, der dem jungen Dieb im South Blue in den Wochen nach seiner Abreise aus Allegro mit aller Härte zeigte, wie grausam und unerbittlich es sein konnte.
      Sly schleppte sich in jener Zeit mehr Tod als lebendig durch die Wildnis, stets auf der Suche nach einem Zeichen der Zivilisation. Dort wo es andere Menschen gab konnte er überleben. Das war das Leben, das er kannte. Doch im Angesicht der Natur fühlte er sich unglaublich hilflos und allein.
      Umso mehr war er erleichtert, als er nach Tagen endlich eine Stadt fand, in der er sich aufhalten konnte. Stellte man es geschickt an und hatte nicht allzu hohe Ansprüche, so konnte in der Gegenwart andere Menschen immer überleben. Sly hatte vor langer Zeit gelernt, dass die Lebensart der Menschen im South Blue verschwenderisch genug war, um auch Menschen wie ihn, Menschen ohne Hintergrund die täglich ums überleben kämpfen mussten, bequem ernähren konnte. Man musste nur wissen, wo es etwas zu finden gab.
      Jedoch stellte diese Art zu leben gewisse Anforderungen an eine Person, denn nicht jeder sah es gerne, wenn Fremde ihre Abfälle durchstöberten. Und zu Slys Unglück hatten sich die Ereignisse in der Hafenstadt Allegro schon bis in die Kleinstadt durchgesprochen, als er diese erreichte. Infolge dessen waren die Menschen vorsichtiger geworden. Vorsichtiger und misstrauischer.
      Es wollte Sly nicht gelingen irgendeine Form der Nahrung zu finden. Immer wenn er sich einer vermeintlichen Essensquelle näherte ertönten Schüsse. Niemand wollte ihn in der Nähe seiner Behausung tolerieren. So sehr er sich auch bemühte, er fand nur wenig Nahrung.
      Erschwerend zu dieser Situation kam die Tatsache hinzu, dass die Verletzungen, die er vor einigen Tagen durch die Piraten erlitten hatte, nie richtig behandelt wurden. Einiges hatte sich mit der Zeit in Wohlgefallen aufgelöst. Doch manche Verletzung trieb ihn langsam an den Rand seiner Kräfte.
      Besonders schmerzhaft war es für ihn, wenn die entzündeten Verbrennungen auf seinem Arm pulsierende Schübe des Schmerzes durch seinen Körper jagten. Es fiel ihm zusehends schwerer, einen klaren Kopf zu behalten und sein Handeln zu planen.
      Bald müsste er sich entscheiden, wie es mit ihm weitergehen sollte. Dieses ziellose Umherwandern in dieser Stadt würde er nicht mehr lange durchhalten.
      Sicherlich gab es hier Menschen wie ihn. Menschen am Rande der Gesellschaft mit deren Hilfe er weiter machen konnte. Doch das Misstrauen der Einheimischen schien auch diese Menschen vorsichtig gemacht zu haben. Es war ihm nicht gelungen Kontakt zur dunklen Seite der Gesellschaft aufzunehmen um die Teufelsfrucht gewinnbringend zu versetzten. In jeder Stadt gab es solche Märkte. Man musste nur wissen, wo sie zu finden waren.
      Doch ohne Nahrung stünden seine Chancen, dies zu schaffen, denkbar schlecht. So fasste er nach langem Hadern einen, für ihn sehr schweren, Entschluss. Es blieb ihm nur eine Alternative um zu überleben. In seinem Besitz befand sich etwas, dass man im Notfall als Nahrung ansehen konnte.
      Er würde die Teufelsfrucht essen müssen. Die Kräfte, die solche Früchte verleihen konnten, waren ihm bei dieser Entscheidung ziemlich egal. Für Sly zählte nur eines. Auch eine Teufelsfrucht war letztlich nur eine Frucht. Und Früchte waren Nahrung. Sie würde ihm hoffentlich die Kraft geben, die er benötigte, um seinen Weg weiter zu gehen.
      Sly betrachte lang die Teufelsfrucht und dachte über alles nach, was sie für ihn bedeutete. Sie war der Grund für die Situation, in der er sich befand. Doch war sie für ihn auch ein Hoffnungsschimmer an einem ansonsten nur grauen Horizont.
      Er hätte sie lieber zu Geld gemacht anstatt sie zu verspeisen. Doch nun blieb ihm keiner Alternative mehr offen. Sly öffnete den Mund und nahm einen Bissen von dem Ekelhaftesten, das er in seinem gesamten Leben jemals zu sich nehmen sollte.


      Teil 2: Der erste Schritt
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      Abgesehen von dem widerwärtigen Geschmack der Teufelsfrucht entpuppte sich dieser Schatz der Meere als wahre Überlebensnahrung. Sly zwang sich ein Drittel der Frucht zu essen, bevor er den Rest für später wegsteckte.
      Zu seiner eigenen Überraschung musste er feststellen, dass er nun völlig gesättigt war.
      Für einen Moment fühlte er sich so, als ob er niemals eine Verletzung davon getragen hatte. Eine wohltuende Wärme durchströmte seinen gesamten Körper und versetzte ihn in einen Zustand der vollkommenen Ruhe. Es war jene teuflische Macht, die ihm im Gegenzug für ihre einmaligen Dienste die Fähigkeit zum Schwimmen nehmen sollte, die ihm in diesem Augenblick all seinen Schmerz vergessen ließ. Es war das Gefühl einer Teufelskraft, die in seinen Körper strömte.
      Dieser Rausch war allerdings ein Vergnügen, das ein Mensch nur ein einziges Mal in seinem gesamten Leben haben konnte. Und er verebbte so schnell wie er gekommen war.
      Schnell fand sich Sly in der harten Realität wieder. Er war immer noch allein in dieser undankbaren Welt. Der einzige Mensch, um dessen Wohl er sich jemals Sorgen gemacht hatte, war fort. Nun galt es seine nächsten Schritte sorgfältig zu planen. Mit der Energie, die ihm die Teufelfrucht für den Moment verliehen hatte würde er versuchen zunächst mal eine Grundlage für sein weiteres Vorgehen zu schaffen. Er würde sich eine konstante Nahrungsquelle erschließen und einen Ort suchen, an dem er seine Wunden auskurieren konnte.
      Einen Unterschlupf fand er schnell. Sly stellte keine hohen Ansprüche an seinen Schlafplatz, solang er ihm ein wenig Schutz gegen die Naturgewallten und unliebsame Nachbarn bot. Seine Wahl fiel auf eine Seitengasse hinter einem Gebäude in dem sich, dem Schild auf der Vorderseite nach, eine Schneiderei zu handeln schien. Das Haus hatte an der Rückseite eine kleine Laderampe, unter der Sly sein Lager aufschlug.
      Fürs Erste würde es ihm genügen. Glücklich über diesen Unterschlupf lehnte sich Sly gegen den kalten Stein der Hauswand. Er spürte die Verletzungen nun wieder viel deutlicher als zuvor. Der Rausch nach dem Genuss der Teufelsfrucht flachte ab, jedoch stellte Sly glücklich fest, dass er keinerlei Hunger oder Durst verspürte. Zufrieden über dieses Ergebnis seiner Entscheidung schloss er die Augen, um sich ein wenig auszuruhen. Schnell verfiel er in einen traumlosen Schlaf. All die Strapazen der vergangenen Tage forderten nun ihren Tribut.
      Sly konnte nicht sagen, wie lang er tatsächlich geschlafen hatte. Ab und an erwachte er mit dem Gefühl von Hunger und Durst. Doch war sein Geist noch zu sehr vom tiefen Schlaf vernebelt, als das er irgendetwas um sich herum mitbekommen hätte. Er zwang sich ein paar Bissen der Teufelsfrucht auf, bevor ihm wieder die Augen zufielen.
      Wie viele Tage inzwischen vergangen waren, konnte Sly nicht sagen. Als er schließlich wieder zu sich kam, hatte er die letzten Reste der Teufelsfrucht aufgebraucht. Es war Tag.
      Es war für ihn an der Zeit, die Suche nach seinem Bruder zu beginnen. Noch ein wenig wackelig auf den Beinen musste Sly seine nächsten Schritte planen. Sein einziges Ziel bestand darin seinen Bruder zu finden.
      Nur wie sollte er das anstellen? Theoretisch bestand die Möglichkeit, dass Hamrios Verschwinden und das Auftauchen der Piraten in der Hafenstadt Allegro nichts miteinander zu tun hatten.
      Obwohl sich Sly eingestehen musste, dass diese Überlegung nicht sehr plausibel war. Denn schließlich gab es diesen Zettel mit der seltsamen Botschaft, die er neben der Teufelsfrucht gefunden hatte.
      Überhaupt war die ganze Situation sehr komisch. Sly war bisher immer davon ausgegangen, dass ihn die Piraten nur wegen des Diebstahls an der Teufelsfrucht in die Mangel genommen hatten. Doch im Anbetracht der Ereignisse erschien es so, als ob dies nicht stimmen konnte. Wenn er es sich recht überlegte konnte er sich an keinen Zeitpunkt erinnern, an dem ihn die Piraten nach dem Aufenthaltsort der Frucht gefragt hatten. Sie hatten im Grunde gar nichts zu ihm gesagt.
      Es ergab einfach keinen Sinn. Warum hatten sie ihn nicht umgebracht? Wieso hatte man ihm die Teufelsfrucht gelassen? Weshalb war sein Bruder plötzlich verschwunden?
      In Slys Kopf drehte sich alles. Eine Unmenge an Fragen und Ungereimtheiten schwirrten durch seinen Geist und drohten unaufhörlich damit, seine Schädeldecke zu sprengen. Ihm wurde schwindlig und begann zu torkeln.
      „Na was ist denn Jungchen? Ist der letzte Schluck schon so lang her, dass du inzwischen nicht mehr geradeaus sehen kannst?“
      Sly brauchte einen Augenblick um zu realisieren, was um ihn herum geschah. In seinem gedankenverlorenen Streifzug durch die Stadt hatte es ihn offensichtlich in ein Viertel verschlagen, in das sich die normalen Bewohner niemals wagen würden. Eingeworfene Fensterscheiben, Müll auf der Straße, ein beißender Gestank nach Erbrochenem und Exkrementen, Damen, die an einer entfernten Straßenkreuzung der Prostitution nachgingen. Er hatte, wenn auch eher zufällig, die dunkle Seite der Stadt gefunden.
      Dabei hatte er noch vor einigen Tagen bezweifelt, dass es einen solch schönen Städtchen ein Viertel wie dieses geben könnte. Ein typisches Vorgehen dieser Tage. Alle Personen, die nicht ganz in das Bild der heilen Welt der Normalbürger passten, wurden in einem Stadtteil zusammengepfercht und somit zumeist sich selbst überlassen.
      Sly kannte diese Orte weil er sich fast sein gesamtes Leben dort aufgehalten hatte. Es war hier nicht sehr schön und durchaus auch recht gefährlich, aber man konnte überleben, wenn man es geschickt anstellte. Und der erste Schritt hierfür war es, Kontakt mit einem „Einheimischen“ aufzunehmen.
      Deshalb wandte er sich dem zerschlagenen Fenster des alten Gebäudes zu, aus dem ihn ein Mann mit einigen Lücken zwischen seinen gelben Zähnen angrinste.
      „Du siehst mir nicht so aus, als würdest du aus der Stadt kommen“, sagte er und lehnte sich dabei soweit aus dem Fenster, dass Sly befürchtete, er könnte jeden Moment heraus fallen.
      Für den Moment musste der Dieb abwägen, ob es sich lohnen würde an einem solchen Ort nach Informationen zu suchen. Jedoch musste er sich schnell eingestehen, dass es in seiner jetzigen Situation nicht viel übrig blieb. So wie er nach der letzten Zeit aussehen und riechen musste, gab es keine große Chance mit den normalen Einwohnern in Kontakt zu kommen.
      Also schaltete er blitzschnell auf die umgängliche und freundliche Art um, mit der er stets versuchte, Fremde für sich zu gewinnen. Es war eine alte Angewohnheit. Man konnte nämlich niemals wissen, wer einem eine interessante Information geben konnte. Obwohl er bei diesem versoffenen Penner wohl nicht viel erfahren konnte, musste man schließlich irgendwo anfangen.
      „Hallo mein Freund. Was kann ich für dich tun?“, fragte er mit einem dicken, falschen Grinsen im Gesicht.


      Teil 3: Ein Ehrenmann
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      Der Betrunkene hatte sichtlich Mühe damit, einen vernünftigen Satz zu Stande zu bringen. Es erforderte viel Disziplin von Sly, nicht sofort das Weite zu suchen. Auch ihm ging es immer noch nicht wirklich gut und er wäre lieber noch ein wenig für sich allein geblieben, doch er machte gute Miene zu den jämmerlichen Versuchen des Mannes, sich auf dem Fensterbrett nieder zu lassen.
      Er brauchte einen Moment, bis er sich einigermaßen sicher gesetzt hatte.
      „Mein Name ist Ed. Ich heiße dich im Rattennest willkommen Fremder“, sagte er während er Sly seine Schnapsflasche anbot.
      Ein wenig angewidert nahm dieser das Angebot an und trank einen Schluck des billigen Fusels.
      „Einen wirklich netten Namen hat euer kleines Städtchen im Städtchen“, sagte er mit einem gespielten Lächeln während er gegen den aufsteigenden Brechreiz infolge des ekelhaften Gebräus ankämpfte. Selbst wenn der Schnaps nicht so miserabel gewesen wäre hätte sein Körper nach den Ereignissen der vergangen Tage noch keinen Alkohol vertragen.
      „Hahaha! Da hast du Recht Kleiner! Aber der Name passt ganz gut. Hast du schon einmal gesehen, wie Ratten miteinander umgehen, wenn das Fressen knapp wird? Sie fressen sich einfach gegenseitig! Und so läuft das hier auch, Jungchen.“
      Slys Laune verschlechterte sich. Er hatte genug davon, dass ihn dieser besoffene Penner wie ein Kleinkind behandelte, denn schließlich war es wohl kaum ein paar Jahre älter als er selbst. Aber fürs Erste behielt er, in der Hoffnung ein paar Informationen zu erhaschen, seinen fröhlichen Ton bei.
      „Das tun sie nur, wenn man sie auf engen Raum pfercht und sich selbst überlässt. Allerdings kann ich nachvollziehen, was du meinst.“
      Ed schwankte ein wenig auf seiner Fensterbank hin und her und versuchte dabei angestrengt seinen Blick auf Sly zu fokussieren. Sly beobachtete dieses Treiben kommentarlos. Es interessierte ihn nicht, was im Kopf dieses versoffenen Stück Drecks vor sich ging.
      „Weist du was? Ich mag dich mein Junge!“, lallte Ed schließlich lautstark, sodass seine Stimme durch die Gassen hallte.
      „Deshalb möchte ich dir einen Rat geben. Halte dich von Ramon und seinen Leuten fern!“ Während er die letzten Worte sagte war es so überschwänglich, dass er schließlich doch aus dem Fenster fiel. Zum Glück für Ed war das Fenster nicht sehr hoch, weshalb er sich keine ernsten Verletzungen zuzog.
      „Ramon? Wer ist das?“, wollte Sly wissen während er zu Ed ging um ihn die Schnapsflasche zu reichen und ihm auf zu helfen. Seine Aufmerksamkeit war geweckt. Jeder, dessen Name in solch einer Gegend in aller Munde war, stellte eine gute Anlaufstelle für Informationen aller Art dar. Man müsste sich mit diesen Leuten gut stellen, wenn man es hier zu etwas bringen wollte, das wusste er.
      „Ramon ist unser Boss. Und wenn du etwas in deiner Birne hast, dann wirst du dich nicht mit ihm anlegen“, hörte er plötzlich eine männliche Stimme hinter sich.
      Sly erstarrte innerlich. Jemand hatte es geschafft sich ihm völlig unbemerkt zu nähern. Seine Instinkte hatten ihn verlassen. Eine äußert schlechte Entwicklung für einen Dieb. Jedoch war dies im Moment egal. Er atmete einmal tief durch, bevor er sich dem Fremden zuwandte.
      Hinter ihm stand eine Gruppe aus drei Männern, die wohl mehr Muskeln als Hirn besaßen, und einer knapp bekleideten Frau, die sich an den Arm des größten dieser Schränke klammerte. Sie musterten Sly ungewöhnlich lang. Er war sich nicht sicher, ob sie sehr vorsichtig und misstrauisch oder einfach nur ungewöhnlich dumm waren. Doch ließ er sie gewähren.
      „Ich hab dich noch nie hier gesehen“, sagte der Größte der Gorillas schließlich.
      Wieder legte Sly sein falsches Grinsen auf.
      „Das liegt daran, dass ich neu in der Stadt bin“, sagte er zu dem Großen. Er war offensichtlich der Anführer dieser Truppe. Es würde nicht viel bringen mit den Anderen zu sprechen. Gorilla würde sie vermutlich sowieso nicht zu Wort kommen lassen.
      „Ach bist du das? Na das freut mich aber!“, auf Gorillas Gesicht machte sich ein verschlagenes Lächeln breit.
      „Das trifft sich aber sehr gut. Mit ist nämlich in letzte Zeit so unglaublich langweilig. Der Boss lässt mich nichts mehr machen, seitdem ich den Schwiegersohn des Bürgermeisters zu Brei geschlagen habe. Da kommst du mir gerade Recht.“
      Sly zuckte augenblicklich zusammen. Allein an der Körperhaltung des Gorillas konnte er erkennen, dass es ihn in die denkbar schlechteste Situation verschlagen hatte. Der Muskelberg war offensichtlich ein einfacher Auftragskiller, der es bevorzugte seine Opfer mit bloßen Händen zu erledigen. Und nun schien Sly der Nächste in einer, wahrscheinlich sehr langen Reihe, Unschuldiger zu sein, die der Mordlust dieses Irren zum Opfer fallen sollten.
      Die Begleiter des Gorillas schienen solche Arten von unangenehmen Begegnungen schon oft mitgemacht zu haben. Ohne eine Aufforderung bezogen sie um die beiden Kontrahenten Stellung und zogen Pistolen hervor.
      Die Botschaft an Sly war klar: Kämpfe, oder stirb bei dem Versuch zu flüchten.
      Die direkte Konfrontation war niemals Slys Stärke gewesen. Er war ein Dieb, der es stets mit allen Mittel vermied, auf jemanden zu treffen, der ihn aufgrund seiner Taten zu einem direkten Kräftemessen herausforderte. Doch nun schien er keine Wahl zu haben.
      „Du hast Glück, dass unser Boss ein Ehrenmann ist“, kläffte einer der anderen Männer mit einer lächerlich hohen Stimme.
      „Oh ja, ich bin ein verdammtes Glückskind“, antwortete Sly gehässig, ohne dabei seinen Blick von seinem eigentlichen Gegner abzuwenden. Daher sah er auch nicht, was der Mann mit der Piepsstimme hinter seinem Rücken tat.
      Erst als er zu seinen Füßen ein metallisches Klirren hörte, wagte er es für einen Moment den Gorilla aus den Augen zu lassen. Die Piepsstimme hatte ihm etwas, das man mit viel Fantasie als Messer bezeichnen konnte, zugeworfen. Sly bückte sich langsam und nahm das geschärfte Stück Metall mit einfachem Holzgriff auf.
      „Ramon ist ein großer Mann, der viel Wert auf ehrliche Kämpfe legt. Und weil du offensichtlich ein elender Penner bist und keinen Gegner für unseren West darstellst, bekommst du von mir eine Waffe“, piepste es wieder von Hinten.
      „Na vielen Dank auch, Freunde. Das ist wirklich großzügig von euch“, sagte Sly in einem sarkastischen Ton, obwohl er sich nicht sicher war, ob diese Typen überhaupt wussten, was Sarkasmus war.


      Teil 4: Alles auf Anfang
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      Slys Gegner, der Muskelberg West, gab nicht viel auf die schnippischen Kommentare des Diebes. Er ließ Taten sprechen und stürmte ohne ein weiteres Wort los.
      Zwar war er nicht sonderlich schnell, aber dafür vermutlich sehr stark. Sly wollte es tunlichst vermeiden herauszufinden, ob seine Vermutung stimmte.
      So gut es sein Zustand erlaubte, versuchte er den Hieben seines Gegners auszuweichen, doch hatte er in den letzten Wochen einiges seiner früheren Agilität eingebüsst.
      Der Kampf verlief sehr eintönig. Sly hatte alle Hände damit zu tun, dem unablässigen Schlaggewitter seines Gegners auszuweichen. An eine Gegenattacke mit seinem behelfsmäßigen Messer war gar nicht zu denken. West hingegen schien seinen Spaß daran zu haben, seinen Kontrahenten vor sich her zu treiben.
      „Was ist denn, du Wurm? Wehr dich gefälligst ein bisschen! Sonst macht das Ganze keinen Spaß“, rief er lachend während er Sly immer weiter in die Enge trieb.
      Dieser hatte für die spöttischen Kommentare von West nicht viel übrig. Inzwischen war ihm klar geworden, mit welcher Art von Mensch er es hier zu tun hatte. West und seine Kameraden, die unablässig Anfeuerungsrufe grölten und immer wieder enttäuscht seufzten, wenn Sly einer Attacke im letzten Moment auswich, waren einfache Vollstrecker oder vielleicht sogar Auftragskiller. Absolut einfache Gemüter, deren einziger Lebenssinn darin zu bestehen schien, die Drecksarbeit für diesen Ramon zu erledigen.
      Und sie wollten Blut sehen. Slys Blut.
      Leider würden sie auch sehr bald bekommen, wonach sie lautstark verlangten, wenn dem Dieb nicht bald etwas einfallen würde. Noch während er sein Hirn zermarterte, wie er aus dieser Situation herauskommen könnte, spürte er plötzlich etwas Hartes hinter sich.
      West hatte es geschafft und ihn gegen die kalte Hauswand gedrängt. Seine Freunde schlossen den Kreis um sie ein wenig enger, um einen guten Blick auf das Kommende werfen zu können.
      Sly musste einsehen, dass es vorbei war. Bei dem wenigen Platz, den er noch hatte, konnte er fast nirgendwo hin ausweichen. Während sich West, begierig auf das Blutvergießen, die Lippen ableckte, fasste Sly seinen womöglich letzten Plan.
      Als der Gorilla zur finalen Attacke ausholte, ließ sich der Dieb einfach zusammensacken, um dem Schlag zu entgehen.
      West schien den Braten jedoch gerochen zu haben und versuchte noch die Richtung seines Schlages zu ändern. Sly sah die Faust auf sich zufliegen, als er bemerkte, dass er bei seinem Ausweichmanöver über irgendetwas gestolpert war. Was auch immer da auf dem Boden lag, es hatte ihm vermutlich das Leben gerettet, da sein Fall nun eine unerwartet andere Richtung einschlug und der Schlag ins Leere ging. So hatte es jedenfalls zunächst den Anschein.
      Als Sly am Boden liegend zu West aufsah, stellte er erschocken fest, dass dessen Hand ungewöhnlich stark blutete. Zuerst vermutete er, dass der Gorilla bei dem missglückten Schlag die Wand erwischt und sich daran verletzt hatte. Doch dann sah Sly noch etwas in der Faust seines Gegners stecken. Ein gelber Zahn steckte zwischen seinen Fingerknöcheln und als Sly neben sich sah, wusste er auch woher dieser stammte. Neben ihm lag die Leiche des Säufers Ed. Wests Schlag hatte ihn erwischt und seinen gesamten Schädel zertrümmert. Es hatte ihm die Schädeldecke zertrümmert, weshalb sein Hirn an einigen Stellen zu sehen war. Mit dem Kopf zwischen der tödlichen Faust und der unnachgiebigen Wand, hatte es Eds Unterkiefer in Einzellteile zerrissen. Wests Kameraden brachen in johlenden Beifall aus, als sich dieser den Zahn aus der Hand zog und ihn wie eine Trophäe in die Luft hielt.
      Sly hatte es im Eifer des Kampfes nicht bemerkt, aber Ed musste die ganze Zeit an der Hauswand gelehnt haben. Ob nun aus Angst oder Blutlust, er hatte sich wohl dazu entschieden zu bleiben um zu sehen, was mit dem Neuen geschehen würde. Es war sein Körper, der Sly zum Stolpern gebracht hatte und letztlich dazu führte, dass nicht der Dieb sondern er den tödlichen Schlag abbekam.
      Sly hatte keinerlei Mitleid mit dem Penner. In dieser Situation war er froh darüber, dass es Ed und nicht ihn erwischt hatte. Und in anbetracht der Tatsache, dass sich West nun vor ihm aufbaute, um mit ihm das Selbe zu tun, verstärkte sich in ihm nur die Erkenntnis, dass Trauer um irgendeinen fremden Säufer im Moment sowieso völlig sinnlos wäre. Verzweifelt hielt Sly seinem Gegner das Messer entgegen.
      West lachte nur. Es schien ihm offensichtlich viel Freude zu bereiten sein Opfer noch ein wenig zu quälen, bevor er ihn erledigte.
      Feixend holte er mit seinem Bein aus und entwaffnete Sly durch einen harten Tritt gegen die Hand. Sly machte sich nicht mehr die Mühe, den Schmerzensschrei zu unterdrücken, auch wenn er wusste, dass er West damit eine Freude bereitete. Doch das war ihm egal. Es gab in der jetzigen Situation keinerlei Grund für ihn den Helden zu spielen. Das Messer landete nach einer kurzen Zeit klirrend in der Nähe des Diebes auf dem Boden.
      Er sah, wie West mit einem breiten Grinsen im Gesicht ausholte, um ihm den Rest zu geben. Sly erhob seine Arme zum Schutz, obwohl ihm klar war, dass das gegen seinen Gegner rein gar nichts ausrichten würde. So schloss er seine Augen und erwartete den tödlichen Schlag.
      Betrübt ließ er seine Gedanken von diesem trostlosen Ort zu einer Zeit wandern, in der er noch mit seinem Bruder vereint gewesen war. Ja, sein Bruder war der Grund, weshalb er nun hier war. Es war sein unbedingter Wille ihn zu finden, der Sly angetrieben hatte. Und auch jetzt, im Angesicht des Todes, wurde dieser Wunsch in dem Dieb nicht kleiner. Im Gegenteil. In Sly loderte eine Flamme auf. Er konnte und wollte nicht zulassen, dass er in irgendeiner Nebengasse sein Leben beenden würde. Er hatte noch Verpflichtungen, die er um jeden Preis einhalten musste.
      Doch was ihm dabei im Weg stand war dieser Psychopath West und seine ebenso gestörten Kameraden.
      Sie sollten ihm nicht mehr im Weg stehen. Sie sollten zur Seite gehen. Sly wollte sie, die sie sich wie eine Mauer zwischen ihn und seinen Bruder gestellte hatten, einfach bei Seite schieben.
      „Was zum Teufel?“
      Wests Stimme holte Sly zurück in die stinkende Gasse. Der Gorilla befand sich, aus irgendeinem Grund, im Fall. Auch wenn der Dieb nicht wusste, was eben geschehen war, so erkannte er doch seine Chance.
      Er ergriff das Messer und rammte es West noch im Fallen in den Bauch. Wieder und wieder stach Sly zu, bis er endlich sicher war, dass sein Gegner das Leben ausgehaucht hatte.
      Erschöpft sah er von dem, vor Schock verzerrten, Gesichts Wests auf und blickte augenblicklich in den Lauf einer Pistole. Die Frau, die vorhin noch am Arm des Gorillas gehangen hatte, zielte zitternd und mit Tränen in den Augen auf ihn.
      „Du verdammtes Schwein? Was bist du? Was war das für ein Trick, den du da abgezogen hast? Ich werde dich töten für das, was du West angetan hast!“, schrie sie ihm mit zitternder Stimme entgegen. Auch die beiden Anderen hatten auf ihn angelegt.
      Nun war es endgültig vorbei. Hieraus könnte er nicht entkommen. Er fragte sich noch einen Moment, was die Frau meinte, als sie von seinem Trick sprach, doch schob er den Gedanken bei Seite. Schließlich hatte nun keinen Sinn mehr darüber nachzudenken. Also schloss er noch einmal die Augen, um den Tod nicht kommen sehen zu müssen.
      Er hörte drei Schüsse knallen, doch spürte er keinen Schmerz. Als er verwirrt die Augen öffnete, sah er die drei Gestallten um sich herum zusammensacken. Verwirrt sah er sich um und entdeckte die eigentlichen Schützen. Eine Reihe von Männern zielte in seine Richtung. Aus ihrer Mitte trat ein kleiner, übergewichtiger Mann mit fettigem, dunklem Haar.
      „Aber warum Boss?“, keucht die Frau mit letzter Kraft hervor.
      Der Mann ging zu ihr und beugte sich hinunter. Er sah sie einen Moment lang mit seinen kleinen Rattenaugen an.
      „Weil die Fähigkeiten dieses jungen Mannes tausend Mal mehr wert sind, als eure erbärmlichen Leben, Liebes.“
      Dann wandte er sich Sly zu. Augenblicklich stach ihm eine penetrante Parfümwolke in die Nase.
      „Eine interessante Teufelskraft hast du da. Mein Name ist Ramon. Hättest du nicht Interesse daran, für mich zu arbeiten?“


      Teil 5: Vom Weg abgekommen
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      Es war keineswegs so, dass Sly begeistert auf Ramons Angebot reagierte. Vielmehr hatte er kaum eine andere Wahl, als ihm zu folgen. Ihm fehlte nach dem Kampf mit West jegliche Kraft um auch nur an Widerstand zu denken. Es wollte ihm im Augenblick nicht einmal gelingen, einen klaren Gedanken zu fassen.
      Ramons Männer brachten ihn in ein, für diesen Stadtteil ungewöhnlich luxuriöses, Haus. Man gab ihm zu Essen, frische Kleidung und eine Möglichkeit ein Bad zu nehmen. Danach führte man ihn in ein reich geschmücktes Zimmer mit vielen kitschigen Verzierungen und unzähligen Bildern, die allesamt Ramon zeigten, an den Wänden. Die, von übermäßig vielen Duftkerzen und Parfums wabernde, Luft brannte wie Feuer in Slys Lungen.
      In der hintersten Ecke des Raumes saß Ramon auf einer Art Thron, dessen Aufmachung sehr gut zu der geschmacklosen Einrichtung des restlichen Raumes passte.
      Der Dieb stand vor dem übergewichtigen, schwer schnaufenden Mann, der sich gerade mit einer Frau begnügte und scheinbar keinerlei Notiz von ihm oder den beiden Männern hinter seinem Thron zu nehmen schien.
      Natürlich tat er das nicht. Er herrschte hier und niemand würde es wagen, ihn bei seinen Vergnügungen zu stören. Das war Sly sofort klar geworden, als er das Haus betreten hatte.
      Der Dieb blieb in einiger Entfernung stehen und sah zu, wie sich die schöne junge Frau auf dem Fettberg abmühte. Ihre Hüften kreisten rhythmisch in Ramons Schoß, während dieser in ein immer heftiger werdendes Schnaufen verfiel. Bald wäre es soweit. Ramon würde kommen oder bei dem Versuch den Löffel abgeben. Die Frau gab sich allergrößte Mühe das Ganze so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Allein an ihren Bewegungen konnte Sly erkennen, wie sehr sie der schwitzende, vor Lust grunzende Fleischklops unter ihr anwiderte.
      Das ekelhafte Schauspiel dauerte noch einen Moment lang an, bevor Ramon ein seltsames Grunzen von sich gab und danach unter der Frau zusammensackte. Er brauchte einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen. Erst dann schickte er die Frau, die sich währenddessen nicht von Fleck bewegt hatte, fort.
      Sie ging, ohne ein Wort zu sagen, nackt wie sie war an Sly vorbei aus dem Zimmer. Nur kurz trafen sich ihre Blicke, doch ihr absolut emotionsloser Ausdruck reichte aus, damit Sly die Nachricht von Ramon verstand.
      Er war hier der alleinige und unumstrittene Herrscher und konnte mit jedem machen, was er wollte. Das war die Botschaft, die der Dieb aus diesem Schauspiel mitnehmen sollte. Es war eine äußerst geschmacklose Vorstellung, die Ramon da abgeliefert hatte, aber sie hatte erreicht, was sie sollte. Sly wusste nun, wo er in dieser Hierarchie stand. Nämlich ganz Unten.
      Er wartete, bis sich Ramon mit Hilfe der beiden Männer wieder in seine kitschig bunten und viel zu engen Kleider gepresst hatte. Ihm war völlig klar, dass er es nicht wagen dürfte als Erster zu sprechen.
      „Willkommen in meinem kleinen Reich, Fremder. Wie ist dein Name?“, sagte Ramon schließlich als er sich wieder auf seinem Thron niedergelassen hatte.
      „Sly Mortou, Herr.“
      Es widerte ihn an, diesem Fettsack gegenüber so unterwürfig zu sein. Doch er wusste, wie er sich zu benehmen hatte, wenn er den morgigen Tag noch erleben wollte.
      „Nun gut, Sly Mortou. Ich bin ein sehr viel beschäftigter Mann und will mich kurz fassen. Du hast im Kampf gegen West eine wirklich sehr interessante Teufelskraft eingesetzt. Wie nennt man diese?“, wollte Ramon wissen, während er sich einen Apfel einverleibte.
      „Es tut mit schrecklich leid Herr. Aber ich kann es euch nicht sagen. Ich habe die Kraft erst seit Kurzem und weis selbst noch nicht so recht, was sie bewirkt.“
      Ramon hob skeptisch die Augenbrauen. Er musterte Sly von Oben bis Unten mit einem seltsam lustvollen Blick. Augenblicklich machte sich in ihm Panik darüber breit, dass sich der ekelhafte Fettsack ihn als nächstes Objekt zur Stillung seiner Gelüste ausgesucht hatte.
      „Ich bin geneigt dir zu glauben. Hättest du diese Kräfte schon länger, dann hättest du leichtes Spiel mit West gehabt.
      Nun gut. Wenn das so ist, will ich dir ein Angebot machen. Ich werde dir die Mittel geben, um deine neu gewonnen Kräfte zu erforschen und zu trainieren. Im Gegenzug darfst du sie dann nutzen, um deine Schulden bei mir abzuarbeiten“, sagte er schmatzend.
      „Schulden Herr?“
      Noch immer konnte Sly nicht abschätzen, weshalb Ramon ihn in sein Haus hatte bringen lassen.
      „Dann lass mal sehen. Du hast einen meiner Männer getötet. Zu deinem Glück war West ein hirnloser Homunkulus. Für ihn berechne ich dir nur fünf Millionen Berry. Dann hast du meine Gastfreundschaft in Anspruch genommen. Dafür werde ich dir fünfzehn Millionen Berry berechnen müssen. Und schließlich werde ich dir bei der Erkundung deiner Fähigkeiten zur Hand gehen. Dieser Freundschaftsdienst sollte dir mindesten zehn Millionen Berry wert sein.
      Es ist also ganz einfach. Arbeite für mich, bis du mir die dreißig Millionen Berry, die du mir schuldest, zurückgezahlt hast und dann kannst du deiner Wege gehen.“
      Sly konnte dieses so genannte Angebot nicht fassen. Schließlich war es ja nicht so, als ob er um all dies gebeten hätte. West hatte ihn zuerst angegriffen. Man hatte ihn gegen seinen Willen hier her gebracht. Und Ramons Hilfe bei der Erkundung seiner Teufelskräfte hatte er noch gar nicht in Anspruch genommen.
      Er sah sich in dem Raum um und plötzlich traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Die Tatsache, dass Ramon seine Schlägertrupps draußen herum laufen ließ und das man ihn einfach hier her gebracht hatte. Ja sogar die widerwärtige Zurschaustellung seiner eigenen Macht mit Hilfe der Frau. All dies hatte nur dem Zweck gedient, potentiell interessante Leute in seinen Dienst zu zwingen und sie gleichzeitig einzuschüchtern.
      Sly war in das Netz, das Ramon ausgelegt hatte um seine Anhängerschaft zu erweitern, getappt und zappelte nun darin. Und ähnlich einem Insekt, das hilflos im Netz einer Spinne saß, musste er sehr bald erkennen, das es auch für ihn nur eine sehr geringe Chance gab, den Fängen von Ramon und seinen Leuten zu entkommen.


      Teil 6: Prüfung
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      Für Sly verging die Zeit in jenen Tagen unglaublich langsam, sodass er sich fragte, ob an deren Ende auch das Ende all seiner Tage gekommen sei.
      Man hatte ihn zunächst für einige Zeit in ein Zimmer innerhalb der Villa von Ramon gesperrt, natürlich mit dem Hinweis, dass die Kosten für seinen Aufenthalt zu seinen Schulden gezählt würden. Sly hatte wohlweislich darauf verzichtet, gegen diese Behandlung zu protestieren. Die beiden Fleischberge, die West nicht unähnlich sahen, die man vor seiner Tür platziert hatte, machten ihm schon beim ersten Versuch das Haus zu verlassen unmissverständlich klar, dass es ihm nicht sehr gut bekommen würde, wenn er auch nur seinen Raum verlassen würde, bevor man ihm die Erlaubnis dazu gab.
      Man ließ ihn einen Tag und eine Nacht allein warten, bevor ein hagerer alter Mann, mit nur noch ein paar vereinzelnd vorhandenen Haaren auf dem Kopf, gebückt gehend zu ihm gebracht wurde. Bei sich hatte er ein Buch, auf dessen Einband in großen Buchstaben der Name Vegapunk geschrieben stand.
      Der Alte zeigte Sly einige sehr interessante Bilder von den wunderlichsten Früchten, die alle der Einen, die er selbst verspeist hatte, mehr oder weniger ähnelten. Er erklärte dem Dieb, dass es sich hierbei um das so genannte Buch der Teufelsfrüchte handelte. Geschrieben von einem der führenden Wissenschaftler der Weltregierung enthielt es ein Bild jeder bekannten Teufelsfrucht und eine Beschreibung der Kräfte, die man durch sie erhielt.
      Sie sahen sich die Bilder eine ganze Zeit lang an. Sly sollte versuchen die Frucht wieder zu erkennen, die er zu sich genommen hatte. Und tatsächlich sah er irgendwann ein Bild der Frucht, die ihn in all das Elend gestürzt hatte. Zufrieden über diesen Fund riss der alte Mann die entsprechende Seite aus dem Buch und überließ sie Sly. Er solle die Informationen gründlich lesen und dann dazu nutzen, seine Kräfte unter Kontrolle zu bringen. Bald würde er beweisen müssen, dass er Ramons Zeit wert gewesen wäre. Danach wandte er sich um und verließ, unbehelligt von Slys Aufpassern, den Raum.
      Dem Dieb wurde schnell klar, was ein Versagen bei dieser Prüfung nach sich ziehen würde. Und in Anbetracht der Menge an Schlägern in diesem Anwesen hätte er wohl kaum eine Chance zu überleben, wenn er sich hier und jetzt gegen Ramon stellen würde. Immer größere Wut begann in ihm aufzusteigen, als er darüber nachdachte, wie er in Ramons Fänge geraten war. Er verspürte die unbändige Lust das gesamte Zimmer in Kleinholz zu verwandeln, doch hielt er sich dennoch zurück. Es war wahrscheinlich keine sehr gute Idee hier Schäden zu verursachen, denn diese würden ihm mit Sicherheit auch in Rechnung gestellt werden. Er zwang sich daher zur Ruhe und beschäftigte sich stattdessen mit der Seite aus dem Buch der Teufelsfrüchte und den dort niedergeschriebenen Erläuterungen zu den Kräften der Vektor- Frucht.
      Nach fünf Tagen fand sich Sly wieder in dem übermäßig stark parfümierten Raum vor Ramons Thron wieder. Gespannt waren die Augen der vielen Anwesenden auf ihn gerichtet, als der die Früchte seiner Studien und des Trainings präsentieren sollte. Sly ließ seinen Blick gespielt ruhig durch die Runde wandern. Er wollte Selbstsicherheit und Ruhe ausstrahlen, wobei jedoch die Gedanken in seinem Kopf rasten. Für einen kurzen Moment wog er ab, ob er es mit seinen neuen Kräften wagen konnte, gegen die hier versammelte Menschenmenge vorzugehen, doch vertrieb er den Gedanken so schnell wieder, wie er gekommen war. Nicht nur, dass ihm seine beiden Aufpasser noch immer so dicht im Rücken ständen, dass er ihren Atem auf seiner Haut spüren konnte. Sein Instinkt protestierte lautstark gegen diese Idee und er wusste auch warum, denn in diesem Moment verspürte er nur eines: Todesangst.
      Es war dasselbe Gefühl, wie er es damals bei seiner Folter durch die Piraten und auch bei seinem Kampf gegen West erlebt hatte. Doch anstatt sich von der Angst lähmen zu lassen, versuchte er nun, diese für sich auszunutzen. Er erinnerte sich an den Moment, in dem er zum ersten Mal seine Teufelskräfte, wenn auch unbewusst, eingesetzt hatte. Und dann spürte er sie wieder. Die Kraft Dinge allein durch seinen Willen zu bewegen, solange sie nur auf einen festen Untergrund standen.
      Der Vektor erschien unter einem Apfel auf einem Tisch neben Ramons Thron. Die Augen des Herren des Rattennestes begannen mit einer Mischung aus Gier, Misstrauen und Faszination zu glitzern, als er den Pfeil entdeckte. Sly ließ den Apfel noch einen Moment an seiner Position liegen, um die Reaktionen der umstehenden zu beobachten. Erst als er sich sicher war, dass genügend Anwesende den Vektor bemerkt hatte, ließ er den Apfel in seine Richtung losschnellen. Er fing das Obst in der Luft auf und nahm einen Bissen.
      Ramon, der offensichtlich ein Freund großer, theatralischer Auftritte war, erhob sich langsam und ging auf den Dieb, der inzwischen den ganzen Apfel gegessen hatte, zu. Er blieb so dicht vor Sly stehen, dass ihm in diesem Augenblick ein stechender Gestank aus Parfüm und Schweiß, der sogar den ohnehin penetranten Geruch des Raumes überdeckte, in die Nase zog.
      „Mein lieber Junge, ich bin beeindruckt. Du hast dir das Recht verdient, unter mir zu arbeiten“, sagte Ramon nach einer übertrieben lange Pause und erhob die Arme überschwänglich um seine Anhängerschaft zum Jubeln zu animieren. Sly für seinen Teil hatte damit zu kämpfen, sich nicht übergeben zu müssen. Seine Übelkeit rührte jedoch weniger von dem nun übermäßig starken Gestank, den Ramons Körper verbreitete, her, sondern viel mehr von dessen Worten und dem Zwang, dabei zu lächeln.
      Während sich der Anführer allen Gesindels in dieser Stadt selbst dafür feierte, was er doch für einen feinen neuen Untergebenen gefunden hatte, wandte sich Sly um. Die beiden Fleischberge vor sich, die ihm noch immer den Weg versperrten, räumte er mit Hilfe seiner Teufelskraft einfach zur Seite. Sie stolperten und fielen nach hinten über. Ohne dass ihre Erbsenhirne jemals hätten begreifen können, was gerade mit ihnen geschehen war, hatte er den Beiden klar gemacht, dass sie ihn, wenn er es nur gewollt hätte, niemals hätten aufhalten können.
      Sly genoss den Ausdruck der Angst in den Augen der beiden Männer, wie sie am Boden liegend zu ihm aufsahen. Seine Teufelskräfte waren seine Fahrkarte hier heraus.
      Erschrocken über den Einsatz der Kräfte des Neuen machten alle sofort einen Weg frei. Auch Ramon blieb der Tumult am anderen Ende des Raumes nicht verborgen.
      „Und wo soll’s hingehen, Jungchen?“, rief er Sly hinterher, woraufhin das allgemeine Tuscheln augenblicklich verstummte.
      Sly blieb stehen und wandte nur seinen Kopf herum, um zu sprechen.
      „Ich gehe arbeiten Boss“, sagte er kurz.
      Ramon blieb für einen Moment die Sprache weg, als er den Fremden ansah. Wie er da am Ende des Raumes stand, wirkte er direkt bedrohlich.
      „Tu das. Aber denk dran. Wir kennen dein Gesicht, Jungchen.“
      Hätte Sly in diesem Augenblick bereits geahnt, was diese Worte für ihn bedeuten würden, hätte er Ramon wahrscheinlich an Ort und Stelle die Lichter ausgeblasen.


      Teil 7: So schlau wie fett
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      Die Wochen vergingen und mit jedem Tag, den Sly in diesem elenden Viertel verbringen musste, wuchs seine Wut gegenüber Ramon. Schnell hatte er feststellen müssen, wie geschickt es die fette Qualle anstellte, wenn es darum ging, einen Fremden in seine Dienste zu zwingen.
      Im Grunde lief es immer wieder nach demselben einfachen, aber dennoch sehr effektiven Schema ab. Ramon verstand es auf äußerst geschickte Art und Weise, die Ängste und Begierden der Menschen auszunutzen. Seien es nun fleischliche Gelüste, das Glücksspiel, Verzweiflung, die Hoffnung auf ein besseres Leben in seinen Diensten oder, wie in Slys Fall, Einschüchterung und Gewalt. Jedes seiner vielfältigen Mittel hatte nur den einen Zweck. Jemand sollte sich Ramon gegenüber verschulden und dann bis zum Ende seiner Tage für ihn arbeiten.
      Auch wenn sich Sly jedes Mal bei dem Gedanken fühlte, als müsste er sich im nächsten Moment übergeben, so musste er sich bei einer kühlen und sachlichen Betrachtung der Lage doch eingestehen, dass er blind in Ramons Falle getappt und nun in ihr gefangen war.
      Natürlich hatte er bereits an seinem ersten Tag im Dienste des Herrschers des Rattennestes den Versuch unternommen, die Stadt zu verlassen. Doch auch wenn er sich in innerhalb der Stadtgrenzen frei bewegen konnte, so hatte er doch keine Chance auch nur einen Fuß über diese zu setzen. Ramons Leute waren überall. Schon als er die Außenbezirke des Hafenstädtchens Karban betrat, spürte er Blicke auf sich ruhen. Es dauerte auch nicht lange und bald standen ihm drei Gorillas, die West in Stärke und Dummheit in nichts nachstanden, gegenüber.
      Er solle nicht vergessen, wo sein Platz auf dieser Welt sei, sagten sie zu ihm. Für einen Sekundenbruchteil spielte der Dieb mit dem Gedanken, seine neu gewonnen Fähigkeiten einzusetzen, um diese Idioten aus dem Weg zu räumen. Die Teufelsfrucht hatte ihm eine enorme Macht verliehen, die er nur noch nutzen musste. Die drei Fleischberge vor ihm würden ihn nicht aufhalten können. Doch noch bevor er diesen Gedanken so weit vorantreiben konnte, damit aus ihm ein Entschluss erwachsen könnte, zerriss ein Schuss die Luft und Sly sah im Augenwinkel, wie eine Kugel nur knapp neben seinem Fuß einschlug. Erschrocken fuhr er herum, um nach dem Schützen Ausschau zu halten, doch vergeblich. Vor ihm breitete sich ein undurchsichtiges Gewirr aus Häusern und Straßen aus. Der Schuss hätte von überall kommen können. Noch während er vehement gegen den logischen Gedanken ankämpfte, dass es ihm niemals gelingen würde, den Schützen ausfindig zu machen, brachen die drei Schläger in hämisches Gelächter aus.
      „Siehst du es jetzt ein, mein Kleiner. Wir kennen dich und sehen jeden deiner Schritte. Du wirst diese Stadt erst wieder verlassen können, wenn du deine Schulden beim Boss bezahlt hast. Außer natürlich, du gibst vorher den Löffel ab. Dann kannst du natürlich gehen, wohin du willst, du Winzling.“
      Das erneut aufbrausende Gejohle der Fleischberge brachte Sly an den Rand seiner Beherrschung. Wie gerne hätte jeden Einzelnen dieser Penner kalt gemacht. Er hatte die Macht dazu. Und doch legte sich eine Erkenntnis schwer auf seinen Geist und ließ ihn mit einem Gefühl der Hilflosigkeit in die Knie sinken. Es brachte ihm nichts, wenn er sich an diesen Idioten für die Demütigung rächen würde. Jede Leiche, die auf sein Konto ging, würde seine Schulden bei Ramon nur noch weiter ansteigen lassen. Und das wollte er unter allen Umständen vermeiden. Wütend über seine eigene Dummheit und die Ohnmächtigkeit angesichts des Käfigs, den Ramon aus dieser Stadt gemacht hatte um seine Untergebenen einzusperren, entwich Sly ein lauter Schrei der Verzweiflung, der selbst bis in Ramons Anwesen zu hören war.
      „Unser Neuzugang, nicht war?“, fragte er an einen seiner Leibwächter gewandt, während e, den Kenner spielend, an einem Kristallglas voller Wein schnupperte.
      „Ganz recht, Boss.“
      Auf Ramons Gesicht machte sich ein verschlagenes Grinsen breit.
      „Das Jungchen ist noch etwas temperamentvoll, aber nicht dumm. Er wird inzwischen begriffen haben, dass es für ihn kein Entkommen aus meiner Stadt gibt“, sagte er selbstzufrieden und kippte den gesamten Wein in einen Zug in sich hinein.
      Für Sly war dieser Tag der Beginn einer nicht enden wollenden Qual. Schnell hatte er begriffen, wie die Regeln in dieser Stadt aussahen. Und diese Regeln waren Ramons Regeln. Er war ohne Zweifel der mächtigste und einflussreichste Mann in der gesamten Gegend. Der offizielle Bürgermeister war nicht mehr als eine Marionette. Eine Ablenkung für die Mächtigen dieser Welt, die nicht wissen sollten, wer in der Stadt in Wirklichkeit die Fäden zog. Keine Aktion innerhalb der Stadtgrenzen blieb ihm verborgen und genauso wenig geschah etwas, in dem er seine Finger nicht im Spiel hatte. Auch wenn es niemand wirklich zugeben wollte, aber in der Stadt gab es nur einen unumschränkten Herrscher: Ramon.
      Die fette Qualle verstand es außergewöhnlich gut, seine zwangsverpflichtete Anhängerschaft an sich zu binden. Nicht nur, dass man keine Chance hatte, die Stadt zu verlassen, wenn man seine Schulden noch nicht beglichen oder genügend Vertrauen und Respekt bei Ramon erworben hatte. Er machte es den Leuten in seinen Diensten auch fast unmöglich jemals die Schulden los zu werden.
      Ramon stellte sich selbst gerne als großzügigen und wohltätigen Boss da. Alles, was sich ein schwacher Geist nur wünschen konnte, bot er diesen auch. Doch was die Meisten in ihrer blinden Gier nicht sahen war, dass ihnen jeder einzelne der sogenannten Gefallen in Rechnung gestellt wurde. So wuchsen die Schulden fast aller Bediensteten schneller an, als diese sie durch Arbeit tilgen konnten.
      Doch Sly war anders als sie. Sollten diese habgierigen Idioten doch ihr Leben im Rattennest verbringen. Für Sly gab es ein Ziel, auf das er mit aller Kraft zuarbeitete. Er wollte hier raus, um nach seinem Bruder zu suchen, koste es, was es wolle. Er machte sich auf eine entbehrungsreiche Zeit gefasst und hoffte jeden Tag, dass er noch auf ihn wartete. Doch was er in diesen dunklen Tagen nicht ahnen konnte war, das sich bereits jetzt eine Gestalt in Ramons Stadt befand, die nicht nur sein, sondern das Leben aller Stadtbewohner ändern sollte.

      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
      Meine FanFiction: Wünsch dir was!

      Dieser Beitrag wurde bereits 12 mal editiert, zuletzt von moondoggie ()

    • Sooo..... nachdem ich, zugegebenermaßen, in letzter Zeit ein wenig zurückhaltend mit neuen Kapiteln war, wird es nun Zeit die Geschichte um Sly und seine Freunde weiter zu führen.

      Eigentlich hatte ich gehofft, dass sich in der Zwischenzeit noch irgendwer findet, der einen Kommentar hinterlässt.
      So muss ich jetzt eben einen Doppelpost machen.... Da kann man wohl nichts machen.

      Liegt das etwa daran, dass ich so lang nichts Neues geliefert habe? Wenn ja, dann möchte ich die Kritiker hier und heute mit drei neuen Kapiteln milde stimmen. Neben dem ersten Kapitel des neuen Arcs, gibt es von mir auch zwei neue Kapitel für das Special von Sly und Helios.

      Inhaltlich werden Sly und seine Freunde nun langsam immer tiefer in die Mysterien hinter den Nummern gezogen. Es werden einige Fragen beantwortet und (hoffentlich) neue aufgeworfen.

      Viel Spaß mit den neuen Kapiteln des 3. Arcs!

      Kapitel 29: Was nun Kapitän?
      Spoiler anzeigen
      Im tiefen Rot der untergehenden Sonne betrachtete Sly die immer kleiner werdende Insel Fenin und war für jeden Meter, der zwischen ihnen und diesen elenden Stück Land lag, dankbar. Erst als er am Horizont nicht einmal mehr ein dunkles Fleckchen entdecken konnte, entspannte er sich sichtlich.
      Die Wunde aus dem Kampf mit Uriel machte ihm zu schaffen und auch die Strapazen des vergangenen Tages hatten ihm deutlich zugesetzt. Eigentlich wollte er sich nur noch zurückziehen und sich ausruhen. Doch war er seinen Freunden, in denen mit Sicherheit eine Menge Fragen brannten, ein Gespräch schuldig. Er als Kapitän musste eine Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen treffen.
      Daher rief er alle zusammen, um die vergangenen Tage zu besprechen. Sie fanden sich alle in dem Zimmer ein, in dem sich Sasaki ausgeruht hatte.
      „Zunächst möchte ich euch allen eine Sache sagen. Die Insel Fenin stellt einen entscheidenden Punkt auf unserer Reise dar. Wären wir nicht dort vor Anker gegangen, dann wären wir dem Rätsel hinter diesen verdammten Nummern niemals auf die Spur geraten. Doch es ist gut, dass wir von dort weg sind.“
      „Bist du dir sicher, dass wir die Insel verlassen sollen? Schließlich haben wir nicht allzu viel über die Nummern herausfinden können. Wäre es nicht besser, wenn wir noch etwas geblieben wären um weitere Informationen?“, fragte Saja, wohl wissend, dass Sly stets viel Wert darauf legte, gut und umfassend informiert zu sein.
      „Ich verstehe deine Einwände, gegen meine Entscheidung, mein Liebling. Doch ich fürchte, dass uns nicht viel übrig bleibt. Mit unseren Taten haben wir uns die einzige Möglichkeit, bei den Einheimischen etwas über die Nummern in Erfahrung zu bringen, verbaut.“
      Für einen Moment herrschte Stille. Sly konnte in den Gesichtern von Clay und Saja deutlich erkennen, dass sie sich die Schuld an den Ereignissen gaben. Schließlich waren sie es gewesen, die so vehement darauf gedrängt hatten, dass sie in die Kathedrale eindringen und die Hinrichtung verhindern sollten.
      „Davon abgesehen haben wir alles erhalten, was wir benötigen. Denkt an die Worte des Erzpriesters. Er hat uns viel mehr Informationen gegeben, als es ihm wahrscheinlich bewusst war“, sagte Sly schließlich um seine Freunde wieder etwas aufzumuntern.
      „Du sprichst von dem Zettel?“, wollte Clay wissen.
      „Richtig. Ich bin mir nicht sicher, ob es von ihm beabsichtigt war, aber er hat dieselben Worte benutzt, die auf den Zetteln standen. Daraus lässt sich schließen, dass irgendeine Verbindung zwischen ihm, der Person, die Clays Verlobte entführt hat, und den Piraten, die mir meinen Bruder genommen haben, besteht.“
      Alle nickten zustimmend.
      „Weiterhin haben uns seine Worte eine Sache klar gemacht. Die Nummern sollten uns auf diese Insel führen. Und Uriels Aufgabe scheint es zu sein, uns diese Nachricht zu überbringen. Er hat unser Leben verschont, obwohl er offensichtlich dazu in der Lage war, uns zu töten. Das ist in meinen Augen ein weiteres Indiz dafür, dass er mit den Leuten, die uns die Nummern gaben, irgendwie in Verbindung stehen muss“, schlussfolgerte Saja.
      „Aber was bringt uns diese Erkenntnis? Auch jetzt stehen wir vor der Frage, wie es mit uns weiter gehen soll. Wir haben keinerlei Anhaltspunkt erhalten, was nun zu tun ist. Wenn ihr mich fragt sind wir jetzt genauso weit, wie vor unserem Besuch auf dieser Insel.“
      Clay hatte einen Punkt angesprochen, den auch die Anderen nicht so ganz mit Slys Zuversicht in Einklang bringen konnten. Sie sahen es genauso wie der Bergarbeiter. In der Hoffnung, dass dieser seine Gedankengänge offenbaren würde, ruhten alle Blicke auf den Kapitän, der sich nur mit einem selbstzufriedenen Lächeln zurückgelehnt hatte.
      „Prinzipiell hast du schon Recht, Clay. Was nutzt es uns zu wissen, dass ein Sinn hinter diesen Nummern zu stehen scheint, wenn wir keinerlei Chance haben diesen zu erkennen? Prinzipiell stehen wir vor derselben Ausgangssituation, wie vor unserem Besuch auf der Insel Fenin. Doch eines ist heute anders“, meinte er gelassen, während er den Blick aller durch eine Handbewegung auf Sasaki lenkte. Sly war sich natürlich bewusst, dass Sasaki ihm persönlich niemals bei der Lösung dieses Problems helfen würde. Seine Hoffnungen ruhten jetzt in der Annahme, dass der Neue auf ihrem Schiff unter dem Druck der Gruppe einknicken würde.
      Doch schon bald musste Sly feststellen, dass er sich darin getäuscht hatte. Sasaki behielt sein eisernes Schweigen bei. Es schien seine Art zu sein, die Crew dieses Schiffes für ihre Taten in der Kathedrale zu strafen. Bald schon gab es Sly auf. Es hatte wohl keinen Sinn auf die Unterstützung dieses Mannes zu zählen. Augenblicklich machte sich in ihm Ärger darüber breit, dass er das Leben dieses Typen gerettet hatte.
      Es war Helios, der ihn aus seinen Gedanken riss, indem er Sly die Hand auf die Schulter legte um ihm damit verständlich zu machen, dass er etwas zu sagen hatte. Geistesabwesend blickte der Dieb in der Gesicht seines Freundes und wartete ab, was dieser ihm mitzuteilen hatte.
      „Aber natürlich, die Pakete des Arztes!. Die hatte ich völlig vergessen“, entfuhr es Sly urplötzlich, sodass mit einem Schlag alle Blicke im Raum wieder auf ihn gerichtet waren.
      Während sich Helios mit einem selbstzufriednen Grinsen auf den Weg machte um die beiden seltsame Mitgifte des Erzpriesters an die Crew zu hohlen, wollte es Sly einfach nicht in den Kopf gehen, wie er eine so wichtige Tatsache einfach vergessen konnte.
      Kurze Zeit später stand der Mönch mit den beiden Päckchen in der Tür. Slys Interesse galt sofort dem Größeren der Bündel, die Helios zu ihm brachte. Doch kam er nicht dazu herauszufinden, was sich darin befand. Noch bevor der Kapitän eine Hand daran legen konnte, wurde Helios das Paket von Sasaki entrissen.
      Ein kurzes „Das gehört mir“ war das Einzige, das er während des gesamten Abends zu den Anderen sagen sollte. Ein wenig verwirrt aber vor allem verärgert über dieses Benehmen wandte sich Sly dem zweiten, deutlich kleineren Päckchen zu.
      Unter den wachsamen Augen seiner Freunde enthüllte er einen Gegenstand, den er in seinem Leben noch niemals zuvor gesehen hatte.
      Es handelte sich um eine Glaskugel, die mit einer Holzhalterung eingefasst war. Im Zentrum der Kugel befand sich eine Nadel, die wild hin und er tänzelte. Sly erhob fragend seinen Blick, in der Hoffnung, dass irgendwer etwas mit diesem Gegenstand anfangen konnte. Bei den Männern hatte er kein Glück. Sowohl Clay als auch Helios blickten mit dem gleichen ratlosen Gesicht auf den Gegenstand, wie es auch ihr Kapitän tat. Von Sasaki war sowieso keine Hilfe zu erwarten. Er saß nur in der Ecke und umklammerte das längliche Paket wie einen wertvollen Schatz.
      Erst der Blick zu Saja ließ den Dieb neue Hoffnung schöpfen.
      „Wie kommt ein Eternal- Port in den South Blue?“, brachte sie stotternd hervor.


      Kapitel 30: Entglitten
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      Das unablässige Schreien des einzigen Überlebenden des Exekutionstrupps begann allen an Board des Marineschiffs auf die Nerven zu gehen. Keiner konnte sich erklären, warum der Kapitän diesen einen Mann am Leben gelassen hatte, während er alle anderen regelrecht abgeschlachtet hatte.
      Obwohl man bei dem Schicksal dieses armen Teufels kaum von Glück sprechen konnte. Für ihn hatte sich der Kapitän ein weitaus grausigeres Ende erdacht. Schon bald würde er seine bereits verstorbenen Kameraden beneiden, wenn er es nicht bereits tat. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag er verkrampft inmitten der zerfetzten Leichen an Deck des Schiffes. Sein ohrenbetäubendes Schreien störte den Kapitän nur wenig, während dieser die leblosen Körper durchstöberte.
      Die, von ihm abgerissenen, Arme und Beine, warf er achtlos über Board. Sollten sich die Fische mit ihnen beschäftigen. Mit jedem Körper, den er untersuchte, verschlechterte sich seine Laune. Ohne Ausnahme trug jeder das Zeichen der Leute, für die er in den vergangenen Monaten insgeheim gearbeitet hatte. Der Kapitän hatte die Zeichen der Zeit erkannt und sich selbst in eine Position gebracht, in der er unwichtige Kleinigkeiten für seine Auftraggeber in die Wege leiten konnte und dafür jedes Mal fürstlich entlohnt wurde. Es war immer anonym abgelaufen. Die Teleschnecke klingelte und eine verzerrte Stimme gab ihm die Namen der Leute durch, denen er ein Kopfgeld verpassen sollte. Bald darauf klingelte es in seinen Kassen. Anfangs äußerst skeptisch, hatte der Auftraggeber schnell bewiesen, wie weit reichend seine Kontakte und Möglichkeiten waren.
      Auch wenn das Geld ein sehr guter Anreiz für ihn gewesen war, hatte ihn doch erst ein Versprechen durch den Auftraggeber zu seiner Mitarbeit bewogen. Die eine Frau, die er schon ewig liebte und die ihn, trotz all der Opfer, die er für sie erbracht hatte, verschmähte, sollte leiden. Er selbst hatte in der Vergangenheit unablässig dafür gesorgt, dass sich ihr Leben in einen einzigen Höllentrip verwandelte. Niemals hatte sie Verdacht geschöpft. Immer hielt sie ihn für einen Freund. Und nichts weiter.
      Sie hatte ihn zurück gewiesen. Mehrfach. Und als er von den Plänen seiner Auftraggeber erfuhr wurde ihm klar, dass er sie in dieses seltsame Spiel integrieren müsste. Das war sein ultimativer Triumph.
      Für einige Monate hatte er sich, zufrieden mit den Entwicklungen, zurückgelehnt und getan, was der Auftraggeber von ihm verlangte.
      Mit Hinblick auf den Krieg der Weltmächte hatte er sich zu sicher gefühlt. Niemand kümmerte sich um die unwichtigen, kleinen Fische, denen er ein Kopfgeld verpasste, obwohl sie sich häufig nichts zu Schulden hatten kommen lassen. Nur auf sein eigenes Wohl bedacht hatte er nicht bemerkt, wie sein Auftraggeber sämtliche Positionen um ihn herum mit seinen eigenen Leuten besetzt hatte.
      So war es gekommen, dass sich der Auftraggeber gegen ihn wandte. Man würde seine Dienste nun nicht mehr benötigen. Die Vorbereitungen wären fast abgeschlossen und seine Aufgabe könnte nun auch von anderen, treueren Dienern erfüllt werden.
      Man hatte ihn vor die Wahl gestellt. Entweder er schloss sich ihnen an, er würde an dem Spiel, an dessen Vorbereitung der Kapitän unbewusst mitgewirkt hatte, teilnehmen oder er würde sterben. Aufgebracht über dieses unverschämte Angebot hatte er den Boten, den der Auftraggeber zu ihm in die Marinebasis G - 9 geschickt hatte, augenblicklich aus dem Weg geräumt. Und als wenn sich in diesem Moment alle höheren Mächte gegen ihn verschworen hätten, wurde ein einfacher Soldat Zeuge des Mordes. Ihm blieb keine Alternative übrig. Würde man ihn mit diesem Mord hier in Verbindung bringen, gäbe es eine Untersuchung und man würde seinen Taten und dem Amtsmissbrauch auf die Schliche kommen. In Anbetracht der angespannten Lage nach dem Ende des Krieges gegen Whitebeard und seine Verbündeten konnte er sich sicher sein, dass er als einer der Ersten zur Wiederauffüllung von Imple Down, nach dem großen Ausbruch, herhalten müsste.
      Also räumte er auch diesen Soldaten aus dem Weg und machte sich bald darauf, mit einer handvoll seiner treusten Anhänger, auf einem gestohlenen Marineschiff davon.
      Nun hatte er einige Probleme am Hals. Nicht nur, dass die Marine bald die beiden Männer, die er getötet hatte, finden und ihm vermutlich bald darauf ein Kopfgeld verpassen würde. Zu allem Überfluss wurde der Auftraggeber scheinbar nicht müde zu versuchen, ihn doch noch zur Kooperation zu bewegen. Das Exekutionskommando, das ihn so hinterlistig hatte überfallen wollen, war der beste Beweis dafür.
      Nachdem er sich genug mit den leblosen Überresten beschäftigt hatte, wandte sich der Kapitän dem einzigen Überlebenden zu. Er wandte sich auf dem Boden und hielt sich dabei krampfhaft die münzgroße Wunde in seinem Bauch.
      „Du… Was hast du mit mir gemacht? Ich verbrenne“, brachte der Mann mit schmerzverzerrtem Gesicht hervor.
      „Nicht ganz. Du verbrennst nicht wirklich. Viel eher sind deine Organe just in diesem Augenblick dabei, sich in eine zähflüssige Masse zu verwandeln. Du hast schätzungsweise noch zehn Minuten zu leben“, sagte der Kapitän seelenruhig. Er hatte sich neben den Mann gesetzt und während der Erläuterung seine Fingernägel begutachtet.
      Zum Schmerz im Gesicht des Mannes gesellte sich nun auch eine Mischung aus Verachtung und Schrecken. Er schien gerade seine letzten Kräfte zu sammeln, um dem Kapitän ein paar Beschimpfungen und Verfluchungen entgegenzuschleudern, als dieser ihm ein Messer an den Hals hielt.
      „Ich mache dir einen Vorschlag. Du nennst mir die Namen deiner Auftraggeber und ich erlöse dich im Gegenzug von deinen Qualen, die im Übrigen kurz vor dem Tod schon so Manchen in den Wahnsinn getrieben haben.“
      Der Mann konnte dieses Angebot nicht fassen. Niemals würde er verraten, von wem er ausgesandt worden war, um den Sünder hinzurichten. So dachte er jedenfalls bis zu dem Moment, in dem die nächste Welle unglaublichen Schmerzes durch seinen Körper jagte. Augenblicklich begann er zu glauben, dass der Marinekapitän doch die Wahrheit über die, ihm bevorstehenden, Qualen sagte.
      Unter Aufbringung seiner letzten Kräfte flüsterte er den Namen seines Auftraggebers. Die Augen des Kapitäns weiten sich vor Wut, als er die letzten Worte des Mannes vernahm. Er würde dringend einen Anruf machen müssen. Doch zuvor galt es sein Versprechen gegenüber dem Sterbenden einzulösen.
      Er nahm den Mann auf und warf ihn über Board. Er sah noch einen Moment zu, wie sich seine Augen während des Überlebenskampfs mit Hass füllten.
      „Ich habe dir niemals versprochen, dir die Kehle durchzuschneiden. Aber wenn du aufhörst dich zu wehren, dann wirst du noch vor Ablauf der zehn Minuten nicht mehr unter uns weilen.“
      Mit diesen Worten sah er den Mann in den Gewässern der Gandline versinken.
      Danach wandte sich der Kapitän um und ging in seine Kabine. Dort angekommen nahm er augenblicklich die Teleschnecke zur Hand und wählte die Nummer eines bestimmten Mannes, der ihm vor langer Zeit einen Besuch abgestattet hatte. Es klingelte lang, bevor sich jemand am anderen Ende meldete.
      „Gomez? Ich bins. Du hattest Recht. Sie wollen mich aus dem Weg räumen“, sagte der Kapitän, ohne auf eine Begrüßung zu warten.
      „Ahh… Shin Maguro. Hat es dich also doch noch erwischt? Habe ich dir nicht von vornherein gesagt, dass du dich nicht mit Maxwell und seinem Schoßhündchen Anderson einlassen sollst?“


      Kapitel 31: Der Stein kommt ins rollen

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      [Am Kapp der Zwillinge]
      Selten hatte Krokus, der Leuchtturmwärter des Kaps der Zwillinge, eine ähnlich große Flotte gesehen. Es war nun vier Tage her, seitdem diese Mannschaft ihr riesiges Schiff mit viel Geschick über den Rivers Mountain manövriert hatte. Und auch wenn sie dabei einige Schäden davongetragen hatten, so war es doch ein Wunder der Schifffahrtskunst, dass sie nicht an den Klippen der Red Line zerschellten, als sie den größten aller Ozeane der Welt betraten.
      Seit jenem Tag waren sie damit beschäftigt die Schäden an ihrem Flaggschiff auszubessern. Nicht, dass sie es bei der Mannschaftsstärke problemlos in voller Fahrt hätten erledigen können. Viel mehr zwang sie ihre pure Anzahl so lang am Eingang zur Grand Line zu verweilen.
      Schon beinahe ein wenig reumütig musste er bei dem Anblick so vieler Schiffe unter einer Flagge, die nicht gerade zur Marine oder zur Weltregierung gehörten, an längst vergessene Zeiten denken. Er fühlte sich daran erinnert, wie er gemeinsam mit Roger die Flotte von Shiki betrachtet hatte. Und als er dem Kapitän gegenüber stand, wurde es ihm noch schwerer um sein altes Herz.
      Die Erscheinung jenes Mannes ließ ihn an den anderen, großen Konkurrenten seiner Zeit als Pirat zurückdenken. Jeder, der diese beiden Männer jemals leibhaftig getroffen hatte, hätte ihm zugestimmt. Der Kommandant dieser riesigen Flotte, der sich dem Leuchtturmwärter als Ademar von Hofzell vorstellte, war aus dem gleichen Holz wie der kürzlich verstorbene Kaiser Whitebeard geschnitzt. Stärke, Entschlossenheit und Ehre gingen von ihm aus. Und auch in Sachen der schieren Körpergröße konnte sich von Hofzell mit Whitebeard durchaus messen.
      Schnell hatten der Kapitän und der Leuchtturmwärter einen Draht zueinander gefunden. Krokus hatte sich, wie es für ihn üblich war, selbst auf das Schiff seiner Besucher eingeladen. Doch selten hatte er in den letzten Jahren einen Mann getroffen, der ihm Respekt abverlangte. Eigentlich hatte sich Rogers Tod erst ein einziger, junger Mann gezeigt, der es wert war, dass man sich an ihn erinnerte. Auch in dem Moment, in dem er mit Ademar an einer reich gefüllten Tafel auf dessen Schiff saß, musste er an jenen jungen Piraten mit dem Strohhut denken.
      Doch seine Wehmütigkeit und Sehnsucht nach den alten Tagen wurde schnell von der Crew der Flotte hinweg geblasen. So viele wie sie waren, so viel konnten sie feiern. Sie waren allesamt sehr stolze, aber dennoch recht freundliche Gesellen.
      Die Crew stammte ohne Ausnahme aus einem Königreich im North Blue. Man nannte ihm voller Stolz den Namen ihres Herkunftslandes, doch Krokus tat die Bemerkung nur mit einem Schulterzucken ab. Er sagte ihnen, dass die Titel aus den Blues auf der Grand Line nichts zu sagen hätten. Wenn sie wollten, dass irgendjemand ihre Heimat kennen lernte, dann müssten sie sich hier einen Namen machen.
      Als wäre es eine Trotzreaktion auf den mangelnden Respekt des Leuchtturmwärters weigerte sich Ademar auf dessen Frage, nach dem Grund für ihre Reise auf die Gand Line zu, antworten. Sie wären auf einer sehr wichtigen Mission, war alles, was er zu hören bekam.
      Erst gegen Mittag des sechsten Tages, nach ihrer Ankunft am Kapp, preschte endlich das letzte Schiff der Flotte durch den Eingang zur Grand Line. Der Vizekapitän, der bis zum Schluss auf dem letzten Schiff bei den übrigen Männern gewartet hatte, berichtete Ademar von einigen, nach eigener Aussage, kleinen Problemen, die er im North Blue hatte überwinden müssen. Sie hätten lästigen Besuch bekommen, um den man sich erst hatte kümmern wollen.
      Mit diesen Worten übergab er seinem Kapitän zehn fein säuberlich gefaltete, schwarze Stoffballen. Dieser nahm sie wortlos entgegen und breite eine Piratenflagge nach der anderen vor sich aus.
      „Das nächste mal lässt du dir nicht ganz so viel Zeit mit den paar Piraten“, war seine einzige Reaktion.
      Der Vize nickte den Kommentar ab und begab sich dann wieder auf sein Schiff um der Crew den Befehl zur Abreiße zur geben. Ademar verabschiedete sich von Krokus mit dem Versprechen, dass er sehr bald von den glorreichen Kriegern des Königreiches Kleist im North Blue hören würde.
      Als die Flotte am Horizont immer kleiner wurde, sah der Leuchtturmwärter noch immer auf die See hinaus. Schon lange hatte er keine so interessanten Leute getroffen. Er war sich sicher, dass das Versprechen des Ademar von Hofzell bald wahr werden würde.
      Nur eine Sache lag ihm schwer im Magen. Er hatte an von Hofzell zwei Dinge bemerkt, die er in letzter Zeit öfter gesehen hatte und die ihm langsam Unbehagen bereiteten. Er trug einen Eternal- Port um den Hals und hatte eine Tätowierung in Form einer Zahlenreihe auf dem rechten Arm.

      [Auf einer bestimmten Insel der Grand Line]

      Die Piratin kehrte, äußerst zufrieden mit sich selbst, in das Lager ihrer Bande zurück. Endlich war es ihr gelungen die Person mit der Nummer zu finden, die sie für ihre Abreiße von dieser widerlichen Insel benötigte. Und im Gegensatz zu all den Barbaren und Halbaffen hier, hatte sie niemanden deswegen töten müssen.
      Sie schlenderte durch die Zeltstadt, in der ihre Kameraden beieinander saßen, zusammen tranken und rauchten und sich im Grunde in keinster Weise um die Belange außerhalb ihres Lagers kümmerten.
      Es war die Anzahl der Leute hier, die ihnen Schutz bot. Kapitän Palmer verstand es sehr gut, die wirren Regeln dieses so genannten Spieles für sich auszunutzen. Er bot jedem Unterschlupf in ihrem Lager, der danach fragte. Auf diese Weise konnten sich die Leute sicher fühlen und mussten sich nicht zu jedem Zeitpunkt vor Personen fürchten, die es genau auf sie abgesehen hatten.
      Nur hatten sie so natürlich auch kaum eine Chance ihre Zielperson zu finden oder sonst wie in dem Spiel voran zu kommen. Eine schöne Zwickmühle hatten sie sich da einfallen lassen.
      Doch der Frau war das alles nun egal. Sie hatte ihr Ziel gefunden, überwältigt und abgeliefert. Damit war sie sicher.
      Sie steuerte auf das Zelt ihres Kapitäns zu. Wie immer stand es weit offen. Kapitän Palmer war ein unglaublicher Mann. Er schaffte es ohne Mühen Menschen für sich zu begeistern und diese um sich zu scharren. So war es nicht verwunderlich, dass sein Zelt fast aus allen Nähten platze, als die Piratin eintrat.
      „Hey Käp. Rate mal, was passiert ist! Ich habe mein Ziel gefunden und die Aufgabe bestanden!“, sagte sie freudestrahlend in die Runde. Viele Glückwünsche wurden ihr von den Anwesenden ausgesprochen, doch eigentlich wollte sie nur das Lob jenes Mannes, der sie freundlich von der anderen Seite des Zeltes aus anlächelte.
      Es war nicht so, dass sie ihn liebte. Aber dennoch fühlte sie sich in seiner Nähe sehr wohl und mochte es, wenn er sich mit ihr beschäftigte. Eine Passion, die sie mit allen Menschen innerhalb ihres Lagers teilte.


      Kapitel 32: Zwangspause
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      Immer noch ziemlich schockiert und verwundert über den Fund des Eternal- Ports unter den Gaben des Erzpriesters, versuchte Saja alles, um ihren Freunden begreiflich zu machen, was sie da in ihren Händen hielt.
      Die Männer an Board taten sich sichtlich schwer damit zu begreifen, dass sie hier einen Kompass zu einer ganz bestimmten Insel auf der Grand Line vor sich hatten. Keiner von ihnen hatte den South Blue jemals verlassen und war somit auch niemals in Kontakt mit solch einem Navigationsgerät gekommen. Umso mehr wurde ihre Faszination für die Technologie, mit der man sich auf dem größten Ozean der Welt den richtigen Kurs suchte, von Sajas Erläuterungen geschürt. Unablässig Fragen stellend schienen sie in ihren Augen gar nicht auf die Idee zu kommen, über die Bedeutung dieses Fundes nachzudenken.
      „Es ist doch im Moment völlig egal, wie das Ding funktioniert. Versteht ihr denn nicht, was das hier für uns bedeutet?“, sagte Saja irgendwann völlig entnervt über die andauernden Fragen. Gebremst in ihrer Faszination über den Eternal- Port wurden Sly, Helios und Clay augenblicklich wieder ernst. Entgegen Sajas erstem Eindruck erkannten sie alle die Botschaft, die ihnen der Erzpriester mit dem Kompass übermitteln wollte.
      Augenblicklich ruhten alle Blicke wieder auf dem Kapitän des Schiffes, der sich jedoch zuerst einen Moment Zeit nahm, um über die Folgen dieser Entwicklungen nachzudenken.
      „Die Botschaft von Uriel ist ziemlich eindeutig: ‚Wenn ihr diesen Weg weiter gehen wollt, dann begebt euch auf die Gand Line’ “, führte Sly die Überlegungen von Saja zu Ende.
      „Na dann ist doch alles klar! Auf zur Grand Line!“, sagte Clay in einer überschwänglichen Art, die man so gar nicht von ihm kannte. Die Hoffnung einen Hinweis auf den Verbleib seiner Verlobten zu finden, schien sogar ihn dazu zu bringen, seine Hülle zu öffnen. Fast schon ein wenig bizarr wurde die Situation, als er gemeinsam mit Helios ein Liedchen anstimmte und zu tanzen begann. Wobei eigentlich nur Clay sang. Der Mönch bewegte lediglich seine Lippen, ohne dabei einen Ton von sich zu geben. Auch Saja ließ sich von der Fröhlichkeit der Beiden anstecken und lachte aus vollem Herzen über das Schauspiel, das der Bergarbeiter und der Mönch ablieferten.
      Ungeachtet der ausgelassenen Stimmung seiner Kameraden blieb Sly ernst. Er starrte, tief in Gedanken versunken, zur Decke des Raumes.
      Es brauchte einen Moment, bevor die Anderen den ernsten Ausdruck im Gesicht ihres Kapitäns bemerkten.
      „Was ist denn mit dir los? Freu dich mal ein wenig! Das ist doch auch für dich eine einmalige Chance deinen Bruder wieder zu sehen!“
      Clay versuchte offensichtlich die Laune seines Freundes ein wenig zu heben.
      „Morgen setzte wir Segel in Richtung Grand Line und bald wird alles wieder gut sein“, sagte er aus tiefster Überzeugung.
      „Nein. Das werden wir nicht tun. Wir laufen die nächstgelegene Insel an“, gab Sly zur Antwort ohne dabei seinen Blick von der Decke abzuwenden.
      Schnell schlug die gute Stimmung um. Mit geschockten Ausdrücken im Gesicht lagen alle Blicke erneut auf Sly. Der Dieb sah sich unter seinen Freunden um. Innständig hoffte er bei seinen Worten auch nur halb so überzeugend zu wirken, wie er versuchte sich zu geben. Es bereitete ihm weit größere Schwierigkeiten diese auszusprechen, als den Anderen sie zu hören, auch wenn er dies zu verbergen versuchte.
      „Lass deine verdammten Scherze, wenn es um so etwas Wichtiges geht. Natürlich fahren wir auf die Grand Line!“, protestierte Clay, dessen Stimmung urplötzlich in Gegenteil umgeschlagen war. Sly sah ihm in die Augen und erkannten denselben Ausdruck, den er schon in Clays Heimatdorf gesehen hatte, kurz bevor ihr erster Kampf ausgebrochen war.
      „Ich kann mich nicht erinnern, nach deiner Meinung gefragt zu haben. Ich bin der Kapitän dieses Schiffes und als dieser habe ich eine Entscheidung gefällt und einen Befehl gegeben.“
      Sly hatten während der letzten Worte einen ungewohnt strengen und gebieterischen Ton angeschlagen. Doch Clay ließ sich davon nicht beeindrucken. Mit immer größer werdender Wut ging er auf den Dieb zu, packte ihn am Kragen und hob ihn, soweit es seine Arme zuließen, in die Luft.
      „Willst du mich verarschen? Du schleppst mich aus meiner Heimat weg, versprichst mir Hinweise auf den Verbleib meiner geliebten Karin und jetzt, da wir endlich eine Spur haben, die uns etwas nutzen kann, willst du ihr nicht folgen? Was für ein verdammtes Spiel treibst du hier mit mir?“
      Zwischen jedem Satz stieß Clay zischend die Luft aus seinen Lungen, was jedoch weniger an der Anstrengung lag, die das Hochhalten eines erwachsenen Mannes verursachte. Viel mehr begann er vor Wut zu schnauben und schien sich selbst kaum noch zurückhalten zu können.
      Doch Sly blieb ruhig und sah nur wortlos auf seinen Kameraden herab. Die Blicke der Beiden trafen sich für einen Moment und plötzlich spürte Clay ein Gefühl in sich aufsteigen, das er zuletzt in der Gegenwart Uriels empfunden hatte. Alles in ihm sträubte sich plötzlich dagegen, auch nur in der Nähe des Mannes zu sein, den er immer noch in die Luft hielt. Doch war es keine Abneigung, die er da empfand. Es war Angst.
      Irgendetwas hatte sich an Sly verändert. Und auch wenn Clay nicht sagen konnte, was es war, so hielt er es doch für besser den Dieb wieder auf seine Füße zu stellen.
      Sly für seinen Teil ließ seinen Blick noch einmal durch die Runde wandern, bevor er sich ohne ein weiteres Wort umwandte und das Zimmer verließ.
      Die Anderen blieben, zwischen der Überraschung über Slys Befehl und dem soeben Gesehenen hin und her gerissen, zurück. Clay brauchte einen Moment um sich wieder zu fangen. Der Dieb hatte das Zimmer schon lang verlassen, als sich nach einer gefühlten Ewigkeit wieder bewegte.
      Seiner Wut Ausdruck verleihend ging er zur nächstgelegenen Wand und verpasste ihr mit seiner Faust ein neues Fenster. Mit einem lauten Krachen gab das Holz nach und die herausgerissenen Bretter wurden in die Nacht geschleudert und schließlich von der schwarzen See verschlungen. Die kühle Luft des frühen Abends begann das Zimmer zu erfüllen, als sich der Bergarbeiter wieder von der Wand entfernte um sich an Saja zu wenden.
      „Du kennst ihn doch am Besten von uns allen. Was soll der Mist? Wieso hat Sly etwas dagegen, das wir zur Grand Line segeln?“, wollte er von ihr wissen.
      Doch statt eine Antwort zu geben, konnte Saja nur beschämt und verwirrt an Clay vorbei auf den Boden starren.
      „Ich verstehe ihn auch nicht. Um ehrlich zu sein, bin ich deiner Meinung. Wir sollten so schnell wie möglich den South Blue verlassen und uns auf den Weg machen. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, warum er hier bleiben will.“
      Noch bevor ein Clay etwas sagen konnte, wurde die kurze Stille von einem Lachen durchbrochen. Mit neuer Wut über das hämische Feixen wandte er sich an die einzige Person, von der dieses stammen konnte.
      Sasaki saß noch immer in der Ecke und umklammerte das Leinenbündel während sein Lachen immer lauter und ausgelassener wurde.
      „Was ist denn so verdammt witzig, du Penner?“, wollte Clay wissen, während er sich vor dem Neuen aufbaute. Doch Sasaki ließ sich nicht davon stören, sondern versuchte erst einmal sich zu beruhigen, um auf die Frage antworten zu können.
      „Und ich dachte, dass der Kapitän dieser Truppe ein Vollidiot wäre. Aber seine Leute sind sogar noch dümmer! Sie erkennen nicht einmal, wenn jemand ihnen etwas Gutes tut!“


      Kapitel 33: Vorwürfe
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      Clay grübelte immer noch über die Worte des Neuen nach, nachdem er Sasakis hämischen Lachen mit seiner Faust ein Ende bereitet hatte. Er konnte nicht genau sagen, was ihn in diesem Moment dazu bewogen hatte, einen Verletzten zu schlagen. Denn schließlich war es durchaus nicht seine Art, einen unfairen Kampf zu führen. Was dachte sich dieser undankbare Penner auch dabei, sie, die sie alle ihr Leben für ihn aufs Spiel gesetzt hatten, als Idioten zu bezeichnen? Es stand ihm gar nicht zu, sich ein Urteil über ihre Entscheidungen anzumaßen. Was hatte sich Sly nur dabei gedacht ihn auf ihr Schiff zu hohlen?
      Mit einem resignierenden Seufzen kam Clay zu der Erkenntnis, dass er dem Neuen Wohl oder Übel einmal klar machen müssen müsste, wo sein Platz in dieser Crew war. Daher ging er auf den, immer noch am Boden liegenden und sich von dem Schlag erholenden, Sasaki zu und hob ihn, wie zuvor auch Sly, in die Luft. Am höchsten Punkt angekommen, hielt er inne um Blickkontakt mit dem Neuen herzustellen. Clay konnte und wollte seinen Augen nicht trauen, als er in das arrogant dreinblickende Gesicht von Sasaki blickte.
      „Na los. Tu dir keinen Zwang an. Verprügle einen Verletzten. Und wenn du fertig bist, kannst du mit dem Glatzkopf weiter machen! Und zum Schluss nimmst du dir noch die Frau und deinen arroganten Kapitän vor!“, sagte Sasaki überschwänglich mit einem Nicken in Richtung eines, mit einer Mischung aus Ärger und Überraschung dreinblickenden, Helios.
      Durch diese Worte riss Clay der Geduldsfaden. Er schleuderte Sasaki mit all seiner Kraft gegen die nächstgelegene Wand. Noch bevor dieser aufblicken konnte, um zu sehen was um ihn herum geschah, hatte er ihn bereits wieder am Kragen gepackt und holte zum nächsten Schlag aus. Selten war er so in Rage gewesen, wie in diesem Augenblick. Sei es sein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Fremden oder die Tatsache, dass er Undankbarkeit auf den Tod nicht ausstehen konnte. Es machte im Moment keinen Unterschied. Er wollte einzig und allein seiner Wut Luft machen.
      Erneut ließ er seine Faust in Richtung des ohnehin schon versehrten Sasaki rasen, als er plötzlich einen Widerstand verspürte. Auf der Suche nach dem Grund für diese Unterbrechung wandte er sich wutentbrannt um und sah in die Gesichter von Saja und Helios, die beide seinen Arm mit einiger Mühe davon abhielten, Sasakis Gesicht in eine homogene Masse zu verwandeln. Der Mönch musste die Verantwortung für diese Tat übernehmen und fing sich einen Hieb von Clays freier Hand ein. Helios fiel nach Hinten über und blieb auf dem Rücken liegen.
      „Was soll das? Komm mir nicht in die Quere!“, schrie Clay dem Mönch entgegen. Doch dieser rührte sich nicht.
      Clay brauchte einen Moment, um zu realisieren, was er soeben getan hatte. Die Erkenntnis über seine eigene Ignoranz und das Unvermögen, sowohl die Absichten seines Freundes und Kapitäns als auch des unverschämten Neuen zu erkennen, ließ ihn in die Knie gehen. Ein kühler Luftzug umschlang seinen Körper, als er sich, von der Angst erfüllt, etwas Unverzeihliches angerichtet zu haben, zitternd in Richtung des Mönches wandte. Die frische Seeluft wurde durch die offen stehende Tür und das Loch, dass Clay zuvor in die Wand geschlagen hatte, in den Raum gesogen. Sasaki hatte die Drei allein gelassen.
      Voller Entsetzten über seine eigene Tat und unfähig etwas zu unternehmen, sah Clay Hilfe suchend zu Saja, die jedoch nur ein genervtes Seufzen für die ganze Situation übrig hatte. Sie kannte Helios lang genug, um zu wissen, was hier vor sich ging.
      Sly saß währenddessen an Deck des Schiffes und sah in den wolkenverhangenen Himmel hinauf. All der Lärm des Streits, der nach seinem Verschwinden zwischen Clay und Sasaki ausgebrochen war, hatte sein Bewusstsein nur ein wenig gestreift. Der Dieb hing den Gedanken an längst vergangene Tage nach, in denen sein Leben, wenn auch härter und entbehrungsreicher, um einiges einfacher gewesen war. In seinem Geist wiederholten sich alle Momente, die ihn in diese Situation gebracht hatten. Das Leben als Dieb mit seinem Bruder und die Ereignisse um die gestohlene Teufelsfrucht. Sein erstes Treffen mit Helios und Saja. Der Besuch der Insel Corel und die Prügelei mit Clay. Die eher zufällige Entdeckung von Fenin und der Kampf mit dem Erzpriester.
      Eine ganze Reihe von Ereignissen, allesamt unvorhersehbar, hatte ihn an diesen Ort geführt. Und nun saß er an Board eines Schiffes und starrte in die Nacht hinein, so als ob es hinter dem unendlichen Dunkel etwas zu entdecken gab, das ihm seine Zweifel nehmen und ihn in die alten Tage zurückführen konnte.
      Doch statt einer Antwort auf wenigstens eine der unendlich vielen Fragen in seinem Kopf zu hören, vernahm er Schritte auf sich zukommen. Es war Sasaki, der sich ihm näherte. Er blieb in gebührendem Abstand zu dem Dieb stehen, so als ob er erneute Verletzungen befürchtete, wenn er sich noch einmal einem Mitglied der Crew zu sehr nähern würde. In Anbetracht der Art, wie Sly und Clay ihn behandelt hatten, war das in den Augen des Diebes auch kein Wunder.
      Die Beiden starrten sich einen Augenblick lang an, bevor Sasaki vor den Augen des Diebes zusammensackte. Doch Sly rührte sich nicht im Geringsten, um ihn zu helfen. Nicht, dass er dazu in der Lage gewesen wäre. Viel mehr wusste er, dass es Sasaki nunmehr so ergangen war, wie ihm selbst vor einigen Minuten. Die Anstrengungen und Verletzungen der letzten Tage forderten nun ihren Tribut. Keiner der Beiden war noch in der Lage mehr als nur die wirklich notwendigsten Bewegungen zu machen.
      „Du bist ein verdammter Idiot. Auf diesem Schiff befinden sich drei Schwerverletzte. Wieso hast du nicht einfach gesagt, warum du eine Pause einlegen willst?“, presste Sasaki mit Anstrengung hervor.
      Sly ließ sich viel Zeit, um zu antworten. Auf Sasaki wirkte sein Schweigen wie ein langes Nachgrübeln über die richtige Antwort, doch eigentlich musste Sly nur für einen Moment gegen den heftig aufwallenden Drang zu schlafen, der in seinem Geist aufkam, ankämpfen. Die Antwort auf Sasakis Frage wusste er schon lang. Sly sprach aus, was er dachte, doch Sasaki konnte ihn nicht mehr hören. Anders als der Dieb hatte er den Kampf gegen die Erschöpfung nicht durchgehalten und war zur Seite weggekippt und eingeschlafen.
      „Was soll das heißen? ‚Der Kerl schläft bloß’? Was stimmt denn nicht mit diesem Mönch? Er hätte doch etwas sagen können, wenn er Ruhe braucht!“
      Clays aufgebrachte Stimme zerriss, mit einer Mischung aus Wut und Erleichterung, die nächtliche Stille. Kurz darauf hörte Sly ein weiters Krachen, das vermutlich von Clay stammte, der ein weiteres Loch in die Wand des Schiffes geschlagen hatte. Wenn auch auf eine etwas eigene Art, zeigte er durch seine Wut auf sich selbst doch, dass er Slys Botschaft begriffen hatte.
      Mit einem Lächeln auf den Lippen gab der Kapitän endlich den Drang nach Ruhe nach. Noch im Einschlafen begriffen murmelte er die Worte, die er zuvor zu Sasaki gesagt hatte.
      „Weil sich Saja und Clay schon genügend Vorwürfe wegen der Sache auf Fenin machen. Ich will nicht, dass sie sich meinetwegen noch mehr Sorgen machen.“


      Kapitel 34: Jagdgeschick
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      In den nachfolgenden Tagen sprach man an Board des Schiffes, mit dem Sly und seine Freunde durch den South Blue segelten, nicht weiter über die Ereignisse jenes Abends, an dem der Dieb der gesamten Crew eine Zwangpause verordnet hatte. Vor allem Clay war darüber mehr als glücklich. Er machte sich offensichtlich einige Vorwürfe über sein Verhalten den Anderen gegenüber und versuchte dieses nun durch eine schon fast nervtötende Hilfsbereitschaft wieder gut zu machen.
      Bei jeder noch so kleinen Arbeit wollte er zur Hand zu gehen, wobei er jedoch zumeist mehr störte, als das er wirklich von Nutzen war. Das lag durchaus nicht daran, dass sich Clay ungeschickt anstellte oder für die entsprechende Aufgabe ungeeignet war. Doch machte es sein überschwänglicher Enthusiasmus allen Anderen schwer, Hand in Hand zusammenzuarbeiten, wie es auf einem Schiff nun mal nötig war.
      Mit äußert vorsichtig gewählten Worten machte Saja ihm irgendwann klar, dass er sich keine Vorwürfe zu machen brauche. Sie meinte, dass es den Verletzten an Board am Meisten helfen würde, wenn er einfach nur seinen Aufgaben nachging und sich nicht mit aller Kraft darum bemühte, sein Verhalten jenes Abends zu entschuldigen. Unter einigem Murren sah Clay schließlich ein, dass sie Recht hatte.
      Saja für ihren Teil hatte sich die Erklärung für das merkwürdige Verhalten von Sly direkt von diesem geholt. Einen ganzen Abend lang musste er ihr Rede und Antwort stehen, bis er schließlich resignierend zugab, dass er wohl falsch gehandelt hatte und lieber direkt hätte aussprechen sollen, was er mit seinem Handeln bezwecken wollte. Er entschuldigte sich, für seine Verhältnisse erstaunlich kleinlaut, bei seiner Freundin und musste ihr versprechen, wenigsten ihr gegenüber nie wieder zu solchen Mitteln zu greifen und in Zukunft über seine Befürchtungen zu sprechen. Im Gegenzug versprach Saja, dass sie ihm bei seinen Entscheidungen unterstützen würde, wo sie nur konnte.
      Diesem Versprechen kam sie in en nachfolgen Tagen in der Form nach, dass sie sich bemühte, Sasaki in die täglichen Arbeiten auf dem Schiff zu integrieren. Während es Sly und Helios sichtlich egal zu sein schien, was der Neue den lieben langen Tag so trieb, wurde dessen Unwillen, sich an den anfallenden Arbeiten zu beteiligen, vor allem von Clay mit zunehmendem Unmut beobachtet.
      Sajas schier unermüdlicher Wille und die engelsgleiche Geduld brachten den Neuen schließlich dazu, sich wenigsten ein wenig an Board einzubringen, wenn er auch kein Wort mit irgendjemand außer ihr wechseln wollte. Sly für seinen Teil staunte nur über ihre Fähigkeit, unendlich viel Geduld gegenüber scheinbar aussichtsloser Sturköpfe aufzubringen und nicht an diesen zu verzweifeln. Gegenüber Helios gab er eines Abends zu, dass es wohl diese Fähigkeit war, dank der sich eine Frau wie sie jemals in einen Taugenichts wie ihn hatte verlieben können.
      Insgesamt acht Tage vergingen, bis sie die nächstgelegene Insel erreichten. Helios erklärte ihnen, mit Hilfe von Sly als Dolmetscher, dass die nächstgelegene Insel nach Fenin den Namen Costa Mar trug und dass sie für ihre traumhaften Strände und ihre Gastfreundschaft bekannt war. Täglich strömten eine Vielzahl von Menschen, auf der Suche nach Entspannung und der Flucht vor dem Alltag, auf dieses kleine Stück Paradies im South Blue. Von der Marine sah man auf dieser Insel angeblich nur sehr selten etwas. Nur gelegentlich verirrte sich ein Schiff der Gesetzeshüter aus dienstlichen Gründen hier her. Viel häufiger traf man Marineangehörige an, die auf Costa Mar ihren Jahresurlaub verbringen wollten.
      Warum das so war, konnte Helios den Anderen allerdings nicht erklären. Er ließ nur durch Sly seine Vermutung äußern, dass mit Sicherheit einen guten Grund gab, warum die Marine hier keine Soldaten stationiert hatte. Alle stimmten mit der Vermutung des Mönches überein, dass es wohl besser für sie wäre, wenn sie dieses Mal mit ein wenig mehr Vorsicht vorgehen würden, als sie es in auf der letzten Insel getan hatten. Clay gab zusätzlich zu bedenken, dass auch hier durchaus die Möglichkeit bestand, das sie auf Mitglieder dieser, in seinen Worten, ‚irren Truppe von Sektenspinnern’, wie er die Angehörigen der Kirche des aufsteigenden Drachen seit einigen Tagen nannte, treffen könnten. Und wenn sich unter ihnen bereits herumgesprochen haben sollte, was die Vier auf Fenin getan hatten, dann wäre ein herzlicher Empfang wohl eher unwahrscheinlich. In dem Moment, in dem sie diese Diskussion führten, war Saja zum ersten Mal froh darüber, dass Sasaki nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Clays Worte hätten, auch wenn er im Grunde Recht hatte und sich nur ein wenig grob ausgedrückte, mit Sicherheit einen erneuten Streit ausgelöst.
      Doch fürs Erste war dies die geringste Sorge, mit der sie sich herumschlagen mussten. Noch immer stand die Frage im Raum, was sie nun, da sie die Insel Costa Mar fast erreicht hatten, unternehmen sollten. Keiner traute sich nach den Ereignissen der vergangenen Tage auszusprechen, was in ihnen vorging, doch hoffte jeder, mehr oder weniger ehrlich mit sich selbst, dass Sly als ihr Kapitän eine Entscheidung treffen würde.
      Was keiner von ihnen in diesem Augenblick ahnen konnte, war, dass dies bereits lange vor Begin ihrer Unterhaltung geschehen war. Der Dieb hatte sich, ganz wie es seine Art war, mit ihren finanziellen Mitteln beschäftigt und dabei ernüchtert feststellen müssen, dass sie so gut wie pleite waren.
      Egal wer oder was auf dieser Insel auf sie warten würde, sie müssten wohl oder übel an Land gehen, um wenigstens ihre Vorräte aufzustocken. Auf Sajas Frage, wie sie das ohne Geld bewerkstelligen sollten, meinte Sly lediglich mit einem Schulterzucken, dass die Jagen gehen könnten. Schließlich besaß er immer noch Teufelskräfte. Damit ließe sich bestimmt etwas anfangen. Ein wenig misstrauisch über die Intension des Diebes, auf die Jagd zu gehen, stimmte sie dem Vorschlag nach einigem Zureden schließlich doch zu.
      Sie brachten ihr Schiff in eine abgelegene Bucht, weit abseits der scheinbar üblichen Touristenstrände. Sly kündigte an, dass er gemeinsam mit Clay und Helios an Land gehen würde, was bei Saja einige Proteste auslöste. Sie meinte vehement, dass sie an Board wohl am Besten geeignet war, um Tiere zu erlegen und das wüsste er auch ganz genau. Sly war ziemlich klar, dass sie damit recht hatte. Doch gab es einen Einwand, den er ihr gegenüber vorbrachte, um sie dazu zu bewegen, doch auf dem Schiff zu bleiben.
      „Im Moment sind nur du und Clay in wirklich guter Verfassung. Wenigstens einer von euch sollte auf dem Schiff bleiben, um es notfalls verteidigen zu können. Und ich will beim besten Willen nicht die Beiden allein lassen“, sagte er mit einem Nicken in Richtung von Clay und Sasaki. In Gedanken bei allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, musste Saja ihm Wohl oder Übel zustimmen.
      „Dann nimm Sasaki und mich mit aufs Land und lass die Clay und Helios hier“, war ihr letzter Versuch den Dieb noch umzustimmen.
      „Ich werde mich nicht mit keinem dieser elenden Sünder sehen lassen!“, warf Sasaki plötzlich energisch ein. Ein wenig schockiert über diese Worte musste sich Saja eingestehen, dass es wohl das Beste war, wenn keiner der Männer mit Sasaki alleine wäre. Sly für seinen Teil war ziemlich erstaunt darüber, wie schnell der Neue durchschaut hatte, was er eigentlich plante. Und noch mehr staunte er über dessen Kooperationsbereitschaft.
      Noch bevor sich auch Saja zusammenreime konnte, was seine wirklichen Absichten waren, machten sich die Drei bereits auf den Weg. Sie sah noch einen Moment lang resignierend hinter ihnen her, während sich die kleine Gruppe auf den nächsten Wald zu bewegte. In Slys Kopf machte sich mit jedem Schritt, den sie sich von dem Schiff entfernten, der Gedanke breit, dass sie ihm seine Lüge wohl kaum abgekauft hatte.
      „Sly Mortou geht zum Jagen? Das glaube ich ihm sogar. Aber mich soll der Blitz treffen, wenn er es wirklich auf lebendige Tiere abgesehen hat“, sagte Saja leise zu sich selbst, als sie die Umrisse der Drei zwischen den Bäumen verschwinden sah.
      „Bring dich nicht in Schwierigkeiten“, waren ihre letzten Gedanken bevor sie sich, mit einem Lächeln im Gesicht und der Erkenntnis, dass er sich wohl niemals völlig ändern würde, umwandte.


      Kapitel 35: Unter dem Schutz der Kopfgeldjäger
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      Nach einer ganzen Weile, in der sie auf einem befestigten Waldweg gegangen waren, schien Clay langsam unruhig zu werden, bis er es letztlich nicht mehr aushielt und die Frage stellte, die ihm seit dem Betreten des Waldes auf der Zunge brannte.
      „Wie willst du eigentlich etwas fangen, wenn wir die ganze Zeit nur auf Waldwegen herumlaufen? Hier wirst du kein Glück haben!“
      Doch Sly ließ sich von den Worten seines Freundes nur wenig beeindrucken. Stattdessen setzten Helios und er ihren Weg unbeirrt fort und ließen einen ziemlich ratlosen Clay ein wenig zurückfallen.
      „Natürlich werden wir hier nichts fangen. Wir gehen an eine Stelle, an der man viel besser Beute machen kann, als in jedem Wald dieser Welt“, sagte Sly gelassen, als der Bergarbeiter wieder zu ihnen aufgeholt hatte.
      „Und woher willst du wissen, wo das sein soll? Ich kann mir kaum vorstellen, dass du einen besseren Ort als diesen Wald zum Jagen finden wirst.“
      Clays Verwirrung schien, zum Vergnügen der beiden Anderen, immer weiter anzuwachsen.
      „Weil sich Rindviecher immer an denselben Stellen aufhalten“, war Slys einzige Antwort, bevor Clay resignierend aufgab und beschloss, die Dinge lieber auf sich zukommen zu lassen, als noch länger mit den Beiden zu diskutieren.
      Zu seiner Überraschung führte sie ihr Weg direkt zu einer ziemlich großen Stadt im Landesinneren. Je näher sie den Häusern kamen, umso deutlicher konnte man erkennen, dass es sich hierbei um einen Ort handelte, dessen Bewohner ihren Lebensunterhalt mit Hilfe der zahlreichen Urlauber dieser Insel verdienten. Beim Betreten der Stadt erkannten sie allerlei Läden, in denen, zum Teil ziemlich geschmacklose, Souvenirs von aufdringlichen Verkäufern an die Inselgäste verscheuert wurden. Natürlich versuchten die Händler auch bei den Dreien ihr Glück, jedoch vergeblich.
      Inzwischen war die Verwirrung über das ausgesprochen seltsame Jagdrevier, das Sly für sie ausgesucht hatte, für Clay unerträglich geworden. Er blieb an Ort und Stelle stehen und verlangte energisch, dass ihm die beiden Anderen endlich über ihre eigentlichen Pläne aufklärten.
      „Ich dachte eigentlich, dass du das inzwischen begriffen hättest, mein Freund“, sagte Sly beiläufig, während er Clay mit einer Handbewegung dazu aufforderte, weiter zu gehen.
      „Was soll ich begriffen haben? Jetzt spuck schon endlich aus, was du mir sagen willst!“
      Clay wurde zusehends ungeduldig und schien bald das Ende seiner ohnehin geringen Geduld erreicht zu haben. Daher beschloss Sly, von nun an Klartext mit ihm zu sprechen, auch wenn er sich nicht ganz sicher war, ob sein Freund mit dem Folgenden wirklich einverstanden war.
      „Jetzt hör mir mal zu. Es gab eine Zeit, in der Helios und ich allein durch die Welt zogen. Das war noch bevor wir Saja trafen. Wie glaubst du, haben wir uns damals über Wasser gehalten?
      Wir haben die Dummheit und Leichtgläubigkeit der Menschen um uns herum ausgenutzt. Du wärst überrascht, wenn du wüstest, wie einfach es sein kann, diesen Idioten ihr hart verdientes Geld aus den Taschen zu ziehen. Du musst sie nur ein wenig verblüffen und ihnen die Langeweile vertreiben. Und schon werfen sie dir die Kohle zu deinen Füßen. Sieh diese Stadt einfach als eine Art Weide an. Unsere Aufgabe besteht ganz einfach darin, all die Rindviecher hier zu melken.“
      Während Sly sprach behielt er seinen schlendernden Gang bei. Ab und an unterbrach er seine Ausführungen, um an einem Stand stehen zu bleiben und die Auslagen zu betrachten. Helios tat es ihm gleich, wobei sein Interesse vornehmlich auf Läden lag, in denen man Hochprozentiges erwerben konnte.
      Die Beiden machten auf Clay weniger den Eindruck, als wollten sie ernsthaft Geld verdienen. Viel mehr verhielten sie sich wie Touristen. Ihre scheinbar völlig unbekümmerte Art stand in krassen Gegensatz zur Kühle und Sachlichkeit, mit der Sly über sein Vorhaben sprach.
      „Jetzt hör endlich auf, die ganze Zeit so ernst zu schauen. Du fällst nur unnötig auf, wenn du so steif durch die Gassen ziehst. Benimm dich lieber wie all die anderen Urlauber. Wir können es uns im Moment nicht leisten, unnötig aufzufallen“, sagte Sly beiläufig, als er wieder einmal aus einem Laden getreten war. Doch Clay interessierten die Tadel des Diebes nicht. Er war immer noch über dessen Worte schockiert.
      „Wie kannst du so etwas sagen? Du tust ja gerade so, als ob alle Menschen hier absolute Idioten wären“, sagte er schließlich.
      „Das ist im Grunde ganz einfach. Weil es auch genau so ist. Sieh dich doch nur mal hier in der Gegend um. Siehst du die fett gefütterten Typen, die ihre schmuckbehängten Frauen wie Trophäen durch die Straßen schleifen? Siehst du nicht all den überteuerten, völlig nutzlosen Ramsch, den diese gierigen Verkäufer den Leuten andrehen? Wer braucht diesen ganzen Müll wirklich? Niemand! Und trotzdem sind die Straßen und die Geschäfte voll.
      Du solltest dir vor Augen führen, dass die meisten Menschen zu dämlich sind, um zu erkennen, dass sie abgezockt werden. Es ist gar nichts dabei, wenn man die Dummheit der Anderen zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt.“
      Die Worte von Sly ließen Clay verstummen. Niemals hätte er vermutet, dass sein Freund so über seine Mitmenschen dachte.
      „Ich verstehe das nicht. Das passt doch gar nicht zu dir“, sagte Clay schließlich, ohne das er wirklich ergründen konnte, was in Slys Kopf im Moment vor sich ging. Dieser blieb augenblicklich stehen, wandte sich um und sah Clay mit einem durchdringenden, gefühllosen Blick an.
      „Jetzt hör mir genau zu, denn ich habe keine Lust, das Folgende zu wiederholen. Wie oft musste ich euch schon erzählen, wie ich mich über Wasser gehalten habe, bevor wir uns zusammenschlossen? Ich wollte niemals ein Dieb werden. Aber die Dinge nehmen im Leben nun mal nicht immer den Verlauf, den man sich erhofft hatte. Jeder von uns hat seine Art mit dem Kampf ums Überleben klarzukommen. Ich für meinen Teil hatte nicht das Glück, behütet aufzuwachsen, um mich dann in einen von diesen Schnöseln hier zu verwandeln. Ich musste stehlen, um meinen Bruder und mich durchzubringen.
      In so einem Leben gibt es keinen Platz für kindische Fantasien. Sieh die Welt, wie sie nun mal ist. Ein Großteil der Menschen kann ihre eigene Ignoranz nicht einmal erkennen. Sie sorgen sich um die sinnlosesten Kleinigkeiten. Und durch die Anwesenheit der Marine fühlen sie sich zu sicher. Sie können den Wolf im Schafspelz, der sich mitten unter ihnen befindet, nicht einmal sehen. Warum sollte ich das nicht ausnutzen, um mein Überleben zu sichern?“
      Clay konnte und wollte auf diese Frage nicht antworten. Er musste sich, nach einer Weile Bedenkzeit, eingestehen, dass auch er selbst wohl ein wenig ignorant gewesen war und die Augen vor der Realität verschlossen hatte. Schließlich hatte Sly oft genug erwähnt, dass er ein Dieb war. Was hatte er also erwartet? Er war nun mal ein Dieb, den Gesetzte einen Dreck scherten und der sich nur dann an diese hielt, wenn es zu seinem eigenen Vorteil gereichte. Doch gab es eine Sache, die ihm trotz dieser Erkenntnis immer noch ein wenig komisch vorkam.
      „Warum hast du eigentlich gegenüber Saja behauptet, dass wir zum Jagen gehen?“, wollte er wissen, obgleich ihm diese Frage in dem Moment, in der er sie aussprach, unglaublich dämlich vorkam.
      Doch bekam er keine Antwort. Stattdessen wandte sich Sly einfach um und ging weiter. Mit einem fragenden Blick wandte sich Clay an Helios, der nur ein Grinsen für ihn übrig hatte.
      „Was hat er denn auf einmal?“, fragte Clay in Richtung des Mönches. Erst kurz darauf wurde ihm klar, dass es ohne Sly ziemlich sinnlos war, wenn er Helios eine Frage stellte. Doch versuchte dieser mit Hilfe einer Geste zu antworten, um Clays Verwirrung wenigsten ein wenig zu lüften. Helios tippte mit seinem Finger mehrmals gegen seinen Kopf. Clay interpretierte das Zeichen so, dass er ein wenig nachdenken solle, da er die Antwort auf seine Frage wohl bereits kannte.
      Während die Beiden versuchten zu Sly aufzuschließen, zermarterte er sich den Kopf bei dem Versuch, herauszufinden, was Helios ihm hatte sagen wollen. Erst nach einiger Zeit traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag.
      „Wegen Saja“, murmelte er zu sich selbst als die Drei den zentralen Markplatz der Stadt erreichten. Zum ersten Mal, seit er die Beiden kannte, begann sich zu fragen, was in der Vergangenheit wohl zwischen ihnen geschehen sein mochte, dass einen Mann wie Sly dazu veranlasste, in ihrer Gegenwart sein gesamtes Wesen zu ändern.
      Doch hatte er keine Zeit, um daran weitere Gedanken zu verschwenden, denn Sly hatte seinen Schritt deutlich verschnellert, seitdem sie den Marktplatz erreicht hatten. Es gab hier etwas, das die Aufmerksamkeit der Menschen erregte, weshalb sich dieser Ort, in den Augen des Diebes, sehr gut für die Durchführung seiner Pläne eignete. Doch zunächst wollte er selbst sehen, was es hier zu Bestaunen gab. Zielstrebig führte er die beiden Anderen zu einer bronzenen Löwenstatue im Zentrum des Platzes. Doch war es weniger die Statue selbst, die sein Interesse geweckt hatte, sondern die Inschrift an deren Fuße:
      „Die Insel Costa Mar heißt ihre Gäste herzlich willkommen. Fliehen sie von den Sorgen des Alltags unter den wachsamen Augen der Kopfgeldjägergesellschaft
      Aurora“, las Clay vor.


      Kapitel 36: Die Drei- Stufen- Vermögenszuwachsstrategie
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      Selten gab es einen Moment im Leben des ehemaligen Bergarbeiters, der Clay auch nur im Ansatz so peinlich gewesen war, wie der Jetzige. Wie hatte er sich nur von den beiden Anderen dazu überreden lassen, sich selbst vor einer riesigen Gruppe Fremder so zur Clown zu machen?
      Sein Blick wanderte zu Helios, der mit verbundenen Augen neben ihm stand. Überraschenderweise schien es dem Mönch keinerlei Probleme zu bereiten sich hier als Straßenschausteller zu verdingen. Im Gegenteil. Clay wollte es, so sehr er auch versuchte den Gedanken beiseite zu schieben, nicht gelingen den Eindruck zu vertreiben, dass Helios bei der ganzen Sache eine Menge Spaß hatte.
      Noch während er erneut dazu ansetzte, die Menschenmasse durch euphorische Rufe dazu zu bewegen, sich an dem, was Sly mit einem hämischen Grinsen als seinen Drei- Stufen- Vermögenszuwachsplan bezeichnete, zu beteiligen, musste er seine gesamte Überwindung aufbringen, um auch nur ein Wort an die umstehenden Zuschauer richten zu können.
      „Na los Leute, was ist denn mit euch? Gibt es in der ganzen Stadt nicht eine Person, die es sich zutraut, einen Blinden mit einer Münze zu treffen? Das ist doch gar nicht so schwer, oder? Selbst der alte Mann hier hat es geschafft!“
      Während Clay den Alten dazu bewegte, ein paar Schritte nach vorn zu treten und seinen Gewinn vor der jubelnden Masse zu präsentieren, stand Sly in einigem Abstand und betrachtete das Schauspiel mit einem selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht. Clay machte seinen Job ziemlich gut. Es brauchte nicht lange, bis es ihm gelang, einen neuen Kandidaten für ihr kleines Spielchen zu gewinnen.
      Ein kräftiger Mann trat Helios unter den euphorischen Rufen seiner umgebenen Freunde entgegen und machte sich bereit um allen zu zeigen, was für ein toller Hecht er doch war. Wenn er nur gewusst hätte, dass er gerade dabei war, sein Geld los zu werden, ohne dabei auch nur im Ansatz eine Change zu haben, bei diesem Spiel zu gewinnen, hätte er wahrscheinlich keine so großen Töne gespuckt. Siegessicher kramte er ein 500 Berry Stück aus seiner Tasche und erhob es in die Luft, um sich ein wenig umjubeln zu lassen. Danach begab er sich in Position, holte weit aus und schleuderte dem Mönch das Geldstück entgegen. Helios verharrte auf der Stelle. Erst als sich bereits ein überhebliches Grinsen auf dem Gesicht seines Gegners breit machte, schnellte er zur Seite und wich dem Geldstück aus.
      Eine tosende Mischung aus dem Gelächter über den Werfenden und Jubelrufen für Helios erfüllte den Marktplatz und zog immer mehr Menschen an. Es war herrlich. Slys Plan war so unglaublich einfach. Jedenfalls, wenn man den Trick kannte.
      Vor einigen Stunden hatte er Clay erklärt, was er zu tun hatte, um den Rindviechern hier ihr Geld aus den Taschen zu ziehen. Seine Taktik sah drei Phasen vor, deren erfolgreiche Umsetzung zum größten Teil von ihm abhängen würde, hatte der Dieb ruhig und sachlich erklärt. Clay hatte die ganze Zeit ohne Widerworte zugehört. Er war nicht in der Lage gewesen, seine Gedanken in Worte zu fassen. Hin und her schwankend zwischen der Genialität und der berechnenden Kühle des Plans verschlug es ihm den Atem, sodass er nicht widersprechen konnte, als Sly ihm eröffnete, dass seine Aufgabe im Anheizen der Masse bestehen würde. Nachdem sich der Dieb vergewissert hatte, dass alle den Plan verstanden hatten, trennte er sich von ihnen. Es wäre nicht gut, wenn man erkennen würde, dass sie zusammengehörten, meinte er als er davon ging.
      Nun stand Sly in der Masse und sah sich genüsslich an, wie sein Plan aufging.
      Stufe eins sah es vor, die Fähigkeiten des Mönches und die Teufelskräfte des Diebes einzusetzen, um eine entsprechend große Menschenmenge um sie zu versammeln. Helios hatte sich ein paar Stunden, nachdem sie sich getrennt hatten, durch Meditation in den Traumtänzer- Zustand versetzt. Daraufhin wurden ihm die Augen von Clay verbunden und dieser begann, wenn auch zunächst sehr zaghaft, damit, die Menschen dazu zu bewegen, an ihrem Spiel teilzunehmen.
      Die Regeln waren einfach. Der Herausforderer sollte eine Münze seiner Wahl auf Helios werfen. Gelang es ihm oder ihr, den Blinden zu treffen, gewann man denselben Wert der Münze, die man als Einsatz gesetzt hatte. Natürlich sahen die ignoranten, selbstgefälligen Urlauber ihre Chance gekommen um sich selbst zu beweisen und nebenbei ein wenig Geld zu gewinnen. Nur konnte keiner von ihnen ahnen, dass die beiden Schausteller einen Komplizen innerhalb der Masse hatten. Sly behielt jede der Münzen genau im Blick um in dem Moment, in der diese die Hand ihrer Besitzer verließen, einen Vektor darauf erscheinen zu lassen. Auch wenn der Vektor selbst keinen Einfluss auf die Flugbahn der Münze hatte, so bezweckte er dennoch, dass Helios die Energie der Teufelskraft auf dem Geldstück spüren und rechtzeitig ausweichen konnte. Natürlich gelang es Sly nicht immer einen rechtzeitig Vektor erscheinen zu lassen. Aber das war für Phase eins schon in Ordnung. Auf diese Weise wurden die Massen unterhalten und ab und an ging somit auch ein Gewinner aus dem Spiel hervor. So kam laut Sly niemand auf die Idee, dass es sich hierbei um ein abgekartetes Spiel handelte.
      Als Clay bemerkte, dass die ersten Leute von der Vorstellung gelangweilt waren, ging er zur nächsten Stufe des Plans über. Das war im Grunde auch nicht weiter schlimm. Stufe eins diente sowieso nur dazu, den wahren Geldregen vorzubereiten.
      „Liebe Leute. Der Traumtänzer hat ihnen nun bewiesen, dass ihm Münzen nichts anhaben können“, rief Clay in die Menge, woraufhin ein schallendes Gelächter in der ausbrach. Auch Sly stimmte in den Chor ein, obwohl er im Moment eher darüber staunte, dass auch Clay Witze machen konnte.
      „Wir sollten ihm einen echten Gegner suchen, meinen sie nicht auch? Ist hier vielleicht jemand, der dem Traumtänzer einen Schlag auf seine Nase verpassen will? Oder sollte ich fragen: Ist hier jemand, der es kann?“, fragte Clay an dem Mann gewandt, der zuvor vergeblich versucht hatte, Helios mit der Münze zu treffen.
      Tosender Jubel brach aus, als sich dieser an die Revanche machte.
      Das war Phase zwei. Es war für Helios kein Problem den Schlägen der Leute auszuweichen. Die Regeln blieben gleich. Konnte man ihn treffen, so gewann man einen Geldpreis in Höhe seines Einsatzes. Diese Phase unterschied sich lediglich darin, dass der Mindesteinsatz nun zehntausend Berry betrug. Für seinen Einsatz hatte jeder drei Versuche frei, obgleich sie ihnen nichts nutzen würden, denn Helios war durchaus dazu in der Lage, den Schlägen auch mit verbundenen Augen auszuweichen. Die Traumtänzer- Technik war, auch wenn die eigentlich nicht für diesen Zweck entwickelte worden war, bestens geeignet, um Slys Plan umzusetzen.
      Dies war normalerweise die Stelle, an der Sly nicht mehr gezwungen war, seine Teufelskräfte zur Unterstützung einzusetzen. Nun konnte er sich für gewöhnlich zurücklehnen und das Geld zählen.
      Doch heute war alles anders. Da Clay die Animation der Zuschauer übernommen hatte, konnte er sich zum ersten Mal der dritten Phase annehmen. Die Anwesenheit einer dritten Person war unbedingt notwendig, wenn er den nächsten Schritt in Angriff nehmen wollte, da nur er diese durchführen konnte.
      Mit einem diebischen Grinsen machte er sich dazu bereit, die von der Vorstellung umnebelten Massen auf seine Art um ein paar Berry zu erleichtern.


      Kapitel 37: Ein zweiter Erzpriester?
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      Stufe drei. Sie war der Grund, warum Sly auf keinen Fall wollte, dass Saja sie auf ihrem Jagdausflug in die ertragreichen Gründe einer Touristenstadt begleitete. Es war die Phase, in der er sein gesamtes Können unter Beweis stellen konnte.
      Sly brauchte kaum mehr als ein paar Minuten um bereits jetzt mehr Geld gesammelt zu haben, als es Clay und Helios an einem ganzen Tag schaffen konnten. Noch während er den nächsten Schein aus der Tasche eines Touristen fischte, schweiften seine Gedanken zu etwas, das Clay vor einiger Zeit zu ihm gesagt hatte.
      ‚Eine recht nützliche Fähigkeit für einen Dieb’. Wenn sein Freund auch nur ansatzweise geahnt hätte, wie recht er mit seiner Aussage hatte. Anders als ein gewöhnlicher Taschendieb erlaubte es die Teufelskraft, das Sly, ohne ein enorm großes Risiko eingehen zu müssen, einen Schein nach dem Anderen aus den prall gefüllten Taschen der gaffenden Menge, die noch immer auf das hervorragende Schauspiel seiner Freunde starrte, zu entwenden.
      Sein Vorgehen war im Grunde immer gleich. Zunächst suchte er sich sein nächstes Opfer aus. Ob nun alt oder jung, Mann oder Frau, Sly machte keinen Unterschied zwischen den Leuten, die er bestahl. Es war seine Form von Gerechtigkeit. In Gegenwart eines Meisterdiebes waren in seinen Augen alle Menschen gleich. Sie alle waren nichts weiter als potenzielle Geldgeber, auch wenn sie nichts davon wussten.
      Hatte er sich ein Opfer ausgesucht, so begann er mit seiner Arbeit. Bis zu diesem Punkt unterschied er sich kaum von jedem anderen Taschendieb. Es war die Art, wie er an das Geld gelangte, die ihn zu einem einzigartigen Langfinger machte. Sobald er möglichst unauffällig ausgemacht hatte, wo sein Opfer die Wertsachen aufbewahrte, kamen seine Teufelskräfte zum Einsatz. Vorzugsweise in prall gefüllten Brieftaschen ließ er zwischen den Scheinen einen Vektor erscheinen, der das Geld langsam aber sicher nach draußen beförderte. In dem kurzen Augenblick bevor seine Beute aus den Taschen und somit zu Boden zu fallen drohte erhöhte er die Geschwindigkeit des Vektors, sodass der Schein gerade hoch genug in die Luft gewirbelt wurde, sodass er ihn unauffällig fangen und einstecken konnte.
      Immer wieder wechselte er, unter dem Vorwand besser sehen zu wollen, seine Position. Es war nicht schlau zu viele Leute an der gleichen Stelle zu bestehlen. Außerdem war Sly nicht dumm genug, um ganze Brieftaschen zu entwenden. Er sah es als einen typischen Anfängerfehler an, bei einer Diebestour zu gierig und überhastet vorzugehen. Das Fehlen einzelner Scheine fiel seinem Opfern weniger auf, als wenn plötzlich alles Geld verschwunden war.
      Auf diese Weise füllten sich stetig seine Taschen, ohne dass dabei auch nur ein einziges seiner Opfer Verdacht schöpfen würde. Solange seine Freunde ihre Vorstellung aufrechterhielten und die Menschen bei Laune blieben, konnte er ungestört seiner Diebestour nachgehen.
      Als nächstes Opfer hatte er sich einen klein gewachsenen, kräftig gebauten Mann ausgesucht. Es handelte sich bei ihm vermutlich um einen Touristen, wobei es Sly im Grunde auch herzlich egal war, warum sich dieser Kerl hier eingefunden hatte. In seinen Augen war er nur gekommen, um als sein nächstes Opfer zu fungieren. Wie schon unzählige Male zuvor ging er die Schritte durch, die ihm im Laufe der Jahre als Dieb in Fleisch und Blut übergegangen waren. Die Beute ausfindig machen, sie aus der Tasche befördern und einsacken. So einfach war das.
      Das Geld befand sich in der Gesäßtasche des Mannes. Ohne das irgendwer auch nur im geringsten Verdacht schöpfen würde, setzte sich ein zehntausend Berry Schein in Bewegung. Sly sah zwar immer noch in Richtung seiner Freunde, jedoch war seine gesamte Konzentration auf den Schein gerichtet. Der Augenblick, in dem er das Geld aus der Tasche beförderte war, stets der Kritischste. Zu viel Tempo im Vektor und der Schein flog in hohen Bogen durch die Luft, zu wenig und das Geld wurde nicht weit genug aus den Taschen befördert, sodass Sly es ohne großes Aufsehen auffangen konnte. Beides würde ungewollte Aufmerksamkeit der Umstehenden auf ihn ziehen. Und das wollte er unter allen Umständen vermeiden.
      Doch gerade in diesem speziellen Moment hätte Sly besser daran getan, seine Umgebung zu beobachten, als sich auf das Geld zu konzentrieren. Hätte er dies getan, wäre ihm mit Sicherheit der Körper des Mönches aufgefallen, der, von einem gewaltigen Schlag beschleunigt, auf ihn zuflog. Das Diebesopfer bemerkte die Gefahr rechtzeitig und wich aus. Der Dieb nicht.
      Helios riss ihn von den Beinen und die Beiden blieben einen Moment auf dem Boden liegen. Wutentbrannt raffte sich Sly nach einem kurzen Augenblick der Verwirrung über das, was ihm soeben widerfahren war, auf und suchte nach der Quelle für die Unterbrechung seiner Arbeit. Er brauchte nicht lange, um zu realisieren, was geschehen war. Sein erster Blick galt einem völlig konfusen Helios der sich die Augenbinde vom Kopf riss und ihm zu verstehen gab, dass er sich umdrehen sollte. Sein zweiter Blick ging in die Richtung, aus der der Mönch geflogen kam. Am Ende einer Gasse aus Menschen stand Clay mit weit aufgerissenen Augen und einem ungläubigen Gesichtsausdruck hinter einem Mann, der mit einer Mischung aus Ärger und Überraschung auf seine eigene Faust starrte.
      Wie auch immer er das angestellt hatte, aber er hatte es geschafft, Helios in seinem Traumtänzerzustand einen Schlag zu verpassen. Augenblicklich begannen die Gedanken im Kopf des Diebes zu rasen. Irgendetwas stimmte mit dem groß gewachsenen Mann mit den struppigen, blonden Haaren nicht. Über seinen, von einem dichten Bart umrahmten, Mund huschte ein flüchtiges Grinsen, als er den Dieb sich gegenüber entdeckte. Er konnte kein gewöhnlicher Mensch sein, wenn er in der Lage war, den Mönch mit einem Schlag zu treffen, während dieser die traditionelle Kampftechnik seines Ordens anwandte. Solange sich die Beiden kannten, wusste Sly nur von einer Person, der dies zuvor gelungen war. Und diese Person war jener unerbittliche Wächter über die Insel Fenin, der ihnen vor einigen Tagen fast das Leben genommen hatte, Erzpriester Uriel.
      In Slys Magen machte sich bei diesem Gedanken ein unangenehmes Gefühl breit. Was wäre, wenn er sich geirrt hatte und es auch auf dieser Insel Anhänger der Kirche des aufsteigenden Drachen gab? Hatten sie es hier etwa mit einem zweiten Erzpriester zu tun? Sein Herz schlug schneller und schneller, sodass es schließlich so laut zu schlagen schien, dass jedes einzelne Pumpen wie ein Hämmern in seinem Kopf widerhallte. Wie schon so oft in seinem Leben sah er sich dazu gezwungen, im Bruchteil einer Sekunde die Situation zu erfassen und zu Handeln.
      Auch wenn sich jede Faser seines Körpers mit aller Kraft dagegen sträubte, versuchte er zunächst sich zu fangen und die Situation zu erfassen, um sie dann aufzuklären. Ein wenig verärgert wirkend klopfte er den Staub aus seinen Kleidern, während der Bezwinger des Traumtänzers mit peinlich gesenktem Blick auf ihn zugeschritten kam. Begleitet wurde er von den euphorischen Rufen vieler Zuschauer. Nur konnte der Dieb kein Einziges der wild durcheinander gerufenen Worte verstehen. In Anbetracht der ungewissen und möglicherweise gefährlichen Situation, die sich von ihm auftat, war seine gesamte Aufmerksamkeit auf den Hünen gerichtet, der sich ihm gegenüber aufgestellt hatte.


      Kapitel 38: Blutige Erinnerungen
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      Schon seit einiger Zeit war sich Saja im Unklaren darüber, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, ihren Freund ohne ihre Aufsicht und auf eigene Faust losziehen zu lassen. Sly hatte ein unbeschreibliches Talent dafür, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Egal wann sie ihn aus den Augen ließ, geschah etwas, dass man mit gutem Recht als gefährlich oder leichtsinnig bezeichnen konnte.
      Es war seine Art die Dinge anzugehen, die es ihm schwierig machte, möglichen Problemen aus dem Weg zu gehen. Und auch Helios war ihr keine große Hilfe, wenn es darum ging, den Dieb ein wenig in Schach zu halten. Im Gegenteil. Die leichte und unbekümmerte Art, wie der Mönch sein Leben führte, passte auf schrecklich perfekte Weise mit Slys riskantem Tatendrang zusammen. Schon vor langer Zeit hatte sie aufgehört zu zählen, wie oft sich die Beiden in Bedrängnis gebracht hatten. Umso mehr war sie darüber froh, nun endlich auch zwei, im weitesten Sinn als normal zu bezeichnende, Leute an Board ihres Schiffes zu haben. Zwar zeigten sowohl Clay als auch Sasaki recht eigentümliche Charakterzüge, aber immerhin ließ sich keiner der Beiden von den waghalsigen Ideen von Sly oder Helios beeinflussen.
      Als sie zustimmte, dass die Drei auf die Jagd gehen würden, während sie mit Sasaki zurückblieb, ruhte all ihr Vertrauen auf Clay als besonnenem und vernünftigem Pol zwischen den beiden Chaosboten Sly und Helios.
      Und doch war sie, ungeachtet der Sorgen, die sie ihr bereiteten, unendlich froh über die Gesellschaft ihrer Freunde. Auch wenn die Beiden ihr schon so manches Kopfzerbrechen bereitet hatten, so schafften sie es doch immer wieder Saja von den schrecklichen Erinnerungen, die sie seit jenem Tag, an dem ihre gesamte Zukunft vor ihren Augen zusammengebrochen war, abzulenken. In den ersten Monaten nach den schrecklichsten Ereignissen ihres Lebens war sie in kaum einer Nacht in der Lage gewesen, ein wenig Schlaf zu finden. Und auch an den Tagen wollte es ihr nicht gelingen, die Bilder vor ihrem inneren Auge zu vertreiben.
      Erst der Eintritt eines Diebes und eines Mönches in ihr Leben hatten diesen unendlichen Leiden ein, wenn auch nur temporäres, Ende bereitet, sodass sie wenigstens ab und an optimistisch in die Zukunft blicken und ein wenig Hoffnung, dass sie ihre Schuld irgendwann einmal begleichen würde, schöpfen konnte.
      Und doch verfolgten sie die Bilder auch heute noch. Vor allem in den Augenblicken, in denen sie allein war, sah sie es wieder vor sich. Zwei blutüberströmte Körper. Ein Mann und eine Frau, beide Marineangehörige. Dem Mann war bereits da Leben entwichen. In seinem Kopf klaffte eine Schusswunde. Für ihn gab es keine Hoffnung mehr. Sajas Bemühungen galten der Frau. Der zweite Schuss aus ihrer Pistole hatte die Marineangehörige am Hals getroffen und die Hauptschlagader verletzt. Verzweifelt versuchte Saja die Blutung unter Kontrolle zu bringen. Jeder Ruf nach einem Arzt verhallte in der Leere, die sie zu umgeben schien. Ein mehr gehauchtes als gesprochenes ‚warum?’, war alles, was die Marineangehörige noch hervorbringen konnte, bevor auch sie aus dem Leben schied. Saja senkte ihren Kopf. Ein letzter Blick auf ihre blutverschmierten Hände. Heiße Tränen auf ihrem Gesicht. Ein verzweifelter Schrei. Dann war alles schwarz. So war es jedes Mal, wenn sie sich an jenen Tag zurückerinnerte.
      Auch jetzt stand Saja an Deck des Schiffes und musste sich an der Reling abstützen. Mit gedankenverlorenem Blick sah sie in Richtung der Insel, auch wenn sie in diesem Augenblick rein gar nichts von dem, was um sie herum geschah, registrierte. Ihre Welt drehte sich nur um jenen speziellen Tag. Daher konnte sie auch nicht sagen, wie lang Sasaki schon neben ihr gestanden hatte, bevor sie realisierte, dass er ihr eine unablässig klingelnde Teleschnecke entgegen hielt. Es dauerte einen Moment, bevor sie mit ihren Gedanken wieder in der Gegenwart angekommen war. Mit einem energischen Kopfschütteln versuchte sie die Erinnerungen für den Moment abzuschütteln, um sich wieder auf das hier und jetzt konzentrieren zu können. Offensichtlich wusste Sasaki nichts mit diesem Kommunikationsgerät anzufangen. Seinem verwirrten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war es sogar das erste Mal, das er überhaupt eine Teleschnecke zu Gesicht bekam. In diesem Moment wirkte jener Mann, der zu seiner Zeit geschworen hatte, Sly eigenhändig umzubringen, eher wie ein einsames, verwirrtes Kind als wie ein kaltblütiger Mörder.
      Es war die Teleschnecke, auf der sie Sly immer dann anrief, wenn irgendetwas geschehen war. Beim letzten Mal hatte er sie genutzt, um Saja und Helios zu erzählen, dass er mit Clay eine weitere Person gefunden hatte, die die Nummern trug. Auf der anderen Seite hatte es unzählige Anrufe gegeben, in denen er berichtet hatte, dass sie schleunigst die Insel verlassen mussten, weil er sich mal wieder in Schwierigkeiten gebracht hatte.
      Mit einem Lächeln nahm sie Sasaki die Teleschnecke ab und bedeutete ihm mit einem Fingerzeig, dass er genau darauf achten sollte, was sie als nächstes tat. Unter den neugierigen Blicken von Sasaki nahm Saja den Anruf entgegen, bereit von Sly zu erfahren, in welche Schwierigkeiten er sich nun wieder gebracht hatten.
      „Hallo? Spricht dort Fräulein Saja Minasuki? Mein Name ist Gura Mandarson von der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora. Ich rufe sie im Namen ihres Kapitäns Clay Barton an“, tönte es aus der Teleschnecke, als die Person auf der anderen Seite, nach einem schier endlosen Klingeln, das Freizeichen vernahm.
      Sasaki konnte in ihrem Gesicht deutlich die Überraschung und die Verwirrung erkennen. Tausende Gedanken schossen augenblicklich durch Sajas Kopf, doch nicht einer schien eine plausible Erklärung für diese absurde Situation zu liefern.
      „Ja, hier spricht Saja Minasuki. Was ist mit Kapitän Barton geschehen? Wieso meldet er sich nicht selbst bei mir?“, sagte Saja schließlich, nachdem der Kopfgeldjäger am anderen Ende der Leitung mehrmals gefragt hatte, ob sie ihn hören könne. Es schien ihr zunächst das Beste zu sein, wenn sie so tat, als hätte alles seine Richtigkeit.
      „Nun ja“, ertönte es mit einem leicht verlegenen Unterton aus der Teleschnecke.
      „Es sieht so aus, als ob es zu einem kleinen Missverständnis zwischen ihrem und meinem Boss gekommen ist. Kapitän Barton hat mich gebeten, sie unter dieser Nummer zu kontaktieren. Er möchte, dass sie zu ihm in unser Hauptquartier kommen“, sagte Gura, von seinem ersten Erfolg ein wenig beflügelt, mit ein wenig mehr Enthusiasmus in der Stimme.
      Eine Falle. Saja musste die Worte nicht aussprechen, um Sasaki klar zu machen, was geschehen war. Dieses Mal schien sich Sly in große Schwierigkeiten gebracht zu haben. Soviel stand fest. Doch irgendetwas war faul an der ganzen Sache. Es wollte Saja einfach nicht in den Kopf gehen, warum die Drei Ärger mit Kopfgeldjägern hatten. Auf niemanden aus ihrer Crew war ein Preis ausgesetzt, nicht einmal auf Sly. Und außerdem gelang es ihr, trotz angestrengtem Nachdenken, nicht zu verstehen, warum der Mann am anderen Ende der Leitung andauernd von Clay als ihrem Kapitän sprach. Was war mit Sly und Helios geschehen?


      Kapitel 39: Die Delegation
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      Saja stand unter enormer Anspannung, während sie vor dem Schiff auf die Ankunft der Delegation wartete, die von Aurora gesandt werden sollte, um sie in deren Hauptquartier zu bringen. Der Kopfgeldjäger Gura Manderson, der sie zuvor über Slys Teleschnecke kontaktierte hatte, versprach ihr, dass man sie so schnell wie nur irgendwie möglich zu ihrem Kapitän bringen würde. Noch immer konnte sich Saja keinen Reim darauf machen, warum der Kopfgeldjäger Clay als ihren Kapitän benannt hatte und warum er mit keiner Silbe weder Sly noch Helios erwähnt hatte.
      Ein wenig besorgte wandte sie sich zum Schiff um und sah einen, mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck zu ihr herunter blickenden, Sasaki an Board stehen.
      „Bist du dir wirklich sicher, dass du nicht mitkommen willst? Ich habe das Gefühl, dass unsere Freunde in Gefahr sind“, sagte sie an ihn gewandt.
      Doch in Sasakis Gesicht machte sich ein Ausdruck der Gleichgültigkeit und der Verachtung breit, wie sie ihn in letzter Zeit nur dann gesehen hatte, wenn er eine Anweisung von Sly erhalten hatte.
      „Falsch. Es sind deine Freunde, die in Schwierigkeiten stecken, nicht meine“, sagte er kalt und zerschlug damit sämtliche noch so kleinen Hoffnungen von Saja, dass sich das Verhältnis zwischen ihren Freunden und dem Neuen in der letzten Zeit ein wenig gebessert hätte. Auch wenn sie sich in diesem Augenblick schrecklich allein gelassen fühlte und sich wünschte, dass Sasaki sie begleiten würde, so musste sich doch eingestehen, dass es wohl keinen Sinn hatte, mit ihm zu diskutieren. Zu tief saß sein, für sie immer noch unnachvollziehbarer, Hass gegen Sly als das er zu seiner Hilfe eilen würde.
      Ohne Zweifel würde sie in Zukunft etwas gegen die eisige Stimmung, die zwischen den Männern an Board eingezogen war, unternehmen müssen. Doch galt es im Moment erst einmal herauszufinden, was auf dieser Insel geschehen war.
      Es dauerte nicht lange, bis Saja die Silhouetten von zwei Personen aus dem nahe gelegenen Wald auftauchen sah. Während die Beiden auf das Schiff zugelaufen kamen, spürte sie ein seltsames Gefühl in ihrem Inneren aufziehen. Ihr Verstand sagte ihr, dass sie sich vor dem Mann und der Frau unbedingt in Acht nehmen sollte. Doch ihre Intuition schien ihr sagen zu wollen, dass von den Beiden keinerlei Gefahr ausging. Es war zum Auswachsen.
      Die beiden Kopfgeldjäger stellten sich vor ihr auf. Zuerst reichte ihr die Frau die Hand. Sie war von schlanker Statur. Ihr kurzes, haselnussbraunes Haar umrahmte ein freundliches Gesicht, dass schon seit dem ersten Augenblick, in dem sie Saja erblickt hatte, ein aufrichtiges und freundliches Lächeln trug. Ihre eng anliegende, kurz geschnittene Hose und das blassgrüne Top vermittelten viel mehr den Eindruck einer Touristin als einer Kopfgeldjägerin. Allein die Tatsache, dass sie über ihrer Hose einen separaten Gürtel trug, an deren linken und rechten Seite jeweils ein Hohlster mit einer Pistole steckte, machte es Saja bewusst, dass sie es hier durchaus mit einer Frau zu tun hatte, die man auf keinen Fall unterschätzen sollte.
      Ohne zu zögern, ging sie einen Schritt auf die immer noch misstrauische Saja zu um sich vorzustellen.
      „Es freut mich sehr dich kennen zu lernen. Mein Name ist Cloe Redfox. Ich gehöre zur Führungsspitze der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora“, sagte sie und streckte Saja ihre zierliche Hand zum Gruß entgegen. Ein wenig zögerlich erwiderte Saja die Begrüßung. Zu ihrer Überraschung verspürte sie einen ungewöhnlich festen Händedruck und begann sich zu wundern, mit was für Leuten sie es hier eigentlich zu tun hatte. Doch Cloe entging nicht, wie verwirrt Saja in diesem Moment zu wirken schien.
      „Ist alles in Ordnung?“, wollte sie wissen und legte dabei ihren Kopf nachdenklich zur Seite. Augenblicklich kochte in Saja der Ärger darüber hoch, dass sie sich so offensichtlich in die Karten schauen ließ. Ein Blick auf Cloes Begleiter kam ihr in diesem Augenblick gerade Recht, um eine glaubwürdige Erklärung für ihr wunderliches Verhalten parat zu haben.
      Auf dem Boden neben ihnen kniete ein junger Mann, die eine Hand auf seinem Herzen liegend, die andere fordernd in Sajas Richtung gestreckt. Sein, zu einem Zopf gebundenes, blondlockiges Haar lag auf dem Griff eines Schwertes, das, so vermutete Saja aufgrund der Schwertscheide, die er auf dem Rücken trug, über eine ziemlich breite Klinge verfügen musste.
      Cloe folgte dem verwirrten Blick von Saja und gab ihr schließlich mit genervt verdrehten Augen zu verstehen, dass sie ihm doch bitte ihre Hand geben solle, damit er endlich Ruhe geben und sich wieder normal benehmen würde. Noch viel zögerlicher als zuvor bei Cloe kam Saja der Aufforderung nach.
      Der Kopfgeldjäger nahm ihre Hand so behutsam entgegen, als hätte er Angst sie
      versehentlich zu verletzten, wenn er unachtsam sein würde. Genauso vorsichtig gab er ihr im Anschluss einen zärtlichen Kuss auf den Handrücken, mehr gehaucht als das seine Lippen wirklich ihre Haut berührt hätten.
      „Mir war vom ersten Augenblick an bewusst, dass es Schicksal sein musste, als ich eure engelsgleiche Stimme durch die Teleschnecke vernahm. Und nun, da ihr in all eurer unbeschreiblichen Schönheit vor mir steht, bin ich mir sicher, dass es die Götter heute gut mir meinen“, sagte er ohne dabei aufzublicken. Einen Augenblick lang herrschte Stille.
      „Tut mir Leid, aber kennen wir uns?“, wollte Saja verwirrt wissen.
      Der Mann sah auf und blickte sie hoffnungsvoll aus seinen grauen Augen an.
      „Aber ja. Mein Name ist Gura Manderson. Ich hatte das unsagbar große Vergnügen vorhin mit ihnen sprechen zu dürfen. Ich kann ihnen gar nicht sagen, wie... “
      Gura konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen. Zu schnell hatte Cloe ihn an einem seiner, mit einer Vielzahl von Ringen dekorierten, Ohren gepackt und von Saja weggezogen.
      „Hab ich dir nicht gesagt, dass sie unser Gast ist. Lass sie gefälligst mit deinem Süßholzgeraspel in Frieden“, fuhr sie ihn an.
      „Aber Boss! Das Schicksal!“, versuchte Gura noch zu protestieren, bevor Cloe ihm mit einer gewaschenen Standpauke klar machte, dass er sich zu benehmen hatte, wenn er es mit einem Gast zu tun hatte. Er würde den guten Namen der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora mit seinem Verhalten beschmutzen. Resignierend stimmte Gura schließlich zu, dass er sich ungebührlich verhalten hätte, und entschuldigte sich für seine Taten bei Saja.
      Auch Cloe entschuldigte sich einige Male bei ihr, bevor sie endlich das Thema ansprach, das Saja schon seit dem Erscheinen der Beiden vor ihrem Schiff mehr alles Andere interessierte.
      „Nun gut. Nachdem wir diesen liebestollen Idioten zur Ruhe gebracht haben, sollten wir über deinen Kapitän sprechen. Es sieht wohl ganz so aus, als hätte er sich einigen Ärger in der Stadt eingehandelt.“


      Kapitel 40: Zehn Schritte Abstand
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      Auf Cloes Vorschlag hin hatten sich die Drei bereits in Richtung der Stadt aufgemacht, als sie damit begann Saja zu schildern, was dort vorgefallen war.
      „Entschuldige bitte, dass ich dich habe warten lassen. Aber ich musste einfach erst einmal sicherstellen, dass uns dieser Idiot da hinten nicht bei unserer Unterhaltung stört“, sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht, als wäre ihr Umgang mit ihrem Kopfgeldjägerkollegen so natürlich, wie das Verhalten zwischen zwei Menschen nur sein konnte. Und doch kam Saja das Bild, das die Beiden ablieferten, mehr als nur seltsam vor. Es war schon fast ein wenig verstörend, wenn sie sich das Seil, das sie sich zuvor Saja von ihrem Schiff hatte hohlen lassen, betrachte, dessen eines Ende von Cloe in der Hand gehalten wurde und dessen anderes Ende um den Bauch von Gura gebunden war.
      Er hatte sich auf Anweisung seiner Vorgesetzten stets mindestens zehn Schritte von den Frauen entfernt zu halten, sodass das Seil stets gespannt blieb und nicht den Boden berührte. Er hatte sich, auf Anweisung seiner Vorgesetzten, stets so weit von den Frauen entfernt zu halten, dass das Seil gespannt blieb und nicht den Boden berührte. Kurz nachdem sie ihm erklärt hatte, wie sich der Weg zurück in die Stadt gestalten würde, war Gura näher an sie herangetreten, um gegen diese Behandlung zu protestieren. Doch in dem Augenblick, in dem das Seil den Boden berührt hatte, zerriss ein Schuss die Luft und eine Kugel schlug zu Guras Füßen ein.
      „Habe ich mich irgendwie unmissverständlich ausgedrückt?“, fragte Cloe während ein bedrohlicher Unterton in ihrer Stimme mitschwang. Gura, von dieser Geste sichtlich eingeschüchtert, gab augenblicklich klein bei. Doch war es in Sajas Augen weniger der Schuss selbst, der in ihr das Gefühl bestärkte, dass sie Cloe nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Es war die Geschwindigkeit, mit der sie die Pistole gezogen hatte, die sie zu äußerster Vorsicht mahnte.
      „Entschuldige, wenn ich aufdringlich wirke. Aber kannst du mir nun bitte erzählen, was mit Kapitän Barton geschehen ist?“, wollte sie nun endlich wissen, nachdem sie den nahe liegenden Wald in einer peinlichen Stille durchquert hatten. Noch immer kam es Saja seltsam vor von Clay als dem Kapitän ihres Schiffes zu sprechen. In Cloes Gesicht machte sich ein ernster Ausdruck breit.
      „Es sieht wohl leider so aus, als wäre er in unserer Stadt in eine heftige Schlägerei verwickelt gewesen, bei der eine Menge Unschuldiger mit einbezogen wurden.“
      Sajas Magen verkrampfte sich bei Cloes Worten, doch versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen. Zu ihrem eigenen Missfallen musste sie sich allerdings eingestehen, dass ein solches Vorgehen durchaus zu Clay passte.
      „Da bin ich ja froh, dass er sich an mich gewandt hat. Kapitän Barton kann ein solcher Hitzkopf sein. Und ich soll nun für ihn die Kaution bezahlen?“, sagte sie in einem gespielt abfälligem Tonfall, den selbst Sly nicht besser hinbekommen hätte.
      „Ich wünschte es wäre so einfach. Allerdings gibt es da ein kleines Problem“, antwortete Cloe und sah dabei mit einer Mischung aus Resignation und Vorwurf zu Boden.
      „Ja! Der Boss war nämlich auch in die Schlägerei verwickelt!“, tönte es von Hinten. Gura hatte versucht sich noch einmal Gehör zu verschaffen. Ein einschüchternder Blick von Cloe brachte ihn jedoch schnell wieder zum Schweigen.
      „Es ist so“, begann sie im Anschluss zu erklären. „Der ursprüngliche Konflikt entwickelte sich zwischen meinem Mann und deinem Kapitän. Der Name meines Mannes ist Schakyor. Wir leiten die Kopfgeldjägergesellschaft Aurora gemeinsam.
      Ich bin mir zwar noch nicht ganz im Klaren, warum sie es taten, aber die Beiden sind wohl heftig aneinander geraten.“
      Noch immer konnte Saja nicht so ganz verstehen, was Cloe ihr eigentlich sagen wollte. Doch ihre Fragen sollten nicht lange unbeantwortet bleiben. Noch bevor sie ihrer Verwunderung Luft machen konnte, fand sie sich vor einem großen Gebäude inmitten der Stadt wieder. In vielen der zahlreichen Fenster hingen dunkelblaue Banner mit der Aufschrift ‚Aurora’.
      „Das hier ist unser Hauptquartier. Ich heiße dich herzlich willkommen!“, sagte Cloe mit einem freudestrahlendem Gesicht und öffnete die massive Holztür vor Saja. Augenblicklich schlug ihr ein heilloses Gewirr aus Stimmen entgegen. Von überall aus dem Inneren des waren Menschen und Musik zu hören. Cloe ließ das Seil, an dessen anderem Ende Gura immer noch in dem befohlenen Abstand wartete, los und nahm Saja bei der Hand um sie in Innere zu führen.
      „Warte mal. Was ist hier eigentlich los?“, wollte diese, nun vollends verwirrt, wissen. Doch Cloe antwortete zunächst nicht. Stattdessen führte sie Saja in einen großen Raum, in dem viele Menschen an einer ganzen Reihe von Tischen saßen, aßen trunken, redeten und gemeinsam Lieder sangen. Sie brachte sie quer durch den Raum bis zu einem Tisch am hinteren Ende, an dem zu Sajas Überraschung, neben einem Mann, den Cloe als ihren Ehemann Schakyor vorstellte, auch Clay und Helios saßen und sich scheinbar köstlich amüsierten.
      Überwältigt von den Ereignissen konnte sich Saja nicht dagegen wehren, als Schakyor darauf bestand, dass sie neben ihm Platz nehmen sollte. Und genauso wenig konnte sie verhindern, dass sich Gura zwischen sie und Clay zwängte und augenblicklich damit begann, ihr Komplimente zu machen. Eine Zeit lang versuchte sie mit Clay ins Gespräch zu kommen, um endlich erfahren zu können, was hier eigentlich vor sich ging. Doch erfolglos. Es wollte ihr einfach nicht gelingen, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln.
      „Ich fürchte, ich verstehe nicht so ganz, was hier vor sich geht“, sagte sie schließlich an Schakyor gewandt und hoffte wenigstens von diesem eine vernünftige Antwort zu bekommen. Doch er begann zunächst nur zu lachen und rieb sich verlegen den Hinterkopf.
      „Nun ja. Wie du wahrscheinlich schon von Cloe gehört hast, bin ich mit deinem Kapitän ein wenig in Streit geraten und wir haben die Sache mit handfesten Argumenten gelöst. Dabei haben wir dummerweise auch die eine oder andere Backpfeife an ein paar der Urlaubsgäste ausgeteilt, die versuchten, uns auseinander zu bringen. Dieses Fest soll als Entschuldigung dienen. Und ihr drei seid unsere Gäste“, erklärte er ihr schließlich, als er sich beruhigt hatte.
      Da war es schon wieder. Er hatte von ihnen Dreien gesprochen. Doch noch immer hatte sie keine Ahnung, was mit Sly geschehen war und auch keine Möglichkeit Clay nach diesem zu fragen.


      Kapitel 41: Die Zehner
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      Die Feier im Hauptquartier der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora dauerte schon lange an und inzwischen hatten sich, neben den eigentlich geladenen Gästen, auch eine Vielzahl an Urlaubern und Einheimischen zu der Feier gesellt, sodass sich die ursprünglich kleine Zusammenkunft inzwischen zu einem richtigen Volksfest entwickelt hatte. In jedem Raum des Hauses feierten Menschen, viele von Ihnen nicht wissend, warum diese Feier überhaupt abgehalten wurde.
      Doch ungeachtet der unzähligen Menschen, die scheinbar ununterbrochen an ihren Tisch kamen um sich mit den Führern der Kopfgeldjäger, Cloe und Shakyor, zu unterhalten, wollte es Saja einfach nicht gelingen mit ihrem Kameraden Clay ins Gespräch zukommen. Der Grund hierfür bestand hauptsächlich in einem fast ununterbrochenen schwatzenden, ihr Komplimente machenden und über beide Ohren grinsenden, Mann namens Gura. Der Kopfgeldjäger schien es ich zur Aufgabe gemacht zu haben, nicht eher Ruhe zu geben, bevor sich Saja in ihn verliebt hätte.
      Da war sie sich sicher. Der Grund hierfür war denkbar einfach. Gura hatte es mehrmals zu ihr gesagt, ohne dabei zu bemerken, wie Saja jedes Mal genervt die Augen verdrehte.
      Die schon beinnahe aufdringlichen Annäherungsversuche begannen ihr schon bald gehörig auf die Nerven zu gehen. Je länger der Abend andauerte, umso mehr wuchsen ihre Sorgen um Sly an. Sie wurde das Gefühl einfach nicht los, dass ihm etwas zugestoßen war.
      Allein die augenscheinliche Ruhe und Sorglosigkeit, mit der Clay und Helios den Abend genossen, hielt sie davon ab, einen der Beiden augenblicklich am Kragen aus dem Raum zu zerren, um sie endlich nach Slys Verbleib ausfragen zu können. Letztlich musste sie sich eingestehen, dass es wohl im Moment nichts brachte, wenn sie sich unnötige Sorgen machen würde.
      Fürs Erste musste sie wohl auf Clays Urteilsvermögen vertrauen oder wenigstens den Redeschwall zwischen ihnen zum Versiegen bringen, damit sie ihn selbst nach dem Verbleib ihres Freundes fragen konnte.
      Noch während sie sich den Kopf darüber zerbrach, wie sie Gura zum Schweigen oder besser noch zum Verschwinden bewegen konnte, schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. Es war Sly, der immer wieder gesagt hatte, dass eine Unterhaltung mit einer Quasselstrippe im Grunde das Beste war, das einem Dieb passieren konnte. Zwar bezog er sich dabei immer auf Absichten, die für Saja völlig undenkbar waren, doch hatte sie erkannt, dass die Quintessenz daraus auch für ihr Problem nützlich sein könnte. Wenn jemand gerne sprach, musste man ihn nur dazu bewegen über die Dinge zu reden, die für einen selbst von Interesse waren.
      „Erzähl mir von euch“, fiel sie Gura ins Wort und sah ihn dabei mit einem Ausdruck an, als wäre sie wirklich fasziniert von dem, was er so von sich zu geben hatte. Der Kopfgeldjäger brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, was soeben geschehen war. Zum ersten Mal seit Stunden hatte sie mit ihm gesprochen. Sein Herz machte einen Freudensprung, als er sah, wie sie unter dem Vorwand so besser hören zu können, näher an ihn heran rückte.
      „Ü… Über uns?“, stotterte er mehr als er sprach. Von seiner anfänglichen Selbstsicherheit war plötzlich nicht mehr viel übrig geblieben.
      „Ja von euch. Von Aurora“, antwortete Saja mit einem Lächeln, mit dem sie sonst eher Sly dazu bewegen konnte, etwas zu tun, was dieser eigentlich nicht wollte.
      Schlagartig machte sich ein dickes Grinsen auf Guras Gesicht breit und seine Brust schien von Stolz anzuschwellen, als er damit begann, von der Kopfgeldjägergesellschaft zu sprechen.
      „Ich will ja nicht prahlen, aber allein wir sind der Grund, warum es auf dieser Insel so friedlich ist. Du musst nämlich wissen, dass Costa Mar nicht immer der paradiesische Urlaubsort war, der er heute ist. Bevor der Boss und die Chefin hier aufgetaucht sind, hat das Meer fast regelmäßig irgendwelchen Abschaum an unsere Küste gespült. Und im Laufe des letzten Jahres wurde es immer schlimmer. Fast täglich kamen irgendwelche Verbrecher hier an und versetzten die Anwohner in Angst und Schrecken.
      Erst als die Beiden hier herkamen, begannen wieder Ruhe und Frieden einzukehren.“
      Saja hatte die ganze Zeit gespannt zugehört. Langsam begann sie zu verstehen, warum Sly immer so viel Wert darauf legte, jede mögliche Informationsquelle zu erschließen.
      „Also sind die Beiden stark?“, wollte sie wissen.
      „Und wie! Immerhin haben sie es bis jetzt mit jedem Verbrecher aufnehmen können, der hier her kam. Und viele von denen hatten sogar ein Kopfgeld! Ich finde, dass spricht für sich, denn schließlich vergibt die Marine nicht auf jeden Kleinen Gauner eine Belohnung. Da muss man schon Einiges auf dem Kerbholz haben, bevor ein Preis auf den eigenen Kopf ausgesetzt wird“, erklärte er in einer Art, die Saja stark an einen Lehrer erinnerte, der versuchte einem begriffsstutzigen Kind einen Sachverhalt klar zu machen. Und auch wenn sie von diesem Tonfall mehr als nur genervt war, behielt sie doch ihre freundliche und interessiert wirkende Miene bei. Für einen kurzen Augenblick huschte ihr sogar ein aufrichtiges Lächeln über ihr Gesicht, als ihr klar wurde, dass wohl doch mehr von Slys Angewohnheiten auf sie übergegangen waren, als sie sich eingestehen wollte.
      Nicht ahnend, was in ihrem Kopf vor sich ging, interpretierte Gura das Lächeln als ein Zeichen an ihn, was seine Selbstsicherheit wieder neu erstarken ließ.
      „Und habt ihr schon viele Verbrecher mit hohen Kopfgeldern festgenommen?“, wollte sie als Nächstes wissen.
      „Oh ja. Es waren schon so viele, dass ich inzwischen damit aufgehört habe, sie zu zählen. Allerdings muss ich zugeben, dass die richtig großen Fische meistens nur von Cloe oder Shakyor erledigt werden. Wir Anderen kümmern uns mehr um die Zehner“, sagte er mit einem selbstzufriedenen Grinsen.
      „Die Zehner?“, hakte Saja nach.
      „Das sind Verbrecher, die allesamt ein Kopfgeld von zehn Millionen Berry hatten. Davon gab es unglaublich viele, obwohl ich nicht verstehe, warum. Die Meisten von denen waren echte Schlappschwänze. Vermutlich liegt es daran, dass wir so stark sind!“
      Mit einem selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht und vor der Brust verschränkten Armen lehnte er sich zurück, schloss die Augen und wartete in der Überzeugung, dass er Saja nun für sich eingenommen hatte, auf deren bewundernde Kommentare über seinen Mut und seine Stärke. „So viele? Und alle mit dem gleichen Kopfgeld? Seltsam“, hörte er sie noch murmeln und begann in Gedanken bereits damit, sich zu seine Eroberung zu beglückwünschen. Erst als er nach einiger Zeit damit fertig war, sich in seinem eigenen Geist hochleben zu lassen, bemerkte er, dass Saja schon seit geraumer zeit nichts mehr zu ihm gesagt hatte.
      Als er die Augen öffnete, musste er entsetzt feststellen, dass sie wohl schon seit geraumer Zeit verschwunden war.


      Kapitel 42: Sajas Bedrängnis
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      Noch immer hätte sich Saja dafür ohrfeigen können, dass sie so tief in ihre Verwunderung über die merkwürdige Kopfgeldpolitik der Marine versunken gewesen war. Auch wenn sie sich auch jetzt noch über den äußerst merkwürdigen Umstand, dass sich eine Vielzahl von Verbrechern mit genau dem gleichen Kopfgeld von zehn Millionen Berry gerade auf dieser Insel einfanden, ärgerte sie sich im Augenblick doch mehr darüber, dass sie nicht bemerkt hatte, wie Clay seinen Platz verlassen hatte.
      Doch als sie ihre Chance darauf, allein ihm sprechen zu können, erkannte, war sie ohne ein weiteres Wort aufgestanden und hatte einen idiotisch grinsenden Gura allein zurückgelassen.
      Zu ihrem großen Ärger hatte sie nicht sehen können, wohin Clay gegangen war, weshalb sie nun ziellos durch die Gänge des Kopfgeldjägerhauptquartiers streifte und dabei hoffte, ihm zufällig über den Weg zu laufen. Doch schien ihr das Glück nicht den Gefallen tun zu wollen. In den unzähligen Gängen des Hauses trieben sich inzwischen so viele Menschen herum, dass es im Grunde unmöglich schien, eine bestimmte Person zu finden. Vor allem, wenn man sich hier nicht auskannte.
      Nachdem sie gerade wieder damit fertig war, einen neuen Raum nach Clay zu durchsuchen, blieb sie in einem, in ihren Augen angenehm ruhigen, Korridor stehen, um für einen Augenblick darüber nachzudenken, ob es sich wirklich lohnte, weiterhin ziellos durch die Gänge zu irren.
      Doch hatte sie nicht viel Zeit, um ihre Gedanken in geordnete Bahnen zu bringen. Bereits kurz, nachdem sie stehen geblieben war, spürte sie, wie irgendein Schwein seine dreckigen Arme um sie schlang und sie, mit den Rücken zu sich, so dicht an sich heranzog, dass Saja dessen Atem an ihrem Hals spüren konnte. Die fremde Person hatte den einen Arm über ihre Schulter geschwungen, sodass dessen Hand auf ihrer Brust zur Ruhe kam. Mit der anderen Hand wurde ihre Hüfte umklammert, sodass die Becken der Beiden unweigerlich aneinander pressten.
      Nur für einen äußerst kurzen Moment war Saja von der Überraschung überwältigt, sodass der mit Sicherheit männliche Fremde seine Griffel um sie schlingen konnte. Doch brauchte sie nicht lange, um sich wieder zu sammeln und entsprechenden Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Wenn dieser Peversling dachte, dass er mit ihr ein leichtes Spiel haben würde, dann hatte er sich getäuscht.
      Der Fehler an seinem Griff war, dass er Saja genügend Bewegungsfreiheit ließ, um wenigstens einen Arm frei bewegen zu können. Mehr brauchte sie nicht.
      Augenblicke später stand sie mit, in Richtung der Wand ausgestrecktem, Arm da und der Mann hinter ihn blickte plötzlich in den Lauf ihrer Pistole. Saja war sich sicher, dass allein die Tatsache, dass sie in eine Richtung zielte und die Waffe in die Entgegengesetzte zeigte, ausreichen würde, um ihren Angreifer soweit zu verunsichern, dass dieser sofort das Weite suchen würde.
      Doch statt der erwarteten Reaktion begann dieser nur zu lachen.
      „Was ist so verdammt komisch, du Schwein? Nimm endlich deine schmutzigen Hände von mir!“ Der Finger am Abzug ihrer Waffe begann sich zu spannen und der Schlagbolzen bewegte sich langsam nach hinten, bereit den entscheidenden Impuls für die Auslösung eines Schusses zu geben.
      „Du solltest in solch einer Situation nicht einfach leichtfertig deine Fähigkeiten preisgeben. Damit wirst du dir im schlechtesten Fall das Überraschungsmoment verderben“, sagte der Mann in einen, für Saja äußert vertrautem, Ton. Ein Blick auf die gegenüberliegende Wand ließ ihre letzten Zweifel verschwinden. Auf der Wand hatte sich, wie aus dem Nichts, ein schwarzer Pfeil gebildet.
      Schnell hatte Sly seinen Griff um Saja gelöst und sich daraufhin eine Ohrfeige von ihr eingefangen.
      „Du bist ein Vollidiot! Hast du überhaupt eine Vorstellung davon, wie viele Sorgen ich mir deinetwegen gemacht habe?“
      Sajas vorwurfsvolle Predigt mit dem Dieb hielt selbst für die Verhältnisse der Beiden enorm lang an. Selbst für Sly, der es eigentlich gewohnt war, sich bei seiner Freundin entschuldigen zu müssen, machte sich ein unglaublich schlechtes Gewissen breit. Die Ausführungen von Saja wurden von einer erneuten Ohrfeige für den Dieb beendet, sodass sich dessen Wange inzwischen in einem deutlichen Rot vom Rest seines Gesichts abzeichnete. Erst wenige Male in seinem Leben hatte Sly so viel Reue über seine Taten verspürt, wie in diesem Augenblick.
      „Und nun wirst du mir erklären, was diese ganze Scharade zu bedeuten hat? Wieso hält sich Clay für den Kapitän? Und wo warst du die ganze Zeit?“, wollte sie schließlich wissen, als sie damit fertig war, Sly die Leviten zu lesen.
      „Das liegt wahrscheinlich daran, dass er für heute der Kapitän ist“, sagte Sly gleichgültig und zuckte dabei mit seinen Schultern, woraufhin er sich eine erneute Ohrfeige einfing.
      „Jetzt hör mir mal genau zu, Sly Mortou. Wenn du mir nicht augenblicklich erklärst, was bei euch vorgefallen ist, nachdem ihr das Schiff verlassen habt, dann schwöre ich dir, dass du dein blaues Wunder erleben wirst!“
      Sajas Stimme überschlug sich fast vor Wut, während sie den Dieb beim Sprechen immer weiter gegen die Wand drängte.
      „Ist ja gut, mein Liebling“, antwortete Sly und hob dabei beschwichtigend die Hände in den geringen Raum zwischen ihnen.
      Von der Einsicht getroffen, dass es wohl sowieso keinen Sinn haben würde, wenn er Saja die Wahrheit verschweigen würde, begann Sly zu berichten, was in der Stadt vorgefallen war. Eigentlich hatte es vermeiden wollen, denn er wusste, dass die Betrugsmasche, die sie abgezogen hatten, nur wenig Anklang bei seiner Freundin finden würde. Aus diesem Grund verschwieg er auch die Tatsache, dass er sich während der Vorstellung von Clay und Helios an den prall gefüllten Geldbeuteln der Urlauber bedient hatte. Saja hörte seinen Ausführungen kommentarlos zu, solang bis er mit seiner Geschichte an dem Punkt angekommen war, an dem er von einem völlig überraschten Helios von den Beinen gerissen wurde.
      „Und was geschah dann?“, wollte Saja mit einem strengen Unterton in Stimme wissen.
      „Du kennst Clay. Sein Temperament war schon immer etwas schwierig zu handhaben. Aber in dieser Situation gingen alle Pferde mit ihm durch. Der Mann, der Helios erwischt hatte, war einer der Führer dieser Kopfgeldjägergesellschaft. Er heißt Shakyor.“


      Kapitel 43: Kapitän für einen Tag
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      „Ja. Ich hatte bereits das Vergnügen, ihn kennen zu lernen“, bestätigte Saja mit einem Nicken.
      „Und genau dieser Mann scheint mit unserem Freund Clay etwas gemeinsam zu haben. Nämlich einen sehr, sehr kurzen Geduldsfaden.
      Shakyor war eigentlich zu Helios und mir gekommen, um sich zu entschuldigen. Bitte frag mich nicht, wie er es angestellt hat, aber irgendwie ist es ihm gelungen, unseren Traumtänzer eine zu verpassen, während er seine komische Meditationsnummer abzieht.“
      Bei den letzten Worten meinte Sly einen geringen Anflug von Verwunderung über Sajas Gesicht huschen zu sehen. Also war auch sie verwundert über die schiere Tatsache, dass es neben dem Erzpriester Menschen zu geben schien, die dem Traumtänzer etwas entgegenzusetzen hatten.
      „Shakyor half uns auf die Beine und entschuldigte sich. Er weiß bis jetzt nicht, dass wir eigentlich zusammengehören. Und das ist auch gut so, bedenkt man, was im Anschluss geschah“, sagte Sly mit einem Kopfschütteln.
      „Und das wäre?“, fragte Saja.
      Der Ton in ihrer Stimme wurde gereizter. Langsam schien Saja die Geduld mit ihrem Freund zu verlieren.
      „Der Mann ist nicht dumm. Er begann Clay und Helios darüber auszufragen, was sie dort eigentlich trieben. Und da unser Mönch natürlich nicht antworten konnte und ich mich nur im Notfall als Helfer unserer kleinen Betrügerei zu erkennen geben wollte, musste Clay eben die Situation klären. Im Nachhinein betrachtet war das keine gute Idee. Es dauerte nicht lang und Shakyor wurde misstrauisch. Er begann Clay zu beschuldigen, ein Betrüger zu sein. Und damit hatte er wohl einen Nerv getroffen. Augenblicklich flogen die Fäuste. Nachdem die Beiden ein paar Hiebe ausgetauscht hatten, versuchten ein paar Männer, vermutlich alle Kopfgeldjäger, sie zu trennen. Allerdings mit wenig Erfolg. Sowohl Clay als auch Shakyor ließen sich kaum bändigen.
      Aus dem kleinen Gerangel zwischen ihnen entstand schnell eine ausgewachsene Schlägerei. Einige der Urlauber schlugen sich auf unsere Seite und legten sich mit den Kopfgeldjägern an. Die Situation wurde mir langsam zu gefährlich. Mir wurde klar, dass wir alle riesige Probleme mit den Auroras bekommen würden, wenn sie irgendwann herausfinden würden, was wir abgezogen hatten. Daher beschloss ich zu handeln.
      Ich stürzte mich ins Getümmel und versuchte zu Clay vorzudringen. Als ich ihn schließlich fand, sprang ich auf seinen Rücken und umklammerte ihn. Ich steckte ihm meine Teleschnecke zu und sagte, dass er sich beruhigen und bei Shakyor entschuldigen sollte. Er solle ihm erklären, dass er und Helios zu einer fahrenden Gauklertruppe gehören und dass er auf deren Schiff der Kapitän sei.
      Clay brauchte ein wenig Zeit, bis er verstanden hatte. Dann warf er mich, zugegebenermaßen ein wenig unsanft, ab und begab sich zu Shakyor. Ohne Gegenwehr ließ er sich ein paar Schläge verpassen, solang bis dieser lautstark bemängelte, dass sich unser Freund nicht mehr wehren wollte.“
      Sly konnte im Gesicht seiner Freundin nicht so recht ablesen, was sich gerade in ihrem Kopf abspielte.
      „Und dann?“, wollte sie ohne erkennbare Emotionen in der Stimme von ihm wissen.
      „Dieser Shakyor ist wie ein wildes Tier. Ich befand mich nicht weit von ihm entfernt, als er Clay anschrie. Noch jetzt dröhnt mir seine Stimme in den Ohren. Und das tut es wahrscheinlich auch bei allen Anderen, die sich in diesem Augenblick in der Nähe dieses Kerls befunden haben. Es reichte aus, damit augenblicklich alle voneinander abließen.
      Doch war es wohl nur der kurze Augenblick der Überraschung, denn kaum einen Moment später, brach die Schlägerei erneut aus. Ich fragte mich noch, was Clay da eigentlich trieb. Ich hatte gehofft, dass er die ganze Sache allein regeln könnte, ohne dass dabei aufgedeckt würde, dass wir miteinander befreundet sind.“
      „Warum?“, unterbrach ihn Saja.
      „Weil wir die Leute hier abgezockt haben. Ich hatte die Befürchtung, dass wir in massive Schwierigkeiten geraten würden, wenn wir die Anwesenden nicht davon überzeugen konnten, dass wir sie mit unserer kleinen Vorstellung nicht über den Tisch gezogen haben. Ohne mich schien mir die Geschichte, die wir uns ausgedacht haben, nun mal glaubwürdiger. Eine dritte Person würde nicht in das Bild passen, das wir konstruieren wollten.“
      Sajas Gesichtsausdruck schien sich ein wenig zu entspannen.
      „Wie dem auch sei. Die Beiden gingen wieder aufeinander los und es gab kein Halten mehr. So dachte ich jedenfalls, bis eine gewisse Person am Schauplatz auftauchte.
      Dies war eine Frau namens Cloe. Sie musste den lautstarken Schrei von Shakyor gehört haben. Man mag es nicht glauben, aber sie war sogar noch wilder als ihr Mann. Sie ging auf alle Mitglieder der Kopfgeldjäger los und es dauerte nicht lang und selbst Shakyor lag am Boden. Und Clay lag übrigens daneben. Ich persönlich habe mich dezent zurückgehalten“, sagte er mit einem verschlagenen Grinsen.
      „Die Idee für die Feier, die in diesem Augenblick hier abgehalten wird, stammt auch von Cloe. Sie meinte, dass es sich wohl um ein großes Missverständnis handeln würde. Daraufhin lud sie alle Anwesenden in das Hauptquartier der Kopfgeldjäger ein. Und so kam es, dass wir beide jetzt hier stehen.“
      Damit beschloss Sly seine Ausführungen. Er war sich noch immer nicht so ganz sicher, was Saja von seinem Verhalten zu halten schien. In ihrem Gesicht konnte er nicht erkennen, ob der Ausdruck nun Ärger, Erleichterung oder Sorge widerspiegelte.
      „Manchmal frage ich mich, wie ich mich jemals in dich verlieben konnte“, sagte Saja schließlich mit einem entwaffneten Lächeln auf den Lippen.
      Sie hatte eine Frage ausgesprochen, die er sich selbst schon unzählige Male gestellt hatte. Konnte ihre Herkunft doch kaum unterschiedlicher sein. Er, ein einfacher Dieb, der alles tat, um zu überleben. Betrug, Lügen, jede Art von Verhalten, das die normale Gesellschaft als widerwärtig und unmoralisch ansehen würde, waren ihm nicht fremd. Und dann war da Saja. Eine Frau, deren Lebensweg so ziemlich das genaue Gegenteil zu dem Seinen darstellte.
      „Das war das letzte Mal, dass ich dich jagen gehen lasse, mein Lieber“, sagte sie schließlich mit einem Lächeln und legte ihre Arme um seine Schultern. Sly erwiderte ihren Kommentar mit einem neckischen Grinsen. Auch er legte seine Arme um sie.
      „Jetzt hör endlich auf, die so viele Sorgen um mich machen. Ich würde dich doch niemals allein lassen, das weist du doch. Ich werde immer zu dir zurückkehren“, sagte er mit einem Grinsen, bevor er Saja einen Kuss gab.
      Ihr Kuss blieb nicht unter ihnen. Eine weitere Person, die sie vom Ende des Ganges aus beobachtete, sah schockiert zu den Beiden zu ihnen hinüber. Der Kopfgeldjäger Gura Manderson war außer sich vor Wut, als er sah, wie dieser Fremde die Frau küsste, auf die er ein Auge geworfen hatte. Der Anblick traf ihn wie ein Schlag. Wie konnte sie so etwas nur tun? Er fühlte sich betrogen und verließ augenblicklich den Ort des Geschehens.
      Sein Weg führte ihn geradewegs in die privaten Räumlichkeiten der Kopfgeldjäger. Auf seinem Weg dorthin wurde er von vielen Leuten zum Bleiben aufgefordert. Man kannte ihn hier. Doch in Guras Geist war im Augenblick kein Platz für Feierlichkeiten. Er wollte allein sein.
      Als er die Tür zur obersten Etage de Gebäudes, in dem eine Vielzahl der Kopfgeldjäger zu Hause waren, hinter sich geschlossen hatte, schien der allgegenwärtige Geräuschpegel der Feier plötzlich verstummt zu sein. Hier hatten Auswärtige nichts verloren und das war für Gura auch gut so.
      Seine Schritte führten ihn augenblicklich zu seinem Zimmer, als er auf dem Weg dorthin an dem Besprechungsraum der Kopfgeldjäger vorbei kam. Zu seiner Überraschung fand er dort viele seine Kollegen, unter ihnen auch Cloe und Shakyor, vor.
      „Hallo Leute. Was geht denn hier vor sich? Wieso seit ihr nicht bei der Feier?“
      Keiner der Anwesenden schenkte ihm sonderliche Aufmerksamkeit. Allein Cloe erhob ihren Blick von dem Tisch, der in der Mitte des Raumes stand.
      „Hallo Gura. Wie geht es deiner neuen Flamme?“, wollte sie wissen.
      In Guars Augen sammelten sich augenblicklich Tränen.
      „Sie hat mich für irgendeinen Penner versetzt!“, sagte er schluchzend und wandte dabei den Blick von Cloe ab.
      „Vielleicht war es besser so. Sie hätte sowieso nicht zu dir gepasst“, sagte sie lächelnd.
      „Wie kannst du so etwas nur sagen? Wir sind füreinander bestimmt!“
      Gura war außer sich vor Wut, doch Cloe blieb ruhig.
      „Bist du dir da wirklich sicher“, sagte sie und hielt ihm dabei ein Stück Papier entgegen, welches sie zuvor von dem Tisch aufgehoben hatte.
      Anhand von Guras entgleister Gesichtzüge erkannte sie die Überraschung, die sie alle hier zuvor erlebt hatten. Er brauchte einen Augenblick, bevor er die richtigen Worte fand.
      „Sie… Saja ist ein Zehner?“


      Kapitel 44: Diebesinstinkte
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      Nur sehr widerwillig stimmte Sly dem Vorschlag seiner Freundin zu, wieder zu den Anderen zurückzukehren. Für ihn gab es in dem großen Festsaal sowieso nichts zu holen. Ein wenig Essen und Getränke, aber keine Möglichkeit an irgendwelche wirklich brauchbaren Informationen heranzukommen.
      Seit dem Augenblick, in dem er sich an einem der Tische, weit entfernt von Clay und Helios, niedergelassen hatte, musste er dem hohlen Geschwafel von Touristen zuhören, die sich mit einer scheinbar unbeschreiblichen Wollust über ihre eigene Dekadenz ausließen. Der Dieb nickte unentwegt, und versuchte dabei mit aller Macht seine Abscheu gegen diese Rindviecher hinter einem falschen Grinsen zu verbergen. Abende wie dieser bestätigten ihm immer wieder, dass sein Vergleich der Bevölkerung mit hirnlosem Schlachtvieh, das sich nur allzu gerne zum Metzger bringen lässt, viel mehr der Wahrheit entsprach, als es die meisten wahrhaben wollten.
      Und nun musste er sich wieder zurück zu diesen Idioten begeben und Saja allein mit einem schleimigen Penner von einem Kopfgeldjäger lassen, der schon den ganzen Abend wie eine Klette an ihr hing. Resignierend musste er seiner Freundin nach einigen Diskussionen zustimmen, als diese sagte, dass es wohl das Beste wäre, wenn sie allein zu Clay und Helios zurückkehren würde. Auch wenn es ihm persönlich gar nicht passte, blieb er doch in dem dunklen Gang, um erst einige Zeit nach Saja allein zu dem Fest zurückzukehren.
      Sie sagte ihm noch, dass er das Ganze nicht so schwer nehmen solle, bevor sie ihm zum Abschied einen Kuss gab und dann wieder verschwand. Mehr noch als der bloße Fakt, dass sie nun wieder bei dem idiotischen Kopfgeldjäger sitzen würde, während er sich zu den besoffenen Touristen gesellen durfte, ärgerte ihn in diesem Moment die Tatsache, dass es letztlich sein eigener Plan gewesen war, der ihn in diese Situation gebracht hatte.
      Er sah noch einen Augenblick lang zu dem Gang, in den Saja eingebogen war. Ungewöhnlich viele Leute schienen das Gebäude zu verlassen. Wahrscheinlich neigte sich das Fest langsam dem Ende zu und die Meisten machten sich bereits auf den Heimweg. Sly war das nur Recht. Je schneller dieser Abend vorüber wäre, desto besser.
      Um sich selbst ein wenig auf andere Gedanken zu bringen, beschloss er in einer dunklen Ecke stehend, die Früchte seiner heutigen Arbeit zu begutachten. Er kramte das Geld, das er den Rindviechern aus den Taschen gezogen hatte, heraus und begann zu zählen. Mit jedem Schein, den er durch seine Finger gleiten ließ, verbesserte sich seine Laune zusehends. Knapp fünfzigtausend Berry hatte seine Drei-Stufen-Vermögenszuwachsstrategie in seine Taschen gespült. Gemeinsam mit dem Geld, das Clay und Helios ergaunert hatten, würden sie sicherlich wieder eine Weile über die Runden kommen.
      Beflügelt von dieser Erkenntnis beschloss er schließlich, sich auch noch einmal auf dem Fest blicken zu lassen. Sicherlich müsste er vor den Anderen verschwinden, damit er unbehelligt zum Schiff gelangen konnte, ohne das irgendwelche neugierige Blicke erkannten, dass er und die drei Gäste der Leitung von Aurora gemeinsame Sache machten. Das würde nur unangenehme Fragen aufwerfen und unter Umständen alle Anstrengungen des heutigen Tages zunichte machen.
      Als er den großen Raum wieder betrat, ließ er seinen Blick unauffällig durch die Menge schweifen, um sich einen kurzen Überblick zu verschaffen.
      Am anderen Ende saßen noch immer seine Freunde. Clay sah gelangweilt an die Decke des Raumes. Diese Art von Fest schien nicht ganz seinen Geschmack zu treffen. Wahrscheinlich hing er lieber in einer Bar rum, als sich bei einem großen Volksfest zu zeigen. Oder aber, so dachte sich Sly mit einem Grinsen, er war noch immer beleidigt darüber, dass ihn diese Cloe vor kurzem ohne größere Mühen umgehauen hatte.
      Neben ihm saß Saja. Sie schien nun, da sie wusste, dass es ihrem Freund gut ging, deutlich entspannter als noch zu Beginn des Abends zu sein. Scheinbar versuchte sie Clay ein wenig aufzumuntern, was ihr allerdings nicht so recht gelingen wollte.
      Von Helios selbst sah der Dieb nichts. Lediglich sein Stab lehnte an der Wand hinter einem Teil des Tisches, auf dem sich unzählige Bierkrüge wild übereinander stapelten. Dies war, wie Sly schon seit Langem wusste, ein untrügerischer Hinweis auf den Mönch mit dem ausgeprägten Hang zu Hochprozentigem.
      Doch gab es eine Tatsache, die in Sly urplötzlich ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit auslöste. Dieser aufdringliche Kopfgeldjäger, der Saja während des gesamten Festes nicht für einen einzigen Augenblick aus den Augen gelassen hatte, war nirgends zu sehen. Selbstzufrieden zog der Dieb daraus den Schluss, dass er wohl eingesehen haben musste, dass er bei Saja keine Chance hatte. Und auch von Shakyor und Cloe war nichts zu sehen. Wahrscheinlich hatten sie sich bereits zurückgezogen.
      Beflügelt von dieser Erkenntnis steuerte er erneut den Tisch an, an dem er zuvor schon gesessen hatte. Seine Laune hatte sich inzwischen soweit gebessert, dass er nun auch dazu bereit war, sich das sinnfreie Geschwätz der hiesigen Urlauber noch ein wenig anzuhören.
      Doch bereits in dem Augenblick, in dem sich Sly auf seinen Platz niederließ, überkam ihn ein seltsames Gefühl. Es war die gleiche Beklemmung, die er bereits in der Gegenwart des Erzpriesters verspürt hatte, und die in ihm den schon beinahe panischen Drang auslöste, sofort vom Ort des Geschehens zu verschwinden.
      Es waren die Instinkte eines Diebes, die sich im Laufe der vielen harten Jahre, in denen er sich gemeinsam mit seinem Bruder durchschlagen musste, entwickelt hatten. Und eben diese Instinkte waren es, die sich jetzt mit aller Kraft bei ihm meldeten. Slys Herz begann plötzlich schneller zu schlagen. Seine Atmung wurde schwerer. Sein Körper begann damit, Unmengen an Adrenalin auszuschütten um ihn gegen die, im Moment noch nicht fassbare, aber dennoch durchaus präsente, Gefahr, die für ihn und seine Freunde bestand, zu rüsten.
      Seine Augen begannen hektisch damit, von einem Punkt des Raumes zu einem anderen zu huschen. Und jedes Detail, das er dabei bemerkte, trug dazu bei, das ungute Gefühl in seiner Brust noch zu vergrößern.
      Viele der zuvor noch Anwesenden waren inzwischen verschwunden und doch hatte sich der Saal nicht sonderlich geleert. Die Leute unterhielten sich nicht mehr so ungezwungen wie noch zuvor. Vielmehr sah er allen Anwesenden eine gewisse Anspannung an. Viele Blicke waren auf den Tisch, an dem seine Freunde saßen, gerichtet, und auch auf sich spürte er einige Augenpaare ruhen. Plötzlich musste er mit immer größer werdender Beunruhigung feststellen, dass man die große Tür, die aus diesem Saal hinausführte, hinter ihm geschlossen hatte. Damit war jeder Fluchtweg verschlossen.
      Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.
      Es war das metallische Klicken einer Pistole, deren Schlagbolzen, bereit zum Feuern, gespannt und arretiert wurde, das ihm schließlich die Gewissheit gab.


      Kapitel 45: Jeder hat seine eigene Wahrheit
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      „Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich von euch Vieren halten soll. Entweder seid ihr verdammt mutig, oder verdammt dumm.“
      Es war Gura, der die Waffe auf Sly gerichtet hatte und nun mit einer vor Verachtung überquellenden Stimme zu ihm sprach. Der Dieb begann sich betont langsam umzudrehen. Ihm war klar, dass es in dieser Situation keine gute Idee wäre irgendwelche hektische Bewegungen zu machen. Noch in der Drehung begriffen, warf er einen kurzen Blick zu dem Tisch, an dem die Anderen saßen. So wie er es bereits vermutet hatte, befanden auch sie sich in einer ganz ähnlichen Situation. Sowohl hinter Clay als auch hinter Saja standen ziemlich finster dreinblickende Kopfgeldjäger und richteten Waffen auf sie. Hinter Helios allerdings standen gleich zwei Männer. Sie schienen nicht so recht zu wissen wie sie mit dem Mönch umgehen sollten, da dessen Kopf noch immer regungslos zwischen den Krügen ruhte.
      Die Lage schien ernst zu sein. Auch wenn sich Sly nicht erklären konnte, wie sie es geschafft hatten, so keimte dennoch in ihm die bittere Erkenntnis auf, dass die Auroras irgendwie Wind von ihrer heutigen Betrugsaktion auf den Straßen der Stadt bekommen hatten. Allein der Gedanke, dass man den, nach der absolut objektiven Einschätzung dieses Diebes schlicht als genial zu bezeichnenden, Plan zur Beschaffung von Bargeld so einfach durchschaut hatte, gefiel ihm gar nicht. Doch musste er in diesem Augenblick der Wahrheit in die Augen sehen, ob es ihm nun gefiel oder nicht. Sie schienen gewaltig in der Klemme zu stecken. Nun war es an ihm, die Situation unter Auferbietung all seiner rhetorischen Fähigkeiten zu entschärfen. Und dies bedeutete in seinem Fall, dass er alle Register des Lugs und Betrugs ziehen würde, um ihre Hälse aus der Schlinge zu ziehen. Es blieb ihm im Augenblick nur zu hoffen, dass wenigsten Clay sich so lange im Zaum halten konnte, bis er die Auroras soweit hatte.
      „Ich weiß gar nicht, wovon du da sprichst, mein Freund“, sagte Sly schließlich, nachdem er eine gefühlte Ewigkeit damit verbracht hatte, sich zu dem Kopfgeldjäger umzudrehen.
      „Halt deine verdammte Klappe, du elender Bastard! Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Du verstößt gegen die Gesetzte und sorgst dafür, dass ehrliche Bürger nicht mehr ruhig schlafen können! Und jetzt besitzt du auch noch die Frechheit in unser Hauptquartier zu spazieren und mich als deinen Freund zu bezeichnen? Du bist der größte Abschaum den unsere Gesellschaft je hervorgebracht hat!“
      Wie heftige Wellen während eines Sturmes auf hoher See gegen die Wände eines Schiffes donnerten und dessen Wände erzittern ließen, so hallten auch Guras wutentbrannte Worte laut in den Räumlichkeiten der Auroras wieder. Selbst einige der anwesenden Kopfgeldjäger zuckten für einen kurzen Moment zusammen, als er seine Stimme erhob. Doch Sly blieb ruhig. Er hatte solche Worte in der Vergangenheit schon oft gehört, und gab auch nicht viel auf die Meinung anderer. Und doch gab es eine Tatsache, die ihn beunruhigte. Woher wusste dieser Kerl, dass er ein Dieb war? Und warum drehte er deshalb fast durch?
      „Was soll denn das, Gura? Lass den Mann in Frieden! Er hat dir doch nichts getan!“
      Es war nicht Clay, der wie Sly eigentlich erwartet hätte, zuerst die Nerven verloren hatte. Saja war von ihrem Platz aufgesprungen und sah nun zu ihnen herüber. Gleichzeitig wurde sie von der Kopfgeldjägerin hinter ihr aufgefordert, so etwas nicht noch einmal zu machen, wenn sie keine Kugel in ihren Kopf bekommen wollte. Doch Saja ignorierte die mit äußerst wenig Nachdruck und Überzeugungskraft ausgesprochene Drohung einfach.
      „Jetzt sie mal einer an, wer sich hier zu Wort meldet! Das kleine Verbrechermiststück springt ein, um ihren Gaunergeliebten vor dem bösen Kopfgeldjäger zu beschützen. Ihr beide macht mich krank!“, meinte Gura herablassend, den Blick auf Saja und die Waffe jedoch weiterhin auf Sly gerichtet.
      In späteren Tagen würde es Gura durchaus als Fehler bezeichnen, dass er in diesem Augenblick seinen Blick von Sly abgewandt hatte. Denn so sah er die Faust, die ihn von den Beinen riss, nicht kommen. Dem sonst so besonnenen Dieb waren bei den Worten des Kopfgeldjägers sämtliche, für gewöhnlich sehr belastbare, Geduldsfäden gerissen. Er war aufgesprungen und hatte Gura mit einem Schlag rückwärts gen Boden geschickt. Ein kleiner, aber dennoch äußerst kraftvoller Vektor, präzise unter den Schuhen des Kopfgeldjägers platziert, half ihm dabei.
      Augenblicklich konnte Sly erneut das metallische Klicken von mehreren Pistolen vernehmen, die nun zusätzlich auf ihn gerichtet waren. Doch das war ihm im Moment egal. Sein Blick war starr auf den immer noch am Boden liegenden Gura gerichtet.
      „Jetzt hör mir mal ganz genau zu, mein Freund! Denn ich werde das Folgende nur ein einziges Mal sagen. Es ist mir völlig egal, was du zu mir sagst oder was du über mich denkst. Genauso wenig weiß ich, wie du von meiner kriminellen Vergangenheit erfahren hast, oder warum du dich wegen den Kleinigkeiten, die ich getan habe so aufregst.
      Aber wenn du es auch nur noch einmal wagen solltest, in diesem Ton mit Saja zu sprechen, dann werde ich etwas tun, dass all die kleinen Diebstähle wie harmlose Jungenstreiche aussehen lassen wird!“
      Anders als der Kopfgeldjäger vor ihm hatte Sly seine Stimme nicht sonderlich erhoben. Sein Tonfall blieb ruhig und sachlich. Doch schwang in seinen Worten eine ungeahnte Kälte und Bedrohlichkeit mit, die selbst einige der Auroras um ihn herum erzittern ließ. Gura rang eine ganze Zeit lang mit sich, bevor er sich schließlich wieder aufrichtete und an Sly wandte.
      „Ich habe eure Lügen endgültig satt. ‚Kleine Diebstähle’? Dass ich nicht lache! Zehn Millionen Berry für ein paar kleine Diebstähle? Ich lasse mich nicht länger von deinen Geschichten täuschen.“
      Gura steckte die Pistole ein, und zog stattdessen sein Schwert. Die Spitze der säuberlich polierten Klinge zeigte auf Sly.
      „Es reicht! Ihr Vier werdet nun mit uns kommen und euch ohne irgendwelche Anstalten festnehmen lassen!“, sagte er kalt.
      Saja begann bei diesem Anblick unruhig zu werden. Hilfesuchend wandte sie sich an Clay, doch dessen Blick war starr auf seinen Freund und Kapitän gerichtet. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt, und schien im Augenblick nicht einmal zu bemerken, was um ihn herum passierte.
      „Du hast Recht. Es reicht!“, war Slys Antwort.


      Kapitel 46: Diskussionen zwecklos
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      Jeder der Drei konnte sich noch ziemlich genau an den Tag erinnern, an dem ein einfacher Dieb namens Sly Mortou in ihr Leben getreten war.
      Helios, Saja, Clay, zahllose Ereignisse in der Vergangenheit hatten dazu geführt, dass sich ein Bild dieses Mannes in ihren Geistern gebildet hatte. Und doch hätte nicht einer unter Ihnen vorausahnen können, wie er sich angesichts der vorherrschenden Situation verhalten würde.
      Mit offenem Mund starrten sie gemeinsam mit den anwesenden Kopfgeldjägern auf einen Mann, der, ungeachtet seiner Ideale und Prinzipien, vor einem ziemlich verwirrten dreinblickenden Gura niederkniete und sich selbst als Preis anbot.
      Noch wenige Augenblicke zuvor hatten alle mit der Eskalation der vorherrschenden Situation gerechnet. Und doch war es Sly wieder einmal gelungen, mit seinen Handlungen alle Anwesenden zu verwirren. Es war noch nicht lange her, dass er ein Bündel Geldscheine aus seiner Tasche gefischt und diesen vor Gura auf den Boden geworfen hatte. Im Anschluss hatte er allen Anwesenden mit kühler Sachlichkeit in der Stimme wahrheitsgemäß erklärt, was er an diesem Tag in der Stadt getan hatte.
      Er sagte, dass er gar nicht erwartete auf irgendeine Form des Verständnisses zu treffen. Es wäre ihm im Grunde auch nicht wichtig, ob man ihm vergeben wolle oder nicht. Er wäre bereit, die Konsequenzen seines Handelns zu tragen. Ungeachtet der Art, wie diese aussehen würde.
      Er könnte es nicht mit sich vereinbaren, wenn andere für sein Handeln zur Rechenschaft gezogen würden. Es wäre nicht ihre Schuld, wenn er die Gesetze überschritt. Und so sollten sie auch nicht dafür büßen müssen.
      Ein kurzer Blick durch den Raum und im Anschluss zu seinen Freunden bestätigte ihm, dass sein Plan aufzugehen schien. Einige der Kopfgeldjäger senkten ihre Waffen ein wenig. In ihren Augen spiegelte sich eine Mischung aus Respekt, Mitgefühl und der trozdem immer noch vorherrschen Verachtung gegen ihn wieder. Sie schienen seinen Worten Glauben zu schenken. Und auch seine Kameraden sahen mit verwirrtem Gesichtsausdruck zu ihm hinüber.
      Doch anders als alle Anderen wusste Sly, woher die Verwirrung seiner Freunde rührte. Das reumütige und schuldbewusste Verhalten, das er im Augenblick an den Tag legte, passte in keinster Weise zu dem Bild, das ein jeder von ihm hatte. Natürlich wussten sie, was er mit diesen Taten bezwecken wollte. Sein nur wenige Augenblicke lang andauerndes Schauspiel hatte nicht ausgereicht um die Menschen zu täuschen, die ihn am besten kannten. Natürlich bereute er seine Taten in keinem einzigen Augenblick dieses Abends. Und doch wollte er nicht, dass seine Freunde in all das hineingezogen würden. Es war seine Idee gewesen, auf dieser Insel eine Pause einzulegen. Und nun sah er es in seiner Verantwortung, die entstandenen Probleme zu lösen.
      Es war Saja, die als Erste das Spiel des Diebes durchschaute. Und trotz der der zweifellos gut beabsichtigten Taten ihres Freundes machten sich in ihr nur noch mehr Sorgen breit. Seit einigen Monaten beobachtete sie an ihm eine Veränderung. Beginnend in Clays Heimatort schien er sich immer mehr für die Taten seiner Freunde und die daraus resultierenden Konsequenzen die Schuld zu geben.
      Corel. Fenin. Costa Mar. Auf jeder der Inseln, die sie in der vergangenen Zeit besucht hatten, schien er sich mehr und mehr für alle Mitglieder der Crew verantwortlich zu fühlen. Eine Last die, wie Saja nur zu gut wusste, schwer auf seinen Schultern lastete.
      So zeigte er auch in diesem Moment seine persönliche Art, mit solcherlei Problemen umzugehen. Sly wollte die Schuld auf sich nehmen um danach allein einen Ausweg zu suchen. Wie gern hätte sie ihm gesagt, dass ein solches Verhalten nicht notwendig sei. Dass sie alle hinter ihm stünden, und dass er nicht alles allein bewältigen müsse. Doch war ihr auch klar, dass es im Moment wohl das Dümmste wäre, wenn sie ihm diese Worte zusprechen würde. Egal wie hart es ihr dabei erging.
      Sly für seinen Teil war augenblicklich nur froh darüber, dass sein Plan aufging. Er hatte die Kopfgeldjäger auf einer Ebene erwischt, auf der ihre schiere Anzahl nur wenig ausmachte.
      Das Gefühl von Kameradschaft und Zusammenhalt, das er selbst erst seit kurzer Zeit kannte, war im Augenblick seine effektivste Waffe gegen seine Gegner.
      „Wie ich bereits sagte. Es reicht. Ich bin nicht dumm genug, um meine Lage nicht zu erkennen. In der Vergangenheit habe ich Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin. Doch das sind meine Probleme. Meine Verbrechen.
      Daher bitte ich euch, Mitglieder der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora, lasst dieses bedauerliche Missverständnis ruhen und lasst die Leute dort in Frieden. Ich bin es, den ihr wollt.“
      Die theaterreife Vorstellung des Diebes erreichte in diesem Augenblick seinen Höhepunkt. Unzählige der zuvor noch mit Überzeugung auf ihn und seine Freunde gerichteten Waffen, wurden nun gesenkt. Selbst Gura ließ sein Schwert zu Boden sinken. Genau wie viele seiner Kameraden schien er an den Informationen zu zweifeln, die sie zu dieser Tat bewogen hatten.
      Sly für seinen Teil senkte seinen Kopf. Die Geste sollte den Kopfgeldjägern seine Reumütigkeit und Unterwürfigkeit demonstrieren. Und an der aufkommenden Unruhe konnte er erkennen, dass dies auch der Fall war. Was jedoch keines der Mitglieder von Aurora in diesem Moment erahnen konnte war, dass der Dieb seinen Kopf aus viel niederen Beweggründen gesenkt hatte. Mit dem Blick auf den Boden gerichtet fiel es den Anwenden schwer den selbstzufriedenen und hämischen Ausdruck, der sich für einen kurzen Augenblick auf Slys Gesicht stahl, zu entdecken.
      ‚Ich hab’s doch gesagt: Rindviecher’, dachte er sich, als die ersten Stimmen damit begannen lautstark auf Gura einzureden. Einige der Kopfgeldjäger äußerten ihre Zweifel, ob man sie nicht reingelegt hatte. Sie forderten ihn auf, wenigstens die drei Anderen gehen zu lassen.
      Noch, während die Stimmen, die ihre Freilassung forderten, immer lauter wurden, machte sich in Sly ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit breit. Er hatte es geschafft. Seine Freunde waren sicher. Er wollte sich gerade in die Diskussion einmischen, um die Situation gänzlich zu seinen Gunsten zu drehen, als ein unerwartetes Geräusch die Menge augenblicklich zum Schweigen brachte.
      Klatsch. Laut.
      Klatsch. Hohl.
      Klatsch. Langsam.
      Klatsch. Sarkastisch.
      Die Eingangstür zum Festsaal der Auroras hatte sich geöffnet. Hinein getreten waren die Anführer der Vereinigung. Shakyor klatsche mit seinen ungewöhnlich großen Händen. Neben ihm stand Cloe und sah mit einem durchbohrenden Blick zu Sly hinüber.
      „Eine wirklich überzeugende Vorstellung. Und doch war sie nicht gut genug. Ich schlage vor, du kommst einmal zu mir und siehst dir das hier an, Sly Mortou“, sagte sie und winkte dabei mit einigen Dokumenten in seine Richtung.
      Der Ausdruck im Gesicht des Diebes änderte sich schlagartig. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, tat er, was ihm gesagt wurde.
      Noch, während er auf den Weg zur Tür war, wandte sich Clay, die allgemeine Verwirrung über die aktuellen Entwicklungen ausnutzend, an Saja.
      „Was macht er denn da? Wieso redet er nicht weiter? Er hatte die Leute doch schon fast soweit“, flüsterte er zu ihr hinüber.
      „Da stimmt irgendetwas nicht. Woher kennt Cloe seinen Namen? Die Beiden haben sich zuvor niemals gesehen“, sagte sie, ohne dabei ihren Blick von ihrem Freund abzuwenden, dem von Cloe die Papiere übergeben wurden, und diese nun betrachtete.
      Als Sly mit der Durchsicht fertig war, senkte er für einen Augenblick den Kopf, nur um sich im nächsten Moment zu seinen Freunden umzuwenden.
      „Es tut mir leid, Leute. Ich verstehe nicht warum, aber es sieht tatsächlich so aus, als hätte man auf unsere Köpfe eine Belohnung ausgesetzt“, sagte er mit einem gezwungenen Lächeln auf den Lippen.


      Kapitel 47: Motivation und Zwang I
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      Ein rauer Wind überzog die Insel Fenin. Die kalten Lüfte, die vom Meer her auf das Festland getragen wurden, schnitten sich unbarmherzig an jede Stelle freie Haut, die den Naturgewalten von den wenigen Waghalsigen feilgeboten wurde. Es war, als würde sich das Wetter selbst gegen das Vorhaben stellen, das sich eine handvoll Männer und Frauen an diesem Tag gesetzt hatten.
      Allein ein Mann stand am Hafen und stellte sich den erbarmungslosen Winden wie ein Fels entgegen. Seine langen schwarzen Haare wurden vom Wind umhergepeitscht und doch blieb der Rest seines Körpers von sämtlichen äußeren Einflüssen unbeeindruckt.
      Für Erzpriester Uriel spielten Nichtigkeiten wie das Wetter eine untergeordnete Rolle. Das Leben hatte ihn zu oft auf die Probe gestellt, als dass er sich von diesem lauen Lüftchen aus der Ruhe bringen lassen würde.
      Unter all den Entbehrungen und dem schier grenzenlosen Leid, mit dem er während der letzten Jahre konfrontiert wurde, schafften es nur sehr wenige Ereignisse irgendeine Form von Emotion in ihm auszulösen. Das Leben hatte ihn abgestumpft. Sei es die lange Zeit im Diensten der Weltregierung, oder sein Leben in den Reihen der Kirche des aufsteigenden Drachen. Uriel hatte zu viel gesehen, als dass man ihn schnell aus der Ruhe bringen konnte.
      Ein, vor wenigen Tagen auf seiner privaten Teleschnecke eintreffender, Anruf hatte jedoch ausgereicht, um seinen Geist in Wallung zu versetzen. Am anderen Ende meldete sich ein Mann, den Uriel schon sehr lange kannte. Anderson, seines Zeichens Pater in ihrer Gemeinschaft, der aus irgendeinem, für den Erzpriester nicht nachvollziehbaren Grund, im direkten Kontakt zu den Heiligen stand. Uriel hasste es jedes Mal, wenn er gezwungen war, sich mit diesem elenden Bastard und Verräter in seinen eigenen Reihen zu unterhalten.
      „Es ist Zeit, Uriel mein Freund. In den guten alten Tagen hätte ich das hier als unseren Marschbefehl bezeichnet“, drang Andersons Stimme hämisch aus der Teleschnecke.
      „Wir waren nie Freunde“, gab Uriel nach einer Weile kalt zurück.
      Es herrschte einen Augenblick lang Stille, bevor die Teleschnecke das gellende Gelächter Andersons wiedergab.
      „Jetzt sei doch nicht so. Immerhin sind wir seinerzeit zusammen ausgestiegen. Und wenn ich nicht gewesen wäre…“
      Den Rest von Andersons Selbstbeweihräucherung ersparte sich der Erzpriester. Die Vergangenheit lag begraben, und Uriel sah keinen Grund sie wieder aufzuwärmen. Was nun zählte war, dass die Heiligen nach ihm riefen. Und er musste folgen. Schon bald würde ein Schiff am Horizont auftauchen, um ihn von dieser Insel zu hohlen und ihn zu seiner nächsten Aufgabe zu bringen.
      Trotz seines Unwillens in der Vergangenheit festzuhängen, erlaubte er sich doch für einen kurzen Augenblick, seine Gedanken an die Zeit auf dieser Insel schweifen zu lassen, während er auf die unruhige See hinausstarrte. Es war seine Aufgabe als Erzpriester gewesen, die Auserwählten im South Blue auf die nächste Etappe ihrer Reise zu führen.
      Die Heiligen nannten es das Schatzrennen. Mit der Insel Fenin als Stützpunkt sollte er all jene in Empfang nehmen, die sich als würdig erwiesen und ihre Intelligenz sowie ihr Durchhaltevermögen unter Beweis gestellt hatten, indem sie das erste Rätsel lösten. Auch wenn sich unter den sogenannten Auserwählten viele zwielichtige Gestalten befanden, die das Geschenk und die Ehre, ein Teil dieser Bewegung zu sein, nicht erkannten, so musste er doch jeden Einzelnen von ihnen mit Respekt behandeln. Auch wenn sie sich seitens ihrer Herkunft, dem Geschlecht, gesellschaftlichem Stand, Vergangenheit oder Benehmen unterschieden, so hatten sie wenigstens eine Sache gemein. Das Zeichen, an dem er sie als die Auserwählten erkannte: Eine definierte Folge von Nummern, die jeder von ihnen auf dem rechten Arm trug.
      Nur sehr wenige der unzähligen Reisenden, die den Weg auf die Insel fanden, waren auch nur ansatzweise als würdig zu bezeichnen, sodass sich Uriel manches Mal fragte, auf welchen Grundlagen, wenn überhaupt vorhanden, die Auswahl für die Empfänger der Nummern getroffen wurde.
      Es machte den Erzpriester krank, wenn er darüber nachdachte, mit welcher Sorglosigkeit die Sucher hier im South Blue vorgingen. Als Sucher bezeichnete man in ihren Reihen die Menschen, die für die Auswahl von Teilnehmern für das Schatzrennen verantwortlich waren. Unglücklicherweise schienen sie im South Blue zum größten Teil nur aus Säufern und Gesetzlosen zu bestehen. Sie waren geldgierige Bastarde, die sich von den Heiligen für ihre schmutzige Arbeit sehr gut entlohnen ließen.
      Diese Leute, sich selbst der Wichtigkeit ihrer Aufgabe nicht bewusst, wählten fast ohne erkennbare Kriterien und gingen dabei zumeist auch nicht sonderlich geschickt vor. Gewalt, Entführung, Erpressung. Keines dieser Mittel war ihnen zu schäbig, um ihr Ziel zu erreichen. Dementsprechend minderwertig war ein Großteil der Auserwählten, die sich zu Uriel verirrten.
      Allein eine Tatsache gab ihm während der Zeit, in der er immer wieder diesen Abschaum auf seiner Insel begrüßen musste, die Kraft an den Plänen der Heiligen keine Zweifel zu hegen. Zu seinen Aufgaben als Erzpriester zählte eine Pflicht, in der er die Weisheit und die Weitsicht der Heiligen erkannte und die ihn mit einem tiefen Gefühl der Zufriedenheit ausstattete.
      Die Namen aller Auserwählten, die sich bei ihm einfanden, meldete er über eine streng geheime Nummer einer, selbst ihm als Erzpriester unbekannte, Person irgendwo auf der Grand Line. Die Gespräche liefen immer nach dem gleichen Muster ab. Uriel wählte zu einem fest definierten Zeitpunkt die Nummer, meldete sich mit seinem Namen und dem Rang und begann dann damit, die Namen sowie die Identifikationsnummern der Auserwählten durchzugeben. Sobald er damit fertig war, legte er in der Regel auf. Die Person am anderen Ende sprach niemals, sondern hörte immer nur aufmerksam zu. Der Erzpriester konnte nicht einmal sagen, ob er nun mit einem Mann oder einer Frau gesprochen hatte. Und das war ihm im Grunde auch egal, denn ungeachtete seines Gesprächspartners wiederholte sich immer und immer wieder das gleiche Ereignis.
      Nach einigen Tagen sah er die Gesichter jener Auserwählten wieder, deren Namen er zuvor weitergegeben hatte. Mit der Morgenzeitung erreichten ihn die Nachrichten von der Verhängung neuer Kopfgelder. Es waren stets die Namen und Gesichter der Menschen, die Uriel genannt hatte. Und stets wurde der gleiche Betrag auf sie ausgesetzt.
      Zehn Millionen Berry. Eine Summe, hoch genug um das Feld der Auserwählten zu selektieren. Niemand wusste von seinem Handeln, vor allem die Betroffenen nicht. Und so kümmerten sich die Marine und einige Kopfgeldjäger, wenn auch eher unfreiwillig, um die Regulierung des Auserwähltkreises. In den Augen des Erzpriesters eine sehr geschickte und durchaus als elegant zu bezeichnende Möglichkeit, das Feld der Auserwählten bereits vor dem Beginn der nächsten Phase zu selektieren und die Spreu vom Weizen zu trennen.
      Wer nicht bereits jetzt Weitsicht und Intelligenz bewies, um den drohenden Gefahren eines Lebens als Aussätziger zu entgehen, verdiente es in Uriels Augen nicht weiter auf dem Weg zu schreiten, an dessen Ende nichts Geringeres als die Erfüllung ihres größten Wunsches stand.


      Kapitel 48: Motivation und Zwang II
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      [Im Anwesen der Herrschaften]

      Lachend legte Pater Anderson die Sprechmuschel seiner Teleschnecke in die Halterung zurück. Er hatte nach etwa fünf Minuten bemerkt, dass er bereits seit geraumer Zeit mit sich selbst sprach, weil sein Gesprächspartner längst aufgelegt hatte.
      „Dieser Uriel. Scheinbar trägt er mir immer noch die alte Geschichte nach“, sagte er zu dem jungen Mann gewand, der schon seit vielen Monaten als sein persönlicher Angestellter innerhalb des Anwesens fungieren musste. Wieder verstrich ein Augenblick in Stille, bevor Anderson vor Wut explodierend, an den jungen Mann herantrat.
      „Was soll das? Wieso lachst du nicht?“, fuhr er ihn keifend an, bevor er ihm einen Schlag in die Magengrube versetzte.
      Doch sein Gegenüber blieb ruhig, stand langsam unter Schmerzen wieder auf und stellte sich erneut gerade auf. Er wusste aus Erfahrung, dass Anderson einen mehr als seltsamen Humor hatte, den er nie wirklich verstehen konnte. Immer wieder verpasste er den Augenblick, in dem es seiner Gesundheit durchaus zuträglicher wäre, wenn er über die seltsamen Witze des Paters gelacht hätte.
      Doch auch wenn er durchaus wusste, dass er einen psychisch durchaus labilen und gewaltbereiten Mann vor sich hatte, machte es ihm keine Angst, wenn der Pater seine Beherrschung zu verlieren schien. Denn schließlich gab es einen Punkt, der ihm seine, von den anderen Bediensteten als beneidenswert angesehene, unglaubliche Ruhe in Gegenwart dieses Mannes gab.
      Der junge Mann wusste im Gegensatz zu allen anderen, dass es weder Anderson noch sonst irgendwem erlaubt war, auch nur einen von ihnen zu töten. Es war ein direkter Befehl der Herrschaften, den er allein aus dem Grund erfahren hatte, weil er sich seit Wochen in der Nähe von Anderson aufhielt und dabei natürlich auch das eine oder andere Geheimnis über ihren Aufenthalt hier direkt aus Andersons Gesprächen mit den Herrschaften erfuhr.
      Gerne hätte er den Anderen darüber berichtet und ihnen die Angst um ihr Leben genommen. Doch hatte man ihm den Umgang mit jedem anderen neben dem cholerischen Pater verboten. Und er wollte es mit allen Mitteln vermeiden, noch einmal gegen die Regeln der Herrschaften zu verstoßen. Denn man hatte ihm bereits an seinem ersten Tag hier auf schmerzliche Weise gezeigt, wie man mit Ungehorsam umging, als man ihm sein Augenlicht nahm und er in den Wochen danach aufgrund einer Infektion mit dem Tod ringen musste.
      „Aber verehrter Pater. Ihr wisst doch, dass ich blind bin und daher nicht an eurem Gesicht erkennen kann, wann ihr zu Scherzen beliebt“, log er ihn kaltblütig an. Natürlich konnte er nichts sehen. Dies entsprach der Wahrheit. Doch dass es sich hierbei um den Grund für seine Stille handelte war gelogen. Er entschloss sich seine tatsächliche Meinung über Anderson lieber für sich zu behalten, denn er vermutete, dass diese selbst unter dem Schutz der Herrschaften nicht ausreichen würde, um diesen kranken Psychopaten zurückzuhalten. Für einen Augenblick spürte er Andersons Atem an seinem Kinn, bevor sich dieser wieder zurückzog.
      „Ach so. Das hatte ich ganz vergessen“, sagte der Pater schließlich, wobei sich der Junge nicht ganz sicher war, ob Anderson seinerseits gelogen hatte oder ob er einfach nur unglaublich dämlich war. Immerhin war seine Ausrede mehr als nur schlecht. Kein vernünftig denkender Mensch hätte diesem Argument Glauben geschenkt.
      „Na dann komm mal mit! Wir sind fertig hier“, meinte Anderson nach einer Weile.
      Der Junge wusste, was er zu tun hatte und begann sofort damit, mühsam eine Reihe von Dokumenten zusammenzustellen, was sich für ihn aufgrund seiner Blindheit durchaus schwierig gestaltete. Als er kurz darauf damit fertig war, nahm ihm Anderson die Papiere noch einmal ab, um die auf dem Kopf stehenden in Reih und Glied zu bringen. Denn schließlich sollten sie diese Papiere an die Herrschaften übergeben. Und da sollte alles in Ordnung sein.
      Die Beiden gingen gemeinsam durch die weitläufigen Flure des Anwesens, um schließlich zum Arbeitszimmer der Herrschaften zu gelangen. Wie hier üblich klopfte Anderson an und wartete dann eine ganze Weile auf eine Antwort aus dem Inneren. Einfach einzutreten war undenkbar, genauso wie der Versuch sich selbst anzukündigen. Denn wie es auch der Junge inzwischen wusste, war es absolut verboten, die Herrschaften anzusprechen, bevor sie es gestatteten. Und hierzu zählte auch die Ankündigung des Eintretens in den Raum. Andererseits konnte es vor allem die Herrin nicht ausstehen, wenn man sie warten ließ oder wenn jemand zu aufdringlich war, wobei sie Aufdringlichkeit bereits dadurch definierte, dass irgendwer ein zweites Mal klopfte, weil er vermutete, dass das erste Klopfen überhört worden war. Selbst wenn es tatsächlich der Fall war, hatte der Besuch ein Problem, denn das Temperament der Herrschaften war gefürchtet.
      Und genau diese bizarren Regeln schufen jedes Mal, wenn Anderson und er ins Arbeitszimmer der Herrschaften gerufen wurden, eine für den Jungen durchaus gefährliche Situation. Er war es in der Regel, der mit der Wut der Herrschaften auskommen musste. Und weil es Anderson im Grunde völlig egal war, wenn er die Situation, wie in den vergangenen Wochen so oft, zum Eskalieren brachte, war der Körper des Jungen inzwischen über und über mit Prellungen und Schnittwunden übersät. Da es ihm jedoch verboten war, sich mit anderen Bediensteten zu treffen, hatte er alle Verletzungen mehr oder weniger geschickt selbst versorgen müssen.
      Doch dieses Mal hatte der Junge Glück. Als sie von den Herrschaften hereingebeten wurde, hatte Anderson noch nicht seine ohnehin geringe Geduld verloren. Dem hier herrschenden Protokoll folgend traten die Beiden unverzüglich nach der Aufforderung der Herrschaften ein. Ihre Blicke waren zum Boden gesenkt, obwohl der Junge dies für ziemlich schwachsinnig hielt, bedachte man, dass er ohnehin blind war und diese Leute für seinen gegenwärtigen Zustand verantwortlich waren. Und doch tat er stets, was ihm gesagt wurde. Er fürchtete die Wutausbrüche der Herrschaften zu sehr, als dass er sich noch einmal gegen jegliche Regel, egal wie dumm sie ihm auch erschien, auflehnen würde. Anderson durfte ihn nicht töten. Bei den Herrschaften war er sich dessen nicht so sicher.
      „Sprich, Anderson!“
      Die schrille keifende Stimme der Herrin schnitt sich bei jedem Wort wie ein Messer in das Gehör des Jungen.
      „Vielen Dank, oh ehrwürdige Sankt Helena“, gab Anderson unterwürfig zurück, während er auf die Knie sank.


      Kapitel 49: Motivation und Zwang III
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      Der Junge tat es Anderson gleich, als er bemerkte, dass die Stimme des Paters plötzlich von unten zu kommen schien, und ging in die Knie.
      „Ich habe soeben mit Erzpriester Uriel gesprochen. Er wird sich auf den Weg machen, wie ihr befohlen habt“, berichtete Anderson mit einer, für ihn befremdlich klingenden, ruhigen und sachlichen Stimmlage.
      „Sehr gut. Hat er in den letzten Tagen noch irgendjemanden gemeldet?“, fragte plötzlich eine ungewöhnlich hohe, aber dennoch als männlich zu erkennende Stimme.
      „Insgesamt noch vier Auserwählte, weiser Sankt Tristan“, gab Anderson dem Herrn zur Antwort. Der Junge erkannte in diesen Worten sein Zeichen und erhob die Dokumente, die ihm der Pater anvertraut hatte, in die Luft. Er hörte ein paar Schritte auf sich zukommen und dann wurde ihm das Papier schroff auf den Händen gerissen. Das deutlich hörbare Rascheln verriet dem Jungen, dass Sankt Tristan die Dokumente durchsah.
      „Du da, Junge!“, wandte er sich unvermittelt an ihn.
      „Hast du eigentlich eine Ahnung, was du mir soeben übergeben hast?“, wollte der Herr von ihm wissen.
      Der Junge blieb still. Natürlich wusste er nicht, was diese Papiere beinhalteten. Woher auch? Er konnte sie schlecht selbst lesen und niemand hatte ihm je gesagt, was es damit auf sich hatte. Und dennoch war dies nicht der Grund, warum er nicht antwortete.
      „Du darfst sprechen“, erklang erneut die Stimme von Sankt Helena.
      Erleichtert atmete der Junge zunächst durch. Er wusste, dass er nicht antworten durfte, bevor man es ihm erlaubte und doch befürchtete er einen Zornesausbruch, wenn er nicht auf die Frage des Herren reagieren würde.
      „Bitte verzeiht mir meine Unwissenheit, gütiger Herr, aber ich weiß es nicht“, sagte er schließlich wahrheitsgemäß. Ein überhebliches Lachen ertönte von Sankt Tristan.
      „Das sind Steckbriefe, du kleiner Idiot“, sagte er und wedelte dabei mit dem Papier vor seinem Gesicht, als ob er erwartete, dass er als Blinder durch einen genauen Blick seinen Fehler erkennen würde.
      „Kannst du dir denken, was diese Steckbriefe bedeuten?“, bohrte der Herr, scheinbar sehr amüsiert, weiter nach.
      Um nicht erneut auf die Erlaubnis zu sprechen warten zu müssen, schüttelte der Junge einfach seinen Kopf.
      „Jedem, den wir für unser Spiel auserwählt haben, verpassen wir ein Kopfgeld! Genial, oder? Sprich!“
      Sankt Tristan erwartete offensichtlich eine Lobpreisung für diese Aussage von ihm.
      „Ein Meisterstück, oh weitsichtiger Herr“, log der Junge schamlos. Dies war eine Eigenschaft, die ihn durch seinen Bruder, der gutes und glaubhaftes Lügen mitunter manchmal scherzhaft als Kunstform bezeichnete, gelehrt wurde. Auch wenn er im Grunde nicht verstand, was hier vor sich ging und was Kopfgelder mit der ganzen Sache zu tun hatten, hatte er auf diese Weise die Gesamtsituation doch ein wenig zu seinen Gunsten entspannt.
      „Nicht wahr? Es war einfach genial von mir diesen korrupten Marineheini zu bestechen, damit er die Kopfgelder auf unsere Mitspieler aussetzt! Dadurch, dass wir sie zu Kriminellen erklären, steigt die Spannung in unserem Spiel noch weiter an. Immerhin holen wir uns auf diese Weise noch weitere interessante Mitspieler ins Boot. Sowohl die Marine, als auch die Kopfgeldjäger überall auf der Welt werden dafür sorgen, dass unser Spiel noch spannender und unterhaltsamer wird, als es bereits zuvor gewesen ist!
      Jeden Tag erreichen mich Meldungen über neue Gefechte und Gefangennahmen. Es ist herrlich! Ich fühle mich wie ein Dirigent, der ein ganzes Orchester aus Verbrechern, Spielern, Kopfgeldjägern und Marinesoldaten lenkt!“
      Sankt Tristan hätte wohl noch Stunden mit seiner Lobeshymne auf sich selbst verbracht, wäre ihm Sankt Helena nicht ins Wort gefallen. Sie sagte ihm, dass sie die Steckbriefe auch sehen wolle und der Herr kam dieser Aufforderung sogleich nach.
      Wieder hörte der Junge das Rascheln von Papier, bevor Sankt Helena ein verächtliches Schnauben von sich gab.
      „Jetzt sieh sich einer dieses vulgäre Pack an! Wie kann man sich nur so auf einem Steckbrief abbilden lassen? Ein Bild, auf dem sich zwei schamlose Individuen küssen! Hatte der Erzpriester kein besseres Bild? Da weiß man ja nicht mal, zu wem der Steckbrief gehört!“, empörte sie sich lautstark.
      „Aber, meine Liebe. Der Name auf dem Steckbrief ist doch eindeutig der eines Mannes. Die Frau kann unmöglich gemeint sein. Denn immerhin ist da auch noch ein separater Steckbrief von ihr allein. Sieh doch mal, was sie für eine Schönheit ist. Ich frage mich, was sie wohl mit einem Kerl wie dem da will?“, belehrte Sankt Tristan die Herrin, der diese Behandlung wohl so gar nicht zu gefallen schien. Ob es nun die belehrende Art von Sankt Tristan oder dessen Lobesworte für die Frau auf dem Steckbrief war, konnte der Junge nicht sagen. Aber dennoch wusste er, dass die Herrin solche Worte nicht ungesühnt hinnehmen würde.
      Dies war der Beginn eines sehr lautstarken Streites zwischen den Herrschaften, bei dem einige Einrichtungsgegenstände, unter anderem auch an den Körpern des immer noch wartenden Jungens sowie Pater Andersons, zu Bruch gingen. Die Beiden verharrten in ihrer Position, oder kehrten schnell wieder darin zurück, wenn sie etwas von dem Streit abbekamen.
      Was der Junge in dieser bizarren Situation nicht erkennen konnte, war, dass der Steckbrief, der als Auslöser für diesen Streit gedient hatte, inzwischen vor ihm auf den Boden lag. Das Schicksal hatte in diesem Augenblick seine Grausamkeit unter Beweis gestellt. Hätte der Junge sein Augenlicht noch gehabt, so hätte er auf dem Stück Papier das Gesicht des einen Menschen erkannt, der ihm in seinen Leben noch etwas bedeutete. Er hätte erkannt, dass ihn sein Bruder noch nicht aufgegeben hatte und dass er noch immer alles daran setzte, um ihn zu finden. Doch so blieb der Steckbrief eines Diebes aus dem South Blue für den Jungen ungesehen und das kleine Fünkchen Hoffnung auf eine Flucht aus dieser Hölle musste weiterhin, immer schwächer werdend, ihn ihm vor sich hin glimmen.


      Kapitel 50: Das muss die Marine klären
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      Unter den wachsamen Augen der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora ging Sly an den Tisch, an dem seine Kameraden noch immer verwundert darauf warteten, dass ihr Kapitän die bizarre Situation, in der sie sich zu befinden schienen, auflöste. In seiner Hand trug er vier Steckbriefe, die er auf dem Tisch ausbreitete. Auf jedem der Fahndungsplakate sah man eines ihrer Gesichter. Mit vor Schock geöffneten Mündern blickten sie auf die Papiere vor sich.
      Saja konnte einfach nicht fassen, was sie hier vor sich sah. Scheinbar um sich selbst davon zu überzeugen, dass sie nicht irgendeinen schrecklichen Traum durchlebte, las sie die Namen und die Summen auf den Papieren laut vor.
      Clay Barton: Zehn Millionen Berry.
      Saja Minasuki: Zehn Millionen Berry.
      ‚Traumtänzer’ Helios: Zehn Millionen Berry.
      Plötzlich stoppte sie. Den ungläubigen und schockierten Blick auf den verbliebenen Steckbrief gerichtet, brachte sie es nicht fertig weiter zu lesen. Stattdessen sah sie skeptisch zu Sly auf, als wolle sie von ihm eine Erklärung für das hören, was sie hier vor sich sah. Der Dieb wusste natürlich genau, worauf sie anspielte und hob beschwichtigend die Hände.
      „Na hör mal. Das ist doch ein schönes Bild, oder etwa nicht?“, sagte er mit einem verlegenen Lächeln. Doch im Gegensatz zu ihrem Freund konnte Saja der Situation keinen witzigen Aspekt abringen. Ganz im Gegenteil.
      „Jetzt mach keine Witze! Soll das etwa ein Scherz sein?“, rief sie ihm erbost entgegen und hielt dabei Slys Steckbrief in die Höhe, sodass nun auch der letzte Anwesende sehen konnte, was der Grund für ihren Ärger war. Das Bild auf dem Steckbrief zeigte Sly und Saja, sich in den Armen liegend und innig küssend. Man erkannte gerade genug von beiden Gesichtern, um sie eindeutig identifizieren zu können. Auf dem Gesicht des Diebes machte sich ein verschlagenes Grinsen breit.
      „Was ist denn? Schämst du dich etwa mit mir gesehen zu werden?“, neckte er seine Freundin weiter, gerade genug, um sie damit aus der Fassung zu bringen.
      „Das ist es nicht! Aber sieh dir das doch einmal an. Das geht doch so nicht“, versuchte Saja weiter zu protestieren.
      „Die haben uns doch gut getroffen. Und außerdem sieht das Bild immer noch besser aus, als das von Clay“, scherzte Sly und bezog sich dabei auf das Foto auf Clays Steckbrief, das ihn mit einem Gesicht zeigte, dessen Ausdruck irgendwo zwischen Wut, Anspannung und dem dringlichen Wunsch die Toilette aufzusuchen lag. Dieser schwieg zu dem Thema und sah stattdessen nur peinlich berührt zur Seite.
      Die Mitglieder der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora konnten ihren Augen nicht trauen, als sie dieses Schauspiel ansahen. Scheinbar waren sich diese Zehner der Situation, in der sie sich gerade befanden, nicht bewusst.
      „Es reicht!“
      Die Stimme von Shakyor dröhnte erneut durch die Halle und gebot dem diskutierenden Pärchen Einhalt. Wütend schnaubend kam er in Begleitung von Cloe auf Sly zugestapft.
      „Was glaub ihr, was ihr hier macht? Wir sind nicht hier, um eure Beziehungsprobleme zu besprechen! Es wird Zeit, dass wir Klartext miteinander reden.
      Ich halte dich durchaus für einen Mann, der eine ausweglose Lage erkennt, wenn er sich dieser gegenübersieht. Außerdem scheinst du mir nicht der Typ zu sein, der unbedachte Entscheidungen trifft. Also bedenke deine Situation und tue das einzig Vernünftige“, fuhr er den Dieb an. Sly erkannte seine Lage schnell und hob erneut beschwichtigend die Hände.
      „Keine Angst. Wir sind uns der Situation durchaus bewusst. Ihr denkt, dass wir Verbrecher sind. Und das auch völlig zu Recht. Diese Steckbriefe sehen verdammt echt aus. Doch bitte ich euch nicht zu vergessen, dass auch wir etwas zu sagen haben“, sagte Sly und begann dabei vor Cloe und Shakyor auf und ab zu schreiten.
      Sein Handeln bescherte ihm eine Menge misstrauischer und verwirrter Blicke. Doch ließ er sich nicht davon beirren.
      „Es ist euer gutes Recht, unseren Aussagen keinen sonderlichen Glauben zu schenken. Wir sind augenscheinlich Verbrecher. Diese Steckbriefe sind der Beweis“, sagte Sly und wies dabei mit seiner Hand in Richtung der Papiere, die sie offensichtlich in diese missliche Lage gebracht hatten.
      „Doch bitte ich euch, eine Sache zu bedenken. Wir sind nicht dumm. Wenn wir wüssten, dass auf unsere Köpfe ein Preis ausgesetzt ist, dann wäre allein die Idee einen Fuß in das Hauptquartier von Kopfgeldjägern zu setzen, schon gefährlich nahe an schierem Wahnsinn. So dumm sind wir nicht. Keiner von uns.
      Ich bin daher der Meinung, dass es sich bei diesen Steckbriefen um Fälschungen handelt. Ein makaberer Scherz auf unsere Kosten. Wie ich bereits zuvor gestanden hatte, bin ich kein unbeschriebenes Blatt. Das gebe ich zu. Und doch stehe ich heute vor euch und behaupte, nein schwöre, dass diese Drei dort völlig unschuldig sind.“
      Sly musste es sich einfach zugestehen. Wenn es darauf ankam, konnte er ein begnadeter Redner sein. Wie oft hatten er und sein Bruder sich aus den heikelsten Situationen herausgeredet? Er konnte es nicht beantworten. Und wie so oft in der Vergangenheit hatte er es auch nun wieder geschafft.
      „Das wird die Marine klären müssen. Wir werden sehen, ob eure Steckbriefe wirklich echt sind oder nicht“, sagte Cloe schließlich, nachdem in dem Saal bereits einige Unruhe aufgekommen war. Ein selbstzufriedenes Grinsen stahl sich auf Slys Gesicht, bevor er antwortete.
      „Vielen Dank. Das klingt nach einem guten Plan. Lassen wir die Marine die Sache klären“, sagte er mit dem beruhigten Gefühl in sich, dass er seine Freunde aus der Schusslinie geholt hatte. Er selbst würde schon zurecht kommen.
      „Das ist die dümmste Idee, die ich jemals aus deinem Mund gehört habe!“
      Eine unerwartete Stimme erhob sich im Hauptquartier der Kopfgeldjägergesellschaft Aurora. Noch bevor irgendwer ausmachen konnte, wer da sprach, brachen einige der Kopfgeldjäger in der Nähe der Tür zusammen. An ihren Köpfen klafften die blutigen Wunden eines Einschlages mit einem stumpfen Gegenstand. Panisch nach dem Angreifer suchend gingen die Auroras in Abwehrhaltung. Doch keinem wollte es gelingen, die unbekannte Person auszumachen.
      Erst das Geräusch von zwei, auf den Boden auftreffenden Füßen, verriet ihnen den Aufenthaltsort des mysteriösen Angreifers. Eine vermummte Gestalt war wie aus dem Nichts vor Sly aufgetaucht. Die unbekannte Person trug einen dunkelbraunen Mantel, dessen tief gezogene Kapuze jeglichen Blick auf das darunter liegende Gesicht verwehrte.
      Blitzschnell fuhr Cloe, die zuvor noch wie alle anderen auf der Suche nach dem Angreifer gewesen war, herum und sah Sly mit bedrohlich zusammengekniffenen Augen an.
      „Was soll das? Wie viele von deinen Leuten hast du hier eingeschleust?“, wollte sie, mit ihrer Beherrschung ringend, an Sly gewand wissen. Doch dieser konnte seinen Blick nicht von dem Angreifer lösen. Allein ein wütendes Schnauben war von dem Dieb zu vernehmen.
      „Ich weiß gar nicht, was du meinst. Wir sind alle hier“, warf Saja noch ein, bevor Sly seine Stimme erheben konnte. Der Dieb erhob augenblicklich seine Hand, um sie Ruhe zu bitten. Saja versuchte noch einmal das Wort zu ergreifen, als sie bemerkte, dass die zur Faust geballte Hand ihres Freundes deutlich zitterte. Sly hatte etwas erkannt, das ihr im Augenblick noch verwehrt zu bleiben schien.
      „Was willst du hier? Wieso greifst du diese Leute an? Sag mir, was die Scheiße soll, Sasaki!“, brüllte Sly, seine Beherrschung verlierend, in den Raum.


      Kapitel 51: Bittere Erkenntnis
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      Alle Augen waren auf die beiden Männer gerichtet, die sich im Augenblick schweigend gegenüberstanden. Während einige Auroras kurz nach Slys Ausbruch damit begonnen hatten, ihre verletzten Kameraden zu behandeln, konnte sich der Rest von ihnen zu einer Regung durchringen. Niemand wusste so recht, wie man mit dieser Situation umgehen sollte. Hilfe suchend wandten sich viele an Cloe und Shakyor. Sie würden ihnen schon sagen, was zu tun war. So wie sie es immer taten.
      Doch blieben die Beiden seltsam still. Die Blicke fest auf Sly und den Angreifer gerichtet, schienen sie zunächst abwarten und erfahren zu wollen, was hier vor sich ging. Ein Bedürfnis, das nicht nur auf ihrer Seite bestand.
      Clay und Saja sahen sich ratlos an. Keiner von Beiden konnte so recht nachvollziehen, was Sly zu der Aussage, dass es sich bei dem Angreifer um Sasaki handeln musste, bewogen hatte. Sicherlich hatte die Stimme des Mannes gewisse Ähnlichkeiten mit der ihres Kameraden. Doch waren sie sich nicht sicher. Zum einen, weil die Stimme des Fremden bei dessen Ausruf von den hohen Wänden des Raumes in alle möglichen Richtungen geschickt worden war und sehr schnell in dem aufbrausenden Gemurmel unterging. Zum anderen, weil sich keiner von ihnen richtig an Sasakis Stimme hatte gewöhnen können, da dieser nur sehr wenig gesprochen hatte. Im Grunde gab es unter ihnen nur eine Person, die noch weniger sprach als er. Und diese war Helios, der seinen Mund niemals zum Sprechen öffnete.
      Und doch schien sich Sly sicher zu sein, wen er hier vor sich hatte. Nur konnte niemand mit Sicherheit sagen, woher er diese Gewissheit nahm. Saja erinnerte sich an Sasakis Worte, dass es nicht sein Problem wäre, wenn die Anderen in Schwierigkeiten gerieten. Er hatte keinen Grund hier zu sein.
      „Ich habe dich gefragt, was die Scheiße soll, Sasaki!? Was machst du hier? Warum hast du diese Leute angegriffen?“
      Der Fremde schwieg. Lediglich ein dumpfes ‚Hmpf’ war zu vernehmen, als er seinen Kopf von dem Dieb abwandte. Damit hatte er das Fass zum Überlaufen gebracht. Nun war Sly endgültig der Geduldsfaden gerissen. Der Dieb wusste, dass es für ihn nun keine Chance mehr gab, noch eine friedliche Lösung zu erzielen. Die Auroras hatten Blut gelassen und sie würden sie sicherlich nicht ziehen lassen, bevor auch sie geblutet hatten.
      „Sieh mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede! Und antworte auf meine verdammten Fragen! Was bezweckst du mit dieser Aktion? Ich hatte sie schon soweit. Hast du eine Ahnung, wie viel Arbeit es braucht, um eine ganze Organisation von professionellen Kopfgeldjägern von unserer scheinbar offensichtlichen Schuld abzubringen?“
      Mit jedem Wort war Sly ein wenig näher an den Fremden herangerückt, bis er schließlich nah genug war, um ihn am Kragen zu packen und bei jedem seiner letzten Worte mit aller Kraft durchzuschütteln. Es war dabei nie die Absicht des Diebes gewesen, doch begann bereits beim ersten Schütteln die Kapuze des Fremden zu verrutschen, sodass am Schluss alle sahen, was er längst wusste.
      Mit purer Verachtung in den Augen suchte Sasaki den Blick des Diebes.
      „Wie dumm du doch bist. Plapperst den lieben langen Tag davon, wie wichtig es ist, immer gut informiert zu sein. Prahlst mit deiner logischen Kombinationsgabe. Und doch tust du das Dümmste, das man sich in deiner Lage ausdenken kann.“
      Für einen Augenblick ließ Sly von Sasaki ab. Seine Worte hatten ihn schwer getroffen. Sein Stolz war zutiefst erschüttert.
      „Was… Was meinst du damit?“
      Saja sprach die Worte aus, die Sly nicht zu sprechen imstande war. Doch anstatt auf ihre Frage zu antworten, kramte Sasaki kurz in seiner Tasche. Heraus beförderte er ein paar gefaltete Zettel, die er entfaltete und vor Sly auf den Boden warf. Der Dieb brauchte nicht lange, um zu erkennen, was da vor ihm lag.
      „Na und? Das sind die Steckbriefe, die versehentlich gedruckt wurden. Dort hinten liegt noch ein Satz davon“, sagte Sly gleichgültig und zeigte dabei zu dem Tisch, an dem sich seine Freunde befanden.
      Sasaki hatte für den Dieb nur ein verächtliches Schnauben übrig.
      „Ein Versehen? Nein. Hier liegt kein Versehen vor. Diese Steckbriefe sind echt“, sagte er mit emotionsloser Sachlichkeit in der Stimme.
      „Erzähl keinen Scheiß! Woher willst du das denn wissen? Gehörst du zur Marine? Wohl kaum!“, warf Clay plötzlich unverblümt ein. Doch Sasaki blieb von seinen Argumenten unbeeindruckt.
      „Na los ,Kapitän, denk nach!“, forderte er stattdessen von Sly.
      Und dieser tat es. Seine Gedanken rasten schon lange bevor Clay sich zu Wort gemeldet hatte. Im Kopf des Diebes liefen unzählige Szenarien ab, in denen er auf der Suche nach dem Fehler war. Der Fehler, den er angeblich begangen, und der sie alle in diese Situation gebracht hatte. In seinen Gedanken vergingen Stunden, während in der realen Welt alle Augen für kaum mehr als eine Minute auf ihn gerichtet waren. Sie alle wollten hören, was er zu sagen hatte.
      „Jetzt reicht es mir! Wenn du nicht reden willst, dann prügle ich die Antworten eben aus dir heraus!“
      Clay durchbrach die gespannte Stille. Seinen Worten Taten folgen lassend, stieg er über den Tisch und begab sich zu Sly und Sasaki. Den vergeblichen Versuch Sajas, ihn daran zu hindern, ignorierte er einfach. Wenige Schritte später hatte er sein Ziel erreicht. Er holte weit aus, als er plötzlich einen Widerstand verspürte.
      Auf der Suche nach der Ursache für diese Störung sah er Sly, beschämt zu Boden blickend, der seinen Arm festhielt.
      Der Dieb hatte sie letztlich doch erkannt. Die unumstößliche und eindeutige Wahrheit darüber, was mit ihnen geschehen war. Es war eine Erkenntnis, die so nur er finden konnte. Er allein hatte alle Teile des Puzzles in seinen Händen. Er hatte lange gebraucht, jede noch so absurde Erklärung in seinen Gedanken durchgespielt, bis er schließlich zu der bitteren Erkenntnis gelangt war, die nun so schwer auf ihm lastete.


      Kapitel 52: Ein Zeitfenster
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      „Hör auf, Clay! Sasaki hat recht und ich habe mich geirrt. Die Steckbriefe müssen echt sein. Wir haben ein Problem.“
      Sly konnte es nicht fassen. Wie hatte er das Offensichtliche nur übersehen können? Die Informationen waren alle da. Er hätte sie sich nur beschaffen müssen. Ein niederer Beweggrund hatte ihn dazu veranlasst, Sasaki auf ihr Schiff zu holen. Um das Leben des Mannes hatte der Dieb sich auf der Insel Fenin nur wenig gesorgt. Es waren die Informationen, die Sasaki haben könnte, die ihn mehr als alles andere reizten. Und doch hatte er in der Zeit nach ihrer Abreise keinen einzigen Versuch unternommen, an jene, vielleicht sogar lebenswichtigen, Informationen zu gelangen. Geblendet von seiner eigenen Überheblichkeit hatte er seine Prinzipien einfach über Bord geworfen.
      Im Normalfall war ihm jede Lüge mehr als recht, um an sein Ziel zu kommen. Wieso nur hatte er sich dazu hinreißen lassen, so bereitwillig auf das, was sich in Sasakis Kopf verbarg, zu verzichten?
      Noch immer hatte Clay seine Hand erhoben. Er hatte trotz Slys Bitte noch nicht mit dem Gedanken abgeschlossen, seiner Wut ein wenig Luft zu machen. Und doch versuchte er sich so gut es ging selbst im Zaum zu halten. Etwas im Ausdruck seines Freundes hinderte ihn daran, aus Sasakis Gesicht eine blutige Masse zu machen. Er sah Sly förmlich an, wie die Gedanken in dessen Kopf rasten.
      „Was meinst du? Wie kommst du plötzlich auf die Idee, dass die Steckbriefe doch echt sind? Wir haben nichts getan!“, meinte Clay an den Dieb gewand. Er sprach die Worte aus, die auch den Auroras seit Sasakis Auftauchen auf den Lippen brannten. Nach allem, was sie hier gesehen hatten, ergaben all die plötzlichen Wendungen keinen Sinn mehr. Niemand wusste wirklich, was vor sich ging.
      „Eigentlich ist es ganz einfach. Ich hätte es sofort merken sollen“, sagte Sly mehr zu sich selbst als zu Clay.
      „Im Grunde braucht es nicht mehr, als ein wenig Kombinationsgabe, um unsere Lage zu erklären. Es sieht im Grunde so aus, als ob uns jemand einen üblen Streich gespielt hat, indem er diese Steckbriefe veröffentlichen ließ. Wenn man es genau betrachtet, ist es auch fast so. Ich war von unserer Unschuld überzeugt. Ich bin es auch jetzt noch. Aber es gibt eine Tatsache, die gegen meine ursprüngliche Schlussfolgerung spricht. Und diese ist Sasaki selbst.“
      Sly macht eine kurze Pause. Noch immer wollte es ihm nicht gelingen, diese Gedankengänge zu akzeptieren, obwohl ihm sein Verstand sagte, dass sie einfach der Wahrheit entsprechen mussten.
      „Was redest du denn da? Dieser Kerl ändert rein gar nichts an unserer Situation“, warf Clay leicht irritiert ein.
      „Oh doch, das tut er. Sasaki stammt von Fenin. Er kennt den Erzpriester und weiß viel mehr als wir über dessen Handeln und Wirken. Er hat Wissen, das jedem von uns verborgen ist. Ich bin mir sicher, dass er bereits von Anfang an wusste, dass man auf uns ein Kopfgeld aussetzen würde. Hab ich recht, Sasaki?“
      Ein kurzes, kaum erkennbares Nicken Sasakis, bestätigte Slys Schlussfolgerungen.
      „Und wenn schon! Der Kerl lügt doch wie gedruckt!“
      Langsam reichte es Clay. Er hatte mehr und mehr das Gefühl, dass sich Sly hier in irgendwelche absurden Schlussfolgerungen verrannte, die ihnen in ihrer aktuellen Lage durchaus gefährlich werden konnten. Doch Sly blieb ruhig. Seinen Blick hielt er reumütig gesenkt.
      „Es gibt da etwas. Eine Abmachung zwischen Sasaki und mir, von der keiner von euch etwas weiß. Ich wollte sie geheimhalten, um keinen unnötigen Spannungen aufzubauen. Doch nun muss es wohl sein. Ich muss euch wohl davon erzählen.“
      Auf dem Gesicht des Diebes machte sich ein schuldbewusster Ausdruck breit.
      „Wovon redest du da?“, mischte sich plötzlich Saja, sichtlich besorgt über die aktuellen Entwicklungen, ein.
      „Es existiert eine Abmachung zwischen dem Erzpriester, Sasaki und mir. Diese besagt, dass Sasaki an meiner Seite bleiben muss, bis er seine Lebensschuld uns gegenüber abgetragen hat. Danach wird er versuchen mich zu töten“, berichtete Sly in Erinnerung an jenen Tag, an dem er auf Fenin mit Uriel über Sasakis Schicksal verhandelt hatte.
      „Er wird versuchen dich zu töten? Was ist das für eine bescheuerte Vereinbarung?“
      Saja war außer sich vor Wut und Entrüstung. Doch Sly blieb ruhig.
      „Jetzt ist nicht die Zeit, um darüber zu reden. Fakt ist, dass dieser Pakt besteht. Und dieser ist es auch, der mich überzeugt hat, dass die Steckbriefe echt sein müssen. Ich weiß nicht viel über diesen Kerl, aber eines ist sicher: Sasaki will meinen Kopf. Und ganz offensichtsichtlich ist er nicht bereit, von diesem Vorhaben abzulassen. Koste es, was es wolle. Und wenn dies bedeuten sollte, dass er sich mit einer ganzen Gesellschaft von professionellen Kopfgeldjägern anlegt, dann muss es wohl so sein.“
      Sasaki war nicht hier, weil er ein so ein guter Mensch oder Kamerad war. Sein Ziel bestand einzig in der Wahrung seiner Interessen. Es war ein Beweggrund, den Sly tief in seinem Inneren nachvollziehen konnte und der ihn letztlich dazu bewogen hatte, Sasakis Auftauchen als ein Zeichen zu realisieren. Ein Zeichen, dass er sich geirrt hatte und dass die Steckbriefe echt sein mussten.
      Während der letzten Worte hatte sich Sly zu seiner Freundin umgedreht. Ihre Blicke trafen sich nur für einen kurzen Augenblick und doch reichte dieser flüchtige Augenkontakt aus, um Saja von der Wahrheit in Slys Worten zu überzeugen. Ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen, begab auch sie sich weg von dem Tisch und steuerte auf zwei gleichermaßen verdutzt dreinblickende Männer zu. Bei Sly angekommen blieb sie kurz stehen, sah den Dieb mit einem Ausdruck an, der diesem eine ungefähre Vorahnung von dem Folgenden gab, und verpasste ihm eine Ohrfeige.
      Das Klatschen ihrer Hand auf dem Gesicht des Diebes hallte ungewöhnlich lange in den Räumen der Kopfgeldjäger wieder, bevor sie erneut zum Sprechen ansetzte.
      „Darüber reden wir noch“, sagte sie in einem Tonfall, der in Sly im Augenblick mehr Sorgen auslöste, als alle Auroras gemeinsam. Sly ahnte Schlimmes bei den Worten seiner Freundin. Und doch war er im Grund froh darüber, endlich eine klare Aufgabe vor sich zu haben.
      „Sag mal, Liebling, wo befindet sich die nächste Marinestation in der Nähe und wie lang braucht man dorthin?“, wollte er in einem, in Anbetracht ihrer Lage ungewöhnlich ruhigem, Tonfall wissen.
      „Der Nächste von hier aus? Ich schätze, das müsste auf Proklama sein. Etwa drei Stunden mit dem Schiff. Wieso willst du das wissen?“
      Saja konnte nicht nachvollziehen, was gerade in Slys Kopf vor sich ging, als sich auf dessen Gesicht ein diebisches Grinsen breitmachte.
      „Drei Stunden von hier aus? Das ist doch schon mal eine Zahl.“
      Er wandte sich den Auroras zu, bevor er weiter sprach.
      „Das heißt, wir müssen nichts weiter tun, als es in weniger als dieser Zeit hier heraus und von dieser Insel weg zu schaffen. Und ich dachte schon, es würde kompliziert werden“, sagte er mit einem herausfordernden Tonfall an die Kopfgeldjäger gewandt.


      Kapitel 53: Plan 4-2
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      Eine ungeheuere Unruhe überkam den Raum, als Sly seine gewagte Herausforderung an die Auroras aussprach. Unzählige Stimmen begannen damit, wüst auf ihn einzubrüllen.
      Was er sich einbilde?
      Woher er diese Arroganz nahm?
      Mit wem er glaube, es hier zu tun zu haben?
      Sie waren so dumm. So einfach gestrickt. Keiner der Schreihälse bedachte auch nur für einen Augenblick, dass sie genau das taten, was der Dieb von ihnen wollte. Die wütenden Schreie boten ihm die Errichtung eines Schleiers der Unwissenheit, wie er es gerne nannte. Niemand konnte hören, was Sly mit seinen Kameraden zu besprechen hatte. So bot sich ihnen die Möglichkeit, einen Plan zu schmieden, ohne dabei auf unerwünschte Zuhörer achten zu müssen. Der Informationsvorsprung war schon immer Slys Spezialität gewesen.
      „Also gut. Wir haben mit dem ganzen Gerede und Vorgeplänkel wertvolle Zeit verloren. Ich schätze, dass sich die Marine bereits auf den Weg hier her befindet. Sie wurden sicherlich alarmiert, noch bevor die Kopfgeldjäger uns stellen wollten“, sagte Sly ohne sich dabei von der wütenden Masse abzuwenden. Die anderen hatten zwar Schwierigkeiten, die Stimme des Diebes in der immer lauter werdenden Geräuschkulisse zu hören, doch verstanden sie mit einiger Konzentration, was er zu ihnen sagte. Jedem von ihnen war durchaus bewusst, dass es in ihrer aktuellen Lage unerlässlich war, genau auf die Worte ihres Kapitäns zu achten. Auch wenn es keiner von ihnen zugeben wollte, so verließen sie sich doch darauf, dass der Dieb einen Weg fand, um sie aus dieser Lage zu befreien.
      „Mit unserem ganzen Gerede haben wir meiner Meinung nach ungefähr eine Stunde verschenkt. Das heißt also, dass wir etwa zwei Stunden haben, um hier rauszukommen. Ich bin für einen unserer Pläne. Was meinst du?“, sagte er plötzlich an Saja gewand.
      Clay ließ seinen verwirrten Blick von Sasaki zu Saja wandern und vernahm von dieser ein leises, kaum hörbares ‚Ja’. Irgendetwas geschah hier im Augenblick. Etwas, das das Verständnis des ehemaligen Bergarbeiters überstieg. Wovon sprachen die Beiden schon wieder? Was meinte Sly mit einem Plan?
      „Wovon redet ihr Beiden denn da?“, wollte er verwirrt wissen. Doch blieb das Pärchen unberührt von seiner Frage. Sich ein wenig von den Beiden vorgeführt vorkommend, suchte er mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht nach einer Antwort bei Sasaki. Es dauerte nur wenige Augenblicke bis er realisierte wie sinnlos dieses Unterfangen war. Sasaki war hatte noch weniger Zeit mit den Beiden verbracht als er selbst. Woher sollte gerade er wissen was hier vor sich ging?
      „Und welcher soll es sein?“
      Saja war inzwischen neben ihren Freund getreten.
      „Wie gut kennst du den Laden hier?“, fragte Sly, den Blick wieder auf die Masse vor ihm gerichtet. Saja überlegte einen kurzen Augenblick, bevor sie antwortete.
      „Nicht besonders gut. Die Hütte ist ziemlich verwinkelt.“
      Sly nickte kurz. Vor allem zu Clays Verwirrung schien er mit dieser kleinen Information eine Menge anfangen zu können.
      „Und dann kommt auch noch hinzu, dass wir fünf Leute sind. Glaubst du, dass du das hinbekommst?“, wollte Sly wissen.
      „Es wäre schwierig. Nicht unmöglich, aber sehr schwierig.“
      Erneut nickte Sly. In seinem Kopf rasten die Gedanken.
      „Bleibt noch das Problem mit den Beiden da vorn“, sagte er mit einem Nicken in Richtung von Cloe und Shakyor. Scheinbar war er im Moment tief in Gedanken versunken.
      „Was denkst du? Welchen Plan willst du durchführen?“
      Sly dachte noch einen Moment lang nach, bevor er wieder zum Sprechen ansetzte.
      „Na dann fassen wir mal zusammen. Wir befinden uns in einem Gelände, das wir kaum kennen, sind zu viele Leute, um auf einmal hier raus zu kommen, und haben es mit mindestens zwei Leuten zu tun, die uns ernsthafte Probleme bereiten können.
      Alles in allem keine sonderlich einfache Situation. Wenn ich mir unsere Chancen betrachte, dann halte ich Plan 4-2 für unsere beste Chance.“
      Sly sprach mit einer kühlen Sachlichkeit in der Stimme, und doch schwang in seinen Worten eine tiefe Überzeugung mit.
      „Also gut. Und welche Reihenfolge schwebt dir vor?“, wollte Saja zum Abschluss ihres, für jeden Außenstehenden schwer nachzuvollziehenden, Gesprächs wissen. Noch einmal ließ sich Sly ein wenig Zeit zum Nachdenken.
      „Du beginnst am Besten mit Clay und Sasaki. Danach ist Helios an der Reihe. Und zum Schluss verschwinden wir beide. Ich halte dir währenddessen die Typen hier von Hals“, sagte er an seine Freundin gewand. Ein kurzes Nicken bestätigte ihm, dass sie mit seinem Plan einverstanden war.
      „Was soll denn das? Was habt ihr vor? Wobei soll ich der Erste sein?“
      Es war zu viel für Clay. Er konnte und wollte nicht mehr darauf warten, bis sich die Beiden dazu entschließen würden, ihn in ihre Pläne einzuweihen. Es war sein gutes Recht zu erfahren, was hier vor sich ging.
      „Du musst uns jetzt vertrauen, mein Freund. Saja und ich haben uns eine Menge Fluchtpläne für brenzlige Situationen wie diese hier ausgedacht. Sie werden funktionieren, da bin ich mir sicher. Allerdings wird das nur der Fall sein, wenn du uns vertraust.“
      Eine Gewissensfrage. Natürlich vertraute er auf das Urteilsvermögen seiner Freunde. So dachte er jedenfalls. Doch nun, im Angesicht dieser scheinbar ausweglosen Situation, keimten in ihm Zweifel auf. Zweifel darüber, ob sein uneingeschränktes Vertrauen tatsächlich gerechtfertigt war.
      Er fühlte sich im Augenblick von den Beiden ein wenig betrogen. Immerhin waren sie doch Freunde und Kameraden. Wieso nur gab es so viele Geheimnisse, die sie ihm vorenthielten?
      „Hör zu, Clay. Diese Pläne waren eine Idee von Saja. Keiner außer mir kennt sie, nicht einmal Helios. Sie war immer der Meinung, dass es wichtig wäre, sich einen Rückzugsweg offen zu halten. Und daher haben wir uns diese Strategien ausgedacht. Ich werde euch alles erklären, wenn wir hier raus sind“, sagte Sly an ihn gewand, so als wüsste er genau, welche Gedanken sich gerade in seinem Kopf abspielten.
      Noch während sich Clay darüber wunderte, woher Sly so genau zu wissen schien, dass er Zweifel an den Absichten seiner Kameraden hegte, begann er etwas zu spüren. Eine Gefahr bewegte sich auf ihn zu. Seine Nackenhaare stellten sich schlagartig auf, und er konnte die Bedrohung, die sich auf ihn zubewegte, schon fast physisch spüren, bevor er seinen Kopf auch nur in die Richtung drehen konnte, aus der er diese Präsenz vernahm.
      „Es reicht. Ich werde die Sache jetzt beenden!“, vernahm er Cloes grelle Stimme, während diese mit schnellen Sätzen auf sie zugesprungen kam. Die Kopfgeldjägerin hatte beschlossen, den Kriminellen keine Chance mehr zu geben, irgendeinen Plan zu schmieden oder ihn gar umzusetzen. Sie ärgerte sich für ihre eigene Unprofessionalität. Die Worte dieses doppelzüngigen Diebes hatten sie aus dem Konzept gebracht und verwirrt. Doch nun hatte sie genug. Sie würde alle Fünf kampfunfähig machen, bevor ihre Beute überhaupt wusste, was hier geschah.
      Ein letzter Satz und Cloe befand sich in Reichweite für ihre Attacke. Statt wie zuvor weite Sprünge zu machen, ging sie plötzlich tief in die Knie uns stieß sich nah am Boden in Richtung der Dreiergruppe ab. In jeder Hand hielt sie ein kurzes Messer. Ihr Ziel war klar. Eine schnelle Attacke zum Angriff auf die Beinmuskulatur ihrer Gegner. Sie würde ein paar Sehnen durchtrennen und ihnen damit die Chance zur Flucht nehmen. Danach konnte man die Kriminellen immer noch behandeln, sodass sie an den Verletzungen nicht starben. Das war es, was bei solchen Leuten zählte. Die Steckbriefe sagten tot oder lebendig, aber nicht in welchem Zustand.
      Bereit ihre blutige Strategie umzusetzen, schoss sie auf den Kopf der Bande zu. Sie würde den Taktiker und Anführer zuerst außer Gefecht setzen. Eine todsichere Strategie, die bisher immer funktioniert hatte.
      Doch hatte sie auch noch nicht gegen Leute wie diese antreten müssen. Kurz bevor Cloe zum Streich ausholen konnte, begann sich der Raum vor ihr zu verändern. Die Beine des Mannes verschwanden und stattdessen erschien ein schwarzes Nichts vor ihr. Zu schnell, um jetzt noch auszuweichen, wurde die Kopfgeldjägerin von der vermeintlichen Dunkelheit verschluckt. Sie war verschwunden, ohne dass sich jemand erklären konnte, was hier eben geschehen war.


      Kapitel 54: Eine Frau muss ihre Geheimnisse haben
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      Die Durchgangsfrucht. Typ: Paramecia. Dem Verwender dieser Frucht steht es offen, nach seinem eigenen Willen eine direkte Verbindung zwischen beliebigen Punkten im Raum zu erzeugen. Die Durchgänge funktionieren jeweils nur in eine Richtung und können jederzeit wieder aufgelöst werden. Weiterhin muss darauf geachtet werden, dass jeder Durchgang augenblicklich verschwindet, sobald der Nutzer das Bewusstsein verliert.
      Die Größe und die Anzahl der Durchgänge sind prinzipiell unbegrenzt. Jedoch muss beachtet werden, dass mit steigendem Umfang und Zahl der Durchgänge auch die erforderliche Konzentration des Anwenders steigt.
      Die Erschaffung eines Durchgangs erfordert eine genaue Vorstellung der beiden Orte, an dem dessen jeweilige Enden entstehen sollen. Im besten Fall besteht direkter Sichtkontakt zwischen diesen Punkten. Verfügt der Verwender über ausreichend Erfahrung, so ist es bei Sichtkontakt möglich, einen Durchgang in mehreren Kilometern Entfernung erscheinen zu lassen. Prinzipiell steht es dem Nutzer frei, einen Durchgang auch ohne Sichtkontakt entstehen zu lassen, wobei jedoch darauf geachtet werden muss, dass ein ungenau platzierter Durchgang, beispielsweise inmitten einer Wand, die Durchquerung unmöglich macht.

      Sly kam sich wie ein Lehrer vor, während er den Text eines Blattes Papier wiedergab, dass er von Saja mit dem Auftrag bekommen hatte, sich ihre Teufelskräfte genau einzuprägen. Den Grund hierfür hatte er niemals wirklich verstanden. Doch tat er, was sie ihm sagte. Wenn schon aus keinem anderen Grund, so half es wenigstens Clay über die aktuelle Entwicklung aufzuklären.
      „Augenblick!“, fuhr ihm dieser plötzlich dazwischen.
      „Soll das bedeuten, dass du die ganze Zeit schon über Teufelskräfte verfügt hast? Wieso hast du sie uns niemals gezeigt?“, wollte er entrüstet wissen. Doch Saja hatte nur ein unschuldiges Lächeln für ihn übrig.
      „Eine Frau muss ein paar Geheimnisse haben, mein Lieber“, sagte sie mit einem Zwinkern und in einem Tonfall, den der ehemalige Bergarbeiter sonst nur kannte, wenn sich Sly mit irgendwelchen fadenscheinigen Ausreden aus der Affäre ziehen wollte.
      Während die Anwesenden verwirrt und zum Teil verängstigt auf das kreisförmige Objekt zu Füßen des Diebes blickten, blieb dieser ruhig. Erst nachdem er mit seinen Erläuterungen für Clay fertig war, wandte er sich an seine Freundin.
      „Danke, mein Schatz. Das war ganz schön knapp“, sagte er mit einem Grinsen im Gesicht, als wäre das eben Geschehene völlig natürlich.
      „Du solltest dir lieber Gedanken machen, was das hier für unseren Plan bedeutet“, wurde Sly augenblicklich von seiner Freundin getadelt. Seine unbekümmerte Art in Situationen wie dieser, führte bei oft ihr zu purer Verzweiflung. Sly wusste davon, doch blieb er unbeeindruckt. Genauso natürlich wie der vorige Dank für seine Rettung sprach er die Konsequenzen mit einem Schulterzucken aus.
      „Wir werden wohl kämpfen müssen. Was denn sonst?“
      Entrüstung machte sich auf den Gesichtern von Clay und Saja breit. Selbst Sasakis Miene schien sich ein wenig zu verziehen. Sein Blick wandte sich zu Shakyor, der mit geballten Fäusten zu ihnen hinüber sah.
      „Jetzt schaut nicht so. Der Große dort hinten sieht aus, als ob er gleich explodiert. Vermutlich gefällt es ihm gar nicht, dass wir seine Frau haben verschwinden lassen. Daher haben wir wohl kaum Zeit, um für uns alle einen Durchgang erscheinen zu lassen. Die Bude hier ist leider zu groß, als das wir uns mit einem Durchgang nach draußen bringen könnten.
      Also bleibt nur eine Variante. Wir müssen die Führungsebene von der Masse trennen, sie ausschalten und das daraus resultierende Chaos nutzen, um hier abzuhauen. Wir schlagen also der Schlange den Kopf ab. Ist doch ganz logisch, oder?“
      Slys trockene Argumentation löste bei seinen Freunden enorme Verwunderung aus. Wie konnte er in solch einer Situation nur so kühl und sachlich bleiben? Verspürte er denn keinerlei Angst? Immerhin hätte Cloe ihn beinahe erwischt. Und doch sah man ihm keinerlei Beunruhigung an. Ob es nun Selbstsicherheit, Übermut oder purer Wahnsinn war, der ihn da trieb konnte selbst der Dieb nicht sagen. Doch fühlte er sich im Augenblick unglaublich ruhig und konzentriert.
      „Also gut. Da es keine Einwände gibt, sollten wir schleunigst beginnen. Die Zeit drängt. Ich denke, wir sollten am Besten mit dem Großen dort beginnen“, sagte er an Saja gewandt. Diese sah ihn noch einen Augenblick lang fragend an, bevor sie resignierend den Kopf senkte. Sie musste es sich eingestehen, dass er es mal wieder geschafft hatte. Sly hatte sie dazu gebracht genau das zu tun, was er wollte.
      Nur einen Augenblick später erschien unter den Füßen von Shakyor ein weiterer schwarzer Kreis. Noch während sich die wabernden Ränder des Durchgangs rasch ausbreiteten, schien er die Gefahr für sich zu erkennen. Seinen Instinkten folgend sprang er nach vorne auf die Vier zu, und wich dem Durchgang somit aus.
      Ihm war klar, dass er sie so schnell wie möglich ausschalten musste. Und beginnen würde er mit dieser Frau. Immerhin war sie für das Verschwinden seiner geliebten Cloe verantwortlich. Und sobald er sie zur Rechenschaft gezogen hatte, würde er sie schon dazu bringen ihm zu verraten, was sie mit seiner Liebsten getan hatte.
      Langsamer als Cloe zuvor, dafür aber mit gewaltigeren Schritten, stürmte er auf Saja los. Mit seinen langen Armen zum Schlag ausholend, wollte er sie überrumpeln und schnell ausschalten. Doch kam er nicht dazu, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Noch im Schlag begriffen, hatte Clay unter einiger Anstrengung seinen Arm ergriffen und nach hinten auf seinen Rücken verdreht, sodass dieser ihn nun vorerst in Gewahrsam hatte.
      „Jetzt mach schon!“, rief er vor Anstrengung schnaubend zu Saja, während Shakyor mit aller Kraft gegen ihn ankämpfte.
      „Wenn ich die ganze Sache richtig verstanden habe, muss dieser Kerl hier stillstehen, damit du ihn verschwinden lassen kannst. Das ist die Chance.“
      „Aber du bist zu nah an ihm dran. Du wirst mit ihm in den Durchgang gezogen“, warf sie ein.
      „Das ist der Plan“, sagte er mit einem Vorfreude ausdrückenden Grinsen im Gesicht.
      Saja brauchte nicht lange um seine Absicht zu begreifen und einen Durchgang unter den Beiden entstehen zu lassen. Nur Augenblicke später waren sie verschwunden. Im letzten Moment, bevor Clay's Kopf in dem Durchgang unterging, rief sie ihm noch zu, dass sie sich auf ihn verlassen würden.
      Nun da ihre Anführer verschwunden waren, begann das von Sly prophezeite Chaos einzutreten. Es würde nicht lang dauern und die übrigen Auroras würden ohne jeglichen Plan oder Taktik auf sie einstürmen. Doch bevor dies geschah, musste der Dieb noch eine Sache regeln.
      „Einer von uns muss sich um die Frau kümmern“, sagte er an Saja gewand.
      Diese kannte den Ausdruck, der sich gerade auf dem Gesicht ihres Freundes breitmachte. Und auch wenn die Zeit langsam knapp wurde, ließ sie sich auf sein Spielchen ein.
      „Und an wen denkst du da, mein Liebling?“, wollte sie mit gespielter Unwissenheit in der Stimme wissen. Sly sah sich kurz um, bevor er antwortete.
      „Naja. Helios, Sasaki und ich sind alle noch verletzt. Und diese Frau ist ziemlich gefährlich. Also…“
      „Ist ja schon gut. Lass das Schmierentheater. Ich werde Cloe übernehmen“, fiel ihm Saja ins Wort.
      „Siehst du. Genau dafür liebe ich dich“, gab Sly schmeichelnd zur Antwort während er noch einmal zu Saja ging. Er zog sie zu sich heran, legte seine Arme um sie und küsste sie für eine gefühlte Ewigkeit, bevor er ein paar Schritte zurücktrat, damit Saja den Durchgang vor sich erschaffen konnte.
      Ein kurzes ‚Sei vorsichtig’, waren ihre letzten Worte an ihn, bevor sie verschwand.
      Sly sah noch für einen Moment auf die Stelle am Boden, an der sich soeben der Durchgang aufgelöst hatte, als Sasaki neben ihn trat.
      „Du bist ein verdammter Feigling. Lässt eine Frau deine Kämpfe austragen. Das macht mich krank“, sagte er zu dem Dieb, der für diese Beleidigungen nur ein müdes Lächeln übrig hatte.
      „Ich glaube, du verkennst die Situation. Um sie musst du dir nun wirklich keine Gedanken machen. Von uns Fünfen, ist Saja wohl die stärkste Kämpferin“, sagte er mit seinem typischen, diebischen Grinsen im Gesicht.

      Zeit bis zum Eintreffen der Marine: 1 Stunde 40 Minuten


      Kapitel 55: Beinahe vergessen
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      [Sly, Sasaki & Helios vs. Aurora-Kopfgeldjäger]

      Noch immer konnte Sasaki den Worten des Diebes keinen Glauben schenken. Zu tief saß die Abneigung gegen ihn in seinem Geist verwurzelt, als dass er auf eine solche Lüge hereinfallen würde.
      Von all den Leuten auf dem Schiff war diese Frau die Einzige, der er ein wenig Achtung entgegenbrachte, obwohl er nicht nachvollziehen konnte, was sie an einem Mann wie Sly finden konnte.
      „Hör zu! Es interessiert mich einen Dreck, ob du mir glaubst oder nicht. Fest steht, dass ich Saja und Clay absolut vertraue. Etwas, dass ich von dir nicht gerade behaupten kann. Daher weiß ich auch, dass die Beiden die Anführer der Kopfgeldjäger ausschalten können. Eine Einsicht, die ich bei dir nicht gehabt hätte.“
      Sly provozierte Sasaki mit voller Absicht. Er konnte es auf den Tod nicht ausstehen, wenn jemand seine Urteilsgabe infrage stellte. Und noch weniger konnte er es leiden, wenn man Saja unterschätze, nur weil sie eine Frau war. Sie alle würden noch früh genug lernen, wie gefährlich seine Freundin werden konnte, wenn sie nur wollte.
      Der Dieb wollte gerade einen Schritt näher auf Sasaki zugegen, als plötzlich ein Schuss die Luft zerriss. Es war eine glückliche Fügung für Sly gewesen. Hätte er sich nicht in Bewegung gesetzt, so hätte ihn die Kugel direkt ins Bein getroffen und somit absolut kampfunfähig gemacht. Doch erlitt er lediglich einen Streifschuss am Oberschenkel, der jedoch auch schon ausreichte, um ihn für einen Moment in die Knie sinken zu lassen.
      Es brauchte nur wenige Augenblicke um den Schützen ausfindig zu machen. In all der Aufregung hatte Sly den Mann, der den ganzen Abend lang wie eine Klette an Saja gehangen hatte, völlig vergessen. Gura Manderson hielt mit einem vor Wut zitterndem Arm eine Pistole in Richtung der Beiden. In seinem Blick erkannte Sly einen Ausdruck, von dem er gehofft hatte, ihn mit seinem Verhalten nicht hervorzurufen. Pure Verachtung für all die Lügen und Taten der sogenannten Zehner spiegelte sich im Gesicht des jungen Kopfgeldjägers wieder.
      „Ihr Typen macht mich einfach nur krank. Eine solche Arroganz habe ich in meinem ganzen Leben nicht erlebt. Glaubt ihr tatsächlich, dass ihr drei Penner hier herauskommt? Ihr drei allein? Was könnt ihr schon ausrichten? Ich werde euch jetzt eurer gerechten Strafe zuführen!“
      Augenblicklich erhielt Gura von seinen Kameraden Rückendeckung. Sie wollten ihm bei seinem Vorhaben unterstützen und traten an seine Seite. Doch dieser schubste jeden Einzelnen von ihnen wieder weg.
      „Die gehören mir. Das mache ich allein. Wenn ihr mir helfen wollt, dann wisst ihr, was ihr zu tun habt“, sagte er, vor Wut mehr schnaubend als sprechend. Auch wenn er sich einige unschöne Kommentare dafür anhören musste, stimmten die übrigen Auroras seiner Forderung schließlich doch zu.
      „Oh, Mann. Hier haben wir aber einen sehr zuversichtlichen Kopfgeldjäger“, sagte der Dieb, während er seine Messer herauskramte, um sich ebenfalls für den Kampf bereit zu machen. Auch wenn er einen arroganten Tonfall beibehielt, so wusste er doch sehr gut, dass er hier einen gefährlichen Gegner vor sich hatte.
      „Du willst einen ehrenhaften Kampf, Mann gegen Mann führen? Zu so etwas bist du doch gar nicht in der Lage!“, wurde der Dieb plötzlich angefahren, woraufhin diesem sämtliche Gesichtszüge entglitten. Er hatte mit solchen Worten gerechnet. Es war nicht die Wortwahl, die ihn schockiert. Viel mehr war es die Person, die sie ausgesprochen hatte.
      Saaski hatte sich mit dem Rücken zu ihm vor dem Dieb aufgebaut und fixierte Gura nun mit seinen Blicken.
      „Ich werde mich um ihn kümmern. Du willst wissen, wozu ich fähig bin? Das kannst du haben“, sagte er ohne dabei seinen Blick von Gura abzuwenden. Sly ließ einige Augenblicke verstreichen, bevor er mit einem Schulterzucken reagierte.
      „Meinetwegen. Dann mach halt, was du willst. Ich werde mal die besoffene Schlafmütze wecken gehen“, sagte er mit einem Nicken in Helios Richtung und drehte sich daraufhin um. Erst auf dem halben Weg zum Tisch, an dem der Mönch trotz all des Lärmes noch immer schnarchend schlief, blieb er kurz stehen und wandte sich noch einmal um.
      „Eine Sache noch Sasaki. Heute wird hier niemand sterben. Weder bei uns noch bei ihnen. Saja macht uns die Hölle heiß, wenn sie herausfindet, dass wir jemanden umgebracht haben. Das verspreche ich dir“, sagte er an Sasaki gewand.
      Dieser jedoch blieb scheinbar unbeeindruckt. Erst als er ein kurzes ‚meinetwegen’ von sich gab, drehte sch Sly erneut um und setzte seinen Weg zu Helios fort.
      Was in diesem Augenblick niemand sehen konnte, war das selbstzufriedenen Grinsen auf seinem Gesicht.
      Lug. Betrug. Manipulation. Sasaki war bei Weitem nicht so schlau, wie er vielleicht dachte. Bisher hatte Sly noch die Meisten dazu gebracht das zu tun, was er wollte.

      [Clay vs. Shakyor]

      Die beiden Männer waren unter Schmerzen auf dem harten Boden der Räumlichkeiten von Aurora geknallt. Sajas Durchgang hatte sich unter der Decke eines spärlich beleuchteten Abstellraumes geöffnet. Der Schwerkraft folgend, fielen die Beiden auf einen unter ihnen stehenden Tisch, der ihrem Gewicht keine einzige Sekunde standhielt und augenblicklich in sich zusammenbrach.
      „Verdammt noch mal, Saja. Ich hoffe, dass du das nicht mit Absicht getan hast“, sagte Clay während er sich unter dem Krachen und Ächzen des demolierten Tisches unter ihm wieder aufrichtete.
      „Dann war meine Vermutung also doch richtig. Diese Frau war für diesen Trick zuständig.“ Eine tiefe Stimme sprach mit Clay. Sie gehörte zu Shakyor, der noch immer in den Trümmern des Tisches lag.
      „Ich weiß gar nicht, ob man es als Trick bezeichnen kann. Hast du schon mal was von Teufelsfrüchten gehört? Damit hängt das Ganze wohl zusammen. Aber um ehrlich zu sein, verstehe ich auch nicht so ganz, wie das funktioniert“, scherzte Clay an Shakyor gewandt. Natürlich war ihm bewusst, in welcher Lage er sich gerade befand. Und doch hatte er irgendwie einen Draht zu Shakyor. Er hatte das Gefühl, dass sie aus dem gleichen Holz geschnitzt waren. Und offensichtlich schien es auch dem Kopfgeldjäger so zu ergehen, denn er brach Augenblicke später in ein lautes Gelächter aus.
      Als er sich beruhigt hatte, begab er sich langsam nach oben. Noch im Aufstehen begriffen klopfte er sich einige Holzsplitter aus den Kleidern.
      „Ich mag dich, mein Freund. Zu dumm nur, dass du dich für ein Leben als Krimineller entschieden hast. Du hättest bestimmt einen tollen Aurora abgegeben“, sagte er schließlich an Clay gewandt.
      „Ich nehme nicht an, dass du mir glauben wirst, wenn ich dir sage, dass ich niemals etwas Unrechtes getan habe“, antwortete Clay langsam. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
      „Nein, das tue ich nicht.“
      Auch Shakyor begann angespannt zu wirken.
      „Dann muss es wohl sein“, sagte Clay schließlich und schüttelte resignierend mit dem Kopf.
      „Ganz recht. Aber weil ich dich mag, will ich dir noch etwas beibringen, bevor ich dich der Marine übergebe. Etwas über die Kraft der Teufelsfrüchte“, sagte Shakyor mir einer schon fast knurrenden Stimme.
      Clay konnte seinen Augen nicht trauen, als er sah, wie plötzlich an jeder freien Stelle von Shakyors Körper goldgelbe Haare zu sprießen begannen. Zuerst sein Gesicht und dann sein gesamter Köper begannen sich zu verformen. Und zu seiner völligen Überraschung entdeckte er plötzlich einen langen Schwanz mit einem büscheligen Haarkneul hinter ihm.
      Die Leute nannten ihn nicht ohne Grund Shakyor, den Löwen.

      Zeit bis zum Eintreffen der Marine: 1 Stunde 28 Minuten


      Hier gehts zu Kapitel 56 ff

      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
      Meine FanFiction: Wünsch dir was!

      Dieser Beitrag wurde bereits 29 mal editiert, zuletzt von moondoggie () aus folgendem Grund: Kapitel 52 & 53 & 54 online

    • Nachdem ich vor Monaten mal gesehen habe wie der liebe zoot einen Kommentar zu deiner FF abgeliefert hat und der Prolog ganz interessant klang, landete deine Story auf meiner ToDoList. Leider ging es sich nicht mehr aus um deinen Doppelpost zu verhindern aber jetzt wo ich am aktuellen Stand bin, werde ich mir Mühe geben weitere Doppelposts nicht aufkommen zu lassen :)

      Zu jedem Kapitel einzeln etwas zu schreiben würde sich jetzt doch etwas ziehen weshalb ich mal ganz grob meine Meinung zu Papier bringe und in Zukunft dann hoffentlich näher auf die einzelnen Geschehnisse eingehen kann.

      Vorweg sei gesagt, dass mir die Geschichte bisher sehr gut gefällt. Die Idee eines Schatzrennes macht neugierig auf die Umstände, die Regeln und Ziele und vieles mehr. Zu Beginn fehlten mir da etwas die Infos hierzu, jedoch muss ich gestehen gefällt mir der von dir eingeschlagene Weg äußerst gut und ich freue mich schon darauf wenn alle Puzzleteile zu diesem Spiel vor uns liegen.
      Ein weiterer Punkt den ich begrüße ist der Einstieg nicht mehr ganz zu Beginn der Handlung, sprich es ist schon eine Gruppe von drei Leuten gegeben und bisher wurde nur der Beitritt einer vierten Person näher beschrieben. Mittlerweile ist auch ein weiterer, nicht ganz so netter Zeitgenosse mit an Bord aber der ist ja nicht ganz freiwillig mit von der Partie.
      Zu Sly und Helios gibts ja ein Special (muss ich noch lesen) ist sowas auch bei Saja geplant oder wird ihr Zusammentreffen mit den beiden in Form eines FB behandelt, wobei mich bei ihr eher ihre Vergangenheit an sich (Kenntnisse von Statuten, Geheimagenten der WR und Geldprobleme?!) deutlich mehr interessiert. Diese wird aber nehme ich an in der Geschichte an sich abgehandelt, da hier aller Wahrscheinlichkeit nach Infos vorkommen werden die von Bedeutung sind.

      Die Charaktere überhaupt sind genial. Jeder ist wirklich ein Unikat mit Qualitäten und Macken und zumindest bisher hast du keine Charas gebracht die sich zu sehr ähneln in ihrer Art. Des weiteren erhält jeder ausreichend Screentime sag ich mal um dem Leser ans Herz zu wachsen. Ist für mich besonders wichtig da man oft genug, bei FFs ebenso wie bei Büchern Handlungsstränge hat die man so schnell wie möglich abhacken will, weil einen die jeweilige Hauptperson kein bisschen interessiert.
      Ein Liebespaar an Bord zu haben ist immer etwas tricky. Das richtige Maß inwiefern man auf die Beziehungen eingeht ist nicht leicht zu finden, man darf es weder ganz weglassen noch zu sehr damit übertreiben, bisher war ich damit zufrieden sollte es mal zu schnulzig werden schreie ich auf :)

      Der Text an sich liest sich ganz gut und flüssig. Der "kleine" Zeitsprung vom Kampf in der Kathedrale zum Schiff mit Aufklärung in Rückblende/Erzählung war besonders gut gelungen, ebenso davor der Blick auf andere Handlungsplätze wie die Marine und die Herrschaften. Geradlinige Erzählungen wirken oft (und schnell) langweilig, indem man mit FBs, Zeitsprüngen und Schwenk auf andere Orte arbeitet kann man für Spannung sorgen oder einfach mal aus der Routine ausbrechen, daher nur weiter so.
      Wie zoot mag ich es auch wenn Bezug auf Personen oder Geschehnissen aus OP genommen wird, man freut sich halt doch wenn man etwas liest und sich denkt "Haa das/den kenne ich doch". Wichtig ist hierbei diese Bezüge nur dann herzustellen, wenn sie für die eigene Story relevant sind oder werden, ich lass mich da mal überraschen und vertraue darauf, dass dies der Fall sein wird.
      Ansonsten eignen sich vielleicht auch die Specials um ab und zu mal etwas mit OP-Bezug zu bringen, wenn du die Lust danach verspürst aber es nicht wirklich in die Story einbinden kannst. Grundsätzlich finde ich die Idee mit den Specials klasse, habe sowas bei einer anderen FF schon mal gehabt, wurde dort aber so gehandhabt, dass sie zwar für die Handlung an sich nicht unbedingt notwendig waren aber doch nützliche Infos zu den Charakteren und deren Entwicklung beinhalteten.


      Negativ fallen doch leider die Fehler auf. Ich weiß, das wurde bisher ja schon gesagt, aber nur Honig ums Maul schmieren soll man ja auch nicht. Rechtsschreibfehler sind es mit der Zeit weniger geworden (bilde ich mir ein) dafür sind Grammatik- und Ausdrucksfehler weiterhin vorhanden, wobei ich annehme einige, wsl sogar die meisten, sind Flüchtigkeitsfehler und Nachbearbeitungsfehler - falls es das Wort gibt.
      Gegen Rechtsschreibfehler, insbesondere bei Texten die man sowieso schon mehr als 2,3 Mal durchgegangen ist habe ich mal in der Schule den Tipp bekommen vom Ende an Wort für Wort zu lesen, da man dabei nur auf das Wort selbst und nicht mehr auf den Inhalt achtet. Inwiefern du was davon hast weiß ich nicht, mir brachte es nicht sooo viel aber ja jedem hilft was anderes.
      Wobei ich immer wieder Fehler finde ist, wenn ich mir einen Text ausdrucke und dann korrekturlese. Keine Ahnung woran es liegt, vielleicht weil es nochmal anders aussieht am Papier in der Hand als auf dem Bildschirm, aber dabei fallen einem doch ab und zu einige Fehler auf.
      Was am schwersten auszumerzen ist sind die "Nachbearbeitungsfehler" wenn man Texte umformuliert, Dinge rausnimmt oder ergänzt bleiben oft Worte oder Konjugationen übrig die noch zur Urfassung gehörten - das ist bei dir relativ oft der Fall. Dagegen hilft wohl nur ein Betaleser der den Text zum ersten Mal sieht oder ganz ganz ganz langsames Lesen der Letztfassung.

      Ob dir irgendwas davon etwas bringt weiß ich zwar nicht aber ich wollts mal gesagt haben, da es doch wenn man ein grobes Feedback abfasst der einzige wirkliche Kritikpunkt bei einer sonst gut gelungen Story ist, wäre es echt schade diesen - wenn es denn geht - nicht zu beseitigen.


      In diesem Sinne hoffe ich freust du dich über einen weiteren aktiven Leser :) wünsche noch eine Gute Nacht

      Lg B
      "Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit."
    • Hallo iustitia,

      Zunächst möchte ich dir für deinen Kommentar danken. Es freut mich immer, wenn meine Arbeit Anklang findet. Und konstruktive Kritik ist mir immer willkommen. So bekommt man die Möglichkeit, die eigenen Stärken einschätzen und die Schwächen beseitigen zu können

      Ich beginne mal mit den negativen Aspekten, die du angesprochen hast:

      iustitia schrieb:

      Negativ fallen doch leider die Fehler auf. Ich weiß, das wurde bisher ja schon gesagt, aber nur Honig ums Maul schmieren soll man ja auch nicht. Rechtsschreibfehler sind es mit der Zeit weniger geworden (bilde ich mir ein) dafür sind Grammatik- und Ausdrucksfehler weiterhin vorhanden, wobei ich annehme einige, wsl sogar die meisten, sind Flüchtigkeitsfehler und Nachbearbeitungsfehler - falls es das Wort gibt.
      [...]
      Was am schwersten auszumerzen ist sind die "Nachbearbeitungsfehler" wenn man Texte umformuliert, Dinge rausnimmt oder ergänzt bleiben oft Worte oder Konjugationen übrig die noch zur Urfassung gehörten - das ist bei dir relativ oft der Fall. Dagegen hilft wohl nur ein Betaleser der den Text zum ersten Mal sieht oder ganz ganz ganz langsames Lesen der Letztfassung.

      Ob es das Wort Nachbearbeitungsfehler wirklich gibt, weis ich nicht. Aber ich weis ziemlich genau, worauf du anspielst. Und da muss ich dir zustimmen. Vermutlich baue ich diese Fehler immer dann ein, wenn ich beim Korrekturlesen noch etwas Grundsätzliches verändere (Und das kommt ehrlich gesagt recht häufig vor).
      Ich werde in Zukunft versuchen, diese Fehler zu vermeiden, indem ich das Korrekturlesen auf mehrere Tage verteile um mich an einem Tag nur auf die Story und die Rechtschreibung zu konzentrieren und am anderen Tag den Ausdruck zu überprüfen. Ich würde mich nach ein paar weiteren Kapiteln über ein kleines Feedback freuen, ob dieses Vorgehen Früchte trägt. Sollte das nicht der Fall sein, muss ich mich wohl doch nach einem Betalerser umsehen.

      Gegen Rechtsschreibfehler, insbesondere bei Texten die man sowieso schon mehr als 2,3 Mal durchgegangen ist habe ich mal in der Schule den Tipp bekommen vom Ende an Wort für Wort zu lesen, da man dabei nur auf das Wort selbst und nicht mehr auf den Inhalt achtet. Inwiefern du was davon hast weiß ich nicht, mir brachte es nicht sooo viel aber ja jedem hilft was anderes.wenn es denn geht - nicht zu beseitigen.


      Das habe ich bei den letzten Kapiteln einmal ausprobiert. Allerdings habe ich den Versuch nach wenigen Absätzen abgebrochen. Es hat mich fast verrückt gemacht jedes einzelne Wort vom Ende an zu lesen. Aber trotzdem danke für den Tipp. Einen Versuch war es wert :D

      Da auch zoot diesen Aspekt schon einmal angesprochen hat, werde ich wohl in Zukunft ein wenig mehr Zeit auf die Rechtschreibung und den Ausdruck aufwenden müssen. Denn schließlich will ich ja auch aus meinen Fehlern lernen.

      Doch nun zum inhaltlichen Teil:

      Ein weiterer Punkt den ich begrüße ist der Einstieg nicht mehr ganz zu Beginn der Handlung, sprich es ist schon eine Gruppe von drei Leuten gegeben und bisher wurde nur der Beitritt einer vierten Person näher beschrieben.

      Dabei dachte ich mir, dass es für den Leser bestimmt schnell langweilig wird, wenn ich die Geschichte an der Stelle beginne, an der das Special zu Sly und Helios jetzt ansetzt. Schließlich wird die Story schnell monoton, wenn sie von Beginn an immer nach demselben Schema abläuft, bis sich dann irgendwann endlich mal eine Crew zusammengefunden hat.
      Allerdings wollte ich jedem der Crewmitglieder einen glaubhaften Grund geben, sich der Mannschat anzuschließen. Um also die Geschichte nachvollziehbar aber gleichzeitig spannend zu gestallten, habe ich mich dafür entschieden, erst bei Clays Beitritt einzusteigen. So bot sich mir auch die Möglichkeit, die Story rund um die Nummern nach und nach aufzubauen und den Leser nicht bereits zu Beginn der Handlung mit dem vollen Spektrum der Informationen, die Sly und seine Freunde zu diesen Zeitpunkt bereits gesammelt hatten, zu bombardieren. So wollte ich den Leser quasi mit Clay gemeinsam an die Geschichte heran führen.


      Mittlerweile ist auch ein weiterer, nicht ganz so netter Zeitgenosse mit an Bord aber der ist ja nicht ganz freiwillig mit von der Partie.

      Wie gesagt wollte ich jedem Crewmitglied einen glaubwürdigen Grund geben, warum er sich der Gruppe anschloss. Und bei Sasaki dachte ich mir, dass es doch nicht immer nur Freundschaft oder Kameradschaft sein muss. Warum nicht mal einem Charakter einen komplexeren Grund für den Beitritt geben? Wie dieser Grund nun genau aussieht, werde ich im Laufe der Geschichte noch enthüllen.
      Ich denke (und hoffe), dass die Protagonisten hierdurch an Tiefe und Glaubwürdigkeit gewinnen. Denn schließlich werden eindimensionale Charaktere schnell vorhersehbar und langweilig.


      Grundsätzlich finde ich die Idee mit den Specials klasse, habe sowas bei einer anderen FF schon mal gehabt, wurde dort aber so gehandhabt, dass sie zwar für die Handlung an sich nicht unbedingt notwendig waren aber doch nützliche Infos zu den Charakteren und deren Entwicklung beinhalteten.


      Die Idee dazu habe ich tatsächlich von einer anderen FF. Es handelt
      sich dabei um "Die Legende des Drachenmeisters" von Member of CP9 (P.S: solltest der Autor das hier zufällig lesen: Ein großes Lob für diese Idee und die FF). Vielleicht meinst du ja sogar dieselbe FF...
      Ich fand die Specials damals so gut gelungen, dass ich mich entschieden habe, das auch bei mir einzubauen.


      Ansonsten eignen sich vielleicht auch die Specials um ab und zu mal etwas mit OP-Bezug zu bringen, wenn du die Lust danach verspürst aber es nicht wirklich in die Story einbinden kannst.

      Das ist eine sehr gute Idee. Danke. Allerdings bin ich mir nicht so ganz sicher, ob ich in Zukunft noch allzu viele Gelegenheiten bekommen werde, einen Bezug zu OP herzustellen. Denn schließlich spielt meine FF kurz nach dem großen Ereignis und folglich kurz vor dem Zeitsprung. Und Oda hat sich ja bisher mit Informationen, was in den zwei Jahren geschehen ist, eher zurückgehalten. Es wird sich zeigen, ob ich noch mal Bezüge herstellen werde oder nicht...

      Zu Sly und Helios gibts ja ein Special (muss ich noch lesen) ist sowas auch bei Saja geplant oder wird ihr Zusammentreffen mit den beiden in Form eines FB behandelt, wobei mich bei ihr eher ihre Vergangenheit an sich (Kenntnisse von Statuten, Geheimagenten der WR und Geldprobleme?!) deutlich mehr interessiert. Diese wird aber nehme ich an in der Geschichte an sich abgehandelt, da hier aller Wahrscheinlichkeit nach Infos vorkommen werden die von Bedeutung sind.

      Auf Sajas Hintergrund wird in der Hauptstory definitiv noch eingegangen. Ob ich dann auch mal ein Special dazu schreibe, wie sie und Sly sich kennen lernten, kann ich jetzt noch nicht sagen.

      So... Ich hoffe damit konnte ich alle deine Fragen beantworten. Nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich einen Aspekt vergessen habe. Schließlich war dein Kommentar recht lang und es kann sein, dass mir beim Schreiben der Antwort ein Absatz durch die Finger gerutscht ist.

      Bis dahin freue ich mich über eine neue Leserin meiner FF und wünsche viel Spaß mit den neuen Kapiteln.

      MFG moondoggie
      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
      Meine FanFiction: Wünsch dir was!

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    • Hoi moon-d. Jetzt bin ich wieder auf den aktuellen Stand und die Vorfreude auf die neuen Kapiteln sind wie immer groß. Es freut mich, dass du ein Charakter Design eingebaut hast. Wer hätte gedacht, dass sich einige der Charaktere an Black Cat anlehnen. Als ich das gelesen habe wurden mir diese Parallelen erst richtig vor den Augen geführt. Du musst wissen, dass alle Bände bei mir zuhause stehen. :3

      Ich finde ja alle Charaktere bisher klasse. Es ist schwer zwischen einen stummen Mönch, einen Dieb der sich über alles hinwegsetzt, einer Frau die den Dieb immer Kontra gibt, den gewaltvollen, aber trotzdem lieben Clay und einen undankbaren neuen Typen, einen Favoriten zu bestimmen. Aber Sasaki ist derzeit auf der Überholspur. ^^ Das Kapitel mit Krokus fand ich super, ebenso das Kapitel mit dem Marineoffizier. Oftmals mag ich es ja nicht, wenn ein Schwenk auf ein Nebenschauplatz geworfen wird und die Story deswegen auf Eis liegt. Aber bei deiner FF freue ich mich sogar auf die anderen Schauplätze. Ius hat bereits einen Großteil kommentiert, daher fällt meine Post kleiner als sonst aus, da ich nichts mehr hinzuzufügen habe.

      Sei weiter fleißig, Zoot


      Die Nacht ist finster und voller Schrecken aber das Feuer wird sie alle verbrennen...

      Absolute Gerechtigkeit!
    • Antwort auf einen Post von zoot
      Spoiler anzeigen
      Hallo zoot,

      Hier eine kurze Antwort auf einen kurzen Kommentar :D
      Es freut mich, dass du ein Charakter Design eingebaut hast. Wer hätte gedacht, dass sich einige der Charaktere an Black Cat anlehnen. Als ich das gelesen habe wurden mir diese Parallelen erst richtig vor den Augen geführt.

      Das ist schön zu hören. Ich hatte schon befürchtet, dass meine Arbeit an den Specials völlig sinnlos gewesen war und das sich niemand dafür interessiert. Dass du dich an die Charaktere, die ich als Vorlage genutzt habe, erinnert fühlst, freut mich besonders. Genau darauf hatte ich es abgesehen.
      Ich finde ja alle Charaktere bisher klasse. Es ist schwer zwischen einen stummen Mönch, einen Dieb der sich über alles hinwegsetzt, einer Frau die den Dieb immer Kontra gibt, den gewaltvollen, aber trotzdem lieben Clay und einen undankbaren neuen Typen, einen Favoriten zu bestimmen. Aber Sasaki ist derzeit auf der Überholspur. ^^

      An dem Charakterdesign habe ich relativ lang gefeilt. Ich wollte keine 08 / 15 -Charaktere entwickeln, sondern jedem Einzelnen eine glaubwürdige Geschichte und Hintergründe sowie Motivationen für ihr Handeln geben. Das Sasaki bei dir auf der Überholspur ist, finde ich echt witzig. Ich fand es ganz gut, auch mal ein Badass in die Crew zu bringen...
      Das Kapitel mit Krokus fand ich super, ebenso das Kapitel mit dem Marineoffizier. Oftmals mag ich es ja nicht, wenn ein Schwenk auf ein Nebenschauplatz geworfen wird und die Story deswegen auf Eis liegt. Aber bei deiner FF freue ich mich sogar auf die anderen Schauplätze.

      Es ist nicht immer ganz so einfach Bezüge auf das Originale OP in die FF einzubauen, ohne dabei die eigentliche Geschichte zu sehr in den Hintergrund geraten zu lassen. Ich habe mich daher dafür entschieden, diese Abstecher an andere Orte zu nutzen, um schon mal ein paar Charaktere vorzustellen, die im späteren Verlauf der Geschichte ihre Screentime bekommen werden.
      Sei weiter fleißig, Zoot

      Werde ich machen :D

      MFG moondoggie


      26. November 2012: Kapitel 39: "Die Delegation" ist (nach einer, zugegebenermaßen längeren Pause meinerseits) draußen. Schätzungsweise wird in dieser Woche auch noch ein neuer Teil des Specials erscheinen.
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    • Bin durch die neuesten Posts gestern Abend auf deine FF aufmerksam geworden. Ich hatte schon mehrere FFs hier angelesen im Forum, aber deine ist die einzige, die mich wirklich fesselt. Nachdem Ich gestern abend die Einführung und Kapitel 1 gelesen hatte war mir schon klar, dass Ich heute weiter lesen werde. Und siehe an, bin bei Arc 2 angekommen. :thumbsup:
      Schreibe selber gern in meiner Freizeit, deshalb erlaube Ich mir dir einfach mal ein riesen Lob auszusprechen.
      Die Geschichte um die geheimnisvollen Zahlen, die Charaktere und deine Schreibweise,
      find Ich alles einfach klasse.
      Vorallem die Auswahl der Charaktere hat es mir an getan, wie sie mit einander umgehen, der schweigsame Mönch und und und.
      Und jetzt muss Ich schnell weiterlesen, sonst platze Ich vor Neugier. :thumbup:
    • Hallo zorro77,

      zunächst mal ein dickes Danke für dein Feedback. Es freut mich natürlich immer, wenn meine Arbeit ein wenig Anklang findet. Ich hatte schon manches ma die Befürchtung, dass die Kapitelzahl meiner FF neue, potenzielle Leser abschrecken könnte. Umso mehr freue ich mich, dass du als "Neueinsteiger" gefallen daran gefunden hast.
      Besonders gefreut hat mich die Tatsache, dass dir die Charaktere gefallen. Ich habe relativ viel Zeit damit verbracht, mir die jeweiligen Charakterzüge und Hintergrundgeschichten auszudenken, um sie alle ein wenig tiefgründiger und interessanter zu gestalten, als es ab und an mal der Fall ist. (Wobei ich zugeben muss, dass die Inspiration für die Charaktere nicht allein von mir stammt. (Solltest du dich dafür interessieren, an welchen Charakteren anderer Werke ich mich orientiert habe, empfehle ich dir einen Blick auf die Specials zu werfen.)

      Ich hatte schon mehrere FFs hier angelesen im Forum, aber deine ist die einzige, die mich wirklich fesselt.

      Das ist aber schade. Natürlich freue ich mich darüber, dass dir meine Geschichte gefällt, aber es gibt in diesem Forum eine ganze Reihe von super FanFictions. Wenn ich dir eine Empfehlung aussprechen darf, dann sie dir mal diese Geschichten hier an:

      Spoiler anzeigen
      Der Weltenbummler von zoot
      About Blood an Bone von ForeverFamous
      Die Jagd beginnt von sunaki
      und noch einige mehr


      Das sind alles FF`s, die mir persönlich sehr gut gefallen und die ich regelmäßig verfolge :D

      Bis dahin noch einmal ein riesen Thanks für deinen Kommentar und noch viel spaß an meiner FanFiction

      Mittwoch 28.11.12: Wie in dieser Woche bereits angekündigt erscheint heute das neueste Kapitel aus dem Sly & Helios Special. Teil 7: So schlau wie fett. Viel Spaß damit :D
      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
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    • Beinahe vergessen zu Antworten. :D

      Hatte den Rest bis zum aktuellen Stand noch am gleichen Tag fertig gelesen, was wohl alles darüber sagt.
      Von vorne bis hinten einfach schön zu lesen. Die einzige Kritik wäre, dass Ich gern noch weiter gelesen hätte, hehe. :D

      Zu den anderen FFs:
      Liegt nicht daran, dass sie nicht auch super geschrieben sind sondern viel mehr an der
      Ausgangslage der Geschichte, die einem persönlich halt erstmal gefallen muss.

      Und jetzt freue Ich mich auf jedes Update von dir. ^^
    • Wart ihr auch alle schön brav? Nein? Ich aucht nicht! :thumbsup:
      Trotzdem hat mir der Nikolaus ein neues Kapitel in die Schuhe gelegt, das ich jetzt mit euch teilen möchte.
      Spaß bei Seite. Viel Spaß mit dem neuen Kapitel 40: Zehn Schritte Abstand.
      mfg moonndoggie

      Dienstag 01.01.2013 Heute gibt es ein neues Kapitel 43: Kapitän für einen Tag
      "Sag mir, was du am Meisten begehrst."
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    • Yooooo, hab mir seit gestern mal alle Kapitel durchgelesen, wahrscheinlich ursprünglich aus dem Grund um ich vom lernen abzuhalten, aber deine Geschichte entpuppte sich als kleiner Geheimtipp, denn scheinbar hat deine FF ja noch nicht die Aufmerksamkeit die sie eigentlich verdient hätte.

      Ich fang mal mit den positiven Dingen an:

      Zum einen die Story an sich ist sehr interessant, die ganze Sache rund um die geheimnisvollen Nummern, die Herrschaften, der Kirche etc. alles sehr originell und noch nicht so oftgelesen wie manch andere Thematiken. Auch wie du deine Geschichte aufbaust ist echt spannungsfördernd, Zeitsprünge Ortswechsel usw. tragen sehr dazu bei das es nicht langweilig wird, du zeigst hier eine Facettenreiche Erzählung - gefällt mir! Vor allem die Wechsel zu anderen Orten in der Welt gelingen dir gut. Man fragt sich die ganze Zeit inwiefern die ganzen Personen zusammenhängen.
      Auch die Charaktere sind ein großer Pluspunkt in deiner FF. Sehr gut ausgearbeitet und ebenfalls facettenreich, keiner ist einfach weiß oder schwarz alle haben irgendwas besonderes ansich und verhalten sich selten so wie man es erwarten würde. Mein persönlicher Liebling ist hier Helios, der nicht nur mit einer ungewöhnlichen Fähigkeit punktet, nein auch seie Hintergrundgeschchte finde ich sehr interessant und zugleich ist er oft der mit der entscheidenden Idee. Bis auf Sasaki, der bis jetzt eher nervt aber ich denke das liegt daran das er noch nicht wirklich in Aktion treten konnte, bis jetzt hat er nur ordentlich eingesteckt und jämmerlich um den Tod gebettelt. Natürlich hat er bestimmt mehr zu bieten aber im Moment kann ich weder besondere Fähigkeiten noch einen besonders starken Willen erkennen. Vermutlich wird er aber noch auf dieser Insel eine entscheidende Rolle spielen und die restliche Crew irgendwie aus der Patsche holen, immerhin ist er es ihnen eigentlich schuldig.

      Ein paar negative Dinge:

      Wie schon vorher von anderen Usern erwähnt machst du wirklich häufig diese "Nachbearbeitungsfehler". Man merkt oft das in einem Satz eigentlich zwei Formulierungen stecken und du eine davon letztendlich benutzt hast, die Struktur des Satzes aber nicht geändert hast. So entstehen doch recht oft komische Sätze, aber man kann sich natürlich immer den eigentlichen Satzaufbau erschließen ist also nichts gravierendes aber manchmal dann doch so offensichtlich das ich mich Frage wie man sowas überlesen kann beim korrigieren :D aber ist wie gesagt nicht allzu schlimm. Rechtschreibfehler dann und wann auch mal, aber wenn sie nicht allzu oft vorkommen stört es mich nicht.
      Yo mehr fällt mir grad nicht ein.


      Jetzt noch ein paar Vermutungen meinerseits zur Story:

      - Da Saja offensichtlich ein Zehner ist, was wie wir seitens der Marine wissen Personen sind die absichtlich ein Kopfgeld in Höhe von 10 Millionen Berry zugeschrieben bekommen im Auftrag eines der Herrschaften, vermute ich mal das auch die anderen Crewmitglieder nun alle Zehner sind. Ich denke mir das alle die am Spiel teilnehmen dieses Kopfgeld bekommen um getestet zu werden ob sie es schaffen können. Da ja in letzter Zeit viele dieser Zehner in Costa Mar ankamen, denke ich dass es offensichtlich ist das Costa Mar eine Art Sieb für die Grand Line ist. Das die Zehner allesamt von den Kopfgeldjägern geschnappt wurden bestätigt ja nur den Umkehrschluss von Uriels Aussage das mit Sly endlich Jemand würdiges im Southblue aufgetaucht ist, dass würde nämlich heißen das vorher Niemand würdig war, was wiederum mit den ganzen gefangenen Zehner übereinstimmt.
      Somit wird Costa Mar eine Art letzter Prüfung vor der Grand Line darstellen, und da wollte sich Sly doch nur mal ausruhen ^^

      - Das Spiel scheint also auf der Grandline auf einer bestimmten Insel in die nächste Runde gehen (Ich vermute mal im Paradies die New World wäre dann doch etwas zu heftig da müsste die FF schon noch einige Arcs mehr haben als die von dir angedeuteten weiteren 4-6 Arcs.). In einer Art Survivalgame, man braucht anscheinend die passende Nummer zu der eigenen, mal sehen wie das ablaufen wird, wird das gelost oder sind die Partner schon vorbestimmt? Und was kommt danach? Da ist noch einiges offen. Mit dem Adeligen aus dem North Blue und dem Marinekapitän (Sorry bin nicht gut im Namen merken ^^) sind da noch einige interessante Leute im Rennen.

      - Das die Herrschaften Tenryuubito sind steht ja scheinbar außer Frage, aber irgendwas ist da noch komisch. Klar die Drachenemenschen sind ultra arrogant aber bis jetzt durfte man zumindest in OP sie ansehen, ansprechen ist vielleicht eine andere Sache, aber das ansehen? Irgendwas stimmt da nicht, da mus mehr dahinter stecken als nur gewöhnliche Tenryuubito naja mal sehen.


      Ansonsten wie gesagt großes Lob an dich, ich warte schon auf die nächsten Chaps.
      'To protect the Sheep you gotta catch the wolf, and it takes a wolf to catch a wolf.'