Wie versprochen hier mein Kommentar zu deiner neuesten Kurzgeschichte, die mir -soviel sei vorweggenommen- bereits wesentlich besser gefallen hat, als deine anderen Werke. Zum Teil liegt das natürlich am Setting und der Atmosphäre (und der Absenz kruder Showelemente xD).
Aber kommen wir zum Sprachlichen und Stilistischen, worauf ich mich auch fokussieren werde.
Denn wenngleich ich den Inhalt interessant fand, kann ich mir so recht keinen Reim darauf machen, was denn nun eigentlich zum Ende hin geschehen ist. Ein Altar, Friedhöfe, Grabsteine und eine ominöse Gestalt, die den Erfrierenden am Ende einsackt? Entweder ich stehe total auf dem Schlauch oder es gibt keinen wirklichen Zusammenhang. Du darfst mich gern eines besseren belehren.^^
Wie auch immer, Sprache und Stil. Du hast hier natürlich nicht ohne Grund um meine Meinung gebeten, denn selbst mit sechs Bier intus und fünf Nutten an jedem Finger würde ich mich noch in deinem Text teilweise wiedererkennen.
Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, wie sehr du dich doch von "Projekt Reset" zu dieser Geschichte hier gesteigert hat. Und damit meine ich jetzt nicht einmal den Stil, nur weil er an meinen erinnert. Die ganze Wortwahl, Ausstaffierung, Beschreibung und das Drumherum wirken wesentlich ausgereifter und abgeklärter als deine anderen Texte. Du hast dir Zeit gelassen (sofern man bei der wirren Handlung überhaupt eine andere Wahl hatte) und dir sogar einen Einstieg überlegt, der als Einleitung wie Prolog gleichermaßen funktioniert und direkt nichts mit der Haupthandlung zu tun hat. Dieser ist auch insofern interessant, dass er eigentlich ein einziger großer Satz ist und man bis zum Ende lesen muss, um ihn in seiner Gänze zu verstehen. Der geneigte oder noch unentschlossene Leser ist quasi nach dem ersten Satz schon mitten in der Geschichte, sodass es halt wahrscheinlicher ist, dass er auch den Rest liest. Aufpassen musst du natürlich, dass du nicht zu weit abdriftest. Auch wenn ich wohl der Letzte bin, der diesen Ratschlag selbst beherzigt, so halte ich es doch für erwähnenswert. Nicht jeder Leser möchte sich durch den ersten Absatz "kämpfen" müssen. Aber das nur nebenbei. Wie gesagt: Im Zweifelsfall würde ich immer eher dem eigenen Stil treu bleiben.
Darauf aufbauend komme ich auch zur ersten wirklich Kritik: Die Länge und der Bau der Sätze. Auch wenn es scheinheilig wirkt, wenn gerade ich die Länge deiner Sätze ankreide, so muss es doch getan werden. Gerade der Beginn des zweiten Absatzes ist einfach eine Abfolge ähnlich aufgebauter, zu verschachtelter Sätze, welche aufgrund ihrer ähnlichen Syntax nur noch verschachtelter wirken.
Die Syntax ist fast gleich, ein Hauptsatz wird durch mehrere Nebensätze oder Einschübe entweder gestreckt oder unterbrochen, wodurch sich auf Dauer ein eher zäher Lesefluss einstellt. So gern ich lange Sätze auch lese und schreibe, im Gesamtgefüge sollten sie harmonisch integriert und nicht nur stoisch aneinandergepappt werden. Möglichst lange, verspielte Sätze machen noch langen keinen guten Text. Im Übrigen auch eine Lektion, die ich selbst erst lernen musste.
Hier ist es besser. Durch den kurzen Satz samt Kolon unterbrichst du den bisherigen Fluss langer, komplexer Sätze und sorgst so für mehr Dynamik, anschließend geht es mit längeren, aber nicht ganz so verschachtelten Sätzen weiter. Das liest sich besser, weil abwechslungsreicher. Stelle dir den Text wie eine Melodie vor. Es braucht viele verschiedene, unterschiedliche Töne und Klänge. Immer die gleiche Oktave reißt einen auf Dauer nicht mit.
Natürlich bringen verschieden lange Sätze auch verschiedene Atmosphären. Kurze Sätze können Hektik implizieren, müssen es aber nicht. Ebenso können längere Sätze lethargisch wirken. Der Trick ist, jeden Satz genau so abzustimmen, dass er den Ton des Gesagten oder von dir Beabsichtigten trifft. In der Einleitung funktioniert die Syntax, da die ausufernden Sätze schön die von dir beschriebene Endlosigkeit und Unvergänglichkeit der Zeit visualisieren. Bereits im nächsten Abschnitt hat man dann aber auch wieder genug, weil eben nicht genug Abwechslung aufkommt. Das machst du bereits im dritten Absatz besser.
Auf den ersten Blick betrachtet hat sich wenig verändert. Aber die Wirkung der längeren Blöcke wurde durch den knackigen Einstieg "Hass keimte." gut relativiert.
Es geht also nicht nur darum, jeden Satz möglichst stilistisch aufzuladen. Das Ganze ist immer mehr als Summe seiner Teile und am Ende muss beim Lesen ein Fluss entstehen, der wie eine Melodie mal hoch und mal tief ist und hin und wieder auch überrascht, durch Brüche oder Einschübe. Nicht jeder Satz muss auf Teufel komm raus extrem lang oder verschachtelt sein, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen.
Du könntest leicht einige deiner langen Sätze teilen, in mehrere kürzere Sätze aufspalten; und ich glaube, dass sie als solche auch gut funktionieren würden.
Auf der Wortebene kann ich dich auch nur loben.
Ist jetzt nur eines der Beispiele, in denen du ansprechende sprachliche Mittel benutzt. Die in sich zusammensackende Flamme etwa. Ich hätte bei diesem Satz lediglich "vom Marmor verschluckt" mit Kommas abgegrenzt, da ich an dieser Stelle ins Stocken geriet. Ansonsten aber alles einwandfrei und kreativ formuliert, ansehnliche Bildsprache usw.
Höchstens eine Stelle würde mir jetzt auch ganz spontan einfallen, welche man mMn hätte anders schreiben können:
Hier hätte ich nicht das Wort "verpassen" gewählt, klingt für mich nicht schön. Eher "umhüllen", "tunken", "fluten". Vielleicht etwas, das mehr zum Naturmotiv des Feldes passt. Dunkle Romantik und so.^^
Aber das sind Kleinigkeiten, vielleicht auch subjektives Schalala.
Als allgemeines Feedback kann ich sagen, dass mir deine Geschichte stilistisch gut gefallen hat. Die Sprache und Wortwahl sind auf einem hohen Niveau, deine Kreativität strahlt durch. Allerdings musst du nicht aufs Absolute lange, verschachtelte Sätze forcieren. Zumal du dieses Stilmittel in deinen bisherigen Werken auch nicht so exzessiv benutzt hast. Am Ende sollte man immer seinem Stil treu bleiben und wenn du es schaffst, das Niveau dieser Kurzgeschichte zu halten und gleichzeitig wieder etwas die Gelassenheit deines bisherigen Stils mit einzubringen, wirst du noch richtig gute Texte auf die Beine stellen. Dafür würde ich mich fast verbürgen.
Aber kommen wir zum Sprachlichen und Stilistischen, worauf ich mich auch fokussieren werde.
Denn wenngleich ich den Inhalt interessant fand, kann ich mir so recht keinen Reim darauf machen, was denn nun eigentlich zum Ende hin geschehen ist. Ein Altar, Friedhöfe, Grabsteine und eine ominöse Gestalt, die den Erfrierenden am Ende einsackt? Entweder ich stehe total auf dem Schlauch oder es gibt keinen wirklichen Zusammenhang. Du darfst mich gern eines besseren belehren.^^
Wie auch immer, Sprache und Stil. Du hast hier natürlich nicht ohne Grund um meine Meinung gebeten, denn selbst mit sechs Bier intus und fünf Nutten an jedem Finger würde ich mich noch in deinem Text teilweise wiedererkennen.
Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, wie sehr du dich doch von "Projekt Reset" zu dieser Geschichte hier gesteigert hat. Und damit meine ich jetzt nicht einmal den Stil, nur weil er an meinen erinnert. Die ganze Wortwahl, Ausstaffierung, Beschreibung und das Drumherum wirken wesentlich ausgereifter und abgeklärter als deine anderen Texte. Du hast dir Zeit gelassen (sofern man bei der wirren Handlung überhaupt eine andere Wahl hatte) und dir sogar einen Einstieg überlegt, der als Einleitung wie Prolog gleichermaßen funktioniert und direkt nichts mit der Haupthandlung zu tun hat. Dieser ist auch insofern interessant, dass er eigentlich ein einziger großer Satz ist und man bis zum Ende lesen muss, um ihn in seiner Gänze zu verstehen. Der geneigte oder noch unentschlossene Leser ist quasi nach dem ersten Satz schon mitten in der Geschichte, sodass es halt wahrscheinlicher ist, dass er auch den Rest liest. Aufpassen musst du natürlich, dass du nicht zu weit abdriftest. Auch wenn ich wohl der Letzte bin, der diesen Ratschlag selbst beherzigt, so halte ich es doch für erwähnenswert. Nicht jeder Leser möchte sich durch den ersten Absatz "kämpfen" müssen. Aber das nur nebenbei. Wie gesagt: Im Zweifelsfall würde ich immer eher dem eigenen Stil treu bleiben.
Darauf aufbauend komme ich auch zur ersten wirklich Kritik: Die Länge und der Bau der Sätze. Auch wenn es scheinheilig wirkt, wenn gerade ich die Länge deiner Sätze ankreide, so muss es doch getan werden. Gerade der Beginn des zweiten Absatzes ist einfach eine Abfolge ähnlich aufgebauter, zu verschachtelter Sätze, welche aufgrund ihrer ähnlichen Syntax nur noch verschachtelter wirken.
Moxie schrieb:
Leise, eigentlich tonlos, schwebten die dicken Schneeflocken zu Boden, schichteten sich auf zu Belägen, deren Tiefe ohne weitere Hilfsmittel zu bestimmen nicht möglich war, bildeten eine im flauen Wind tanzende Decke für die schlafende Erde. Doch inmitten des eigentümlich beruhigenden Szenarios durchschnitt wehmütiges Schluchzen, das Klagen heiserer Stimmbänder, bald schon nicht mehr als ein verzweifeltes Wimmern, das Winteridyll. Es verpasste dem weiten Feld, auf dem der Finger gelandet war, einen Hauch von Angst, wie das Klappern morscher Fensterläden ein leerstehendes Bauernhaus in die Wiege schlimmster Albträume verwandelt.
Moxie schrieb:
Es finden sich weitere Parallelen: Der Urheber des Grauens, im Vergleich hofft man, es sei der Wind gewesen, im Real musste es wohl das kümmerliche Überbleibsel eines bedauernswerten menschlichen Individuum sein, war für das flüchtig in die Zeit schielende Auge nicht erkennbar. Weilte der Blick allerdings länger auf diesem schaurigen Acker und suchte engagiert die naturgemäß ebene Verteilung des Schnees ab, so ließe sich durchaus ein Ursprung finden.
Natürlich bringen verschieden lange Sätze auch verschiedene Atmosphären. Kurze Sätze können Hektik implizieren, müssen es aber nicht. Ebenso können längere Sätze lethargisch wirken. Der Trick ist, jeden Satz genau so abzustimmen, dass er den Ton des Gesagten oder von dir Beabsichtigten trifft. In der Einleitung funktioniert die Syntax, da die ausufernden Sätze schön die von dir beschriebene Endlosigkeit und Unvergänglichkeit der Zeit visualisieren. Bereits im nächsten Abschnitt hat man dann aber auch wieder genug, weil eben nicht genug Abwechslung aufkommt. Das machst du bereits im dritten Absatz besser.
Moxie schrieb:
Hass keimte.
Am Ende seiner Kräfte, resigniert und dem Tode geweiht, verspürte der Verschneite eine neue Emotion, stärker und viel einnehmender als alles, was er jemals empfunden hatte. Sein Zustand erlaubte keine Reflektion dieser Entwicklung, doch in seiner verstaubten Märchenstube hob der allmächtige Sehende verwundert eine Augenbraue. In dem Mann brannte mit einem Mal Feuer, keine beschauliche, Wärme spendende Glut, sondern ein monströses Inferno, unmöglich zu kontrollieren und mit der Vernichtungskraft einer antiken Waffe.
Es geht also nicht nur darum, jeden Satz möglichst stilistisch aufzuladen. Das Ganze ist immer mehr als Summe seiner Teile und am Ende muss beim Lesen ein Fluss entstehen, der wie eine Melodie mal hoch und mal tief ist und hin und wieder auch überrascht, durch Brüche oder Einschübe. Nicht jeder Satz muss auf Teufel komm raus extrem lang oder verschachtelt sein, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen.
Du könntest leicht einige deiner langen Sätze teilen, in mehrere kürzere Sätze aufspalten; und ich glaube, dass sie als solche auch gut funktionieren würden.
Auf der Wortebene kann ich dich auch nur loben.
Moxie schrieb:
Das flackernde Licht auf dem Altar sackte in sich zusammen, schwappte von einem Augenblick auf den anderen flüssig in der Schale, bis es durch ein nicht sichtbares Loch abfloss und vom Marmor verschluckt der Finsternis die Herrschaft im Hain einräumte.
Höchstens eine Stelle würde mir jetzt auch ganz spontan einfallen, welche man mMn hätte anders schreiben können:
Moxie schrieb:
Es verpasste dem weiten Feld, auf dem der Finger gelandet war, einen Hauch von Angst, wie das Klappern morscher Fensterläden ein leerstehendes Bauernhaus in die Wiege schlimmster Albträume verwandelt.
Aber das sind Kleinigkeiten, vielleicht auch subjektives Schalala.
Als allgemeines Feedback kann ich sagen, dass mir deine Geschichte stilistisch gut gefallen hat. Die Sprache und Wortwahl sind auf einem hohen Niveau, deine Kreativität strahlt durch. Allerdings musst du nicht aufs Absolute lange, verschachtelte Sätze forcieren. Zumal du dieses Stilmittel in deinen bisherigen Werken auch nicht so exzessiv benutzt hast. Am Ende sollte man immer seinem Stil treu bleiben und wenn du es schaffst, das Niveau dieser Kurzgeschichte zu halten und gleichzeitig wieder etwas die Gelassenheit deines bisherigen Stils mit einzubringen, wirst du noch richtig gute Texte auf die Beine stellen. Dafür würde ich mich fast verbürgen.