With great writers comes great...uhm...finalebility.
Etwas über drei Monate ist es nun her, dass das FFT21 seine ersten Schritte getan hat. Seither hat sich viel verändert. Aus Texten wurden Sagen, aus Sagen wurden Crossover, aus 16 Teilnehmer(gruppen) wurden drei Finalisten. Und heute kommen wir hier ein letztes Mal zusammen, bevor aus diesen Big Three unser FanFiction-Champion 2021 gekürt wird. Das bedeutet auch, dass euch nun die letzten Texte dieses Turniers erwarten. Genießt es!
In dieser wirklich finalen Runde bestand die Aufgabe der Schreiber in der Vermittlung eines Perspektivenwechsels. Wer eine kleine Auffrischung bezüglich der Themenvorgabe gebrauchen könnte, findet sie in diesem
Finaltext III - Perspektivenwechsel
Der letzte Finaltext stellt vielleicht die größte Hürde dieses Turniers dar. Bereits in den vergangenen Phasen musstet ihr auf die eine oder andere Weise mit den Geschichten eurer Konkurrenten arbeiten. Dieses Prinzip erwartet euch auch beim letzten Text, den ihr für dieses Turnier schreiben werdet. Dieses Mal in Form eines Perspektivenwechsels. Ihr erzählt dieselbe Geschichte wie einer eurer Mitfinalisten -- aus Sicht einer anderen Figur oder Erzählinstanz.
Ein Beispiel: Wird die Geschichte eines Piraten erzählt, der am Ende von einem Kopfgeldjäger einkassiert wird, so könntet ihr stattdessen die Sicht des Kopfgeldjägers schildern. Dabei müsst und sollt ihr aber nicht die ganze Geschichte nacherzählen. Vielmehr sollte es Parallelen und mindestens eine Überschneidung geben. Etwa: Der erste Teil eures Textes befasst sich mit der Suche nach dem Piraten. Im Mittelteil laufen dann die Texte zusammen. Nachdem wir die Gefangennahme aus Sicht des Piraten bereits kennen, schildert ihr sie nun aus Sicht des Kopfgeldjägers. Im letzten Teil setzt dann wieder eure eigene Handlung ein, in der der Kopfgeldjäger den Piraten der Marine übergibt. Ihr könnt auch beide Texte erst mit dem Ende zusammenlaufen lassen, solange es dann genügend Stoff für das Zusammenspiel gibt. Im Idealfall sollten mindestens ein Drittel des Textes aus einer gemeinsamen Szene bestehen. Am wichtigsten ist, dass ihr eurem Text eine spürbar eigene Note im Vergleich zum Original verleiht. Dabei müsst ihr aber nichts erzwingen. Wenn sich euer Stil und der Stil des anderen Autors sehr ähneln und ihr dahingehend ungern Experimente wagen wollt, so versucht, Abgrenzungen über die Handlung, die Figuren und deren Perspektive vorzunehmen. Wenn ihr hingegen das Gefühl habt, ein Stilwechsel oder gar ein ganz anderes Genre wären der Schlüssel, dann habt ihr auch dazu das Recht. Wenn ein Text eine auktoriale Erzählinstanz aufweist, warum wechselt ihr dann nicht in die Ich-Perspektive? Usw. Im Grunde gibt es unzählige Möglichkeiten. Von einem Charakter zum nächsten, über eine Verschiebung der Erzählinstanz bis hin zum Genrewechsel. Hauptsache ihr nehmt den vorhandenen Text und nutzt den Perspektivenwechsel für eure eigene Entfaltung. Wie oft habt ihr euch schon beim Lesen eines fremden Textes überlegt, was ihr selbst anders gemacht hättet? Nun, jetzt habt ihr die Gelegenheit! Bedenkt nur, dass sich dieser Wechsel auch inhaltlich auf den Text auswirken soll. Wir wollen z.B. keine reine Nacherzählung einer Prosa in Dramenform. Die Grundpfeiler des ersten Textes müssen zwar gewahrt bleiben (im Beispiel etwa der Pirat, der Kopfgeldjäger und die Gefangennahme), aber ansonsten dürft ihr machen, was ihr wollt.
Der letzte Finaltext stellt vielleicht die größte Hürde dieses Turniers dar. Bereits in den vergangenen Phasen musstet ihr auf die eine oder andere Weise mit den Geschichten eurer Konkurrenten arbeiten. Dieses Prinzip erwartet euch auch beim letzten Text, den ihr für dieses Turnier schreiben werdet. Dieses Mal in Form eines Perspektivenwechsels. Ihr erzählt dieselbe Geschichte wie einer eurer Mitfinalisten -- aus Sicht einer anderen Figur oder Erzählinstanz.
Ein Beispiel: Wird die Geschichte eines Piraten erzählt, der am Ende von einem Kopfgeldjäger einkassiert wird, so könntet ihr stattdessen die Sicht des Kopfgeldjägers schildern. Dabei müsst und sollt ihr aber nicht die ganze Geschichte nacherzählen. Vielmehr sollte es Parallelen und mindestens eine Überschneidung geben. Etwa: Der erste Teil eures Textes befasst sich mit der Suche nach dem Piraten. Im Mittelteil laufen dann die Texte zusammen. Nachdem wir die Gefangennahme aus Sicht des Piraten bereits kennen, schildert ihr sie nun aus Sicht des Kopfgeldjägers. Im letzten Teil setzt dann wieder eure eigene Handlung ein, in der der Kopfgeldjäger den Piraten der Marine übergibt. Ihr könnt auch beide Texte erst mit dem Ende zusammenlaufen lassen, solange es dann genügend Stoff für das Zusammenspiel gibt. Im Idealfall sollten mindestens ein Drittel des Textes aus einer gemeinsamen Szene bestehen. Am wichtigsten ist, dass ihr eurem Text eine spürbar eigene Note im Vergleich zum Original verleiht. Dabei müsst ihr aber nichts erzwingen. Wenn sich euer Stil und der Stil des anderen Autors sehr ähneln und ihr dahingehend ungern Experimente wagen wollt, so versucht, Abgrenzungen über die Handlung, die Figuren und deren Perspektive vorzunehmen. Wenn ihr hingegen das Gefühl habt, ein Stilwechsel oder gar ein ganz anderes Genre wären der Schlüssel, dann habt ihr auch dazu das Recht. Wenn ein Text eine auktoriale Erzählinstanz aufweist, warum wechselt ihr dann nicht in die Ich-Perspektive? Usw. Im Grunde gibt es unzählige Möglichkeiten. Von einem Charakter zum nächsten, über eine Verschiebung der Erzählinstanz bis hin zum Genrewechsel. Hauptsache ihr nehmt den vorhandenen Text und nutzt den Perspektivenwechsel für eure eigene Entfaltung. Wie oft habt ihr euch schon beim Lesen eines fremden Textes überlegt, was ihr selbst anders gemacht hättet? Nun, jetzt habt ihr die Gelegenheit! Bedenkt nur, dass sich dieser Wechsel auch inhaltlich auf den Text auswirken soll. Wir wollen z.B. keine reine Nacherzählung einer Prosa in Dramenform. Die Grundpfeiler des ersten Textes müssen zwar gewahrt bleiben (im Beispiel etwa der Pirat, der Kopfgeldjäger und die Gefangennahme), aber ansonsten dürft ihr machen, was ihr wollt.
Ihr habt wieder zwei Stimmen zu vergeben. Eine davon geht an den Text, der euch handwerklich (stilistisch, sprachlich, Rechtschreibung/Grammatik) am meisten überzeugen konnte. Die andere, gewichtigere Stimme bekommt der Text, der die Vorgabe des Perspektivenwechsels eurer Meinung nach am besten erfüllt hat. Die Umfrage geht bis morgen, den 08.01. um 22 Uhr. Also macht ein letztes Mal von eurem Stimmrecht Gebrauch und entscheidet über das Haupt, das eine Krone trägt. Tragen wird. Ihr wisst schon.
Nun denn, die letzten Texte des FanFiction-Turniers 2021. Die Orga wünscht viel Spaß. Auf einen runden Abschluss!
Der köstliche Geruch von zerlassener Butter und das Röstaroma der sich in der Pfanne zusammenziehenden Streifen Speck füllten die kleine, sonnendurchflutete Küche am Hügel oberhalb der malerischen Hafenstadt. Durch das offene Fenster drang der beruhigende Klang der Wellen im Hafenbecken, der sogar das geräuschvolle Brutzeln vom Herd übertönte. Bojan schlug ein Ei in die Pfanne und beobachtete, wie die zähflüssige Masse immer fester wurde und eine schneeweiße Farbe annahm. Das frische Orange, das in dem gleißenden Weiß eingebettet war, ließ das Wasser in Bojans Mund zusammenlaufen. Gerade als er das Gefäß mit speziellen Gewürzen in die Hand nahm, zog etwas an seinem rechten Hosenbein. Er blickte zurück und entdeckte die kleine Kiki, wie sie müde gähnend zu ihm hochblickte, die Augen noch halb geschlossen.
„Du bist schon wach, Prinzessin? Dann wollen wir doch gleich dein Frühstück zubereiten!“
Er nahm das Mädchen hoch, gab ihm einen Schmatzer auf die Wange und setzte es in den Hochstuhl direkt am Küchentisch. Mit wenigen Handgriffen stellte er einen kleinen Topf auf den Herd, füllte ihn mit Milch, Haferflocken und Zimt und kochte das Gemisch vorsichtig auf. Zugleich würzte er das Spiegelei daneben mit seinen Kräutern. Der Zimt und die Kräuter vermischten sich mit dem Butter-Speck-Geruch und der salzigen Seeluft und erschufen ein Aromenspiel, das Bojans Nase kitzelte und ihn kurz auflachen ließ.
„Es riecht mal wieder wunderbar, mein Schatz“, eine junge Frau mit schulterlangen, dunklen Haaren betrat die kleine Küche. Ihre olivfarbene Haut ließ ihre blaugrauen Augen besonders Leuchten, doch was Bojan am meisten an ihr liebte, war ihr strahlendes Lächeln.
„Guten Morgen, mi corazón! Bitte, setz dich. Die Uevos Silvios sind gerade fertig geworden.“
Bojan fasste die Pfanne mit Ei und Speck, ließ den Inhalt mit einer flinken Bewegung auf einem Teller landen und stellte diesen schwungvoll auf den Tisch. So schwungvoll er den Teller platzierte, so behutsam half er seiner Frau beim Hinsetzen und rückte den Tisch etwas von ihr weg, weil sie sonst keinen Platz gehabt hätte. Von Tag zu Tag wurde ihr Bauch größer und runder und Belle selbst langsamer und erschöpfter. Doch ihr wundervolles Lächeln verlor sie trotz der Strapazen nie. Bojan küsste vorsichtig ihren Bauch und widmete sich gleich wieder dem Herd. Mit einer großen Kelle schöpfte er den Haferbrei in einen bauchigen Teller und platzierte diesen vor Kiki. Er küsste ihren kleinen Lockenkopf und gab ihr einen Löffel, den sie aber kaum halten konnte, weil sie auf ihrem Hochstuhl schon wieder weggenickt war. Sie mochte zwar nicht sein leibliches Kind sein, aber er liebte sie, als wäre sie es. Zuletzt setzte er sich selbst an den Küchentisch, atmete kurz durch, und genoss das Kunstwerk aus Aromen und dem Anblick seiner Liebsten, das sich vor ihm eröffnete. Wie herrlich sein Leben doch war.
Der junge Mann nahm die Zeitung zur Hand. Seine Frau war gerade damit beschäftigt, die kleine Kiki zu wecken und sie zum Essen zu motivieren. Bojan überflog die Schlagzeilen. Es stand nichts wirklich Interessantes geschrieben und er wollte die Zeitung schon zur Seite legen, als ihm mehrere Blätter in den Schoß fielen.
„Was ist das, Schatz?“
Bojan warf einen Blick auf das gelbstichige Pergament.
„Ach, nur ein paar neue Steckbriefe.“
Er blätterte durch die Poster. Bei manchen Namen musste er kurz schmunzeln, kannte er sie doch noch aus seinem früheren Leben, bis er plötzlich bei drei Steckbriefen innehielt. Belle bemerkte, dass ihr Mann ruhig wurde. Sie wandte sich von Kiki ab, die mittlerweile aufgewacht war, aber den Haferbrei lieber in ihren Haaren verteilte, als ihn in ihren Mund zu befördern.
„Was ist los?“
„SIE HABEN ES TATSÄCHLICH GESCHAFFT!“, freudig lachend sprang Bojan von seinem Sessel auf. Mit stolz geschwellter Brust legte er die drei Blätter vor seiner Frau auf den Tisch.
Viktor ‚das weiße Schlachtross‘ Lambrosius, 97.000.000 Berry
‚Dreieinhalbfinger‘ Oscar, 70.500.000 Berry
‚Casanova Chef‘ Silvio, 69.000.000 Berry
„Das ist doch deine alte Crew?“, Belle wirkte beunruhigt.
„Mach dir keine Sorgen! Das sind großartige Nachrichten! Endlich haben sie sich einen Namen auf dieser Welt gemacht. Davon träumt jeder Pirat, glaube mir!“
„Ich bin nur froh, dass dudiese Träume nicht mehr verfolgst“, zart lächelnd streichelte die Frau ihren Bauch.
„Ich hätte es sowieso nie so weit gebracht. Ich war ein lausiger Pirat“, Bojan hielt erneut inne. „Hier bin ich zuhause, mi corazón“, er küsste noch einmal den Bauch der jungen Frau und lächelte sie an. Doch sein Lächeln fühlte sich komisch an. Es fühlte sich unaufrichtig an. Bojan nahm die drei Steckbriefe und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus.
Ich war ein lausiger Pirat. Das war ich wirklich. Wie oft ich meine Bande in Schwierigkeiten gebracht habe.
Bojan schlenderte gedankenversunken über den schmalen Trampelpfad in Richtung Strand. Das Salz in der Luft wirbelte Erinnerungen an alte Tage in ihm hoch. Er setzte sich und ließ seine Finger durch den Sand gleiten.
In Alabasta hätte ich die Bande fast in den Ruin getrieben. Ich hatte nie ein besonders glückliches Händchen. Und dass ich dem Glücksspiel so verfallen würde, hätte ich selbst nicht gedacht. Mich zum Schatzmeister zu machen war eine der wenigen schlechten Entscheidungen, die Vik getroffen hatte. Plötzlich war das Geld futsch. Aber Vik hat mich vor den anderen verteidigt. Er ist einfach der beste.
Seine Erinnerungen trugen den ehemaligen Piraten weiter. Er zog sich die Schuhe aus und ging im seichten Wasser in Richtung Hafen. Die Wellen verwischten seine Spuren. Er spazierte durch die Straßen, die dunklen Seitengassen aber mied der junge Mann.
‚Dreieinhalbfinger‘ Oscar. Bojan lachte verlegen. Den Spitznamen hast du wohl mir zu verdanken? Wie genau das ablief, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Verdammter Alkohol. Ich weiß nur noch, dass Pete blutig vor mir auf dem Boden lag. Sie hatten uns gewarnt, dass Jaya ein hartes Pflaster sei, aber wir zwei wollten es nicht glauben. Gerade als mich der Fremde angreifen wollte, war Oscar zur Stelle und vertrieb ihn irgendwie. Dabei hat er wohl seinen Finger verloren. Der andere war schon davor zur Hälfte ab. Pete würde bestimmt noch leben, wenn ich nicht gewesen wäre.
Ein Kloß bildete sich in Bojans Hals. Tränen stiegen in seine Augen. Ohne es zu bemerken, erreichte er das Ende des Kais. Da lag ein Boot. Der Eigentümer war nicht zu sehen. Die Nussschale war nur schlecht vertaut, aber einwandfrei seetauglich. Eine kräftige Windböe fuhr durch sein Haar.
Ist das ein Zeichen? Die See… sie ruft mich? Vik, Oscar, Silvio, kann ich euch noch einholen?
Bojan blickte über die Wellen zum Horizont, ein Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Er wollte hinaus. Hinter den Horizont. Dahin, wo seine Freunde waren. Dann sah er zurück ins Hafenbecken. Dort machte er die große Marine-Statue am Platz aus. Die Möwe auf dem Kopf des steinernen Marine-Soldaten war kopfüber montiert. Bojan musste lachen.
Das war die Nacht, in der wir drüben in der Höhle am Kap gefeiert haben. Ich bin mit Vik und Silvio hierher, wir konnten uns diesen Spaß einfach nicht entgehen lassen. Und das war die Nacht, in der ich Belle zum ersten Mal sah. Sie hatte uns bei unserem Streich erwischt und dann hat es mich erwischt. Diese Augen, die mich erst streng ansahen und dieses Lächeln, das dann über ihre Lippen huschte. Ich war ihr sofort erlegen. Vik und Silvio wussten natürlich gleich, was los war. Sie luden sie zu unserer Feier ein und Vik fädelte dann auch noch ein, dass wir uns am nächsten Tag wiedersahen. Silvio bereitete mir für unser Picnic sein ‚Herzensbrecher Deluxe‘ Menü zu. Und sie überredeten mich, dass ich bei ihr bleiben sollte.
Bojan blickte sich nostalgisch um. Er dachte an Belle und Kiki. Er sah die kleine Hütte oben am Hügel und sein Fernweh war wie weggewischt. Mit einem zufriedenen Lächeln, einem aufrichtigen Lächeln spazierte Bojan wieder nach Hause, in sein perfektes Idyll.
***
Der köstliche Geruch von zerlassener Butter und das Röstaroma der sich in der Pfanne zusammenziehenden Streifen Speck füllten die kleine, sonnendurchflutete Küche am Hügel oberhalb der malerischen Hafenstadt.
Plötzlich regte sich etwas in der Luft. Bojan konnte nicht mehr blinzeln. Es bildete sich ein Strudel in der Luft direkt vor dem ehemaligen Piraten. Er spürte wie seine Augen tränten, salziges Entsetzen rann seine Wangen herab. Bojan fixierte den fesselnden Malstrom und der Malstrom blickte zurück. Wessen Augen waren das? Oscars? Sie verschwanden wieder, an ihrer Stelle bildeten sich Formen und Farben, jenseits jeglicher Vorstellungskraft. Krampfadern durchzogen Bojans Gesicht, Schaum bildete sich vor seinem Mund. Wie von einer höheren Macht gesteuert, wanderte die Hand des Mannes zur Küchenschublade. Sie fasste ein Messer. Ein Lächeln zierte sein Gesicht.
„Du bist schon wach, Prinzessin? Dann wollen wir doch gleich dein Frühstück zubereiten!“
Er nahm das Mädchen hoch, gab ihm einen Schmatzer auf die Wange und setzte es in den Hochstuhl direkt am Küchentisch. Mit wenigen Handgriffen stellte er einen kleinen Topf auf den Herd, füllte ihn mit Milch, Haferflocken und Zimt und kochte das Gemisch vorsichtig auf. Zugleich würzte er das Spiegelei daneben mit seinen Kräutern. Der Zimt und die Kräuter vermischten sich mit dem Butter-Speck-Geruch und der salzigen Seeluft und erschufen ein Aromenspiel, das Bojans Nase kitzelte und ihn kurz auflachen ließ.
„Es riecht mal wieder wunderbar, mein Schatz“, eine junge Frau mit schulterlangen, dunklen Haaren betrat die kleine Küche. Ihre olivfarbene Haut ließ ihre blaugrauen Augen besonders Leuchten, doch was Bojan am meisten an ihr liebte, war ihr strahlendes Lächeln.
„Guten Morgen, mi corazón! Bitte, setz dich. Die Uevos Silvios sind gerade fertig geworden.“
Bojan fasste die Pfanne mit Ei und Speck, ließ den Inhalt mit einer flinken Bewegung auf einem Teller landen und stellte diesen schwungvoll auf den Tisch. So schwungvoll er den Teller platzierte, so behutsam half er seiner Frau beim Hinsetzen und rückte den Tisch etwas von ihr weg, weil sie sonst keinen Platz gehabt hätte. Von Tag zu Tag wurde ihr Bauch größer und runder und Belle selbst langsamer und erschöpfter. Doch ihr wundervolles Lächeln verlor sie trotz der Strapazen nie. Bojan küsste vorsichtig ihren Bauch und widmete sich gleich wieder dem Herd. Mit einer großen Kelle schöpfte er den Haferbrei in einen bauchigen Teller und platzierte diesen vor Kiki. Er küsste ihren kleinen Lockenkopf und gab ihr einen Löffel, den sie aber kaum halten konnte, weil sie auf ihrem Hochstuhl schon wieder weggenickt war. Sie mochte zwar nicht sein leibliches Kind sein, aber er liebte sie, als wäre sie es. Zuletzt setzte er sich selbst an den Küchentisch, atmete kurz durch, und genoss das Kunstwerk aus Aromen und dem Anblick seiner Liebsten, das sich vor ihm eröffnete. Wie herrlich sein Leben doch war.
Der junge Mann nahm die Zeitung zur Hand. Seine Frau war gerade damit beschäftigt, die kleine Kiki zu wecken und sie zum Essen zu motivieren. Bojan überflog die Schlagzeilen. Es stand nichts wirklich Interessantes geschrieben und er wollte die Zeitung schon zur Seite legen, als ihm mehrere Blätter in den Schoß fielen.
„Was ist das, Schatz?“
Bojan warf einen Blick auf das gelbstichige Pergament.
„Ach, nur ein paar neue Steckbriefe.“
Er blätterte durch die Poster. Bei manchen Namen musste er kurz schmunzeln, kannte er sie doch noch aus seinem früheren Leben, bis er plötzlich bei drei Steckbriefen innehielt. Belle bemerkte, dass ihr Mann ruhig wurde. Sie wandte sich von Kiki ab, die mittlerweile aufgewacht war, aber den Haferbrei lieber in ihren Haaren verteilte, als ihn in ihren Mund zu befördern.
„Was ist los?“
„SIE HABEN ES TATSÄCHLICH GESCHAFFT!“, freudig lachend sprang Bojan von seinem Sessel auf. Mit stolz geschwellter Brust legte er die drei Blätter vor seiner Frau auf den Tisch.
Viktor ‚das weiße Schlachtross‘ Lambrosius, 97.000.000 Berry
‚Dreieinhalbfinger‘ Oscar, 70.500.000 Berry
‚Casanova Chef‘ Silvio, 69.000.000 Berry
„Das ist doch deine alte Crew?“, Belle wirkte beunruhigt.
„Mach dir keine Sorgen! Das sind großartige Nachrichten! Endlich haben sie sich einen Namen auf dieser Welt gemacht. Davon träumt jeder Pirat, glaube mir!“
„Ich bin nur froh, dass dudiese Träume nicht mehr verfolgst“, zart lächelnd streichelte die Frau ihren Bauch.
„Ich hätte es sowieso nie so weit gebracht. Ich war ein lausiger Pirat“, Bojan hielt erneut inne. „Hier bin ich zuhause, mi corazón“, er küsste noch einmal den Bauch der jungen Frau und lächelte sie an. Doch sein Lächeln fühlte sich komisch an. Es fühlte sich unaufrichtig an. Bojan nahm die drei Steckbriefe und verließ ohne ein weiteres Wort das Haus.
Ich war ein lausiger Pirat. Das war ich wirklich. Wie oft ich meine Bande in Schwierigkeiten gebracht habe.
Bojan schlenderte gedankenversunken über den schmalen Trampelpfad in Richtung Strand. Das Salz in der Luft wirbelte Erinnerungen an alte Tage in ihm hoch. Er setzte sich und ließ seine Finger durch den Sand gleiten.
In Alabasta hätte ich die Bande fast in den Ruin getrieben. Ich hatte nie ein besonders glückliches Händchen. Und dass ich dem Glücksspiel so verfallen würde, hätte ich selbst nicht gedacht. Mich zum Schatzmeister zu machen war eine der wenigen schlechten Entscheidungen, die Vik getroffen hatte. Plötzlich war das Geld futsch. Aber Vik hat mich vor den anderen verteidigt. Er ist einfach der beste.
Seine Erinnerungen trugen den ehemaligen Piraten weiter. Er zog sich die Schuhe aus und ging im seichten Wasser in Richtung Hafen. Die Wellen verwischten seine Spuren. Er spazierte durch die Straßen, die dunklen Seitengassen aber mied der junge Mann.
‚Dreieinhalbfinger‘ Oscar. Bojan lachte verlegen. Den Spitznamen hast du wohl mir zu verdanken? Wie genau das ablief, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Verdammter Alkohol. Ich weiß nur noch, dass Pete blutig vor mir auf dem Boden lag. Sie hatten uns gewarnt, dass Jaya ein hartes Pflaster sei, aber wir zwei wollten es nicht glauben. Gerade als mich der Fremde angreifen wollte, war Oscar zur Stelle und vertrieb ihn irgendwie. Dabei hat er wohl seinen Finger verloren. Der andere war schon davor zur Hälfte ab. Pete würde bestimmt noch leben, wenn ich nicht gewesen wäre.
Ein Kloß bildete sich in Bojans Hals. Tränen stiegen in seine Augen. Ohne es zu bemerken, erreichte er das Ende des Kais. Da lag ein Boot. Der Eigentümer war nicht zu sehen. Die Nussschale war nur schlecht vertaut, aber einwandfrei seetauglich. Eine kräftige Windböe fuhr durch sein Haar.
Ist das ein Zeichen? Die See… sie ruft mich? Vik, Oscar, Silvio, kann ich euch noch einholen?
Bojan blickte über die Wellen zum Horizont, ein Kribbeln durchfuhr seinen Körper. Er wollte hinaus. Hinter den Horizont. Dahin, wo seine Freunde waren. Dann sah er zurück ins Hafenbecken. Dort machte er die große Marine-Statue am Platz aus. Die Möwe auf dem Kopf des steinernen Marine-Soldaten war kopfüber montiert. Bojan musste lachen.
Das war die Nacht, in der wir drüben in der Höhle am Kap gefeiert haben. Ich bin mit Vik und Silvio hierher, wir konnten uns diesen Spaß einfach nicht entgehen lassen. Und das war die Nacht, in der ich Belle zum ersten Mal sah. Sie hatte uns bei unserem Streich erwischt und dann hat es mich erwischt. Diese Augen, die mich erst streng ansahen und dieses Lächeln, das dann über ihre Lippen huschte. Ich war ihr sofort erlegen. Vik und Silvio wussten natürlich gleich, was los war. Sie luden sie zu unserer Feier ein und Vik fädelte dann auch noch ein, dass wir uns am nächsten Tag wiedersahen. Silvio bereitete mir für unser Picnic sein ‚Herzensbrecher Deluxe‘ Menü zu. Und sie überredeten mich, dass ich bei ihr bleiben sollte.
Bojan blickte sich nostalgisch um. Er dachte an Belle und Kiki. Er sah die kleine Hütte oben am Hügel und sein Fernweh war wie weggewischt. Mit einem zufriedenen Lächeln, einem aufrichtigen Lächeln spazierte Bojan wieder nach Hause, in sein perfektes Idyll.
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Der köstliche Geruch von zerlassener Butter und das Röstaroma der sich in der Pfanne zusammenziehenden Streifen Speck füllten die kleine, sonnendurchflutete Küche am Hügel oberhalb der malerischen Hafenstadt.
Plötzlich regte sich etwas in der Luft. Bojan konnte nicht mehr blinzeln. Es bildete sich ein Strudel in der Luft direkt vor dem ehemaligen Piraten. Er spürte wie seine Augen tränten, salziges Entsetzen rann seine Wangen herab. Bojan fixierte den fesselnden Malstrom und der Malstrom blickte zurück. Wessen Augen waren das? Oscars? Sie verschwanden wieder, an ihrer Stelle bildeten sich Formen und Farben, jenseits jeglicher Vorstellungskraft. Krampfadern durchzogen Bojans Gesicht, Schaum bildete sich vor seinem Mund. Wie von einer höheren Macht gesteuert, wanderte die Hand des Mannes zur Küchenschublade. Sie fasste ein Messer. Ein Lächeln zierte sein Gesicht.
Aus eigenem Antrieb verfasse ich diese Zeilen. Freiheit bestimmt mein Handeln, auch wenn es wohl mein letzter selbstbestimmter Lebensakt sein wird. Gewinner schreiben die Geschichte, so heißt es. Nun, diese Aufzeichnungen werden von einem Verlierer gefertigt. Vielleicht dem größten Verlierer aller Zeiten. Die Revolution war zum Greifen nahe gewesen.
Ein finales Duell direkt vor den Toren des Höllenlandes Mary Joa. Ein letztes infernales Gefecht um die Welt vor den drakonischen Zwängen der Weltaristokraten zu bewahren. Himmelsdrachen schimpfen sie sich mittlerweile. Ein blasphemischer Titel, waren sie doch so nah am Himmel wie der Meeresgrund und ihr Auftreten so furchteinflößend wie das einer verwelkten Sonnenblume.
Ihr Egoismus, ihre Gier und ihre Skrupellosigkeit kannte jedoch keine Grenzen. Es gab nur eine Herrscherin die ich in diesen Zeiten respektierte: Nefeltari Vivienne. Sie hatte sich gegen das falsche Regime gestellt, gegen die Ungerechtigkeit. Sie hatte die dunklen Zeichen erkannt und mir als einzige Gehör geschenkt, während ihresgleichen mich nur belächelt hatte. Sie hatte sich uns angeschlossen, eine fatale Entscheidung. Auch ihr Volk litt nun unter dieser Entscheidung. Man konnte nicht zulassen dass sie sich von der Einheit löste. Sie wurde mundtot gemacht und ihr Volk als Kanonenfutter missbraucht.
In der finalen Schlacht sollte ihre Gefolgschaft in der ersten Reihe stehen. Zweifellos hatte man diese Entscheidung mit falscher Ehre begründen und den Kriegern Versprechungen über Ruhm und Glanz machen. Das Ziel der bewussten Platzierung war jedoch unmissverständlich die völlige Vernichtung der alabastischen Streitkräfte. Es konnte kein Widerstand geduldet werden. Dafür würde Im sorgen, dieser eifersüchtige Tölpel. Doch genug von meinem kleinen Bruder, er verdient keiner Erwähnung.
Ich erkannte die Angst in den Gesichtern der vordersten Front und doch musste ich angreifen. Wir konnten nicht anders. Konnten nicht die Liebe zu Vivienne und ihrem Volk höher gewichten als die Freiheit für alle. Sie mussten sich ergeben oder sich den Konsequenzen stellen. Unbewaffnet waren die meisten. Als sie angsterfüllt die Flucht ergreifen wollten, wurden sie aus den eigenen Reihen abgeschlachtet. Von sogenannten Verbündeten der unheiligen Streitmächte. Die Bezeichnung Sklaven hätte es eher getroffen. Ihnen wurde die Freiheit versprochen wenn sie wenigstens einen von uns mit in den Tod reißen konnten.
Wir hatten es unzählige Male mit Worten versucht. Mit Friedlichkeit und Beschwichtigungen. Diese Zeiten waren vorbei. Es gab kein zurück mehr.
Als wir das Schlachtfeld betraten war uns bewusst, dass viele von uns diesen Tag nicht überleben würden. Teufel nannte man uns, Menschen waren wir. Als letzten Ausweg hatten wir die Früchte gegessen. Nie hätte es soweit kommen sollen, doch sie waren vom verheißungsvollen Baum gepflückt worden. Eine Tat die noch weit über diesen Tag hinaus ihre Wurzeln schlagen sollte. Doch die Kräfte mit denen wir ausgestattet wurden, glichen unsere Unterlegenheit in Kampfkraft aus.
Mit uns betraten nun die Elemente, tierische Stärke und magische Fähigkeiten das Gebirge. Orkanwinde, Vulkanausbrüche, Dschungelwucher, künstliche Thundra und Feuerstürme. All dies und noch mehr brachten wir ihnen. Der Himmel kaum sichtbar neben legendären geflügelten Kreaturen. Phönix reihte sich an Drache und Pegasus. Der Boden bedeckt von Wolf, Tiger und Dinosaurier. Wir brachten Mythen, wir brachten Legenden, wir brachten Tod.
Weder Held noch Bösewicht, wir waren Menschen.
Noch bevor die ersten Schwerter gekreuzt wurden, noch bevor wir eine Chance hatten die Gegenseite ein letztes mal zu überzeugen, konnte man über das gesamte Schlachtfeld eine schlangenzüngelnde Falschheit vernehmen:
„„Männer, Krieger, Helden! Die Zeit ist gekommen! Ihr, die ihr dem Ruf der großen Könige der Welt gefolgt seid, macht euch bereit! Unzählige Schlachten habt ihr bereits für das Gute geschlagen und heute ist der Tag der Entscheidung! Die Teufel sind auf dem Weg hierher…“
Dioklit der Falsche. Dioklit der Heuchler. Seine Schandtaten waren auf der gesamten Welt bekannt. Einst hatte er mir an der Seite gestanden. Doch er hatte mein Vertrauen ausgenutzt, es missbraucht und sich an Im verkauft. Sein Lohn eine falsche Freiheit. Als ich ihn sah konnte ich unsichtbare Ketten erkennen, die bis zum Höllenschloss reichten. Eine Marionette, mehr nicht. Einer von vielen Freunden die ich an Macht- und Geldgier verloren hatte.
Und dennoch entfachte seine Rede ein Feuer in den versammelten Kriegern. Doch war es Motivation oder Angst die Dioklit geschürt hatte? Der Unterschied für dieses finale Gefehct wohl egal. Ich erkannte es in den Blicken der Schlachtreihen vor mir. Indoktriniert, erpresst, erzwungen. Kaum jemand war freiwillig hier um sein Land zu verteidigen wie es zuvor propagiert wurde. Die meisten wussten nichtmal, dass sie ihr Land mit ihrer Abwesenheit am besten geschützt hätten. Das einzige was sie hier am heutigen Tag verteidigten war Diktatur und Unterjochung.
Ich konnte nicht anders, als eine Träne für sie zu vergießen. Sie waren ein großes Bauernopfer. Der Krieg wurde auf dem Rücken der ärmsten und schwächsten ausgetragen. Ich kann mich selbst nicht von dieser Sünde freisprechen, wieviele meiner Wegbegleiter hatte ich nun schon für meine Zwecke verheizt? Ich fühle mich im Recht, doch wer tut das schon nicht?
Wir mussten gewinnen und dafür taten wir alles. Ich sah wie einer der Freiheitskämpfer sengende Magma über einer Gruppe Bogenschützen ergoss. Schrille Schmerzensschreie gefolgt von wirren Wimmern erfüllten die Luft. Mein Blick fiel weiter auf einen gigantischen Bären, welcher Soldat für Soldat zerfetzte und durch die Phalanxen des Feindes polterte.
Geflügelte Gestalten stürzten aus der Luft in die Mengen und griffen gezielt die erhöhten Bogenschützen an.
Es sah gut aus für uns. Ich konnte meinen Blicken kaum trauen, doch die Freiheit war zum Greifen nahe. Der Vorhang lichtete sich. Die Zeiten der Unterdrückung nicht mehr omnipräsent. Vereinzelt schlugen sich die Soldaten auf unsere Seite, erkannte die Falschheit ihrer Herren. Ein Lächeln kämpfte sich an die Oberfläche meines gezeichneten Gesichtes. Den Fröhlichen nannten sie mich. Ein Spitzname, den ich nur allzu selten verdiente.
Doch die Fröhlichkeit sollte nicht lange andauern. Denn nun schritt Sie auf das Kampffeld und alles änderte sich. Die Atmosphäre unter den Kämpfenden schlug um. Durch die bloße Anwesenheit der Blonden Schönheit drohte sich das Blatt wieder zu wenden.Sphinx, Sirene, Succubus! Dämonin der niedersten Art! Ihre manipulierende Aura erfüllte das Schlachtfeld. Reihenweise fielen meine Kameraden in Ohnmacht. Einige wenige hielten sich auf den Beinen, andere schlugen die Arme über den Köpfen zusammen und beteten in sich hinein. Ihre Schönheit so atemberaubend wie ihre Bosheit. Die blaue Brustplatte so strahlend, dass sie blendete.
Eine pechschwarze Möwe, eine Abscheulichkeit sondergleichen, landete auf dem Arm der Kreatur. Sie glich mehr einem Raubvogel und starrte mir direkt in die Augen. Als sich unsere Blicke trafen, fühlte sich an, als würde sie mein Innerstes erblicken und es zerquetschen.
„Für die Freiheit!“
Die ausgesprochenen Worte lösten einen Brechreiz in mir aus. Die Heuchelei und die Scheinheiligkeit kannte keine Grenzen. Und doch zeigten die Worte ihre Wirkung. Der Feind, von falscher Motivation beseelt, sammelte sich erneut.
Die schwarze Möwe stieg schrill kreischend in die Luft empor und seine Meisterin färbte sich ebenso pechfarben. Die Dämonin griff mitten in die Magma meines Freundes und erwürgte ihn vor meinen Augen. Ich erkannte den Schriftzug auf ihrem Umhang, blanker Spott für all unsere Pläne.
Gerechtigkeit? Ein Mary Joa in Flammen, das wäre gerecht.
Über mir wurde der Himmel schwarz, gänzlich bedeckt durch schwarze Pfeilbolzen. Noch bevor ich eine Warnung aussprechen konnte, wurden meine geflügelten Freunde vom Himmel gepflückt. Ein noch brennender Phönix schlug wenige Meter vor mir auf dem Boden auf und erlisch. Der Widerstand wurde größer und größer, unsere Reihen dünnten weiter aus.
Die Freiheit rückte wieder in weite Ferne, der Vorhang schob sich erneut verklärend vor die Bühne.
Ich schrie zum Rückzug. Die Gefallenen wurden zurückgelassen, eine Schande, welche ich mit in mein Grab nehmen werde. Ein letzter Blick in die Augen der unbekannten Frau. Ob sie wusste, dass sie durch ihr Auftreten ein Zeitalter der Tyrannei eingeläutet hatte?
Ich schreibe diese Zeilen ohne Hoffnung, ohne Mut. Wer sie liest, der soll wissen: Die wahre Geschichte ist auf der gesamten Welt verteilt. Auch diese Zeilen sind nur ein Bruchteil dieser Wahrheit. Zu Gefährlich wäre eine einzelne Botschaft, zu waghalsig eine einzelne Örtlichkeit. Wer das Mosaik zusammensetzt und die Erzählungen entschlüsselt, der wird mir wieder neue Hoffnung schenken. Ich liege in selbstauferlegten Ketten, doch setze mich frei und ich werde erneut für die Freiheit kämpfen.
- Joy Boy
Anno Maris ???
Ein finales Duell direkt vor den Toren des Höllenlandes Mary Joa. Ein letztes infernales Gefecht um die Welt vor den drakonischen Zwängen der Weltaristokraten zu bewahren. Himmelsdrachen schimpfen sie sich mittlerweile. Ein blasphemischer Titel, waren sie doch so nah am Himmel wie der Meeresgrund und ihr Auftreten so furchteinflößend wie das einer verwelkten Sonnenblume.
Ihr Egoismus, ihre Gier und ihre Skrupellosigkeit kannte jedoch keine Grenzen. Es gab nur eine Herrscherin die ich in diesen Zeiten respektierte: Nefeltari Vivienne. Sie hatte sich gegen das falsche Regime gestellt, gegen die Ungerechtigkeit. Sie hatte die dunklen Zeichen erkannt und mir als einzige Gehör geschenkt, während ihresgleichen mich nur belächelt hatte. Sie hatte sich uns angeschlossen, eine fatale Entscheidung. Auch ihr Volk litt nun unter dieser Entscheidung. Man konnte nicht zulassen dass sie sich von der Einheit löste. Sie wurde mundtot gemacht und ihr Volk als Kanonenfutter missbraucht.
In der finalen Schlacht sollte ihre Gefolgschaft in der ersten Reihe stehen. Zweifellos hatte man diese Entscheidung mit falscher Ehre begründen und den Kriegern Versprechungen über Ruhm und Glanz machen. Das Ziel der bewussten Platzierung war jedoch unmissverständlich die völlige Vernichtung der alabastischen Streitkräfte. Es konnte kein Widerstand geduldet werden. Dafür würde Im sorgen, dieser eifersüchtige Tölpel. Doch genug von meinem kleinen Bruder, er verdient keiner Erwähnung.
Ich erkannte die Angst in den Gesichtern der vordersten Front und doch musste ich angreifen. Wir konnten nicht anders. Konnten nicht die Liebe zu Vivienne und ihrem Volk höher gewichten als die Freiheit für alle. Sie mussten sich ergeben oder sich den Konsequenzen stellen. Unbewaffnet waren die meisten. Als sie angsterfüllt die Flucht ergreifen wollten, wurden sie aus den eigenen Reihen abgeschlachtet. Von sogenannten Verbündeten der unheiligen Streitmächte. Die Bezeichnung Sklaven hätte es eher getroffen. Ihnen wurde die Freiheit versprochen wenn sie wenigstens einen von uns mit in den Tod reißen konnten.
Wir hatten es unzählige Male mit Worten versucht. Mit Friedlichkeit und Beschwichtigungen. Diese Zeiten waren vorbei. Es gab kein zurück mehr.
Als wir das Schlachtfeld betraten war uns bewusst, dass viele von uns diesen Tag nicht überleben würden. Teufel nannte man uns, Menschen waren wir. Als letzten Ausweg hatten wir die Früchte gegessen. Nie hätte es soweit kommen sollen, doch sie waren vom verheißungsvollen Baum gepflückt worden. Eine Tat die noch weit über diesen Tag hinaus ihre Wurzeln schlagen sollte. Doch die Kräfte mit denen wir ausgestattet wurden, glichen unsere Unterlegenheit in Kampfkraft aus.
Mit uns betraten nun die Elemente, tierische Stärke und magische Fähigkeiten das Gebirge. Orkanwinde, Vulkanausbrüche, Dschungelwucher, künstliche Thundra und Feuerstürme. All dies und noch mehr brachten wir ihnen. Der Himmel kaum sichtbar neben legendären geflügelten Kreaturen. Phönix reihte sich an Drache und Pegasus. Der Boden bedeckt von Wolf, Tiger und Dinosaurier. Wir brachten Mythen, wir brachten Legenden, wir brachten Tod.
Weder Held noch Bösewicht, wir waren Menschen.
Noch bevor die ersten Schwerter gekreuzt wurden, noch bevor wir eine Chance hatten die Gegenseite ein letztes mal zu überzeugen, konnte man über das gesamte Schlachtfeld eine schlangenzüngelnde Falschheit vernehmen:
„„Männer, Krieger, Helden! Die Zeit ist gekommen! Ihr, die ihr dem Ruf der großen Könige der Welt gefolgt seid, macht euch bereit! Unzählige Schlachten habt ihr bereits für das Gute geschlagen und heute ist der Tag der Entscheidung! Die Teufel sind auf dem Weg hierher…“
Dioklit der Falsche. Dioklit der Heuchler. Seine Schandtaten waren auf der gesamten Welt bekannt. Einst hatte er mir an der Seite gestanden. Doch er hatte mein Vertrauen ausgenutzt, es missbraucht und sich an Im verkauft. Sein Lohn eine falsche Freiheit. Als ich ihn sah konnte ich unsichtbare Ketten erkennen, die bis zum Höllenschloss reichten. Eine Marionette, mehr nicht. Einer von vielen Freunden die ich an Macht- und Geldgier verloren hatte.
Und dennoch entfachte seine Rede ein Feuer in den versammelten Kriegern. Doch war es Motivation oder Angst die Dioklit geschürt hatte? Der Unterschied für dieses finale Gefehct wohl egal. Ich erkannte es in den Blicken der Schlachtreihen vor mir. Indoktriniert, erpresst, erzwungen. Kaum jemand war freiwillig hier um sein Land zu verteidigen wie es zuvor propagiert wurde. Die meisten wussten nichtmal, dass sie ihr Land mit ihrer Abwesenheit am besten geschützt hätten. Das einzige was sie hier am heutigen Tag verteidigten war Diktatur und Unterjochung.
Ich konnte nicht anders, als eine Träne für sie zu vergießen. Sie waren ein großes Bauernopfer. Der Krieg wurde auf dem Rücken der ärmsten und schwächsten ausgetragen. Ich kann mich selbst nicht von dieser Sünde freisprechen, wieviele meiner Wegbegleiter hatte ich nun schon für meine Zwecke verheizt? Ich fühle mich im Recht, doch wer tut das schon nicht?
Wir mussten gewinnen und dafür taten wir alles. Ich sah wie einer der Freiheitskämpfer sengende Magma über einer Gruppe Bogenschützen ergoss. Schrille Schmerzensschreie gefolgt von wirren Wimmern erfüllten die Luft. Mein Blick fiel weiter auf einen gigantischen Bären, welcher Soldat für Soldat zerfetzte und durch die Phalanxen des Feindes polterte.
Geflügelte Gestalten stürzten aus der Luft in die Mengen und griffen gezielt die erhöhten Bogenschützen an.
Es sah gut aus für uns. Ich konnte meinen Blicken kaum trauen, doch die Freiheit war zum Greifen nahe. Der Vorhang lichtete sich. Die Zeiten der Unterdrückung nicht mehr omnipräsent. Vereinzelt schlugen sich die Soldaten auf unsere Seite, erkannte die Falschheit ihrer Herren. Ein Lächeln kämpfte sich an die Oberfläche meines gezeichneten Gesichtes. Den Fröhlichen nannten sie mich. Ein Spitzname, den ich nur allzu selten verdiente.
Doch die Fröhlichkeit sollte nicht lange andauern. Denn nun schritt Sie auf das Kampffeld und alles änderte sich. Die Atmosphäre unter den Kämpfenden schlug um. Durch die bloße Anwesenheit der Blonden Schönheit drohte sich das Blatt wieder zu wenden.Sphinx, Sirene, Succubus! Dämonin der niedersten Art! Ihre manipulierende Aura erfüllte das Schlachtfeld. Reihenweise fielen meine Kameraden in Ohnmacht. Einige wenige hielten sich auf den Beinen, andere schlugen die Arme über den Köpfen zusammen und beteten in sich hinein. Ihre Schönheit so atemberaubend wie ihre Bosheit. Die blaue Brustplatte so strahlend, dass sie blendete.
Eine pechschwarze Möwe, eine Abscheulichkeit sondergleichen, landete auf dem Arm der Kreatur. Sie glich mehr einem Raubvogel und starrte mir direkt in die Augen. Als sich unsere Blicke trafen, fühlte sich an, als würde sie mein Innerstes erblicken und es zerquetschen.
„Für die Freiheit!“
Die ausgesprochenen Worte lösten einen Brechreiz in mir aus. Die Heuchelei und die Scheinheiligkeit kannte keine Grenzen. Und doch zeigten die Worte ihre Wirkung. Der Feind, von falscher Motivation beseelt, sammelte sich erneut.
Die schwarze Möwe stieg schrill kreischend in die Luft empor und seine Meisterin färbte sich ebenso pechfarben. Die Dämonin griff mitten in die Magma meines Freundes und erwürgte ihn vor meinen Augen. Ich erkannte den Schriftzug auf ihrem Umhang, blanker Spott für all unsere Pläne.
Gerechtigkeit? Ein Mary Joa in Flammen, das wäre gerecht.
Über mir wurde der Himmel schwarz, gänzlich bedeckt durch schwarze Pfeilbolzen. Noch bevor ich eine Warnung aussprechen konnte, wurden meine geflügelten Freunde vom Himmel gepflückt. Ein noch brennender Phönix schlug wenige Meter vor mir auf dem Boden auf und erlisch. Der Widerstand wurde größer und größer, unsere Reihen dünnten weiter aus.
Die Freiheit rückte wieder in weite Ferne, der Vorhang schob sich erneut verklärend vor die Bühne.
Ich schrie zum Rückzug. Die Gefallenen wurden zurückgelassen, eine Schande, welche ich mit in mein Grab nehmen werde. Ein letzter Blick in die Augen der unbekannten Frau. Ob sie wusste, dass sie durch ihr Auftreten ein Zeitalter der Tyrannei eingeläutet hatte?
Ich schreibe diese Zeilen ohne Hoffnung, ohne Mut. Wer sie liest, der soll wissen: Die wahre Geschichte ist auf der gesamten Welt verteilt. Auch diese Zeilen sind nur ein Bruchteil dieser Wahrheit. Zu Gefährlich wäre eine einzelne Botschaft, zu waghalsig eine einzelne Örtlichkeit. Wer das Mosaik zusammensetzt und die Erzählungen entschlüsselt, der wird mir wieder neue Hoffnung schenken. Ich liege in selbstauferlegten Ketten, doch setze mich frei und ich werde erneut für die Freiheit kämpfen.
- Joy Boy
Anno Maris ???
Sachmet festigte ihren Stand und schloss die Augen, während die Sonne ein letztes Mal ihre Strahlen mit brachialer Gewalt durch den pechschwarzen Wolkenhimmel jagte. Ein ferner Abschiedsgruß aus ihrer Heimat, der die karge Felslandschaft zu entflammen schien. Die Anspannung schnürte ihr die Kehle zu. Der auffrischende Wind umspielte Strähnen ihrer blauen Haare. Jemand legte ihr eine kräftige Hand auf die Schulter, doch sie weigerte sich für einen flüchtig-unendlich langen Augenblick, die Augen zu öffnen. Sie wollte die Verantwortung nicht tragen für all das Leid, welches ihnen bevorstehen würde. Hätte es keinen anderen Weg gegeben?
»Es wird Zeit, meine Herrin«, ermahnte sie der tiefe Bass ihres obersten Generals. Widerwillig schlug Sachmet die Augen auf, während der matte Onyx ihrer Iriden mit resigniertem Blick die Szenerie zu begreifen suchte.
Wie hölzerne Seeungeheuer schaukelten die Schiffe der feindlichen Streitmacht Planke an Planke in der trügerisch ruhigen See. Ihre schwarzen Segel hundertfach zu bedrohlichen Türmen aufgebauscht. Manche zierten Totenköpfen; in prophetischer Weitsicht das Leid porträtierend, welches sie alle ereilen sollte.
Der General suchte noch einmal ihren Blick. Entmutigt seufzte Sachmet auf, schritt zur provisorisch angefertigten Wallanlage und versuchte die Fassung zu bewahren. Sie wusste, dass es zu spät war, ihre Entscheidung und den Entschluss ihres Vaters zu revidieren. Was war ihr Leben, das Leben dieses Regiments im Vergleich zu einem Leben ohne Ketten?
»…Die Teufel sind auf dem Weg hierher. Sie kennen keine Gnade. Ihr Ziel ist unser Heiligtum Mary Joa, sind unsere geliebten Könige. Ihr wurdet auserkoren, um dieses sinistre Heer aufzuhalten…«, schallten die frommen Lügen zu ihnen herüber. Sachmets Finger bohrten sich voll Abscheu in die hölzernen Barrikaden. Doch dann erblickte sie sie. Dutzende Männer und Frauen, die ihre Köpfe erhoben hatten und ihr direkt in die Seele blickten. Sie – Sachmet, Prinzessin des hoffentlich bald unabhängigen Königreichs Alabasta — war ihr Anker, ihre Zuversicht und ihr Leitstern. Ein letzter Atemzug, um ihre Zweifel auszuräumen. Mit Schicksal in der Stimme brüllte sie: »Einst verließen wir das Dach der Welt, um dem Ruf unseres Herzens zu folgen. Es führte uns zu den Gefilden, in denen majestätische Löwen durch Savannen streifen und der Ibis im ewigen Kreislauf über den goldenen Dünen seine Kreise zieht. Einst verließen wir das Dach der Welt, um endlich frei zu sein. Doch heute sind wir zurückgekehrt in unsere alte Heimat. Zurückgekehrt, um ein letztes Mal Seite an Seite mit unseren einstigen Verbündeten zu stehen. Tiefe Schatten liegen über der freien Welt. Die Schatten des Teufels aus dem verbotenen Königreich! Lassen wir diese Kreaturen der Finsternis unseren sonnengetränkten Stahl schmecken! Auf dass die Kinder der Wüste ewig leben!«
Obwohl sie sich selbst nicht glaubte, schrie sie die Worte voller Inbrunst. Gleichzeitig erfüllte ein ohrenbetäubendes Grollen die Ohren der Prinzessin. Im ersten Augenblick dachte sie, es wäre ein Gewitter, aber da täuschte sie sich. Es waren die Soldaten des Wüstenreichs, welche nun ebenfalls ihre mit fächerigen Klingen besetzten Waffen zückten und in die Mittagsstunde hinein grölten. Beinahe als Antwort auf ihren Kampfschrei ertönte das feindliche Heer. Nicht minder laut und überzeugt, aber angetrieben von blinder Zerstörungswut.
Mit einer agilen Drehung streckte Sachmet gleich drei ihrer Angreifer nieder. Ihr edelsteinbesetzter Säbel schnitt mit Leichtigkeit durch die Leiber ihrer Feinde. Dennoch schien ihr Unterfangen uferlos zu sein. Jeder gefallene Gegner wurde fast wie durch Zauberhand ersetzt, während ihre eigenen Reihen immer mehr ausdünnten. Die Prinzessin Alabastas hatte gerade in die leeren Augen eines Gefallenen geblickt, als ein Kälteschauer ihren Körper durchfuhr, der nicht vom eisigen Regen und dem Heulen des Windes herrührte. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Etwas bahnte sich seinen Weg durch die feindlichen Heerscharen. Gehüllt in Dunkelheit und Verzweiflung. Der großgewachsene Mann ritt langsam durch die Reihen seiner Untergegebenen. Das pechschwarze Pferd schnaubte bedrohlich und seine Nüstern schienen Luft giftig wie Galle auszustoßen.
Unbeachtet seiner eigenen Heerscharen trampelte der Schwarze Reiter über die gefallenen Leichname der Soldaten. Er hatte sich an die Spitze des Heeres direkt unter den hohen Torbogen gestellt. Eine Stimme kälter als Eis schallte über das Schlachtfeld. Sachmet klammerte sich mit verschwitzten Händen an ihren Säbel. Was hatte sie erwartet? Dass der dunkle König nicht seinen obersten Herold vorschicken würde? Den Schlächter der Grandline.
»Ihr Narren! Mein Herr schickt den Verteidigern Mary Joas seine durchlauchtesten Grüße im Angesicht eurer bitteren Niederlage! Noch mögt ihr voll naiver Hoffnung und falschen Stolzes sein, die euch wie ein Geschwür eingepflanzt worden sind. Noch mögt ihr denken, ihr könntet dem dunklen Herrscher Widerstand leisten. Doch da irrt ihr euch! Das Einzige, was zutrifft ist die Zuversicht, die ich euch geben kann. Gebt euren Widerstand auf und lasst mich und meine Truppen in Mary Joa einziehen. Schont eure Kinder, Frauen und Männer vor dem qualvollen Schicksal des Todes. Gebt euch freiwillig in die Hände meines Herrschers, entsagt euren falschen Göttern und er wird euch das Leben schenken. Anderenfalls werden meine Truppen die Heilige Stadt niederrennen und ich werde persönlich jeden niederstrecken, der sich darin befindet. Egal ob Kind, Frau oder Greis!«
Eine unerträgliche Stille breitete sich aus und Sachmet fixierte die Gesichter der Männer und Frauen, die teilweise verängstigt, teilweise trotzig den Worten des Schwarzen Reiters gehorcht hatten. Es erfüllte sie mit unergründlichem Stolz, als sie erkannte, dass keiner von ihnen bereit schien, den Forderungen des Feindes nachgeben zu wollen. So wagte sie einen Schritt nach vorn. Hinaus aus der grauen Masse und dem Schutz der Gruppe. Sie allein stand nun dem Herold des Teufels gegenüber und ihre Stimme ertönte und sie war erfüllt von Wärme und Zuversicht, bereit, die Kälte und Verzweiflung, die der Schwarze Reiter gesät hatte, zu vertreiben.
»Du nennst uns Narr?!«.
Sachmet schnaubte verächtlich, während die scheinbar gesichtslose Kapuzengestalt den Kopf zu ihr wandte.
»Du, dessen Hände nur Leid gebären? Der willkürlich über Leben und Tod zu richten scheint? Richte deinem Meister aus, dass wir seine Forderung dankend ablehnen. Die Stadt wird verteidigt werden, bis das letzte freie Lebewesen seinen Odem ausgeatmet hat.«
Wieder diese unerträgliche Stille, in der sich die beiden gegenüberstanden. Sachmet hatte das Gefühl, dass es so leise geworden war, dass jeder in der Stadt ihren Herzschlag hören konnte, der in ihrer Brust raste. Plötzlich scharrten die blutverschmierten Hufe des Pferdes über den gepflasterten Steinboden und ein höhnisches Flüstern echote als Antwort über das Schlachtfeld.
»Dann hast du gerade dein Leben und das der Stadtbewohner verwirkt, Wüstenkind!«
Den Worten folgte ein markerschütternder Kampfschrei. Der schwarze Herold schwang sich von seinem Ross und es knirschte laut, als die metallenen Beinschienen auf dem Boden aufsetzten.
Mit gehobenem Schwert stürtzte er auf Sachmet zu. Um sie herum brachen die zwei Wellen ebenfalls aufeinander. Die Schergen des Herolds waren ihrem Heerführer gefolgt und auf die Verteidiger zugeströmt, die nun wieder zu kämpfen begannen.
»Gibt es wirklich keinen anderen Ausweg? Uns in den Dienst der Dämonen stellen, vor denen wir einst geflohen sind, Vater? Lieber würde ich sterben, als mich unter ihr Banner zu stellen!«
»Sachmet«, setzte der greise Mann an und schenkte ihr ein mildes Lächeln, »die Welt schwarz und weiß zu sehen, ist Privileg und Fluch der Jugend. Ich werde es dir weder als dein König befehlen noch als dein Vater darum bitten, aber ich hoffe sehr, dass du meiner Entscheidung nicht im Weg stehen wirst. Alabasta brauch dich. Sie brauchen deine Stärke. Auf dem Schlachtfeld und in ihren Herzen!«
Die goldenen Klauen ihrer verwandelten Pranken schlugen ein letztes Mal verzweifelt nach den wabernden Konturen des lebendigen Schattens. Sie atmete schwer. Blut tropfte von den animalischen Reißzähnen. Ächzend fasste sie sich an die Stelle, an der die gezackte Klinge des Herolds ihre Flanke durchbohrt hatte. Obschon sie selbst ein Zwitterwesen aus Löwin und Menschenfrau, den Naturgesetzen strotzend, betrachtete sie irritiert die bizarre Gestalt ihres Widersachers. Ein formloser Körper gehüllt in einen Strudel aus Dunkelheit. Jeder ihrer Angriffe war vom finsteren Moloch verschluckt worden, als hätte er niemals zuvor existiert.
»Ich werde meinem König berichten, dass die Tochter des Wüstenreichs ehrenvoll gestorben ist«, hauchte die eiskalte Stimme des Herolds zu ihr herüber. Sachmet lächelte und wischte sich, mittlerweile bereits entkräftet zu Boden gesunken, die blut- und schweißgetränkten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Innehaltend legte ihr Widersacher daraufhin seinen Kopf schief.
»Du lächelst im Angesicht deines Todes?«
Etwas an seinem Tonfall irritierte sie. Etwas, was sie nicht greifen oder verstehen mochte. Doch Sachmet schwieg. Sie schloss die Augen. Bereit, den Tod zu begrüßen, der sie zurück zu den goldenen Savannen ihrer Heimat geleiten würde – doch sie lebte. Der Herold war wortlos an ihr vorbeigegangen und hatte ihr Leben verschont. Ein Rätsel, welches sie erst viele Jahre später entschlüsseln würde.
»Es wird Zeit, meine Herrin«, ermahnte sie der tiefe Bass ihres obersten Generals. Widerwillig schlug Sachmet die Augen auf, während der matte Onyx ihrer Iriden mit resigniertem Blick die Szenerie zu begreifen suchte.
Wie hölzerne Seeungeheuer schaukelten die Schiffe der feindlichen Streitmacht Planke an Planke in der trügerisch ruhigen See. Ihre schwarzen Segel hundertfach zu bedrohlichen Türmen aufgebauscht. Manche zierten Totenköpfen; in prophetischer Weitsicht das Leid porträtierend, welches sie alle ereilen sollte.
Der General suchte noch einmal ihren Blick. Entmutigt seufzte Sachmet auf, schritt zur provisorisch angefertigten Wallanlage und versuchte die Fassung zu bewahren. Sie wusste, dass es zu spät war, ihre Entscheidung und den Entschluss ihres Vaters zu revidieren. Was war ihr Leben, das Leben dieses Regiments im Vergleich zu einem Leben ohne Ketten?
»…Die Teufel sind auf dem Weg hierher. Sie kennen keine Gnade. Ihr Ziel ist unser Heiligtum Mary Joa, sind unsere geliebten Könige. Ihr wurdet auserkoren, um dieses sinistre Heer aufzuhalten…«, schallten die frommen Lügen zu ihnen herüber. Sachmets Finger bohrten sich voll Abscheu in die hölzernen Barrikaden. Doch dann erblickte sie sie. Dutzende Männer und Frauen, die ihre Köpfe erhoben hatten und ihr direkt in die Seele blickten. Sie – Sachmet, Prinzessin des hoffentlich bald unabhängigen Königreichs Alabasta — war ihr Anker, ihre Zuversicht und ihr Leitstern. Ein letzter Atemzug, um ihre Zweifel auszuräumen. Mit Schicksal in der Stimme brüllte sie: »Einst verließen wir das Dach der Welt, um dem Ruf unseres Herzens zu folgen. Es führte uns zu den Gefilden, in denen majestätische Löwen durch Savannen streifen und der Ibis im ewigen Kreislauf über den goldenen Dünen seine Kreise zieht. Einst verließen wir das Dach der Welt, um endlich frei zu sein. Doch heute sind wir zurückgekehrt in unsere alte Heimat. Zurückgekehrt, um ein letztes Mal Seite an Seite mit unseren einstigen Verbündeten zu stehen. Tiefe Schatten liegen über der freien Welt. Die Schatten des Teufels aus dem verbotenen Königreich! Lassen wir diese Kreaturen der Finsternis unseren sonnengetränkten Stahl schmecken! Auf dass die Kinder der Wüste ewig leben!«
Obwohl sie sich selbst nicht glaubte, schrie sie die Worte voller Inbrunst. Gleichzeitig erfüllte ein ohrenbetäubendes Grollen die Ohren der Prinzessin. Im ersten Augenblick dachte sie, es wäre ein Gewitter, aber da täuschte sie sich. Es waren die Soldaten des Wüstenreichs, welche nun ebenfalls ihre mit fächerigen Klingen besetzten Waffen zückten und in die Mittagsstunde hinein grölten. Beinahe als Antwort auf ihren Kampfschrei ertönte das feindliche Heer. Nicht minder laut und überzeugt, aber angetrieben von blinder Zerstörungswut.
Mit einer agilen Drehung streckte Sachmet gleich drei ihrer Angreifer nieder. Ihr edelsteinbesetzter Säbel schnitt mit Leichtigkeit durch die Leiber ihrer Feinde. Dennoch schien ihr Unterfangen uferlos zu sein. Jeder gefallene Gegner wurde fast wie durch Zauberhand ersetzt, während ihre eigenen Reihen immer mehr ausdünnten. Die Prinzessin Alabastas hatte gerade in die leeren Augen eines Gefallenen geblickt, als ein Kälteschauer ihren Körper durchfuhr, der nicht vom eisigen Regen und dem Heulen des Windes herrührte. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Etwas bahnte sich seinen Weg durch die feindlichen Heerscharen. Gehüllt in Dunkelheit und Verzweiflung. Der großgewachsene Mann ritt langsam durch die Reihen seiner Untergegebenen. Das pechschwarze Pferd schnaubte bedrohlich und seine Nüstern schienen Luft giftig wie Galle auszustoßen.
Unbeachtet seiner eigenen Heerscharen trampelte der Schwarze Reiter über die gefallenen Leichname der Soldaten. Er hatte sich an die Spitze des Heeres direkt unter den hohen Torbogen gestellt. Eine Stimme kälter als Eis schallte über das Schlachtfeld. Sachmet klammerte sich mit verschwitzten Händen an ihren Säbel. Was hatte sie erwartet? Dass der dunkle König nicht seinen obersten Herold vorschicken würde? Den Schlächter der Grandline.
»Ihr Narren! Mein Herr schickt den Verteidigern Mary Joas seine durchlauchtesten Grüße im Angesicht eurer bitteren Niederlage! Noch mögt ihr voll naiver Hoffnung und falschen Stolzes sein, die euch wie ein Geschwür eingepflanzt worden sind. Noch mögt ihr denken, ihr könntet dem dunklen Herrscher Widerstand leisten. Doch da irrt ihr euch! Das Einzige, was zutrifft ist die Zuversicht, die ich euch geben kann. Gebt euren Widerstand auf und lasst mich und meine Truppen in Mary Joa einziehen. Schont eure Kinder, Frauen und Männer vor dem qualvollen Schicksal des Todes. Gebt euch freiwillig in die Hände meines Herrschers, entsagt euren falschen Göttern und er wird euch das Leben schenken. Anderenfalls werden meine Truppen die Heilige Stadt niederrennen und ich werde persönlich jeden niederstrecken, der sich darin befindet. Egal ob Kind, Frau oder Greis!«
Eine unerträgliche Stille breitete sich aus und Sachmet fixierte die Gesichter der Männer und Frauen, die teilweise verängstigt, teilweise trotzig den Worten des Schwarzen Reiters gehorcht hatten. Es erfüllte sie mit unergründlichem Stolz, als sie erkannte, dass keiner von ihnen bereit schien, den Forderungen des Feindes nachgeben zu wollen. So wagte sie einen Schritt nach vorn. Hinaus aus der grauen Masse und dem Schutz der Gruppe. Sie allein stand nun dem Herold des Teufels gegenüber und ihre Stimme ertönte und sie war erfüllt von Wärme und Zuversicht, bereit, die Kälte und Verzweiflung, die der Schwarze Reiter gesät hatte, zu vertreiben.
»Du nennst uns Narr?!«.
Sachmet schnaubte verächtlich, während die scheinbar gesichtslose Kapuzengestalt den Kopf zu ihr wandte.
»Du, dessen Hände nur Leid gebären? Der willkürlich über Leben und Tod zu richten scheint? Richte deinem Meister aus, dass wir seine Forderung dankend ablehnen. Die Stadt wird verteidigt werden, bis das letzte freie Lebewesen seinen Odem ausgeatmet hat.«
Wieder diese unerträgliche Stille, in der sich die beiden gegenüberstanden. Sachmet hatte das Gefühl, dass es so leise geworden war, dass jeder in der Stadt ihren Herzschlag hören konnte, der in ihrer Brust raste. Plötzlich scharrten die blutverschmierten Hufe des Pferdes über den gepflasterten Steinboden und ein höhnisches Flüstern echote als Antwort über das Schlachtfeld.
»Dann hast du gerade dein Leben und das der Stadtbewohner verwirkt, Wüstenkind!«
Den Worten folgte ein markerschütternder Kampfschrei. Der schwarze Herold schwang sich von seinem Ross und es knirschte laut, als die metallenen Beinschienen auf dem Boden aufsetzten.
Mit gehobenem Schwert stürtzte er auf Sachmet zu. Um sie herum brachen die zwei Wellen ebenfalls aufeinander. Die Schergen des Herolds waren ihrem Heerführer gefolgt und auf die Verteidiger zugeströmt, die nun wieder zu kämpfen begannen.
»Gibt es wirklich keinen anderen Ausweg? Uns in den Dienst der Dämonen stellen, vor denen wir einst geflohen sind, Vater? Lieber würde ich sterben, als mich unter ihr Banner zu stellen!«
»Sachmet«, setzte der greise Mann an und schenkte ihr ein mildes Lächeln, »die Welt schwarz und weiß zu sehen, ist Privileg und Fluch der Jugend. Ich werde es dir weder als dein König befehlen noch als dein Vater darum bitten, aber ich hoffe sehr, dass du meiner Entscheidung nicht im Weg stehen wirst. Alabasta brauch dich. Sie brauchen deine Stärke. Auf dem Schlachtfeld und in ihren Herzen!«
Die goldenen Klauen ihrer verwandelten Pranken schlugen ein letztes Mal verzweifelt nach den wabernden Konturen des lebendigen Schattens. Sie atmete schwer. Blut tropfte von den animalischen Reißzähnen. Ächzend fasste sie sich an die Stelle, an der die gezackte Klinge des Herolds ihre Flanke durchbohrt hatte. Obschon sie selbst ein Zwitterwesen aus Löwin und Menschenfrau, den Naturgesetzen strotzend, betrachtete sie irritiert die bizarre Gestalt ihres Widersachers. Ein formloser Körper gehüllt in einen Strudel aus Dunkelheit. Jeder ihrer Angriffe war vom finsteren Moloch verschluckt worden, als hätte er niemals zuvor existiert.
»Ich werde meinem König berichten, dass die Tochter des Wüstenreichs ehrenvoll gestorben ist«, hauchte die eiskalte Stimme des Herolds zu ihr herüber. Sachmet lächelte und wischte sich, mittlerweile bereits entkräftet zu Boden gesunken, die blut- und schweißgetränkten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Innehaltend legte ihr Widersacher daraufhin seinen Kopf schief.
»Du lächelst im Angesicht deines Todes?«
Etwas an seinem Tonfall irritierte sie. Etwas, was sie nicht greifen oder verstehen mochte. Doch Sachmet schwieg. Sie schloss die Augen. Bereit, den Tod zu begrüßen, der sie zurück zu den goldenen Savannen ihrer Heimat geleiten würde – doch sie lebte. Der Herold war wortlos an ihr vorbeigegangen und hatte ihr Leben verschont. Ein Rätsel, welches sie erst viele Jahre später entschlüsseln würde.