Nach fast 2,5 Jahren gibt es endlich wieder ein Videospiel, das mich an die Tastatur treibt, um meine Eindrücke zum Erlebten irgendwie zum Ausdruck zu bringen. Denn holy moly, was war das bitte für eine Achterbahnfahrt, die Insomniac Games uns mit Marvel's Spider-Man 2 geliefert hat.
Inhaltlich werde ich keine Details nennen, dennoch möchte ich an dieser Stelle einmal eine explizite Spoilerwarnung für alle aussprechen, die das Spiel komplett unvoreingenommen spielen und genießen wollen. Insofern... Weiterlesen auf eigene Gefahr.
Der Einstieg
Den ersten Teil, sowie das Spin-Off zu Miles, hab ich jeweils mehrere Male durchgespielt, weshalb ich eigentlich dachte, dass ich wüsste, was mich hier erwarten würde. Ich dachte mir, das Gameplay war ja in den Vorgängern bereits hervorragend, das Schwingen war einfach smooth und die Kämpfe gingen locker von der Hand. Was gibt's da also noch groß zu verbessern? Einiges, wie sich gezeigt hat.
Rückblickend kommt mir das Schwingen in den Vorgängern jetzt wirklich altbacken vor, denn die Fortbewegung wurde punktiert, aber doch entscheidend und somit deutlich spürbar optimiert. Die Bewegungen beim Schwingen der Spider-Men sind jetzt noch schöner anzusehen, das Tempo wurde dabei deutlich erhöht. Größte Ergänzung des Gameplays ist die Integration der Web Wings, was die Fortbewegung hervorragend erweitert. Das sind gezielte Optimierungen, die auch bitternötig waren, da die Map deutlich umfangreicher ausfällt, als noch bei den beiden Vorgängern.
Inzwischen ist man so schnell unterwegs, dass mir persönlich die Option der Schnellreise (die aber erstmal je Distrikt freigeschaltet werden muss) völlig sinnfrei vorkommt. Genutzt hab ich die schon in den anderen Spielen so gut wie nie, aber hier werde ich die Option wahrscheinlich nicht einmal nutzen - dafür macht die Fortbewegung als Netzschwinger einfach viel zu viel Spaß.
Das Kampfsystem hat sich ebenfalls verbessert. Der Netzschießer gehört jetzt zum Standardequipment, muss nicht mehr separat ausgerüstet werden wie die anderen Geräte. Die Geräte sind für die Spider-Men jeweils identisch. Ergänzt wird das Ganze durch ein individuelles Skillset, das für die nötige, spielerische Differenzierung zwischen den Spider-Men sorgt. Miles Venomkräfte sind aus seinem Spin-Off bereits bekannt und wirken damit sofort vertraut. Peter hingegen nutzt jetzt nicht mehr je Anzug einen Signatur-Move, sondern hat ein festgelegtes Moveset, das jetzt primär auf die Spider-Arms vom Iron Spider zurückgreift. Das ist eine nette Ergänzung, um den gegebenen Vorteil, den Miles mit seinen Venomkräften genießt, spielerisch auszugleichen.
Die Entwicklung
Natürlich hören die punktierten Verbesserungen nicht beim Gameplay - dem Schwingen und dem Kämpfen - auf. Auch die Nebenquests profitieren deutlich von den Erfahrungen, die Insomniac mit den Vorgängern bereits sammeln konnte. Sammel- und Rätselaufgaben sind nicht mehr so repetitiv, erfordern je nach Situationslage der Fälle hier und da eine andere Vorgehensweise. Auch hier sind es gezielte Optimierungen, die diesen Missionen etwas mehr Abwechslung und Variation geben. Ergänzt wird das Ganze dadurch, dass man jetzt nicht mehr einfach Funktürme aktivieren muss, um Aktivitäten und kleinere Quests auf der Karte angezeigt zu bekommen, sondern dass man die Map jetzt auch richtig erkundigen muss, um gewisse Sammelobjekte und Aufträge zu finden. Das Spiel nimmt einem die Suche also nicht mehr ab, man muss schon selber die Augen offen halten. Das steigert die Immersion doch deutlich.
Und nicht nur spielerisch, auch inhaltlich, fühlten sich die Spider-Men absolut gleichwertig an. Peter und Miles erleben ein gemeinsames Abenteuer, in dem die beiden stellenweise auch immer wieder eigene Wege bestreiten, bis sich ihre Wege wieder kreuzen und in einem gemeinsamen Event gipfeln. Dabei fühlte es sich nie so an, als wäre dies ein weiteres Kapitel in der Geschichte von Peter Parker, sondern war es eigentlich immer so, dass es ein weiteres Kapitel in der Geschichte von Peter Parker und Miles Morales war. Insomniac hat es also geschafft, beiden Figuren spielerisch und inhaltlich gerecht zu werden.
Die Geschichte selbst bewegt sich erzählerisch dabei auf einem ähnlich hohen Niveau, wie schon bei den Vorgängern. Der grundlegende Ablauf, die Entwicklung der Ereignisse und der Höhepunkt wirkten stilistisch sehr vertraut, weil sich Insomniac hier im Grunde an derselben Formel bedient hat, wie man sie schon vom Vorgänger, dem Spin-Off und teils sogar der Arkham Videospielreihe kannte. Die erzählerische Struktur wurde hier also zwar nicht neu erfunden, aber das war auch gar nicht nötig. Never change a running system.
Das Ende
Was bleibt am Ende noch zu sagen? Ich habe viel erwartet und dennoch wurden meine Erwartungen übertroffen. Insomniac liefert uns erneut ein episches Kapitel der Spider-Men, das nur so vor Emotionen und Spielspaß strotzt, während im Hintergrund wahrscheinlich schon bald die Arbeit am bereits angekündigten Wolverine Spiel auf Hochtouren laufen wird, auf das ich unfassbar gespannt bin... Und ein dritter Ableger der Spider-Men ist am Horizont auch bereits zu erkennen, denn die Weichen dafür hat Insomniac an vielen, erzählerischen Stellen bereits gestellt.
Ob das Spiel eine Chance aufs Game of the Year hat? Schwierig, die Konkurrenz ist u.a. mit Baldur's Gate 3 und The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom stark und namhaft. Mein persönliches GOTY ist es aber definitiv geworden!
„Just as world‘s unite, so too do they part.“