Die Geschichte der Familie Parandeus reicht Generationen zurück. Berühmtheit und Ehrfurcht waren die Dinge, die jeden charakterisierten. Das Antike Königreich war die letzte Bastion, die die größten Individualisten hervor brachte. Ein alter Glanz ging mit seiner Auslöschung verloren, doch diese traurige Gewissheit sollte leider nie die Herzen der Menschen erreichen. Porneglyphe versuchten ihre Leistungen unvergessen zu machen, dennoch zeichnete sich über Jahrhunderte eine Entwicklung ab: Utopia war verloren, tat letzte Atemzüge, da sein Erbe keinen Bestand haben sollte.
Dies ist die Erklärung, die die gewichtige Rolle der Parandeus zu verstehen gibt. Sie repräsentierten einen neuen Glanz, denn es war bei ihnen undenkbar, nicht im Mittelpunkt zu stehen, nicht die Geschicke, und keine großen Ereignisse zu lenken.
Eine weitere Reise fand ihr jähes Ende. In einer Zeit, in der Piraterie noch kein allzu großes Problem darstellte, oblag es dem Großadmiral, die Geschichte aufzuarbeiten. Für die Weltregierung bedeutete dies folgendes: Die Spuren der Vergangenheit zu finden und die letzten Verbindungen in Richtung Utopia zu kappen. Diese Herrschaft konnte nämlich nur Bestand haben, solange die Relikte der Vergangenheit schwiegen, die Legitimität der Weisen unangetastet blieb und sich die Zeit von Philipp III. niemals wiederholen würde. Er war es, der die Regierung beinahe zerschlagen hatte, obwohl er ihr selbst angehörte. Ein Mann, der die alleinige Macht über die Welt besaß, durfte diese nicht freiwillig abtreten. Nicht, nachdem er alle Porneglyphe las. Die Weltregierung lag damals am Boden, und es war das holde Schicksal, dass ihr Ende durch Philipp im letzten Moment verhinderte. So zumindest, sahen es die Weisen. Philipp Parandeus schrieb Geschichte.
Seine Ära endete vor vielen Jahrzehnten, denn nun war es sein Nachfahre Orphelius, der die Fäden in den Händen hielt. Der Großadmiral galt als großer Stratege, einer, der mehr Akzeptanz besaß als die Weisen selbst. Er war charismatisch, jung, dynamisch, all jene Tugenden, die auch Philipp aufwies. Eines aber war anders. Etwas, dass die ganze Situation kippte. Sein Vorfahre hatte absolut niemanden, der über ihm stand. Orphelius konnte der beste Marineleiter aller Zeiten sein, es war absolut egal. Er war den Weisen unterstellt, die seine Erfolge für sich zu Nutze machten.
Blutverschmiert trat er ins Hauptquartier ein, nachdem eine weitere Expedition endete. Seine Körperspannung zerriss ihn beinahe, denn das, was er sah, sollte sein Leben für immer verändern. Hundert Männer haben ihn begleitet, neunundneunzig starben. Wochenlang war er fort, und jetzt, wo er zurück kehrte, verfolgten ihn erst die Stimmen seiner gefallenen Kameraden. Orphelius rieb sich die Schläfe, die immer wieder ohne Einwirkung zu bluten begann. Es war, als wenn sein Gehirn wie das Herz pulsierte. Regelmäßig, deutlich spürbar, schmerzhaft. Wahnsinnig schmerzhaft. Selbst der Aufenthalt im Raum des Großadmirals konnte ihn nicht aufmuntern. Die Büsten und Portraits seiner Vorgänger schmückten die Wände, der Geruch von Geschichte lag deutlich spürbar in der Luft. 150 Jahre später sollte sich auch Sengoku in diesem Raum aufhalten, den gleichen Flair von greifbarer Hochleistung und vorbildlichem Tatendrang in sich aufnehmen.
„Du überragst einfach alles“, murmelte Orphelius Gedankenversunken. Dutzende Männer im Amt des Großadmirals erhielten kleinere Gemälde, die sie hier für alle Zeiten ausstellen sollten. Nur einer setzte dieser großen Ehre die Krone ab, um eine zehnmal größere, hundertmal prunkvollere und tausendmal bedeutsamere Insignie zur Schau zu stellen. Philipp Parandeus´ Gemälde zierte alleine eine ganze Wand, hatte einen Durchmesser von zehn Metern und war als einziges in einem Rahmen eingelassen, der nicht einmal mehr aus Gold bestand. Sein Vorfahre wusste durchaus zu reizen, da sein Bild von einem glänzend schwarzen Gestein eingefasst wurde. Dem gleichen Material, aus dem die Porneglyphen bestanden. Der Legende nach soll er den Rahmen persönlich angefertigt haben, während er sich auf dem Balkon des Schlosses sonnte und schließlich zu langweilen begann.
Orphelius ballte die Fäuste und schnaubte, obwohl er grinste. Er schüttelte den Kopf und verließ diesen inspirierenden Raum, der ihm etwas Ruhe verlieh.
„Geht es dir besser?“ Die Hand auf seiner Schulter ließ ihn zusammen fahren. „Gott, hast du mich erschrocken...“ Sein Gefährte blickte ihn erst traurig an, da sie ein gemeinsames schweres Schicksal zu teilen hatten. „Ich habe vor, unsere Reise in eines meiner neuen Werke einzuflechten. Das Leben des Illystus, wie gefällt dir der Titel?“ Der Schriftsteller verzog keine Miene, während sein Gegenüber Blut erbrach. Er war kein bisschen beleidigt „Dieser Tempelfluch setzt dir von Tag zu Tag mehr zu.“ Er klang mehr als besorgt, strich dabei über die Skizze, die drei Brüder, zwei Kinder und einen alten Greis am Abgrund darstellte. Vor ihnen lag die endlos tiefe Schwärze, dahinter ein fruchtbares, strahlendes Tal. „Pass bloß auf, was du in deiner Parabel aussprichst. Die Regierung wird deine Utopia-freundliche Haltung nicht länger hinnehmen.“
Sanarba strich sich die Falten aus seiner weißen Robe, die ihm ein unmodernes, dennoch klassisches Äußeres verlieh. Er lächelte, strich Orphelius über die Schläfe, deren Blutung stoppte. „Solange wir Freunde sind, kann mir keiner was anhaben. Du bist beliebt und dafür bin ich dir nach jedem meiner Werke zu neuem Dank verpflichtet.“ Der Großadmiral lachte. „Wenn du deinem Werk einen Stempel aufdrücken willst, baue unbedingt den Kontakt zu Geistern ein. Das kommt gut an!“ Der Autor konnte dabei kein bisschen Lachen, wurde immer ernster, als er die unkontrollierten Zuckungen seines Freundes beobachtete. „Wir beide wissen ganz genau, dass Geister existieren. Einer steckt in dir, ich habe ihn gesehen und das weißt du!“ Er packte den Marinechef an den Schultern und drückte ihn mit voller Wucht an die Wand.
„Du versuchst der Realität noch immer zu entgehen. Auf unserer Reise hat dich etwas verändert, durch deine Hand starben 99 Menschen.“ „Das stimmt nicht“, brüllte Orphelius, dessen Stirn eine tiefe Narbe durchzog. Als hätte jemand von innen ein Messer an seine Schädeldecke gedrückt. Er sank zähneknirschend auf die Knie, hyperventilierte. Nachdem er das Bewusstsein verlor, seufzte sein alter Weggefährte auf.
„Du kannst nichts dafür, doch es waren leider deine Hände, die Leben auslöschten. Dich trifft keine Schuld.“
„Bevor Orphelius für die 99 Morde angeklagt werden konnte, tauchte der erste Prophet auf und tötete ihn in einem Duell.“ Dails schnaufte tief durch und blickte dem Vetter in die Augen. Dieser lachte lediglich und applaudierte anerkennend.
„Orphelius machte das, was für die Familie Parandeus verdammt typisch ist. Er starb in einem heroischen Kampf, wahrte damit sein Ansehen vor der Welt und schuf in seinem inszenierten Kampf eine neue Legende. Den Propheten, einen Mann, dem wir bis heute unmenschliche Stärke nachsagen.“
„Interessante Information. Das erklärt einiges...“ Der Vetter drehte sich überrascht um und kniff, von grellem Schein geblendet, die Augen zusammen. Im nächsten Moment splitterte der Boden, der von seinem Gesicht zertrümmert wurde. Arina starrte Mind perplex an, der soeben den Lagerraum betrat. Sie wusste jetzt genau wie er, was ihre Reise bedeutete. Sie und Mind hatten das Leben des Illystus zusammen übersetzt. Boundary wollte dieses Werk unbedingt in die Hände bekommen. Es erzählte eine fiktive Geschichte, doch was darin ebenfalls enthalten war: Die ganze Wahrheit über den Yamakuma und die Seelen der drei Brüder, die bis heute tatsächlich existierten.
„Jetzt verstehe ich endlich, weshalb der Prophet mächtig ist. Alles fußt auf einer Inszenierung, weil ein gebrochener Mann seinem einzigartigen Vorfahren nacheiferte.“ Mind schnaubte verächtlich und wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln. „Ich habe zu dir aufgesehen, da du so viel Gutes für die Menschen getan hast.“ Er packte den Vetter an den Haaren und zog ihn hoch. „Dabei bist Du in Wahrheit genauso wahnsinnig.“
Mind wusste nicht, woran er noch glauben sollte.
Diese ganze Familie war bis ins Mark verdorben. Der Vetter entriss sich Minds Griff. „Wisst ihr, seit wann Arty Parandeus der beste Mensch ist, der sich jemals für das Wohl der Menschheit einsetzte?“
Der Vetter lachte, hustete und hielt sich den Bauch vor reinem Vergnügen.
„Ich bin der Preis, den er zu zahlen hatte. Ich bin Arty Parandeus, die Gestalt, die er niemals sein wollte.“
„Wie ist das möglich?“
„Artys innigster Wunsch war es, perfekt zu sein. Aus diesem Grund hat mich der Teufel mit einem Biss in jenen blutroten Apfel erschaffen.“ Der Vetter krümmte sich vor lachen, während er sich in Luft auflöste. Mind und Arina schauten sich um, mussten diese Erkenntnis erst einmal sacken lassen. Der junge Mann wollte sich erst verfluchen, doch Dails hielt ihn davon ab.
„Mein Bruder ist nach wie vor ein guter Mensch. Jede Teufelskraft hat nun einmal ihren Preis.“ Mind nickte mit glasigen Augen, noch immer nicht realisierend, wie ihm mitgespielt wurde. Sein Glaube an Arty Parandeus war erschüttert, doch nicht verloren. Er wollte mehr als gut für die Menschen sein, wodurch er unwissentlich etwas böses erschuf. Konnte er ihm dafür die Schuld geben?
„Vielleicht ist es ein Zeichen, dass er nicht über den Berg kommt.“ Dails ohrfeigte Mind für diesen Ausspruch, entsandt eine Druckwelle mit seiner Handfläche, die jedoch die Wände neben Mind einbrechen ließ. Der 25-Jährige rieb sich mit den Fingern die rote Wange, die anderen leuchtete grünlich, waren imstande zu reflektieren.
„Der Vetter ist ein Produkt des Teufels, daher wird er verschwinden...“
„...Sobald mein Bruder tot ist.“ Dails seufzte, rieb sich durch die Haare. Er hatte immer ein durchwachsenes Verhältnis zu Arty gepflegt, doch eines wurde ihm jetzt klar. Sein Bruder war mit dafür verantwortlich, dass ihre Eltern starben. Er ermöglichte es dem Propheten einen mächtigen Verbündeten zu halten.
„Das ist mir zu viel...“ Die Unsicherheit war Dails merklich anzusehen. Er hatte sich erst vor wenigen Stunden ins Delirium getrunken, um die Geschehnisse auf den Wegen der Redline zu verarbeiten. Maylou, Mr. C, es waren zu viele, die unter dem Propheten leiden mussten. Und Arty ermöglichte dies erst durch seinen Wunsch nach Perfektion.
Je größer das Licht, desto größer ist letztlich der Schatten, den der Mensch warf. Dails stöhnte bei dieser Entscheidung, dieser Bürde, die ihm keiner nehmen durfte. Arina und Mind waren nicht imstande, diese Antwort ohne sein Zutun zu finden. Leben und leben lassen – Licht und Dunkelheit – das war die Familie Parandeus. Und er war ein Teil von ihr.
„Dein Körper ist stark, mein Bruder. Artys Zeit läuft bald ab, daher bist du genau der Richtige für mich“, flüsterte der Vetter hinter ihm und drang mit seiner Hand in den Rücken von Arinas Vater ein. Dails sank auf die Knie, obwohl sich auf seinem Körper keinerlei Schaden abzeichnete. Er hörte die verzerrte Stimme des lebendig gewordenen Seelenteils seines Bruders.
„Jeder Parandeus geht seinen Weg. Ich werde deinen bestimmen und ihn bis zum Ende gehen.“
Dies ist die Erklärung, die die gewichtige Rolle der Parandeus zu verstehen gibt. Sie repräsentierten einen neuen Glanz, denn es war bei ihnen undenkbar, nicht im Mittelpunkt zu stehen, nicht die Geschicke, und keine großen Ereignisse zu lenken.
[vor 150 Jahren]
Eine weitere Reise fand ihr jähes Ende. In einer Zeit, in der Piraterie noch kein allzu großes Problem darstellte, oblag es dem Großadmiral, die Geschichte aufzuarbeiten. Für die Weltregierung bedeutete dies folgendes: Die Spuren der Vergangenheit zu finden und die letzten Verbindungen in Richtung Utopia zu kappen. Diese Herrschaft konnte nämlich nur Bestand haben, solange die Relikte der Vergangenheit schwiegen, die Legitimität der Weisen unangetastet blieb und sich die Zeit von Philipp III. niemals wiederholen würde. Er war es, der die Regierung beinahe zerschlagen hatte, obwohl er ihr selbst angehörte. Ein Mann, der die alleinige Macht über die Welt besaß, durfte diese nicht freiwillig abtreten. Nicht, nachdem er alle Porneglyphe las. Die Weltregierung lag damals am Boden, und es war das holde Schicksal, dass ihr Ende durch Philipp im letzten Moment verhinderte. So zumindest, sahen es die Weisen. Philipp Parandeus schrieb Geschichte.
Seine Ära endete vor vielen Jahrzehnten, denn nun war es sein Nachfahre Orphelius, der die Fäden in den Händen hielt. Der Großadmiral galt als großer Stratege, einer, der mehr Akzeptanz besaß als die Weisen selbst. Er war charismatisch, jung, dynamisch, all jene Tugenden, die auch Philipp aufwies. Eines aber war anders. Etwas, dass die ganze Situation kippte. Sein Vorfahre hatte absolut niemanden, der über ihm stand. Orphelius konnte der beste Marineleiter aller Zeiten sein, es war absolut egal. Er war den Weisen unterstellt, die seine Erfolge für sich zu Nutze machten.
Blutverschmiert trat er ins Hauptquartier ein, nachdem eine weitere Expedition endete. Seine Körperspannung zerriss ihn beinahe, denn das, was er sah, sollte sein Leben für immer verändern. Hundert Männer haben ihn begleitet, neunundneunzig starben. Wochenlang war er fort, und jetzt, wo er zurück kehrte, verfolgten ihn erst die Stimmen seiner gefallenen Kameraden. Orphelius rieb sich die Schläfe, die immer wieder ohne Einwirkung zu bluten begann. Es war, als wenn sein Gehirn wie das Herz pulsierte. Regelmäßig, deutlich spürbar, schmerzhaft. Wahnsinnig schmerzhaft. Selbst der Aufenthalt im Raum des Großadmirals konnte ihn nicht aufmuntern. Die Büsten und Portraits seiner Vorgänger schmückten die Wände, der Geruch von Geschichte lag deutlich spürbar in der Luft. 150 Jahre später sollte sich auch Sengoku in diesem Raum aufhalten, den gleichen Flair von greifbarer Hochleistung und vorbildlichem Tatendrang in sich aufnehmen.
„Du überragst einfach alles“, murmelte Orphelius Gedankenversunken. Dutzende Männer im Amt des Großadmirals erhielten kleinere Gemälde, die sie hier für alle Zeiten ausstellen sollten. Nur einer setzte dieser großen Ehre die Krone ab, um eine zehnmal größere, hundertmal prunkvollere und tausendmal bedeutsamere Insignie zur Schau zu stellen. Philipp Parandeus´ Gemälde zierte alleine eine ganze Wand, hatte einen Durchmesser von zehn Metern und war als einziges in einem Rahmen eingelassen, der nicht einmal mehr aus Gold bestand. Sein Vorfahre wusste durchaus zu reizen, da sein Bild von einem glänzend schwarzen Gestein eingefasst wurde. Dem gleichen Material, aus dem die Porneglyphen bestanden. Der Legende nach soll er den Rahmen persönlich angefertigt haben, während er sich auf dem Balkon des Schlosses sonnte und schließlich zu langweilen begann.
Orphelius ballte die Fäuste und schnaubte, obwohl er grinste. Er schüttelte den Kopf und verließ diesen inspirierenden Raum, der ihm etwas Ruhe verlieh.
„Geht es dir besser?“ Die Hand auf seiner Schulter ließ ihn zusammen fahren. „Gott, hast du mich erschrocken...“ Sein Gefährte blickte ihn erst traurig an, da sie ein gemeinsames schweres Schicksal zu teilen hatten. „Ich habe vor, unsere Reise in eines meiner neuen Werke einzuflechten. Das Leben des Illystus, wie gefällt dir der Titel?“ Der Schriftsteller verzog keine Miene, während sein Gegenüber Blut erbrach. Er war kein bisschen beleidigt „Dieser Tempelfluch setzt dir von Tag zu Tag mehr zu.“ Er klang mehr als besorgt, strich dabei über die Skizze, die drei Brüder, zwei Kinder und einen alten Greis am Abgrund darstellte. Vor ihnen lag die endlos tiefe Schwärze, dahinter ein fruchtbares, strahlendes Tal. „Pass bloß auf, was du in deiner Parabel aussprichst. Die Regierung wird deine Utopia-freundliche Haltung nicht länger hinnehmen.“
Sanarba strich sich die Falten aus seiner weißen Robe, die ihm ein unmodernes, dennoch klassisches Äußeres verlieh. Er lächelte, strich Orphelius über die Schläfe, deren Blutung stoppte. „Solange wir Freunde sind, kann mir keiner was anhaben. Du bist beliebt und dafür bin ich dir nach jedem meiner Werke zu neuem Dank verpflichtet.“ Der Großadmiral lachte. „Wenn du deinem Werk einen Stempel aufdrücken willst, baue unbedingt den Kontakt zu Geistern ein. Das kommt gut an!“ Der Autor konnte dabei kein bisschen Lachen, wurde immer ernster, als er die unkontrollierten Zuckungen seines Freundes beobachtete. „Wir beide wissen ganz genau, dass Geister existieren. Einer steckt in dir, ich habe ihn gesehen und das weißt du!“ Er packte den Marinechef an den Schultern und drückte ihn mit voller Wucht an die Wand.
„Du versuchst der Realität noch immer zu entgehen. Auf unserer Reise hat dich etwas verändert, durch deine Hand starben 99 Menschen.“ „Das stimmt nicht“, brüllte Orphelius, dessen Stirn eine tiefe Narbe durchzog. Als hätte jemand von innen ein Messer an seine Schädeldecke gedrückt. Er sank zähneknirschend auf die Knie, hyperventilierte. Nachdem er das Bewusstsein verlor, seufzte sein alter Weggefährte auf.
„Du kannst nichts dafür, doch es waren leider deine Hände, die Leben auslöschten. Dich trifft keine Schuld.“
*
„Bevor Orphelius für die 99 Morde angeklagt werden konnte, tauchte der erste Prophet auf und tötete ihn in einem Duell.“ Dails schnaufte tief durch und blickte dem Vetter in die Augen. Dieser lachte lediglich und applaudierte anerkennend.
„Orphelius machte das, was für die Familie Parandeus verdammt typisch ist. Er starb in einem heroischen Kampf, wahrte damit sein Ansehen vor der Welt und schuf in seinem inszenierten Kampf eine neue Legende. Den Propheten, einen Mann, dem wir bis heute unmenschliche Stärke nachsagen.“
„Interessante Information. Das erklärt einiges...“ Der Vetter drehte sich überrascht um und kniff, von grellem Schein geblendet, die Augen zusammen. Im nächsten Moment splitterte der Boden, der von seinem Gesicht zertrümmert wurde. Arina starrte Mind perplex an, der soeben den Lagerraum betrat. Sie wusste jetzt genau wie er, was ihre Reise bedeutete. Sie und Mind hatten das Leben des Illystus zusammen übersetzt. Boundary wollte dieses Werk unbedingt in die Hände bekommen. Es erzählte eine fiktive Geschichte, doch was darin ebenfalls enthalten war: Die ganze Wahrheit über den Yamakuma und die Seelen der drei Brüder, die bis heute tatsächlich existierten.
„Jetzt verstehe ich endlich, weshalb der Prophet mächtig ist. Alles fußt auf einer Inszenierung, weil ein gebrochener Mann seinem einzigartigen Vorfahren nacheiferte.“ Mind schnaubte verächtlich und wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln. „Ich habe zu dir aufgesehen, da du so viel Gutes für die Menschen getan hast.“ Er packte den Vetter an den Haaren und zog ihn hoch. „Dabei bist Du in Wahrheit genauso wahnsinnig.“
Mind wusste nicht, woran er noch glauben sollte.
Diese ganze Familie war bis ins Mark verdorben. Der Vetter entriss sich Minds Griff. „Wisst ihr, seit wann Arty Parandeus der beste Mensch ist, der sich jemals für das Wohl der Menschheit einsetzte?“
Der Vetter lachte, hustete und hielt sich den Bauch vor reinem Vergnügen.
„Ich bin der Preis, den er zu zahlen hatte. Ich bin Arty Parandeus, die Gestalt, die er niemals sein wollte.“
„Wie ist das möglich?“
„Artys innigster Wunsch war es, perfekt zu sein. Aus diesem Grund hat mich der Teufel mit einem Biss in jenen blutroten Apfel erschaffen.“ Der Vetter krümmte sich vor lachen, während er sich in Luft auflöste. Mind und Arina schauten sich um, mussten diese Erkenntnis erst einmal sacken lassen. Der junge Mann wollte sich erst verfluchen, doch Dails hielt ihn davon ab.
„Mein Bruder ist nach wie vor ein guter Mensch. Jede Teufelskraft hat nun einmal ihren Preis.“ Mind nickte mit glasigen Augen, noch immer nicht realisierend, wie ihm mitgespielt wurde. Sein Glaube an Arty Parandeus war erschüttert, doch nicht verloren. Er wollte mehr als gut für die Menschen sein, wodurch er unwissentlich etwas böses erschuf. Konnte er ihm dafür die Schuld geben?
„Vielleicht ist es ein Zeichen, dass er nicht über den Berg kommt.“ Dails ohrfeigte Mind für diesen Ausspruch, entsandt eine Druckwelle mit seiner Handfläche, die jedoch die Wände neben Mind einbrechen ließ. Der 25-Jährige rieb sich mit den Fingern die rote Wange, die anderen leuchtete grünlich, waren imstande zu reflektieren.
„Der Vetter ist ein Produkt des Teufels, daher wird er verschwinden...“
„...Sobald mein Bruder tot ist.“ Dails seufzte, rieb sich durch die Haare. Er hatte immer ein durchwachsenes Verhältnis zu Arty gepflegt, doch eines wurde ihm jetzt klar. Sein Bruder war mit dafür verantwortlich, dass ihre Eltern starben. Er ermöglichte es dem Propheten einen mächtigen Verbündeten zu halten.
„Das ist mir zu viel...“ Die Unsicherheit war Dails merklich anzusehen. Er hatte sich erst vor wenigen Stunden ins Delirium getrunken, um die Geschehnisse auf den Wegen der Redline zu verarbeiten. Maylou, Mr. C, es waren zu viele, die unter dem Propheten leiden mussten. Und Arty ermöglichte dies erst durch seinen Wunsch nach Perfektion.
Je größer das Licht, desto größer ist letztlich der Schatten, den der Mensch warf. Dails stöhnte bei dieser Entscheidung, dieser Bürde, die ihm keiner nehmen durfte. Arina und Mind waren nicht imstande, diese Antwort ohne sein Zutun zu finden. Leben und leben lassen – Licht und Dunkelheit – das war die Familie Parandeus. Und er war ein Teil von ihr.
„Dein Körper ist stark, mein Bruder. Artys Zeit läuft bald ab, daher bist du genau der Richtige für mich“, flüsterte der Vetter hinter ihm und drang mit seiner Hand in den Rücken von Arinas Vater ein. Dails sank auf die Knie, obwohl sich auf seinem Körper keinerlei Schaden abzeichnete. Er hörte die verzerrte Stimme des lebendig gewordenen Seelenteils seines Bruders.
„Jeder Parandeus geht seinen Weg. Ich werde deinen bestimmen und ihn bis zum Ende gehen.“
Sie hielt ihn fest, drückte ihn an sich, wollte nicht, dass er sie verließ. Sein ganzer Körper zitterte, er kniete, versuchte den Blickkontakt seiner Ziehtochter gegenüber zu halten. Mind achtete akribisch auf ihre Fingerspitzen, die sich in den Armen des Mannes vergruben. Ihre Augen tränten, während sie versuchte seine Haut aufzureißen. Es blieb keine Zeit.
„Wehr dich!“, schrie sie ihn traurig an und fühlte das Blut in ihren Händen. Behutsam legte sie einen Finger in die frische Wunde, die darauf von grünen Flammen erfasst wurde. Ihr Gegenüber begann laut zu stöhnen, war aber nicht imstande auch nur ein Wort über seine Lippen zu bringen. Sie ahnte, was gerade in ihm vorging. Er spürte Arina, doch sein Blick galt nicht dieser Welt. Als erfahrener Aparinist wusste er eines ganz genau: Eine Seele erhielt keine Schonfrist. Sobald sie angegriffen wurde, hatte er keine Sekunde, um sich vorzubereiten. Er musste sofort handeln, sich selbst von allem abkapseln, dass sein physisches Leben beeinflussen würde. Dails kämpfte eine Schlacht, die der stärkste Mann der Welt nicht gewinnen konnte. Solange er nicht wusste, wie. Der Mensch überließ es seinem Körper, gegen Krankheiten vorzugehen. Der Aparinist hingegen überließ es sich selbst. Die bösen Gedanken seines Bruders wollten sich in ihm einnisten, ihn kontrollieren und sich nicht vom gebrechlichen Gerüst Artys abhängig machen. Sobald dieses nämlich einstürzte, war es mit dem Vetter zu Ende.
„Du kannst hier nichts mehr machen.“ Ihr Blick traf Mind, ließ ihn die Fäuste ballen und einen Schritt zurück weichen. Sie beide wussten jetzt, was sie zusammen führte, was sie verband. Sie waren auf der Suche nach Antworten, die ihnen so eben gegeben wurden. Es war letzten Endes der Poker um Macht und Einfluss, dass Finden seiner eigenen Rolle in diesem Spiel. Ganz gleich, was die Welt sah, egal, welche Informationen bis zu ihnen durchgedrungen sind. Sie wussten, dass dieses Spiel gerade erst richtig begonnen hatte. Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem die ersten Akteure das Feld zu räumen hatten. War es das, dass jemand von Anfang an für sie vorsah? Oder wollten sie selbst mitspielen, um den großen Coup zu verhindern, der ohne sie definitiv in die Hände des gefährlichsten Spielers übergehen würde? Boundary.
Sollte Dails den Kampf gegen diese Macht verlieren, würde sehr bald ein neuer Mann das Feld betreten. Arina hatte Recht. Er selbst konnte daran nichts mehr ändern. Wenn ihn jemand retten konnte, dann war es Dails Mädchen. Das war eine Angelegenheit zwischen Vater und Tochter. Der Vetter musste früher oder später ein Risiko eingehen, eines, dass ihm die Existenz kostete – oder sie neu erschuf.
„Wir werden dich retten, Du und ich, wir werden uns wiedersehen.“ Sie drückte seine Hand, drang mit ihren Kräften in sein Herz ein, sah, wie sich ihr Sichtfeld auflöste und ihr grünes Licht sie durch die Dunkelheit führte. Arina war nicht mehr in dieser Welt, auch ihr Blick galt der Gegenwart, doch genau wie ihr Vater war sie viel weiter. Sah Dinge, die kein normaler Mensch jemals wahrnehmen konnte. Die Apari sahen die Seelen anderer Menschen, lösten sich vom diesseits. Auch sie entschwebte in fremde Sphären, rieb sich überrascht die Augen. Vor ihr funkelte es, ein helles, warmes Licht, rein, die Dunkelheit bändigend. Seine Liebe ihr gegenüber war real, spürbar, sein schlechtes Gewissen schrumpfte immer weiter zusammen.
Er verließ sie auf der Suche nach Antworten, wer er war, wohin sein Weg ihn führen würde. Ihnen beiden war jetzt klar, wer sie waren. Arina und Dails gehörten der Familie Parandeus an, doch sie waren anders. Ihr Wert lag nicht darin, große Leistungen zu vollbringen. So, wie es Philipp, Orphelius, Arty und in anderer Hinsicht auch Siyajan taten und immer noch tun. Arina erkannte, wonach er sich nach seiner Reise sehnte. Sie war es.
„Meine Seele ist rein“, entgegnete ihr seine Stimme aus weiter ferne. Es war wunderbar, dies zu hören. Leider hatte sie in den Monaten ein Gespür entwickelt, dass ihr diesen Moment ruinierte. Ihre Flammen loderten stärker denn je. Wo war der Einfluss des Vetters, der sich eben noch am zitternden Körper abzeichnete? Warum wurde seine Seele nicht einmal angerührt?
Arina beschlich eine furchtbare Erkenntnis. Sie drehte sich um, der ganze Raum war leuchtend hell, dermaßen grell, dass nichts darüber erkennbar war. Der Himmel erschien den Menschen stets in klarem blau, doch jeder von ihnen wusste, dass dies nicht korrekt war. Jene Täuschung zeigte sich auch hier, als ein dumpfer Schlag sie aus der Welt riss.
Arina war wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen, hielt sich stöhnend den Magen. Erst jetzt merkte sie, dass sie blutend an der Wand lag. Ihre Sicht wurde klarer und ihr vorsichtiges Lächeln hielt sie noch zurück, als sie ihren Vater vor sich stehen sah. Sein Blick traf den ihrigen, erwärmte ihr Gemüt und schenkte ihr das Lachen, dass sie so gerne voller Erleichterung zeigen wollte. Seine Augen waren warm und gütig, dennoch von unermesslicher Trauer zersetzt. Es quälte sie, als sie es bei genauerem Betrachten erkannte.
„Ich liebe dich.“
Er half ihr auf, wobei sie zitterte. Es war seine Hand, die er gegen sie erhoben hatte. Bevor sie irgendwas sagen konnte, drückte er sie feste an sich. So fest, dass es sie überraschte und ihr auf angenehme Weise weh tat. Er wollte sie nicht gehen lassen, ganz bestimmt nicht. Doch sie wusste wie er, dass es kein Weg zurück gab. Seine Hände strichen über ihr blondes Haar, zitterten dabei unaufhörlich. Sie spürte, wie der Druck auf seiner Hand zunahm, als eine lange schimmernde Klinge in ihr entstand. Er stieß sie sanft von sich.
„Möchtest Du ein schnelles Ende oder ein gutes?“ Er senkte seinen Hals, nah heran an das scharfe Blatt, suchte ein letztes Mal ihre Augen, die sich mit Tränen füllten. Diese Entscheidung durfte sie nicht bereuen, sonst würde jemand ganz umsonst aus ihrem Leben verschwinden.
„Es soll alles wie früher werden!“ Sie blickte ihn an, unter größter Anstrengung ließ er seine Waffe fallen, die sich auflöste, ehe ein klirrendes Geräusch das Lager erfüllen würde.
„Du brauchst jetzt viel Kraft und wir beide wissen, wer sie dir gibt.“ Er strich ihr ein letztes Mal durchs Gesicht und wandte sich ab.
„Eines Tages werde ich zurück kehren.“ Seine Stimme war weich wie nie, doch genauso weit entfernt. „Dann wird alles wieder beim alten sein.“ Danach löste er sich in Luft auf, verschwand. Erneut aus ihrem Leben.
Der Vetter hatte nicht über seine Seele triumphiert. Es war die Teufelskraft, die anfällig für das Chaos blieb. Nach und nach würde er sich verändern und zu einem Menschen werden, der er nicht war. Sein wahres Ziel lag eben noch vor seinen Augen und es lächelte unter Tränen.
Sie hatte einen Vater, der sie liebte. Einen, den sie nicht aufgeben konnte. Genauso wenig wie Ray, der ihr am Ende dieses Tages übers Haar streicheln und ihr Trost spenden sollte. Und das wird er auch getan haben. Es gab Menschen, für die die einen starben, doch es gibt auch Menschen, für die man lebte. Und überlebte.
„Wehr dich!“, schrie sie ihn traurig an und fühlte das Blut in ihren Händen. Behutsam legte sie einen Finger in die frische Wunde, die darauf von grünen Flammen erfasst wurde. Ihr Gegenüber begann laut zu stöhnen, war aber nicht imstande auch nur ein Wort über seine Lippen zu bringen. Sie ahnte, was gerade in ihm vorging. Er spürte Arina, doch sein Blick galt nicht dieser Welt. Als erfahrener Aparinist wusste er eines ganz genau: Eine Seele erhielt keine Schonfrist. Sobald sie angegriffen wurde, hatte er keine Sekunde, um sich vorzubereiten. Er musste sofort handeln, sich selbst von allem abkapseln, dass sein physisches Leben beeinflussen würde. Dails kämpfte eine Schlacht, die der stärkste Mann der Welt nicht gewinnen konnte. Solange er nicht wusste, wie. Der Mensch überließ es seinem Körper, gegen Krankheiten vorzugehen. Der Aparinist hingegen überließ es sich selbst. Die bösen Gedanken seines Bruders wollten sich in ihm einnisten, ihn kontrollieren und sich nicht vom gebrechlichen Gerüst Artys abhängig machen. Sobald dieses nämlich einstürzte, war es mit dem Vetter zu Ende.
„Du kannst hier nichts mehr machen.“ Ihr Blick traf Mind, ließ ihn die Fäuste ballen und einen Schritt zurück weichen. Sie beide wussten jetzt, was sie zusammen führte, was sie verband. Sie waren auf der Suche nach Antworten, die ihnen so eben gegeben wurden. Es war letzten Endes der Poker um Macht und Einfluss, dass Finden seiner eigenen Rolle in diesem Spiel. Ganz gleich, was die Welt sah, egal, welche Informationen bis zu ihnen durchgedrungen sind. Sie wussten, dass dieses Spiel gerade erst richtig begonnen hatte. Es war der Zeitpunkt gekommen, an dem die ersten Akteure das Feld zu räumen hatten. War es das, dass jemand von Anfang an für sie vorsah? Oder wollten sie selbst mitspielen, um den großen Coup zu verhindern, der ohne sie definitiv in die Hände des gefährlichsten Spielers übergehen würde? Boundary.
Sollte Dails den Kampf gegen diese Macht verlieren, würde sehr bald ein neuer Mann das Feld betreten. Arina hatte Recht. Er selbst konnte daran nichts mehr ändern. Wenn ihn jemand retten konnte, dann war es Dails Mädchen. Das war eine Angelegenheit zwischen Vater und Tochter. Der Vetter musste früher oder später ein Risiko eingehen, eines, dass ihm die Existenz kostete – oder sie neu erschuf.
„Wir werden dich retten, Du und ich, wir werden uns wiedersehen.“ Sie drückte seine Hand, drang mit ihren Kräften in sein Herz ein, sah, wie sich ihr Sichtfeld auflöste und ihr grünes Licht sie durch die Dunkelheit führte. Arina war nicht mehr in dieser Welt, auch ihr Blick galt der Gegenwart, doch genau wie ihr Vater war sie viel weiter. Sah Dinge, die kein normaler Mensch jemals wahrnehmen konnte. Die Apari sahen die Seelen anderer Menschen, lösten sich vom diesseits. Auch sie entschwebte in fremde Sphären, rieb sich überrascht die Augen. Vor ihr funkelte es, ein helles, warmes Licht, rein, die Dunkelheit bändigend. Seine Liebe ihr gegenüber war real, spürbar, sein schlechtes Gewissen schrumpfte immer weiter zusammen.
Er verließ sie auf der Suche nach Antworten, wer er war, wohin sein Weg ihn führen würde. Ihnen beiden war jetzt klar, wer sie waren. Arina und Dails gehörten der Familie Parandeus an, doch sie waren anders. Ihr Wert lag nicht darin, große Leistungen zu vollbringen. So, wie es Philipp, Orphelius, Arty und in anderer Hinsicht auch Siyajan taten und immer noch tun. Arina erkannte, wonach er sich nach seiner Reise sehnte. Sie war es.
„Meine Seele ist rein“, entgegnete ihr seine Stimme aus weiter ferne. Es war wunderbar, dies zu hören. Leider hatte sie in den Monaten ein Gespür entwickelt, dass ihr diesen Moment ruinierte. Ihre Flammen loderten stärker denn je. Wo war der Einfluss des Vetters, der sich eben noch am zitternden Körper abzeichnete? Warum wurde seine Seele nicht einmal angerührt?
Arina beschlich eine furchtbare Erkenntnis. Sie drehte sich um, der ganze Raum war leuchtend hell, dermaßen grell, dass nichts darüber erkennbar war. Der Himmel erschien den Menschen stets in klarem blau, doch jeder von ihnen wusste, dass dies nicht korrekt war. Jene Täuschung zeigte sich auch hier, als ein dumpfer Schlag sie aus der Welt riss.
Arina war wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen, hielt sich stöhnend den Magen. Erst jetzt merkte sie, dass sie blutend an der Wand lag. Ihre Sicht wurde klarer und ihr vorsichtiges Lächeln hielt sie noch zurück, als sie ihren Vater vor sich stehen sah. Sein Blick traf den ihrigen, erwärmte ihr Gemüt und schenkte ihr das Lachen, dass sie so gerne voller Erleichterung zeigen wollte. Seine Augen waren warm und gütig, dennoch von unermesslicher Trauer zersetzt. Es quälte sie, als sie es bei genauerem Betrachten erkannte.
„Ich liebe dich.“
Er half ihr auf, wobei sie zitterte. Es war seine Hand, die er gegen sie erhoben hatte. Bevor sie irgendwas sagen konnte, drückte er sie feste an sich. So fest, dass es sie überraschte und ihr auf angenehme Weise weh tat. Er wollte sie nicht gehen lassen, ganz bestimmt nicht. Doch sie wusste wie er, dass es kein Weg zurück gab. Seine Hände strichen über ihr blondes Haar, zitterten dabei unaufhörlich. Sie spürte, wie der Druck auf seiner Hand zunahm, als eine lange schimmernde Klinge in ihr entstand. Er stieß sie sanft von sich.
„Möchtest Du ein schnelles Ende oder ein gutes?“ Er senkte seinen Hals, nah heran an das scharfe Blatt, suchte ein letztes Mal ihre Augen, die sich mit Tränen füllten. Diese Entscheidung durfte sie nicht bereuen, sonst würde jemand ganz umsonst aus ihrem Leben verschwinden.
„Es soll alles wie früher werden!“ Sie blickte ihn an, unter größter Anstrengung ließ er seine Waffe fallen, die sich auflöste, ehe ein klirrendes Geräusch das Lager erfüllen würde.
„Du brauchst jetzt viel Kraft und wir beide wissen, wer sie dir gibt.“ Er strich ihr ein letztes Mal durchs Gesicht und wandte sich ab.
„Eines Tages werde ich zurück kehren.“ Seine Stimme war weich wie nie, doch genauso weit entfernt. „Dann wird alles wieder beim alten sein.“ Danach löste er sich in Luft auf, verschwand. Erneut aus ihrem Leben.
Der Vetter hatte nicht über seine Seele triumphiert. Es war die Teufelskraft, die anfällig für das Chaos blieb. Nach und nach würde er sich verändern und zu einem Menschen werden, der er nicht war. Sein wahres Ziel lag eben noch vor seinen Augen und es lächelte unter Tränen.
Sie hatte einen Vater, der sie liebte. Einen, den sie nicht aufgeben konnte. Genauso wenig wie Ray, der ihr am Ende dieses Tages übers Haar streicheln und ihr Trost spenden sollte. Und das wird er auch getan haben. Es gab Menschen, für die die einen starben, doch es gibt auch Menschen, für die man lebte. Und überlebte.
An jenem Tage entsandten sich Individuen in die Welt,
einer war brillant,
doch beide zeichneten sie die menschlichen Abgründe ihrer Zeit.
einer war brillant,
doch beide zeichneten sie die menschlichen Abgründe ihrer Zeit.
Eine Mutter tötete ihr Neugeborenes. Vor ihrer Verurteilung sagte sie, dass sie in ihm etwas böses erkannte. Wo blieb die Liebe, fragte man sich, wo das Vertrauen, sein Kind später in einer Welt aufwachsen zu lassen, in der es gedeihen hätte können. Verdiente die Frau das Leben, wo sie doch selbst die Entscheidung traf, den Wert eines Menschen durch bloßen Blick zu bestimmen. Fehler zu machen, war menschlich. Machte die Überzeugung, fehlerfrei zu handeln, unmenschlich. Gute Menschen, so sagt man, können Liebe empfinden. Waren sie dann gut, sobald sie ihrem Herzen folgten und sich daher jedweder Schuld entbanden. Arina liebte ihren Vater, glaubte an ihn, an sie beide, gewährte ihm das Leben, dass er in ihre Hände legte. Jetzt war er fort. An diesem Tag war es die Menschlichkeit, die Chaos in die Welt entsandte. Ein Fehler, der menschlich war, und dadurch den Kreis des Handelns zu schließen vermochte. Ursache und Wirkung bedingten sich, ganz gleich, in welchen krassen Gegensätzen sie sich am Ende gegenüberstanden.
„Wie willst Du dich jetzt nennen?“ Makaveli lehnte an der Tür eines verlassenen Hauses, dass dem Hotel gegenüberstand. Der Krach war ohrenbetäubend, doch dies beeindruckte ihn nicht. Galvis und Vasitas kämpften immer weiter, keiner von ihnen gab nach. Einer konnte, der andere durfte nicht. Es amüsierte, dass dieser Agent Vasitas genau das tat, was ihm aufgetragen wurde. Starfish hebelte die Lineisten aus, die b-times verpfiff Starfish, der Vetter zerschlug die b-times, Vasitas erledigte Starfish und jetzt lag es an Symon und Vasitas, Galvis auszuschalten.
Alle Konkurrenz schlug sich gegenseitig und wer am Ende übrig blieb, triumphierte. Makaveli wusste genau, dass er derjenige war. Um sein Ziel zu erreichen, musste er nur der lachende Dritte bleiben. Solange niemand gegen ihn vorging, konnte sein Plan gar nicht schief gehen. Er existierte nicht, daher war keine Gefahr zu fürchten. Von niemandem. In den Augen anderer war er tot. Eine Tarnung, die ihre Risiken barg. Wer mit dem Leben spielte, starb daran. Wer aber mit dem Tod spielte. Ja, was passierte mit diesen Leuten. Ein Genie war er, der, der die natürliche Angst des Menschen dafür nutzte, einen neuen Weg zu begehen.
„Sag, wie nennst du dich?“, fragte Makaveli lachend. Es war nicht das Hotel, dass jeden Moment einzustürzen drohte. In seinen Augen stand die Person vor ihm viel näher an einem Einbruch. Eine Teufelsfrucht konnte sofort töten, sofern sie den falschen Wirt erwischte. Jetzt standen ihm zwei Kräfte gegenüber, die beide mehr als tödlich waren. Dails athletischer Körper wirkte deformiert, er konnte kaum aufsehen, da die Muskeln in seinem Nacken seinen Hals nach unten drückten. Es war kein natürliches Wachstum, sondern reiner unkontrollierter Wucher. Seine Schuhe zerrissen, als seine Zehen gegeneinander drückten und seine Füße von dem anschwellenden Druck fast von vorne aus zerrissen wurden. Er musste sich unter lautem Zähneknirschen anstrengen, seinen Körper unter Kontrolle zu bringen. Die Hormone schossen durch seine Adern, lösten Gefühle in ihm aus, denen er sich nie bewusst wurde. Ein Gefühl, jemanden unter Tränen mit wahnwitzigem Grinsen zu ertränken, überkam ihn, seine Hände zitterten, wie sie den sterbenden Kopf unter Wasser drückten, keine Chance auf Überleben wahrten. Dails blinzelte, er wusste nicht, ob er dies wahrnahm oder er es wirklich tat. Sein Gespür für die Realität existierte nicht, er sah sich längst in einem Strudel, an dessen tiefstem Punkt er in neue Welten sprang. Nachdem kein Lebenszeichen mehr von ihr ausging, ließ er den Kopf der Frau los, strich sich übers Gesicht und rieb sich die Augen, während er aus tiefster Kehle schrie, zwischendurch zu husten begann, als sich seine Stimmlage änderte, ihn in ein Lachen drängte, welches nicht mehr aufhörte. Ihm blieb die Luft weg und er brach kurz darauf zusammen.
Makaveli betrachtete sein Gegenüber fasziniert. Er konnte unmöglich nachempfinden, was im Körper seines Partners Dails vorging. Doch die Vorstellung dessen war ihm nicht fremd. Schließlich war Arty nicht der erste Mensch, der die Chaos-Frucht verzehrte. Es waren Forschungen an verurteilten Häftlingen, die ihm Aufschlüsse über die Wirkung des Wahnsinns gaben. Die Todgeweihten verfielen Halluzinationen, manche von ihnen veränderten ihren Charakter von Grund auf, wurden neue Menschen. Doch jedes Mal zeigte sich eine Präsenz, ein Schemen, der sich aus der Seele des Wirtes nährte. Der Vetter war nichts weiter als der personifizierte Abgrund des Menschen, der ihn bewirtete. Je höher das Wesen, desto tiefer sein Abgrund. Es gab niemanden, der nur gut sein konnte. Es ist die gleiche Geschichte, wie bei der Mutter, die ihr Kind tötete. Womöglich handelte sie im Sinne der Menschheit, sollte später einmal ein Teufel diese Welt heimsuchen. Doch dieses Handeln nahm ihr die Menschlichkeit, stieß sie in einen Abgrund, obwohl ihre Wirkung am Ende schier unendliches Erbarmen hervorbrachte. Niemand wusste es besser, da Genie und Wahnsinn nahe beieinander lagen.
Makaveli strich Dails über die Stirn, worauf dieser laut aufschrie, dabei seinen Körper bis auf die Zehen anspannte. Die Deformierung ging zurück, was blieb, war ein Schweißausbruch, mit dem er sich aufrichtete. Seine Augen hatten ihre ursprüngliche Farbe verloren, nahmen ein tiefes dunkles grün an.
„Du bist nicht mehr Dails Parandeus, jedoch mehr als der Vetter jemals war. Sag mir, wer bist Du?“, fragte Makaveli, der die Geburt eines neuen Wesens miterlebte. Seine Faszination stieg ins unermessliche, da das Chaos endlich Gestalt annahm.
All die Jahre sprach der Vetter durch Arty zu ihm, ohne dieser jemals zu sein. Es war nicht der richtige Körper, und nicht die richtige Zeit. Arty musste Gutes tun. Ein Prozess, an dem der Vetter wuchs. Arty gilt bis heute als liebenswürdigster, ehrlichster und großzügigster Mensch seiner Zeit. Er war ein Nährboden für die potentiellen menschlichen Abgründe. Wer erst als perfekt galt, dem sah man seine Fehler schneller an, ganz gleich, wie klein sie waren.
Dails ballte die Fäuste und starrte Makaveli an. Sein Wahnsinn war unterdrückt, doch alles, was er jetzt machte, zog Konsequenzen mit sich. Er verkörperte das Chaos, dass die Teufelsfrüchte mit in die Welt brachten.
„Du nennst dich jetzt Makaveli?“ Dails fing an zu lachen und blickte in den Himmel, in welchem er etwas interessantes entdeckte. „Die Welten kennen mich unterm Namen...“
„Wie willst Du dich jetzt nennen?“ Makaveli lehnte an der Tür eines verlassenen Hauses, dass dem Hotel gegenüberstand. Der Krach war ohrenbetäubend, doch dies beeindruckte ihn nicht. Galvis und Vasitas kämpften immer weiter, keiner von ihnen gab nach. Einer konnte, der andere durfte nicht. Es amüsierte, dass dieser Agent Vasitas genau das tat, was ihm aufgetragen wurde. Starfish hebelte die Lineisten aus, die b-times verpfiff Starfish, der Vetter zerschlug die b-times, Vasitas erledigte Starfish und jetzt lag es an Symon und Vasitas, Galvis auszuschalten.
Alle Konkurrenz schlug sich gegenseitig und wer am Ende übrig blieb, triumphierte. Makaveli wusste genau, dass er derjenige war. Um sein Ziel zu erreichen, musste er nur der lachende Dritte bleiben. Solange niemand gegen ihn vorging, konnte sein Plan gar nicht schief gehen. Er existierte nicht, daher war keine Gefahr zu fürchten. Von niemandem. In den Augen anderer war er tot. Eine Tarnung, die ihre Risiken barg. Wer mit dem Leben spielte, starb daran. Wer aber mit dem Tod spielte. Ja, was passierte mit diesen Leuten. Ein Genie war er, der, der die natürliche Angst des Menschen dafür nutzte, einen neuen Weg zu begehen.
„Sag, wie nennst du dich?“, fragte Makaveli lachend. Es war nicht das Hotel, dass jeden Moment einzustürzen drohte. In seinen Augen stand die Person vor ihm viel näher an einem Einbruch. Eine Teufelsfrucht konnte sofort töten, sofern sie den falschen Wirt erwischte. Jetzt standen ihm zwei Kräfte gegenüber, die beide mehr als tödlich waren. Dails athletischer Körper wirkte deformiert, er konnte kaum aufsehen, da die Muskeln in seinem Nacken seinen Hals nach unten drückten. Es war kein natürliches Wachstum, sondern reiner unkontrollierter Wucher. Seine Schuhe zerrissen, als seine Zehen gegeneinander drückten und seine Füße von dem anschwellenden Druck fast von vorne aus zerrissen wurden. Er musste sich unter lautem Zähneknirschen anstrengen, seinen Körper unter Kontrolle zu bringen. Die Hormone schossen durch seine Adern, lösten Gefühle in ihm aus, denen er sich nie bewusst wurde. Ein Gefühl, jemanden unter Tränen mit wahnwitzigem Grinsen zu ertränken, überkam ihn, seine Hände zitterten, wie sie den sterbenden Kopf unter Wasser drückten, keine Chance auf Überleben wahrten. Dails blinzelte, er wusste nicht, ob er dies wahrnahm oder er es wirklich tat. Sein Gespür für die Realität existierte nicht, er sah sich längst in einem Strudel, an dessen tiefstem Punkt er in neue Welten sprang. Nachdem kein Lebenszeichen mehr von ihr ausging, ließ er den Kopf der Frau los, strich sich übers Gesicht und rieb sich die Augen, während er aus tiefster Kehle schrie, zwischendurch zu husten begann, als sich seine Stimmlage änderte, ihn in ein Lachen drängte, welches nicht mehr aufhörte. Ihm blieb die Luft weg und er brach kurz darauf zusammen.
Makaveli betrachtete sein Gegenüber fasziniert. Er konnte unmöglich nachempfinden, was im Körper seines Partners Dails vorging. Doch die Vorstellung dessen war ihm nicht fremd. Schließlich war Arty nicht der erste Mensch, der die Chaos-Frucht verzehrte. Es waren Forschungen an verurteilten Häftlingen, die ihm Aufschlüsse über die Wirkung des Wahnsinns gaben. Die Todgeweihten verfielen Halluzinationen, manche von ihnen veränderten ihren Charakter von Grund auf, wurden neue Menschen. Doch jedes Mal zeigte sich eine Präsenz, ein Schemen, der sich aus der Seele des Wirtes nährte. Der Vetter war nichts weiter als der personifizierte Abgrund des Menschen, der ihn bewirtete. Je höher das Wesen, desto tiefer sein Abgrund. Es gab niemanden, der nur gut sein konnte. Es ist die gleiche Geschichte, wie bei der Mutter, die ihr Kind tötete. Womöglich handelte sie im Sinne der Menschheit, sollte später einmal ein Teufel diese Welt heimsuchen. Doch dieses Handeln nahm ihr die Menschlichkeit, stieß sie in einen Abgrund, obwohl ihre Wirkung am Ende schier unendliches Erbarmen hervorbrachte. Niemand wusste es besser, da Genie und Wahnsinn nahe beieinander lagen.
Makaveli strich Dails über die Stirn, worauf dieser laut aufschrie, dabei seinen Körper bis auf die Zehen anspannte. Die Deformierung ging zurück, was blieb, war ein Schweißausbruch, mit dem er sich aufrichtete. Seine Augen hatten ihre ursprüngliche Farbe verloren, nahmen ein tiefes dunkles grün an.
„Du bist nicht mehr Dails Parandeus, jedoch mehr als der Vetter jemals war. Sag mir, wer bist Du?“, fragte Makaveli, der die Geburt eines neuen Wesens miterlebte. Seine Faszination stieg ins unermessliche, da das Chaos endlich Gestalt annahm.
All die Jahre sprach der Vetter durch Arty zu ihm, ohne dieser jemals zu sein. Es war nicht der richtige Körper, und nicht die richtige Zeit. Arty musste Gutes tun. Ein Prozess, an dem der Vetter wuchs. Arty gilt bis heute als liebenswürdigster, ehrlichster und großzügigster Mensch seiner Zeit. Er war ein Nährboden für die potentiellen menschlichen Abgründe. Wer erst als perfekt galt, dem sah man seine Fehler schneller an, ganz gleich, wie klein sie waren.
Dails ballte die Fäuste und starrte Makaveli an. Sein Wahnsinn war unterdrückt, doch alles, was er jetzt machte, zog Konsequenzen mit sich. Er verkörperte das Chaos, dass die Teufelsfrüchte mit in die Welt brachten.
„Du nennst dich jetzt Makaveli?“ Dails fing an zu lachen und blickte in den Himmel, in welchem er etwas interessantes entdeckte. „Die Welten kennen mich unterm Namen...“
Makaveli konnte nicht anders, während er langsam die Wand hinab rutschte. Sobald sein Plan eine weitere Phase einleiten würde, war es um die Zustände der Realität äußerst fraglich bestellt. Er musste auf die Worte eines alten Freundes vertrauen. Ohne diesen Glauben konnte er unmöglich fortfahren.
Während seiner Gefangenschaft hatte Mars angefangen ihm alles zu erzählen. Der Vater der Zwillinge wusste, wem er trauen konnte, und wem nicht. Nicht einmal der Lehrer genoss das volle Vertrauen jenes Mannes, der nicht in dieser Welt sein Ende fand. Terrence D. Mars erklärte ihm das Konstrukt der Dimensionen, etwas, dass weit komplexer war als angenommen. Der Lehrer schaute auf Utopia, Shawna Gauß auf ihre eigene Traumwelt. Doch das ganze Gerüst erkannte keiner von ihnen.
Vor über 25 Jahren wurde Terrence von jemandem aus dem Gefängnis des Bangho-Eria-Instituts befreit, kehrte in den Schoß der Organisation zurück. Die Zeit seiner Inhaftierung war zu kurz, um alles in Erfahrung zu bringen. Dies war der Zeitpunkt, an dem sein Doppelleben begann. Aus den Kreisen berühmter Wissenschaftler in den Hort des Verbrechens. In die Nähe jenes Mannes, der ihm schließlich die Wahrheit eröffnete.
Makaveli folgte dem Blick des Vetters und schaute nach oben, konnte sein andauerndes lautes Lachen aber immer noch nicht in den Griff bekommen. Seine Papiertüte zierten dunkle Ränder, wie sie mit spritzendem Speichel in Kontakt kam.
„Du willst dich...wie...nennen?“, brüllte er glucksend und klopfte gegen die Hauswand, wobei Tränen seinen Hals hinab liefen. „Sag...sag ihn nochmal!“
Der Vetter starrte ihn achselzuckend an und strich einen Namen von einem Schmierzettel.
„Dann heiße ich eben nicht Dr. Monkini!“
„Mon...ki...ni, ich kann nicht mehr. MONKINI!....Dok...tor MON..ki-ni!“, äffte Makaveli ihn hustend nach und begann sich selbst auf den Rücken zu klopfen.
Im nächsten Moment wurde er jedoch schlagartig ernst und seine Stimme nahm einen seriösen, jedoch vertrauten Ton an. Ein amüsierter Subtext war dennoch zweifelsohne raus zu hören.
„Die Zeit ist jetzt reif. Wir können die M-Acht auf Distanz halten, da du Heidi Hoes Aura bei eurem Treffen kopiert hast. Du hast Shawna und D Zera zusammen geführt, wodurch über uns das Zentrum geöffnet wurde. Ein Ort, den der Lehrer für seinen Utopia-Plan erreichen wollte. Solange die M-Acht ihn aber bekämpft, kann er seinen Plan nicht vollenden.“ Makaveli rieb sich die Hände und deutete lächelnd in den Himmel.
„Genau in diesem Zeitraum greift der Plan.“ Der Maskierte schmunzelte, während er die Wirkungsstätte des Lehrers zusammen mit dem Vetter erreichte. Es war töricht, Utopia und die Erde miteinander verbinden zu wollen. Es war eine riskante Operation, die einzig das Wiederaufblühen des Antiken Königreiches zum Ziel gehabt hätte. Ein Zustand, den ein alter Geist sehnsüchtig erflehte. Eine Illusion, für die ein Mensch nahezu vollständig vereinnahmt wurde. Makaveli kannte den Mann, der unter der Maske des Lehrers steckte. Jeder kannte ihn.
„Da hat jemand sein Revier markiert.“ Der Vetter deutete ans Ende der Treppe, an der ein gepfählter, mit Kupfer überzogener Leichnam stand. Das Blut zu seinen Füßen war noch frisch, und selbst von der Decke tropfte frische rote Flüssigkeit auf den Kopf des Toten.
„Kreativ, er hat einen Arm an die Decke geklebt.“
„Beachtlich“, erwiderte der Vetter, den das Geräusch des auftreffenden Bluttropfen faszinierte. „Das hätte er mit mir vermutlich auch gemacht“, murmelte Makaveli und schluckte kurz. „Doch dafür blieb ihm keine Zeit“, beendete er seinen Gedanken und stieg die Treppe hinab, die zur steinernen Mitte führte.
Er streckte die Arme aus, seine Stimme hallte im Zentrum, während sich Makaveli im exakten Mittelpunkt des Raumes aufgestellt hatte. Immer wieder drehte er sich um die eigene Achse, nahm jeden einzelnen Steinbogen, der eine versiegelte Dimension darstellte, genauestens in den Blick. „Dass Zentrum des Universums unter meinen Füßen, die Welt, nein, jede Welt in meinen Händen!“ Sein Körper kribbelte voller Ekstase, da es alles Form annahm. Die Leere, die ihm entgegen schlug, verschwand zunehmend. Was eben noch leer war, erschien jetzt in neuem Glanz.
Utopia, St. Atlantis, Spacefort, Level Acht, alle Orte blitzten zwischen den Bögen in der Ferne auf. „Alles was jemals existierte, alles, dass noch existieren wird. Jede Welt hat ihre eigene Geschichte, eine glanzvoller, düsterer und faszinierender als die andere. Vor 800 Jahren soll mit Utopia alles zu Ende gegangen sein? Die Weltregierung soll die größte Hierarchie sein?“
Makaveli brach in lautes Gelächter aus.
„Man muss auf vier Augen blind sein, wenn man nicht erkennt, dass die Geschichte viel weiter zurück reicht.“
Der Vetter beobachtete Makaveli interessiert, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dieser Mann hatte einen Plan, eine Vision und eine klare Überzeugung. Er starb, um für seinen eigenen Plan zu leben.
Erzähler: „Makaveli wird alles verändern. Seine Geschichte endet hier mit den folgenden Worten.“
„Es beginnt.“
„Wann gibst Du auf?“
Sein Atem stockte nach dieser mehr als rhetorischen Frage. Galvis durfte nicht aufgeben. Er hatte sich diesem Wahnsinnigen angenommen und musste für diese Entscheidung gerade stehen. Es war offensichtlich, dass hier einerseits auf Zeit gespielt wurde, auf der anderen Seite...
„Womöglich tot“, entgegnete der Agent, der sich aus einem Berg an Brettern heraus kämpfte.
„Gear 4th.“
Der gesamte Boden unter ihren Füßen verwandelte sich in zähes Gummi, in das der Wissenschaftler jedoch langsam einsank. Vasitas stampfte auf, worauf eine gewaltige Vibration Minds Vater aus dem Gummi heraus in die Luft schleuderte und an die Decke knallen ließ.
„Gear 2nd – jetlag.“ Der Agent verschwand in einer Dampfwolke, griff sich die Beine des fallenden Schwarzhaarigen und riss ihn in die Tischplatte aus Marmor, die durch den blutigen Kopf in Scherben zerschlagen wurde. Die ganze Etage begann einmal mehr zu erbeben, stürzte jedoch wegen des Gummis nicht ein. Alles um sie herum brach nach und nach zusammen, doch ihr Epizentrum blieb intakt.
„Wer hat dich hierher geschickt?“ Galvis rieb sich die Schläfe, zog sich einen riesen Splitter aus dem Arm.
Die Ereignisse auf dem Plaza begannen bereits vor dem Auftritt dieses Irren vor ihm. Selbst wenn es sein alter Kollege war, was hatte dieser jetzt davon? Der Lehrer tötete ihn vor den Augen der Welt. Etwas, dass niemandem verborgen blieb. Selbst hier nicht. Galvis kannte ihn lange genug, eines wusste er: dieses Verhalten passte nicht zu Boundary Colant.
Außer...
„Sie stellen Fragen, obwohl Sie keine Antworten mehr brauchen.“ Vasitas schnaubte. Seine Wunden verheilten schleichend, etwas, dass mehr als ungewöhnlich war. Normalerweise heilten sie gar nicht, da er keine erhielt. Der CP9-Agent ließ zwei kleine Bälle fallen, die nach und nach im Boden versanken. „Ich habe früher die Träger des Strohhutes gejagt. Wenn es kein Auftrag von oben gewesen wäre, hätte ich sie trotzdem verfolgt.“
„Des Ruhmes wegen?“, fragte Galvis und wich einen Schritt zurück, als vor seinen Füßen die Bälle aufschlugen und sich in die zähe Masse einließen.
„Ruhm? Das ist etwas für Schwächlinge. Ich habe sie ganz einfach gehasst. Genauso wie ich Sie verabscheue!“ Er stampfte wütend auf, worauf die Bälle aus dem Boden geschossen kamen und von allen Hindernissen abprallten. Galvis wusste nicht, wo sie sich befanden, zu schnell schossen sie quer durch den Raum. Das Gummi konnte durch seine Konsistenz eine Beschleunigung erzeugen, die jedes Geschoss brandgefährlich machte. Jedes Hindernis erzeugte in seiner Spannung zusätzliche Energie, was in diesem Umfeld eines bedeutete. Sie blieben nicht stehen.
„Ein netter Trick.“ Minds Vater strich sich über den Arm, der farbig zu schimmern begann. „Er berührt mich trotzdem nicht besonders.“ Er lächelte, was den Agenten in Rage versetzte.
Dessen Arm begann zu dampfen, als er zähflüssig zu Boden fiel. Es paffte laut, während die Bälle durch den Logiakörper Vasitas' hindurch glitten, dadurch noch einmal schneller wurden und sich langsam in die Wände bohrten. Es war eine Frage der Zeit, bis der gesamte Raum durch einen einzigen dieser kräftiger werdenden Einschläge endgültig zusammen brechen würde.
Die Technik, die einst Monkey D. Ruffy so berühmt machte, traf auf den heranstürmenden Galvis, der nichts von seiner Gelassenheit fallen ließ. Vasitas schrie auf, dann traf seine Faust auf den Kopf des Wissenschaftlers, glitt aber wirkungslos an diesem entlang. Es war keinerlei Kontakt zwischen den beiden möglich, was den Agenten infolgedessen Richtung Boden beförderte. Überrascht starrte er im Fallen seinem Konkurrenten hinterher, dessen schneller Schritt inzwischen ruhiger wurde.
„Ich würde sie im Auge behalten“, erklärte Galvis lächelnd und blickte auf die Faust des Agenten, die sich im Gummiboden vergrub. Dieser merkte davon nichts, zu fokussiert war er auf sein Ziel.
„Wovon reden Sie?“ Der Agent jaulte auf, als dessen eigene Faust zurück sprang und ihm einen schmerzhaften Kinnhaken verpasste. Er begann benommen zu taumeln, spürte danach einen dumpfen Schlag im Rücken, der ihn nach vorne warf. Diese kurze Unaufmerksamkeit kostete ihn jene Konzentration, die er brauchte, um seinen Körper zu entmaterialisieren. Mit jedem weiteren Schlag seiner Gummigeschosse brachte sich der Agent letztlich selbst zur Aufgabe.
Galvis lächelte lediglich, da er eines erkannte. Solche Menschen mussten selbst erleben, was sie anderen antaten. Dafür musste er selbst keine Hand mehr anlegen. Er ließ sich ins Sofa fallen und verschnaufte. Dieser Agent konnte sich in seinem Wahn nur selbst besiegen. Gesagt. Getan.
„Ich bin zu alt für diesen ganzen Scheiß“, seufzte der Wissenschaftler und erbrach Blut. Er war eben kein Makaveli. Obwohl sie einst wie Brüder waren.
Während seiner Gefangenschaft hatte Mars angefangen ihm alles zu erzählen. Der Vater der Zwillinge wusste, wem er trauen konnte, und wem nicht. Nicht einmal der Lehrer genoss das volle Vertrauen jenes Mannes, der nicht in dieser Welt sein Ende fand. Terrence D. Mars erklärte ihm das Konstrukt der Dimensionen, etwas, dass weit komplexer war als angenommen. Der Lehrer schaute auf Utopia, Shawna Gauß auf ihre eigene Traumwelt. Doch das ganze Gerüst erkannte keiner von ihnen.
Vor über 25 Jahren wurde Terrence von jemandem aus dem Gefängnis des Bangho-Eria-Instituts befreit, kehrte in den Schoß der Organisation zurück. Die Zeit seiner Inhaftierung war zu kurz, um alles in Erfahrung zu bringen. Dies war der Zeitpunkt, an dem sein Doppelleben begann. Aus den Kreisen berühmter Wissenschaftler in den Hort des Verbrechens. In die Nähe jenes Mannes, der ihm schließlich die Wahrheit eröffnete.
Makaveli folgte dem Blick des Vetters und schaute nach oben, konnte sein andauerndes lautes Lachen aber immer noch nicht in den Griff bekommen. Seine Papiertüte zierten dunkle Ränder, wie sie mit spritzendem Speichel in Kontakt kam.
„Du willst dich...wie...nennen?“, brüllte er glucksend und klopfte gegen die Hauswand, wobei Tränen seinen Hals hinab liefen. „Sag...sag ihn nochmal!“
Der Vetter starrte ihn achselzuckend an und strich einen Namen von einem Schmierzettel.
„Dann heiße ich eben nicht Dr. Monkini!“
„Mon...ki...ni, ich kann nicht mehr. MONKINI!....Dok...tor MON..ki-ni!“, äffte Makaveli ihn hustend nach und begann sich selbst auf den Rücken zu klopfen.
Im nächsten Moment wurde er jedoch schlagartig ernst und seine Stimme nahm einen seriösen, jedoch vertrauten Ton an. Ein amüsierter Subtext war dennoch zweifelsohne raus zu hören.
„Die Zeit ist jetzt reif. Wir können die M-Acht auf Distanz halten, da du Heidi Hoes Aura bei eurem Treffen kopiert hast. Du hast Shawna und D Zera zusammen geführt, wodurch über uns das Zentrum geöffnet wurde. Ein Ort, den der Lehrer für seinen Utopia-Plan erreichen wollte. Solange die M-Acht ihn aber bekämpft, kann er seinen Plan nicht vollenden.“ Makaveli rieb sich die Hände und deutete lächelnd in den Himmel.
„Genau in diesem Zeitraum greift der Plan.“ Der Maskierte schmunzelte, während er die Wirkungsstätte des Lehrers zusammen mit dem Vetter erreichte. Es war töricht, Utopia und die Erde miteinander verbinden zu wollen. Es war eine riskante Operation, die einzig das Wiederaufblühen des Antiken Königreiches zum Ziel gehabt hätte. Ein Zustand, den ein alter Geist sehnsüchtig erflehte. Eine Illusion, für die ein Mensch nahezu vollständig vereinnahmt wurde. Makaveli kannte den Mann, der unter der Maske des Lehrers steckte. Jeder kannte ihn.
„Da hat jemand sein Revier markiert.“ Der Vetter deutete ans Ende der Treppe, an der ein gepfählter, mit Kupfer überzogener Leichnam stand. Das Blut zu seinen Füßen war noch frisch, und selbst von der Decke tropfte frische rote Flüssigkeit auf den Kopf des Toten.
„Kreativ, er hat einen Arm an die Decke geklebt.“
„Beachtlich“, erwiderte der Vetter, den das Geräusch des auftreffenden Bluttropfen faszinierte. „Das hätte er mit mir vermutlich auch gemacht“, murmelte Makaveli und schluckte kurz. „Doch dafür blieb ihm keine Zeit“, beendete er seinen Gedanken und stieg die Treppe hinab, die zur steinernen Mitte führte.
Er streckte die Arme aus, seine Stimme hallte im Zentrum, während sich Makaveli im exakten Mittelpunkt des Raumes aufgestellt hatte. Immer wieder drehte er sich um die eigene Achse, nahm jeden einzelnen Steinbogen, der eine versiegelte Dimension darstellte, genauestens in den Blick. „Dass Zentrum des Universums unter meinen Füßen, die Welt, nein, jede Welt in meinen Händen!“ Sein Körper kribbelte voller Ekstase, da es alles Form annahm. Die Leere, die ihm entgegen schlug, verschwand zunehmend. Was eben noch leer war, erschien jetzt in neuem Glanz.
Utopia, St. Atlantis, Spacefort, Level Acht, alle Orte blitzten zwischen den Bögen in der Ferne auf. „Alles was jemals existierte, alles, dass noch existieren wird. Jede Welt hat ihre eigene Geschichte, eine glanzvoller, düsterer und faszinierender als die andere. Vor 800 Jahren soll mit Utopia alles zu Ende gegangen sein? Die Weltregierung soll die größte Hierarchie sein?“
Makaveli brach in lautes Gelächter aus.
„Man muss auf vier Augen blind sein, wenn man nicht erkennt, dass die Geschichte viel weiter zurück reicht.“
Der Vetter beobachtete Makaveli interessiert, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Dieser Mann hatte einen Plan, eine Vision und eine klare Überzeugung. Er starb, um für seinen eigenen Plan zu leben.
Erzähler: „Makaveli wird alles verändern. Seine Geschichte endet hier mit den folgenden Worten.“
„Es beginnt.“
*
„Wann gibst Du auf?“
Sein Atem stockte nach dieser mehr als rhetorischen Frage. Galvis durfte nicht aufgeben. Er hatte sich diesem Wahnsinnigen angenommen und musste für diese Entscheidung gerade stehen. Es war offensichtlich, dass hier einerseits auf Zeit gespielt wurde, auf der anderen Seite...
„Womöglich tot“, entgegnete der Agent, der sich aus einem Berg an Brettern heraus kämpfte.
„Gear 4th.“
Der gesamte Boden unter ihren Füßen verwandelte sich in zähes Gummi, in das der Wissenschaftler jedoch langsam einsank. Vasitas stampfte auf, worauf eine gewaltige Vibration Minds Vater aus dem Gummi heraus in die Luft schleuderte und an die Decke knallen ließ.
„Gear 2nd – jetlag.“ Der Agent verschwand in einer Dampfwolke, griff sich die Beine des fallenden Schwarzhaarigen und riss ihn in die Tischplatte aus Marmor, die durch den blutigen Kopf in Scherben zerschlagen wurde. Die ganze Etage begann einmal mehr zu erbeben, stürzte jedoch wegen des Gummis nicht ein. Alles um sie herum brach nach und nach zusammen, doch ihr Epizentrum blieb intakt.
„Wer hat dich hierher geschickt?“ Galvis rieb sich die Schläfe, zog sich einen riesen Splitter aus dem Arm.
Die Ereignisse auf dem Plaza begannen bereits vor dem Auftritt dieses Irren vor ihm. Selbst wenn es sein alter Kollege war, was hatte dieser jetzt davon? Der Lehrer tötete ihn vor den Augen der Welt. Etwas, dass niemandem verborgen blieb. Selbst hier nicht. Galvis kannte ihn lange genug, eines wusste er: dieses Verhalten passte nicht zu Boundary Colant.
Außer...
„Sie stellen Fragen, obwohl Sie keine Antworten mehr brauchen.“ Vasitas schnaubte. Seine Wunden verheilten schleichend, etwas, dass mehr als ungewöhnlich war. Normalerweise heilten sie gar nicht, da er keine erhielt. Der CP9-Agent ließ zwei kleine Bälle fallen, die nach und nach im Boden versanken. „Ich habe früher die Träger des Strohhutes gejagt. Wenn es kein Auftrag von oben gewesen wäre, hätte ich sie trotzdem verfolgt.“
„Des Ruhmes wegen?“, fragte Galvis und wich einen Schritt zurück, als vor seinen Füßen die Bälle aufschlugen und sich in die zähe Masse einließen.
„Ruhm? Das ist etwas für Schwächlinge. Ich habe sie ganz einfach gehasst. Genauso wie ich Sie verabscheue!“ Er stampfte wütend auf, worauf die Bälle aus dem Boden geschossen kamen und von allen Hindernissen abprallten. Galvis wusste nicht, wo sie sich befanden, zu schnell schossen sie quer durch den Raum. Das Gummi konnte durch seine Konsistenz eine Beschleunigung erzeugen, die jedes Geschoss brandgefährlich machte. Jedes Hindernis erzeugte in seiner Spannung zusätzliche Energie, was in diesem Umfeld eines bedeutete. Sie blieben nicht stehen.
„Ein netter Trick.“ Minds Vater strich sich über den Arm, der farbig zu schimmern begann. „Er berührt mich trotzdem nicht besonders.“ Er lächelte, was den Agenten in Rage versetzte.
Dessen Arm begann zu dampfen, als er zähflüssig zu Boden fiel. Es paffte laut, während die Bälle durch den Logiakörper Vasitas' hindurch glitten, dadurch noch einmal schneller wurden und sich langsam in die Wände bohrten. Es war eine Frage der Zeit, bis der gesamte Raum durch einen einzigen dieser kräftiger werdenden Einschläge endgültig zusammen brechen würde.
Die Technik, die einst Monkey D. Ruffy so berühmt machte, traf auf den heranstürmenden Galvis, der nichts von seiner Gelassenheit fallen ließ. Vasitas schrie auf, dann traf seine Faust auf den Kopf des Wissenschaftlers, glitt aber wirkungslos an diesem entlang. Es war keinerlei Kontakt zwischen den beiden möglich, was den Agenten infolgedessen Richtung Boden beförderte. Überrascht starrte er im Fallen seinem Konkurrenten hinterher, dessen schneller Schritt inzwischen ruhiger wurde.
„Ich würde sie im Auge behalten“, erklärte Galvis lächelnd und blickte auf die Faust des Agenten, die sich im Gummiboden vergrub. Dieser merkte davon nichts, zu fokussiert war er auf sein Ziel.
„Wovon reden Sie?“ Der Agent jaulte auf, als dessen eigene Faust zurück sprang und ihm einen schmerzhaften Kinnhaken verpasste. Er begann benommen zu taumeln, spürte danach einen dumpfen Schlag im Rücken, der ihn nach vorne warf. Diese kurze Unaufmerksamkeit kostete ihn jene Konzentration, die er brauchte, um seinen Körper zu entmaterialisieren. Mit jedem weiteren Schlag seiner Gummigeschosse brachte sich der Agent letztlich selbst zur Aufgabe.
Galvis lächelte lediglich, da er eines erkannte. Solche Menschen mussten selbst erleben, was sie anderen antaten. Dafür musste er selbst keine Hand mehr anlegen. Er ließ sich ins Sofa fallen und verschnaufte. Dieser Agent konnte sich in seinem Wahn nur selbst besiegen. Gesagt. Getan.
„Ich bin zu alt für diesen ganzen Scheiß“, seufzte der Wissenschaftler und erbrach Blut. Er war eben kein Makaveli. Obwohl sie einst wie Brüder waren.
Der alte Professor strich sich durchs Haar, dass unlängst zu kleben begann. Seit dem Chemieunfall war die bohrende Nachfrage der Presse an der Tagesordnung. Einer seiner fähigsten Männer kam mit Stoffen in Berührung, die womöglich tödlich sein konnten. Diu Ludus steckte sich eine weitere Zigarre an und ließ sich auf den Stuhl fallen. Er konnte nicht mehr aufhören zu schwitzen, war sich daher in etwa im klaren darüber, was dann erst mit seinem Kollegen und Freund Galvis geschehen musste. Dieser erlebte mit erheblichen Atembeschwerden und willkürlich aussetzendem Herzschlag noch gute Tage. Professor Ludus wischte sich über die Stirn und zwang sich zur Ruhe. Was er durchmachte, war Stress, doch sein Kollege erlebte seit Tagen reinste Folter. Stimulierende Drogen lehnte er zur Behandlung ab. Niemand wusste, wie es mit ihm weiterging.
„Wäre dies Butch passiert, hätte jede Zeitung herzhaft darüber gelacht...“ Er lächelte müde. Es sollte aber jemanden treffen, der weit größeres Ansehen genoss. Der ehemalige Leiter des Bangho-Eria-Instituts sollte damals nicht den letzten zehrenden Arbeitstag durchstehen. Es kam am nächsten Nachmittag weit schlimmer. In Anwesenheit aller Forscher wurde eine furchtbare Meldung gemacht: „Terrence D. Mars ist auf freiem Fuß.“ Bis heute liegen die Umstände seiner Befreiung im Dunkeln.
„Über 25 Jahre ist das jetzt her...“ Seine Knochen fühlten sich schwer und belastend an. Ein einfacher Agent hätte ihm ein entnervtes Seufzen entlockt, doch nichts im Leben war einfach, geschweige denn vorhersehbar. Selbst der Piratenkönig hatte diesen Wahnsinnigen im Nacken, es bedeutete einiges. „Irgendwo bist du noch da draußen, stimmt´s?“ Minds Vater richtete sich ächzend auf und beobachtete sein Gegenüber. Die heran rasenden Gummigeschosse wurden von seiner Schläfe aufgesogen, verschwanden, mit ihnen das stampfende Geräusch, dass sie im Zimmer hinterlassen hatten.
„Ich hasse Sie!“, schnaufte der Mann der CP9 und betrachtete den Boden. „Wenn ich Sie nicht treffen kann...“ Die weiche Ebene unter ihren Füßen begann sich zu bewegen. „...dann treffen Sie eben mich!“ Er schrie auf, worauf sich alles, auf dem sie stehen konnten, an die Decke presste. Während der Agent sich durch sein eigenes Material bewegte, wurde der Wissenschaftler immer weiterem Druck ausgesetzt.
Vasitas begann zu kichern, als die Decke endlich durchbrochen wurde. Der Agent zitterte am ganzen Körper. Auch ihn hatte es mitgenommen, obwohl die Genugtuung einmal mehr triumphierte. Sein Ziel war eben jener Mann. Dies wurde ihm von seinem Auftraggeber klipp und klar vermittelt. Eben dieser Mensch wusste ganz genau, dass sich sein Opfer in den Vordergrund stellen würde. Ein Duell war das, was Vasitas anstrebte. Mehr wäre selbst für ihn reinste Verausgabung geworden. Er hatte heute hunderte Zivilisten auf dem Gewissen, ein halbes Wohnviertel dem Erdboden gleichgemacht, es war genug. Jetzt hieß es: Ausruhen. Morgen würde ein neuer Tag sein.
„Eines darf der pflichtbewusste Beamte nicht vergessen.“ Er blickte durch das Deckenloch und rieb sich den steifen Hals. „Tot hat im Protokoll auch tot zu bedeuten.“
„Spar dir den Papierkram“, zischte eine Stimme hinter ihm. Im nächsten Moment brach der Agent mit gebrochenen Knochen durch mehrere Wände, wurde darauf unter mehreren einstürzenden Zimmern der oberen Stockwerke begraben.
Es kümmerte ihn nicht mehr, welchen Stellenwert dieses Hotel für das Gemeinwohl hatte. Wie wichtig es für Artys Mission war. Dieses Gutmenschentum hatte keinen Platz in diesem Gemäuer. Sein Weg war deutlich darin, nach und nach von ihm abzukommen. Was bedeutete es jetzt noch, Gutes zu tun? Mind ballte die Fäuste, starrte kühl zu dem Gebäudeteil, der nach und nach in sich zusammen brach. Stabile Wände wurden mit dem Agenten eingerissen, und in wenigen Minuten war Artys Symbol in Mary Joa zerstört. Die Bleibe für Arme und diejenigen, die von schönerem Leben träumen durften. All jene, die etwas Glanz und Schein erstrebten, bekamen ihn.
Doch was bedeutete Er in diesem ganzen Konstrukt, dass sich Gesellschaft schimpfte? Selbst seine Schwester ging in Gefangenschaft ihrer Passion nach und entwarf Gebäude. Sein Vater konnte jeden Tag tot umfallen, doch er forschte trotzdem aus Überzeugung weiter. Und seine Mutter, sie sah seit Jahrzehnten die Ungerechtigkeit zwischen arm und reich, den Konflikten aller Ethnien dieser unüberschaubaren, verrückten Welt. Dennoch arbeitete sie mit Arty zum Wohle aller.
Nur er fühlte sich einmal mehr wie dieses Gebäude: mit ihnen verband man so viel Gutes, Menschen verdankten ihnen ihr Leben und doch drohten sie einzustürzen.
„Unzählige Wochen ist das jetzt her.“ Diese Reserve hatte er sich seine ganze Reise lang warm gehalten. Sommerbärs Angebot, es war sein erster Dank, an den er sich wohlwollend zurück erinnerte. Mit Shadys und Henris Rekrutierung war auch stets einiges an Wehmut verbunden. Sein Vater schluchzte wie ein Schoßhund, als sein Sohn sich nach all den Jahren der Geschichten selbst auf hohe See begab. Shady, der ebenfalls eine Legende werden wollte. Nahe den 30 war es einer seiner härtesten Kämpfe, sich dem Griff seines übertreuen Vaters zu entziehen. Mind lächelte.
Eigentlich wollten sie diesen verflixten Tag nur überleben, schauen, wie es dann mit ihnen weitergehen würde. Jetzt gab es noch ein, zwei Dinge zu tun, danach konnte er sich immer noch Gedanken über seine unsichere Zukunft machen. So sehr ihn diese Fragen auch seit je her quälten. Wenn bereits zehn Minuten sein Leben von Grund auf umkrempeln konnten, weshalb sollte sich gleich nichts ereignen, dass seine ganzen Zweifel beseitigte? Manchmal zwang das Leben einen zum Handeln, so, wie es bisher geschehen war. Was sollte daran jemals anders sein?, fragte er sich mit zitternder Unterlippe.
Das Licht am Ende des Tunnels war erreicht. Erneut. Galvis hustete und mit jedem Mal wurde seine Kleidung mit weiteren Blutspritzern befleckt. Sein ganzer Mund füllte sich mit Blut. Wo er verletzt war, wollte er gar nicht weiter in Frage stellen. Er versuchte sich zu drehen, seine Knochen knackten, als er sich über einen kleineren Bretterhaufen zu rollen versuchte. Seine Gliedmaßen waren steif, manche fühlte er nicht mal mehr. Er gurgelte kurz, danach spuckte er alles Blut aus, dass ihn am Atmen hinderte. Seine inneren Verletzungen, sie kümmerten ihn nicht. Er lebte seit über 25 Jahren mit Phantomschmerzen, die ihn aus dem Schlaf reißen konnten. Die ihm eine genüssliche Speise verdarben, bei denen er insgeheim fürchtete, dass jeder Menschenkontakt ein potentieller Mord sei. Es war niemals wichtig, wie er irgendwann sterben würde. Er realisierte jeden Tag, dass es sein letzter sein würde. Ein Gedanke, der ihn nicht einmal mehr ängstigte. Jeden Morgen ärgerte es ihn, an seinen Tod zu denken. Und doch lebte er, darauf wartend, dass ihn irgendetwas von vielem einholen würde.
„Wie fühlt sich das an?“, fragte eine Stimme, die sehr weit entfernt klang. Bretter knarzten unter seinen Schuhen, als sich der junge Mann neben ihn stellte und den Wissenschaftler mit der Fußspitze auf den Rücken zurück drehte, nur, um selbige sanft auf seinem Brustkorb abzusetzen.
„Symon, was soll das hier?“, erwiderte Galvis mit glasigem Blick. „SEIT ACHT JAHREN!“, der Agent stupste mit seinem Zeh das fragile Knochengerüst an, dass darunter bereits zu brechen begann. Galvis begann zu schreien, doch seine Stimme fühlte sich anders an. Aus dem geöffneten Fenster fegte lediglich eine eisige Windböe hinein, die dem Wissenschaftler einen Schauer über den Rücken jagte.
„Seit acht Jahren warte ich auf diesen Tag!“, schrie der Agent, was Galvis lediglich durch den weit aufgerissenen Mund ausmachte. Statt eines Tons begannen die offenen Fensterläden zu wackeln. Trotz dieses Vorgangs wusste er, was der Sohn von Ganzley Hendrumber ihm sagte.
„Mein Vater starb vor acht Jahren.“ Die Verbitterung in seiner Stimme war für den Wissenschaftler klar zu spüren. Doch hören konnte er sie nicht. Die Kälte, die der Junge ausstrahlte, beunruhigte ihn. Ein Tritt in seine Rippe nahm ihm für eine gefühlte Stunde das Bewusstsein.
„Ich könnte dich töten, ohne, dass Du mein Gesicht je gesehen hättest.“ Der Agent machte keinen Hehl daraus. Er unterdrückte seine Wut nicht einmal. Rabiat packte er Galvis am Kragen und setzte ihn auf einem der Stühle ab, auf denen sich der Wissenschaftler kaum noch halten konnte. Stöhnend nahm er die Worte des verbitterten Jungen auf. Wer konnte es diesem verübeln? Er würde es sich selbst nicht glauben, auch wenn ihm seine Augen in diesen Momenten keinen Streich gespielt haben. Ganzley Hendrumber starb durch seine eigene Hand. Dass sah er, obwohl unzählige Albträume ihm das Gegenteil zu beweisen versuchten. Aber was war bei seinen Aussetzern noch Realität? Galvis wartete jeden Tag auf den Tod, damit er nicht fähig war ihn zu überraschen. Wer weiß, womöglich musste er sich morgen nicht mehr aufregen.
„Du hast mir meinen Vater genommen“, brüllte der Agent und trat den Wissenschaftler durch die Stuhllehne.
Niemand konnte sie hören, denn seine Fähigkeit war wie für diesen einen Moment gemacht. Minuten, in denen jeder Schrei, jede Entschuldigung, jede Lüge, einfach jedes Geräusch in der Ferne verschwand. Das Einzige, was ihnen blieb, war seine Rache.
„Wäre dies Butch passiert, hätte jede Zeitung herzhaft darüber gelacht...“ Er lächelte müde. Es sollte aber jemanden treffen, der weit größeres Ansehen genoss. Der ehemalige Leiter des Bangho-Eria-Instituts sollte damals nicht den letzten zehrenden Arbeitstag durchstehen. Es kam am nächsten Nachmittag weit schlimmer. In Anwesenheit aller Forscher wurde eine furchtbare Meldung gemacht: „Terrence D. Mars ist auf freiem Fuß.“ Bis heute liegen die Umstände seiner Befreiung im Dunkeln.
„Über 25 Jahre ist das jetzt her...“ Seine Knochen fühlten sich schwer und belastend an. Ein einfacher Agent hätte ihm ein entnervtes Seufzen entlockt, doch nichts im Leben war einfach, geschweige denn vorhersehbar. Selbst der Piratenkönig hatte diesen Wahnsinnigen im Nacken, es bedeutete einiges. „Irgendwo bist du noch da draußen, stimmt´s?“ Minds Vater richtete sich ächzend auf und beobachtete sein Gegenüber. Die heran rasenden Gummigeschosse wurden von seiner Schläfe aufgesogen, verschwanden, mit ihnen das stampfende Geräusch, dass sie im Zimmer hinterlassen hatten.
„Ich hasse Sie!“, schnaufte der Mann der CP9 und betrachtete den Boden. „Wenn ich Sie nicht treffen kann...“ Die weiche Ebene unter ihren Füßen begann sich zu bewegen. „...dann treffen Sie eben mich!“ Er schrie auf, worauf sich alles, auf dem sie stehen konnten, an die Decke presste. Während der Agent sich durch sein eigenes Material bewegte, wurde der Wissenschaftler immer weiterem Druck ausgesetzt.
Vasitas begann zu kichern, als die Decke endlich durchbrochen wurde. Der Agent zitterte am ganzen Körper. Auch ihn hatte es mitgenommen, obwohl die Genugtuung einmal mehr triumphierte. Sein Ziel war eben jener Mann. Dies wurde ihm von seinem Auftraggeber klipp und klar vermittelt. Eben dieser Mensch wusste ganz genau, dass sich sein Opfer in den Vordergrund stellen würde. Ein Duell war das, was Vasitas anstrebte. Mehr wäre selbst für ihn reinste Verausgabung geworden. Er hatte heute hunderte Zivilisten auf dem Gewissen, ein halbes Wohnviertel dem Erdboden gleichgemacht, es war genug. Jetzt hieß es: Ausruhen. Morgen würde ein neuer Tag sein.
„Eines darf der pflichtbewusste Beamte nicht vergessen.“ Er blickte durch das Deckenloch und rieb sich den steifen Hals. „Tot hat im Protokoll auch tot zu bedeuten.“
„Spar dir den Papierkram“, zischte eine Stimme hinter ihm. Im nächsten Moment brach der Agent mit gebrochenen Knochen durch mehrere Wände, wurde darauf unter mehreren einstürzenden Zimmern der oberen Stockwerke begraben.
Es kümmerte ihn nicht mehr, welchen Stellenwert dieses Hotel für das Gemeinwohl hatte. Wie wichtig es für Artys Mission war. Dieses Gutmenschentum hatte keinen Platz in diesem Gemäuer. Sein Weg war deutlich darin, nach und nach von ihm abzukommen. Was bedeutete es jetzt noch, Gutes zu tun? Mind ballte die Fäuste, starrte kühl zu dem Gebäudeteil, der nach und nach in sich zusammen brach. Stabile Wände wurden mit dem Agenten eingerissen, und in wenigen Minuten war Artys Symbol in Mary Joa zerstört. Die Bleibe für Arme und diejenigen, die von schönerem Leben träumen durften. All jene, die etwas Glanz und Schein erstrebten, bekamen ihn.
Doch was bedeutete Er in diesem ganzen Konstrukt, dass sich Gesellschaft schimpfte? Selbst seine Schwester ging in Gefangenschaft ihrer Passion nach und entwarf Gebäude. Sein Vater konnte jeden Tag tot umfallen, doch er forschte trotzdem aus Überzeugung weiter. Und seine Mutter, sie sah seit Jahrzehnten die Ungerechtigkeit zwischen arm und reich, den Konflikten aller Ethnien dieser unüberschaubaren, verrückten Welt. Dennoch arbeitete sie mit Arty zum Wohle aller.
Nur er fühlte sich einmal mehr wie dieses Gebäude: mit ihnen verband man so viel Gutes, Menschen verdankten ihnen ihr Leben und doch drohten sie einzustürzen.
„Du darfst hier dein Leben lang kostenlos leben. Nun, was sagst du zu meinem Angebot?“
„Unzählige Wochen ist das jetzt her.“ Diese Reserve hatte er sich seine ganze Reise lang warm gehalten. Sommerbärs Angebot, es war sein erster Dank, an den er sich wohlwollend zurück erinnerte. Mit Shadys und Henris Rekrutierung war auch stets einiges an Wehmut verbunden. Sein Vater schluchzte wie ein Schoßhund, als sein Sohn sich nach all den Jahren der Geschichten selbst auf hohe See begab. Shady, der ebenfalls eine Legende werden wollte. Nahe den 30 war es einer seiner härtesten Kämpfe, sich dem Griff seines übertreuen Vaters zu entziehen. Mind lächelte.
Eigentlich wollten sie diesen verflixten Tag nur überleben, schauen, wie es dann mit ihnen weitergehen würde. Jetzt gab es noch ein, zwei Dinge zu tun, danach konnte er sich immer noch Gedanken über seine unsichere Zukunft machen. So sehr ihn diese Fragen auch seit je her quälten. Wenn bereits zehn Minuten sein Leben von Grund auf umkrempeln konnten, weshalb sollte sich gleich nichts ereignen, dass seine ganzen Zweifel beseitigte? Manchmal zwang das Leben einen zum Handeln, so, wie es bisher geschehen war. Was sollte daran jemals anders sein?, fragte er sich mit zitternder Unterlippe.
Das Licht am Ende des Tunnels war erreicht. Erneut. Galvis hustete und mit jedem Mal wurde seine Kleidung mit weiteren Blutspritzern befleckt. Sein ganzer Mund füllte sich mit Blut. Wo er verletzt war, wollte er gar nicht weiter in Frage stellen. Er versuchte sich zu drehen, seine Knochen knackten, als er sich über einen kleineren Bretterhaufen zu rollen versuchte. Seine Gliedmaßen waren steif, manche fühlte er nicht mal mehr. Er gurgelte kurz, danach spuckte er alles Blut aus, dass ihn am Atmen hinderte. Seine inneren Verletzungen, sie kümmerten ihn nicht. Er lebte seit über 25 Jahren mit Phantomschmerzen, die ihn aus dem Schlaf reißen konnten. Die ihm eine genüssliche Speise verdarben, bei denen er insgeheim fürchtete, dass jeder Menschenkontakt ein potentieller Mord sei. Es war niemals wichtig, wie er irgendwann sterben würde. Er realisierte jeden Tag, dass es sein letzter sein würde. Ein Gedanke, der ihn nicht einmal mehr ängstigte. Jeden Morgen ärgerte es ihn, an seinen Tod zu denken. Und doch lebte er, darauf wartend, dass ihn irgendetwas von vielem einholen würde.
„Wie fühlt sich das an?“, fragte eine Stimme, die sehr weit entfernt klang. Bretter knarzten unter seinen Schuhen, als sich der junge Mann neben ihn stellte und den Wissenschaftler mit der Fußspitze auf den Rücken zurück drehte, nur, um selbige sanft auf seinem Brustkorb abzusetzen.
„Symon, was soll das hier?“, erwiderte Galvis mit glasigem Blick. „SEIT ACHT JAHREN!“, der Agent stupste mit seinem Zeh das fragile Knochengerüst an, dass darunter bereits zu brechen begann. Galvis begann zu schreien, doch seine Stimme fühlte sich anders an. Aus dem geöffneten Fenster fegte lediglich eine eisige Windböe hinein, die dem Wissenschaftler einen Schauer über den Rücken jagte.
„Seit acht Jahren warte ich auf diesen Tag!“, schrie der Agent, was Galvis lediglich durch den weit aufgerissenen Mund ausmachte. Statt eines Tons begannen die offenen Fensterläden zu wackeln. Trotz dieses Vorgangs wusste er, was der Sohn von Ganzley Hendrumber ihm sagte.
„Mein Vater starb vor acht Jahren.“ Die Verbitterung in seiner Stimme war für den Wissenschaftler klar zu spüren. Doch hören konnte er sie nicht. Die Kälte, die der Junge ausstrahlte, beunruhigte ihn. Ein Tritt in seine Rippe nahm ihm für eine gefühlte Stunde das Bewusstsein.
„Ich könnte dich töten, ohne, dass Du mein Gesicht je gesehen hättest.“ Der Agent machte keinen Hehl daraus. Er unterdrückte seine Wut nicht einmal. Rabiat packte er Galvis am Kragen und setzte ihn auf einem der Stühle ab, auf denen sich der Wissenschaftler kaum noch halten konnte. Stöhnend nahm er die Worte des verbitterten Jungen auf. Wer konnte es diesem verübeln? Er würde es sich selbst nicht glauben, auch wenn ihm seine Augen in diesen Momenten keinen Streich gespielt haben. Ganzley Hendrumber starb durch seine eigene Hand. Dass sah er, obwohl unzählige Albträume ihm das Gegenteil zu beweisen versuchten. Aber was war bei seinen Aussetzern noch Realität? Galvis wartete jeden Tag auf den Tod, damit er nicht fähig war ihn zu überraschen. Wer weiß, womöglich musste er sich morgen nicht mehr aufregen.
„Du hast mir meinen Vater genommen“, brüllte der Agent und trat den Wissenschaftler durch die Stuhllehne.
Niemand konnte sie hören, denn seine Fähigkeit war wie für diesen einen Moment gemacht. Minuten, in denen jeder Schrei, jede Entschuldigung, jede Lüge, einfach jedes Geräusch in der Ferne verschwand. Das Einzige, was ihnen blieb, war seine Rache.
„Kinder, damals vor 36 Jahren lernte ich eure Mutter kennen. Es war ein verschneiter, trüber Tag. Kaum zu fassen, dass ich unter diesen Umständen eben jene Frau kennen lernte. Als ich sie erblickte, begann sich die Sonne durch die dichte Wolkendecke zu kämpfen, zeigte mir, dass mein Weg zu ihr der Richtige sein würde.“ Er hielt inne.
Der Erzähler lehnte sich nach vorne, rieb sich die Augen und atmete tief ein. Kinder saßen um seinen Sessel verteilt, betrachteten ihn interessiert, lauschten mit angehaltenem Atem seiner Worte, während das Feuer hinter ihnen knisterte. „Wie geht es weiter, Onkel Ernst?“ Die Stimme des Mädchens zitterte, denn sie schien den bloßen Gedanken daran nicht hinnehmen zu können, hier vor einer unvollendeten Geschichte zu stehen. Sein Augenlid zuckte, er räusperte sich verhalten und griff nach dem Manuskript, dass liebevoll Seite für Seite laminiert wurde. Es fühlte sich fremd an. „Nun, es sollte der Start und Wendepunkt einer Suche sein, die vorher nie vom 16-Jährigen in Betracht gezogen worden wäre. Er war noch sehr jung und hätte er sie nicht getroffen, wäre er womöglich...“ Seine Hände verkrampften schlagartig und er warf die Aufzeichnungen ins Feuer, begann zu schreien, sprang auf und lief wild gestikulierend um seinen Sessel herum. „Was macht ihr hier eigentlich?“ Eine Ader über seiner Stirn pulsierte dermaßen stark, dass als Ergebnis eine Kerze auf der Fensterbank erlosch. Er war gereizt, doch er sollte sich fangen, da dies für einen professionellen Erzähler üblich war.
„Verzieht euch!“
Fäuste schwingend und laut polternd beförderte er die ungeladenen Gäste mit Fußtritten aus dem Lustzimmer – des Erzählers Bezeichnung für jede Räumlichkeit. Nachdem die Kinder unter Tränen sein Anwesen verließen und zuvor vor den Terminatoren, Alligatoren und Giftmohren fliehen mussten, ließ sich Ernst auf seinem Sessel nieder und strich sich über den Saum seines Mantels. „Du willst mich mit einer falschen Geschichte ablenken und aus dem Geschäft verjagen, heh?“ Ernst klopfte seine Pfeife aus und lachte schnippisch. „Doch ich werde meine heute angesetzte Vertragsverlängerung unter keinen Umständen verpassen.“ Er stand auf, setzte ein Bein auf der Lehne ab und versteifte sich in antiker Denkerpose, die bei den Philosophen eines aussagte: Ich bin voll und ganz auf der Höhe des Geschehens.
„Beck, Beck, Beck...du willst mich mit einer endlosen Geschichte hinhalten, doch nichts und niemand wird mich heute ablenken!“ Er blickte gen Decke und reckte die geballte Faust in dieselbe Richtung.
„Ich bin der Herr der Lage!“ Es knarrte an der Tür der hiesigen Villa und eine angestrengte, keuchende Stimme war zu hören. „Schatz, ich bin wieder da!“, rief Ernst' Frau mit letzter Kraft, während sie sechs Körbe voller Bademäntel und bunter Hausschuhe abstellte. „Sex? … Sex!!“, erwiderte dieser trocken.
„Ich soll dein Vater sein?“ Der Anführer der M-Acht duckte sich unter einem der Tritte hinweg, die ihm bereits eine blutige Nase verpassen konnten. Lywet war kein normaler Marinesoldat. Er war stark. Unmenschlich stark. San Jigen schluckte. Damit war nicht einmal mehr das Attribut der CP9 gemeint. Lywet war wirklich ein Übermensch. Er wollte gerade im Satz abbrechen und sich ducken, doch die Faust seines vermeintlichen Sohnes kam vor seinem Gesicht zum stehen. Heidi Hoe verschnaufte kurz.
„Soll ich´s erklä...“ Weiter kam er nicht, seine Augen vor Überwältigung weit aufgerissen, als die Druckwelle ihm mehrere Zähne ausschlug und seinen Kopf gegen das nächste feste Hindernis aufschlagen ließ. Sein Schädel dröhnte, nachdem eine einstürzende Hauswand an ihm zertrümmert wurde. Mit einem Wink wurde die Fassade in die Schwebe befördert, sodass sich der Bärtige mühelos erheben konnte. „Besten Dank“, murmelte der Alte dem reichen Kollegen zu, der sich unterdessen immer schwerer auf die Gesteinswesen einstellte. Manche von ihnen wurden von blauer Chemikalie ummantelt. Andere Figuren bestanden nur noch aus dem Stoff mit der Silhouette jener Kolosse, andere wiederum waren flüssig, besaßen dafür riesige steinerne Fäuste. Es war ein Mischung aus zwei Teufelsfrüchten und zwei Aggregatzuständen, etwas, dass in der Entwicklung eigenwilliger Waffen das bislang höchste der Gefühle für Rich²man darstellte. Verbunden mit zwei regenerierenden Eigenschaften blieb ihm nichts anderes übrig, als den Anwender dieser Kraft ausfindig zu machen. Andernfalls würde ihm irgendwann die Luft ausgehen, ganz gleich, wie viele Tage er sich mühte. Was nicht sterben konnte, war sonst unaufhaltbar.
San Jigen schloss die Augen, ignorierte den Impuls, der in ihm aufkam. Der Junge gehörte zur Marine und sollten seine Worte wahr sein, musste er kühlen Kopf bewahren. Ein Schlag gegen die Schläfe ließ den alten Mann nach hinten taumeln. Wie viele Möglichkeiten blieben ihm jetzt. Konnte er den Tod seines Sohnes in Kauf nehmen oder aber einen Hochstapler zur Strecke bringen? Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm, ganz gleich, wie alt und träge der Baum geworden war. Was hatte der Lehrer bloß mit dem Jungen angestellt?
„Ich tue es aus Überzeugung“, erklärte Lywet kühl und streckte die Arme auseinander. Seine Körperspannung zerriss ihm fast die Kleidung, was sein Vater mit erstauntem und zugleich beängstigtem Blick zur Kenntnis nahm. „Es heißt nur noch Formel 6, weil viele Techniken vor Jahrzehnten verboten wurden.“ Die Arme seines Sohnes begannen zu schimmern. Er sprach lediglich ein Wort aus, dass seit Jahren hängen blieb. Dass er einfach nicht mehr vergessen konnte. „Missmissy!“
So hieß keine Technik, dachte der Alte grübelnd, sprang aber routiniert nach oben, um dem Luftschnitt zu entgehen, der hinter ihm mühelos und äußerst sauber ein Gebäude zerteilte. „Deine Generation hat so verdammt viel Schaden damit angerichtet, dass diese schönen Künste nie wieder gelehrt werden.“
Die Stimme des Jungen zitterte leicht. Er musste alles aufbieten, damit Jenna lebte. Alles, wovon er nur Gerüchte hörte, davon beschloss er, es sich selbst beizubringen. Es war egal, wie viel Arbeit ihm von vornherein verbaut wurde. Wie lasch das Training der Marine heutzutage war. Es war nicht einfach das Blut, das in ihm floss, es war der Körper, der ihm gegeben wurde, und der mit dem richtigen Antrieb alles in den Schatten stellen konnte.
Selbst Martell fing damals klein an, doch was ihm heutzutage nachgesagt wird, entsprach einerseits der Wahrheit, andererseits sollte es selbst seinem Vater noch weitere Falten ins Gesicht treiben. Heidi Hoe galt als der Stärkste, doch eines wusste die Welt nur unter vorgehaltener Hand: William Martell war stärker. Sein einziges Handycap blieb eines: er ist nicht aktiv. Jetzt war es Lywet, der in Gedanken versunken war. Es zählten für ihn zwei Dinge: seine Liebe zu retten und sein Ziel im Blick zu behalten. Zwei Dinge, die sich gegenseitig bedingten. Jenna überlebte, sofern er seinen Vater ins Jenseits beförderte. Martell konnte er erst die Stirn bieten, sofern er einem Kaliber wie seinem Vater ebenbürtig war.
„Miss Missy war eine Prostituierte.“
Lywet schreckte auf. Die Hand des alten Mannes ruhte auf seinen Schultern. Etwas Unbehagliches erfasste ihn. Er halluzinierte. Vor seinem inneren Auge tanzte das Blut in den Adern. Es prickelte, als es im Zickzack um eine riesige Feuerstelle hüpfte. Der junge Mann biss sich auf die Lippen. Sein Blutkreislauf pulsierte förmlich, es fühlte sich an, als würde jeder einzelne Tropfen gegen die Haut springen, versuchen, aus ihr hervorzubrechen.
„Ich kenne diesen Blick.“ Der Alte lächelte. „Bis vor einigen Jahren war mir auch nicht bewusst, was wirklich in meinem Körper vorgeht.“ Plötzlich wurde der Junge ruhig. Er realisierte, dass sein Vater ihn erkannte. Und dass, obwohl sie sich vorher nie bewusst begegnet waren. „Der Tanz ums Feuer ist ein altes Ritual, mit dem vor langer Zeit ein Gott angerufen wurde. Einer, der alles verändern sollte.“ „Wir sind...Götter?“ Es hörte sich komisch an, nachdem er diese Frage gestellt hatte.
Seine Wurzeln, seine Vergangenheit, bis vor kurzem existierte nichts davon. Er war einfach ein Mann ohne Geschichte. Ein Blatt, dass mit Anerkennung und Ruhm ausgezeichnet, doch in Wahrheit absolut unbeschrieben war. Jeder Mensch brauchte einen Platz, sonst konnte er sich niemals entwickeln. Selbst er, der er das Talent erbte und auch zu nutzen wusste, kannte seine Grenzen. Er hatte bis vor kurzem keinerlei Rückhalt, nichts, wofür es sich wirklich lohnte, zu wachsen. Jenna war die erste Person, die dazu fähig war, ihm diese Bürde zu nehmen. Ihn auszufüllen und einen Hintergrund zu geben. Dafür liebte er sie – und dafür war er bereit, alles zu tun, damit er richtig lebte. Doch jetzt stockte er kurz. Ließ er sich erweichen oder war es lediglich sein unbewusstes Warten, bis sein Gegenüber ihm alles erzählte, endlich dazu bereit war, Platz zu machen und jemandem das Leben zu ermöglichen, dass er ihm jahrelang verwehrte. San Jigen war sein Vater, doch er war niemals dass, was man als Familie bezeichnete. Dass, was ihn lange unvollständig machte und durch ein Mädchen gefüllt werden musste.
„Missy Travers nannte sich deine Mutter. Ich kenne weder ihren richtigen Namen, noch kannte ich sie.“ Der alte Mann bekam einen trockenen Hals und versuchte zu schlucken, was ihm angesichts dieser Situation äußerst schwer fiel. „Ich kann dir nicht sagen, wer deine Mutter ist. Was für eine Person sie wirklich ist. Nur eines.“ Er schmunzelte. „Ich hätte dich niemals bereut.“
Der Yamakuma steckt nicht in dir.
Und Nein, sind wir nicht.
Der alte Mann spürte eine Macht in seinem Rücken und schloss die Augen. Er musste es ihm wirklich abkaufen. Der Lehrer musste ihm glauben, sonst würden sie beide sterben. Vater und Sohn. Dass sie wirklich kämpften, musste überzeugend rüber kommen. Sein Sohn war nicht verwirrt oder fehlgeleitet, dass erkannte er. Es lastete momentan ein ungemeiner Druck auf Lywet. So viel konnte sich der Anführer der M-Acht zusammen reimen. Doch das große Ganze dahinter faszinierte und interessierte ihn wirklich. Sein Junge folgte einer Überzeugung, die ihm in keiner Faser seines Herzens zuwider war.
Es war beeindruckend. Wie gern hätte er ihn zur richtigen Zeit kennen gelernt.
San Jigen drückte seine Hand auf Lywets Schulter nach unten und rammte ihm das Knie in die Weichteile, was diesen – wie jeden Mann – dumpf zusammen sacken ließ. Der Lehrer zögerte hinter ihnen und zog die Luft scharf ein.
Erzähler: „Bro!“ Ein nassblauer Eisbeutel lag auf seinem Schritt, während der Erzähler einige Tränen unterdrückte.
Der Erzähler lehnte sich nach vorne, rieb sich die Augen und atmete tief ein. Kinder saßen um seinen Sessel verteilt, betrachteten ihn interessiert, lauschten mit angehaltenem Atem seiner Worte, während das Feuer hinter ihnen knisterte. „Wie geht es weiter, Onkel Ernst?“ Die Stimme des Mädchens zitterte, denn sie schien den bloßen Gedanken daran nicht hinnehmen zu können, hier vor einer unvollendeten Geschichte zu stehen. Sein Augenlid zuckte, er räusperte sich verhalten und griff nach dem Manuskript, dass liebevoll Seite für Seite laminiert wurde. Es fühlte sich fremd an. „Nun, es sollte der Start und Wendepunkt einer Suche sein, die vorher nie vom 16-Jährigen in Betracht gezogen worden wäre. Er war noch sehr jung und hätte er sie nicht getroffen, wäre er womöglich...“ Seine Hände verkrampften schlagartig und er warf die Aufzeichnungen ins Feuer, begann zu schreien, sprang auf und lief wild gestikulierend um seinen Sessel herum. „Was macht ihr hier eigentlich?“ Eine Ader über seiner Stirn pulsierte dermaßen stark, dass als Ergebnis eine Kerze auf der Fensterbank erlosch. Er war gereizt, doch er sollte sich fangen, da dies für einen professionellen Erzähler üblich war.
„Verzieht euch!“
Fäuste schwingend und laut polternd beförderte er die ungeladenen Gäste mit Fußtritten aus dem Lustzimmer – des Erzählers Bezeichnung für jede Räumlichkeit. Nachdem die Kinder unter Tränen sein Anwesen verließen und zuvor vor den Terminatoren, Alligatoren und Giftmohren fliehen mussten, ließ sich Ernst auf seinem Sessel nieder und strich sich über den Saum seines Mantels. „Du willst mich mit einer falschen Geschichte ablenken und aus dem Geschäft verjagen, heh?“ Ernst klopfte seine Pfeife aus und lachte schnippisch. „Doch ich werde meine heute angesetzte Vertragsverlängerung unter keinen Umständen verpassen.“ Er stand auf, setzte ein Bein auf der Lehne ab und versteifte sich in antiker Denkerpose, die bei den Philosophen eines aussagte: Ich bin voll und ganz auf der Höhe des Geschehens.
„Beck, Beck, Beck...du willst mich mit einer endlosen Geschichte hinhalten, doch nichts und niemand wird mich heute ablenken!“ Er blickte gen Decke und reckte die geballte Faust in dieselbe Richtung.
„Ich bin der Herr der Lage!“ Es knarrte an der Tür der hiesigen Villa und eine angestrengte, keuchende Stimme war zu hören. „Schatz, ich bin wieder da!“, rief Ernst' Frau mit letzter Kraft, während sie sechs Körbe voller Bademäntel und bunter Hausschuhe abstellte. „Sex? … Sex!!“, erwiderte dieser trocken.
*
„Ich soll dein Vater sein?“ Der Anführer der M-Acht duckte sich unter einem der Tritte hinweg, die ihm bereits eine blutige Nase verpassen konnten. Lywet war kein normaler Marinesoldat. Er war stark. Unmenschlich stark. San Jigen schluckte. Damit war nicht einmal mehr das Attribut der CP9 gemeint. Lywet war wirklich ein Übermensch. Er wollte gerade im Satz abbrechen und sich ducken, doch die Faust seines vermeintlichen Sohnes kam vor seinem Gesicht zum stehen. Heidi Hoe verschnaufte kurz.
„Soll ich´s erklä...“ Weiter kam er nicht, seine Augen vor Überwältigung weit aufgerissen, als die Druckwelle ihm mehrere Zähne ausschlug und seinen Kopf gegen das nächste feste Hindernis aufschlagen ließ. Sein Schädel dröhnte, nachdem eine einstürzende Hauswand an ihm zertrümmert wurde. Mit einem Wink wurde die Fassade in die Schwebe befördert, sodass sich der Bärtige mühelos erheben konnte. „Besten Dank“, murmelte der Alte dem reichen Kollegen zu, der sich unterdessen immer schwerer auf die Gesteinswesen einstellte. Manche von ihnen wurden von blauer Chemikalie ummantelt. Andere Figuren bestanden nur noch aus dem Stoff mit der Silhouette jener Kolosse, andere wiederum waren flüssig, besaßen dafür riesige steinerne Fäuste. Es war ein Mischung aus zwei Teufelsfrüchten und zwei Aggregatzuständen, etwas, dass in der Entwicklung eigenwilliger Waffen das bislang höchste der Gefühle für Rich²man darstellte. Verbunden mit zwei regenerierenden Eigenschaften blieb ihm nichts anderes übrig, als den Anwender dieser Kraft ausfindig zu machen. Andernfalls würde ihm irgendwann die Luft ausgehen, ganz gleich, wie viele Tage er sich mühte. Was nicht sterben konnte, war sonst unaufhaltbar.
San Jigen schloss die Augen, ignorierte den Impuls, der in ihm aufkam. Der Junge gehörte zur Marine und sollten seine Worte wahr sein, musste er kühlen Kopf bewahren. Ein Schlag gegen die Schläfe ließ den alten Mann nach hinten taumeln. Wie viele Möglichkeiten blieben ihm jetzt. Konnte er den Tod seines Sohnes in Kauf nehmen oder aber einen Hochstapler zur Strecke bringen? Der Apfel fiel nicht weit vom Stamm, ganz gleich, wie alt und träge der Baum geworden war. Was hatte der Lehrer bloß mit dem Jungen angestellt?
„Ich tue es aus Überzeugung“, erklärte Lywet kühl und streckte die Arme auseinander. Seine Körperspannung zerriss ihm fast die Kleidung, was sein Vater mit erstauntem und zugleich beängstigtem Blick zur Kenntnis nahm. „Es heißt nur noch Formel 6, weil viele Techniken vor Jahrzehnten verboten wurden.“ Die Arme seines Sohnes begannen zu schimmern. Er sprach lediglich ein Wort aus, dass seit Jahren hängen blieb. Dass er einfach nicht mehr vergessen konnte. „Missmissy!“
So hieß keine Technik, dachte der Alte grübelnd, sprang aber routiniert nach oben, um dem Luftschnitt zu entgehen, der hinter ihm mühelos und äußerst sauber ein Gebäude zerteilte. „Deine Generation hat so verdammt viel Schaden damit angerichtet, dass diese schönen Künste nie wieder gelehrt werden.“
Die Stimme des Jungen zitterte leicht. Er musste alles aufbieten, damit Jenna lebte. Alles, wovon er nur Gerüchte hörte, davon beschloss er, es sich selbst beizubringen. Es war egal, wie viel Arbeit ihm von vornherein verbaut wurde. Wie lasch das Training der Marine heutzutage war. Es war nicht einfach das Blut, das in ihm floss, es war der Körper, der ihm gegeben wurde, und der mit dem richtigen Antrieb alles in den Schatten stellen konnte.
Selbst Martell fing damals klein an, doch was ihm heutzutage nachgesagt wird, entsprach einerseits der Wahrheit, andererseits sollte es selbst seinem Vater noch weitere Falten ins Gesicht treiben. Heidi Hoe galt als der Stärkste, doch eines wusste die Welt nur unter vorgehaltener Hand: William Martell war stärker. Sein einziges Handycap blieb eines: er ist nicht aktiv. Jetzt war es Lywet, der in Gedanken versunken war. Es zählten für ihn zwei Dinge: seine Liebe zu retten und sein Ziel im Blick zu behalten. Zwei Dinge, die sich gegenseitig bedingten. Jenna überlebte, sofern er seinen Vater ins Jenseits beförderte. Martell konnte er erst die Stirn bieten, sofern er einem Kaliber wie seinem Vater ebenbürtig war.
„Miss Missy war eine Prostituierte.“
Lywet schreckte auf. Die Hand des alten Mannes ruhte auf seinen Schultern. Etwas Unbehagliches erfasste ihn. Er halluzinierte. Vor seinem inneren Auge tanzte das Blut in den Adern. Es prickelte, als es im Zickzack um eine riesige Feuerstelle hüpfte. Der junge Mann biss sich auf die Lippen. Sein Blutkreislauf pulsierte förmlich, es fühlte sich an, als würde jeder einzelne Tropfen gegen die Haut springen, versuchen, aus ihr hervorzubrechen.
„Ich kenne diesen Blick.“ Der Alte lächelte. „Bis vor einigen Jahren war mir auch nicht bewusst, was wirklich in meinem Körper vorgeht.“ Plötzlich wurde der Junge ruhig. Er realisierte, dass sein Vater ihn erkannte. Und dass, obwohl sie sich vorher nie bewusst begegnet waren. „Der Tanz ums Feuer ist ein altes Ritual, mit dem vor langer Zeit ein Gott angerufen wurde. Einer, der alles verändern sollte.“ „Wir sind...Götter?“ Es hörte sich komisch an, nachdem er diese Frage gestellt hatte.
Seine Wurzeln, seine Vergangenheit, bis vor kurzem existierte nichts davon. Er war einfach ein Mann ohne Geschichte. Ein Blatt, dass mit Anerkennung und Ruhm ausgezeichnet, doch in Wahrheit absolut unbeschrieben war. Jeder Mensch brauchte einen Platz, sonst konnte er sich niemals entwickeln. Selbst er, der er das Talent erbte und auch zu nutzen wusste, kannte seine Grenzen. Er hatte bis vor kurzem keinerlei Rückhalt, nichts, wofür es sich wirklich lohnte, zu wachsen. Jenna war die erste Person, die dazu fähig war, ihm diese Bürde zu nehmen. Ihn auszufüllen und einen Hintergrund zu geben. Dafür liebte er sie – und dafür war er bereit, alles zu tun, damit er richtig lebte. Doch jetzt stockte er kurz. Ließ er sich erweichen oder war es lediglich sein unbewusstes Warten, bis sein Gegenüber ihm alles erzählte, endlich dazu bereit war, Platz zu machen und jemandem das Leben zu ermöglichen, dass er ihm jahrelang verwehrte. San Jigen war sein Vater, doch er war niemals dass, was man als Familie bezeichnete. Dass, was ihn lange unvollständig machte und durch ein Mädchen gefüllt werden musste.
„Missy Travers nannte sich deine Mutter. Ich kenne weder ihren richtigen Namen, noch kannte ich sie.“ Der alte Mann bekam einen trockenen Hals und versuchte zu schlucken, was ihm angesichts dieser Situation äußerst schwer fiel. „Ich kann dir nicht sagen, wer deine Mutter ist. Was für eine Person sie wirklich ist. Nur eines.“ Er schmunzelte. „Ich hätte dich niemals bereut.“
Der Yamakuma steckt nicht in dir.
Und Nein, sind wir nicht.
Der alte Mann spürte eine Macht in seinem Rücken und schloss die Augen. Er musste es ihm wirklich abkaufen. Der Lehrer musste ihm glauben, sonst würden sie beide sterben. Vater und Sohn. Dass sie wirklich kämpften, musste überzeugend rüber kommen. Sein Sohn war nicht verwirrt oder fehlgeleitet, dass erkannte er. Es lastete momentan ein ungemeiner Druck auf Lywet. So viel konnte sich der Anführer der M-Acht zusammen reimen. Doch das große Ganze dahinter faszinierte und interessierte ihn wirklich. Sein Junge folgte einer Überzeugung, die ihm in keiner Faser seines Herzens zuwider war.
Es war beeindruckend. Wie gern hätte er ihn zur richtigen Zeit kennen gelernt.
San Jigen drückte seine Hand auf Lywets Schulter nach unten und rammte ihm das Knie in die Weichteile, was diesen – wie jeden Mann – dumpf zusammen sacken ließ. Der Lehrer zögerte hinter ihnen und zog die Luft scharf ein.
Erzähler: „Bro!“ Ein nassblauer Eisbeutel lag auf seinem Schritt, während der Erzähler einige Tränen unterdrückte.
Er hatte einen Sohn, der hoch hinaus will. Der weiter kommen muss, um sich lebendig zu fühlen. Doch dafür musste er ihn übertreffen, was in der Gegenwart des Lehrers eines hieß. Lywet musste seinen Vater töten. Wie konnte er ihn aber all die Jahre übersehen. Es gab genug Anzeichen, die er nie zu deuten vermochte. Vor einigen Jahren fing alles an...
„Sie wollen in die Marine eintreten.“ Der alte Tevis begutachtete den Jungen von oben herab, ließ die Hände gefaltet und wartete. Aus seinen Knien, die hinter dem Schreibtisch versteckt waren, kamen Wurzeln hervor, die eine der dutzenden Schubladen öffnete und nach dem passenden Formular griff. Der Bürokrat schlug buchstäblich Wurzeln in seinem Job, da er den Ablauf seit Jahrzehnten in und auswendig kannte. Wo welches Dokument lag, welche Stempel und Siegel sie benötigten und wie er Wasser zu sich nahm, ohne auch nur einen seiner Muskeln zu bewegen. Die Zeit, in denen seine Wurzeln blind und dennoch perfekt arbeiteten, nutzte er, um sich von seinem Gegenüber ein genaueres Bild zu machen. Seitdem er diesen Job ausfüllte, konnte die gesamte Belegschaft versetzt werden. Die monotone Arbeit war genau das Richtige für Freytag Tevis. Er hatte genug Abenteuer erlebt. Nun konnte er sich intern nützlich machen, indem er die Arbeit für dreißig Leute machte. Etwas, dass jeden in der gleichen Situation wahnsinnig machen würde.
„Ihren Angaben ist zu entnehmen, dass sie keine Familie besitzen. Ihre Motivation ist welche?“ Seine Stimme klang beinahe besorgt, da er das Ergebnis jetzt bereits kannte. Wer keinen Hintergrund besaß, durfte nicht eintreten. Zu riskant war es, jemanden nicht zur Verantwortung ziehen zu können. Tevis kniff die Augen zusammen und suchte nach körperlichen Merkmalen, etwas, dass auf Rückstände, wie er es bezeichnete, hinwies. Jene Hinweise, die mit einer Vergangenheit verknüpft waren. Lywet reagierte absolut gar nicht auf die Blicke des alten Mannes. Er hatte seit Betreten des Raumes das Gefühl, dass hier jemand seinen Job wirklich verstand. Wenn dem so war, mussten sie ihn aufnehmen.
„Kein Tätscheln der Schulter, kein Streichen durchs Haar, ich sehe dir an, dass dir nie etwas wie physische Nähe zuteil wurde.“
„Dieser Junge besitzt keine Identität, daher will er sich eine kreieren.“ Tevis rückte überrascht an die Stuhllehne heran, um über Lywet hinweg auf den Mann in der Tür zu spähen. Dessen wuschiger Bart zierte das gesamte Gesicht, wollte und konnte jedoch nicht von einem Grinsen ablenken. „Seine Mutter hat ihn nach der Geburt adoptieren lassen, vierzehn Mal wechselte er die Familie, lernte aufgrund dieser Brüche nie ein richtiges Zuhause kennen.“ Der renommierte Psychologe betrat die Amtsstube, in der Hand zwei dicke Mappen, die er vor Tevis auf den Tisch knallen ließ.
„Unter zwei Bedingungen sollte er in die Marine eintreten dürfen.“ Immer noch veränderte sich die Miene des Jungen kein Stück. Er war verwundert über das Wissen des ihm Fremden. Es waren Informationen, die er selbst zwar wissen musste, sich jedoch kaum noch in Erinnerung rufen konnte. Krueger berührte seine Schulter und hielt danach inne. Er schnappte kurz nach Luft und rückte seine Brille zurecht. Nach einem Räuspern kehrte seine Stimme zurück. „Ich habe in meiner Karriere schon komplizierte Fälle übernommen, doch diesen Jungen werde ich nicht therapieren.“ Er hob abwehrend die Hände und ging einen Schritt rückwärts Richtung Tür.
„Aber sie sind doch gar nicht wegen ihm hier“, erwiderte Tevis trocken. „Sie haben mich erwischt“, erwiderte der Psychologe gerissen. „Wie haben Sie das angestellt?“, fragte er mit zusammengekniffenen Augen. Er tänzelte förmlich vor den Schreibtisch des Beamten, lehnte sich drüber, um ihm tief in die Augen zu schauen. Der Baummann lehnte sich darauf zurück, um Distanz aufzubauen. „Sie beantragen einen Wechsel ins Impel Down und lagern ihre Krankenakten hier ein.“ Die Brillengläser Kruegers spiegelten, während sich seine Augen verfinsterten. „Wie viel wissen Sie noch?“, fragte er mit drohender Stimme, packte den Alten am Kragen, während er bereits auf dem Tisch kniete. „Ihre Mappen sind beschriftet.“ Vor Schreck fiel der Mann hintenüber und landete kopfüber im Mülleimer. „Tatsache“, murmelte er aufgeweckt.
San Jigens Sohn beobachtete den verpeilten Chefdoktor der marine-internen Psychiatrie und musste erstmals ein Lächeln unterdrücken. Sein Gesichtsausdruck erstarb jedoch, da ihm soeben seine Zukunft offengelegt wurde. Dinge wurden ausgesprochen, an die er höchstens in seinen Träumen gedacht hatte. Doch so oft er diese Sätze hörte, je öfter er ihre Bedeutung in seinem Hirn wälzte, um so klarer wurde ihm, dass er sie nicht ablehnte. Im Gegenteil.
„Dieser Junge sucht eine Identität, die ihm die Marine geben kann. Er benötigt Training, damit er sein Potential finden kann und vor allem braucht er Menschen, die ihm Rückhalt geben, damit er“, die Augen des Psychologe funkelten, während sein Grinsen immer breiter wurde, „kein zweiter Martell wird.“
Aus allen Wolken gefallen, fiel der junge Mann zu Boden und kauerte zitternd auf seinem Gesäß. Gedanken rasten ihm durch den Kopf, unaussprechliches lag auf seiner Zunge. Er wurde doch so eben nicht etwa mit William Martell verglichen? Jenem Mann, der die Redline passierbar machte und aus einer Mangrove ein gigantisches Modellschiff schnitzte, der es ablehnte, für eine Institution zu arbeiten, unter Porneglyphe die Floskel wer das liest, ist doof eingravierte und der als Erfinder des Wortes wuchtig gilt. Es wäre ein Traum, irgendwann einmal mit dieser Legende in einem Atemzug genannt zu werden. Ohne, dass er mit ihm verglichen werden wollte. Albernheiten und ziviler Ungehorsam sollten nicht seine Biographie beeinflussen. Es war ehrbar, doch er musste sich von diesem Mann distanzieren. Ein zweiter Martell wollte er niemals sein. Doch es waren bisher nur Worte, welche, die ihn beeinflussten und das Gespräch verzerrten, dass über seinem Kopf geführt wurde.
„Die Marine tut sich einen Gefallen, einen dermaßen talentierten Mann unter ihrem Banner stehen zu haben. Irgendwas an seinem Körper ist nicht normal, doch ich weiß nicht, bei wem ich diese Merkmale schon einmal gesehen habe“, erklärte Dr. Krueger dem Bürokraten. Er lächelte aber. „Nicht normal heißt in dem Fall, dass er im Training nahezu keinen Grenzen ausgesetzt sein wird. Wichtig sind zwei Dinge, werter Freytag“, murmelte der Psychologe mit Blick auf seinen Versetzungsantrag. „Ich habe zurzeit einen berühmten Soldaten als Patienten, dessen Psyche nachhaltig beeinflusst wurde. Wenn dieser Junge nicht instabil werden soll, müssen wir seine Gefühle abschirmen.“ Krueger ballte die Fäuste. „Seitdem der Lineismus auf dem Vormarsch ist, gibt es immer wieder schwarze Schafe, die diese Techniken zur seelischen Manipulation benutzen. Genau dagegen müsste ich ihn schützen.“
Tevis, der die ganze Zeit über kein Wort sagte, blickte dem Psychologen in die Augen und nickte schließlich. „Füllen Sie bitte diese Formulare aus“, erwiderte er nüchtern, dennoch mit einem Lächeln.
Wenn der Psychiater nicht zu viel versprochen hatte, würde diese ganze Geschichte ihn durchaus reizen. Dieser Job erfüllte ihn zwar, doch er lastete ihn nicht voll und ganz aus. Es wäre ein neues Abenteuer, diesen Jungen unter seine Fittiche zu nehmen. Kapitän Freytag Tevis kehrte heute aus dem Vorruhestand zurück und sollte Sorge dafür tragen, dass aus diesem rohen Diamanten kein Martell wurde.
Jemand, der in der Jugend noch greifbar war, sich dann aber zum unberechenbaren Titan aufschwang, als der er heute noch gilt. Mächtig, distanziert, doch vor allem eines: Unabhängig von allem.
„Sie wollen in die Marine eintreten.“ Der alte Tevis begutachtete den Jungen von oben herab, ließ die Hände gefaltet und wartete. Aus seinen Knien, die hinter dem Schreibtisch versteckt waren, kamen Wurzeln hervor, die eine der dutzenden Schubladen öffnete und nach dem passenden Formular griff. Der Bürokrat schlug buchstäblich Wurzeln in seinem Job, da er den Ablauf seit Jahrzehnten in und auswendig kannte. Wo welches Dokument lag, welche Stempel und Siegel sie benötigten und wie er Wasser zu sich nahm, ohne auch nur einen seiner Muskeln zu bewegen. Die Zeit, in denen seine Wurzeln blind und dennoch perfekt arbeiteten, nutzte er, um sich von seinem Gegenüber ein genaueres Bild zu machen. Seitdem er diesen Job ausfüllte, konnte die gesamte Belegschaft versetzt werden. Die monotone Arbeit war genau das Richtige für Freytag Tevis. Er hatte genug Abenteuer erlebt. Nun konnte er sich intern nützlich machen, indem er die Arbeit für dreißig Leute machte. Etwas, dass jeden in der gleichen Situation wahnsinnig machen würde.
„Ihren Angaben ist zu entnehmen, dass sie keine Familie besitzen. Ihre Motivation ist welche?“ Seine Stimme klang beinahe besorgt, da er das Ergebnis jetzt bereits kannte. Wer keinen Hintergrund besaß, durfte nicht eintreten. Zu riskant war es, jemanden nicht zur Verantwortung ziehen zu können. Tevis kniff die Augen zusammen und suchte nach körperlichen Merkmalen, etwas, dass auf Rückstände, wie er es bezeichnete, hinwies. Jene Hinweise, die mit einer Vergangenheit verknüpft waren. Lywet reagierte absolut gar nicht auf die Blicke des alten Mannes. Er hatte seit Betreten des Raumes das Gefühl, dass hier jemand seinen Job wirklich verstand. Wenn dem so war, mussten sie ihn aufnehmen.
„Kein Tätscheln der Schulter, kein Streichen durchs Haar, ich sehe dir an, dass dir nie etwas wie physische Nähe zuteil wurde.“
„Dieser Junge besitzt keine Identität, daher will er sich eine kreieren.“ Tevis rückte überrascht an die Stuhllehne heran, um über Lywet hinweg auf den Mann in der Tür zu spähen. Dessen wuschiger Bart zierte das gesamte Gesicht, wollte und konnte jedoch nicht von einem Grinsen ablenken. „Seine Mutter hat ihn nach der Geburt adoptieren lassen, vierzehn Mal wechselte er die Familie, lernte aufgrund dieser Brüche nie ein richtiges Zuhause kennen.“ Der renommierte Psychologe betrat die Amtsstube, in der Hand zwei dicke Mappen, die er vor Tevis auf den Tisch knallen ließ.
„Unter zwei Bedingungen sollte er in die Marine eintreten dürfen.“ Immer noch veränderte sich die Miene des Jungen kein Stück. Er war verwundert über das Wissen des ihm Fremden. Es waren Informationen, die er selbst zwar wissen musste, sich jedoch kaum noch in Erinnerung rufen konnte. Krueger berührte seine Schulter und hielt danach inne. Er schnappte kurz nach Luft und rückte seine Brille zurecht. Nach einem Räuspern kehrte seine Stimme zurück. „Ich habe in meiner Karriere schon komplizierte Fälle übernommen, doch diesen Jungen werde ich nicht therapieren.“ Er hob abwehrend die Hände und ging einen Schritt rückwärts Richtung Tür.
„Aber sie sind doch gar nicht wegen ihm hier“, erwiderte Tevis trocken. „Sie haben mich erwischt“, erwiderte der Psychologe gerissen. „Wie haben Sie das angestellt?“, fragte er mit zusammengekniffenen Augen. Er tänzelte förmlich vor den Schreibtisch des Beamten, lehnte sich drüber, um ihm tief in die Augen zu schauen. Der Baummann lehnte sich darauf zurück, um Distanz aufzubauen. „Sie beantragen einen Wechsel ins Impel Down und lagern ihre Krankenakten hier ein.“ Die Brillengläser Kruegers spiegelten, während sich seine Augen verfinsterten. „Wie viel wissen Sie noch?“, fragte er mit drohender Stimme, packte den Alten am Kragen, während er bereits auf dem Tisch kniete. „Ihre Mappen sind beschriftet.“ Vor Schreck fiel der Mann hintenüber und landete kopfüber im Mülleimer. „Tatsache“, murmelte er aufgeweckt.
San Jigens Sohn beobachtete den verpeilten Chefdoktor der marine-internen Psychiatrie und musste erstmals ein Lächeln unterdrücken. Sein Gesichtsausdruck erstarb jedoch, da ihm soeben seine Zukunft offengelegt wurde. Dinge wurden ausgesprochen, an die er höchstens in seinen Träumen gedacht hatte. Doch so oft er diese Sätze hörte, je öfter er ihre Bedeutung in seinem Hirn wälzte, um so klarer wurde ihm, dass er sie nicht ablehnte. Im Gegenteil.
„Dieser Junge sucht eine Identität, die ihm die Marine geben kann. Er benötigt Training, damit er sein Potential finden kann und vor allem braucht er Menschen, die ihm Rückhalt geben, damit er“, die Augen des Psychologe funkelten, während sein Grinsen immer breiter wurde, „kein zweiter Martell wird.“
Aus allen Wolken gefallen, fiel der junge Mann zu Boden und kauerte zitternd auf seinem Gesäß. Gedanken rasten ihm durch den Kopf, unaussprechliches lag auf seiner Zunge. Er wurde doch so eben nicht etwa mit William Martell verglichen? Jenem Mann, der die Redline passierbar machte und aus einer Mangrove ein gigantisches Modellschiff schnitzte, der es ablehnte, für eine Institution zu arbeiten, unter Porneglyphe die Floskel wer das liest, ist doof eingravierte und der als Erfinder des Wortes wuchtig gilt. Es wäre ein Traum, irgendwann einmal mit dieser Legende in einem Atemzug genannt zu werden. Ohne, dass er mit ihm verglichen werden wollte. Albernheiten und ziviler Ungehorsam sollten nicht seine Biographie beeinflussen. Es war ehrbar, doch er musste sich von diesem Mann distanzieren. Ein zweiter Martell wollte er niemals sein. Doch es waren bisher nur Worte, welche, die ihn beeinflussten und das Gespräch verzerrten, dass über seinem Kopf geführt wurde.
„Die Marine tut sich einen Gefallen, einen dermaßen talentierten Mann unter ihrem Banner stehen zu haben. Irgendwas an seinem Körper ist nicht normal, doch ich weiß nicht, bei wem ich diese Merkmale schon einmal gesehen habe“, erklärte Dr. Krueger dem Bürokraten. Er lächelte aber. „Nicht normal heißt in dem Fall, dass er im Training nahezu keinen Grenzen ausgesetzt sein wird. Wichtig sind zwei Dinge, werter Freytag“, murmelte der Psychologe mit Blick auf seinen Versetzungsantrag. „Ich habe zurzeit einen berühmten Soldaten als Patienten, dessen Psyche nachhaltig beeinflusst wurde. Wenn dieser Junge nicht instabil werden soll, müssen wir seine Gefühle abschirmen.“ Krueger ballte die Fäuste. „Seitdem der Lineismus auf dem Vormarsch ist, gibt es immer wieder schwarze Schafe, die diese Techniken zur seelischen Manipulation benutzen. Genau dagegen müsste ich ihn schützen.“
Tevis, der die ganze Zeit über kein Wort sagte, blickte dem Psychologen in die Augen und nickte schließlich. „Füllen Sie bitte diese Formulare aus“, erwiderte er nüchtern, dennoch mit einem Lächeln.
Wenn der Psychiater nicht zu viel versprochen hatte, würde diese ganze Geschichte ihn durchaus reizen. Dieser Job erfüllte ihn zwar, doch er lastete ihn nicht voll und ganz aus. Es wäre ein neues Abenteuer, diesen Jungen unter seine Fittiche zu nehmen. Kapitän Freytag Tevis kehrte heute aus dem Vorruhestand zurück und sollte Sorge dafür tragen, dass aus diesem rohen Diamanten kein Martell wurde.
Jemand, der in der Jugend noch greifbar war, sich dann aber zum unberechenbaren Titan aufschwang, als der er heute noch gilt. Mächtig, distanziert, doch vor allem eines: Unabhängig von allem.
Nervös saß er hinter seinem Schreibtisch, die Finger klimperten über das Holz. Er war zurückgekehrt. Niemand hätte damit gerechnet, doch es sollte nicht anders sein. Freytag Tevis kehrte in den aktiven Dienst zurück. Raus aus dem Büro und rein in den regen Ausbildungsbetrieb. Jetzt war er allein, da Lywet weitere Sitzungen mit dem Psychologen verbrachte.
Was es mit dem Lineismus auf sich hatte – er hörte davon, doch genaueres konnte er sich nicht drunter vorstellen. Seit einiger Zeit machte sich ein pinkgekleideter Abt an den Gläubigen zu schaffen. Die Regierung bezeichnete ihn als gewalttätigen Verführer, der das Verständnis für die Welt und ihre Natur verdarb, die Menschen zu heidnischen Ritualen verleitete. Doch wie viel war an diesem Urteil dran.
Tevis schüttelte nachdenklich den Kopf, da es ausgesprochen selten war, dass ein Verbrecher über 100 Millionen wert war, ohne auch nur ein Todesopfer gefordert zu haben. Er betrachtete den Steckbrief des angeblich religiösen Fanatikers, dessen Kutte ihm bis zum Unterleib reichte. Darunter trug er eine grüne Badehose mit Palmenmotiven, während er auf einer Liege am Strand lag und Cocktails schlürfte. Pope Lines – 150 Millionen .
„Report!“, rief der junge Rekrut und salutierte. „Haben sie ihn immer noch nicht gefunden?“ Der Beamte blickte missmutig auf die Zettel, die ihm soeben überreicht wurden. „Nein!“, antwortete der Soldat barsch und verschwand genauso schnell wie er gekommen war. „Danke Carl“, schrie der Alte dem späteren Kapitän hinterher. Einsilbig, wortkarg und flott zu Fuß. An ihm sollte sich innerhalb dieses Jahrzehnts absolut nichts verändern haben.
Tevis schob die Brille zurück und schüttelte erneut den Kopf. Dieses Mal war es reines Mitgefühl für seinen alten Freund. Gemeinsam traten sie vor über dreißig Jahren in die Marine ein, erlebten den kometenhaften Aufstieg von John, den fünffachen Ausbruch der gefürchteten Riesenhaube, die offizielle Aufnahme von Herrn Butch im Bangho-Eria-Institut. Dessen Stuhl brannte während der Zeremonie und als er sich schließlich auf der Wiese hin und her wälzte, erfasste ihn ein plötzlich aufkommender Erdspalt und ließ ihn hunderte Meter in die Tiefe stürzen. Das waren Tage. Und jetzt traf es jenen Gefährten, mit dem er die besten Jahre in dieser Institution verbrachte. Thaddäus Sohn Chester war nach wie vor verschollen. In ein paar Wochen würde er es sein, der die Akten überarbeiten und ihn bürokratisch für tot erklären würde. Ein dicker Kloß hing in seinem Hals. Diese Tage waren wahrlich nicht einfach, Wochen waren vergangen, in denen Lywet mit ihm und Dr. Krueger trainierte. Körper und Geist wurden gestählt, ihm, Tevis, wurde erklärt, dass sich der Junge keinem Traumata aussetzen dürfe. Erst wenn er eine Identität besaß, wäre er dazu imstande einen Rückschlag zu verarbeiten.
„Ich habe ihn soweit.“ Der Baummensch schreckte auf, als der Psychologe eintrat und sich den Schweiß von der Stirn tupfte. „Seine Sinne sind unterentwickelt, daher wird es ein leichtes, nicht alles an ihn heran zu lassen.“ Tevis zuckte mit den Schultern, nahm dann aber den Ordner an sich, der rummsend auf dem Tisch gelandet ist.
„Ich werde jetzt ein paar Pillen testen.“ Krueger machte gerade auf dem Absatz kehrt als der Bürokrat ihn mit einer einfachen Frage festhielt. „Durften Sie mir so etwas überhaupt verraten?“ Der Angesprochene kratzte sich am Bart und ging weiter. „Nein, daher sagen Sie es besser niemandem“, war das Letzte, dass Tevis von ihm hörte.
Nachdem Krueger sie verließ, trat Lywet ein, der sich die ganze Zeit im Eingang befand. „Ich habe eine gute Nachricht für dich. Es erwartet dich ein besonderer Einsatz unter der Leitung von John!“ Wieder war es der Sohn San Jigens, der bei solchen Worten aus allen Wolken fiel. Sein Strahlen vereinnahmte sein ganzes Gesicht, etwas, dass Tevis wohlwollend zur Kenntnis nahm.
„Sobald ich in die Hände klatsche, werden Sie mir nichts tun“, befahl Krueger seinem Patienten. Dieser zuckte am ganzen Körper, seine Haut brannte und die Anfälle vor seinem inneren Auge wurden immer schlimmer. Sobald er die Augen schloss, sah er Hälse, die unter der Kraft seiner Finger zerquetscht, Haut, die von seinen Nägeln abgerissen, Eingeweide, die mit mehreren Messerstichen vom Leib entnommen wurden. Sein Kriegstrauma wurde in den letzten Wochen unerträglich. Es wurde gesagt, dass man ihm entkam, jedoch nicht für immer. Eines Tages holten den besten Soldaten die Erinnerungen ein, überkamen und zerfraßen ihn. Als er das Klatschen Kruegers hörte, verschwand dieses Bild. Eine grüne Wiese, zwei streunende Hunde, eine große Eiche, Vogelzwitschern, Grillenzirpen, all diese friedlichen Eindrücke prasselten wie Sommerregen auf ihn ein. Der hünenhafte Mann lag ruhig auf dem roten Sessel, während Krueger ihm ein Glas Wasser und eine farblose Pille anreichte. „Cheers!“
„Prost“, erwiderte der Veteran und nahm das Medikament ohne Nachfrage ein. „Sie assoziieren nun den Geschmack mit den positiven Erinnerungen, die Ihnen soeben durch den Kopf gehen. Sobald Sie denken, nicht mehr Herr der Lage zu sein...“
„Ich verstehe schon“, erwiderte Hane Jantnis und lehnte sich gelassen zurück.
Enttäuscht drückte Tevis den Knopf. Keiner von ihnen wusste, wer nun trauriger war. Tevis, der eine erfreuliche Ankündigung nicht wahrmachen, oder Lywet, der den hochverehrten John nicht sehen konnte. Der Lautsprecher der Teleschnecke ging mit einem Klick an und der Baum griff mit den Wurzeln nach dem Hörer. Seine Hände benutzte er nicht, da sie vor Wut bebten. Da wollte er seinem Schüler ein Geschenk machen, und nun so etwas.
„WO IST JOHN?“, schrie der alte Tevis, der den Mann seit Stunden im Büro erwartete. Am Ende der Leitung hielt der weinende Mann, Agent Cry Senior, die Muschel ans Ohr. Wann immer nach John gefragt wurde, war er der nächste Ansprechpartner. Es passierte ausnahmslos, dass er derjenige war, der den Zorn jener zu spüren bekam, die von John versetzt wurden. Seit Jahren erbat er eine Tonbandaufnahme, die seine Arbeit übernahm, doch niemand wollte ihn aus diesem höllischen Informationsloch befreien.
„Wo zur Hölle ist John?“, wiederholte Tevis aufgewühlt. Nach einem Schluchzen hörte der Beamte die vier Worte, die Kultstatus bei Ernst und dem Magazin Kirchenhumor besaßen. „Der ist nicht zugegen“, antwortete Cry Senior, legte auf und kugelte sich daumenlutschend unter seinem Schreibtisch. Zum dritten Mal an diesem Tag musste der Baum den Kopf schütteln. „Er ist zwar nicht John, doch als ich ihn vor Jahren kennen lernte, machte er einen freundlichen Eindruck.“ Lywet wusste nicht, was da auf ihn zukam. „Dann gehst du eben zu Starfish, man, den habe ich ewig nicht mehr gesehen.“ Tevis begann zu lachen und wie Lywet später herausfand, war es eine gute Miene zum bösen Spiel, die er seinem ersten Mentor gegenüber zum vorläufigen Abschied entgegnete.
Immer größere Gedächtnislücken taten sich schließlich unter Starfishs Befehl auf. Etwas, dass den zwei Personen geschuldet war, die Lywet diese Zeit erträglich machten. Darren Levine, der sie mit Stoff versorgte, und Jenna.
Mit zusammengebissenen Zähnen rappelte er sich auf. „Ich habe nach einem Leben gesucht.“ Er stürzte auf seinen Vater zu und riss ihn an den Beinen zu Boden. „Das lasse ich mir nicht wegnehmen, von niemandem!“
Der Lehrer schmunzelte, als er sein Hindernis auf den Pflastersteinen liegen sah. Hatte der alte Knacker ernsthaft gedacht, jemanden mit Worten einlullen zu können? Niemand ist darin besser. Ich bin der König der Einlullenden!, verkündete der Lehrer vor den Kameras der Welt, die noch immer auf die leere Tribüne und deshalb die Kämpfenden ausgerichtet war.
„Du Bettnässer“, erwiderte San Jigen grölend, ehe er zu seinem Schreck eine schmetternde Kopfnuss erhielt. Er stoppte danach die Fäuste seines Sohnes, hielt sie fest, versuchte, ihn aus dem Liegen heraus die Beine wegzuziehen. Lywet verzog keine Miene, als die Wucht ihn tatsächlich fort riss. Während er geschickt auf den Händen landete und sich abrollte, krümmte sich sein Vater und hielt die Gliedmaßen, die tief aufgerissen wurden. Auch die Hose des Jungen hing in Fetzen herab. Seine Beine waren dünn, nicht breiter als die Knochen, die ihn aufrecht stehen ließen. Sie waren verkrümmt, verformt, schärfer als jede Metallklinge.
Normalerweise wäre diese Struktur äußerst schmerzhaft und fragil, doch er hatte nicht umsonst trainiert. In diesen Sekunden biss er einfach die Zähne zusammen und ertrug es.
Der Lehrer hatte inzwischen verstanden, was an seinen Worten zweideutig und zu belächeln war, weshalb er sich selbst eine leichte Ohrfeige gab. Er streckte seine Hand aus, formte eine Lanze und ging auf seinen alten Feind zu, der sich langsam umdrehte und sich aufzurichten versuchte.
„Lass ihn raus, na komm“, spottete D Zera und stieß mit seiner Waffe in den Boden, deren Wucht den Untergrund aufsprengen und Heidi Hoe durch die Luft fliegen ließ. Lywet sprang ihm mit gekreuzten Armen entgegen. Die Schmerzen in seinen neu formierten Gliedern waren unglaublich, doch er zog es durch. Mit einem blutigen Kreuz auf der Brust, stürzte sein Vater zu Boden, begann laut zu husten.
„Du weißt wie ich, dass das kein Mensch hier überleben wird!“, raunte San Jigen dem Lehrer zu. Es war reine Entschlossenheit und die Bewusstheit darüber, in über 130 Jahren weit mehr Schmerz mit sich herum geschleppt zu haben, als diese Fleischwunden ihm jetzt zufügen könnten.
„Das Risiko gehe ich ein“, erwiderte der Lehrer. Seine Stimme verstand zu diesem Zeitpunkt keine Freude mehr.
„Du bist alt, was hält dich hier noch?“, fragte der verrückte Maskierte und griff nach dem Kopfschmuck seines Gegenübers. Er blickte auf das Gesicht des Bärtigen.
„Ich weiß es, seitdem es euch gibt.“ Mit einem Ruck demaskierte er Heidi Hoe und riss ihn an den Haaren in Richtung der Kameras. „Eine lächerliche Tarnung, niemand wird davon überrascht sein“, spottete D Zera.
„Es zählt die Figur, die Heidi verkörpert.“ Ein grimmiges Lächeln zierte das Gesicht des blutenden alten Mannes, der sich indes aufrappelte. Er schnellte mit dem Arm nach vorne, doch der Lehrer duckte sich hinweg.
„Und wer verbirgt sich wohl unter deiner albernen Holzmaske, die von einem Hippie im Knast geschnitzt wurde?!“, murmelte er süffisant.
„Auf meiner Veranda!“, setzte der Lehrer zum verbalen Konter an, merkte dann aber sofort, wie albern das klang. Wütend über seine unbedachte Wortwahl fasste er sich an die Brust, spürte dabei seinen Herzschlag, der rapide zunahm.
Das Biest in ihm wollte raus. Es war zu wenig, um ihn zu töten, doch genug, um seinen Gegner zu quälen.
Der Lehrer lachte und applaudierte, nachdem Lywet seinen Vater in seiner Unaufmerksamkeit von hinten in einen menschlichen Schraubstock spannte. „Verdam...“ Es tat wirklich weh. Sein Sohn hatte es mit dem Lernen von Verbotenem übertrieben. Selbst er wollte sich das nicht antun, doch nun musste San Jigen für seine mangelnde Achtsamkeit zahlen.
Lywet hyperventilierte vor Schmerz, was durch die Schreie seines Vaters übertönt wurde. Dessen Organe wurden vom Knochengerüst gepresst, sein Blutkreislauf wurde innerhalb weniger Sekunden fast vollständig abgeschnitten. „Du...“ Weiter kam er nicht.
„BRICH AUS!“, grollte der Lehrer mit lautem Lachen und hielt das schweißdurchtränkte Gesicht San Jigens in seinen Händen. „Gib uns den Hass, sonst spürst du ihn gleich an eigenem Leib.“ Seine aufgelegte Fingerspitze auf der Stirn San Jigens reichte aus, um die Steine unter dessen Knien durch ihr Zittern in Stücke zu schmettern. Selbst Lywet wurde von diesem körperlichen Impuls zurück geschleudert. Sein Vater zitterte nicht mehr, beben taten seine klappernden Zähne ebenfalls nicht. Er implodierte nahezu, Haare fielen ihm aus als er sich mit den Fingern im Massiv vergrub und ein lautes Geheul ausstieß.
„Wenn wir ein zweites Leben erhalten, sollten der Yamakuma die gleiche Chance kriegen!“ Des Lehrers Wahnsinn war deutlich heraus zu hören. Gleich war es soweit, sein Feind würde nachgeben und sterben. Endlich, endlich war es soweit. Abrupt explodierte es um den Lehrer herum und er wurde in eine Hauswand katapultiert. Seine Sicht verschwamm und das Rasen seines Herzens ließ stetig nach. Er fühlte sich eigenartig. Schmerzlich, musste er jetzt erfahren, nachdem San Jigen ihn an der Gurgel packte und an die Hauswand drückte.
„Ich habe den Fehler...“ Er erbrach sich vor den Füßen seines Erzfeindes, wischte sich das Blut aus den Mundwinkeln. „gemacht...“
Sie beide wussten nicht, worauf sich der Alte überhaupt noch stützte. Seine Beine waren fast vollständig durchtrennt und auch der Arm übte trotz seiner inzwischen rein knochigen Gestalt einen unmenschlichen Druck aus. „Ich mache ihn nie wieder!“, raunte er.
Er schaute den Lehrer nicht einmal an. Es ermangelte ihn trotzalledem nicht an Respekt, Heidi Hoe hatte kaum noch fähige Muskeln in seinem Hals, die seine Kopfhaltung mit stützten. Fast hätte es dieser Irre geschafft, dieses Wesen ausbrechen zu lassen.
„Die M-Acht...wie immer man sie nennt...“ Er lächelte gen Boden. „Ich habe sie für dich aufrecht erhalten. Wegen dir bleibe ich am Leben.“
„Das wird sich ändern.“ D Zera keuchte. „Das wird sich sehr bald ändern!“
Was es mit dem Lineismus auf sich hatte – er hörte davon, doch genaueres konnte er sich nicht drunter vorstellen. Seit einiger Zeit machte sich ein pinkgekleideter Abt an den Gläubigen zu schaffen. Die Regierung bezeichnete ihn als gewalttätigen Verführer, der das Verständnis für die Welt und ihre Natur verdarb, die Menschen zu heidnischen Ritualen verleitete. Doch wie viel war an diesem Urteil dran.
Tevis schüttelte nachdenklich den Kopf, da es ausgesprochen selten war, dass ein Verbrecher über 100 Millionen wert war, ohne auch nur ein Todesopfer gefordert zu haben. Er betrachtete den Steckbrief des angeblich religiösen Fanatikers, dessen Kutte ihm bis zum Unterleib reichte. Darunter trug er eine grüne Badehose mit Palmenmotiven, während er auf einer Liege am Strand lag und Cocktails schlürfte. Pope Lines – 150 Millionen .
„Report!“, rief der junge Rekrut und salutierte. „Haben sie ihn immer noch nicht gefunden?“ Der Beamte blickte missmutig auf die Zettel, die ihm soeben überreicht wurden. „Nein!“, antwortete der Soldat barsch und verschwand genauso schnell wie er gekommen war. „Danke Carl“, schrie der Alte dem späteren Kapitän hinterher. Einsilbig, wortkarg und flott zu Fuß. An ihm sollte sich innerhalb dieses Jahrzehnts absolut nichts verändern haben.
Tevis schob die Brille zurück und schüttelte erneut den Kopf. Dieses Mal war es reines Mitgefühl für seinen alten Freund. Gemeinsam traten sie vor über dreißig Jahren in die Marine ein, erlebten den kometenhaften Aufstieg von John, den fünffachen Ausbruch der gefürchteten Riesenhaube, die offizielle Aufnahme von Herrn Butch im Bangho-Eria-Institut. Dessen Stuhl brannte während der Zeremonie und als er sich schließlich auf der Wiese hin und her wälzte, erfasste ihn ein plötzlich aufkommender Erdspalt und ließ ihn hunderte Meter in die Tiefe stürzen. Das waren Tage. Und jetzt traf es jenen Gefährten, mit dem er die besten Jahre in dieser Institution verbrachte. Thaddäus Sohn Chester war nach wie vor verschollen. In ein paar Wochen würde er es sein, der die Akten überarbeiten und ihn bürokratisch für tot erklären würde. Ein dicker Kloß hing in seinem Hals. Diese Tage waren wahrlich nicht einfach, Wochen waren vergangen, in denen Lywet mit ihm und Dr. Krueger trainierte. Körper und Geist wurden gestählt, ihm, Tevis, wurde erklärt, dass sich der Junge keinem Traumata aussetzen dürfe. Erst wenn er eine Identität besaß, wäre er dazu imstande einen Rückschlag zu verarbeiten.
„Ich habe ihn soweit.“ Der Baummensch schreckte auf, als der Psychologe eintrat und sich den Schweiß von der Stirn tupfte. „Seine Sinne sind unterentwickelt, daher wird es ein leichtes, nicht alles an ihn heran zu lassen.“ Tevis zuckte mit den Schultern, nahm dann aber den Ordner an sich, der rummsend auf dem Tisch gelandet ist.
„Ich werde jetzt ein paar Pillen testen.“ Krueger machte gerade auf dem Absatz kehrt als der Bürokrat ihn mit einer einfachen Frage festhielt. „Durften Sie mir so etwas überhaupt verraten?“ Der Angesprochene kratzte sich am Bart und ging weiter. „Nein, daher sagen Sie es besser niemandem“, war das Letzte, dass Tevis von ihm hörte.
Nachdem Krueger sie verließ, trat Lywet ein, der sich die ganze Zeit im Eingang befand. „Ich habe eine gute Nachricht für dich. Es erwartet dich ein besonderer Einsatz unter der Leitung von John!“ Wieder war es der Sohn San Jigens, der bei solchen Worten aus allen Wolken fiel. Sein Strahlen vereinnahmte sein ganzes Gesicht, etwas, dass Tevis wohlwollend zur Kenntnis nahm.
*
„Sobald ich in die Hände klatsche, werden Sie mir nichts tun“, befahl Krueger seinem Patienten. Dieser zuckte am ganzen Körper, seine Haut brannte und die Anfälle vor seinem inneren Auge wurden immer schlimmer. Sobald er die Augen schloss, sah er Hälse, die unter der Kraft seiner Finger zerquetscht, Haut, die von seinen Nägeln abgerissen, Eingeweide, die mit mehreren Messerstichen vom Leib entnommen wurden. Sein Kriegstrauma wurde in den letzten Wochen unerträglich. Es wurde gesagt, dass man ihm entkam, jedoch nicht für immer. Eines Tages holten den besten Soldaten die Erinnerungen ein, überkamen und zerfraßen ihn. Als er das Klatschen Kruegers hörte, verschwand dieses Bild. Eine grüne Wiese, zwei streunende Hunde, eine große Eiche, Vogelzwitschern, Grillenzirpen, all diese friedlichen Eindrücke prasselten wie Sommerregen auf ihn ein. Der hünenhafte Mann lag ruhig auf dem roten Sessel, während Krueger ihm ein Glas Wasser und eine farblose Pille anreichte. „Cheers!“
„Prost“, erwiderte der Veteran und nahm das Medikament ohne Nachfrage ein. „Sie assoziieren nun den Geschmack mit den positiven Erinnerungen, die Ihnen soeben durch den Kopf gehen. Sobald Sie denken, nicht mehr Herr der Lage zu sein...“
„Ich verstehe schon“, erwiderte Hane Jantnis und lehnte sich gelassen zurück.
Enttäuscht drückte Tevis den Knopf. Keiner von ihnen wusste, wer nun trauriger war. Tevis, der eine erfreuliche Ankündigung nicht wahrmachen, oder Lywet, der den hochverehrten John nicht sehen konnte. Der Lautsprecher der Teleschnecke ging mit einem Klick an und der Baum griff mit den Wurzeln nach dem Hörer. Seine Hände benutzte er nicht, da sie vor Wut bebten. Da wollte er seinem Schüler ein Geschenk machen, und nun so etwas.
„WO IST JOHN?“, schrie der alte Tevis, der den Mann seit Stunden im Büro erwartete. Am Ende der Leitung hielt der weinende Mann, Agent Cry Senior, die Muschel ans Ohr. Wann immer nach John gefragt wurde, war er der nächste Ansprechpartner. Es passierte ausnahmslos, dass er derjenige war, der den Zorn jener zu spüren bekam, die von John versetzt wurden. Seit Jahren erbat er eine Tonbandaufnahme, die seine Arbeit übernahm, doch niemand wollte ihn aus diesem höllischen Informationsloch befreien.
„Wo zur Hölle ist John?“, wiederholte Tevis aufgewühlt. Nach einem Schluchzen hörte der Beamte die vier Worte, die Kultstatus bei Ernst und dem Magazin Kirchenhumor besaßen. „Der ist nicht zugegen“, antwortete Cry Senior, legte auf und kugelte sich daumenlutschend unter seinem Schreibtisch. Zum dritten Mal an diesem Tag musste der Baum den Kopf schütteln. „Er ist zwar nicht John, doch als ich ihn vor Jahren kennen lernte, machte er einen freundlichen Eindruck.“ Lywet wusste nicht, was da auf ihn zukam. „Dann gehst du eben zu Starfish, man, den habe ich ewig nicht mehr gesehen.“ Tevis begann zu lachen und wie Lywet später herausfand, war es eine gute Miene zum bösen Spiel, die er seinem ersten Mentor gegenüber zum vorläufigen Abschied entgegnete.
Immer größere Gedächtnislücken taten sich schließlich unter Starfishs Befehl auf. Etwas, dass den zwei Personen geschuldet war, die Lywet diese Zeit erträglich machten. Darren Levine, der sie mit Stoff versorgte, und Jenna.
Mit zusammengebissenen Zähnen rappelte er sich auf. „Ich habe nach einem Leben gesucht.“ Er stürzte auf seinen Vater zu und riss ihn an den Beinen zu Boden. „Das lasse ich mir nicht wegnehmen, von niemandem!“
Der Lehrer schmunzelte, als er sein Hindernis auf den Pflastersteinen liegen sah. Hatte der alte Knacker ernsthaft gedacht, jemanden mit Worten einlullen zu können? Niemand ist darin besser. Ich bin der König der Einlullenden!, verkündete der Lehrer vor den Kameras der Welt, die noch immer auf die leere Tribüne und deshalb die Kämpfenden ausgerichtet war.
„Du Bettnässer“, erwiderte San Jigen grölend, ehe er zu seinem Schreck eine schmetternde Kopfnuss erhielt. Er stoppte danach die Fäuste seines Sohnes, hielt sie fest, versuchte, ihn aus dem Liegen heraus die Beine wegzuziehen. Lywet verzog keine Miene, als die Wucht ihn tatsächlich fort riss. Während er geschickt auf den Händen landete und sich abrollte, krümmte sich sein Vater und hielt die Gliedmaßen, die tief aufgerissen wurden. Auch die Hose des Jungen hing in Fetzen herab. Seine Beine waren dünn, nicht breiter als die Knochen, die ihn aufrecht stehen ließen. Sie waren verkrümmt, verformt, schärfer als jede Metallklinge.
Normalerweise wäre diese Struktur äußerst schmerzhaft und fragil, doch er hatte nicht umsonst trainiert. In diesen Sekunden biss er einfach die Zähne zusammen und ertrug es.
Der Lehrer hatte inzwischen verstanden, was an seinen Worten zweideutig und zu belächeln war, weshalb er sich selbst eine leichte Ohrfeige gab. Er streckte seine Hand aus, formte eine Lanze und ging auf seinen alten Feind zu, der sich langsam umdrehte und sich aufzurichten versuchte.
„Lass ihn raus, na komm“, spottete D Zera und stieß mit seiner Waffe in den Boden, deren Wucht den Untergrund aufsprengen und Heidi Hoe durch die Luft fliegen ließ. Lywet sprang ihm mit gekreuzten Armen entgegen. Die Schmerzen in seinen neu formierten Gliedern waren unglaublich, doch er zog es durch. Mit einem blutigen Kreuz auf der Brust, stürzte sein Vater zu Boden, begann laut zu husten.
„Du weißt wie ich, dass das kein Mensch hier überleben wird!“, raunte San Jigen dem Lehrer zu. Es war reine Entschlossenheit und die Bewusstheit darüber, in über 130 Jahren weit mehr Schmerz mit sich herum geschleppt zu haben, als diese Fleischwunden ihm jetzt zufügen könnten.
„Das Risiko gehe ich ein“, erwiderte der Lehrer. Seine Stimme verstand zu diesem Zeitpunkt keine Freude mehr.
„Du bist alt, was hält dich hier noch?“, fragte der verrückte Maskierte und griff nach dem Kopfschmuck seines Gegenübers. Er blickte auf das Gesicht des Bärtigen.
„Ich weiß es, seitdem es euch gibt.“ Mit einem Ruck demaskierte er Heidi Hoe und riss ihn an den Haaren in Richtung der Kameras. „Eine lächerliche Tarnung, niemand wird davon überrascht sein“, spottete D Zera.
„Es zählt die Figur, die Heidi verkörpert.“ Ein grimmiges Lächeln zierte das Gesicht des blutenden alten Mannes, der sich indes aufrappelte. Er schnellte mit dem Arm nach vorne, doch der Lehrer duckte sich hinweg.
„Und wer verbirgt sich wohl unter deiner albernen Holzmaske, die von einem Hippie im Knast geschnitzt wurde?!“, murmelte er süffisant.
„Auf meiner Veranda!“, setzte der Lehrer zum verbalen Konter an, merkte dann aber sofort, wie albern das klang. Wütend über seine unbedachte Wortwahl fasste er sich an die Brust, spürte dabei seinen Herzschlag, der rapide zunahm.
Das Biest in ihm wollte raus. Es war zu wenig, um ihn zu töten, doch genug, um seinen Gegner zu quälen.
Der Lehrer lachte und applaudierte, nachdem Lywet seinen Vater in seiner Unaufmerksamkeit von hinten in einen menschlichen Schraubstock spannte. „Verdam...“ Es tat wirklich weh. Sein Sohn hatte es mit dem Lernen von Verbotenem übertrieben. Selbst er wollte sich das nicht antun, doch nun musste San Jigen für seine mangelnde Achtsamkeit zahlen.
Lywet hyperventilierte vor Schmerz, was durch die Schreie seines Vaters übertönt wurde. Dessen Organe wurden vom Knochengerüst gepresst, sein Blutkreislauf wurde innerhalb weniger Sekunden fast vollständig abgeschnitten. „Du...“ Weiter kam er nicht.
„BRICH AUS!“, grollte der Lehrer mit lautem Lachen und hielt das schweißdurchtränkte Gesicht San Jigens in seinen Händen. „Gib uns den Hass, sonst spürst du ihn gleich an eigenem Leib.“ Seine aufgelegte Fingerspitze auf der Stirn San Jigens reichte aus, um die Steine unter dessen Knien durch ihr Zittern in Stücke zu schmettern. Selbst Lywet wurde von diesem körperlichen Impuls zurück geschleudert. Sein Vater zitterte nicht mehr, beben taten seine klappernden Zähne ebenfalls nicht. Er implodierte nahezu, Haare fielen ihm aus als er sich mit den Fingern im Massiv vergrub und ein lautes Geheul ausstieß.
„Wenn wir ein zweites Leben erhalten, sollten der Yamakuma die gleiche Chance kriegen!“ Des Lehrers Wahnsinn war deutlich heraus zu hören. Gleich war es soweit, sein Feind würde nachgeben und sterben. Endlich, endlich war es soweit. Abrupt explodierte es um den Lehrer herum und er wurde in eine Hauswand katapultiert. Seine Sicht verschwamm und das Rasen seines Herzens ließ stetig nach. Er fühlte sich eigenartig. Schmerzlich, musste er jetzt erfahren, nachdem San Jigen ihn an der Gurgel packte und an die Hauswand drückte.
„Ich habe den Fehler...“ Er erbrach sich vor den Füßen seines Erzfeindes, wischte sich das Blut aus den Mundwinkeln. „gemacht...“
Sie beide wussten nicht, worauf sich der Alte überhaupt noch stützte. Seine Beine waren fast vollständig durchtrennt und auch der Arm übte trotz seiner inzwischen rein knochigen Gestalt einen unmenschlichen Druck aus. „Ich mache ihn nie wieder!“, raunte er.
Er schaute den Lehrer nicht einmal an. Es ermangelte ihn trotzalledem nicht an Respekt, Heidi Hoe hatte kaum noch fähige Muskeln in seinem Hals, die seine Kopfhaltung mit stützten. Fast hätte es dieser Irre geschafft, dieses Wesen ausbrechen zu lassen.
„Die M-Acht...wie immer man sie nennt...“ Er lächelte gen Boden. „Ich habe sie für dich aufrecht erhalten. Wegen dir bleibe ich am Leben.“
„Das wird sich ändern.“ D Zera keuchte. „Das wird sich sehr bald ändern!“
„Du kannst den Yamakuma nicht ewig zurück halten.“ San Jigen musterte ihn abschätzig. Er versuchte neues Gefühl in seinem eingeschlafenen Arm zu spüren, doch das unangenehme Kribbeln ließ nicht nach. „Dein Wissen...“, der Anführer der M-Acht schloss die Augen, während er den Druck auf den Hals seines Gegners erhöhte.
„Aus dem Abgrund geboren, vom Teufel verhüllt, den Hass verzehrend.“ Es stand nicht viel auf dem Porneglyph, was ihn gleichermaßen faszinierte wie auch beunruhigte. So etwas hatte er noch nie gesehen. Ihre Expeditionen führten sie an nahezu alle Orte dieser Welt, doch dies war unheimlich. „Das Carbonerit...“ Der junge Tates wollte sich die Haare raufen, streichelte stattdessen aber seinen dicken Bauch. Der Archäologe, der später als Opa Tattergreis in Hanten Hill leben sollte, starrte das Loch an, dass in die unbeschriftete Seite des Porneglyphs hinein gerissen wurde. „Der Junge war zu Tode verurteilt“, witzelte Hantes und holte das Skelett ohne Zögern aus der Kuhle, die ins Carbonerit gelangte. Der zukünftige Richter deutete auf den Rucksack des Ältesten und bohrte mit den knöchernen Fingern in der Nase des Toten.
„Seiner Haltung nach hat er sich im Inneren des Porneglyphs verkrochen...“ San Jigen nickte und legte darauf sein Gepäck auf dem trockenen Boden des Dschungels ab, in dem sie sich befanden. Neben den Tempelruinen, die sie hier entdeckten, war es ein kleines Wunder, diesen alten schwarzen Block einfach so gefunden zu haben. Er stand weder im Zentrum, noch hatte man ihn großartig versteckt. Alles, was sie hier sahen, wies auf eine alte Zivilisation hin. Eine Azteken-Kultur auf geweihtem Land. Die Natur war unberührt, während die Tempel regelrecht eingerissen wurden.
San Jigen fixierte nun das Buch, dass Hantes vor seiner Nase aus der Tasche zog. „Fällt es euch nicht auf? Der Inhalt des Porneglyphs spricht eindeutig vom Yamakuma!“ „A, du Schreck!“, stammelte Hiroid und fiel schäumend in Ohnmacht. Der Jurist blickte seinen jungen Kollegen irritiert an, landete dann jedoch ebenfalls mit dem Gesicht im Dreck. Er spürte einen Stiefel auf seinem Kreuz lasten, versuchte sich aufzurichten, doch sein grimmiger Kollege ließ ihm keine Gelegenheit zum durchatmen.
„Sag niemals dieses Teufelswort!“ Sein Tritt ließ die Rippen des am Boden liegenden tanzen, wie er scharf die Luft einzog. Hantes biss die Zähne zusammen, bis ihm Gauß die Hand reichte und ihn mit einem Ruck über seine Schulter warf und sein Gesäß fast in Scherben zerspringen ließ. „Unser Freund hat eine Heidenangst vor dem Y-Wort, daher halt...deine Fresse“, zischte der junge Weise. San Jigen schüttelte den Kopf, bemerkte den Blick des Geprügelten. Dessen Augen waren weit aufgerissen. Dies lag jedoch nicht an seinem aggressiven Genossen, sondern den Blickwinkel, den er vom Boden aus einnahm. „Da ist noch was“, stammelte er mit dreckigem Husten.
„Wie...“ San Jigen ließ seine Kollegen stehen und kletterte in das hohle Porneglyph hinein. Unter dem Skelett befand sich die Erdschicht, auf welcher der Rest des Gesteins fußte. Und in dieser Erde guckten zwei vergrabene, jedoch frische Birnen heraus. Sie strahlten in einem hellen sanften grün, was den künftigen Gründer der neuen M-Acht ein neues Gefühl einimpfte. Nach dieser willkürlichen Tempelanlage auf irgendeiner verlassenen Insel bot sich ihm nun ein zauberhafter Anblick. Er nahm beide Birnen in die Hand und mühte sich rückwärts aus dem eingeschlagenen Loch heraus zu krabbeln. Es war eine Entdeckung, die niemand jemals hätte machen sollen. Die Chance, ihn niemals zu finden, war gering. Doch ihn schließlich zu vernichten, war weit schwieriger.
„Ein reines Duplikat“, hauchte Tates ehrfürchtig vom Boden aus. Er hatte sich aus Versehen im falschen Winkel geschnäuzt, weshalb sich Gardan Gauß auf eine Fleischwunde seines Rückens stellte. Hantes nickte zustimmend, ebenfalls am Boden fest geheftet, da er innerhalb von zwei Sätzen vier sich reimende Wörter benutzte.
„Wir müssen prüfen, was das ist.“ San Jigen wog die beiden Früchte in seinen Händen, merkte zwischen ihnen absolut gar keinen Unterschied. Selbst die Schnörkel und der Stiel waren exakt gleich gebogen. „Gibt es jede Teufelskraft nicht nur einmal?“, murmelte er darauf im Anschluss.
Hantes und Tates atmeten nach diesen Worten erleichtert auf, da Gauß von ihren um gut 30 Jahre gealterten Rücken absprang und San Jigen gegen die Magenkuhle trat. Japsend knallte der Weise in die Überreste eines Gemäuers, bemerkte neben den Schmerzen das Fehlende in seiner Handfläche. „Was machst du da?“, stammelte er perplex, als er den Fuß seines Freundes über ihrem Fund schweben sah.
„Teufelskräfte sind gemeingefährlich...“ Es spritzte etwas Flüssigkeit zu Boden, wonach der jüngste Weise ein Taschentuch zog und seine Schuhe abtupfte. „Gefahr gebannt“, erklärte er mit einem schiefen Lächeln.
„Wir haben tatsächlich geglaubt, den Yamakuma umgehen zu können.“ Verträumt starrte der Mann auf die Holzmaske seines Feindes, die keinerlei Regung dahinter abzeichnete. „Du versteckst dein Gesicht...“ Heidi Hoe seufzte.
„Er hatte sich damals auch versteckt. Der Fluch hatte ihn in den Wahnsinn getrieben.“
„Das Institut hat das Skelett untersucht. Demnach hatte der Typ vor Jahrzehnten diese Frucht gegessen.“ Der junge Professor betrachtete das Foto des Porneglyphs, dass sicherheitshalber nur von der Seite abgelichtet wurde, auf der keinerlei Gravur zu erkennen war.
„Es gibt keinen Stoff, der Carbonerit effektiv zerstören kann. Meiner Vermutung nach ist der Kerl mit diesen Kräften Amok gelaufen.“
San Jigen betrachtete seine Hände, die bei den bloßen Gedanken an dieses Wesen zu zittern begannen. „Nicht alle Teufelsfrüchte müssen tatsächlich gegessen werden. Da wird sich in Zukunft noch einiges tun...“, kommentierte Ludus den veränderten Körper des Weisen kühl. Er war ein analytisches Naturtalent, schloss die Universität mit 16 ab und hatte ein gutes Auge für sein Team. Ludus stopfte sich eine Pfeife, griff nach einer Zigarette die auf dem Tisch lag und betrachtete die beiden Genussmittel. „Manche Entscheidungen sind wirklich schwer“, flüsterte er mit leisem Klagen. „Da sagen Sie w...“
Plötzlich bebten die Wände unter einer riesigen Explosion, die einen benachbarten Komplex des Bangho-Eria-Instituts in Luft jagte. Professor Ludus stopfte sich Pfeife und Zigarette in den Mund, um beide Hände vor Entsetzen an die Stirn schlagen zu können. Aus dem Fenster heraus war ein brennendes Gewirr von Brettern und geschmolzenem Stahl zu sehen. Inmitten dieser Flammen stand der ungeschickte Praktikant, dessen starrer Blick pures Entsetzen widerspiegelte.
Er hustete kurz und drehte sich unbeholfen um die eigene Achse. Während San Jigen sich auf den Boden geworfen hatte, klopfte der Wissenschaftler seine Pfeife aus und lachte.
„Dieser Job wird mir noch viel Freude bereiten.“
Praktikant Butch sollte lediglich die Türklinken putzen, doch wie dann so etwas geschah, war eines der größten Rätsel, denen sich der ambitionierte Ludus auch in den kommenden vierzig Jahren Tag für Tag entgegen stellen sollte.
San Jigen betrachtete seine Robe, die von Schweiß durchnässt war.
„Meiner nicht, Diu. Mein Job nicht...“
„Eher werde ich den Yamakuma vernichten, als das die Welt ihn ein weiteres Mal erträgt.“
Erzähler: „Der Lehrer schwieg, während er sich diese Geschichten anhörte. Sie waren ihm nicht verborgen geblieben. Keiner, der damals auf diesen Expeditionen dabei gewesen war, würde sich noch heute deutlich dazu bekennen. Hiroid van Bogar stürzte in den Tod, Gardan Gauß lag unter der Erde, William Tates führte ein kauziges Rentnerleben in Hanten Hill und Richter Hantes war der erste Jurist, der eine so namhafte Persönlichkeit wie Sankt Nimmerlein verurteilen konnte. All diese Leute waren einst vom gleichen Schlag. Doch ihre Wege sollten mit diesem Fund nach und nach auseinander brechen. Der Gipfel war erreicht, nachdem Gauß das Unaussprechliche tat, die Macht des Yamakuma gezielt gegen einen Menschen einzusetzen. Etwas, dass das Leben Tausender auf einen Schlag hätte vernichten können.
Mit dem darauf folgenden Ende der Sieben Weisen endete auch die Zeit des archäologischen Gespanns. Die Zeit für ein neues Projekt war danach angebrochen: Die Gründung der M-Acht. Und der damit verbundene Kampf gegen die Spuren, die die Vergangenheit bis heute hinterließ.
[vor 40 Jahren]
„Aus dem Abgrund geboren, vom Teufel verhüllt, den Hass verzehrend.“ Es stand nicht viel auf dem Porneglyph, was ihn gleichermaßen faszinierte wie auch beunruhigte. So etwas hatte er noch nie gesehen. Ihre Expeditionen führten sie an nahezu alle Orte dieser Welt, doch dies war unheimlich. „Das Carbonerit...“ Der junge Tates wollte sich die Haare raufen, streichelte stattdessen aber seinen dicken Bauch. Der Archäologe, der später als Opa Tattergreis in Hanten Hill leben sollte, starrte das Loch an, dass in die unbeschriftete Seite des Porneglyphs hinein gerissen wurde. „Der Junge war zu Tode verurteilt“, witzelte Hantes und holte das Skelett ohne Zögern aus der Kuhle, die ins Carbonerit gelangte. Der zukünftige Richter deutete auf den Rucksack des Ältesten und bohrte mit den knöchernen Fingern in der Nase des Toten.
„Seiner Haltung nach hat er sich im Inneren des Porneglyphs verkrochen...“ San Jigen nickte und legte darauf sein Gepäck auf dem trockenen Boden des Dschungels ab, in dem sie sich befanden. Neben den Tempelruinen, die sie hier entdeckten, war es ein kleines Wunder, diesen alten schwarzen Block einfach so gefunden zu haben. Er stand weder im Zentrum, noch hatte man ihn großartig versteckt. Alles, was sie hier sahen, wies auf eine alte Zivilisation hin. Eine Azteken-Kultur auf geweihtem Land. Die Natur war unberührt, während die Tempel regelrecht eingerissen wurden.
San Jigen fixierte nun das Buch, dass Hantes vor seiner Nase aus der Tasche zog. „Fällt es euch nicht auf? Der Inhalt des Porneglyphs spricht eindeutig vom Yamakuma!“ „A, du Schreck!“, stammelte Hiroid und fiel schäumend in Ohnmacht. Der Jurist blickte seinen jungen Kollegen irritiert an, landete dann jedoch ebenfalls mit dem Gesicht im Dreck. Er spürte einen Stiefel auf seinem Kreuz lasten, versuchte sich aufzurichten, doch sein grimmiger Kollege ließ ihm keine Gelegenheit zum durchatmen.
„Sag niemals dieses Teufelswort!“ Sein Tritt ließ die Rippen des am Boden liegenden tanzen, wie er scharf die Luft einzog. Hantes biss die Zähne zusammen, bis ihm Gauß die Hand reichte und ihn mit einem Ruck über seine Schulter warf und sein Gesäß fast in Scherben zerspringen ließ. „Unser Freund hat eine Heidenangst vor dem Y-Wort, daher halt...deine Fresse“, zischte der junge Weise. San Jigen schüttelte den Kopf, bemerkte den Blick des Geprügelten. Dessen Augen waren weit aufgerissen. Dies lag jedoch nicht an seinem aggressiven Genossen, sondern den Blickwinkel, den er vom Boden aus einnahm. „Da ist noch was“, stammelte er mit dreckigem Husten.
„Wie...“ San Jigen ließ seine Kollegen stehen und kletterte in das hohle Porneglyph hinein. Unter dem Skelett befand sich die Erdschicht, auf welcher der Rest des Gesteins fußte. Und in dieser Erde guckten zwei vergrabene, jedoch frische Birnen heraus. Sie strahlten in einem hellen sanften grün, was den künftigen Gründer der neuen M-Acht ein neues Gefühl einimpfte. Nach dieser willkürlichen Tempelanlage auf irgendeiner verlassenen Insel bot sich ihm nun ein zauberhafter Anblick. Er nahm beide Birnen in die Hand und mühte sich rückwärts aus dem eingeschlagenen Loch heraus zu krabbeln. Es war eine Entdeckung, die niemand jemals hätte machen sollen. Die Chance, ihn niemals zu finden, war gering. Doch ihn schließlich zu vernichten, war weit schwieriger.
„Ein reines Duplikat“, hauchte Tates ehrfürchtig vom Boden aus. Er hatte sich aus Versehen im falschen Winkel geschnäuzt, weshalb sich Gardan Gauß auf eine Fleischwunde seines Rückens stellte. Hantes nickte zustimmend, ebenfalls am Boden fest geheftet, da er innerhalb von zwei Sätzen vier sich reimende Wörter benutzte.
„Wir müssen prüfen, was das ist.“ San Jigen wog die beiden Früchte in seinen Händen, merkte zwischen ihnen absolut gar keinen Unterschied. Selbst die Schnörkel und der Stiel waren exakt gleich gebogen. „Gibt es jede Teufelskraft nicht nur einmal?“, murmelte er darauf im Anschluss.
Hantes und Tates atmeten nach diesen Worten erleichtert auf, da Gauß von ihren um gut 30 Jahre gealterten Rücken absprang und San Jigen gegen die Magenkuhle trat. Japsend knallte der Weise in die Überreste eines Gemäuers, bemerkte neben den Schmerzen das Fehlende in seiner Handfläche. „Was machst du da?“, stammelte er perplex, als er den Fuß seines Freundes über ihrem Fund schweben sah.
„Teufelskräfte sind gemeingefährlich...“ Es spritzte etwas Flüssigkeit zu Boden, wonach der jüngste Weise ein Taschentuch zog und seine Schuhe abtupfte. „Gefahr gebannt“, erklärte er mit einem schiefen Lächeln.
*
„Wir haben tatsächlich geglaubt, den Yamakuma umgehen zu können.“ Verträumt starrte der Mann auf die Holzmaske seines Feindes, die keinerlei Regung dahinter abzeichnete. „Du versteckst dein Gesicht...“ Heidi Hoe seufzte.
„Er hatte sich damals auch versteckt. Der Fluch hatte ihn in den Wahnsinn getrieben.“
*
[vor einigen Jahren]
[vor einigen Jahren]
„Das Institut hat das Skelett untersucht. Demnach hatte der Typ vor Jahrzehnten diese Frucht gegessen.“ Der junge Professor betrachtete das Foto des Porneglyphs, dass sicherheitshalber nur von der Seite abgelichtet wurde, auf der keinerlei Gravur zu erkennen war.
„Es gibt keinen Stoff, der Carbonerit effektiv zerstören kann. Meiner Vermutung nach ist der Kerl mit diesen Kräften Amok gelaufen.“
San Jigen betrachtete seine Hände, die bei den bloßen Gedanken an dieses Wesen zu zittern begannen. „Nicht alle Teufelsfrüchte müssen tatsächlich gegessen werden. Da wird sich in Zukunft noch einiges tun...“, kommentierte Ludus den veränderten Körper des Weisen kühl. Er war ein analytisches Naturtalent, schloss die Universität mit 16 ab und hatte ein gutes Auge für sein Team. Ludus stopfte sich eine Pfeife, griff nach einer Zigarette die auf dem Tisch lag und betrachtete die beiden Genussmittel. „Manche Entscheidungen sind wirklich schwer“, flüsterte er mit leisem Klagen. „Da sagen Sie w...“
Plötzlich bebten die Wände unter einer riesigen Explosion, die einen benachbarten Komplex des Bangho-Eria-Instituts in Luft jagte. Professor Ludus stopfte sich Pfeife und Zigarette in den Mund, um beide Hände vor Entsetzen an die Stirn schlagen zu können. Aus dem Fenster heraus war ein brennendes Gewirr von Brettern und geschmolzenem Stahl zu sehen. Inmitten dieser Flammen stand der ungeschickte Praktikant, dessen starrer Blick pures Entsetzen widerspiegelte.
Er hustete kurz und drehte sich unbeholfen um die eigene Achse. Während San Jigen sich auf den Boden geworfen hatte, klopfte der Wissenschaftler seine Pfeife aus und lachte.
„Dieser Job wird mir noch viel Freude bereiten.“
Praktikant Butch sollte lediglich die Türklinken putzen, doch wie dann so etwas geschah, war eines der größten Rätsel, denen sich der ambitionierte Ludus auch in den kommenden vierzig Jahren Tag für Tag entgegen stellen sollte.
San Jigen betrachtete seine Robe, die von Schweiß durchnässt war.
„Meiner nicht, Diu. Mein Job nicht...“
*
„Eher werde ich den Yamakuma vernichten, als das die Welt ihn ein weiteres Mal erträgt.“
Erzähler: „Der Lehrer schwieg, während er sich diese Geschichten anhörte. Sie waren ihm nicht verborgen geblieben. Keiner, der damals auf diesen Expeditionen dabei gewesen war, würde sich noch heute deutlich dazu bekennen. Hiroid van Bogar stürzte in den Tod, Gardan Gauß lag unter der Erde, William Tates führte ein kauziges Rentnerleben in Hanten Hill und Richter Hantes war der erste Jurist, der eine so namhafte Persönlichkeit wie Sankt Nimmerlein verurteilen konnte. All diese Leute waren einst vom gleichen Schlag. Doch ihre Wege sollten mit diesem Fund nach und nach auseinander brechen. Der Gipfel war erreicht, nachdem Gauß das Unaussprechliche tat, die Macht des Yamakuma gezielt gegen einen Menschen einzusetzen. Etwas, dass das Leben Tausender auf einen Schlag hätte vernichten können.
Mit dem darauf folgenden Ende der Sieben Weisen endete auch die Zeit des archäologischen Gespanns. Die Zeit für ein neues Projekt war danach angebrochen: Die Gründung der M-Acht. Und der damit verbundene Kampf gegen die Spuren, die die Vergangenheit bis heute hinterließ.
Weshalb lächelte er
Wieso bezeichnete er das Geschenk als Segen
Woher nahm er die Gewissheit
Sie wusste es nicht
Wieso bezeichnete er das Geschenk als Segen
Woher nahm er die Gewissheit
Sie wusste es nicht
„Noch brauche ich meine Maske“, flüsterte der Lehrer. Da er sich die ganze Zeit nicht wehrte, näherte sich ihm San Jigen, um besser verstehen zu können. Dies bereute er zugleich, als der Lehrer ihn mit einer Kopfnuss strafte. „Trottel“, blaffte dieser, schleuderte einen Feuerball auf den Coach, der kurz vor seinem Leib explodierte und seine gescholtene Brust in Brand setzte. Ächzend raffte sich der alte Mann auf, der den Erwerb der Formel-6 bis heute nicht bereute. Mit einer schnellen Handbewegung schlug er die Luft um sich herum fort, wodurch das Feuer im Keim erstickte. Als er damit fertig war, sah er bereits einen Lichtstrahl auf seine Schläfe zu rasen.
„Wie viele Elemente kontrollierst du kleiner Dreckskerl?“, schrie er mit stoischer Nüchternheit und rammte seine Stirn gegen das gebündelte Licht, dass umgehend abgelenkt und in eines der umliegende Häuser einschlug. Keiner der beiden störte sich an dem Krach, den die einstürzende Wand auf dem Platz hinterließ.
„Jeder Finger enthält eine Überraschung“, erwiderte der Lehrer und ließ flüssiges Kupfer zu Boden träufeln. „Ein Souvenir aus Ishitani.“ Er schleuderte einen Speer auf den Bärtigen, der mit einer gekonnten Limbo-Verbeugung ausweichen konnte. „Aus dem Großen Ereignis“, knüpfte D Zera nahtlos an und ließ glimmende Wölkchen über Mary Joa schweben. „Und natürlich: Punk Hazard!“, kicherte er, worauf er die Luft über ihnen explodieren ließ. Die Dächer der Häuser wurden fein säuberlich pulverisiert, was Heidi Hoe nur bedingt beeindruckte.
„Du kleiner Räuber, Du.“ Sein Respekt vor seinem Gegenspieler war von intellektueller Natur, da er eines fürchtete. Die Starrheit und Unberechenbarkeit des Lehrers. Seinen Plan würde er selbst im Tod umsetzen wollen. Doch seine Stärke lag in der Manipulation seiner Umgebung und der in ihr lebenden Menschen. Fähigkeiten, die bei einem reinen Kämpfer nicht zogen.
Der Lehrer ließ seine erschaffene Waffe fallen, als ihm die Luft weg blieb. Das Knie des Alten zermarterte seine Knochen im Leib und ließ ihn bewusstlos zusammen sacken.
„Willst du dich immer noch mit mir anlegen“, fragte San Jigen, ohne den Lehrer dabei anzusehen. Die Präsenz in seinem Rücken war nach wie vor erhaben und beeindruckend.
„Geben Sie auf, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür“, brüllte Mr. Cruel, der einem Schlag des Hünen ausweichen musste. Seine Eide nahm der frische Großadmiral trotz dieser angespannten Lage an. Den der M-Acht, und jenen, den er der Marine gegenüber schwören würde, sobald er offiziell in seinem Amt bestätigt werden würde. Die Gorousei hatten ihm diesen Posten bereits zugesichert, doch dies wusste außer ihnen niemand.
Die Ernennung war ein medienwirksames Spektakel, dem die Spannung nicht von vornherein abgesprochen werden sollte. Doch was daraus wurde, sah er jetzt. Die ganze Welt sah es. Die Reste der M-Acht kämpften gegen die Verbliebenen der Manus-Organisation. Sie schlossen sich zusammen, um den Lehrer und dessen Absichten zu vereiteln. Dies gestaltete sich weit schwerer als erahnt, da er Soldier Jay nicht ohne Konsequenzen töten konnte.
Er gehörte nicht der Cipherpol an, sodass er ihn nicht per Sofortbeschluss exekutieren durfte. Als Großadmiral in spe durfte er die Hand nicht gegen den vielfach geehrten Hane Jantnis erheben. Zu guter Letzt verbot es ihm der Schwur, ein anderes M-Acht-Mitglied zu töten. Jenem Berserker wich er aus, während seine Stimme lauter wurde. „Ich befehle Ihnen, zu kooperieren“, schrie er erneut und starrte Lywet an, dem die Aufmerksamkeit der beiden galt. Der Lehrer war außer Gefecht gesetzt. Er konnte ihn nicht mehr erpressen.
„Lass mich dir endlich helfen, ich habe es zu lange verpasst“, sagte San Jigen ruhig und humpelte auf seinen Sohn zu. Als dieser seinen Schritt mit den Händen schützte, blitzte ein Grinsen im flauschigen Gesicht des alten Mannes auf. „Ich habe zu viele Menschen erlebt, die vom rechten Weg abgekommen sind. Lass dich nicht auch noch dazu hinreißen.“
Er streckte seine Hand aus.
Ehe Lywet eine Entscheidung traf, unterbrach sie eine gedämpfte Stimme. Rich²man blieb stehen, als der schleimüberzogene Golem vor ihm plötzlich inne hielt und die blaue Masse von diesem abperlte. Vor den Augen der Anwesenden lief die Chemikalie zusammen und sammelte sich.
Dieser Prozess war für einen Mann besonders verwirrend.
Kashius Zylinder stand auf einem Tisch, wodurch er durch das geöffnete Fenster auf den nun stillgelegten Platz blickte. Der abgetrennte Kopf grummelte in der Flüssigkeit, die ihn am Leben hielt. „Was ist jetzt los?“ Er legte die Stirn in Falten, doch die Kontrolle über seine verbesserten Steinkreaturen verschwand vollständig.
Angestrengt keuchte er in dieser süßlichen Lösung, die Mars bei seiner Flucht aus dem Forschungsinstitut mit ins Hauptquartier brachte. Vegapunk war ein Genie, einen Stoff zu entwickeln, der das Gehirn durchgehend stimulierte. Er brauchte damit keinen Sauerstoff mehr, um das Absterben seiner Hirnzellen zu verhindern. In Kombination mit seiner Teufelsfrucht war es möglich, ohne menschlichen Körper weiterzuleben. So interessant es für ihn war, jahrelang in einem Zylinder zu leben, umso erschrockener war er über die Chemikalie, die vor seinen Augen den Tisch entlang kroch. Panisch zog er eine Augenbraue hoch und pustete, was ihn lediglich kurzfristig in einem Schwarm Blubberblasen verschwinden ließ. Nachdem diese schmächtige Tarnung nichts nützte, folgten seine Augen dem Schleim, der langsam sein Gefäß hoch kletterte.
„Rok´han?...Petrus?...HILFE!“
Weshalb wandte sich dieses nützliche Geschenk plötzlich gegen ihn? Der Lehrer entsandte extra ein Kaliber wie Shy, um der C-Corp diese Chemikalie abzunehmen. Er versagte. Er verfluchte das Mädchen, dass ihnen dieses Teufelszeug überlassen hatte. Neben weiteren Blubberblasen färbte sich die Lösung im Zylinder in ein tiefes, dunkles rot.
Die gedämpfte Stimme wurde mit jedem Teil der Chemikalie immer lauter und klar verständlicher. San Jigen strich sich fasziniert durch den Bart.
'Wie immer deine Abteilung das auch entwickelt hat. Dieser Stoff ist unglaublich, Diu!' Das Königsprodukt des Bangho-Eria-Instituts begann sich zu einem Quader zu verformen, in dessen Mitte ein Bild erschien.
Rich²man fiel auf den Hosenboden. Er kannte diesen Stoff mehr als gut, da sein Geschäftspartner Carpaccio ihm während ihrer Treffen seine Kräfte präsentierte.
„Dieses blaue Wunder misst die Hirnströme und ist in der Lage, diese in antizipierten Bildern darzustellen. Es steckt die Intelligenz der klügsten Köpfe des BE da drinnen.“ Der Mann im lila Anzug strich sich durchs Haar und schnipste in die Finger. „Ich zeige es dir, mein Freund“, verkündete er mit einem Lächeln. Sie sahen den gealterten Professor Ludus, der in seinem Büro saß. „Sehr geehrter Käufer. Sie sehen hier eine Aufnahme, die ich selbst ansah, um die aufkommenden Gedanken auf dieses Wunderwerk zu speichern.“
Cornelius 'Rich²man' Johnson klatschte beeindruckt in die Hände, erschrak allerdings, als ein Bücherregal auf Ludus Kopf fiel. „Buuuuuuutch!“, brüllte dieser, worauf die Übertragung endete.
„Was ist mit Mr. C passiert...?!“ Rich²man lief der Schweiß über die Stirn. Sarna Dipa wurde von Maretan beschützt, ehe er im Kampf sein Leben ließ. „Wie kam Manus an diese Chemikalie?“
„Herzlich Willkommen zu meinem Spot“, sagte die Stimme aus der Mitte des blauen Quaders. Die Übertragung kam aus einem luxuriös eingerichteten Appartement, im Hintergrund war der Vollmond durch das Fenster zu erkennen. In der Ferne deutete sich schemenhaft das Schloss der Weisen an, was San Jigen bei näherem Hingucken auffiel.
„Das kann doch nicht sein.“ Mr. Cruel kannte diesen Platz. Er holte aus und beförderte Jay mit der Handfläche in eines der Gebäude, dass ihn mit Schutt begrub. „Tut mir Leid, doch das ist wirklich interessant.“ An jenem Ort hatte er Thaddäus vor Aka Inu gerettet und dabei geholfen, den Attentätern die Flucht zu ermöglichen.
„Soll ich auf Patrouille gehen“, fragte eine Frauenstimme im blauen Bild, die ihn von seiner Aufnahme ablenkte. „Sehr gerne, Miss Jenna“, rief er ihr freundlich nach, ehe sie sein Appartement verließ.
Lywet konnte sich vor Entsetzen kaum auf den Beinen halten. Was hatte dieser Mann mit ihrem Verschwinden zu tun?
„Ich habe die Chemikalie einst mitentwickelt und weiß, wie sie zu modifizieren ist.“ Er räusperte sich und deutete auf seine Jacke, in der ein Tütchen mit blauem Stoff zu sehen war.
„Das...“ San Jigen drehte sich um, als er den keuchenden Lehrer an einer Hauswand sitzen sah. Er zitterte noch immer am ganzen Körper und rang nach Atem. „Das Tütchen hat mir dieses Mädchen überlassen...“
Boundary machte eine kurze Pause, indem er ein Schluck Wasser trank. „Ich gehe davon aus, dass Sie leben und dies jetzt hören, Masken-Lehrer. Manus hat versagt, während ich triumphierte.“
„Ist das der Mann, der Mr. C einen Teil der Chemikalie klauen konnte?“
Rich²man raufte sich die Haare und fluchte. „Verdammt, er hatte einen Zwischenfall auf Kythera erwähnt...“
Boundary redete unterdessen weiter und schaute auf eine Uhr, die auf dem Schreibtisch stand. „Ich werde dafür sorgen, dass du das kriegst, was du wolltest. Nur eben...anders!“
Er begann zu lachen und ließ sich in die Stuhllehne fallen.
„Sie wollten Wächter für eine neue, heile Welt. Unsterbliche, gehorsame Wesen. Dafür haben Sie jemandem das Leben verbaut. Jemanden, den ich respektierte.“ Seine Unterlippe zitterte kurz, als er an Shy dachte. Etwas, dass seine Zuschauer aber nicht sahen.
San Jigen ballte die Fäuste. „Dieser Bastard verrät sich mit keinem Wort. Die ganze Welt sieht ihn und trotzdem kann er nicht überführt werden.“ Er stampfte wütend auf den Boden, was die Chemikalie vor ihnen in Wallung versetzte.
„Masken-Lehrer, ich habe Vorkehrungen getroffen, um die Welt vor Ihnen zu beschützen.“ Boundary räusperte sich. „Selbst wenn ich mich für diese Welt opfern muss, werde ich sie damit beschützt haben.“ Die Übertragung endete mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen des Mannes, mit dem er nicht mehr rechnete.
Der Lehrer wollte vor Wut schreien, da dieser spöttische Ton in Boundarys Stimme allzu bekannt war. Einen Tonfall, der eines implizierte. Dass alles nach Plan lief. Alles.
„Wer so etwas vorbereitet, kann einfach nicht tot sein“, analysierte Heidi Hoe nüchtern und fasste sich an Stirn. „Er hat alles geplant, selbst die Zeit nach seinem Tod.“
Wütend stampfte er erneut auf, da es nicht mit dem Lehrer zu Ende gehen würde. Selbst, wenn die M-Acht jetzt gewinnen würde.
„Ich habe ihn unterschätzt, er hat diesen Sieg...“, Heidi Hoe riss die Augen auf, als das Fernsehquader sich wie ein Luftballon aufblähte.
„Boundary wird leider nicht mehr mein Problem sein“, murmelte San Jigen und ging ein paar Schritte zurück.
Bis eben wusste sie die Antworten auf ihre Fragen nicht. Ihr Blick galt dem Geschehen, dass sich unter ihren Füßen abspielte. Die Dimension hatte sie seit dem Aufbruch des Lehrers nicht verlassen können.
Sie sah, wie Lywet um sie kämpfte, seinen Willen, etwas furchtbares zu tun, um ihr die Chance auf das Leben zu wahren. Jenna wusste nicht, was sie denken sollte. Sie schwebte in der Luft und musste mit ansehen, wie die Chemikalie nach der Übertragung hochging.
Die Explosion schadete ihren Ohren, die unter diesem Lärm fast in Stücke zersprangen, ein lautes Pfeifen quälte ihr Gehör, während ihr Körper in dieser Dimension von den Ausmaßen dieser Katastrophe verschont blieb.
„Er überließ es nie dem Zufall?“, entsann sie sich, schüttelte ihren Arme vor Ekel, als sie an ihre Arbeit bei Boundary dachte. Sie sollte ihn bloß am Abend vor der Wahl beschützen.
„Lass..en Sie mich los, bitte!“, flehte das Mädchen und wurde wieder lauter, die Panik, sie war ihr anzusehen. Sie war Opfer einer Gewalttat, wurde vergewaltigt, versuchte, das Schlimmste zu verhindern, doch die Schreie, die sie bisher hervorgebracht hatte, waren ohne Wirkung.
„HALT DIE...“
Die Scheibe klirrte, ein Pfeil flog haarscharf an seinem Kopf vorbei. Boundary hielt inne, fühlte den feinen Schnitt an seiner Wange, der sich gut 15 Zentimeter durch sein Gesicht zog. Die Stelle, an der er noch keine Narbe besaß. „Was...zum?“ Er ließ sie los, fühlte sein Gesicht, die offene Haut. Es blutete und schmerzte. Jenna sah die Chance. Sie nahm irgendein Kleidungsstück und rannte damit nach draußen. Sie ließ die Tränen laufen, ihr war es egal, ob sie völlig nackt in die dunkle Nacht lief. Das war egal, sie musste bloß weg von diesem Monster. - Kapitel 149, Schändung und Mord.
„Er wollte, dass ich die Chemikalie mitnehme. Er wollte, dass der Lehrer mich rettet. Und er wusste, dass ich ihm zum Dank das gab, was er wollte.“
Erzähler: „Nur war es anders. Es war ein falsches Geschenk.“
„Wie viele Elemente kontrollierst du kleiner Dreckskerl?“, schrie er mit stoischer Nüchternheit und rammte seine Stirn gegen das gebündelte Licht, dass umgehend abgelenkt und in eines der umliegende Häuser einschlug. Keiner der beiden störte sich an dem Krach, den die einstürzende Wand auf dem Platz hinterließ.
„Jeder Finger enthält eine Überraschung“, erwiderte der Lehrer und ließ flüssiges Kupfer zu Boden träufeln. „Ein Souvenir aus Ishitani.“ Er schleuderte einen Speer auf den Bärtigen, der mit einer gekonnten Limbo-Verbeugung ausweichen konnte. „Aus dem Großen Ereignis“, knüpfte D Zera nahtlos an und ließ glimmende Wölkchen über Mary Joa schweben. „Und natürlich: Punk Hazard!“, kicherte er, worauf er die Luft über ihnen explodieren ließ. Die Dächer der Häuser wurden fein säuberlich pulverisiert, was Heidi Hoe nur bedingt beeindruckte.
„Du kleiner Räuber, Du.“ Sein Respekt vor seinem Gegenspieler war von intellektueller Natur, da er eines fürchtete. Die Starrheit und Unberechenbarkeit des Lehrers. Seinen Plan würde er selbst im Tod umsetzen wollen. Doch seine Stärke lag in der Manipulation seiner Umgebung und der in ihr lebenden Menschen. Fähigkeiten, die bei einem reinen Kämpfer nicht zogen.
Der Lehrer ließ seine erschaffene Waffe fallen, als ihm die Luft weg blieb. Das Knie des Alten zermarterte seine Knochen im Leib und ließ ihn bewusstlos zusammen sacken.
„Willst du dich immer noch mit mir anlegen“, fragte San Jigen, ohne den Lehrer dabei anzusehen. Die Präsenz in seinem Rücken war nach wie vor erhaben und beeindruckend.
„Geben Sie auf, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür“, brüllte Mr. Cruel, der einem Schlag des Hünen ausweichen musste. Seine Eide nahm der frische Großadmiral trotz dieser angespannten Lage an. Den der M-Acht, und jenen, den er der Marine gegenüber schwören würde, sobald er offiziell in seinem Amt bestätigt werden würde. Die Gorousei hatten ihm diesen Posten bereits zugesichert, doch dies wusste außer ihnen niemand.
Die Ernennung war ein medienwirksames Spektakel, dem die Spannung nicht von vornherein abgesprochen werden sollte. Doch was daraus wurde, sah er jetzt. Die ganze Welt sah es. Die Reste der M-Acht kämpften gegen die Verbliebenen der Manus-Organisation. Sie schlossen sich zusammen, um den Lehrer und dessen Absichten zu vereiteln. Dies gestaltete sich weit schwerer als erahnt, da er Soldier Jay nicht ohne Konsequenzen töten konnte.
Er gehörte nicht der Cipherpol an, sodass er ihn nicht per Sofortbeschluss exekutieren durfte. Als Großadmiral in spe durfte er die Hand nicht gegen den vielfach geehrten Hane Jantnis erheben. Zu guter Letzt verbot es ihm der Schwur, ein anderes M-Acht-Mitglied zu töten. Jenem Berserker wich er aus, während seine Stimme lauter wurde. „Ich befehle Ihnen, zu kooperieren“, schrie er erneut und starrte Lywet an, dem die Aufmerksamkeit der beiden galt. Der Lehrer war außer Gefecht gesetzt. Er konnte ihn nicht mehr erpressen.
„Lass mich dir endlich helfen, ich habe es zu lange verpasst“, sagte San Jigen ruhig und humpelte auf seinen Sohn zu. Als dieser seinen Schritt mit den Händen schützte, blitzte ein Grinsen im flauschigen Gesicht des alten Mannes auf. „Ich habe zu viele Menschen erlebt, die vom rechten Weg abgekommen sind. Lass dich nicht auch noch dazu hinreißen.“
Er streckte seine Hand aus.
Ehe Lywet eine Entscheidung traf, unterbrach sie eine gedämpfte Stimme. Rich²man blieb stehen, als der schleimüberzogene Golem vor ihm plötzlich inne hielt und die blaue Masse von diesem abperlte. Vor den Augen der Anwesenden lief die Chemikalie zusammen und sammelte sich.
Dieser Prozess war für einen Mann besonders verwirrend.
Kashius Zylinder stand auf einem Tisch, wodurch er durch das geöffnete Fenster auf den nun stillgelegten Platz blickte. Der abgetrennte Kopf grummelte in der Flüssigkeit, die ihn am Leben hielt. „Was ist jetzt los?“ Er legte die Stirn in Falten, doch die Kontrolle über seine verbesserten Steinkreaturen verschwand vollständig.
Angestrengt keuchte er in dieser süßlichen Lösung, die Mars bei seiner Flucht aus dem Forschungsinstitut mit ins Hauptquartier brachte. Vegapunk war ein Genie, einen Stoff zu entwickeln, der das Gehirn durchgehend stimulierte. Er brauchte damit keinen Sauerstoff mehr, um das Absterben seiner Hirnzellen zu verhindern. In Kombination mit seiner Teufelsfrucht war es möglich, ohne menschlichen Körper weiterzuleben. So interessant es für ihn war, jahrelang in einem Zylinder zu leben, umso erschrockener war er über die Chemikalie, die vor seinen Augen den Tisch entlang kroch. Panisch zog er eine Augenbraue hoch und pustete, was ihn lediglich kurzfristig in einem Schwarm Blubberblasen verschwinden ließ. Nachdem diese schmächtige Tarnung nichts nützte, folgten seine Augen dem Schleim, der langsam sein Gefäß hoch kletterte.
„Rok´han?...Petrus?...HILFE!“
Weshalb wandte sich dieses nützliche Geschenk plötzlich gegen ihn? Der Lehrer entsandte extra ein Kaliber wie Shy, um der C-Corp diese Chemikalie abzunehmen. Er versagte. Er verfluchte das Mädchen, dass ihnen dieses Teufelszeug überlassen hatte. Neben weiteren Blubberblasen färbte sich die Lösung im Zylinder in ein tiefes, dunkles rot.
Die gedämpfte Stimme wurde mit jedem Teil der Chemikalie immer lauter und klar verständlicher. San Jigen strich sich fasziniert durch den Bart.
'Wie immer deine Abteilung das auch entwickelt hat. Dieser Stoff ist unglaublich, Diu!' Das Königsprodukt des Bangho-Eria-Instituts begann sich zu einem Quader zu verformen, in dessen Mitte ein Bild erschien.
Rich²man fiel auf den Hosenboden. Er kannte diesen Stoff mehr als gut, da sein Geschäftspartner Carpaccio ihm während ihrer Treffen seine Kräfte präsentierte.
[vor einigen Monaten]
„Dieses blaue Wunder misst die Hirnströme und ist in der Lage, diese in antizipierten Bildern darzustellen. Es steckt die Intelligenz der klügsten Köpfe des BE da drinnen.“ Der Mann im lila Anzug strich sich durchs Haar und schnipste in die Finger. „Ich zeige es dir, mein Freund“, verkündete er mit einem Lächeln. Sie sahen den gealterten Professor Ludus, der in seinem Büro saß. „Sehr geehrter Käufer. Sie sehen hier eine Aufnahme, die ich selbst ansah, um die aufkommenden Gedanken auf dieses Wunderwerk zu speichern.“
Cornelius 'Rich²man' Johnson klatschte beeindruckt in die Hände, erschrak allerdings, als ein Bücherregal auf Ludus Kopf fiel. „Buuuuuuutch!“, brüllte dieser, worauf die Übertragung endete.
*
„Was ist mit Mr. C passiert...?!“ Rich²man lief der Schweiß über die Stirn. Sarna Dipa wurde von Maretan beschützt, ehe er im Kampf sein Leben ließ. „Wie kam Manus an diese Chemikalie?“
„Herzlich Willkommen zu meinem Spot“, sagte die Stimme aus der Mitte des blauen Quaders. Die Übertragung kam aus einem luxuriös eingerichteten Appartement, im Hintergrund war der Vollmond durch das Fenster zu erkennen. In der Ferne deutete sich schemenhaft das Schloss der Weisen an, was San Jigen bei näherem Hingucken auffiel.
„Das kann doch nicht sein.“ Mr. Cruel kannte diesen Platz. Er holte aus und beförderte Jay mit der Handfläche in eines der Gebäude, dass ihn mit Schutt begrub. „Tut mir Leid, doch das ist wirklich interessant.“ An jenem Ort hatte er Thaddäus vor Aka Inu gerettet und dabei geholfen, den Attentätern die Flucht zu ermöglichen.
„Soll ich auf Patrouille gehen“, fragte eine Frauenstimme im blauen Bild, die ihn von seiner Aufnahme ablenkte. „Sehr gerne, Miss Jenna“, rief er ihr freundlich nach, ehe sie sein Appartement verließ.
Lywet konnte sich vor Entsetzen kaum auf den Beinen halten. Was hatte dieser Mann mit ihrem Verschwinden zu tun?
„Ich habe die Chemikalie einst mitentwickelt und weiß, wie sie zu modifizieren ist.“ Er räusperte sich und deutete auf seine Jacke, in der ein Tütchen mit blauem Stoff zu sehen war.
„Das...“ San Jigen drehte sich um, als er den keuchenden Lehrer an einer Hauswand sitzen sah. Er zitterte noch immer am ganzen Körper und rang nach Atem. „Das Tütchen hat mir dieses Mädchen überlassen...“
Boundary machte eine kurze Pause, indem er ein Schluck Wasser trank. „Ich gehe davon aus, dass Sie leben und dies jetzt hören, Masken-Lehrer. Manus hat versagt, während ich triumphierte.“
„Ist das der Mann, der Mr. C einen Teil der Chemikalie klauen konnte?“
Rich²man raufte sich die Haare und fluchte. „Verdammt, er hatte einen Zwischenfall auf Kythera erwähnt...“
Boundary redete unterdessen weiter und schaute auf eine Uhr, die auf dem Schreibtisch stand. „Ich werde dafür sorgen, dass du das kriegst, was du wolltest. Nur eben...anders!“
Er begann zu lachen und ließ sich in die Stuhllehne fallen.
„Sie wollten Wächter für eine neue, heile Welt. Unsterbliche, gehorsame Wesen. Dafür haben Sie jemandem das Leben verbaut. Jemanden, den ich respektierte.“ Seine Unterlippe zitterte kurz, als er an Shy dachte. Etwas, dass seine Zuschauer aber nicht sahen.
San Jigen ballte die Fäuste. „Dieser Bastard verrät sich mit keinem Wort. Die ganze Welt sieht ihn und trotzdem kann er nicht überführt werden.“ Er stampfte wütend auf den Boden, was die Chemikalie vor ihnen in Wallung versetzte.
„Masken-Lehrer, ich habe Vorkehrungen getroffen, um die Welt vor Ihnen zu beschützen.“ Boundary räusperte sich. „Selbst wenn ich mich für diese Welt opfern muss, werde ich sie damit beschützt haben.“ Die Übertragung endete mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen des Mannes, mit dem er nicht mehr rechnete.
Der Lehrer wollte vor Wut schreien, da dieser spöttische Ton in Boundarys Stimme allzu bekannt war. Einen Tonfall, der eines implizierte. Dass alles nach Plan lief. Alles.
„Wer so etwas vorbereitet, kann einfach nicht tot sein“, analysierte Heidi Hoe nüchtern und fasste sich an Stirn. „Er hat alles geplant, selbst die Zeit nach seinem Tod.“
Wütend stampfte er erneut auf, da es nicht mit dem Lehrer zu Ende gehen würde. Selbst, wenn die M-Acht jetzt gewinnen würde.
„Ich habe ihn unterschätzt, er hat diesen Sieg...“, Heidi Hoe riss die Augen auf, als das Fernsehquader sich wie ein Luftballon aufblähte.
„Boundary wird leider nicht mehr mein Problem sein“, murmelte San Jigen und ging ein paar Schritte zurück.
Bis eben wusste sie die Antworten auf ihre Fragen nicht. Ihr Blick galt dem Geschehen, dass sich unter ihren Füßen abspielte. Die Dimension hatte sie seit dem Aufbruch des Lehrers nicht verlassen können.
Sie sah, wie Lywet um sie kämpfte, seinen Willen, etwas furchtbares zu tun, um ihr die Chance auf das Leben zu wahren. Jenna wusste nicht, was sie denken sollte. Sie schwebte in der Luft und musste mit ansehen, wie die Chemikalie nach der Übertragung hochging.
Die Explosion schadete ihren Ohren, die unter diesem Lärm fast in Stücke zersprangen, ein lautes Pfeifen quälte ihr Gehör, während ihr Körper in dieser Dimension von den Ausmaßen dieser Katastrophe verschont blieb.
„Er überließ es nie dem Zufall?“, entsann sie sich, schüttelte ihren Arme vor Ekel, als sie an ihre Arbeit bei Boundary dachte. Sie sollte ihn bloß am Abend vor der Wahl beschützen.
„Lass..en Sie mich los, bitte!“, flehte das Mädchen und wurde wieder lauter, die Panik, sie war ihr anzusehen. Sie war Opfer einer Gewalttat, wurde vergewaltigt, versuchte, das Schlimmste zu verhindern, doch die Schreie, die sie bisher hervorgebracht hatte, waren ohne Wirkung.
„HALT DIE...“
Die Scheibe klirrte, ein Pfeil flog haarscharf an seinem Kopf vorbei. Boundary hielt inne, fühlte den feinen Schnitt an seiner Wange, der sich gut 15 Zentimeter durch sein Gesicht zog. Die Stelle, an der er noch keine Narbe besaß. „Was...zum?“ Er ließ sie los, fühlte sein Gesicht, die offene Haut. Es blutete und schmerzte. Jenna sah die Chance. Sie nahm irgendein Kleidungsstück und rannte damit nach draußen. Sie ließ die Tränen laufen, ihr war es egal, ob sie völlig nackt in die dunkle Nacht lief. Das war egal, sie musste bloß weg von diesem Monster. - Kapitel 149, Schändung und Mord.
„Er wollte, dass ich die Chemikalie mitnehme. Er wollte, dass der Lehrer mich rettet. Und er wusste, dass ich ihm zum Dank das gab, was er wollte.“
Erzähler: „Nur war es anders. Es war ein falsches Geschenk.“
„Ihr sehnt euch alle nach Genugtuung.“ Seine Augen fesselten sie, ohne ihnen Raum zu nehmen. Die Stimme donnerte in einem Singsang, der sie die Realität vergessen ließ. Eben noch flohen sie vor der Marine und dem Agenten, dessen kochender Atem noch Minuten danach für nasse Schultern sorgte. Jetzt war die Jagd vorbei – und sie sicher.
„Boundary ist zu oft zu weit gegangen, nicht wahr?“ Der Lehrer musterte die drei jungen Leute, die er eben in sein unsichtbares Ferienhaus über Mary Joa brachte. Ihre Wut war dem gleichen Ziel gewidmet, etwas, dass ihm nützte. Ihr Wille, mit Manus zu kooperieren, würde leicht zu erzeugen sein.
Starr versuchten sie seinen Augen auszuweichen, zu groß war das Unbehagen, dass der Maskierte ausstrahlte. Er bemühte sich nett zu sein. Seine Lautstärke stand im krassen Gegensatz zur Absicht, so hielt er sich die Hände vors Gesicht, um lautstark zu flüstern. Vieles wurde über D Zera erzählt, doch begegnet war ihm in all den Jahren kaum jemand. Lediglich die M-Acht zeigte Interesse daran, seine Aufenthaltsorte in Schutt und Asche zu legen. Ihm sollte kein Raum gewährt sein, ein Grund, dessen taktische Konsequenz eines zur Folge hatte. Der Lehrer bewegte sich jahrelang durch Dimensionen, errichtete sich mit ihrer Hilfe Stützpunkte, die ihm Sprünge ermöglichten. Bewegungen, die kaum zu rekonstruieren waren.
„Du hast etwas, dass ich haben will“, murmelte er plötzlich und deutete auf den langen Mantel, den Jenna aus dem Appartement mitgehen ließ. Sie wusste gar nicht, wie ihr geschah, als sie sich irgendwas griff, um hinterher nicht nackt auf der Straße landen zu müssen. Obwohl es ihr graute, musste sie zugeben, dass Boundary durchaus Stil besaß. Zitternd folgte ihre Hand dem Blick des Lehrers und verschwand in eine der Felltaschen, in der ein blaues Tütchen verborgen lag.
„Weiß einer von euch, was das ist?“, fragte der Lehrer, dessen Augen vor Begierde zu funkeln begannen. Was immer auch mit Shy auf Sarna Dipa passierte. Er hatte versagt. Die Probe von Calvin Carpaccio lag trotzdem vor ihm. Daher konnte es ihm egal sein, was mit dem Monster der Nacht geschah.
„Ich habe euch gerettet, daher schuldet ihr mir was.“ Gewitzt stibitzte er Jenna die Tüte aus der Hand und ging in Richtung Küche. „Gleich geht es los, endlich geht es los!“
„Welche Ironie“, murmelte er nach dieser frischen Erinnerung.
Seit Minuten strich er sich die Finger an der Schläfe wund. Im Schneidersitz hockte er inmitten der Menschenmassen, die von San Jigen hierher gebracht wurden. Das Fernsehbild war klar und deutlich, Boundarys Aussage darin verständlich. Er hat den Plan des Lehrers gekannt und sich darauf eingestellt. Der Wunsch, Carpaccios Chemikalie zu verwenden, ging in einem riesigen Feuerball auf. Petrus seufzte.
Es war ein Segen, dass sie am Rand des Heiligen Landes waren, nicht, dass dies ausgereicht hätte, um dem Explosionsradius zu entgehen. Es gab hier einen Kreis, in dem sich die Evakuierten aufhielten. Alles drum herum war in Schutt und Asche gelegt. - Es war gut, dass Sany bei ihnen war. Der jüngste und kleinste der M-Acht wusste, wie man Schutz bot. Zwar unkonventionell, jedoch effektiv sich in einer Falte eines gigantischen Gesäßes verschanzt zu haben. Aberhunderte verdankten dem Zwerg ihr Leben. Er hatte die Explosion von ihnen abgehalten.
Seit Minuten beleidigte er nun die Leute und drohte ihnen mit einer saftigen Schlägerei, sofern sie nicht aufhörten, sich bei ihm zu bedanken oder zugleich über seinen schmerzenden Rücken herzuziehen.
Seine drei M-Acht-Kollegen verstanden dies und hielten sich mit frenetischem Jubel zurück. Vor allem Jay, der einen Bekannten im Kittel in der evakuierten Menschenmenge erblickte. Es bedurfte nur ein fünffaches Zwinkern dieses Mannes, um den tobenden Jay wie ein Baby einschlafen zu lassen. Danach verschwand er und redete jungen Frauen ein, ihre Angst durch kontrollierte Freizügigkeit abzubauen. Mit Erfolg.
Erzähler: „Das kann ich auch alles, außer dem kleinen Mann nicht zuzujubeln.“ Schmerzend rieb er sich die geschwollene Wange.
„Lasst mich Kinder“, brüllte er Rentnern, Müttern und Straßenkatzen entgegen, während er hilflos hin und her kugelte.
„Mach es nochmal“, schrie ihn ein kleiner Junge jubelnd an, dem vor Staunen fast die Augen aus dem Kopf gefallen waren. Von einem aufs andere Mal verwandelte sich der Zwerg in einen Koloss, der einen Riesen wie ein mickriges kleines Etwas aussehen ließ.
„Halt die Fresse!“, entgegnete der Zwerg fluchend und rollte mühevoll davon. Erst eine Stunde nach seiner Transformation würde er wieder Beine haben, die lang genug waren, um seinen dicken Bauch vom Erdboden fernzuhalten. Solange musste er sich nervenden Menschen aussetzen, die es nicht einfach als selbstverständlich hinnahmen, von ihm gerettet worden zu sein.
„Aufmerksamkeit ist grausig“, raunte Sany verärgert und kullerte beinahe den Abgrund der Red Line hinunter. Insgeheim war er aber beeindruckt von seiner Leistung. Seine Vorfahren gehörten verschiedensten Rassen an, weshalb er sich je nach genetischer Spur verwandeln konnte. Sein eben imitierter Großonkel Rastafart war weltbekannt für seine Pfannkuchen und der Fellweste in seiner Konfektionsgröße 3010.
So lustig diese aufgelöste Situation auch schien, er, Petrus, konnte nicht lachen. Nicht seitdem der Schmerz in seiner Schläfe immer heftiger wurde. Seine Haut war beinahe durchgerieben, doch das Stechen ließ nicht nach. Er spürte Jenna in nächster Nähe. Auf der gleichen Höhe jedoch auch zwei Gestalten, die ihm Angst bereiteten.
Sollte er damit richtig liegen, ist Boundary noch am Leben. Neben ihm befand sich ein instabiles Gemisch in menschlichem Körper, der Vetter. Je öfter er über diese beiden Männer nachdachte, desto größer war die Last, die auf seinen Schulter lag, die Schuld, die er sich für den missglückten Angriff zu geben hatte.
Er hatte ihn fast.
Petrus knirschte vor Wut mit den Zähnen, als das Blut an seinen Haaren hinunter über die Stirn floss. Es war ein mentaler Spießrutenlauf, innerhalb weniger Tage zwei Haki-Formen an sich zu entdecken. Der Freund Minds ließ sich nach hinten fallen und sinnierte. Was würde seine geliebte Tara tun? Seine Rachegedanken ablehnen, da sie ihn zu einem weniger liebenswerten Menschen machten? Das Gefühl akzeptieren, alles für sie getan zu haben?
Petrus wusste es nicht und genau das machte ihm zu schaffen. Boundary zwang ihn in sein Spiel, der Lehrer lieh ihn sich aus dem Feuer, und jetzt, was war jetzt? Jenna war nicht hier, die andere Attentäterin wiederum: verschwunden.
„Du beherrscht ein ausgeprägtes Kenbunshoku, Junge.“ Petrus neigte interessiert den Kopf, als der Mann hinter ihm aus der Menge förmlich heraus tauchte. Waren sie hektisch und ungestüm, von Gedanken des Todes gepeitscht und gequält, stach er als absoluter Ruhepol heraus. Er machte ein freundliches Gesicht und das war auch so. Keine Maske veränderte ihn. Nichts hielt ihn davon ab, seine Hand auf Petrus Schulter abzulegen.
„Dein Haki ist viel zu sensibel, daher bekommt es dir nicht“, erklärte der alte Mann und deutete auf die blutende Stirn des 25-Jährigen. Thaddäus wusste, was zu tun war. Dieser Junge musste ihm folgen, ansonsten wären seine Rachegelüste unberechenbar.
„Boundary lebt, und er verspottet die Welt“, sagte Petrus nur.
Thaddäus blieb stehen und ließ die Worte auf sich wirken. Zweifel an diesem Mann waren ihm nie in den Sinn gekommen. Es gab keinen Beweis, dass er sich irgendetwas zu Schulden kommen ließ. Auch, wenn er, Thaddäus, beinahe von Aka Inu ermordet wurde, nachdem er sich für die bezeichneten Attentäter einsetzte. Der Vizeadmiral rümpfte die Nase und schaute nach oben.
„Menschlichkeit kann die schlimmste Maskerade sein, doch das müssen wir jetzt hinnehmen. Wichtig ist, dass wir diesen Tag überleben.“
Petrus nickte und wischte sich mit rot gefärbtem Ärmel über die Stirn. Er hörte nicht die Stimmen derer, die ihn umgaben, sondern die, nach denen er sich sehnte. Jenna war in einer Dimension des Lehrers, und Boundary, er befand sich in einem Ort, der seine eigene Ausstrahlung besaß. Als würde etwas in Dutzenden, ihm unbekannten Sprachen, auf ihn einreden. Petrus fletschte vor Wut die Zähne, als das Zentrum, in dem Boundary Makaveli und der Vetter sich befanden, in seinen Gedanken spukte.
„Haki ist eine Veranlagung, doch du scheinst es durch deine Emotionen entwickelt zu haben...“ Thaddäus packte den Jungen am Arm und zog ihn zu sich. „Lass uns ein Stück gehen.“ Er lächelte ihn an. „Danach werde ich wissen, wer du bist und wie ich dir helfen kann.“
Erzähler: „Nicht alle Menschen besaßen die Kraft, sich eine neue Perspektive zu schaffen. Sie steckten im hier und jetzt, akzeptierten die ihnen gegebene Zeit für ein letztes Unterfangen. San Jigen hatte mehrmals die Kraft, sich zu erheben und einen neuen Schritt zu gehen. War er einst als Coach der Stärkste der Sieben Weisen, so konnte er in ein bürgerliches Leben zurück kehren. Der Weise wurde zu einem Kämpfer, der sich dazu entschied, sein Leben auf dem Schlachtfeld zu beenden. Doch selbst dieser endgültige Weg sollte nicht folgenlos bleiben. Heidi Hoe starb, doch mit einem zweiten Leben erhielt er eine neue Perspektive. Er hatte die Extreme der Macht hinter sich gelassen. Das Wissen um die Wahre Geschichte und der Fund der Antiken Waffe Ares sollte nichts sein, dass ihn großartig veränderte. Ares 'Young Wild' war etwas, dass ihn faszinierte und ihm begreiflich machte, wie klein er letztes Endes war. Er war ein Gigant, doch das Maß aller Dinge lag in der Vergangenheit.
Die Vergangenheit war eine Quelle, die Makaveli ausfindig machen konnte. Ein böses Omen, dessen sich Heidi Hoe nicht bewusst war. Er wusste eines. Boundary war nicht mehr sein Anliegen. Ein weiteres Mal sollte der alte Mann die Perspektive ändern? Ein neues Ziel ausgeben, nachdem er bereits alle Höhen und Tiefen mehrmals durchschritten hatte?“
San Jigen raunte. Sein Rücken brannte innerlich. 'Ich bin nur ein Mensch, irgendwann...ist auch für mich Schluss.'
Sein ganzer Körper schmerzte höllisch, doch eines gab es, dass ihn beruhigte. Er spürte eine angenehme Wärme unter sich, etwas, dass ihm einen Antrieb verschaffte.
„Bist du okay?“ Der alte Mann raffte sich auf und beäugte den Jungen, den er mit seinem Körper vor der Explosion schützte. Lywet starrte in das Gesicht seines Vaters, dass überall Verbrennungen aufwies. Lediglich sein langer weißer Bart blieb ohne jegliche Schäden.
„Danke“, stammelte der Junge verblüfft und verfolgte mit den Augen seinen Vater, welcher sich zum Lehrer hinschleppte.
Das Kapitel der M-Acht konnte geschlossen werden. Bright Larner und Rond Near waren tot, Richard Bankiston in der Schwebe, seine Kollegen angeschlagen und evakuiert. Die Übertragung war hinüber. Wüsste er nicht, dass der Lehrer sein Druckmittel hier irgendwo versteckt hielt, hätte er Lywet ebenfalls ziehen lassen. Doch der Junge war fokussiert auf sein Mädchen. Den Moment des Wiedersehens wollte er ihm als Vater nicht auch noch nehmen.
Es war ein erster und wichtiger Schritt, ihm das Leben zu retten. Ob es sein jahrelanges Fehlen aufwiegen konnte, wusste San Jigen nicht. Dafür waren die Ambitionen seines Sohnes noch zu schwer einzuschätzen.
„Töte deinen Vater.“ Der Lehrer machte eine Rolle und sprang auf die Beine. Er hielt sich die Brust vor Schmerzen, da es schien, dass nur noch der Yamakuma seinen Körper zusammen hielt. Unsichtbare Fäden, die seine Gließmaßen zusammen schnürten und einmal mehr bewiesen, was sein Körper wirklich war: ein Gefäß. Eine Zuflucht für eine gebrochene Seele und Splitter eines Monsters, dass er vor seinem ersten Tod gestohlen hatte.
„Sonst...“, dumpf sackte er zusammen, als San Jigen ihn wortlos ausknockte. Behutsam zog er den Handschuh ab und zog ihn sich an. Die Hand des Lehrers war alt und faltig.
„Wir waren nie die besten Freunde, doch gut zu wissen, dass tatsächlich du es bist“, murmelte er bei diesem Anblick. San Jigen spürte die Macht der Teufelskräfte durch seinen Körper fließen, jedoch gab es nur eine, die ihn interessierte.
„Tatsache. Sie ist es.“ Er schaute seinem Sohn in die Augen und deutete gen Himmel. „Spring, wenn ich dir das Zeichen gebe!“ Lywet wusste nicht, was sein Vater von ihm wollte. Doch es musste einen Grund haben, dass er ihn hier bei sich behielt. Der Anführer der M-Acht holte aus und schlug in die Luft, die an einer Stelle plötzlich Risse bekam. Es tat sich ein gewaltiges Loch darin auf. In diesem konnte Heidi Hoe bei genauerem Hinsehen äußerst schicke Möbel ausmachen.
Doch was weit wichtiger war: Sie war da drinnen. „Hol sie dir, Junge“, rief er lachend und steckte den Handschuh des Lehrers ein. Die Kraft verschwand schlagartig, was ihn faszinierte.
„Jetzt habe ich für 10 Sekunden die Dimensionen kontrolliert. Interessantes Gefühl.“ Er strich sich durch den Bart und sah Lywet hinterher, der sich aufmachte, um sein Mädchen an sich drücken zu können.
„Wegen ihr wollte er mich umbringen?“ Er schmunzelte. „Berechtigt.“
„Du...“
Heidi Hoe drehte sich um, als er den Lehrer erneut aufstehen sah. Dessen Zittern verschwand schlagartig, als er einen Dolch hervor zog. „Was gibt dir das Recht, eine utopische neue Welt zu verurteilen?“ Blut lief unter seiner Maske hervor und tropfte auf den staubtrockenen Boden. Seine Stimme überschlug sich vor Zorn, wo nur noch sie zwei sich gegenüber standen.
„Weil die Zeit niemals still steht. Die Welt wird immer eine neue Perspektive finden.“
Der Lehrer schnaubte lediglich und beobachtete seine leicht fröstelnde Hand. Seine Teufelsfrüchte waren fort. Lediglich der Hass in ihm nährte ihn weiter und wärmte auf angenehme Art und Weise. Sich seinen Gefühlen hinzugeben, war ein Prozess, der ihn abhängig machte. Doch es war befreiend. Die Last der Entscheidung lag seit her nicht auf seinen Schultern. Er tat und konnte alles tun. Das war es, was den Lehrer seit Jahrzehnten zum Mysterium machte. Was ihm den Ruf einbrachte, ein wahnsinniger Psychopath zu sein. Doch was er letzten Endes war, war unbedeutend. Er sah sich als jemand, der die Welt verändern wollte – und konnte. Bis zu diesem Moment. San Jigens Stimme klang erneut in seinen Ohren.
„Die Vergangenheit war vielleicht anders und prägend, dennoch ist diese Welt etwas, dass sich neu erfindet und zugleich vom Glanz früherer Epochen lernt.“ San Jigen räusperte sich und antwortete weiter bewusst auf diese rhetorische Frage D Zeras. Denn es war der Weg, den er für richtig hielt. Jene Perspektive, die er sich für den Schluss aufhob.
„Genau diese Koexistenz von Veränderung und Beständigkeit ist es, die diese Welt fehlerhaft macht. Doch genau diese Fehler sind vielleicht das Beste, die uns Menschen jemals passieren konnten. Sie sorgen dafür, dass jeder seinen Weg gehen kann. Und für diesen Weg stehe ich ein.“
Der alte Mann verschränkte die Arme und wagte es nicht ein weiteres Wort zu sagen. Seine Worte mussten erst auf ihn selbst wirken, bis er anfing zu nicken und zufrieden lächelte.
Das war ein gutes Schlusswort für dieses Kapitel. Jenes, dass die M-Acht bis zum heutigen Tage geschrieben haben würde. Alles weitere entschied die Zukunft.
„Du denkst nicht einmal über meine Sichtweise nach, nicht wahr?“
„Sie ist töricht und falsch“, entgegnete der Lehrer kalt.
„Du warst schon immer ein Dickkopf... ein gewaltiger Dickkopf!“
[vor 13 Jahren]
Das Heulen der gigantischen Kreaturen über ihnen war dumpf und klagend. Mitten im Meer stand eine Festung, die vor Jahrhunderten erbaut wurde. Bis zum Meeresboden erstreckte sich Impel Down, die Insassen von Level 6 saßen mit ihren tauben Hintern auf einer Höhe, die sie nur wenige Meter neben ihren Zellen zerquetschen würde. Das Wasser konnte ihnen in ihrer ewigen Haft nichts antun, der Schrecken der Tiefe war von ihnen genommen, dennoch steckte er praktisch in ihren Köpfen drinnen. Die Hölle existiere unter ihnen. Es war die Bestrafung all jener, die bald vergaßen, wie das Tageslicht aussah. Es war kalt und feucht, nicht mehr und nicht weniger. Für immer. Nur einer hatte es sich verdient gemacht, noch tiefer zu sinken.
„Vom Weisen zum Ausgestoßenen der Hölle, es ist vorbei, Gardan.“ San Jigen befand sich mit seinem ehemaligen Freund in einer Grube, die am Grund des Meeres gegraben wurde. In dieser wurde eine einzige Zelle eingelassen. Eine direkte Verbindung zum Impel Down existierte nicht. Der tiefste Punkt der Erde befand sich unter seinen Füßen, ein weiteres Extrem, welchem er in seinem Leben begegnete.
„Als Mitglied der Sieben Weisen ist es uns verboten, dich hinzurichten. Doch die symbolische Strafe von Level 7 sollte dir zeigen, wie tief du gesunken bist.“ Er kehrte seinem alten Kollegen den Rücken zu und hielt inne. „Was wolltest du der Welt sagen?“ Es war ein leises Flüstern, im Bewusstsein, diesen Mann nie wieder zu sehen. Eine letzte Chance beschlich ihn, es in Erfahrung zu bringen. Jene Botschaft, die der Welt ein Rätsel blieb.
Aus seiner Robe holte er einen zerknitterten Zettel hervor und las dem Häftling die Kombination vor.
„15-1-G-1-100-3-80-1-100-2-15-1-P!2P!x!1P“ Der alte Gauß lachte lediglich, weitere Emotionen ließ er sich trotz seiner aufbrausenden Art nicht anmerken. San Jigen durfte in seinen Augen keinen moralischen oder körperlichen Sieg mit an die Oberfläche nehmen. Diesen Trotz musste er ihm in dieser Lage entgegen werfen. Eine Provokation, die ihnen beiden zeigte, dass sich Mr. Gauß hier drinnen nicht verändern würde. Das schaffte nicht einmal die Hölle, die er durchqueren sollte.
„Gedenke dieser Geschichte, sobald du sie verstehst.“ Es folgten seine letzten Worte, ehe er in einen Schlaf versank und den Alten alleine zurück ließ.
„Vor über 15 Jahren bemerkte ein Mann, Gardan Gauß, einen anderen der über Hundert war, dich, der ein archäologisches Dreigespann mit einem achtzig Jährigen, Hiroid, und einem bald Hundertjährigen, mich, zu zwei Entdeckungen führte, den Yamakuma in zwei Teufelsfrüchten, was fünfzehn Jahre später eine Person übrig lässt. Eine verstarb, die andere sitzt hier und das bin ich. Es geschieht etwas Unbekanntes, x, und eine Person bleibt letzten Endes übrig. Und das bin ich.“
„Du hast unsere Geschichte von der Vergangenheit bis in die Zukunft kodiert?“
Eine Antwort bekam er nicht. San Jigen schwieg und verließ den tiefsten Punkt der Erde.
„Ich habe alles verstanden. Du bist die unbekannte Variable, ein Phantom, dass dafür sorgen will, dass letzten Endes nur einer von uns übrig bleibt.“
„Wie bitte?“ Der Lehrer tobte, doch das Interesse in seiner Stimme war deutlich heraus zu hören. „Gardan, ich habe jahrelang über diesen Code nachgedacht und jetzt, wo ich sehe, dass nur noch wir beiden übrig sind, da macht der letzte Teil endlich einen Sinn.“
„Ich habe nicht die Macht, mir dein leidiges Gerede länger anhören zu können.“ Blitzschnell stoch er mit dem Dolch zu, streifte den Alten allerdings nur knapp, da dieser bereits ausholte und seine Faust ins Gesicht des Maskierten vergrub.
„Willkommen zurück im Sonnenlicht, du altes Gesicht“, grunzte San Jigen und hörte die gebrochenen Knochen, das absplitternde Holz und die Fragmente der geschnitzten Maske, die auf dem Boden landeten.
Der Lehrer wandte dich vor Schmerzen, doch jetzt war sein letzter Trumpf ausgespielt, sein Geheimnis aufgedeckt. Er starrte in die Augen des alten Mannes, die sich vor Entsetzen weiteten. Den Lehrer amüsierten die Tränen, die Heidi Hoe lassen musste. Dessen Augenlider zuckten keinen Millimeter, da sein ganzer Körper gelähmt war. Jede Faser weigerte sich, eine Bewegung zu ermöglichen. Trotzdem war es der entscheidende Moment, den der Lehrer jahrelang einkalkulierte. Jener Moment, an dem der Wille seines Gegenübers zerbrach.
Er war sprachlos, voller Trauer. Es war das erste Mal, dass man ihn weinen sah. Das erste Mal, wo er, der große Marine, der große Entdecker, ehrfurchtsvoll der Coach der Marine genannt, seinen Kopf hängen ließ und alle aufmunternden Erfahrungen in seinem langlebigen Repertoire ihre Wirkung verfehlten. Hundert Jahre Glück war nichts wert, angesichts dieser Situation! Er würde hundert Jahre unglücklich sein wollen, um diesen Schmerz rückgängig zu machen.
„Offenbare mir das Gesicht eines Mannes, der einen Wandel vollzogen hat, diese Welt bereichernd. Das ist das Gesicht des Sommerdorfes!“
Saen D Best hatte den sterbenden Hiroid so perfekt gespielt. Dessen Schüler Kazuzatu verkörperte den sterbenden Deede van Bogar. Es war der letzte Wunsch jenes Großvaters, der seinen Enkel beschützen wollte. Seine letzte Bitte, ehe seine Seele der Dunkelheit zum Opfer fiel. Hiroid van Bogar ist der Lehrer.
„Boundary ist zu oft zu weit gegangen, nicht wahr?“ Der Lehrer musterte die drei jungen Leute, die er eben in sein unsichtbares Ferienhaus über Mary Joa brachte. Ihre Wut war dem gleichen Ziel gewidmet, etwas, dass ihm nützte. Ihr Wille, mit Manus zu kooperieren, würde leicht zu erzeugen sein.
Starr versuchten sie seinen Augen auszuweichen, zu groß war das Unbehagen, dass der Maskierte ausstrahlte. Er bemühte sich nett zu sein. Seine Lautstärke stand im krassen Gegensatz zur Absicht, so hielt er sich die Hände vors Gesicht, um lautstark zu flüstern. Vieles wurde über D Zera erzählt, doch begegnet war ihm in all den Jahren kaum jemand. Lediglich die M-Acht zeigte Interesse daran, seine Aufenthaltsorte in Schutt und Asche zu legen. Ihm sollte kein Raum gewährt sein, ein Grund, dessen taktische Konsequenz eines zur Folge hatte. Der Lehrer bewegte sich jahrelang durch Dimensionen, errichtete sich mit ihrer Hilfe Stützpunkte, die ihm Sprünge ermöglichten. Bewegungen, die kaum zu rekonstruieren waren.
„Du hast etwas, dass ich haben will“, murmelte er plötzlich und deutete auf den langen Mantel, den Jenna aus dem Appartement mitgehen ließ. Sie wusste gar nicht, wie ihr geschah, als sie sich irgendwas griff, um hinterher nicht nackt auf der Straße landen zu müssen. Obwohl es ihr graute, musste sie zugeben, dass Boundary durchaus Stil besaß. Zitternd folgte ihre Hand dem Blick des Lehrers und verschwand in eine der Felltaschen, in der ein blaues Tütchen verborgen lag.
„Weiß einer von euch, was das ist?“, fragte der Lehrer, dessen Augen vor Begierde zu funkeln begannen. Was immer auch mit Shy auf Sarna Dipa passierte. Er hatte versagt. Die Probe von Calvin Carpaccio lag trotzdem vor ihm. Daher konnte es ihm egal sein, was mit dem Monster der Nacht geschah.
„Ich habe euch gerettet, daher schuldet ihr mir was.“ Gewitzt stibitzte er Jenna die Tüte aus der Hand und ging in Richtung Küche. „Gleich geht es los, endlich geht es los!“
*
„Welche Ironie“, murmelte er nach dieser frischen Erinnerung.
Seit Minuten strich er sich die Finger an der Schläfe wund. Im Schneidersitz hockte er inmitten der Menschenmassen, die von San Jigen hierher gebracht wurden. Das Fernsehbild war klar und deutlich, Boundarys Aussage darin verständlich. Er hat den Plan des Lehrers gekannt und sich darauf eingestellt. Der Wunsch, Carpaccios Chemikalie zu verwenden, ging in einem riesigen Feuerball auf. Petrus seufzte.
Es war ein Segen, dass sie am Rand des Heiligen Landes waren, nicht, dass dies ausgereicht hätte, um dem Explosionsradius zu entgehen. Es gab hier einen Kreis, in dem sich die Evakuierten aufhielten. Alles drum herum war in Schutt und Asche gelegt. - Es war gut, dass Sany bei ihnen war. Der jüngste und kleinste der M-Acht wusste, wie man Schutz bot. Zwar unkonventionell, jedoch effektiv sich in einer Falte eines gigantischen Gesäßes verschanzt zu haben. Aberhunderte verdankten dem Zwerg ihr Leben. Er hatte die Explosion von ihnen abgehalten.
Seit Minuten beleidigte er nun die Leute und drohte ihnen mit einer saftigen Schlägerei, sofern sie nicht aufhörten, sich bei ihm zu bedanken oder zugleich über seinen schmerzenden Rücken herzuziehen.
Seine drei M-Acht-Kollegen verstanden dies und hielten sich mit frenetischem Jubel zurück. Vor allem Jay, der einen Bekannten im Kittel in der evakuierten Menschenmenge erblickte. Es bedurfte nur ein fünffaches Zwinkern dieses Mannes, um den tobenden Jay wie ein Baby einschlafen zu lassen. Danach verschwand er und redete jungen Frauen ein, ihre Angst durch kontrollierte Freizügigkeit abzubauen. Mit Erfolg.
Erzähler: „Das kann ich auch alles, außer dem kleinen Mann nicht zuzujubeln.“ Schmerzend rieb er sich die geschwollene Wange.
„Lasst mich Kinder“, brüllte er Rentnern, Müttern und Straßenkatzen entgegen, während er hilflos hin und her kugelte.
„Mach es nochmal“, schrie ihn ein kleiner Junge jubelnd an, dem vor Staunen fast die Augen aus dem Kopf gefallen waren. Von einem aufs andere Mal verwandelte sich der Zwerg in einen Koloss, der einen Riesen wie ein mickriges kleines Etwas aussehen ließ.
„Halt die Fresse!“, entgegnete der Zwerg fluchend und rollte mühevoll davon. Erst eine Stunde nach seiner Transformation würde er wieder Beine haben, die lang genug waren, um seinen dicken Bauch vom Erdboden fernzuhalten. Solange musste er sich nervenden Menschen aussetzen, die es nicht einfach als selbstverständlich hinnahmen, von ihm gerettet worden zu sein.
„Aufmerksamkeit ist grausig“, raunte Sany verärgert und kullerte beinahe den Abgrund der Red Line hinunter. Insgeheim war er aber beeindruckt von seiner Leistung. Seine Vorfahren gehörten verschiedensten Rassen an, weshalb er sich je nach genetischer Spur verwandeln konnte. Sein eben imitierter Großonkel Rastafart war weltbekannt für seine Pfannkuchen und der Fellweste in seiner Konfektionsgröße 3010.
So lustig diese aufgelöste Situation auch schien, er, Petrus, konnte nicht lachen. Nicht seitdem der Schmerz in seiner Schläfe immer heftiger wurde. Seine Haut war beinahe durchgerieben, doch das Stechen ließ nicht nach. Er spürte Jenna in nächster Nähe. Auf der gleichen Höhe jedoch auch zwei Gestalten, die ihm Angst bereiteten.
Sollte er damit richtig liegen, ist Boundary noch am Leben. Neben ihm befand sich ein instabiles Gemisch in menschlichem Körper, der Vetter. Je öfter er über diese beiden Männer nachdachte, desto größer war die Last, die auf seinen Schulter lag, die Schuld, die er sich für den missglückten Angriff zu geben hatte.
Er hatte ihn fast.
Petrus knirschte vor Wut mit den Zähnen, als das Blut an seinen Haaren hinunter über die Stirn floss. Es war ein mentaler Spießrutenlauf, innerhalb weniger Tage zwei Haki-Formen an sich zu entdecken. Der Freund Minds ließ sich nach hinten fallen und sinnierte. Was würde seine geliebte Tara tun? Seine Rachegedanken ablehnen, da sie ihn zu einem weniger liebenswerten Menschen machten? Das Gefühl akzeptieren, alles für sie getan zu haben?
Petrus wusste es nicht und genau das machte ihm zu schaffen. Boundary zwang ihn in sein Spiel, der Lehrer lieh ihn sich aus dem Feuer, und jetzt, was war jetzt? Jenna war nicht hier, die andere Attentäterin wiederum: verschwunden.
„Du beherrscht ein ausgeprägtes Kenbunshoku, Junge.“ Petrus neigte interessiert den Kopf, als der Mann hinter ihm aus der Menge förmlich heraus tauchte. Waren sie hektisch und ungestüm, von Gedanken des Todes gepeitscht und gequält, stach er als absoluter Ruhepol heraus. Er machte ein freundliches Gesicht und das war auch so. Keine Maske veränderte ihn. Nichts hielt ihn davon ab, seine Hand auf Petrus Schulter abzulegen.
„Dein Haki ist viel zu sensibel, daher bekommt es dir nicht“, erklärte der alte Mann und deutete auf die blutende Stirn des 25-Jährigen. Thaddäus wusste, was zu tun war. Dieser Junge musste ihm folgen, ansonsten wären seine Rachegelüste unberechenbar.
„Boundary lebt, und er verspottet die Welt“, sagte Petrus nur.
Thaddäus blieb stehen und ließ die Worte auf sich wirken. Zweifel an diesem Mann waren ihm nie in den Sinn gekommen. Es gab keinen Beweis, dass er sich irgendetwas zu Schulden kommen ließ. Auch, wenn er, Thaddäus, beinahe von Aka Inu ermordet wurde, nachdem er sich für die bezeichneten Attentäter einsetzte. Der Vizeadmiral rümpfte die Nase und schaute nach oben.
„Menschlichkeit kann die schlimmste Maskerade sein, doch das müssen wir jetzt hinnehmen. Wichtig ist, dass wir diesen Tag überleben.“
Petrus nickte und wischte sich mit rot gefärbtem Ärmel über die Stirn. Er hörte nicht die Stimmen derer, die ihn umgaben, sondern die, nach denen er sich sehnte. Jenna war in einer Dimension des Lehrers, und Boundary, er befand sich in einem Ort, der seine eigene Ausstrahlung besaß. Als würde etwas in Dutzenden, ihm unbekannten Sprachen, auf ihn einreden. Petrus fletschte vor Wut die Zähne, als das Zentrum, in dem Boundary Makaveli und der Vetter sich befanden, in seinen Gedanken spukte.
„Haki ist eine Veranlagung, doch du scheinst es durch deine Emotionen entwickelt zu haben...“ Thaddäus packte den Jungen am Arm und zog ihn zu sich. „Lass uns ein Stück gehen.“ Er lächelte ihn an. „Danach werde ich wissen, wer du bist und wie ich dir helfen kann.“
Erzähler: „Nicht alle Menschen besaßen die Kraft, sich eine neue Perspektive zu schaffen. Sie steckten im hier und jetzt, akzeptierten die ihnen gegebene Zeit für ein letztes Unterfangen. San Jigen hatte mehrmals die Kraft, sich zu erheben und einen neuen Schritt zu gehen. War er einst als Coach der Stärkste der Sieben Weisen, so konnte er in ein bürgerliches Leben zurück kehren. Der Weise wurde zu einem Kämpfer, der sich dazu entschied, sein Leben auf dem Schlachtfeld zu beenden. Doch selbst dieser endgültige Weg sollte nicht folgenlos bleiben. Heidi Hoe starb, doch mit einem zweiten Leben erhielt er eine neue Perspektive. Er hatte die Extreme der Macht hinter sich gelassen. Das Wissen um die Wahre Geschichte und der Fund der Antiken Waffe Ares sollte nichts sein, dass ihn großartig veränderte. Ares 'Young Wild' war etwas, dass ihn faszinierte und ihm begreiflich machte, wie klein er letztes Endes war. Er war ein Gigant, doch das Maß aller Dinge lag in der Vergangenheit.
Die Vergangenheit war eine Quelle, die Makaveli ausfindig machen konnte. Ein böses Omen, dessen sich Heidi Hoe nicht bewusst war. Er wusste eines. Boundary war nicht mehr sein Anliegen. Ein weiteres Mal sollte der alte Mann die Perspektive ändern? Ein neues Ziel ausgeben, nachdem er bereits alle Höhen und Tiefen mehrmals durchschritten hatte?“
San Jigen raunte. Sein Rücken brannte innerlich. 'Ich bin nur ein Mensch, irgendwann...ist auch für mich Schluss.'
Sein ganzer Körper schmerzte höllisch, doch eines gab es, dass ihn beruhigte. Er spürte eine angenehme Wärme unter sich, etwas, dass ihm einen Antrieb verschaffte.
„Bist du okay?“ Der alte Mann raffte sich auf und beäugte den Jungen, den er mit seinem Körper vor der Explosion schützte. Lywet starrte in das Gesicht seines Vaters, dass überall Verbrennungen aufwies. Lediglich sein langer weißer Bart blieb ohne jegliche Schäden.
„Danke“, stammelte der Junge verblüfft und verfolgte mit den Augen seinen Vater, welcher sich zum Lehrer hinschleppte.
Das Kapitel der M-Acht konnte geschlossen werden. Bright Larner und Rond Near waren tot, Richard Bankiston in der Schwebe, seine Kollegen angeschlagen und evakuiert. Die Übertragung war hinüber. Wüsste er nicht, dass der Lehrer sein Druckmittel hier irgendwo versteckt hielt, hätte er Lywet ebenfalls ziehen lassen. Doch der Junge war fokussiert auf sein Mädchen. Den Moment des Wiedersehens wollte er ihm als Vater nicht auch noch nehmen.
Es war ein erster und wichtiger Schritt, ihm das Leben zu retten. Ob es sein jahrelanges Fehlen aufwiegen konnte, wusste San Jigen nicht. Dafür waren die Ambitionen seines Sohnes noch zu schwer einzuschätzen.
„Töte deinen Vater.“ Der Lehrer machte eine Rolle und sprang auf die Beine. Er hielt sich die Brust vor Schmerzen, da es schien, dass nur noch der Yamakuma seinen Körper zusammen hielt. Unsichtbare Fäden, die seine Gließmaßen zusammen schnürten und einmal mehr bewiesen, was sein Körper wirklich war: ein Gefäß. Eine Zuflucht für eine gebrochene Seele und Splitter eines Monsters, dass er vor seinem ersten Tod gestohlen hatte.
„Sonst...“, dumpf sackte er zusammen, als San Jigen ihn wortlos ausknockte. Behutsam zog er den Handschuh ab und zog ihn sich an. Die Hand des Lehrers war alt und faltig.
„Wir waren nie die besten Freunde, doch gut zu wissen, dass tatsächlich du es bist“, murmelte er bei diesem Anblick. San Jigen spürte die Macht der Teufelskräfte durch seinen Körper fließen, jedoch gab es nur eine, die ihn interessierte.
„Tatsache. Sie ist es.“ Er schaute seinem Sohn in die Augen und deutete gen Himmel. „Spring, wenn ich dir das Zeichen gebe!“ Lywet wusste nicht, was sein Vater von ihm wollte. Doch es musste einen Grund haben, dass er ihn hier bei sich behielt. Der Anführer der M-Acht holte aus und schlug in die Luft, die an einer Stelle plötzlich Risse bekam. Es tat sich ein gewaltiges Loch darin auf. In diesem konnte Heidi Hoe bei genauerem Hinsehen äußerst schicke Möbel ausmachen.
Doch was weit wichtiger war: Sie war da drinnen. „Hol sie dir, Junge“, rief er lachend und steckte den Handschuh des Lehrers ein. Die Kraft verschwand schlagartig, was ihn faszinierte.
„Jetzt habe ich für 10 Sekunden die Dimensionen kontrolliert. Interessantes Gefühl.“ Er strich sich durch den Bart und sah Lywet hinterher, der sich aufmachte, um sein Mädchen an sich drücken zu können.
„Wegen ihr wollte er mich umbringen?“ Er schmunzelte. „Berechtigt.“
„Du...“
Heidi Hoe drehte sich um, als er den Lehrer erneut aufstehen sah. Dessen Zittern verschwand schlagartig, als er einen Dolch hervor zog. „Was gibt dir das Recht, eine utopische neue Welt zu verurteilen?“ Blut lief unter seiner Maske hervor und tropfte auf den staubtrockenen Boden. Seine Stimme überschlug sich vor Zorn, wo nur noch sie zwei sich gegenüber standen.
„Weil die Zeit niemals still steht. Die Welt wird immer eine neue Perspektive finden.“
Der Lehrer schnaubte lediglich und beobachtete seine leicht fröstelnde Hand. Seine Teufelsfrüchte waren fort. Lediglich der Hass in ihm nährte ihn weiter und wärmte auf angenehme Art und Weise. Sich seinen Gefühlen hinzugeben, war ein Prozess, der ihn abhängig machte. Doch es war befreiend. Die Last der Entscheidung lag seit her nicht auf seinen Schultern. Er tat und konnte alles tun. Das war es, was den Lehrer seit Jahrzehnten zum Mysterium machte. Was ihm den Ruf einbrachte, ein wahnsinniger Psychopath zu sein. Doch was er letzten Endes war, war unbedeutend. Er sah sich als jemand, der die Welt verändern wollte – und konnte. Bis zu diesem Moment. San Jigens Stimme klang erneut in seinen Ohren.
„Die Vergangenheit war vielleicht anders und prägend, dennoch ist diese Welt etwas, dass sich neu erfindet und zugleich vom Glanz früherer Epochen lernt.“ San Jigen räusperte sich und antwortete weiter bewusst auf diese rhetorische Frage D Zeras. Denn es war der Weg, den er für richtig hielt. Jene Perspektive, die er sich für den Schluss aufhob.
„Genau diese Koexistenz von Veränderung und Beständigkeit ist es, die diese Welt fehlerhaft macht. Doch genau diese Fehler sind vielleicht das Beste, die uns Menschen jemals passieren konnten. Sie sorgen dafür, dass jeder seinen Weg gehen kann. Und für diesen Weg stehe ich ein.“
Der alte Mann verschränkte die Arme und wagte es nicht ein weiteres Wort zu sagen. Seine Worte mussten erst auf ihn selbst wirken, bis er anfing zu nicken und zufrieden lächelte.
Das war ein gutes Schlusswort für dieses Kapitel. Jenes, dass die M-Acht bis zum heutigen Tage geschrieben haben würde. Alles weitere entschied die Zukunft.
„Du denkst nicht einmal über meine Sichtweise nach, nicht wahr?“
„Sie ist töricht und falsch“, entgegnete der Lehrer kalt.
„Du warst schon immer ein Dickkopf... ein gewaltiger Dickkopf!“
[vor 13 Jahren]
Das Heulen der gigantischen Kreaturen über ihnen war dumpf und klagend. Mitten im Meer stand eine Festung, die vor Jahrhunderten erbaut wurde. Bis zum Meeresboden erstreckte sich Impel Down, die Insassen von Level 6 saßen mit ihren tauben Hintern auf einer Höhe, die sie nur wenige Meter neben ihren Zellen zerquetschen würde. Das Wasser konnte ihnen in ihrer ewigen Haft nichts antun, der Schrecken der Tiefe war von ihnen genommen, dennoch steckte er praktisch in ihren Köpfen drinnen. Die Hölle existiere unter ihnen. Es war die Bestrafung all jener, die bald vergaßen, wie das Tageslicht aussah. Es war kalt und feucht, nicht mehr und nicht weniger. Für immer. Nur einer hatte es sich verdient gemacht, noch tiefer zu sinken.
„Vom Weisen zum Ausgestoßenen der Hölle, es ist vorbei, Gardan.“ San Jigen befand sich mit seinem ehemaligen Freund in einer Grube, die am Grund des Meeres gegraben wurde. In dieser wurde eine einzige Zelle eingelassen. Eine direkte Verbindung zum Impel Down existierte nicht. Der tiefste Punkt der Erde befand sich unter seinen Füßen, ein weiteres Extrem, welchem er in seinem Leben begegnete.
„Als Mitglied der Sieben Weisen ist es uns verboten, dich hinzurichten. Doch die symbolische Strafe von Level 7 sollte dir zeigen, wie tief du gesunken bist.“ Er kehrte seinem alten Kollegen den Rücken zu und hielt inne. „Was wolltest du der Welt sagen?“ Es war ein leises Flüstern, im Bewusstsein, diesen Mann nie wieder zu sehen. Eine letzte Chance beschlich ihn, es in Erfahrung zu bringen. Jene Botschaft, die der Welt ein Rätsel blieb.
Aus seiner Robe holte er einen zerknitterten Zettel hervor und las dem Häftling die Kombination vor.
„15-1-G-1-100-3-80-1-100-2-15-1-P!2P!x!1P“ Der alte Gauß lachte lediglich, weitere Emotionen ließ er sich trotz seiner aufbrausenden Art nicht anmerken. San Jigen durfte in seinen Augen keinen moralischen oder körperlichen Sieg mit an die Oberfläche nehmen. Diesen Trotz musste er ihm in dieser Lage entgegen werfen. Eine Provokation, die ihnen beiden zeigte, dass sich Mr. Gauß hier drinnen nicht verändern würde. Das schaffte nicht einmal die Hölle, die er durchqueren sollte.
„Gedenke dieser Geschichte, sobald du sie verstehst.“ Es folgten seine letzten Worte, ehe er in einen Schlaf versank und den Alten alleine zurück ließ.
„Vor über 15 Jahren bemerkte ein Mann, Gardan Gauß, einen anderen der über Hundert war, dich, der ein archäologisches Dreigespann mit einem achtzig Jährigen, Hiroid, und einem bald Hundertjährigen, mich, zu zwei Entdeckungen führte, den Yamakuma in zwei Teufelsfrüchten, was fünfzehn Jahre später eine Person übrig lässt. Eine verstarb, die andere sitzt hier und das bin ich. Es geschieht etwas Unbekanntes, x, und eine Person bleibt letzten Endes übrig. Und das bin ich.“
„Du hast unsere Geschichte von der Vergangenheit bis in die Zukunft kodiert?“
Eine Antwort bekam er nicht. San Jigen schwieg und verließ den tiefsten Punkt der Erde.
*
„Ich habe alles verstanden. Du bist die unbekannte Variable, ein Phantom, dass dafür sorgen will, dass letzten Endes nur einer von uns übrig bleibt.“
„Wie bitte?“ Der Lehrer tobte, doch das Interesse in seiner Stimme war deutlich heraus zu hören. „Gardan, ich habe jahrelang über diesen Code nachgedacht und jetzt, wo ich sehe, dass nur noch wir beiden übrig sind, da macht der letzte Teil endlich einen Sinn.“
„Ich habe nicht die Macht, mir dein leidiges Gerede länger anhören zu können.“ Blitzschnell stoch er mit dem Dolch zu, streifte den Alten allerdings nur knapp, da dieser bereits ausholte und seine Faust ins Gesicht des Maskierten vergrub.
„Willkommen zurück im Sonnenlicht, du altes Gesicht“, grunzte San Jigen und hörte die gebrochenen Knochen, das absplitternde Holz und die Fragmente der geschnitzten Maske, die auf dem Boden landeten.
Der Lehrer wandte dich vor Schmerzen, doch jetzt war sein letzter Trumpf ausgespielt, sein Geheimnis aufgedeckt. Er starrte in die Augen des alten Mannes, die sich vor Entsetzen weiteten. Den Lehrer amüsierten die Tränen, die Heidi Hoe lassen musste. Dessen Augenlider zuckten keinen Millimeter, da sein ganzer Körper gelähmt war. Jede Faser weigerte sich, eine Bewegung zu ermöglichen. Trotzdem war es der entscheidende Moment, den der Lehrer jahrelang einkalkulierte. Jener Moment, an dem der Wille seines Gegenübers zerbrach.
Er war sprachlos, voller Trauer. Es war das erste Mal, dass man ihn weinen sah. Das erste Mal, wo er, der große Marine, der große Entdecker, ehrfurchtsvoll der Coach der Marine genannt, seinen Kopf hängen ließ und alle aufmunternden Erfahrungen in seinem langlebigen Repertoire ihre Wirkung verfehlten. Hundert Jahre Glück war nichts wert, angesichts dieser Situation! Er würde hundert Jahre unglücklich sein wollen, um diesen Schmerz rückgängig zu machen.
„Offenbare mir das Gesicht eines Mannes, der einen Wandel vollzogen hat, diese Welt bereichernd. Das ist das Gesicht des Sommerdorfes!“
Saen D Best hatte den sterbenden Hiroid so perfekt gespielt. Dessen Schüler Kazuzatu verkörperte den sterbenden Deede van Bogar. Es war der letzte Wunsch jenes Großvaters, der seinen Enkel beschützen wollte. Seine letzte Bitte, ehe seine Seele der Dunkelheit zum Opfer fiel. Hiroid van Bogar ist der Lehrer.
„Des is wohrlich dos Poradies.“
Er genoss es, am Strand zu liegen. Als die Sonne ihn zu blenden begann, schob sich ein Schatten über sein Gesicht und entlastete seine müden Augen.
„Du wirst Großvater.“ Sie streichelte sich sanft über den Bauch.
Er holte kurz Luft.
„Des is scheen! En scheener Tag.“
Er genoss es, am Strand zu liegen. Als die Sonne ihn zu blenden begann, schob sich ein Schatten über sein Gesicht und entlastete seine müden Augen.
„Du wirst Großvater.“ Sie streichelte sich sanft über den Bauch.
Er holte kurz Luft.
„Des is scheen! En scheener Tag.“
Hiroid van Bogar war ein Mann, der die Ruhe genoss. Dieses Gefühl schenkte er der Welt. Der bloße Gedanke daran, sich einfach zurück zu lehnen und selbst zu belohnen, war für viele Menschen befremdlich. Die Welt und alles in ihr befand sich im unaufhaltsamen Wandel. Da drängte sich nicht selten die Frage auf, ob diese Form der Entspannung wirklich angebracht wäre.
Obwohl Hiroid es verstand, die Menschen träumen zu lassen, blieb er selbst nicht stehen. Er erkannte die Zeichen und passte sich diesen an. Das Sommerdorf wuchs und wurde zu einem immer größeren Hort der Erholung. Er veränderte sein Lebenswerk, blieb nicht stehen – und doch kam alles zu dem Ende, an dem er Cocktail schlürfend im Sand lag. Er vereinte Hektik und Besonnenheit, ruhigen Zeitgeist und futuristischen Fortschritt. Mit diesem Vorgehen betrat er das Herz eines jeden Menschen, wurde zu einer Ikone, deren Schrulligkeit einem tief innewohnenden Genius gegenüber stand. Er hatte die Augen geschlossen, und während die Sonne seinen Körper wärmte, seine Muskeln sich entspannten und der Sand seine Haut berührte, sank er in einen tiefen Schlaf. Etwas, das seit Wochen immer häufiger vorkam.
Eben noch unterhielt er sich mit einem Gast, im nächsten Moment wurde alles um ihn herum schwarz, ehe er in einer Traumwelt erwachte. Waren es anfangs Inspirationen, wurde es nach und nach immer verwirrender.
„Jemand hat geschrieben, dass die wahre Heimat hier liegt.“
Er erwachte und fand sich auf einer Wiese wieder. Sie war endlos weit und so grün, seine Stimme versagte, ein leises Schlucken fuhr durch seine befeuchtete Kehle. Wann immer er den Mund geöffnet ließ, war es, als würde sich eine süße Flüssigkeit auf seiner Zunge absetzen. Er schluckte und begann zu zittern. Sie war köstlich – und unerschöpflich. Sobald er nach ihr verlangte, kriegte er sie. Es war tropisch, doch schwitzen musste er nicht. Hier empfand er es als schlicht und ergreifend schön.
Eine riesige Eiche stand inmitten dieser Gegend. Sie war der Mittelpunkt von allem, da es ansonsten unmöglich wäre, eine Weite in dieser Welt auszumachen. Vor besagtem Baum gelehnt, saß ein alter Mann. „Ich habe dich lange beobachtet.“
Dem Genius wurde es etwas unbehaglich, als er das Gesicht des Fremden betrachtete. Es war wunderschön hier und doch wirkte es verbittert und traurig. Unter dessen Füßen war die Erde vertrocknet, als er schließlich aufstand, wurde die eben noch tote Rinde abgestoßen, wonach sich neue bildete und der Eiche ein rundum prächtiges Aussehen verlieh.
„Die Welt stößt mich seit Jahrhunderten ab“, verriet der Mann.
„We bis du?“, fragte Hiroid, der zu seinem Entsetzen nur in Badehose herum stand. Der alte Mann ignorierte ihn aber und legte ein größeres Wehklagen in seine Stimme. „Ich hatte eine Heimat, die ich seit Jahrhunderten suche.“ Er schüttelte sich, als die Luftfeuchtigkeit in seinem Mund brannte. „Zwei Brüder, die ihre Ideale vor Augen hatten.“ Seine Augen schmerzten, obwohl er sich von der Sonne abwandte. „Einen Traum, der in weite Ferne rückt.“
Er blickte Hiroid van Bogar an.
„Archäologen haben vor einigen Jahren ein zerstörtes Porneglyph gefunden.“ Der werdende Großvater nickte, da es keinen Sinn machte, dies Ganze zu hinterfragen. Sobald er aufwachte, würde er sich vielleicht gar nicht mehr an diesen Traum erinnern.
„Mit einem Skelett in ihm.“ Ehe Hiroid reagierte, riss der Fremde ihn an den Schultern zu Boden und lachte. „Fliehen konnte ich, doch ich überlebte es nicht.“
Seine Stimme quietschte bei fast jedem Wort, es war offensichtlich, dass der Mann nach all den Jahren der Einsamkeit nicht mehr normal war. Er redete mehr mit sich selbst, während er an Hiroid vorbei stolzierte. Jeder Schritt tötete den Boden, jedes Verlassen erneuerte ihn.
„Seit Jahrhunderten sterbe ich, ohne jemals das gefunden zu haben, das mich am Leben erhält. Utopia, nur dies, und Utopia“, er begann zu schreien, ehe er sich heulend zu Boden warf. „Nur Utopia kann meine Seele retten.“
Hiroid war wie erstarrt, als er dieses zerrissene Geschöpf vor sich liegen sah. Nur auf einen Menschen konnte dieses ganze Verhalten hindeuten. Nach allem, was er mit Sanford und Gauß auf ihren Reisen in Erfahrung brachte. „Sie sin Bruder Jorim!“
„ICH BIN JORIM“, entgegnete dieser so laut lachend, dass es eher einem Geschrei glich. „Helfen Sie mir?“, fragte er im gleichen Atemzug, wobei sich seine Stimme zu einem Piepsen mauserte und seine ausdruckslosen Augen mit einem unscheinbaren Funkeln versah. Hiroid van Bogar kratzte sich am Kopf, danach zuckte er mit den Schultern. „Wieso nich, es is nur en Traum...“
„Richtig“, erwiderte der Geist mit angestrengter Ruhe in der Stimme. Seine zitternden Hände beruhigten sich langsam, er atmete tief aus und versuchte für wenige Sekunden nicht die Beherrschung zu verlieren.
Bald würde er die Welt durch die Augen eines Optimisten sehen, jemanden, der es bereits geschafft hat, Veränderungen herbei zu führen. Hiroid van Bogar war der perfekte Wirt für seine – für Utopias Rückkehr.
Dann würde Jorim endlich die Bürde ablegen, jenes Verlangen, vor Schmerzen sterben zu wollen. Sobald er Utopia zu neuem Glanz verhilft, würde er die Fehler, die es mit der Erschaffung des Yamakumas machte, wieder bereinigen, und seine Seele endlich vom Fluch dieses Wesens befreien.
„Lass uns ein Stück gehen.“
Hiroid war zwar vom Auftreten dieses Mannes entsetzt, andererseits schlief er tief und fest im Sand. Sobald er aufwachte, würde er sich um so mehr freuen, in der wunderbaren Realität zu leben. Ganz ohne Stress und Furcht.
Am Ende des Gespräches wachte er tatsächlich auf. Er rieb sich den Sand von den Beinen und betrachtete die Wellen, die das Wasser unter seinen Füßen hin und her bewegte. Obwohl es ein angenehmes Gefühl war, konnte er nicht lächeln. Es war bereits jetzt klar, dass sich Körper und Geist sehr bald verändern würden. Etwas, dass Hiroid van Bogar niemals wollte. Aus seinem Traum wurde bittere Realität. Er unterlag einer Täuschung. Der erste Lineist hatte ihn verändert.
„Deswegen konnte ich die Dimensionsfrucht für Hiroid bestellen und Mars aus dem Gefängnis befreien.“ Der Lehrer lachte, als er Heidi Hoe seinen Dolch in die Brust rammte. Dessen Starre hatte sich kein Stück verändert. Seine Augen bewegten sich nicht, nur die Tränen brachen in Sturzbächen aus ihm heraus. „Ich habe dich jahrelang durch seine Augen studiert.“ Er griff sich den Dolch und drückte ihn nach oben. Langsam schnitt er sich durch das Fleisch des Ex-Weisen, den er von Anfang an als letztes Hindernis ausmachte. Ein Lächeln huschte im Gesicht des Lehrers auf. „Findest du, dass mir die Überraschung gelungen ist?“ Er trat ihm in die Rippen, die wie Streichhölzer zerbrachen. San Jigen tat überhaupt gar nichts, wehrte sich nicht, als sein Bart gegriffen und Teile von ihm raus gerissen wurden. Mit ihm einiges an Haut, sein Kinn begann ungehemmt zu bluten, was den Lehrer faszinierte. Er beobachtete schweigend den Prozess, in welchem der strahlend weiße Bart mit Blut durchtränkt wurde. Seine Augen folgten den Blutstropfen, die bis zum Ende hinunter liefen und schließlich auf dem Boden landeten.
Platsch.
Genießen, er musste diesen Moment genießen. Seit Jahrhunderten fesselte ihn der Wahnsinn des Yamakumas, eine Qual, die Shawna Gauß Minuten, der Verräter Freddy sogar nur wenige Sekunden durchleben musste. Unsterblichkeit hatte ihren Preis. Seine Seele konnte nur Ruhen, um Frieden zu finden. Doch jene Erlösung war nicht in Sicht. Die Reise dahin würde aber endlich bald beendet sein.
Platsch. Ein Mann wie Heidi Hoe durfte nicht einfach sterben, er musste das Leben nach und nach aushauchen. Bis absolut nichts mehr übrig bleiben würde. Eine Gnade, die Jorim damals nicht zuteil wurde. Er existierte weiter.
Platsch.
Der Regen hätte das Blut von den weiten Feldern gespült. Doch es gab kein Blut mehr. Sein ganzer Körper fühlte sich ungemein leicht an, während die riesigen Tropfen auf seinem Kopf landeten. Platsch, war er frisch geduscht. Hinter ihm lag ein Berg, den er so nur schemenhaft in Erinnerung hatte. Sein Magen knurrte, er bekam Hunger. Kythera, einfach alles hier, hatte er anders in Erinnerung. Er hauchte seine Hand an, hielt sie sich unter die Nase und schnüffelte daran. Betrunken war er nicht, einen Kater verspürte er ebenfalls nicht. Sehr gut, dachte er und warf sich eine seiner geliebten Schnapspralinen in den Mund.
„Was ist das nur für ein Zustand“, hörte er eine ihm bekannte Stimme hinter sich jammern. Richard versuchte sich auf den Beinen zu halten, bemerkte dann aber zu seinem Entsetzen, dass er komplett nüchtern war. Dies machte ihm Angst. Die übrigen seiner Gefährten rafften sich auf, ein jeder von ihnen war neu eingekleidet und frei von Verletzungen. Auf einem Hügel, nicht weit entfernt, stand ihr Kamerad, der bereits dort war, ehe der Erste von ihnen aufwachte.
„Was gibt es denn zu sehen?“, fragte Heidi Hoe und beschritt den Hügel im strömenden Regen. Bright Larners Gesichtszüge waren hart und kalt. Lediglich ein zufriedenes Lächeln zeigte jene Emotion, die er bis in alle Zeiten mit sich nehmen würde. Bright Larner hatte sie gerettet. Er gab jedem eine neue Chance. Und starb dafür. Selbst der Lehrer erhielt ein neues Leben. Endlich verstand er, weshalb.
„Hiroids Leben darf nicht so enden.“ Ehe der Lehrer reagieren konnte, plätscherte das Blut regelrecht zu Boden, als sich Heidi Hoe aus seiner Starre riss und dem Lehrer in die Brust schlug. „Du schlägst...“, D Zera sackte zusammen, erbrach Blut. „...Du schlägst den Menschen, den du Freund nennst!?“ Das Entsetzen war deutlich aus seiner Stimme zu hören. Er hätte sein Leben darauf gesetzt, dass er San Jigen gebrochen hatte. Etwas, was niemand vor ihm schaffte.
Heidi Hoe grinste. „Bis zu seinem Tod war Hiroid glücklich.“
Er trat dem Lehrer in die Rippen. „b.L musste dir ein neues Leben geben, doch er bereute es nicht.“ Jetzt packte er D Zera am Kragen und blickte in sein verfallenes Gesicht.
„Endlich habe ich verstanden, weshalb. Damit Hiroid van Bogar nicht als Täter in die Geschichte eingeht.“ Er rotzte dem Lehrer vor die Füße. „Hätte die Welt vor vier Jahren erfahren, wer du bist... Hiroid verkörpert das Gute und das wird auch so bleiben.“ D Zera zitterte, als San Jigen ausholte.
Platsch.
Nun stand er da, wieder im strömenden Regen. Neben ihm lag die Leiche von Hiroid van Bogar. Dessen Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Es vergingen Sekunden, die ihm wie Stunden vorkamen. Lywet tippte seinem Vater schließlich an die Schulter. Der stand regungslos vor dem Lehrer. Das frische Blut tropfte von seinen Fingern, aus seinem ganzen Gesicht, von überall, während der Lehrer vor ihm lag. „Wer war er?“, fragte Lywet, während Jenna sich angewidert abwandte.
Sie bekamen keine Antwort und würden auf diese Frage niemals eine erhalten.
Erzähler: „Hiroid van Bogar war eine Legende, ein Zeichen des Guten. San Jigen liebte ihn, jeder liebte ihn. Jetzt war gewährleistet, dass dies für immer so bleiben würde. Der Lehrer war nichts weiter, als ein Verrückter. Eine Auflösung, mit der die Welt sehr gut leben würde – und musste. Denn es war die Wahrheit für die Zukunft. Eine, die Bright Larner nicht bereute, eine, die auch San Jigen mit einem Lächeln im Regen stehen ließ.“
Seine Arme ruderten in einem See aus Blut, hilflos, immer hektischer und verzweifelter suchten sie nach rettendem Auftrieb, doch alles schien vergebens, da der Körper immer tiefer versank, um von einer metallisch schmeckenden Hülle eingeschlossen zu werden. Als er die Augen kurz aufriss, erkannte er nichts außer den Rottönen, die ihn umgaben. Verzweiflung machte sich breit, denn die Ironie seiner Lage war nicht mehr von der Hand zu weisen. Blut hielt den Menschen am Leben, doch er ertrank darin. Immer tiefer versank er, bis die Hoffnung auf einen erlösenden Lichtstrahl erstarb.
Er riss die Augen auf und verdammte sich. Wie oft sollte er zurückkehren, nur, um festzustellen, dass sein Leid immer größer wurde. Galvis war eines der größten Genies der Gegenwart, doch sein eigenes Ende zu bestimmen, genau dies blieb ihm verwehrt. Er mochte ein Egoist sein, nicht um jeden Preis für sein Überleben zu kämpfen, doch diese Eigenschaft hatte er sich über Jahrzehnte verdient. Er hatte alles erreicht und mit dem Bangho-Eria die Forschung revolutioniert. Er hatte längst Geschichte geschrieben, jeder kannte seinen Namen, obwohl es ausreichte, ihn mit Galvis anzureden. Sein Augenlid zitterte, da seine Erwartung ihn quälte. Selbst, wenn sein Sohn wusste, wo er war, konnte Symon dessen Eingreifen verhindern. Es gab eine Faustregel, die sich der Wissenschaftler in Erinnerung rufen musste. Alles aus Utopia kann mit allem aus Utopia konkurrieren. Doch ihre Teufelskräfte entstammten nicht dem Antiken Königreich. Wie er es drehte und wendete, die Angst blieb in seinen Knochen. Wann würde Hendrumber ihn ein weiteres Stück Richtung Abgrund drängen? Die Tat selbst war nichts, was er fürchtete. Er hätte sich wenigstens von seiner Familie verabschieden wollen. Sterben war eines, damit musste er jahrelang leben. Fehlen allerdings, dies war ein Zustand, den er seinen Mitmenschen so verständlich wie möglich gestalten wollte. Also, wann würde Symon ihm endlich zeigen, was ihm noch im Leben möglich gemacht wird? Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, denn dass er noch am Leben war, musste einfach bemerkt werden. Sein lautes, stoßhaftes Keuchen glich immerhin einem Aufschrei. Hätte er sich aufrichten können, wäre ihm diese Frage erspart geblieben. Er schloss die Augen, strampelte und ruderte vergeblich weiter. Lernen würde er es nie. Leider.
„Man sieht sich immer mehrmals im Leben.“ Seine Augen wanderten behäbig über ihren Körper, ob es Auf- oder Erregung war, wusste er nicht, doch seine Nase lief trotzdem, während sein Grinsen breiter wurde und seine Veränderung deutlich unterstrich. „Du hast dich verändert.“ Ihre Stimme klang äußerst kalt, ihr Blick huschte durch das in die Länge gezogene Zimmer, entdeckte allerdings nichts, was sie beunruhigte. Der Einzige, der störte, war er. Der Mann, der ihr den Himmel schenkte und die Hölle überreichte. Wie konnte sie auch vergessen, dass er sie im Sommerdorf um ein Haar umgebracht hätte? Sie spürte seine Hände auf ihren Schultern, nur er massierte auf diese besondere Art und Weise. Sie biss sich unbewusst auf die Lippe, riss jedoch die Augen auf, um zu erkennen, dass er einige Meter von ihr entfernt war. „Du warst schon immer ein Spätzünder“, dabei schaute sie ihm ins Gesicht, auf dem sich sein wahnwitziges Lächeln nur vergrößerte. „Gebracht habe ich es trotzdem“, erwiderte er. Ihre starr gewordene Mimik nutzte er, um die Frage zu stellen, die ihn seit ihrer Ankunft beschäftigte. „Wie hast du mich gefunden?“ Seine Hände verbrannten sich plötzlich an ihren Schultern, was ihn aufschrecken ließ. Ihre Präsenz hatte sich verändert, sie war nicht mehr das unschuldige Mädchen, das er vor drei Jahren kennen lernte. Ihre Beziehung würde keine Zukunft haben, das war eindeutig. „Es ist endgültig aus, nicht wahr?“
„Ich habe deine Seele aufgespürt“, erwiderte sie ruhig und atmete aus. Es existierten keine Gefühle für ihn. Sie suchte bereits ein zehntes Mal ihr Gewissen ab. Symon war die Vergangenheit, Ray ist die Zukunft, doch jetzt schien sie die Vergangenheit mit seinem Auftreten einzuholen. Sie hätte längst kurzen Prozess gemacht, sobald sie sich sicher war, dass dem nicht so ist. „Es hat keine Zukunft“, erwiderte er nur. Arina nahm seine Worte gar nicht war, da ein zufriedenes Lächeln ihr Gesicht zierte. Sie hatte sich weiter entwickelt und aus einem verzweifelten Mädchen, das sich nach Zuneigung und Nähe sehnte, ist eine geborgene Frau geworden, die wusste, wo sie stand. Aus einer Einzelgängerin wurde ein Teamplayer. Sie konnte sich ihrer Angst stellen und Shy besiegen. Dass sie nicht mehr abhängig von jemandem war, erfüllte sie mit Stolz. Selbst die körperliche Nähe war ein Spiel und kein reines Verlangen geworden. „Bedauerlich“, murmelte Symon.
Erzähler: „Emanzipation ist fürchterlich! Einem gehörten Mann den Rücken zuzukehren ist wiederum fahrlässig!“
Ein Mind war nicht da, der sie im letzten Moment retten würde. Es bedurfte keiner Worte, um ihn wie im Sommerdorf zu provozieren. Ihr Blick reichte, die Pausen, die sie im Gespräch machte, um ihre Gefühle zu begreifen, die Tatsache, dass sie ihm gegenüber keine klare Linie fuhr und ihn im Ungewissen ließ, er seine eigenen Schlüsse ziehen und von selbst auf die unbequeme Wahrheit stoßen sollte. All dies verabscheute er an sich, an ihr, an dem, was sie mal miteinander gehabt haben. Sie war attraktiv, genau sein Typ, doch es passte ihm nicht, dass sie sich weiter entwickelte. Wie seine geplante Rache war auch die Liebe für ihn etwas, das klaren Regeln unterworfen war. Etwas, was er kontrollieren und in dem er die Zügel in den Händen halten musste. Er konnte sie nicht einmal mehr berühren, ohne sich im wahrsten Sinne die Finger an ihr zu verbrennen. War es das Adrenalin, das ihm durch den Körper gejagt wurde, der Blutrausch, den er im Inneren spüre, seitdem er sein Opfer nach jahrelanger Suche endlich seiner gerechten Strafe zuführen konnte? Er wusste es nicht, doch zu seiner Erleichterung war es ihm völlig egal, als er auf sie zustürzte. Erneut verschwand er hinter ihrem Rücken, erneut tauchte er von hinten auf und ließ seiner Wut freien Lauf.
Ein markanter Schrei hallte durch das ganze Hotel, was einem Mann besonders gefiel. Dessen Marschrichtung war wie eingemeißelt, nur kurz hielt er vor wenigen Minuten inne, als die Explosion der Chemikalie ihn überraschte. Doch weit mehr war er davon fasziniert, dass das geschundene Gemäuer von ihr verschont blieb. Als stünde es nicht im Radius der Explosion. „Eine interessante Fähigkeit.“ Er wollte gerade in den Saal eintreten, doch eine laute Stimme hielt ihn davon ab. „Wollen Sie jemanden besuchen oder ein Zimmer reservieren?“, fragte die junge Frau an der Rezeption. Dass das Hotel noch stand, verwunderte sie weniger als die Tatsache, dass sie jetzt trotzdem noch ihre Schicht beenden sollte. Der Mann zögerte keine Sekunde und stellte seinen Rucksack vor dem Tresen ab. Er blickte die Dame mit seinen lila farbenen Augen an und begann zu lächeln. „Möchten Sie sich nicht gleich eine Pause nehmen.“
Als er ihre aufkommende Unsicherheit erkannte, zückte er einen Kugelschreiber. „Checken Sie mich bitte unter Parandeus ein, Vorname Siyajan, oberste Etage mit Blick auf die Kurgärten!“ Ihr Gesicht verkrampfte bei der Nennung seines Namens, was er mit einem schelmischen Lächeln erwiderte. „Sie haben Recht, ganz oben zu wohnen, ist bei all den Treppen verdammt anstrengend.“ Er zückte seine Brieftasche und kritzelte seine Signatur nebenher ins Gästebuch.
„Wollen Sie sich nicht vertreten lassen? Dann können wir in zehn Minuten einen Kaffee trinken gehen.“ Noch immer schwieg sie bei der puren Angst, die sie in Gegenwart des Massenmörders packte. Seine charmanten Worte nahm sie kaum wahr, erst als er sich von ihr entfernte, atmete sie erleichtert aus. „Moserier, ich mach gleich Pause!“, brüllte sie dem Praktikanten zu, der in der Küche die Teller abwusch. Dass seine Vorgesetzte äußerst herrisch und dominant sein konnte, überraschte ihn weniger als der Senffleck, der sich nicht abreiben ließ. „Heiliges Lieschen“, seufzte der Okama.
„Ich muss doch noch nicht auflegen“, erklärte er erfreut und lauschte der melodischen Stimme am anderen Ende des Hörers. „Wie bitte, er hat die Hose im Turm einer Sandburg eingeschlossen?“ Das Lachen auf beiden Seiten war herzlich, aber bestimmt. „Ja, ich passe drauf auf, kann aber für nichts garantieren“, antwortete er nun etwas energischer. Sein Mentor lag zwar mit Badehose und hochroter Brust am Strand, doch obwohl er sich mit jeder Faser entspannen wollte, konnte er seine Besorgnis nicht ignorieren.
Pater Erigal seufzte und legte schließlich auf. Sein Schüler war ein wahres Talent, doch theoretisch sahen seine Überlebenschancen während der Prüfung mit gut 50% wesentlich rosiger aus. Es war aber kein Test mehr, sondern der Ernst des Lebens. Trotz dieser Anspannung und seinem kühlen Charakter brach er in tosendes Gelächter aus, als Pope Lines beim Surfen von einer riesigen Welle erfasst wurde. „Darf es noch etwas sein“, fragte Carry den besonderen Gast und schüttelte betrübt den Kopf, als Sommerbär sich aus Versehen in seiner eigenen Sandburg einsperrte und seine Gefangenschaft beklagte. Es war wunderbar, ihn wieder hier zu haben. Und noch schöner, dass er sich seinem ganz eigenen Schicksal hingab. Nämlich mit allen daraus resultierenden Katastrophen er selbst zu sein und zu bleiben. „Ich hätte gerne eine Schüssel voller Zitronen.“ Die Sekretärin zuckte mit den Schultern und erfüllte dem Lineisten den verhältnismäßig gewöhnlichen Wunsch.
Er atmete ein letztes Mal tief durch, spürte Jorim in seinem Körper. „Der Lehrer ist tot“, analysierte er kühl und blickte in seine Seele. Jorim in ihm war wieder vollständig, etwas, was er seit Wochen einkalkulierte. Daher war es ein leichtes, diesen neu gewonnenen Einfluss unter Kontrolle zu bringen. „Sobald du uns zusammen bringst, kannst du es zu Ende bringen. Doch was danach mit dir passiert. Ich weiß es ehrlich nicht.“
Er vertraute diesen Worten und sah in ihnen den Schlüssel. Der Prophet besaß eine starke Seele, etwas, woraus er seine Macht bezog. Er besaß jetzt ebenfalls zwei Seelen, eine weitere auf Abruf. Ungeduldig schwenkte er das kleine Gefäß, in welchem sie Shiura aus Sarna Dipa mitnahmen. „Arina kommt ohne mich aus“, flüsterte er grinsend, als er Symons Schreie vernahm. „Doch jetzt ist es Zeit, einen Traum zu leben.“
Er verließ das Nebenzimmer ein zweites Mal, in welchem er sich letzte Ratschläge geben ließ, riss die Tür auf, grüßte Arina dieses Mal. Die junge Frau horchte bei seinem Gruß kurz auf, nahm Symon jedoch weiter gnadenlos in die Mangel.
Alles war in die Wege geleitet. Der Butler würde seinen Instruktionen folgen und Galvis versorgen. Shady sprang durch das Loch ins Erdgeschoss. Er wollte seinen Traum leben und Geschichte schreiben. „Lass es uns zu Ende bringen“, schmetterte er dem Propheten entgegen, der nicht einmal die Türe hinter sich geschlossen hatte. Drei Menschen, drei Brüder in einem Raum. Dieses Aufeinandertreffen würde in die Geschichtsbücher eingehen. Allerdings...
Er riss die Augen auf und verdammte sich. Wie oft sollte er zurückkehren, nur, um festzustellen, dass sein Leid immer größer wurde. Galvis war eines der größten Genies der Gegenwart, doch sein eigenes Ende zu bestimmen, genau dies blieb ihm verwehrt. Er mochte ein Egoist sein, nicht um jeden Preis für sein Überleben zu kämpfen, doch diese Eigenschaft hatte er sich über Jahrzehnte verdient. Er hatte alles erreicht und mit dem Bangho-Eria die Forschung revolutioniert. Er hatte längst Geschichte geschrieben, jeder kannte seinen Namen, obwohl es ausreichte, ihn mit Galvis anzureden. Sein Augenlid zitterte, da seine Erwartung ihn quälte. Selbst, wenn sein Sohn wusste, wo er war, konnte Symon dessen Eingreifen verhindern. Es gab eine Faustregel, die sich der Wissenschaftler in Erinnerung rufen musste. Alles aus Utopia kann mit allem aus Utopia konkurrieren. Doch ihre Teufelskräfte entstammten nicht dem Antiken Königreich. Wie er es drehte und wendete, die Angst blieb in seinen Knochen. Wann würde Hendrumber ihn ein weiteres Stück Richtung Abgrund drängen? Die Tat selbst war nichts, was er fürchtete. Er hätte sich wenigstens von seiner Familie verabschieden wollen. Sterben war eines, damit musste er jahrelang leben. Fehlen allerdings, dies war ein Zustand, den er seinen Mitmenschen so verständlich wie möglich gestalten wollte. Also, wann würde Symon ihm endlich zeigen, was ihm noch im Leben möglich gemacht wird? Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, denn dass er noch am Leben war, musste einfach bemerkt werden. Sein lautes, stoßhaftes Keuchen glich immerhin einem Aufschrei. Hätte er sich aufrichten können, wäre ihm diese Frage erspart geblieben. Er schloss die Augen, strampelte und ruderte vergeblich weiter. Lernen würde er es nie. Leider.
„Man sieht sich immer mehrmals im Leben.“ Seine Augen wanderten behäbig über ihren Körper, ob es Auf- oder Erregung war, wusste er nicht, doch seine Nase lief trotzdem, während sein Grinsen breiter wurde und seine Veränderung deutlich unterstrich. „Du hast dich verändert.“ Ihre Stimme klang äußerst kalt, ihr Blick huschte durch das in die Länge gezogene Zimmer, entdeckte allerdings nichts, was sie beunruhigte. Der Einzige, der störte, war er. Der Mann, der ihr den Himmel schenkte und die Hölle überreichte. Wie konnte sie auch vergessen, dass er sie im Sommerdorf um ein Haar umgebracht hätte? Sie spürte seine Hände auf ihren Schultern, nur er massierte auf diese besondere Art und Weise. Sie biss sich unbewusst auf die Lippe, riss jedoch die Augen auf, um zu erkennen, dass er einige Meter von ihr entfernt war. „Du warst schon immer ein Spätzünder“, dabei schaute sie ihm ins Gesicht, auf dem sich sein wahnwitziges Lächeln nur vergrößerte. „Gebracht habe ich es trotzdem“, erwiderte er. Ihre starr gewordene Mimik nutzte er, um die Frage zu stellen, die ihn seit ihrer Ankunft beschäftigte. „Wie hast du mich gefunden?“ Seine Hände verbrannten sich plötzlich an ihren Schultern, was ihn aufschrecken ließ. Ihre Präsenz hatte sich verändert, sie war nicht mehr das unschuldige Mädchen, das er vor drei Jahren kennen lernte. Ihre Beziehung würde keine Zukunft haben, das war eindeutig. „Es ist endgültig aus, nicht wahr?“
„Ich habe deine Seele aufgespürt“, erwiderte sie ruhig und atmete aus. Es existierten keine Gefühle für ihn. Sie suchte bereits ein zehntes Mal ihr Gewissen ab. Symon war die Vergangenheit, Ray ist die Zukunft, doch jetzt schien sie die Vergangenheit mit seinem Auftreten einzuholen. Sie hätte längst kurzen Prozess gemacht, sobald sie sich sicher war, dass dem nicht so ist. „Es hat keine Zukunft“, erwiderte er nur. Arina nahm seine Worte gar nicht war, da ein zufriedenes Lächeln ihr Gesicht zierte. Sie hatte sich weiter entwickelt und aus einem verzweifelten Mädchen, das sich nach Zuneigung und Nähe sehnte, ist eine geborgene Frau geworden, die wusste, wo sie stand. Aus einer Einzelgängerin wurde ein Teamplayer. Sie konnte sich ihrer Angst stellen und Shy besiegen. Dass sie nicht mehr abhängig von jemandem war, erfüllte sie mit Stolz. Selbst die körperliche Nähe war ein Spiel und kein reines Verlangen geworden. „Bedauerlich“, murmelte Symon.
Erzähler: „Emanzipation ist fürchterlich! Einem gehörten Mann den Rücken zuzukehren ist wiederum fahrlässig!“
Ein Mind war nicht da, der sie im letzten Moment retten würde. Es bedurfte keiner Worte, um ihn wie im Sommerdorf zu provozieren. Ihr Blick reichte, die Pausen, die sie im Gespräch machte, um ihre Gefühle zu begreifen, die Tatsache, dass sie ihm gegenüber keine klare Linie fuhr und ihn im Ungewissen ließ, er seine eigenen Schlüsse ziehen und von selbst auf die unbequeme Wahrheit stoßen sollte. All dies verabscheute er an sich, an ihr, an dem, was sie mal miteinander gehabt haben. Sie war attraktiv, genau sein Typ, doch es passte ihm nicht, dass sie sich weiter entwickelte. Wie seine geplante Rache war auch die Liebe für ihn etwas, das klaren Regeln unterworfen war. Etwas, was er kontrollieren und in dem er die Zügel in den Händen halten musste. Er konnte sie nicht einmal mehr berühren, ohne sich im wahrsten Sinne die Finger an ihr zu verbrennen. War es das Adrenalin, das ihm durch den Körper gejagt wurde, der Blutrausch, den er im Inneren spüre, seitdem er sein Opfer nach jahrelanger Suche endlich seiner gerechten Strafe zuführen konnte? Er wusste es nicht, doch zu seiner Erleichterung war es ihm völlig egal, als er auf sie zustürzte. Erneut verschwand er hinter ihrem Rücken, erneut tauchte er von hinten auf und ließ seiner Wut freien Lauf.
Ein markanter Schrei hallte durch das ganze Hotel, was einem Mann besonders gefiel. Dessen Marschrichtung war wie eingemeißelt, nur kurz hielt er vor wenigen Minuten inne, als die Explosion der Chemikalie ihn überraschte. Doch weit mehr war er davon fasziniert, dass das geschundene Gemäuer von ihr verschont blieb. Als stünde es nicht im Radius der Explosion. „Eine interessante Fähigkeit.“ Er wollte gerade in den Saal eintreten, doch eine laute Stimme hielt ihn davon ab. „Wollen Sie jemanden besuchen oder ein Zimmer reservieren?“, fragte die junge Frau an der Rezeption. Dass das Hotel noch stand, verwunderte sie weniger als die Tatsache, dass sie jetzt trotzdem noch ihre Schicht beenden sollte. Der Mann zögerte keine Sekunde und stellte seinen Rucksack vor dem Tresen ab. Er blickte die Dame mit seinen lila farbenen Augen an und begann zu lächeln. „Möchten Sie sich nicht gleich eine Pause nehmen.“
Als er ihre aufkommende Unsicherheit erkannte, zückte er einen Kugelschreiber. „Checken Sie mich bitte unter Parandeus ein, Vorname Siyajan, oberste Etage mit Blick auf die Kurgärten!“ Ihr Gesicht verkrampfte bei der Nennung seines Namens, was er mit einem schelmischen Lächeln erwiderte. „Sie haben Recht, ganz oben zu wohnen, ist bei all den Treppen verdammt anstrengend.“ Er zückte seine Brieftasche und kritzelte seine Signatur nebenher ins Gästebuch.
„Wollen Sie sich nicht vertreten lassen? Dann können wir in zehn Minuten einen Kaffee trinken gehen.“ Noch immer schwieg sie bei der puren Angst, die sie in Gegenwart des Massenmörders packte. Seine charmanten Worte nahm sie kaum wahr, erst als er sich von ihr entfernte, atmete sie erleichtert aus. „Moserier, ich mach gleich Pause!“, brüllte sie dem Praktikanten zu, der in der Küche die Teller abwusch. Dass seine Vorgesetzte äußerst herrisch und dominant sein konnte, überraschte ihn weniger als der Senffleck, der sich nicht abreiben ließ. „Heiliges Lieschen“, seufzte der Okama.
„Ich muss doch noch nicht auflegen“, erklärte er erfreut und lauschte der melodischen Stimme am anderen Ende des Hörers. „Wie bitte, er hat die Hose im Turm einer Sandburg eingeschlossen?“ Das Lachen auf beiden Seiten war herzlich, aber bestimmt. „Ja, ich passe drauf auf, kann aber für nichts garantieren“, antwortete er nun etwas energischer. Sein Mentor lag zwar mit Badehose und hochroter Brust am Strand, doch obwohl er sich mit jeder Faser entspannen wollte, konnte er seine Besorgnis nicht ignorieren.
Pater Erigal seufzte und legte schließlich auf. Sein Schüler war ein wahres Talent, doch theoretisch sahen seine Überlebenschancen während der Prüfung mit gut 50% wesentlich rosiger aus. Es war aber kein Test mehr, sondern der Ernst des Lebens. Trotz dieser Anspannung und seinem kühlen Charakter brach er in tosendes Gelächter aus, als Pope Lines beim Surfen von einer riesigen Welle erfasst wurde. „Darf es noch etwas sein“, fragte Carry den besonderen Gast und schüttelte betrübt den Kopf, als Sommerbär sich aus Versehen in seiner eigenen Sandburg einsperrte und seine Gefangenschaft beklagte. Es war wunderbar, ihn wieder hier zu haben. Und noch schöner, dass er sich seinem ganz eigenen Schicksal hingab. Nämlich mit allen daraus resultierenden Katastrophen er selbst zu sein und zu bleiben. „Ich hätte gerne eine Schüssel voller Zitronen.“ Die Sekretärin zuckte mit den Schultern und erfüllte dem Lineisten den verhältnismäßig gewöhnlichen Wunsch.
Er atmete ein letztes Mal tief durch, spürte Jorim in seinem Körper. „Der Lehrer ist tot“, analysierte er kühl und blickte in seine Seele. Jorim in ihm war wieder vollständig, etwas, was er seit Wochen einkalkulierte. Daher war es ein leichtes, diesen neu gewonnenen Einfluss unter Kontrolle zu bringen. „Sobald du uns zusammen bringst, kannst du es zu Ende bringen. Doch was danach mit dir passiert. Ich weiß es ehrlich nicht.“
Er vertraute diesen Worten und sah in ihnen den Schlüssel. Der Prophet besaß eine starke Seele, etwas, woraus er seine Macht bezog. Er besaß jetzt ebenfalls zwei Seelen, eine weitere auf Abruf. Ungeduldig schwenkte er das kleine Gefäß, in welchem sie Shiura aus Sarna Dipa mitnahmen. „Arina kommt ohne mich aus“, flüsterte er grinsend, als er Symons Schreie vernahm. „Doch jetzt ist es Zeit, einen Traum zu leben.“
Er verließ das Nebenzimmer ein zweites Mal, in welchem er sich letzte Ratschläge geben ließ, riss die Tür auf, grüßte Arina dieses Mal. Die junge Frau horchte bei seinem Gruß kurz auf, nahm Symon jedoch weiter gnadenlos in die Mangel.
Alles war in die Wege geleitet. Der Butler würde seinen Instruktionen folgen und Galvis versorgen. Shady sprang durch das Loch ins Erdgeschoss. Er wollte seinen Traum leben und Geschichte schreiben. „Lass es uns zu Ende bringen“, schmetterte er dem Propheten entgegen, der nicht einmal die Türe hinter sich geschlossen hatte. Drei Menschen, drei Brüder in einem Raum. Dieses Aufeinandertreffen würde in die Geschichtsbücher eingehen. Allerdings...
Aufgeregtes, ungläubiges Seufzen. Dann herrschte Ruhe. Es war einmal mehr geschafft. Mr. Shadner hatte seinen Sohn zurücklassen können, während dieser ruhig in seinem Bettchen schlief. Hatte er sich anfangs erschrocken, als er das Geschichtsbuch in der Eile weglegte und sein Sohn die darin enthaltenen Bilder sah, um so erstaunter war er inzwischen über dessen Interesse an den Legenden dieser - und jener Zeit. Bereits mit acht Jahren verschlang er einen Roman, der die Bluttaten des Propheten mystifizierte. Später hörte er von William Martell und dem legendären John. Als er das Wissen um diese beiden Ikonen in ihrer Blüte aufsog, alles Wissen über sie in Phantasien und Theoreme fasste, wünschte er nur eines, nachdem er begriff, wie sich Faszination auf die Menschen auswirkte. Sie tat gut, ohne Erwartungen zu zerstören. Eine Legende blieb eine Legende, und wenn auch nur ein einziger Gedanke sie erfasste, lebte sie. Ein ewiges Leben ohne Bindung und Bürde.
Ohne diese Ansicht des Denkens hätte er sich nie zu diesen Schritten entschlossen.
„Ich bin du und du bist ich!“, erzählte die Stimme noch vor wenigen Minuten. Des Lehrers Jorim hatte geglaubt, Shady mit psychischen Spielereien zu beeinflussen. Doch für solches Warten war er nicht mehr bereit. Dafür war er nicht mehr er. Der Lineist hatte die Muskeln angespannt, sich den Wirrkopf gepackt und ihn ohne Worte absorbiert.
Nachdem der Lehrer starb, war ein Seelenteil rastlos umhergewandert, auf der Suche nach einem neuen Wirt. Jirain Shadner, der in seiner Lineistenprüfung auf die fehlende Hälfte jener Seele traf, war das Ziel. Naheliegend, aber in jeder Hinsicht die falsche Station.
Mind blickte seinen Freund an, der seine Augen nach innen drehte und sich auf die Lippe biss. „Mein Arbeitstag endet, darf ich bitten?“
Den Propheten hatte er völlig vergessen, was diesem allerdings nicht anzusehen war. Er legte nicht einmal mehr Wert auf seine Maske. Seine Gesichtszüge standen im Kontrast zur Kälte, die seine Präsenz ausstrahlte, unglaublich weich und von jungem Teint. Kaum zu glauben, dass jemand, der nur wenige Jahre älter war, solchen Ruf auf seinen Schultern trug – und diesen problemlos tragen konnte.
Mind erkannte gar keine Zweifel, das Lächeln war echt, obwohl es bedeutete ein Glücksgefühl zu spüren. War es für manche ein Stückchen Schokolade, war es für Siyajan das Leben, das er mit seinem Wirken in den Händen hielt. Weicher warmer Sand, der durch die Hand zu Boden rieselte. Rein, während, existent, er blieb nämlich da. Er musste nur zugreifen. Genauso wie jedes Leben, welches endete, aufzeigte, wie viele noch waren. Der Prophet entspannte sich, er respektierte sie alle in gewisser Art und Weise.
Er musste sterben, damit sie es nicht tun. Manche Prozesse im Leben waren einfach, obwohl sie schwerste Last versprachen. Der Prophet sah ein, dass Shady mit sich kämpfte, ein Umstand, der ihm einen unaussprechlichen Vorteil gewährte. Doch er nutzte ihn nicht. Er hatte keine Lust darauf, er musste es nicht. Zwei Dinge, die seine Prinzipien verraten hätten. Niemand unterwarf, niemand forderte. Nicht mehr benötigte er, um seine Art von Freiheit auszuleben.
„Der alte Mann ist tot.“
Mind zuckte mit den Schultern. Verunsicherung wies er von sich ab. Sie würde für sein Scheitern letzten Endes verantwortlich sein. Vielleicht nicht heute, doch er gestand sich eines ein. Fehler werden bestraft. Ray hatte womöglich einen begangen. Gutes im Sinn gehabt und doch, was war jetzt mit ihm. Mind öffnete seine unbewusst geballte Faust, die von einem Kälteschauer erfasst wurde. Sie zuckte unter der Hitze in seinen Adern und dem Frost, der sich über seine Fingerspitzen zog. Ein unsichtbarer Film zog sich über seine Extremitäten, alle schmerzten sie.
„Alle die, die zarte Bande knüpften, die deinen Augen die Unsicherheit angesehen haben – und dachten“, Siyajan senkte die Stimme auf ein monotones, aber klar verständliches Flüstern, „gebt ihm die Zeit, er wird es mit jedem Atemzug zurück geben. Faszinierend. Ich blieb neugierig...“ Seine ausgestreckte Hand ballte sich zur Faust, was den Schock in Minds Gliedmaßen verstärkte. „Keiner ihrer letzten Blicke schien irgendetwas zu bedeuten.“ Der Schlag traf die Luft, Minds Brust, bohrte sich in sein Herz, ließ ihn den scharfen Windzug des Todes in der Seele spüren. Er streifte umher, legte sich wie eine Schlinge um seinen Hals, raubte ihm die Luft und sollte ihm eines zeigen. Er ist machtlos. Er war es immer, und jeder Tote bis zu dieser Sekunde hatte an ein Potential geglaubt, das nicht existent gewesen war - und ist. Ehe er seinen Job erledigte, war es ein anstimmendes Vergnügen den Geist des Gegners zu brechen.
Seine Schuhe tappten unter seinem filigranen Körper, eine Eisschicht füllte die Risse aus und seine Hand griff zum Reißverschluss seines Rucksacks, den er sich wieder umgeschnallt hatte. Sie wählte einen breiten Holzstiel, welcher nicht ertastet, sondern gekonnt gegriffen und mit einem Ruck unter lautem Scheppern herausgezogen wurde. Dampf schoss aus seiner Nase, die Augen glühten kurz unter dem Einfluss des Devolismus auf. Physis war ein unproblematisches Thema, als er die Waffe mit drei Fingern hielt und auf dem Eis aufkommen ließ. Risse sprengten den gefrorenen Untergrund in kleine Stücke. Zufrieden musterte der Prophet die kühle Umgebung, Wölkchen bildeten sich unter seinem Atem, der Blick auf die erstarrten Feinde gerichtet. Einer war in sich gekehrt, meldete seinen Leib vorerst von dieser Welt ab, der andere hielt sich das Herz und hielt den Blick trotz gesenktem Kopf dem Richter entgegen. Ehe dieser zuschlug, war das Opfer verschwunden, sodass er den Kopf des Hammers wenige Zentimeter vor dem Boden abbremste und mit brachialer Geschwindigkeit das Werkzeug um die eigene Achse schleuderte.
Sein Instinkt würde ihn nie im Stich lassen, nicht einmal der gezielte Blick in Richtung Eingangstür, neben der Mind vom Hammer an die Wand gepresst wurde. Der laute Knall hatte das Brechen seiner Knochen vollständig überdeckt, selbst der Schrei verhallte im Nichts. Interessiert betrachtete der Prophet das Blut, das in die Eisrisse hinein, bis hin zu seinen Füßen floss und mit den Farben seiner Schuhe harmonierte.
„Kriegst du das überhaupt mit?“ Er streichelte Shady lächelnd durchs Haar, zuckte dabei überrascht zusammen und fasste sich verdutzt an den Hinterkopf. „Du bist kalt...“ Seine Scharfsinnigkeit hatte er nicht eingebüßt, da er es war, der die gefühlte Kälte mit seiner Aura beeinflussen konnte. Kälte und Tod, beides bedeutete letztendlich Stillstand. Ehe er darüber nachdachte, folgten seine Pupillen automatisch der Blutspur Minds, die ungewöhnliche Wege auf sich nahm. Sie quoll entgegen der Schwerkraft aus den Spuren heraus und änderte ihre Richtung.
„Blutmagie?“ Er musste beim Gedanken an diesen Hokuspokus grinsen, doch dieses blieb ihm tatsächlich im Halse stecken, als er die Eingangstür erneut betrachtete. Dort war kein Anfang. Siyajan schrie vor Entsetzen, seine Augen schlossen sich, er sank auf die Knie und erkannte mit letztem Blick. Mind war nicht da. Er war alleine.
Ein Lichtbogen blitzte auf, schüttelte seinen Körper und ließ ihn langsam aufstehen. Ein markerschütternder Schrei hallte durch seine Ohren, ein gewaltiger Knacks ertönte hinter ihm. Erst schleichend, dann immer schneller, was ihm unbeschreibliche Qualen zufügte. Der Prophet griff sich an die Schläfe, suchte nach Balance, schaute sich um, erblickte hinter sich einen rot gezogenen Kreis, dahinter eine durchsichtige Barriere. Seine Faszination stieg ins Unermessliche. Hinter ihm befand sich eine gigantische Skulptur seiner selbst mit einem feinen Riss im Unterleib.
„Es soll mehr als der Tod sein?“
Siyajan holte die Liste hervor und zerknüllte sie vor Minds Augen. Keiner von ihnen war überrascht, die fehlende Überraschung im Gesicht des Gegenüber wahrzunehmen. Es stand nur noch ein Name drauf, jemanden, den er nicht töten würde. Ihre Körper hatten sich aus diesem Kampf entfernt, lediglich ihre Seelen blieben übrig, ein direkter Kampf um die Existenz selbst. Viel mehr, als ein einfaches, begrenztes Leben jemals wert sein würde.
Shady stand mit verschränkten Armen vor seiner Statue, die im Vergleich zum Propheten klein – damit immer noch um ein vielfaches größer als das dürftige Etwas, das hinter Mind positioniert war. „Das Seelenvolumen sagt nichts über unsere mentale Stärke aus“, versicherte der Lineist seinem Freund und drückte ihm die Phiole in die Hand. Mind zögerte kurz, danach riss er sie an sich und begann zu lächeln. „Du hast alles perfekt vorbereitet.“
Shady reagierte nicht darauf. Jorim innerhalb von Minuten perfekt zu assimilieren, es bedeutete nur eines. Der beste Lineist agierte hier und jetzt.
Siyajan verstand, welche Täuschungen ihm bis hierhin widerfahren waren. Vermutlich wurde sein Verstand bereits beim Betreten des Hotelzimmers mit falschen Bildern gefüttert, während seine Seele an diesen Ort gebracht wurde. Einer Zwischenwelt, in der Körper und Geist voneinander getrennt werden. Ein Prozess, der äußerst schmerzhaft war.
Rigald Harris hatte bereits versucht, seine Seele zu zerstören. Doch zum Glück beherrschte er keine der Religionen perfekt. Der Prophet atmete tief durch, seine Augen funkelten.
„Jorim und Shiura.“ Er wanderte von Shadys Körper zur Phiole in Minds Hand, in der sich die dritte Seele befand. Sein Blick verfinsterte sich, seine Lippen umspielte ein süffisantes Lächeln.
„Ein Familientreffen wird es nicht geben.“
Siegreich entriss er sich mit letztem Akt seines Seins. Ohne Körper, ohne Geist, ohne Seele existierte niemand. Er war der Erste, der weit weniger ermöglichte. Dafür war er in den Köpfen all jener präsent, die diesem Fehlen gedenken würden. Er war damals weniger als Nichts, doch dies machte ihn zu Allem, was es jemals gab. – Würde diese Geschichte jemals einen wahren Kern besitzen? - Oder wie jede Sage einem Ursprung entspringen, der weniger zu greifen war als alles, was wir uns jemals erträumten? Wir werden es womöglich niemals erfahren.
Ohne diese Ansicht des Denkens hätte er sich nie zu diesen Schritten entschlossen.
„Ich bin du und du bist ich!“, erzählte die Stimme noch vor wenigen Minuten. Des Lehrers Jorim hatte geglaubt, Shady mit psychischen Spielereien zu beeinflussen. Doch für solches Warten war er nicht mehr bereit. Dafür war er nicht mehr er. Der Lineist hatte die Muskeln angespannt, sich den Wirrkopf gepackt und ihn ohne Worte absorbiert.
Nachdem der Lehrer starb, war ein Seelenteil rastlos umhergewandert, auf der Suche nach einem neuen Wirt. Jirain Shadner, der in seiner Lineistenprüfung auf die fehlende Hälfte jener Seele traf, war das Ziel. Naheliegend, aber in jeder Hinsicht die falsche Station.
Mind blickte seinen Freund an, der seine Augen nach innen drehte und sich auf die Lippe biss. „Mein Arbeitstag endet, darf ich bitten?“
Den Propheten hatte er völlig vergessen, was diesem allerdings nicht anzusehen war. Er legte nicht einmal mehr Wert auf seine Maske. Seine Gesichtszüge standen im Kontrast zur Kälte, die seine Präsenz ausstrahlte, unglaublich weich und von jungem Teint. Kaum zu glauben, dass jemand, der nur wenige Jahre älter war, solchen Ruf auf seinen Schultern trug – und diesen problemlos tragen konnte.
Mind erkannte gar keine Zweifel, das Lächeln war echt, obwohl es bedeutete ein Glücksgefühl zu spüren. War es für manche ein Stückchen Schokolade, war es für Siyajan das Leben, das er mit seinem Wirken in den Händen hielt. Weicher warmer Sand, der durch die Hand zu Boden rieselte. Rein, während, existent, er blieb nämlich da. Er musste nur zugreifen. Genauso wie jedes Leben, welches endete, aufzeigte, wie viele noch waren. Der Prophet entspannte sich, er respektierte sie alle in gewisser Art und Weise.
Er musste sterben, damit sie es nicht tun. Manche Prozesse im Leben waren einfach, obwohl sie schwerste Last versprachen. Der Prophet sah ein, dass Shady mit sich kämpfte, ein Umstand, der ihm einen unaussprechlichen Vorteil gewährte. Doch er nutzte ihn nicht. Er hatte keine Lust darauf, er musste es nicht. Zwei Dinge, die seine Prinzipien verraten hätten. Niemand unterwarf, niemand forderte. Nicht mehr benötigte er, um seine Art von Freiheit auszuleben.
„Der alte Mann ist tot.“
Mind zuckte mit den Schultern. Verunsicherung wies er von sich ab. Sie würde für sein Scheitern letzten Endes verantwortlich sein. Vielleicht nicht heute, doch er gestand sich eines ein. Fehler werden bestraft. Ray hatte womöglich einen begangen. Gutes im Sinn gehabt und doch, was war jetzt mit ihm. Mind öffnete seine unbewusst geballte Faust, die von einem Kälteschauer erfasst wurde. Sie zuckte unter der Hitze in seinen Adern und dem Frost, der sich über seine Fingerspitzen zog. Ein unsichtbarer Film zog sich über seine Extremitäten, alle schmerzten sie.
„Alle die, die zarte Bande knüpften, die deinen Augen die Unsicherheit angesehen haben – und dachten“, Siyajan senkte die Stimme auf ein monotones, aber klar verständliches Flüstern, „gebt ihm die Zeit, er wird es mit jedem Atemzug zurück geben. Faszinierend. Ich blieb neugierig...“ Seine ausgestreckte Hand ballte sich zur Faust, was den Schock in Minds Gliedmaßen verstärkte. „Keiner ihrer letzten Blicke schien irgendetwas zu bedeuten.“ Der Schlag traf die Luft, Minds Brust, bohrte sich in sein Herz, ließ ihn den scharfen Windzug des Todes in der Seele spüren. Er streifte umher, legte sich wie eine Schlinge um seinen Hals, raubte ihm die Luft und sollte ihm eines zeigen. Er ist machtlos. Er war es immer, und jeder Tote bis zu dieser Sekunde hatte an ein Potential geglaubt, das nicht existent gewesen war - und ist. Ehe er seinen Job erledigte, war es ein anstimmendes Vergnügen den Geist des Gegners zu brechen.
Seine Schuhe tappten unter seinem filigranen Körper, eine Eisschicht füllte die Risse aus und seine Hand griff zum Reißverschluss seines Rucksacks, den er sich wieder umgeschnallt hatte. Sie wählte einen breiten Holzstiel, welcher nicht ertastet, sondern gekonnt gegriffen und mit einem Ruck unter lautem Scheppern herausgezogen wurde. Dampf schoss aus seiner Nase, die Augen glühten kurz unter dem Einfluss des Devolismus auf. Physis war ein unproblematisches Thema, als er die Waffe mit drei Fingern hielt und auf dem Eis aufkommen ließ. Risse sprengten den gefrorenen Untergrund in kleine Stücke. Zufrieden musterte der Prophet die kühle Umgebung, Wölkchen bildeten sich unter seinem Atem, der Blick auf die erstarrten Feinde gerichtet. Einer war in sich gekehrt, meldete seinen Leib vorerst von dieser Welt ab, der andere hielt sich das Herz und hielt den Blick trotz gesenktem Kopf dem Richter entgegen. Ehe dieser zuschlug, war das Opfer verschwunden, sodass er den Kopf des Hammers wenige Zentimeter vor dem Boden abbremste und mit brachialer Geschwindigkeit das Werkzeug um die eigene Achse schleuderte.
Sein Instinkt würde ihn nie im Stich lassen, nicht einmal der gezielte Blick in Richtung Eingangstür, neben der Mind vom Hammer an die Wand gepresst wurde. Der laute Knall hatte das Brechen seiner Knochen vollständig überdeckt, selbst der Schrei verhallte im Nichts. Interessiert betrachtete der Prophet das Blut, das in die Eisrisse hinein, bis hin zu seinen Füßen floss und mit den Farben seiner Schuhe harmonierte.
„Kriegst du das überhaupt mit?“ Er streichelte Shady lächelnd durchs Haar, zuckte dabei überrascht zusammen und fasste sich verdutzt an den Hinterkopf. „Du bist kalt...“ Seine Scharfsinnigkeit hatte er nicht eingebüßt, da er es war, der die gefühlte Kälte mit seiner Aura beeinflussen konnte. Kälte und Tod, beides bedeutete letztendlich Stillstand. Ehe er darüber nachdachte, folgten seine Pupillen automatisch der Blutspur Minds, die ungewöhnliche Wege auf sich nahm. Sie quoll entgegen der Schwerkraft aus den Spuren heraus und änderte ihre Richtung.
„Blutmagie?“ Er musste beim Gedanken an diesen Hokuspokus grinsen, doch dieses blieb ihm tatsächlich im Halse stecken, als er die Eingangstür erneut betrachtete. Dort war kein Anfang. Siyajan schrie vor Entsetzen, seine Augen schlossen sich, er sank auf die Knie und erkannte mit letztem Blick. Mind war nicht da. Er war alleine.
Ein Lichtbogen blitzte auf, schüttelte seinen Körper und ließ ihn langsam aufstehen. Ein markerschütternder Schrei hallte durch seine Ohren, ein gewaltiger Knacks ertönte hinter ihm. Erst schleichend, dann immer schneller, was ihm unbeschreibliche Qualen zufügte. Der Prophet griff sich an die Schläfe, suchte nach Balance, schaute sich um, erblickte hinter sich einen rot gezogenen Kreis, dahinter eine durchsichtige Barriere. Seine Faszination stieg ins Unermessliche. Hinter ihm befand sich eine gigantische Skulptur seiner selbst mit einem feinen Riss im Unterleib.
„Es soll mehr als der Tod sein?“
Siyajan holte die Liste hervor und zerknüllte sie vor Minds Augen. Keiner von ihnen war überrascht, die fehlende Überraschung im Gesicht des Gegenüber wahrzunehmen. Es stand nur noch ein Name drauf, jemanden, den er nicht töten würde. Ihre Körper hatten sich aus diesem Kampf entfernt, lediglich ihre Seelen blieben übrig, ein direkter Kampf um die Existenz selbst. Viel mehr, als ein einfaches, begrenztes Leben jemals wert sein würde.
Shady stand mit verschränkten Armen vor seiner Statue, die im Vergleich zum Propheten klein – damit immer noch um ein vielfaches größer als das dürftige Etwas, das hinter Mind positioniert war. „Das Seelenvolumen sagt nichts über unsere mentale Stärke aus“, versicherte der Lineist seinem Freund und drückte ihm die Phiole in die Hand. Mind zögerte kurz, danach riss er sie an sich und begann zu lächeln. „Du hast alles perfekt vorbereitet.“
Shady reagierte nicht darauf. Jorim innerhalb von Minuten perfekt zu assimilieren, es bedeutete nur eines. Der beste Lineist agierte hier und jetzt.
Siyajan verstand, welche Täuschungen ihm bis hierhin widerfahren waren. Vermutlich wurde sein Verstand bereits beim Betreten des Hotelzimmers mit falschen Bildern gefüttert, während seine Seele an diesen Ort gebracht wurde. Einer Zwischenwelt, in der Körper und Geist voneinander getrennt werden. Ein Prozess, der äußerst schmerzhaft war.
Rigald Harris hatte bereits versucht, seine Seele zu zerstören. Doch zum Glück beherrschte er keine der Religionen perfekt. Der Prophet atmete tief durch, seine Augen funkelten.
„Jorim und Shiura.“ Er wanderte von Shadys Körper zur Phiole in Minds Hand, in der sich die dritte Seele befand. Sein Blick verfinsterte sich, seine Lippen umspielte ein süffisantes Lächeln.
„Ein Familientreffen wird es nicht geben.“
Siegreich entriss er sich mit letztem Akt seines Seins. Ohne Körper, ohne Geist, ohne Seele existierte niemand. Er war der Erste, der weit weniger ermöglichte. Dafür war er in den Köpfen all jener präsent, die diesem Fehlen gedenken würden. Er war damals weniger als Nichts, doch dies machte ihn zu Allem, was es jemals gab. – Würde diese Geschichte jemals einen wahren Kern besitzen? - Oder wie jede Sage einem Ursprung entspringen, der weniger zu greifen war als alles, was wir uns jemals erträumten? Wir werden es womöglich niemals erfahren.
Wellen spülen Teile eines Schiffswracks an Land. Sie liefern damit eine Geschichte, da sich niemand sonst mit dem Unglück auseinander gesetzt hätte. Fragen, die gestellt werden, entstehen auf natürliche Art und Weise. Viele Veränderungen beeinflussen das Leben aller, Zufälle begründen Unerklärliches.
Nicht alles konnte so funktionieren. Manches unterlag dem Einfluss Einzelner, um so gewaltiger ist die Macht im direkten Vergleich zu Mutter Natur. Es war nicht sein Schicksal, dem Lehrer gegenüber zu treten. Er war der Konflikt einer vergangenen Generation, und nur wenige Fäden zogen sich tatsächlich durch seine Seele. Anderes war wichtig. Das Leben seines Vaters, worauf er von vornherein keinen Einfluss nehmen konnte. Boundary, der zwischen ihm und dem Lehrer gestanden hat. Der Prophet, eine Projektion seiner Generation, ein Abbild eines distanzierten, jedoch bindenden Ursprungs. Er ging den Weg seines Vaters, übertraf ihn, erzeugte das, was ihm immer fehlte. Eine Identität. Jahrzehnte war der Prophet ein Synonym. Heute hatte er einen Namen: Siyajan Parandeus. Er war jener Mensch, der ihm zeigte, ob sein Weg hier zu Ende war. Ob es tatsächlich sein musste. Der Wille, jemanden zu haben, der einen schätzt, ist ein Zustand. Ein Spiegelbild der Seele, des Herzens, eine Momentanaufnahme. So sehr er es sich einzureden versuchte, nichts an oder in ihm war eine Garantie. Er lebte im Moment, doch besaß keinen Grund, um auch nur eine Minute in der Zukunft verbringen zu dürfen. Mit Sally. Oder Henri. Bei seiner Mutter. Niemand war der Anker, der sein Schiff daran hinderte, davon zu schwimmen, sich aus dem Jetzt zu verabschieden und als sein eigenes Wrack angespült zu werden. Geschichten schrieb die Welt und die Personen, die auf ihr lebten. Nicht mehr, nicht weniger. Der Lehrer formulierte den Traum von neuem Glanz als Aufleben einer idealen Kultur. Mind hingegen wollte einfach leben, dessen Wert besser zu schätzen lernen. Für ihn war der Glanz nichts weiter als der Hoffnungsschimmer. Dass es einen nächsten Tag geben – er von weiteren zu träumen imstande war.
War es Shiura in seiner Hand oder die Abwehr jener Kälte, die ihn noch immer fest umschlang. Mind hatte einmal geblinzelt, dabei waren all diese Gedanken durch seinen Kopf gerauscht. Sie befanden sich auf einer geistigen Ebene, da war es klar, dass Gedanken und Gefühle schneller schalteten. Blutfluss, Muskelkontraktion, nichts dergleichen unterwarf sie hier. Die Seele in seiner Hand suchte lange nach einer Formel für Glück und inneren Frieden, etwas, wonach er sich immer stärker sehnte, je eher er seinem Ungewissen entgegen steuerte, manchmal schon panisch einlenkte. Er hatte getötet. Aus Wut. Die Situation hatte es verlangt. Er tötete nicht, um zu leben. Er überlebte. Er war ein Mensch. Menschen wollen überleben. Keine der Toten konnte er vergessen, um so mehr graute es ihm vor den kommenden Momenten. Er konnte nichts gewinnen, nur noch mehr, alles, verlieren. „Ich habe Jahrhunderte nach wahrem Frieden geforscht.“ Shiura war klar und deutlich zu hören. Der alte Mann mit Bart und Gehstock erschien ihm mit klarer Stimme. Er war bereit, sonst wäre er auf Sarna Dipa geblieben. Da, wo es am sichersten für ihn war. Der vernünftigste Bruder lächelte kurz, etwas, was Mind nicht auf seinem Gesicht ausmachte. Es wirkte lediglich friedlich und gefasst. „Innerer Frieden ist nichts weiter als ein Weg. Ich habe nie nach einer wahren Antwort gesucht.“
Wie aufs Stichwort begann der Prophet zu lachen. Seine Schmerzen waren wie verflogen. Sein Körper hatte sich verändert, da ein glänzend silberner Schleier auf ihm lag. Er spreizte Daumen und Zeigefinger auseinander, worauf die Atmosphäre über ihnen zu flimmern begann. Die durchsichtigen Mauern, die sie umgaben, dehnten sich aus, vergrößerten die Fläche unter ihnen, was sich im Farbton der Luft spiegelte. Außen wirkte es jetzt blau und klar wie der Himmel, innen drinnen wiederum nebelig grün und kalt. Sonnenstrahlen, die sie wärmten, verschwanden nach und nach, brachen fast ausschließlich an den Wänden, trennten die äußere Lichtquelle vom immer dunkler werdenden Raum, in dem sie sich befanden. Das grüne Flackern brachte sie unwillkürlich zum zucken, die Kälte erschwerte es, ihre grundsätzlichen Eindrücke zu ordnen. Froren sie, reagierten ihre Nerven auf die beißenden Lichtreize. Der Prophet stand im wahrsten Sinne seelenruhig da und bewies ihnen eines. Physisch war er stärker, mental ein Level weiter. Im Gegensatz zu Shiura suchte und fand er seine Antworten – und war zufrieden. Der Tod war keine schöne, doch sie war eine Lösung.
Ein Windstoß fegte sie von den Beinen, schnell stieß er sich ab, um seitwärts davon zu rollen. Stören tat es Siyajan nicht, da sein Flammenschwert trotzdem zu Boden sauste. Obwohl er mehrere Meter zurück legte, spürte Mind den Angriff aus direkter Nähe. Getroffen blieb er am Boden liegen. Seine Haut brannte nicht, sein Zittern wurde einfach stärker, bis es kurz aussetzte, ihn schreiend zurück ließ. Die Kälte verschwand schlagartig, wurde durch einen beißenden Schmerz ersetzt. Kopfschmerzen, auf einen Punkt seines Kopfes fixiert. Keine gleichmäßig, berechenbar wirkenden. Seine Augen tränten, verschwommen sah er seine Statue, ohne hinzusehen. Sie bröckelte. Wut kam in ihm auf, die er noch verspürt hatte, seine Hände verfärbten sich und verschlagen das Grün in der Atmosphäre. Seine Seele und damit seine Gefühle, bekamen einen Knacks. Das war die Konsequenz dieser Ebene. Gedanken rasten schneller durch den Kopf, zugleich aber auch die Emotionen, sobald sie gereizt wurden. Der Prophet lächelte. Diese Umgebung würde dem Kampf neue Akzente aufzwingen. Sein Opfer zog alle Kraft aus den Gefühlen, jene Quelle, die hier als allererstes geschädigt wurde. Draußen folgte der Geist den Schmerzen des Körpers. Hier war es anders. Der Prophet verpasste der Luft eine Kopfnuss, beobachtete vergnügt, wie die Schläfe Minds zu Beben begann. Blut. Fehlanzeige. Es knackte und erneut sahen sie drei die Seele Minds, die einen weiteren Riss erhielt. Dieser Ort war perfekt, um den Willen eines Menschen zu brechen. Er war einzigartig, um den Zustand einer Seele neu zu formen. Es war der Punkt, an dem selbst der respektvollste Pazifist in einen blutrünstigen Massenmörder gewandelt – die eigene Seele sich nicht wehren konnte. Sofern man nicht wusste, wie.
Siyajan beobachtete den sich bildenden Schaum auf Minds Mundwinkeln, erwartete den Schrei des jungen Mannes, griff mit der freien Hand den Hammer, um mit zwei Waffen gegen diese geweckte Wut vorzugehen. Schmunzelnd registrierte er Shadys zitternden Körper. Als Lineist musste er genau wissen, was hier vor sich ging. Je mächtiger die Seele, desto mehr Auswirkung hatte sie hier. Distanz spielte bei seinen Angriffen daher eine zweitrangige Rolle. Siyajan lächelte über beide Ohren. „Du bereust deine Platzwahl, nicht wahr?“ Er verstärkte den Griff um seinen Hammer, holte aus, als Shady plötzlich auf ihn zugelaufen kam. „Du bereust es!“, dachte er erneut, doch sein Griff lockerte sich vollständig, er ließ den Hammer fallen, als ihn ein Kinnhaken aus dem Stand holte. Laut knallend landete die Waffe vor ihm auf dem Boden, doch der Schmerz in seinen Füßen traf ihn wie ein Blitz. Direkt. Shady blieb vor seinen Füßen stehen, dabei stand er jetzt hinter ihm und trat ihm in den Rücken, was den strauchelnden Propheten zu Boden warf.
Der Lineist war talentiert, denn er täuschte seine Seele und nicht den Kopf, mit dem er nach wie vor zu taktieren hatte. Er blinzelte zu Mind, der sich die Schläfen hielt. Statt dessen Unaufmerksamkeit zu nutzen, packte er Shady am Kragen und stieß ihn an die Wand. Die Wucht trieb ihm die Luft aus den Lungen.
„Selbst wenn du meine Gedanken kennst, kannst du sie nicht alle verhindern!“ Hinter Shadys sich windendem Körper stand Siyajans Statue. Eine große Beschädigung war trotz des Schmerzes nicht zu sehen, dafür war es zu wenig. Tausende mussten an den Qualen verenden, die nötig wären, um hier siegreich hervorzugehen.
„Ob ihr euch duelliert – wie immer ihr wollt, es bedeutet letztlich nichts.“ Die Kälte ummantelte den Lineisten, der Siyajans Seele spürte. Von Basel hingegen war nichts zu bemerken. Er war da, allerdings nicht existent. „Der fähigste Lineist, der beste Arzt, der kühnste Leibwächter“, Siyajan blickte Shady tief in die Augen. „Letzten Endes, so banal, ist es immer zu Ende.“ Er spürte den Atem auf seiner Haut, hörte das Knacken im Hintergrund.
„Wie viel Kraft brauchtest du für die Assimilation der Seelen? Wie viel, um uns dann hierher bringen zu können?“ Er ließ Shadys Hals los, wonach dieser kraftlos an der Wand zu Boden sank. „Du ermöglichst euch einen Sieg, doch was ist dein Ziel?“
„Der Weg ist das Ziel.“ Shady hauchte, blinzelte. „Das Ziel selbst ist nicht die Antwort, sondern die Antwort der Weg, den wir gehen.“ Mehr wollte er nicht. Ein Weg benötigte es, um überhaupt ein Ziel ins Auge zu fassen. „Er hat es verstanden.“, flüsterte Shiura anerkennend. „Du langsam auch? Deine Zweifel, deine Fragen, alles gehört zu deinem Weg dazu. Ein Mind zweifelt, weil es seiner Natur entspricht, so, wie die Natur selbst etwas ist, was Einfluss und Veränderung erschafft.“
Mind nickte. Die Stimme tief in ihm verstummte, der Bruder in seinem Herzen nickte, die Phiole, die vor wenigen Minuten noch in seinen Händen lag, war zerstört. Shiura und er waren eins. Die vielen kleinen Risse verschwanden, hinterließen einen einzigen großen. Dieses Risiko musste eingegangen werden. Es war letztlich irrelevant, da nichts einen neuen Tag garantierte. Das war natürlich, dass war Mind.
Nicht alles konnte so funktionieren. Manches unterlag dem Einfluss Einzelner, um so gewaltiger ist die Macht im direkten Vergleich zu Mutter Natur. Es war nicht sein Schicksal, dem Lehrer gegenüber zu treten. Er war der Konflikt einer vergangenen Generation, und nur wenige Fäden zogen sich tatsächlich durch seine Seele. Anderes war wichtig. Das Leben seines Vaters, worauf er von vornherein keinen Einfluss nehmen konnte. Boundary, der zwischen ihm und dem Lehrer gestanden hat. Der Prophet, eine Projektion seiner Generation, ein Abbild eines distanzierten, jedoch bindenden Ursprungs. Er ging den Weg seines Vaters, übertraf ihn, erzeugte das, was ihm immer fehlte. Eine Identität. Jahrzehnte war der Prophet ein Synonym. Heute hatte er einen Namen: Siyajan Parandeus. Er war jener Mensch, der ihm zeigte, ob sein Weg hier zu Ende war. Ob es tatsächlich sein musste. Der Wille, jemanden zu haben, der einen schätzt, ist ein Zustand. Ein Spiegelbild der Seele, des Herzens, eine Momentanaufnahme. So sehr er es sich einzureden versuchte, nichts an oder in ihm war eine Garantie. Er lebte im Moment, doch besaß keinen Grund, um auch nur eine Minute in der Zukunft verbringen zu dürfen. Mit Sally. Oder Henri. Bei seiner Mutter. Niemand war der Anker, der sein Schiff daran hinderte, davon zu schwimmen, sich aus dem Jetzt zu verabschieden und als sein eigenes Wrack angespült zu werden. Geschichten schrieb die Welt und die Personen, die auf ihr lebten. Nicht mehr, nicht weniger. Der Lehrer formulierte den Traum von neuem Glanz als Aufleben einer idealen Kultur. Mind hingegen wollte einfach leben, dessen Wert besser zu schätzen lernen. Für ihn war der Glanz nichts weiter als der Hoffnungsschimmer. Dass es einen nächsten Tag geben – er von weiteren zu träumen imstande war.
War es Shiura in seiner Hand oder die Abwehr jener Kälte, die ihn noch immer fest umschlang. Mind hatte einmal geblinzelt, dabei waren all diese Gedanken durch seinen Kopf gerauscht. Sie befanden sich auf einer geistigen Ebene, da war es klar, dass Gedanken und Gefühle schneller schalteten. Blutfluss, Muskelkontraktion, nichts dergleichen unterwarf sie hier. Die Seele in seiner Hand suchte lange nach einer Formel für Glück und inneren Frieden, etwas, wonach er sich immer stärker sehnte, je eher er seinem Ungewissen entgegen steuerte, manchmal schon panisch einlenkte. Er hatte getötet. Aus Wut. Die Situation hatte es verlangt. Er tötete nicht, um zu leben. Er überlebte. Er war ein Mensch. Menschen wollen überleben. Keine der Toten konnte er vergessen, um so mehr graute es ihm vor den kommenden Momenten. Er konnte nichts gewinnen, nur noch mehr, alles, verlieren. „Ich habe Jahrhunderte nach wahrem Frieden geforscht.“ Shiura war klar und deutlich zu hören. Der alte Mann mit Bart und Gehstock erschien ihm mit klarer Stimme. Er war bereit, sonst wäre er auf Sarna Dipa geblieben. Da, wo es am sichersten für ihn war. Der vernünftigste Bruder lächelte kurz, etwas, was Mind nicht auf seinem Gesicht ausmachte. Es wirkte lediglich friedlich und gefasst. „Innerer Frieden ist nichts weiter als ein Weg. Ich habe nie nach einer wahren Antwort gesucht.“
Wie aufs Stichwort begann der Prophet zu lachen. Seine Schmerzen waren wie verflogen. Sein Körper hatte sich verändert, da ein glänzend silberner Schleier auf ihm lag. Er spreizte Daumen und Zeigefinger auseinander, worauf die Atmosphäre über ihnen zu flimmern begann. Die durchsichtigen Mauern, die sie umgaben, dehnten sich aus, vergrößerten die Fläche unter ihnen, was sich im Farbton der Luft spiegelte. Außen wirkte es jetzt blau und klar wie der Himmel, innen drinnen wiederum nebelig grün und kalt. Sonnenstrahlen, die sie wärmten, verschwanden nach und nach, brachen fast ausschließlich an den Wänden, trennten die äußere Lichtquelle vom immer dunkler werdenden Raum, in dem sie sich befanden. Das grüne Flackern brachte sie unwillkürlich zum zucken, die Kälte erschwerte es, ihre grundsätzlichen Eindrücke zu ordnen. Froren sie, reagierten ihre Nerven auf die beißenden Lichtreize. Der Prophet stand im wahrsten Sinne seelenruhig da und bewies ihnen eines. Physisch war er stärker, mental ein Level weiter. Im Gegensatz zu Shiura suchte und fand er seine Antworten – und war zufrieden. Der Tod war keine schöne, doch sie war eine Lösung.
Ein Windstoß fegte sie von den Beinen, schnell stieß er sich ab, um seitwärts davon zu rollen. Stören tat es Siyajan nicht, da sein Flammenschwert trotzdem zu Boden sauste. Obwohl er mehrere Meter zurück legte, spürte Mind den Angriff aus direkter Nähe. Getroffen blieb er am Boden liegen. Seine Haut brannte nicht, sein Zittern wurde einfach stärker, bis es kurz aussetzte, ihn schreiend zurück ließ. Die Kälte verschwand schlagartig, wurde durch einen beißenden Schmerz ersetzt. Kopfschmerzen, auf einen Punkt seines Kopfes fixiert. Keine gleichmäßig, berechenbar wirkenden. Seine Augen tränten, verschwommen sah er seine Statue, ohne hinzusehen. Sie bröckelte. Wut kam in ihm auf, die er noch verspürt hatte, seine Hände verfärbten sich und verschlagen das Grün in der Atmosphäre. Seine Seele und damit seine Gefühle, bekamen einen Knacks. Das war die Konsequenz dieser Ebene. Gedanken rasten schneller durch den Kopf, zugleich aber auch die Emotionen, sobald sie gereizt wurden. Der Prophet lächelte. Diese Umgebung würde dem Kampf neue Akzente aufzwingen. Sein Opfer zog alle Kraft aus den Gefühlen, jene Quelle, die hier als allererstes geschädigt wurde. Draußen folgte der Geist den Schmerzen des Körpers. Hier war es anders. Der Prophet verpasste der Luft eine Kopfnuss, beobachtete vergnügt, wie die Schläfe Minds zu Beben begann. Blut. Fehlanzeige. Es knackte und erneut sahen sie drei die Seele Minds, die einen weiteren Riss erhielt. Dieser Ort war perfekt, um den Willen eines Menschen zu brechen. Er war einzigartig, um den Zustand einer Seele neu zu formen. Es war der Punkt, an dem selbst der respektvollste Pazifist in einen blutrünstigen Massenmörder gewandelt – die eigene Seele sich nicht wehren konnte. Sofern man nicht wusste, wie.
Siyajan beobachtete den sich bildenden Schaum auf Minds Mundwinkeln, erwartete den Schrei des jungen Mannes, griff mit der freien Hand den Hammer, um mit zwei Waffen gegen diese geweckte Wut vorzugehen. Schmunzelnd registrierte er Shadys zitternden Körper. Als Lineist musste er genau wissen, was hier vor sich ging. Je mächtiger die Seele, desto mehr Auswirkung hatte sie hier. Distanz spielte bei seinen Angriffen daher eine zweitrangige Rolle. Siyajan lächelte über beide Ohren. „Du bereust deine Platzwahl, nicht wahr?“ Er verstärkte den Griff um seinen Hammer, holte aus, als Shady plötzlich auf ihn zugelaufen kam. „Du bereust es!“, dachte er erneut, doch sein Griff lockerte sich vollständig, er ließ den Hammer fallen, als ihn ein Kinnhaken aus dem Stand holte. Laut knallend landete die Waffe vor ihm auf dem Boden, doch der Schmerz in seinen Füßen traf ihn wie ein Blitz. Direkt. Shady blieb vor seinen Füßen stehen, dabei stand er jetzt hinter ihm und trat ihm in den Rücken, was den strauchelnden Propheten zu Boden warf.
Der Lineist war talentiert, denn er täuschte seine Seele und nicht den Kopf, mit dem er nach wie vor zu taktieren hatte. Er blinzelte zu Mind, der sich die Schläfen hielt. Statt dessen Unaufmerksamkeit zu nutzen, packte er Shady am Kragen und stieß ihn an die Wand. Die Wucht trieb ihm die Luft aus den Lungen.
„Selbst wenn du meine Gedanken kennst, kannst du sie nicht alle verhindern!“ Hinter Shadys sich windendem Körper stand Siyajans Statue. Eine große Beschädigung war trotz des Schmerzes nicht zu sehen, dafür war es zu wenig. Tausende mussten an den Qualen verenden, die nötig wären, um hier siegreich hervorzugehen.
„Ob ihr euch duelliert – wie immer ihr wollt, es bedeutet letztlich nichts.“ Die Kälte ummantelte den Lineisten, der Siyajans Seele spürte. Von Basel hingegen war nichts zu bemerken. Er war da, allerdings nicht existent. „Der fähigste Lineist, der beste Arzt, der kühnste Leibwächter“, Siyajan blickte Shady tief in die Augen. „Letzten Endes, so banal, ist es immer zu Ende.“ Er spürte den Atem auf seiner Haut, hörte das Knacken im Hintergrund.
„Wie viel Kraft brauchtest du für die Assimilation der Seelen? Wie viel, um uns dann hierher bringen zu können?“ Er ließ Shadys Hals los, wonach dieser kraftlos an der Wand zu Boden sank. „Du ermöglichst euch einen Sieg, doch was ist dein Ziel?“
„Der Weg ist das Ziel.“ Shady hauchte, blinzelte. „Das Ziel selbst ist nicht die Antwort, sondern die Antwort der Weg, den wir gehen.“ Mehr wollte er nicht. Ein Weg benötigte es, um überhaupt ein Ziel ins Auge zu fassen. „Er hat es verstanden.“, flüsterte Shiura anerkennend. „Du langsam auch? Deine Zweifel, deine Fragen, alles gehört zu deinem Weg dazu. Ein Mind zweifelt, weil es seiner Natur entspricht, so, wie die Natur selbst etwas ist, was Einfluss und Veränderung erschafft.“
Mind nickte. Die Stimme tief in ihm verstummte, der Bruder in seinem Herzen nickte, die Phiole, die vor wenigen Minuten noch in seinen Händen lag, war zerstört. Shiura und er waren eins. Die vielen kleinen Risse verschwanden, hinterließen einen einzigen großen. Dieses Risiko musste eingegangen werden. Es war letztlich irrelevant, da nichts einen neuen Tag garantierte. Das war natürlich, dass war Mind.
Dieser Plan beinhaltete keine Ewigkeit. Keine Endlichkeit. Nicht einmal eine Richtung war gegeben. Es durfte einmal weitergehen, und weil sich die Welt verändert, war es für ihn jene richtige Entscheidung, diesem Wandel zu begegnen – eine zweite Chance zu geben, einen Moment der Unsicherheit nicht bestrafen zu lassen. Weise ist, der aus Fehlern lernt, töricht der, der den Fehler lehrt. Sein Wille geschehe, er bereute nichts. Er sah sich selbst sterben. In einem Moment, in dem das Leben blühte, endete seines.
Er streckte seine schimmernde Hand aus. Seine Augen sagten alles, seine Stimme nichts. Danach war er fort, es war vorbei. Sie blickte dem Staub nach, in den der Raum zerfiel, blinzelte zu Boden, sah sich auf leergefegtem Platze einem Leichnam gegenüber kniend. Bevor sie bei diesem Anblick schreien konnte, zuckte sie unbewusst, was ihren Blick in Richtung Firmament lenkte. Die Häuser Mary Joas wurden pulverisiert. Diese sinnlose Zerstörung bot ihr freie Sicht auf den rötlich gefärbten Himmel. Rot war seine, ihre gemeinsame Lieblingsfarbe. Ihr Herz wurde durch den Anblick zutiefst beruhigt. Cube war für immer fort. Was blieb, waren die Gedanken an ihre Zeit. Alles begann in ihrer Gefangenschaft und endete in Freiheit. Sie konnten tun und lassen was sie wollten, niemand hatte die Kontrolle über ihr Leben. Zumindest hatte sie es geglaubt. Chester Darne genoss ein Leben auf Kredit. Und jener wurde soeben verbraucht. Sein Plan ging in Erfüllung. Es war sein Glück, dass ein Toter ihn zu Ende bringen musste. Andernfalls hätte sie es ihm nie verziehen. Shira blickte das letzte Opfer des Propheten an. Cube hatte gewusst, wie es ausgehen würde. Am Ende blieb sein Lächeln, Wärme und Gewissheit.
Ein Zittern erfasste seinen Körper, er begann zu husten. Behutsam half sie ihm ihm auf die Beine, nahm ihn in ihre Arme und hielt ihn ganz fest. Er sollte bei ihr bleiben. Tränen flossen auf beiden Seiten. Eine zweite Chance zu erhalten. Wie oft sollte sie dies noch aus erster Hand miterleben?
Brüche auf beiden Seiten lähmten sie zunehmend. Shiura hatte keine Spur von seinem Bruder entdecken können. Es war kein Hilferuf da, nichts wies auf ihn hin. Die Verbissenheit, die der Prophet an den Tag legte, war der einzige Beweis für ihre Koexistenz.
Hämmer zerbrachen, da es dort nur einen Meister geben durfte. Ein Mann, der der Legende nach ein Loch ins Meer geschlagen haben soll. Später entdeckte man einen anderen gigantischen Krater und erbaute über ihm Enies Lobby. Der Prophet erkannte seine mangelnde Handhabung und verwarf diese Waffe nach einigen erfolglosen Attacken. Er wollte seinen Auftrag um jeden Preis zu Ende bringen, aber William Martell zu beleidigen, lag ihm fern. Dessen Vorruhestand war immerhin die Garantie für seine erfolgreiche Arbeit.
Diese Gedanken rasten genauso schnell durch seinen Kopf wie Mind. Lachend verschwand der Prophet im Boden, tauchte ab. Sein Opfer blickte diesem knurrend nach, versenkte gedankenschnell seine Fußspitze im Untergrund, schaffte es mit etwas Druck, diesen aufzureißen und mit lautem Aufschrei den Lichtstrahlen zu entgegnen, die plötzlich von unten auf ihn zugeschossen kamen. Die grelle Energie fesselte seinen Körper, drang wie Wasser durch ein Leck in den Rumpf. Unter seinen Füßen bebte es, immer mehr Energie, die die durchsichtige Wand von ihnen fernhielt, drang von außen durch den fragil gewordenen Boden ein. Übersättigte ihn. Seine Seele wurde dadurch regelrecht aufgepumpt.
Das Lachen des Propheten dröhnte in seinen Ohren, als er neben ihm auftauchte und mit einem Tritt gegen die Wand schleuderte. Die Energie, die seine Füße erfasste, pustete er einfach weg. Interessiert beobachtete er, wie der Riss in Minds Seele zu vibrieren begann. Bald würde sie von innen heraus platzen. Diese doppelte Abfertigung amüsierte ihn. Das bedeute nämlich, dass das Unterbewusstsein der Seele selbige zerstört, wodurch der Körper wiederum von innen heraus ausstirbt und die leere Hülle übrig ließe. Der Mensch starb dadurch nicht, existierte allerdings auf keinerlei geistiger Ebene weiter.
„Es würde mir persönlich reichen, dich meinem Ebenbild gleich zu formen.“ Er holte aus und schlug in die Luft, die um Minds Kopf herum zersprang und ihn zu Boden warf. Blitze knisterten unter seinen Füßen, durchbohrten sein Herz, was er nur mit lautem Schrei aufnahm. Er spürte die Macht auf seinen Schultern, diese schier unendliche Last, die ihn zur Kapitulation zwang. Dann erst wäre Siyajan imstande, seine Psyche nach Belieben zu verändern.
Es blutete und zuckte zwischen seinen Zähnen, die er zeigte, um mit aufgerissenen Augen sein durchtriebenstes Lächeln zu präsentieren. Nichts anderes wollte er mehr, während er sich mit den Fäusten am Boden stützte. „Dann nehme ich die Folter halt an“, nuschelte er und packte mit beiden Händen in den offen gelegten Untergrund. Die Energie strömte durch seinen Körper, die Ladung zerfetzte seine Adern, jeder Schritt entlud einen mächtigen Impuls im Raum. Die Schmerzen nahm er mit einem Grinsen an, welches er im wahren Leben nie zeigte – und hoffentlich nie zeigen würde. Anstatt vor Schmerzen zu schreien, presste er die Zähne zusammen, atmete tief ein und grinste. Sein echter Körper würde keinerlei Schäden behalten und solange er diese Qualen ertragen konnte, würden sie ihn stärker machen. Seine Nerven fühlten sich seltsam an, seine Haltung krümmte sich.
Er preschte nach vorne, zwischen seinen knochigen Fingern knisterte die Spannung, die Energie, die er dem Raum selbst entzog, die seine Seele bis aufs äußerste anspannte, die ihn auslöschen konnte. Kurz schloss er die Augen und dachte an Johannes Alber, der sich für sie einsetzte. Tot. Die Wut über dessen grausames Ende umhüllte seine ohnehin schon entstellten Arme mit einer roten Ummantelung. In seinem Zorn bemerkte er nicht einmal den Morgenstern, der vor seinen Augen geschwungen wurde. Ehe sein Kopf zermatscht wurde, schmolz das Eisen in den Händen des Propheten, der Holzgriff selbst ging in Flammen auf, den er darauf vor Schmerz fallen ließ. Siyajan sah die Faust, umhüllt von Energie und aufgepeitschter entmenschlichter Wut.
Je stärker seine Seele litt, desto stärker wirkte seine Teufelskraft. Der Prophet tauchte in den geschlossenen Boden ein, fand dort allerdings keinerlei Sicherheit mehr. Unbehelligt griff Mind in diesen, riss den Propheten am Kopf heraus und schleuderte ihn gegen die Wand. Benommen lehnte er dort, öffnete ein Auge und verschwand.
Der nächste Schlag seines Opfers stoppte mit dumpfem Geräusch. Seine Knöchel schmerzten höllisch, er biss sich beinahe die Zähne durch, doch er konnte nicht mehr ablassen. Alles, was er bis zu diesem Zeitpunkt durchmachte, es war kein Vergleich. Als würde er auf Granit schlagen. Er blickte nach vorne, sah kein Anfang und Ende seines Widerstandes, seine Augen wanderten nach oben und er erkannte schließlich, dass er die Statue des Propheten berührte.
Er berührte seine Seele, die Kälte, die in ihr innewohnte und es ihm unmöglich machte, abzulassen. Seine Knöchel froren an dem harten Material fest, brannten und froren zugleich, während sein Innerstes von den Herzenswünschen Siyajans zersetzt wurde. Mord und Gräber, Schreie und Tränen, Befriedigung und Macht, alle Extreme, die der Prophet verkörperte, verbanden sich mit seiner eigenen Seele. Noch nie war Mind dem Propheten so nahe, nie verstand er besser, was in diesem vorging. In jenem Moment waren sie miteinander verbunden, waren sie ein und die selbe Person.
„Zusammen können wir ein neuer Prophet sein“, erklärte Siyajan, außerhalb der Barriere stehend.
„Ich könnte...“ Mind rüttelte an seiner pulsierenden Faust, war aber nicht mehr in der Lage, sie von der Statue zu lösen. Er übte stattdessen Druck aus, der sich in seinen Körper hinein brannte. „Ich könnte deine Seele hier und jetzt zerstören.“
Der Prophet lachte lediglich und lehnte sich an die Kuppel, was Mind allerdings nicht sah. „Jetzt, wo wir eins sind, würdest du dich Stück für Stück mit zerstören.“ Der junge Mann drehte sich verkrampft um, sah die Risse in seiner eigenen Statue, je mehr Druck er beim Propheten ausübte. „Ich habe den längeren Atem“, erwiderte Siyajan gelassen und entfernte sich mit einigen Schritten. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich mir deine Seele einverleibt habe.“ Der Prophet blickte in den Kampfkreis, entlang an seiner riesigen Statue, auf seinen schwarzen Rucksack. Mit zwei Fingerbewegungen landete er neben seinen Füßen.
„Ich habe jetzt ein Date, mach´s gut mein Freund!“
Vor seinen Augen öffnete sich im Nichts ein Portal, welches in die Freiheit führte. Verwundert hielt sich der Prophet die Hand vors Gesicht, als die Sonnenstrahlen im lichtfreien Bereich eindrangen. Eine Silhouette zeichnete sich in der Tür ab, die vor seinen blinzelnden Augen auf ihn zukam.
„Manche Pläne gehen wirklich die einzigartigsten Wege.“
Irritiert verzog Siyajan seine gelassene Mimik zu einer verstimmten Grimasse. „Laut meiner Liste solltest du nicht mehr leben.“
„Wie gesagt, manches ist einzigartig“, erwiderte Ray schulterzuckend.
Er streckte seine schimmernde Hand aus. Seine Augen sagten alles, seine Stimme nichts. Danach war er fort, es war vorbei. Sie blickte dem Staub nach, in den der Raum zerfiel, blinzelte zu Boden, sah sich auf leergefegtem Platze einem Leichnam gegenüber kniend. Bevor sie bei diesem Anblick schreien konnte, zuckte sie unbewusst, was ihren Blick in Richtung Firmament lenkte. Die Häuser Mary Joas wurden pulverisiert. Diese sinnlose Zerstörung bot ihr freie Sicht auf den rötlich gefärbten Himmel. Rot war seine, ihre gemeinsame Lieblingsfarbe. Ihr Herz wurde durch den Anblick zutiefst beruhigt. Cube war für immer fort. Was blieb, waren die Gedanken an ihre Zeit. Alles begann in ihrer Gefangenschaft und endete in Freiheit. Sie konnten tun und lassen was sie wollten, niemand hatte die Kontrolle über ihr Leben. Zumindest hatte sie es geglaubt. Chester Darne genoss ein Leben auf Kredit. Und jener wurde soeben verbraucht. Sein Plan ging in Erfüllung. Es war sein Glück, dass ein Toter ihn zu Ende bringen musste. Andernfalls hätte sie es ihm nie verziehen. Shira blickte das letzte Opfer des Propheten an. Cube hatte gewusst, wie es ausgehen würde. Am Ende blieb sein Lächeln, Wärme und Gewissheit.
Ein Zittern erfasste seinen Körper, er begann zu husten. Behutsam half sie ihm ihm auf die Beine, nahm ihn in ihre Arme und hielt ihn ganz fest. Er sollte bei ihr bleiben. Tränen flossen auf beiden Seiten. Eine zweite Chance zu erhalten. Wie oft sollte sie dies noch aus erster Hand miterleben?
Brüche auf beiden Seiten lähmten sie zunehmend. Shiura hatte keine Spur von seinem Bruder entdecken können. Es war kein Hilferuf da, nichts wies auf ihn hin. Die Verbissenheit, die der Prophet an den Tag legte, war der einzige Beweis für ihre Koexistenz.
Hämmer zerbrachen, da es dort nur einen Meister geben durfte. Ein Mann, der der Legende nach ein Loch ins Meer geschlagen haben soll. Später entdeckte man einen anderen gigantischen Krater und erbaute über ihm Enies Lobby. Der Prophet erkannte seine mangelnde Handhabung und verwarf diese Waffe nach einigen erfolglosen Attacken. Er wollte seinen Auftrag um jeden Preis zu Ende bringen, aber William Martell zu beleidigen, lag ihm fern. Dessen Vorruhestand war immerhin die Garantie für seine erfolgreiche Arbeit.
Diese Gedanken rasten genauso schnell durch seinen Kopf wie Mind. Lachend verschwand der Prophet im Boden, tauchte ab. Sein Opfer blickte diesem knurrend nach, versenkte gedankenschnell seine Fußspitze im Untergrund, schaffte es mit etwas Druck, diesen aufzureißen und mit lautem Aufschrei den Lichtstrahlen zu entgegnen, die plötzlich von unten auf ihn zugeschossen kamen. Die grelle Energie fesselte seinen Körper, drang wie Wasser durch ein Leck in den Rumpf. Unter seinen Füßen bebte es, immer mehr Energie, die die durchsichtige Wand von ihnen fernhielt, drang von außen durch den fragil gewordenen Boden ein. Übersättigte ihn. Seine Seele wurde dadurch regelrecht aufgepumpt.
Das Lachen des Propheten dröhnte in seinen Ohren, als er neben ihm auftauchte und mit einem Tritt gegen die Wand schleuderte. Die Energie, die seine Füße erfasste, pustete er einfach weg. Interessiert beobachtete er, wie der Riss in Minds Seele zu vibrieren begann. Bald würde sie von innen heraus platzen. Diese doppelte Abfertigung amüsierte ihn. Das bedeute nämlich, dass das Unterbewusstsein der Seele selbige zerstört, wodurch der Körper wiederum von innen heraus ausstirbt und die leere Hülle übrig ließe. Der Mensch starb dadurch nicht, existierte allerdings auf keinerlei geistiger Ebene weiter.
„Es würde mir persönlich reichen, dich meinem Ebenbild gleich zu formen.“ Er holte aus und schlug in die Luft, die um Minds Kopf herum zersprang und ihn zu Boden warf. Blitze knisterten unter seinen Füßen, durchbohrten sein Herz, was er nur mit lautem Schrei aufnahm. Er spürte die Macht auf seinen Schultern, diese schier unendliche Last, die ihn zur Kapitulation zwang. Dann erst wäre Siyajan imstande, seine Psyche nach Belieben zu verändern.
Es blutete und zuckte zwischen seinen Zähnen, die er zeigte, um mit aufgerissenen Augen sein durchtriebenstes Lächeln zu präsentieren. Nichts anderes wollte er mehr, während er sich mit den Fäusten am Boden stützte. „Dann nehme ich die Folter halt an“, nuschelte er und packte mit beiden Händen in den offen gelegten Untergrund. Die Energie strömte durch seinen Körper, die Ladung zerfetzte seine Adern, jeder Schritt entlud einen mächtigen Impuls im Raum. Die Schmerzen nahm er mit einem Grinsen an, welches er im wahren Leben nie zeigte – und hoffentlich nie zeigen würde. Anstatt vor Schmerzen zu schreien, presste er die Zähne zusammen, atmete tief ein und grinste. Sein echter Körper würde keinerlei Schäden behalten und solange er diese Qualen ertragen konnte, würden sie ihn stärker machen. Seine Nerven fühlten sich seltsam an, seine Haltung krümmte sich.
Er preschte nach vorne, zwischen seinen knochigen Fingern knisterte die Spannung, die Energie, die er dem Raum selbst entzog, die seine Seele bis aufs äußerste anspannte, die ihn auslöschen konnte. Kurz schloss er die Augen und dachte an Johannes Alber, der sich für sie einsetzte. Tot. Die Wut über dessen grausames Ende umhüllte seine ohnehin schon entstellten Arme mit einer roten Ummantelung. In seinem Zorn bemerkte er nicht einmal den Morgenstern, der vor seinen Augen geschwungen wurde. Ehe sein Kopf zermatscht wurde, schmolz das Eisen in den Händen des Propheten, der Holzgriff selbst ging in Flammen auf, den er darauf vor Schmerz fallen ließ. Siyajan sah die Faust, umhüllt von Energie und aufgepeitschter entmenschlichter Wut.
Je stärker seine Seele litt, desto stärker wirkte seine Teufelskraft. Der Prophet tauchte in den geschlossenen Boden ein, fand dort allerdings keinerlei Sicherheit mehr. Unbehelligt griff Mind in diesen, riss den Propheten am Kopf heraus und schleuderte ihn gegen die Wand. Benommen lehnte er dort, öffnete ein Auge und verschwand.
Der nächste Schlag seines Opfers stoppte mit dumpfem Geräusch. Seine Knöchel schmerzten höllisch, er biss sich beinahe die Zähne durch, doch er konnte nicht mehr ablassen. Alles, was er bis zu diesem Zeitpunkt durchmachte, es war kein Vergleich. Als würde er auf Granit schlagen. Er blickte nach vorne, sah kein Anfang und Ende seines Widerstandes, seine Augen wanderten nach oben und er erkannte schließlich, dass er die Statue des Propheten berührte.
Er berührte seine Seele, die Kälte, die in ihr innewohnte und es ihm unmöglich machte, abzulassen. Seine Knöchel froren an dem harten Material fest, brannten und froren zugleich, während sein Innerstes von den Herzenswünschen Siyajans zersetzt wurde. Mord und Gräber, Schreie und Tränen, Befriedigung und Macht, alle Extreme, die der Prophet verkörperte, verbanden sich mit seiner eigenen Seele. Noch nie war Mind dem Propheten so nahe, nie verstand er besser, was in diesem vorging. In jenem Moment waren sie miteinander verbunden, waren sie ein und die selbe Person.
„Zusammen können wir ein neuer Prophet sein“, erklärte Siyajan, außerhalb der Barriere stehend.
„Ich könnte...“ Mind rüttelte an seiner pulsierenden Faust, war aber nicht mehr in der Lage, sie von der Statue zu lösen. Er übte stattdessen Druck aus, der sich in seinen Körper hinein brannte. „Ich könnte deine Seele hier und jetzt zerstören.“
Der Prophet lachte lediglich und lehnte sich an die Kuppel, was Mind allerdings nicht sah. „Jetzt, wo wir eins sind, würdest du dich Stück für Stück mit zerstören.“ Der junge Mann drehte sich verkrampft um, sah die Risse in seiner eigenen Statue, je mehr Druck er beim Propheten ausübte. „Ich habe den längeren Atem“, erwiderte Siyajan gelassen und entfernte sich mit einigen Schritten. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich mir deine Seele einverleibt habe.“ Der Prophet blickte in den Kampfkreis, entlang an seiner riesigen Statue, auf seinen schwarzen Rucksack. Mit zwei Fingerbewegungen landete er neben seinen Füßen.
„Ich habe jetzt ein Date, mach´s gut mein Freund!“
Vor seinen Augen öffnete sich im Nichts ein Portal, welches in die Freiheit führte. Verwundert hielt sich der Prophet die Hand vors Gesicht, als die Sonnenstrahlen im lichtfreien Bereich eindrangen. Eine Silhouette zeichnete sich in der Tür ab, die vor seinen blinzelnden Augen auf ihn zukam.
„Manche Pläne gehen wirklich die einzigartigsten Wege.“
Irritiert verzog Siyajan seine gelassene Mimik zu einer verstimmten Grimasse. „Laut meiner Liste solltest du nicht mehr leben.“
„Wie gesagt, manches ist einzigartig“, erwiderte Ray schulterzuckend.
Die Situation hatte sich verändert. Zu seinem Ungunsten – er wusste es nicht. Darüber einen Gedanken zu verschwenden, entsprach nicht seinem Wesen. Er und Mind waren hier und jetzt vereint, nachdem der letzte Widerstand gebrochen sein würde, waren sie eins, war er allein ihre Existenz. Die Ungewissheiten, die sein Opfer seit je her verfolgten, wären vergangen, fort, aus allem Weltlichen getilgt. Jetzt. Jetzt allerdings überwog die Überraschung.
Er selbst konnte dem Tod entkommen, doch wäre dies einmal misslungen, hätte sein Körper ein einziges Mal den Geist aufgegeben, bliebe dies bestehen. Sein Leben zu verlängern war eines, es aber wiederzuerlangen – darin lag seine tiefste Angst, wie er sich erstmals eingestehen musste. Hypnotisch fesselte das bläulich leuchtende Schwert seines ehemaligen Mordopfers sein Sichtfeld. Seine Konzentration lag darauf, bewusst, unbewusst, er konnte es nicht erklären.
„Manches im Leben hat einfach keinen Plan.“
Sie blickten einander an. Von beiden hätten diese Worte kommen können. Siyajan sprach sie aus. In allem, was er tat und weswegen er den einzigen Propheten verkörperte, steckte der Drang nach Freiheit und Selbstverwirklichung. Er tat alles und er bekam alles. Geld, Macht, Kontrolle, Verantwortung, gerade jene über anderer Menschen Leben. Nichts davon war eine Last, obwohl es eine Bürde darstellte. Die, die er trug, um als der Prophet in aller Munde zu sein. In den Köpfen der Menschen zu existieren. Ein Phänomen zu sein. Nichts davon war planbar oder zwingend. Nur eines hob sich dort jemals heraus: der Tod selbst. Was er in Ray sah, war eines. Der Plan im Leben ging nicht auf. Es gab keine Regeln und doch waren sie gebrochen.
Verwundert über seine Worte, erkannte er, was sie zusammenführte. Das Schwert in Rays Händen zitterte, fiel zu Boden – zeigte Bilder, die ihnen bekannt vorkamen. Jenes Teil, welches ihr Puzzle vervollständigte. Mind rieb sich die Augen, da die Statue vor ihm durchsichtig wurde, sodass auch er zu sehen bekam, was sie sich auf ihrer Reise oftmals gefragt hatten. Worauf sie nie eine Antwort erhielten. Die Wahrheit um Bright Larners Tod...
Diese Stille, sie war anders. Er spürte die Wut in seinem Rücken, jedoch auch Versöhnliches im Herzen. Als er erkannte, dass es zu Ende ging und der Traum von neuem Glanz ausgeträumt war, legte er die letzte Barrikade nieder. Er riss sie nicht ein, dies verwehrte ihm sein Stolz. Doch in seinem letzten Zug gedachte er seiner Kinder. Die, die er zurück ließ, damit sie ihren eigenen Weg finden konnten.
Bright Larner verließ die fremde Dimension. Blutend. Ausgelaugt. Müde. Es war eine Befreiung. Er machte keinen Fehler. Sein Kontrahent Mars war ein Monster im Ideal, fanatisch, kalt. Aber auch Vater. Identifikation auf beiden Seiten.
Nichts außer seinen eigenen Atem vernahm er. Stille. Und doch regte sich etwas in ihm. Kämpfe, Mord, Sterben, alles machte Geräusche, Momente, die einfach durch seinen Kopf rauschten, ihm zeigten, dass etwas geschehen war. Hier jagte es ihn. Es war sinnlos dem zu entfliehen. Seine Erfahrung ließ ihn stehen, die Situation auf ihn wirken, die Gedanken fließen. Er brauchte sich nicht umschauen, um zu wissen, dass er der einzige Überlebende ist. Die Insel war tot, Teile von ihr in den Fluten des Meeres verschwunden. Er atmete erleichtert aus, setzte sich und legte seinen Kopf in die vertrockneten Grasbüschel, die übrig geblieben waren. Der Himmel über ihm war dunkel, obwohl der prasselnde Regen nach und nach weiterzog. Wenn nicht einmal die Natur ihm ein Zeichen gab, was bewies ihm nun, dass dies alles Sinn machte. Helden starben, Tote blieben. Die M-Acht hatte heute gesiegt und niemand wusste es. Ein stilles Streben, um der lauten Verschwendung entgegen zu springen. Es war paradox. Menschen trafen aufeinander, die weit mächtiger waren als jeder Krieg, der diesen Planeten jetzt heimsuchte. Irgendwo floss Blut für eine Revolution, einen Interessenkonflikt oder weil Macht da war, um sie zu demonstrieren.
Bright Larner kniff die Augen zusammen. Er sehnte sich nach Frieden und war nicht imstande in dessen Antlitz zu blicken. Die Dunkelheit war trostlos und beruhigend. Die aufkommende Sonne ehrlich, aber verletzend. Nichts würde sich ändern, wenn Gut und Böse sich gegenseitig entdeckten, nichts war anders, sobald sie sich gegenseitig auslöschten.
Manches musste in aller Stille beendet werden. Die Sonnenstrahlen brannten in seinen Augen, die in der Ferne der Dimensionen kein natürliches Licht zu spüren bekamen. Er sah Welten, vor denen es es ihm graute, die tief im Zentrum verborgen lagen, die aus gutem Grund vom Rest der Erde abgeschnitten wurden. Manche Kapitel der Menschheit sollten einfach nicht aufgeschlagen werden. Ihre Erkenntnisse waren Fehler, Lösungen Fallen, Wahrheiten die einzigartige Bestialität jener Monster, die sich einst Menschen nannten. Vor achthundert Jahren herrschten andere Regeln. Jede von ihnen würde heute das Ende einläuten. Manches endete still und unerkannt, nicht aber das Ende der M-Acht. Dies hatte diese Einheit nicht verdient.
Seine Hand griff nach dem, was vom Kopf des Lehrers übrig blieb. Zermatschte Pampe floss förmlich aus dem offenen Hals hervor. Der Yamakuma hatte das Gesicht nicht einfach entstellt oder verformt, es war im wahrsten Worte entformt. Vor Ekel angewidert, suchte Rays Vater seine letzten Rationen an Leben, die irgendwie an ihm hingen und betrachtete, wie sich die klumpige Masse in ein Gesicht zurück verwandelte. Das Gesicht von Hiroid van Bogar blickte ihn tot und mit geschlossenen Augen an. Er ließ den Kopf fallen, der darauf in die zähflüssige Form zurück fiel. „Damit hätte ich nie gerechnet“, seufzte das letzte M-Acht-Mitglied, dessen Kräfte sich dem Ende entgegen neigten. Er nahm sein Schwert in die Hand, fasste sich an die Schläfe.
Seine Waffe hatte ihn jahrelang begleitet, jetzt hieß es, ihr die letzten Befehle einzuflößen. Er konnte nicht in die Zukunft sehen, doch ein Ereignis in dieser würde seine Aura über den Tod hinaus tragen. Er schrieb vier Worte auf ein Stück Papier, steckte es dem toten Heidi Hoe in die Tasche und ging seine letzten Meter. Die Ruhe starb in seinen Schritten, mit denen er auf den Rand der Insel zusteuerte.
„Jeder lebt den Moment, in dem er nicht dazu gehört.“ Er blickte auf seine Uhr, schloss die Augen, genoss das Geräusch des Zeigers. Es hörte sich anders an. Jede Sekunde auf einer Taschenuhr hatte ein einziges, klares Geräusch. Jeder kannte es. Jeder wusste, was es bedeutete. Seine Ohren waren höchst sensibel, da seine Augen nichts mehr wahrnahmen, sein Mund trocknete aus. Die Haltung versteifte sich, während die Wellen unter ihm nicht einmal entstanden sind. Der Wind entfernte sich aus seinen Haaren, alles drehte sich im Kreis, kehrte sein Inneres nach Außen und umgekehrt. Je näher er dem Tod kam, desto mehr versagten seine Sinne, seine Ohren hingegen wurden immer schärfer und präziser.
kcaT
kciT
kcaT
kciT
Jeder kannte es, doch nur er nahm es war. Die Zeit lief nicht ab, er befand sich davor. Das Ticken seiner Uhr drehte sich im erzeugten Geräusch um – und er hörte den feinen Unterschied. Er hörte, wie sich alles um ihn herum mit Leben füllte, zu dem Zeitpunkt zurück kehrte, an dem der Tod noch nicht eingetreten war. Er bestimmte, wann es zu Ende ging.
Ihre Zeit war noch nicht gekommen. Seine hingegen, war vorherbestimmt. Am 11. November um 17:43 in der 33. Sekunde endete das Leben von Bright Larner. Seitdem er jene Frucht gegessen hatte, war sein Schicksal besiegelt. Nicht aber das seiner Kameraden und schon gar nicht das seines Antriebes, jener Person, wegen der er sich noch einmal in diese Welt zurück kämpfte.
Bright Larner liebte seinen Sohn.
Er selbst konnte dem Tod entkommen, doch wäre dies einmal misslungen, hätte sein Körper ein einziges Mal den Geist aufgegeben, bliebe dies bestehen. Sein Leben zu verlängern war eines, es aber wiederzuerlangen – darin lag seine tiefste Angst, wie er sich erstmals eingestehen musste. Hypnotisch fesselte das bläulich leuchtende Schwert seines ehemaligen Mordopfers sein Sichtfeld. Seine Konzentration lag darauf, bewusst, unbewusst, er konnte es nicht erklären.
„Manches im Leben hat einfach keinen Plan.“
Sie blickten einander an. Von beiden hätten diese Worte kommen können. Siyajan sprach sie aus. In allem, was er tat und weswegen er den einzigen Propheten verkörperte, steckte der Drang nach Freiheit und Selbstverwirklichung. Er tat alles und er bekam alles. Geld, Macht, Kontrolle, Verantwortung, gerade jene über anderer Menschen Leben. Nichts davon war eine Last, obwohl es eine Bürde darstellte. Die, die er trug, um als der Prophet in aller Munde zu sein. In den Köpfen der Menschen zu existieren. Ein Phänomen zu sein. Nichts davon war planbar oder zwingend. Nur eines hob sich dort jemals heraus: der Tod selbst. Was er in Ray sah, war eines. Der Plan im Leben ging nicht auf. Es gab keine Regeln und doch waren sie gebrochen.
Verwundert über seine Worte, erkannte er, was sie zusammenführte. Das Schwert in Rays Händen zitterte, fiel zu Boden – zeigte Bilder, die ihnen bekannt vorkamen. Jenes Teil, welches ihr Puzzle vervollständigte. Mind rieb sich die Augen, da die Statue vor ihm durchsichtig wurde, sodass auch er zu sehen bekam, was sie sich auf ihrer Reise oftmals gefragt hatten. Worauf sie nie eine Antwort erhielten. Die Wahrheit um Bright Larners Tod...
[vor vier Jahren]
Diese Stille, sie war anders. Er spürte die Wut in seinem Rücken, jedoch auch Versöhnliches im Herzen. Als er erkannte, dass es zu Ende ging und der Traum von neuem Glanz ausgeträumt war, legte er die letzte Barrikade nieder. Er riss sie nicht ein, dies verwehrte ihm sein Stolz. Doch in seinem letzten Zug gedachte er seiner Kinder. Die, die er zurück ließ, damit sie ihren eigenen Weg finden konnten.
Bright Larner verließ die fremde Dimension. Blutend. Ausgelaugt. Müde. Es war eine Befreiung. Er machte keinen Fehler. Sein Kontrahent Mars war ein Monster im Ideal, fanatisch, kalt. Aber auch Vater. Identifikation auf beiden Seiten.
Nichts außer seinen eigenen Atem vernahm er. Stille. Und doch regte sich etwas in ihm. Kämpfe, Mord, Sterben, alles machte Geräusche, Momente, die einfach durch seinen Kopf rauschten, ihm zeigten, dass etwas geschehen war. Hier jagte es ihn. Es war sinnlos dem zu entfliehen. Seine Erfahrung ließ ihn stehen, die Situation auf ihn wirken, die Gedanken fließen. Er brauchte sich nicht umschauen, um zu wissen, dass er der einzige Überlebende ist. Die Insel war tot, Teile von ihr in den Fluten des Meeres verschwunden. Er atmete erleichtert aus, setzte sich und legte seinen Kopf in die vertrockneten Grasbüschel, die übrig geblieben waren. Der Himmel über ihm war dunkel, obwohl der prasselnde Regen nach und nach weiterzog. Wenn nicht einmal die Natur ihm ein Zeichen gab, was bewies ihm nun, dass dies alles Sinn machte. Helden starben, Tote blieben. Die M-Acht hatte heute gesiegt und niemand wusste es. Ein stilles Streben, um der lauten Verschwendung entgegen zu springen. Es war paradox. Menschen trafen aufeinander, die weit mächtiger waren als jeder Krieg, der diesen Planeten jetzt heimsuchte. Irgendwo floss Blut für eine Revolution, einen Interessenkonflikt oder weil Macht da war, um sie zu demonstrieren.
Bright Larner kniff die Augen zusammen. Er sehnte sich nach Frieden und war nicht imstande in dessen Antlitz zu blicken. Die Dunkelheit war trostlos und beruhigend. Die aufkommende Sonne ehrlich, aber verletzend. Nichts würde sich ändern, wenn Gut und Böse sich gegenseitig entdeckten, nichts war anders, sobald sie sich gegenseitig auslöschten.
Manches musste in aller Stille beendet werden. Die Sonnenstrahlen brannten in seinen Augen, die in der Ferne der Dimensionen kein natürliches Licht zu spüren bekamen. Er sah Welten, vor denen es es ihm graute, die tief im Zentrum verborgen lagen, die aus gutem Grund vom Rest der Erde abgeschnitten wurden. Manche Kapitel der Menschheit sollten einfach nicht aufgeschlagen werden. Ihre Erkenntnisse waren Fehler, Lösungen Fallen, Wahrheiten die einzigartige Bestialität jener Monster, die sich einst Menschen nannten. Vor achthundert Jahren herrschten andere Regeln. Jede von ihnen würde heute das Ende einläuten. Manches endete still und unerkannt, nicht aber das Ende der M-Acht. Dies hatte diese Einheit nicht verdient.
Seine Hand griff nach dem, was vom Kopf des Lehrers übrig blieb. Zermatschte Pampe floss förmlich aus dem offenen Hals hervor. Der Yamakuma hatte das Gesicht nicht einfach entstellt oder verformt, es war im wahrsten Worte entformt. Vor Ekel angewidert, suchte Rays Vater seine letzten Rationen an Leben, die irgendwie an ihm hingen und betrachtete, wie sich die klumpige Masse in ein Gesicht zurück verwandelte. Das Gesicht von Hiroid van Bogar blickte ihn tot und mit geschlossenen Augen an. Er ließ den Kopf fallen, der darauf in die zähflüssige Form zurück fiel. „Damit hätte ich nie gerechnet“, seufzte das letzte M-Acht-Mitglied, dessen Kräfte sich dem Ende entgegen neigten. Er nahm sein Schwert in die Hand, fasste sich an die Schläfe.
Seine Waffe hatte ihn jahrelang begleitet, jetzt hieß es, ihr die letzten Befehle einzuflößen. Er konnte nicht in die Zukunft sehen, doch ein Ereignis in dieser würde seine Aura über den Tod hinaus tragen. Er schrieb vier Worte auf ein Stück Papier, steckte es dem toten Heidi Hoe in die Tasche und ging seine letzten Meter. Die Ruhe starb in seinen Schritten, mit denen er auf den Rand der Insel zusteuerte.
„Jeder lebt den Moment, in dem er nicht dazu gehört.“ Er blickte auf seine Uhr, schloss die Augen, genoss das Geräusch des Zeigers. Es hörte sich anders an. Jede Sekunde auf einer Taschenuhr hatte ein einziges, klares Geräusch. Jeder kannte es. Jeder wusste, was es bedeutete. Seine Ohren waren höchst sensibel, da seine Augen nichts mehr wahrnahmen, sein Mund trocknete aus. Die Haltung versteifte sich, während die Wellen unter ihm nicht einmal entstanden sind. Der Wind entfernte sich aus seinen Haaren, alles drehte sich im Kreis, kehrte sein Inneres nach Außen und umgekehrt. Je näher er dem Tod kam, desto mehr versagten seine Sinne, seine Ohren hingegen wurden immer schärfer und präziser.
kcaT
kciT
kcaT
kciT
Jeder kannte es, doch nur er nahm es war. Die Zeit lief nicht ab, er befand sich davor. Das Ticken seiner Uhr drehte sich im erzeugten Geräusch um – und er hörte den feinen Unterschied. Er hörte, wie sich alles um ihn herum mit Leben füllte, zu dem Zeitpunkt zurück kehrte, an dem der Tod noch nicht eingetreten war. Er bestimmte, wann es zu Ende ging.
Ihre Zeit war noch nicht gekommen. Seine hingegen, war vorherbestimmt. Am 11. November um 17:43 in der 33. Sekunde endete das Leben von Bright Larner. Seitdem er jene Frucht gegessen hatte, war sein Schicksal besiegelt. Nicht aber das seiner Kameraden und schon gar nicht das seines Antriebes, jener Person, wegen der er sich noch einmal in diese Welt zurück kämpfte.
Bright Larner liebte seinen Sohn.
Kapitel 262: Sein Ende